Belvedere Magazin

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MAGAZIN belvedere Herbst | Winter 2012 | 2013 belvedere Die Nacht im Zwielicht Emil Jakob Schindler 150 Jahre Gustav Klimt

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Maga z inb e l ve d e re

Herbs t | W i nt er 2 01 2 | 2 013

belvedere

Die nacht im zwielicht

Emil Jakob Schindler

150 Jahre Gustav Klimt

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i n h a lt

3 – E d i t o r i a l

e D i t o r i a l

F ü r D e n i n h a lt v e r a n t w o r t l i c hAgnes Husslein-Arco

r e D a k t i o nFelicitas Herberstein (Ltg.) , Daniela Jasch

p r o D u k t i o nDoris Hofer

g r a F i k D e s i g nTHE END. | www.theend.at

D r u c kALANOVA Druckerei GmbH

a b b i l D u n g e nSofern nicht anders angegeben: © Belvedere, Wien COVER Belvedere: René Magritte, Le seize septembre , 1956, Öl auf Leinwand, 60 × 50,5 cm © Kunsthaus Zürich/© VBK Wien, 2012 | COVER 21er Haus: © Belvedere , Wien | Seite 10: erschienen im Standard , Rondo , Foto: Ir ina Gavrich | Seite 24: Hans Schabus . Vertikale Anstrengung , Foto: © Marie Duhnkrack © VBK Wien, 2012 , Fel icitas Herberstein, Benedikt Loebell , Roland Unger, Natascha Unkart © Belvedere, Wien

w w w . b e l v e d e r e . a t | w w w . 2 1 e r h a u s . a t

Maga z inb e l ve d e re

Herbs t | W i nt er 2 01 2 | 2 013

belvedere

Die nacht im zwielicht

Emil Jakob Schindler

150 Jahre Gustav Klimt

3 E d i t o r i a l

Belvedere

a u s s t e l l u n g e n

4 D i e N a c h t i m Z w i e l i c h t

1 2 E m i l J a k o b S c h i n d l e r

1 4 L i s a O p p e n h e i m / A g n i e s z k a P o l s k a Intervention

r u b r i k e n

8 I m M u s e u m

1 7 F u n d r a i s i n g

1 8 M u s e u m s s h o p

2 2 S p e k t r u m

2 4 Ve r n i s s a g e

j o u r n a l

1 6 L u s t a u f Ku n s t

2 0 We r k v e r z e i c h n i s : C a r r y H a u s e r

21Er HAuS

exHIB IT IONS

3 2 1 e r r a u m

4 Ke i n e Z e i t

8 D i e S a m m l u n g # 2

1 4 Wo t r u b a i m 2 1 e r H a u s

Be CONTeMPORARY

2 A r t o t h e k d e s B u n d e s

1 0 B l i c k l e K i n o

1 2 S a l o n f ü r Ku n s t b u c h

1 3 Yo u n g C o l l e c t o r s ’ C o m m u n i t y

K O N t A K t

oberes be lvedereTäglich 10–18 Uhr Prinz Eugen-Straße 27, 1030 Wien

unteres be lvedereTäglich 10–18 Uhr, Mittwoch 10–21 Uhr Prunkstal l tägl ich 10–12 Uhr Rennweg 6, 1030 WienResearch Center, Rennweg 4, 1030 Wien

21er hausMittwoch 10–21 UhrDonnerstag bis Sonntag 10–18 UhrSchweizergarten, Arsenalstraße 1 , 1030 Wien

