Beate Leßmann: Individuelle Lernwege im Schreiben und Rechtschreiben - Leseprobe Teil II B: Klassen...

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18 nen sie lernen, wie man Probleme lösen kann (z.B. die Vorteile der Morphemkonstanz nutzen, d.h. Strategien anwenden), in denen sie diese Fähigkeiten als Routinefähigkeiten ausbilden (Üben) und in denen sie über ihr eigenes Lernen reflektieren (Vorteile der Mor- phemkonstanz) und dieses selber steuern lernen. Fähigkeiten/Wissen Beispiel: Prinzip der „Morphemkonstanz“ Deklaratives Wissen/ abfragbares Wissen Wissen, was Morphemkonstanz bedeutet, das Prinzip erklären können: Das Stammwort schreibt man immer gleich, die Schrift zeigt die Wortverwandtschaften (deutlicher als die gesprochene Sprache) Problemlösewissen/ wissen, wie man etwas lösen kann Vorteile der Morphemkonstanz nutzen, wissen, wie Strategien (z.B. Ableiten und Verlängern) angewendet werden Prozedurales Wissen/ routiniertes Anwenden des Problemlösewissens selbst die o.g. Strategien routiniert – ohne intensives Nachdenken – anwenden Metakognitives Wissen die Vorteile von Rechtschreibprinzipien wie das der Morphemkonstanz reflektieren und bewusst für das effektive Lernen einsetzen Um Fähigkeiten und Wissen in diesem Sinn aufzubauen, muss der Unterricht Möglichkeiten des Wissenserwerbs, der Einsicht, der Reflexion, der Übung und der Anwendung bereitstellen. Auch die Dokumentation und Überprüfung der Leistungsentwicklung sollte diese Aspekte berücksichtigen (vgl. 5.) Das hier vorliegende Konzept öffnet diese Lernräume durch ge- meinsame Reflexionsphasen mit der Klasse in Form von Recht- schreibgesprächen und durch Phasen des individuell ausgerichte- ten Rechtschreibtrainings. Kurse, die sich im traditionellen Sinn zu einem Thema der Rechtschreibung über einen längeren Zeitraum erstrecken, werden nur zu ausgewählten Bereichen (v.a. den Ar- beitstechniken) angeboten. 2.2 Rechtschreibgespräche – gemeinsame Reflexionsphasen Von Anfang an werden regelmäßig, etwa einmal wöchentlich, Rechtschreibgespräche mit der ganzen Klasse durchgeführt. Die Gespräche dauern oft nur einige Minuten und können gut am An- fang oder am Ende einer Stunde stehen. Für die Einführung von Rechtschreibgesprächen geht man am be- sten von aktuellen Wörtern aus dem Erfahrungsfeld der Kinder aus. Die Wörter (später werden es Sätze) werden von den Kindern selbst vorgeschlagen – eines pro Rechtschreibgespräch. Jedes Wort bietet die Möglichkeit, die Struktur der Schriftsprache immer mehr zu entdecken. Die Lehrerin schreibt das Wort normgerecht in Druckschrift an die Tafel oder an das Whiteboard. Immer ist das korrekt geschriebene Wort Ausgangspunkt der Reflexion. Kompetenzdimensionen

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nen sie lernen, wie man Probleme lösen kann (z.B. die Vorteile der Morphemkonstanz nutzen, d.h. Strategien anwenden), in denen sie diese Fähigkeiten als Routinefähigkeiten ausbilden (Üben) und in denen sie über ihr eigenes Lernen reflektieren (Vorteile der Mor-phemkonstanz) und dieses selber steuern lernen.

