Bedeutung des Fächers Die Sprache der Liebe, des...

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17 Nr. 148 Spanische Traditionen Es ist ein Hauch von Romantik aus einer Zeit, wo man (Frau) seinem Liebsten Zeichen gab, ihn mit Ko- ketterie köderte, und das mit der Sprache des Fächers. Geheimnisvoll und doch so offenbar! Es gibt ihn aus Bambus, Pergament, Seide oder sogar Elfenbein – der Fächer, in Spanien ein altbewährtes Hilfsmittel, nicht immer nur, um frische Luft zu wedeln... In vielen Ländern wurde der Fächer sogar Teil der jeweiligen Kultur. Im Laufe der Zeit entwickelte sich seine Handhabung zu einer Ausdrucksform des Kokettierens und des Flirtens, aus der sich dann eine eigene Sprache entwickelte: die Sprache der Liebe, des Verlangens und des Hasses. In Europa war der Fächer ein modisches Accessoire, ein Statussymbol und Hilfsmittel der Koketterie. In Japan und Spanien ist er ein Requisit bei traditionellen Tänzen, das als Verlängerung des Armes die Ausdruckskraft der Gestik steigert. Aber auch hier wie dort wurde von der Möglichkeit, das Gesicht dahinter zu verbergen, reger Gebrauch gemacht. Die Fächersprache entwickelte sich bereits im 17. Jahrhundert in Spanien und wurde in den anderen europäischen Ländern begeistert aufgenommen. In London und Paris sollen sich sogar Fächerakademien herausgebildet haben, um die Damen und Herren das gehauchte Handwerk zu lehren. Die romantische Sprache des Fächers, diesem wunderbaren Instrument der Liebe, sie darf Bedeutung des Fächers Die Sprache der Liebe, des Verlangens und des Hasses nicht verloren gehen. Wenn man nicht alleine sein möchte: Den geöffneten Fächer in der linken Hand halb vor das Gesicht halten und sich zufächeln... Wenn man mit jemandem Kontakt haben möchte: Den geöffneten Fächer in der linken Hand halten und dem Auserwählten zuwinken... „Ich liebe Dich“: Den geöffneten Fächer in der linken Hand über die Wange gleiten lassen... „Liebst Du mich?“: Fragend über den geschlossenen Fächer blicken... „Ich möchte in Ruhe gelassen werden“: Den geschlossenen Fächer an das linke Ohr halten... „Ich hasse Dich“: Den ge- schlossenen Fächer mit kurzen Schlägen mehrfach durch die Hand ziehen... „Ja“: Den geschlossenen Fächer an die rechte Wange halten... „Nein“: Den geschlossenen Fächer an die linke Wange halten... Um Verzeihung bitten: Den geöffneten Fächer vor dem Gesicht nach rechts und links hin- und herbewegen. „Ich liebe einen anderen“: Den Fächer halb geöffnet in der rechten Hand flattern lassen... „Ich bin schon vergeben“: Den geöffneten Fächer in der linken Hand langsam zu sich hin- und herbewegen und dann enttäuscht schauen... Warnung an den Auserwählten, dass der Flirt beobachtet wird: Den Fächer in der rechten Hand wirbeln lassen und in die bewusste Richtung schauen... „Küss mich, aber nicht hier“: Den geschlossenen Fächer an die Lippen halten... Allen Liebeserklärungen zum Trotz hielt sich die Bedeutung des Fächers nur bis zum Ende des 2. Weltkriegs. Die Zeit der Heimlichkeiten unter den Geliebten war dann dahin, die Zeit des Fächers passé. Natürlich findet man ihn heute noch, meist als Souvenir, in Spanien gern mit Flamenco- und Toreromotiv, als Filmrequisite oder bei traditionellen Festen. Wenn sie ihn zu sehen bekommen: Achten Sie doch mal darauf, wie er gehalten wird! Perfekte Show Welt am Flamenco? „Es ist die Musik, der Tanz, das Stampfen der Füße, die Leidenschaft, die Seele, die sich auftut beim Tan- zen und es ist der Rhythmus, der die Menschen ansteckt“, sagt sie und lächelt stolz. In der Tat. Es sind die schnel- len Fußtechniken, das Klatschen der Palos (musikalische Form), das Gitarrenspiel und natürlich sind es die Tänzerinnen mit ihren Kastagnetten, die die Men- schen begeistern. Darin steckt Kultur des Landes, Brauchtum und ein gewisser Stolz, der sich ausdrückt. Flamenco ist kein Paartanz. Der Gesang ist schwie- rig zu verstehen. Es folgt einem komplexen Wechselspiel mit dem Tanz nach strengen Regeln. Während sich die Männer mit eckigen, kantigen Figuren bewe- gen, tanzen die Frauen in ihren ausgestellten Röcken anmutend, weich, doch meist mit arrogant wirkendem Blick. Flamenco ist der Inbegriff von Tradition und gelebtem Brauch- tum, der auch auf den Kana- rischen Inseln bis heute mit Hin- gabe und Inbrunst gelebt wird. Eine Kostprobe der Tanzkunst durfte ich dann selbst erleben. Denn die Flamenco-Lehrerin ließ es sich nicht nehmen, mir mit einem ihrer Kollegen, dem männlichen Lehrer Manuel, am Ende noch ein- mal zu zeigen, was sie in ihrer Schule ihren Schülerinnen und Schülern vermittelt und worü- ber wir die ganze Zeit gespro- chen haben. Rasch zieht sie sich um, und ich komme mit in ihren Spie- gelsaal, um dem wunderbaren Schauspiel zuzuschauen. Mit einer präzisen Technik, definiertem Takt- und Rhyth- musgefühl tanzen die beiden auf hohem Niveau mit reinen Emotionen und der gewissen Leidenschaft. Ein Schmaus für Augen und Ohren – eben eine perfekte Kunst, die man erlernen kann. Zum Beispiel in Las Palmas bei Soraya Hernandez: Calle de Perez del Toro 10, Telefon: 666 687 332, www.sorayahernandez. com. Übrigens: Spanien wurde gleich mit fünf kulturellen Aus- drucksformen als immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO aus- gezeichnet. Dazu gehören die für Katalonien typischen Men- schenpyramiden „Castells“, der Sibilla-Gesang auf Mallorca, die Falknerei, die Mittelmeerdiät und der Flamenco... n Ausdrucks- und temperamentvoll: Flamenco-Tänzerin mit Musikern