agnes husslein-arco im 21er haus

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bald neigt sich das Ausnahmejahr 2012 dem Ende zu. Die Jubiläumsausstellung 150 Jahre Gustav Klimt, die aufgrund des großen Erfolgs bis Ende Jänner 2013 ver-längert wird, bescherte dem Haus bereits vor Jahres-ende den historischen Rekord von über 1 Mio. Besu-chern. Wichtige Meilensteine für das 21er Haus waren auch die Eröffnungen des Blickle Kino, der Artothek des Bundes und des 21er Raum. Aber auch ein anderer Künstler wurde in diesem Jahr gefeiert. Anlässlich seines 170. Geburtstags und seines 120. Todestags wid-met das Obere Belvedere in der Reihe Meisterwerke im Fokus einem der bedeutendsten Vertreter der österrei-chischen Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts die Ausstellung Emil Jakob Schindler. Poetischer Realismus . Im Unteren Belvedere und in der Orangerie sind in Die Nacht im Zwielicht. Kunst von der Romantik bis heute Malerei, Grafik, Fotografie, Film sowie Skulptur- und Objektkunst von u. a. Ansel Adams, Paul Delvaux, Rodney Graham, Ernst Ludwig Kirchner, René Magritte , Emil Nolde und Ferdinand Georg Waldmüller zu sehen. Im 21er Haus diskutiert KEINE ZEIT. Erschöpftes Selbst / Entgrenztes Können das Spannungs-feld zwischen gewährter Freiheit, daraus resultieren-den neuen Disziplinarmodellen und der sich einstel-lenden vermehrten Überforderung. Die Sammlung #2 zeigt seit Mitte November künstlerische Arbeiten von den 1940er-Jahren bis hin zu ganz jungen Positionen. Neue Vorstöße im Bereich der Forschung ermöglichte die hervorragende Arbeit des international anerkann-ten Research Centers. So entstand im heurigen Jahr u. a. das Carry Hauser-Werkverzeichnis. Darüber hin-aus konnten wertvolle Nachlässe sowie Künstlerdoku-mentationen erworben und ältere Bestände per Digita-lisierung erschlossen werden.

Gerade in guten Zeiten gilt es jenen herzlich zu dan-ken, ohne deren persönliches Engagement ein solches Erfolgsjahr nicht möglich gewesen wäre: Künstlern, Leihgebern, Donatoren, Freunden, Förderern sowie Fundraising-Gastgebern, Entscheidungsträgern in öf-fentlichen Institutionen, Geschäftspartnern und allen Mitgliedern des Teams.

IhreAgnes Husslein-ArcoDirektorin des Belvedere

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x x x

4 – x x x

nacht als spiegel Der gesellschaFt – Das belveDere beleuchtet Die Dunkle seite von kunst unD wissenschaFt

karl Friedrich schinkel, Die Zauberflöte, I. Akt, 6. Szene: Sternenhimmel, Thron der Königin der Nacht (Detail), bühnenbild, grafiker: carl Friedrich thiele, 1819–1824, aquatinta-radierung, 32,7 × 46,3 cm, Österreichisches theater museum © kunsthistorisches Museum, wien

Die nacht im zwielicht

text B r i g i t t e B o r c h h a r d t - B i r b a u m e r & K e r s t i n J e s s e

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u n t e r e s b e lv e D e r e u n t e r e s b e lv e D e r e

7 – D i e N a c h t i m Z w i e l i c h t6 – D i e N a c h t i m Z w i e l i c h t

gang begleitet, sichtbar auch in Richard Gerstls und Arnold Schönbergs Selbstbild-nissen.

Die Geschichte der Nacht ist auch mit vielen Vorurteilen behaftet – Frauen und Fremde sind besonders betroffen. Die Aus-stellung möchte diese bewusst machen, was insbesondere mit dem dritten Paradigmen-wechsel um 2000 und der Auflösung der Nacht durch den Lichtsmog der Metropo-len deutlich wird. Hier will die Schau auch Rettungsversuch des Nächtlichen sein.

Neben der Astronomie gehört die kosmi-sche Allnacht zum Themenbereich des Nächtlichen, die durch den Mondflug in den 1960er-Jahren in Bildern und Objekten fortgesetzt wurde (Robert Indiana, Kiki Kogelnik , Curt Stenvert und wissenschaftli-che Himmelsfotografie). Die Erfindung des elektrischen Lichts allerdings und dessen fatale Folgen für die Nacht, die im Licht-smog zu verschwinden droht, sowie die da-mit einhergehenden soziologischen Verän-derungen werden von der Gegenwartskunst als beunruhigend interpretiert.