Fähigkeiten/Wissen Beispiel: Prinzip der „Morphemkonstanz“Deklaratives Wissen/abfragbares Wissen

Wissen, was Morphemkonstanz bedeutet,das Prinzip erklären können:Das Stammwort schreibt man immer gleich,die Schrift zeigt die Wortverwandtschaften(deutlicher als die gesprochene Sprache)

Problemlösewissen/wissen, wie manetwas lösen kann

Vorteile der Morphemkonstanz nutzen,wissen, wie Strategien (z.B. Ableiten undVerlängern) angewendet werden

Prozedurales Wissen/routiniertes Anwenden des Problemlösewissens

selbst die o.g. Strategien routiniert – ohne intensives Nachdenken – anwenden

Metakognitives Wissen die Vorteile von Rechtschreibprinzipien wie das der Morphemkonstanz reflektieren und bewusst für das effektive Lernen einsetzen

Um Fähigkeiten und Wissen in diesem Sinn aufzubauen, muss der Unterricht Möglichkeiten des Wissenserwerbs, der Einsicht, der Reflexion, der Übung und der Anwendung bereitstellen. Auch die Dokumentation und Überprüfung der Leistungsentwicklung sollte diese Aspekte berücksichtigen (vgl. 5.)

Das hier vorliegende Konzept öffnet diese Lernräume durch ge-meinsame Reflexionsphasen mit der Klasse in Form von Recht-schreibgesprächen und durch Phasen des individuell ausgerichte-ten Rechtschreibtrainings. Kurse, die sich im traditionellen Sinn zu einem Thema der Rechtschreibung über einen längeren Zeitraum erstrecken, werden nur zu ausgewählten Bereichen (v.a. den Ar-beitstechniken) angeboten.

2.2 Rechtschreibgespräche – gemeinsame Reflexionsphasen

Von Anfang an werden regelmäßig, etwa einmal wöchentlich, Rechtschreibgespräche mit der ganzen Klasse durchgeführt. Die Gespräche dauern oft nur einige Minuten und können gut am An-fang oder am Ende einer Stunde stehen.

Für die Einführung von Rechtschreibgesprächen geht man am be-sten von aktuellen Wörtern aus dem Erfahrungsfeld der Kinder aus. Die Wörter (später werden es Sätze) werden von den Kindern selbst vorgeschlagen – eines pro Rechtschreibgespräch. Jedes Wort bietet die Möglichkeit, die Struktur der Schriftsprache immer mehr zu entdecken.

Die Lehrerin schreibt das Wort normgerecht in Druckschrift an die Tafel oder an das Whiteboard. Immer ist das korrekt geschriebene Wort Ausgangspunkt der Reflexion.

Kompetenzdimensionen

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Folgende Fragen können das Rechtschreibgespräch leiten:

– Was fällt dir an dem Wort auf?– An welcher Stelle könntest du beim Schreiben unsicher sein?

Warum?– Wie kannst du dir weiterhelfen?– Wie ist das Wort gebildet?– Bei welchen Wörtern könnte das gleiche Problem auftreten bzw.

welche Wörter sind auch so gebildet?– Was fällt dir noch ein?

Die Kinder entwickeln durch diese Gespräche ihr Rechtschreib-gespür. Sie lernen, Zweifel zu pflegen und als nützlich zu erken-nen. Sie entdecken wiederkehrende Strukturen und Prinzipien der Schriftsprache. Sie erkennen, dass die Rechtschreibung nicht im-mer logisch bestimmten Prinzipien folgt und Ausnahmen zur Regel gehören. Sie sind dabei höchst produktiv, denn ihr Gehirn greift ständig auf bekannte Muster und versucht, neue zu generalisieren. Sie lernen, Schreibweisen auf den Grund zu gehen und sich und anderen zu erklären.

Dabei bilden sich deklaratives Wissen, problemlösende, prozedu-rale und metakognitive Fähigkeiten aus.

Mitschrift aus einem Rechtschreibgespräch über das Wort „Sonnenstrahl“

Am Ende des Rechtschreibgesprächs kann der Auftrag stehen, das Wort nun noch einmal für sich selbst normgerecht aufzuschreiben. Viel wichtiger als das Schreiben des Wortes ist jedoch der Ertrag, der sich aus dem Gespräch ergibt und weit über das Schreiben des Einzelwortes hinausgeht. Das Rechtschreibgespräch steht für sich, jeder zieht daraus einen Ertrag an der Stelle, an der er gerade steht. Deshalb folgt auch keine gemeinsame Vertiefung in Form eines für alle gemeinsamen Arbeitsblattes. Wer mag, kann das Rechtschreibgespräch für die Hausaufgabe aufgreifen und die Kin-der bitten, entweder die Erkenntnis zu formulieren, die sie aus dem Gespräch gezogen haben oder Wörter zu sammeln, in denen die-selben Prinzipien gelten. Das wäre im abgebildeten Beispiel etwa das Sammeln von Komposita, von zusammengesetzten Nomen.