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17Nr. 148 Spanische Traditionen

Es ist ein Hauch von Romantik aus einer Zeit, wo man (Frau) seinem Liebsten Zeichen gab, ihn mit Ko-ketterie köderte, und das mit der Sprache des Fächers. Geheimnisvoll und doch so offenbar!Es gibt ihn aus Bambus, Pergament, Seide oder sogar Elfenbein – der Fächer, in Spanien ein altbewährtes Hilfsmittel, nicht immer nur, um frische Luft zu wedeln...In vielen Ländern wurde der Fächer sogar Teil der jeweiligen Kultur. Im Laufe der Zeit entwickelte sich seine Handhabung zu einer Ausdrucksform des Kokettierens und des Flirtens, aus der sich dann eine eigene Sprache entwickelte: die Sprache der Liebe, des Verlangens und des Hasses.In Europa war der Fächer ein modisches Accessoire, ein Statussymbol und Hilfsmittel der Koketterie. In Japan und Spanien ist er ein Requisit bei traditionellen Tänzen, das als Verlängerung des Armes die Ausdruckskraft der Gestik steigert. Aber auch hier wie dort wurde von der Möglichkeit, das Gesicht dahinter zu verbergen, reger Gebrauch gemacht.Die Fächersprache entwickelte sich bereits im 17. Jahrhundert in Spanien und wurde in den anderen europäischen Ländern begeistert aufgenommen. In London und Paris sollen sich sogar Fächerakademien herausgebildet haben, um die Damen und Herren das gehauchte Handwerk zu lehren. Die romantische Sprache des Fächers, diesem wunderbaren Instrument der Liebe, sie darf