Krieg und Liebe, Mythos, Traum, Schlaf und Blindsein sind ebenso Themen des Par-cours wie Nachtlandschaften oder natürli-che und künstliche Unterwelten.

Neben Gemälden sind in der Ausstellung grafische Werke von William Blake, Max Klinger oder Félicien Rops vertreten, aus dem fotografischen Bereich Arbeiten von Bill Brandt, Brassaï, Wallace Edwin Dancy, Jürgen Klauke, László Moholy-Nagy, Edward Steichen, Todd Watts oder Weegee sowie skulpturale Arbeiten von Georg Kolbe oder Brigitte Kowanz, aber auch Filme von Anna Jermolaewa, Lisl Ponger, Markus Schinwald, Tim Sharp oder Petrus van der Let. Es war den Kuratoren ein Anliegen, die verschiedenen künstlerischen Ausdrucks-formen in der Schau zu versammeln. Zu-dem legte das Belvedere das Projekt auch als interdisziplinäre Forschung an, indem Kunstgeschichte, Astronomie, Philosophie und Psychologie übergreifend behandelt wurden. Ein umfassender Katalog, heraus-gegeben von Agnes Husslein- Arco, mit Bei-trägen von Brigitte Borchhardt- Birbaumer, Werner Hofmann, Kerstin Jesse, Harald Krejci, Thomas Posch, August Ruhs und Walter Seitter erschien im Prestel Verlag.

z eit der Geister und Dämonen, geruhsa-mes Refugium oder hell erleuchteter

Abglanz ihrer selbst. Die Nacht war schon immer geheimnisvoller Nährboden für die Fantasie und die Kreativität des Menschen.

Seit dem 24. Oktober 2012 steht das Untere Belvedere ganz im Zeichen des Nächtlichen. Mit der Ausstellung Die Nacht im Zwielicht. Kunst von der Romantik bis heute werden der Weg von der äußeren zur inneren Nacht und unterschiedliche künst-lerische Sichtweisen des Nächtlichen auf-gezeigt. Ausgestellt sind in Themenkreisen gruppiert Werke aus der Sammlung des Belvedere wie Arbeiten von Gustave Courbet , Caspar David Friedrich, Hans Makart , Emil Nolde, Anton Romako oder Ferdinand Georg Waldmüller, ergänzt durch inter nationale Leihgaben etwa von Paul Delvaux, Max Ernst, Anselm Kiefer, Ernst Ludwig Kirchner, Germaine Richier, Gerhard Richter oder Philipp Otto Runge.

Die Schau hebt drei Paradigmenwechsel in der Nachtauffassung hervor, nämlich je-ne um 1800, 1900 und 2000, die das Nächtli-che jeweils markant neu definierten. Aufge-klärte Lichtmetaphorik des Geistes, er-leuchtete Städte und ein erhellter Verstand stehen der Romantik und später der wissen-schaftlichen Entdeckung der inneren Nacht des Menschen gegenüber. Gerade in Wien haben Nachtbilder und Dunkelheit eine beson dere Tradition. Schikaneders und Mozarts Zauberflöte prägte den morbid-schönen Charakter durch eine eigene Alle-gorie der Nacht: Die Königin der Nacht ist eine weiterentwickelte Personifikation der antiken Nyx und steht für das Bedrohlich-Numinose, sichtbar etwa in der schwarz verhüllten Frau in Jürgen Klaukes Fotoserie Heimspiel, unter deren Rock der Mann sitzt.