Leitfragen für Rechtschreibgespräche

Beispiel

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Anregungen für die Wortschatzarbeit mit Kindern, die Deutsch nicht als Erstsprache sprechen, finden sich im Buchteil I (S. 46 - 56, und S. 61 ff):

2. Individuelle Lernwege für Kinder, die Deutsch als Zweitsprache lernen .....46 2.1 Sprachbewusstsein ausbilden .........................................................47 a) Stolpersteine = Förderbereiche ...................................................47 b) Interferenzen – Beispiel Türkisch ................................................48 c) Interlanguage ..............................................................................48 d) Sprachstrukturen – Übungen von Anfang an ................................49 e) Freies, individuelles Schreiben als Grundlage für die Ausbildung von Sprachstrukturen – Beispiele ..............................51 2.2 Lernen in bedeutungsvollen Zusammenhängen ...............................53 2.3 Mehrsprachigkeit als Ziel ................................................................54 2.4 Eltern als Gegenüber wertschätzen und in das Schulleben integrieren .....................................................................55

3. Anbahnen eines individuellen Grundwortschatzes ..................................56 … 3.5 Wortschatzarbeit mit Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache bzw. gering ausgeprägtem deutschen Wortschatz ...........................61

3.2 Training an individuellen Fehlerschwerpunkten mit der Recht-schreibbox

Das Üben einzelner Wörter muss ergänzt werden um ein Training, das die Strukturen der Schriftsprache und entsprechende Strate-gien in den Mittelpunkt rückt, so wie es auch in den gemeinsamen Rechtschreibgesprächen geschieht. Anders als bei den gemeinsa-men Nachdenkgesprächen geht es nun aber um das individuelle Training jener Bereiche, die den Einzelnen Schwierigkeiten berei-ten. Auch hier gilt wieder das Prinzip des ökonomischen Lernens: Geübt werden nur jene Bereiche, in denen der oder die Einzelne offensichtlich Mühe hat. Und diese Bereiche sind wiederum am deutlichsten in den eigenen Texten erkennbar.

An Beispielen aus dem Unterricht wird gezeigt, wie man die eige-nen Texte für ein Training an individuellen Fehlerschwerpunkten nutzen kann. In dem Zusammenhang wird ein eigens dafür erstell-tes Übungsmaterial vorgestellt: die Rechtschreibbox – ein Mate-rial, das sowohl für die Grundschule24 als auch für die Sekundar-stufe25 erhältlich ist. Dieses Material kann auch für gemeinsame Kurse oder Wiederholungskurse für Einzelne genutzt werden. Auch dazu einige Anregungen im Folgenden.

a) Eigene Texte als Grundlage für die individuelle Zuweisung von Übungen

Begutachten Sie die Andersschreibungen oder „Privatschrei-bungen“26 („Fehler“) in einem (beliebigen) Text und wählen Sie ei-nen oder zwei Übungsschwerpunkte aus. Geben Sie grundlegen-den Fehlertypen den Vorrang.24 Leßmann, Beate, Rechtschreibboxen für die Grundschule, 3 Teile, 3 Begleithefte. Dieck-Verlag

Heinsberg, überarbeitete Fassung 2009/2012.25 Leßmann, Beate, Rechtschreibboxen für die Sekundarstufe, 5 Teile, 1 Begleitheft. Dieck-Verlag

Heinsberg 2008/2009.26 vgl. Spitta, Gudrun, Freies Schreiben – eigene Wege gehen, Libelle-Verlag 1998.