Bedeutung des Fächers

Die Sprache der Liebe, des Verlangens und des Hasses

nicht verloren gehen. Wenn man nicht alleine sein möchte: Den geöffneten Fächer in der linken Hand halb vor das Gesicht halten und sich zufächeln...Wenn man mit jemandem Kontakt haben möchte: Den geöffneten Fächer in der linken Hand halten und dem Auserwählten zuwinken...„Ich liebe Dich“: Den geöffneten Fächer in der linken Hand über die Wange gleiten lassen...„Liebst Du mich?“: Fragend über den geschlossenen Fächer blicken...„Ich möchte in Ruhe gelassen werden“: Den geschlossenen Fächer an das linke Ohr halten...„Ich hasse Dich“: Den ge-schlossenen Fächer mit kurzen Schlägen mehrfach durch die Hand ziehen...„Ja“: Den geschlossenen Fächer an die rechte Wange halten...„Nein“: Den geschlossenen Fächer an die linke Wange halten...Um Verzeihung bitten: Den geöffneten Fächer vor dem Gesicht nach rechts und links hin- und herbewegen. „Ich liebe einen anderen“:

Den Fächer halb geöffnet in der rechten Hand flattern lassen...„Ich bin schon vergeben“: Den geöffneten Fächer in der linken Hand langsam zu sich hin- und herbewegen und dann enttäuscht schauen... Warnung an den Auserwählten, dass der Flirt beobachtet wird: Den Fächer in der rechten Hand wirbeln lassen und in die bewusste Richtung schauen...„Küss mich, aber nicht hier“: Den geschlossenen Fächer an die Lippen halten...Allen Liebeserklärungen zum Trotz hielt sich die Bedeutung des Fächers nur bis zum Ende des 2. Weltkriegs. Die Zeit der Heimlichkeiten unter den Geliebten war dann dahin, die Zeit des Fächers passé. Natürlich findet man ihn heute noch, meist als Souvenir, in Spanien gern mit Flamenco- und Toreromotiv, als Filmrequisite oder bei traditionellen Festen. Wenn sie ihn zu sehen bekommen: Achten Sie doch mal darauf, wie er gehalten wird!

Perfekte Show

Welt am Flamenco? „Es ist die Musik, der Tanz, das Stampfen der Füße, die Leidenschaft, die Seele, die sich auftut beim Tan-zen und es ist der Rhythmus, der die Menschen ansteckt“, sagt sie und lächelt stolz.

In der Tat. Es sind die schnel-len Fußtechniken, das Klatschen der Palos (musikalische Form), das Gitarrenspiel und natürlich sind es die Tänzerinnen mit

ihren Kastagnetten, die die Men-schen begeistern. Darin steckt Kultur des Landes, Brauchtum und ein gewisser Stolz, der sich ausdrückt. Flamenco ist kein Paartanz. Der Gesang ist schwie-rig zu verstehen. Es folgt einem komplexen Wechselspiel mit

dem Tanz nach strengen Regeln. Während sich die Männer mit eckigen, kantigen Figuren bewe-gen, tanzen die Frauen in ihren ausgestellten Röcken anmutend, weich, doch meist mit arrogant wirkendem Blick.

Flamenco ist der Inbegriff von Tradition und gelebtem Brauch-tum, der auch auf den Kana-rischen Inseln bis heute mit Hin-gabe und Inbrunst gelebt wird.

Eine Kostprobe der Tanzkunst durfte ich dann selbst erleben. Denn die Flamenco-Lehrerin ließ es sich nicht nehmen, mir mit einem ihrer Kollegen, dem männlichen Lehrer Manuel, am Ende noch ein-

mal zu zeigen, was sie in ihrer Schule ihren Schülerinnen und Schülern vermittelt und worü-ber wir die ganze Zeit gespro-chen haben.

Rasch zieht sie sich um, und ich komme mit in ihren Spie-gelsaal, um dem wunderbaren Schauspiel zuzuschauen.

Mit einer präzisen Technik, definiertem Takt- und Rhyth-musgefühl tanzen die beiden auf hohem Niveau mit reinen Emotionen und der gewissen Leidenschaft.

Ein Schmaus für Augen und Ohren – eben eine perfekte Kunst, die man erlernen kann. Zum Beispiel in Las Palmas bei Soraya Hernandez: Calle de Perez del Toro 10, Telefon: 666 687 332, www.sorayahernandez.com.

Übrigens: Spanien wurde gleich mit fünf kulturellen Aus-drucksformen als immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO aus-gezeichnet. Dazu gehören die für Katalonien typischen Men-schenpyramiden „Castells“, der Sibilla-Gesang auf Mallorca, die Falknerei, die Mittelmeerdiät und der Flamenco... n

Ausdrucks- und temperamentvoll: Flamenco-Tänzerin mit Musikern