Im Zeitalter der Psychologie waren es vor allem Franz Anton Mesmer und Sigmund Freud, die den dunklen Kontinent im Men-schen erforschten. Und parallel zur analyti-schen Tiefengrabung schaufelte sich die In-dustrieepoche mit ihren Bergwerken und archäologischen Ausgrabungen den Weg ins Erdinnere frei. Die Etablierung der Fo-tografie als wissenschaftliches Medium er-öffnete schließlich neue Lichtblicke in Kunst und Wissenschaft. Der Film in der Blackbox des Kinoraums wiederum ist wie das aus der dunklen Kamera stammende Foto eine Innovation nächtlicher künstleri-scher Technik im 20. Jahrhundert. Im Para-digmenwechsel um 1900 wurde das Dunkel des Unterbewusstseins wie etwa beim Sur-realisten Paul Delvaux von der Hysterie ge-nannten Depression als ein innerer Nacht-

Das Nächt l iche a ls geheimnisvol ler Nährboden für d ie Fantasie des Menschen

bild oben: unbekannter Fotograf, Sonnenfinsternis (Detail),

1923, vintage-silberdruck, 24 × 18,9 cm courtesy galerie johannes Faber

bild unten: caspar David Friedrich,

Abendlicher Wolkenhimmel (Detail), 1824 Öl auf leinwand, 12,5 × 21,2 cm

© belvedere, wien – schenkung Franz josef honig

D i e N a c h t i m Z w i e l i c h tKunst von der Romantik bis heuteu n t e r e s b e l v e d e r e & o r a n g e r i e b i s 1 7 . F e b r u a r 2 0 1 3

jürgen klauke, Heimspiel, 1990/92 achtteilige schwarz getönte Fotoarbeit, c-print, 172 × 125 cm

© jürgen klauke, courtesy galerie elisabeth & klaus thoman, wien © vbk wien, 2012

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8 – M o m e n t a u f n a h m e

i M M u s e u M

um den nötigen überblick zu bewahren, kommt es schon mal vor, dass

Direktorin agnes husslein-arco und vizedirektor alfred weidinger an

einem sonnentag aufs Dach des oberen belvedere klettern.

weitblick

neuer wahrnehmungs- horizont

vor Franz xaver Messerschmidts berühmten Studienköpfen dürfen ruhig auch eigene grimassen studiert und genauer unter die lupe genommen werden.

spieglein, spieglein an der wand …

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hunderttausende besucher, 120 objekte, 30 gemälde von gustav klimt, sieben themenkreise. im jubiläumsjahr widmete das belvedere dem wegbereiter der Moderne die jubiläumsausstellung 150 Jahre Gustav Klimt (bis zum 27. jänner 2013 verlängert) mit sieben kernthemen rund um das Malergenie. kein wunder, dass das obere belvedere gerade 2012 zur pilgerstätte für klimt-Fans aus aller welt wurde. gezeigt werden neben der weltweit größten gemäldesammlung klimts auch arbeiten berühmter künstlerkollegen.

Momentaufnahme

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11 – M o m e n t a u f n a h m e

i M M u s e u M

1 jahr 21er haus

gar nicht anstrengend

agnes husslein-arco gewährte karl hohenlohe für die orF-Museumssendung einen exklusiven blick hinter die kulissen des 21er haus.

aus dem rahmen

Der sound, der sitzt – die sofa surfers beim Modeshooting für Rondo in der ausstellung Hans Schabus. Vertikale Anstrengung im 21er haus.

süßes oder saures junge Meister am werk im Atelier Pinselstrich – an halloween standen dunkle gestalten und viel rätselhaftes auf dem programm.

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bundesministerin claudia schmied und agnes husslein-arco (li.) bei der eröffnung der artothek des bundes im 21er haus. zum jubiläum des 21er haus eröffneten gleichzeitig zwei neue ausstellungen – Die Sammlung #2 und der 21er raum als neue ausstellungsfläche für junge zeit-genössische positionen.