Das Thema „Wortschatzlernen mit Kindern, die Deutsch nicht

als Erstsprache lernen“ in Buchteil I (Klassen 1 und 2)

Zuweisung von einzelnen Übungskarten aufgrund eines

Textes

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Allgemeine Grundregel für die Rangfolge bei der Auswahl von Übungen: „Laut – Wort – Satz“

Lautebene: Fehler bei der Zuordnung von Laut und Buchstabe sind grundlegend und erhalten den Vorrang

Wortebene: Fehlschreibungen, die sich durch Veränderungen des Wortes erklären lassen wie Ableiten, Verlängern (Bsp. Gepäck von packen)

Satzebene: Unsicherheiten, die sich nur unter Beachtung des Kontextes erklären lassen (Bsp. Satzzeichen)

Wählen Sie mit Hilfe der Gesamtübersicht über alle Rechtschreib-übungskarten die entsprechende/n Übung/-en aus und notieren Sie diese unter den Text. Der Schüler holt sich in einer dafür festgeleg-ten Zeit (z.B. in einer bestimmten Stunde in der Woche oder im Rah-men offen gestalteter Unterrichtsphasen oder in der „Schreibzeit“) die ausgewählte/n Karte/n aus der Rechtschreibbox, bearbeitet diese (meistens sowohl auf der Karte mit einem abwischbaren Stift als auch in einem dafür vorgesehenen Rechtschreibheft), kontrolliert seine Ar-beit selbstständig (Kartenrückseite), reinigt die Karte und stellt sie zurück in die Box, die für alle zugänglich im Klassenraum steht.

Falls den Kindern das Einsortieren der Karten Probleme bereitet, können die Boxkarten in einer Kiste (z.B. in dem Deckel des Kastens) abgelegt werden. Ein „Box-Manager“ – jemand, der das Sy-stem der Karten-nummerierung sicher durchschaut – ordnet dann die Karten an die richtige Stelle ein.

Kartenvorderseite

Die Kartenrückseite ermöglicht die Selbstkontrolle.

Rechtschreibbox im Klassenraum

Beispiel 1

Hinweis auf die Karte 38/1 aus der Rechtschreibbox (Wörter mit ck)

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a) Eigene Texte als Basis für individuelles Wortschatztraining

W-Wörter (Wörter, bei denen das Kind Unsicher-heiten spürte)

Textbeispiele zum Wortschatztraining: „W“

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Bei dem Text „Fußball“ hat der Schreiber bereits während des Schreibens rechtschriftliche Unsicherheiten durch einen Punkt un-ter einem Wort (gegugt) festgehalten. Dieses Wort hat er nach dem Schreiben unter dem Text hinter „W“ geschrieben, um es später zu üben. „W“ steht für „Wörterlernkartei“ oder „Wörterklinik“ – eine Fünf-Fächer-Lernkartei, mit der jene Wörter, bei deren Schreibung ein Kind unsicher war, langfristig geübt werden (s.u.).

Der Schreiber hätte an dieser Stelle auch alternative Schreibwei-sen für das Wort „gegugt“ erproben bzw. konstruieren oder die kor-rekte Schreibweise nachschlagen und aufschreiben können.

In dem „Gespräch zwischen zwei Blumen“ hat die Schülerin eigen-ständig Wörter für die Wörterklinik notiert.

Die Abkürzung „W“ wird innerhalb der Einführung des Übungs-verfahrens mit einer Fünf-Fächer-Lernkartei thematisiert. Mit den Schülern wird die Vereinbarung getroffen, diese Abkürzung unter jeden Text zu setzen, den sie schreiben, um dahinter jene Wörter, bei denen sie Unsicherheiten spüren, festzuhalten. Teil der Verein-barung besteht darin, dass die Lehrerin Wörter ergänzen darf. Die Schüler wissen, dass sie diese Wörter in der Wörterlernkartei üben und langfristig sichern werden.

Diese Arbeit kann auch mit einem Computerprogramm („Com-puter-Lernkartei“21) durchgeführt werden. Dann werden die Wörter von der Kindern in eine virtuelle Wörterlernkartei (s. Abbildung) eingegeben und in der folgenden Zeit regelmäßig geübt.