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12 — E m i l J a k o b S c h i n d l e r

M it der Ausstellung Emil Jakob Schindler . Poetischer Realismus in der

Reihe Meisterwerke im Fokus präsentiert das Belvedere einen der bedeutendsten Ver-treter der österreichischen Landschaftsma-lerei, dessen Werk im Spannungsfeld der französischen Malerei der Schule von Barbizon und der Kunst Ferdinand Georg Waldmüllers steht. Schindler, dessen Ge-burtstag sich 2012 zum 170. Mal und dessen Todestag sich heuer zum 120. Mal jährt, ent-wickelte eine eigene Stimmungsmalerei, die sich den gängigen Etikettierungen wie Im-pressionismus, Realismus oder Romantik entzieht.

Weder rein realistisch dokumentierend noch allzu poetisch verklärend, strebte Schindler die Versöhnung der Natur mit dem vom Menschen Geschaffenen an. Sei-ne Malerei gibt sich nicht spektakulär. Schindler präzisiert in seinen Bildern Beob-achtungen der Natur, die unser Verhältnis zu ihr und unser Empfinden in ihr prägen. Er schildert die atmosphärische Stimmung der Jahreszeiten als Akt eines poetisch ver-klärten Realismus. Ihm gelingt es, den Ein-fluss von Wolken und Dunst, das harte Licht eines Sommertags, die schwüle, feuchte Luft einer Auenlandschaft ebenso einzufan-gen wie den sich erwärmenden Boden an

einem Vorfrühlingstag oder die feuchte Käl-te eines Novembertags.

Gemeinsam mit seinen Studienkollegen Eugen Jettel, Rudolf Ribarz und Robert Russ setzte Schindler eine neue Auffassung der Landschaft durch, die im Gegensatz zur opulenten Kunst der Ringstraßenzeit etwa eines Hans Makart stand. Schindlers Gene-ration erneuerte die Landschaftsmalerei, indem sie das Einfache, die besondere At-mosphäre des Alltäglichen, den poetischen Moment, sei es in einem Gemüsegarten oder in den Donauauen, schilderte und in-terpretierte. Mit seiner neuen Sicht auf die Natur wirkte Schindler in Wien prägend, da Ribarz und Jettel lange Zeit im Ausland leb-ten. Während sie vor allem in Frankreich und Holland neue Eindrücke und Sichtwei-sen suchten, erarbeitete sich Schindler die besonderen Eigenheiten seiner Umgebung: die Pappelalleen bei Lundenburg, die Pra-terauen in Wien oder das Umland seines Wohnsitzes Schloss Plankenberg.

M E I S t E R w E R K E I M F o K u S

E m i l J a k o b S c h i n d l e rPoetischer Realismuso b e r e s b e l v e d e r e b i s 1 3 . j ä n n e r 2 0 1 3

emi l jakob schind ler

textA l e x a n d e r K l e e

atMosphäre Des alltäglichen – oDer wie einer Der beDeutenDsten Österreichischen

lanDschaFtsMaler als versÖhner zwischen Mensch unD natur Fungierte

emil jakob schindler, Die Dampfschiffstation an der Donau gegenüber Kaisermühlen (Detail), um 1871/72, Öl auf leinwand, 55 × 78,5 cm © belvedere, wien

M e i s t e rw e r k e i M F o k u s

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14 – V o m M o n d i n s M u s e u m 15 – V o m M o n d i n s M u s e u m

i n t e rv e n t i o ni n t e rv e n t i o n

D ie facettenreiche Sammlung des Mu-seums im Belvedere beeindruckt den

Besucher durch einzigartige Einblicke in die österreichische Moderne sowie in den österreichischen Expressionismus und Sym bolismus. Die Exponate im Oberen Belvedere zeigen wichtige Positionen öster-reichischer Künstler, die in der Mehrzahl männlich und überwiegend Maler oder Bildhauer sind. Die kuratorische Absicht hinter der aktuellen Intervention bestand daher darin, zwei nicht aus Österreich stammende Künstlerinnen einzuladen, die im Film und in der Fotografie und damit in Medien beheimatet sind, die in der histori-schen Sammlung des Oberen Belvedere nicht vertreten sind. Bei den beiden Künst-lerinnen handelt es sich um Lisa Oppenheim (Jahrgang 1975, lebt und arbeitet in New York City) und Agnieszka Polska (Jahrgang 1985, lebt und arbeitet in Krakau); beide fühlen sich in ihren Arbeiten, bei denen die längst etablierten Medien Film und Foto-grafie zum Einsatz kommen, zu Avantgarde und Historie hingezogen. An die Künstle-rinnen ist der Auftrag ergangen, in situ Arbeiten zu schaffen, die Bezug auf die Sammlung des Belvedere nehmen.

Lisa Oppenheim interessiert sich für die historischen, lyrischen und magischen Dimensionen der Fotografie, wobei sie Themen und Techniken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts aufgreift. Ihre Serie Heliogramme umfasst Fotogramme, die sich um die Sonne als aussagekräftiges Symbol drehen. Bei Agnieszka Polskas Animationen handelt es sich um Bildcollagen aus Moti-ven, wie sie in Magazinen und Zeitschriften der 1960er-Jahre vorkommen, wodurch ihren Videos unterschwellig etwas Doku-mentarisches anhaftet. Häufig nimmt sie auf die polnische Moderne Bezug, indem sie altes Material und Archivbilder zu narrativ-melancholischen Animationsfilmen zusam-menfügt.

Anregungen für ihre Intervention bezo-gen die Künstlerinnen zunächst einmal aus dem architektonischen Gegensatz zwischen dem dunklen Oberen Belvedere im Stil des Barock und dem lichtdurchfluteten gläser-nen 21er Haus im Bauhaus-Stil. Ziel ist es, beide Gebäude, die sich durch ihre unter-schiedliche Architektur und Geschichte auszeichnen, miteinander zu verbinden. Diese Gegenüberstellung in der Architektur evoziert auch den archetypischen Gegen-satz zwischen Tag und Nacht oder Sonne und Mond – umso mehr, als das Obere Belvedere im typischen Barockstil nach der Bahn der Sonne, die im Osten auf- und im

Westen untergeht, ausgerichtet wurde. Die Arbeiten Oppenheims und Polskas beschäf-tigen sich daher mit um Sonne und Mond kreisenden Themen und setzen sich gleich-zeitig mit Elementen aus den Sammlungen moderner und zeitgenössischer Kunst des Belvedere auseinander.

In diesem Sinn präsentiert Agnieszka Polska im Oberen Belvedere den neu beauf-tragten Animationsfilm Eclipse (2012). Auf Basis des Bildarchivs der Sammlung des Belvedere inszeniert Polska einen umfas-senden Korpus an Gegenständen, die in Ge-mälden der Sammlung anzutreffen sind und in einem langsamen, durchgängigen Ka-meraschwenk wiedergegeben werden. In dieser Ansammlung von Objekten erkennt man ein Aquarium, ein totes Schaf und eine Hyazinthe aus Oskar Kokoschkas Stillleben mit Hammel und Hyazinthe (1910) oder eine Soldatenfigur und die Form einer Muschel aus Greta Freists Gemälde Wache (1938). Diese Zerlegung der Sammlung in ihre Be-standteile und deren Neuanordnung in ei-ner Animation suggerieren ein unermessli-ches Ensemble, das langsam dahintreibt und sich allmählich zu kalten blauen Farb-tönen verdunkelt, wie es während einer to-talen Sonnenfinsternis geschieht, bevor das helle, natürliche Licht wieder erstrahlt.