Computer-Lernkartei im Klassenraum Wörterklinik

Die Übung besteht im Kern darin, ein Wort „gut abzuschreiben“. Gutes Abschreiben bedeutet:– das Wort lesen– überlegen, an welcher Stelle man Schwierigkeiten beim Schrei-

ben haben könnte– sich diese Stellen besonders gut merken, z.B. indem man das

Wort mit der Merksprache liest und schwierige Stellen für sich selber so betont oder so deutlich artikuliert, dass man sich da-durch die Schreibweise für einen kleinen Moment merken kann

– die Vorlage umdrehen oder verdecken– das Wort schreiben und gleichzeitig in der Merksprache mit-

sprechen21 Die Software wurde gemäß der Arbeitsweise der „Wörterklinik“ entwickelt und ermöglicht das

effiziente Training am eigenen Wortmaterial. Vgl. Kuschmierz, D./Schwarz, Chr., Individuelles Grundwortschatztraining mit der Computer-Lernkartei, Heinsberg 2002.

Unsicherheiten während des Schreibens festhalten

Abschreiben

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Wer Rechtschreibarbeiten konzipieren möchte, kann sich an den fol-genden Beispielen und den anschließend vorgestellten möglichen Auf-gabenformaten orientieren. Wer eigene Aufgaben entwickeln möchte, findet in der Übersicht über die verschiedenen Bereiche der Recht-schreibung (vgl. 1.2 auf S. 14) eine wichtige Orientierung. Zu sämtli-chen dort angegebenen Bereichen können Aufgaben erstellt werden.

a) Beispiele für Rechtschreibarbeiten39

In einer siebten Klasse wurde eine Rechtschreibarbeit in den Un-terrichtskontext „Geschichte und Kultur der Indianer“ integriert (s. Abb.). Die Klasse hatte das Buch „Blauvogel“ von Anna Jürgen gele-sen und mit Hilfe einer begleitenden Meinungskarte („Ich finde gut, dass...“, „Ich wundere mich, dass...“ usw.) gearbeitet. Im Unterricht wurden Lernwörter zum Thema gesammelt und eine individuelle Auswahl davon in der Lernkartei geübt (s.o.). In den gemeinsamen Rechtschreibgesprächen wurden folgende Bereiche angesprochen:– Adjektive mit den Endungen -ig und -lich– Komma vor der Konjunktion „dass“– Verdoppelung von s in der Konjunktion „dass“

Die Arbeit setzt sich aus folgenden Aufgaben zusammen:1.) Eigenständiges Erinnern und Schreiben von Lernwörtern2.) Abschreiben eines Informationstextes von der Rückseite3.) Eigener Text: Meinung zum Buch4.) a) Selbstkontrolle des abgeschriebenen und des eigenen

Textes mit Hilfe der Text-Korrektur-Karte (TKK) b) Nachschlagen im Wörterbuch (vgl. 4.a)5.) Adjektive mit den Endungen -ig und -lich

Folgende Rechtschreibteilkompetenzen werden überprüft:

– Hat der Schüler erfolgreich mit der Wörterlernkartei gearbeitet?– Erinnert der Schüler die Lernwörter eigenständig?– Wählt der Schüler die Lernwörter aus, bei denen er sich sicher

fühlt – verfügt er über orthographisches Problembewusstsein?– Kann er abschreiben? Wendet er die Abschreibschritte an?– Kann er einen eigenen Text in Sätze einteilen?– Schreibt er den Satzanfang groß, setzt er Satzschlusszeichen?– Kann er „dass“ im Zusammenhang korrekt schreiben, denkt er

an das vorangehende Komma?– Kann er einen abgeschriebenen oder selbstverfassten Text ei-

genständig korrigieren?– Spürt er Unsicherheiten?– Kann er das Wörterbuch effektiv benutzen?– Kann er Wörter analog schreiben? (Endsilben)

Der Arbeit folgt eine ausführliche Nacharbeit, die in die Benotung eingeht.

39 Vorlagen unter www.beate-lessmann.de

Eigene Konzeption von Rechtschreibarbeiten

Beispiel „Blauvogel“ (6./7. Schuljahr)

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Rechtschreibarbeit zu dem Buch „Blauvogel“ von Anna Jürgens

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b) Entwicklungsverläufe aus der Sicht der LernendenSchüler und Schülerinnen können langfristig ihre Lernfortschritte in vorgegebenen Dokumentationsbögen festhalten (5.1c)

Sie können ihre schriftlich vorliegenden Texte aber auch selbst auf ihre individuellen Fortschritte im Bereich Rechtschreiben untersu-chen und nachweisen (s. Abb.).

Durch diese Aufgabenstellung werden die verschiedenen Kompe-tenzdimensionen (vgl. 2.1) angesprochen: Der Schüler muss wis-sen, welche Rechtschreibbereiche es überhaupt gibt (deklaratives Wissen), er muss seine eigenen problemlösenden und prozedu-ralen Fähigkeiten diesbezüglich einschätzen. Und indem er dies macht, wendet er zugleich sein metakognitives Wissen an.

„Zeige, was du gelernt hast!“ Beispiel aus Klasse 443

43 aaO. S. 103.

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6. Stichworte für die eigene Planung und für schulinter-ne Vereinbarungen

An dieser Stelle werden die wichtigsten Schritte für den Unterricht im Bereich Rechtschreiben zusammengefasst. In Teil A, Kapitel 9 finden Sie entsprechende Stichworte für den Bereich Schreiben. Modifizieren und kombinieren Sie die Bausteine so, dass Sie zu Ihrem eigenen Konzept werden.

Sämtliche Unterrichtsschritte können Sie in den Klassen 3 bis 6 (und darüber hinaus) einsetzen.

Ausgangspunkt für das Rechtschreiblernen sind die eigenen Texte der Schüler und Schülerinnen. Alternativ können auch Tests Grundla-ge der individuell zugeschnittenen Übungen sein.

Die Reihenfolge kann beliebig verändert werden. Sie können über das individuelle Wortschatztraining einsteigen, Sie können aber auch mit der Zuweisung von Übungen aus der Rechtschreibbox oder mit den Arbeitstechniken beginnen.

Für die Bausteine können Sie eine bestimmte Zeit in der Woche zur Verfügung stellen. Sie können die Bausteine in die Schreibzeit (s. Kap. 2.3 und Teilband II A, Kap. 1.2) integrieren, müssen diese dann aber zeitlich ausdehnen.

Unsicherheiten beim Schreiben festhalten (s. 3.1 a und 3.4 a)– Schüler/-innen werden gebeten, Punkte oder Kreuze unter jene

Wörter zu setzen, bei denen sie rechtschriftlich unsicher sind.– Nach Beendigung des Textes werden die Wörter hinter die Ab-

kürzung „W“ geschrieben – dabei kann eine weitere Schreibva-riante erprobt werden.

Nachschlagen im Wörterbuch (s. 3.2 c), 3.3)– Nachschlagen der Wörter, bei denen Unsicherheiten spürbar

sind (W-Wörter), Notieren des korrekten Wortes hinter das noch nicht korrekt geschriebene Wort

– Evtl. Stationsarbeit zum Nachschlagen im Wörterbuch (auch als Trainingsplan auf der Grundlage eines Diagnosetests und abschließender Kontrolle des Lernfortschritts durch den ent-sprechenden Kontrolltest)

Eigenständige Text-Korrektur mit der TKK (s. 3.2 c), 3.3) – Falls die Schüler nur wenig Zweifel im Hinblick auf die Recht-

schreibung hegen, kann die TKK (zunächst das Rückwärtskor-rigieren) eingeführt werden

– Evtl. Stationsarbeit zur Arbeit mit der TKK (auch mit Diagnose- und Kontrolltests)

Wortschatzarbeit (s. 3.1, 3.4)– Die W-Wörter sind Ausgangspunkt für den Aufbau der individu-

ellen Wortschatzarbeit (Wörterklinik oder Computer-Lernkartei)– Evtl. Einführung des ABC-Heftes (im Falle der Verwendung der

Wörterklinik)

Bausteine

Eigene Texte als Ausgangspunkt…