Dem gegenüber stellt Lisa Oppenheim im 21er Haus eine neue Bildserie der Heliogramme (2012) aus. Die Künstlerin hat Sonnenmotive aus Gemälden der histori-schen Sammlung des Belvedere – etwa aus Egon Schieles Vier Bäume (1917) – heraus-fotografiert, welche nun die Grundlage ih-rer neuen, vor Ort entstandenen Serie bil-den. Oppenheim schlägt damit eine Brücke zwischen den im Oberen Belvedere präsen-tierten Werken und den Arbeitsmethoden zeitgenössischer Kunst, die im 21er Haus im Blickpunkt stehen. Ihre Heliogramme grei-fen die Sonne als starkes Symbol auf, wobei sie ihre Bilder zu unterschiedlichen Tages-zeiten dem Sonnenlicht aussetzt, sodass Lichtstärke und -qualität variieren – manchmal nur leicht und dann wieder so dramatisch, dass die Künstlerin technisch nicht in der Lage ist, eine Belichtung vorzu-nehmen. Diese Momente erscheinen als leere Räume an der Wand und machen so eine zeitlich flüchtige Erfahrung sichtbar.

vom Mond ins Museumtext

M a r t h a K i r s z e n b a u m

2007 wurde die ausstel lungsreihe Inter vention am belvedere initiiert. im zuge dieser werden natio nale und interna tionale künstler eingeladen, mit speziellen ortsspezifischen ar beiten auf die sammlung, die architektur so- wie die geschichte des hauses einzugehen. in den vergangenen fünf jahren konnten bereits Interventionen von Marianna gartner, christian hutzinger, tillman kaiser, gudrun kampl, karen kilimnik, Franz kapfer, brigitte kowanz, Marko lulic und werner reiterer realisiert werden.

lisa oppenheim, Apollo auf dem Sonnenwagen, Detail aus Heliogramme

(Belvedere), 1707/2012 silber getöntes Fotogramm (unikat)

courtesy die künstlerin

egon schiele, Vier Bäume, 1917, Öl auf leinwand, 111 × 140 cm

© belvedere, wien

greta Freist, Wache, 1938 Öl auf leinwand, 46 × 65,5 cm

© belvedere, wien

agnieszka polska, Eclipse, 2012 standbild aus hD-video, courtesy die künstlerin

und galerie zak branicka, berlin

intervention lisa oppenheiM / agnieszka polska K u r a t i e r t v o n M a r t h a K i r s z e n b a u m

I N t E R V E N t I o N

L i s a O p p e n h e i m / A g n i e s z k a P o l s k ao b e r e s b e l v e d e r e & 2 1 e r h a u s b i s 3 . F e b r u a r 2 0 1 3

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F u n D r a i s i n gk u n s t v e r M i t t l u n g

17 – B a l d ’ o r16 – L u s t a u f K u n s t

ter Kleidung entscheidet bekanntlich auch die richtige Körpersprache darüber, ob der Kandidat erfolgreich ist oder nicht. Ausge-hend von Porträts aus mehreren Jahrhun-derten wird gemeinsam erarbeitet, wie man Menschen lesen kann. Um das erworbene Wissen an sich selbst zu erproben und die eigene Körpersprache zu schulen, experi-mentieren Jugendliche vor laufender Ka-mera mit verschiedenen Körperhaltungen und szenischen Darstellungen. Bewährt hat sich das unkonventionelle Bewerbungstrai-ning bereits im Rahmen des Pilotpro - jekts Blickkontakt. Berufsvorbereitung im Belvedere . Sowohl die Lehrer als auch die rund 200 jungen Teilnehmer haben die Workshops durchwegs positiv bewertet. Das wohl aussagekräftigste Rückmeldung kam von einer Schülerin, die bei der Verab-

i ch bin im Bilde, sagt man, wenn man etwas verstanden hat. In der Tat eignen sich Bil-

der ideal als Denkgegenstand. Sie erlauben eine Fülle an Erkenntnis – über Vergange-nes, über die Gegenwart und sogar jede Menge über uns selbst. Das weiß jeder, der dann und wann ein Museum besucht. Wie aber kann man gerade junge Menschen für die Auseinandersetzung mit bildender Kunst begeistern?

Eine mögliche Antwort bietet ein innova-tives Vermittlungsangebot des Belvedere, das auf den praktischen Nutzen für Lehrlin-ge und Berufseinsteiger ausgerichtet ist. Unter dem Motto bewusst.selbstbewusst setzt der Workshop dort an, wo junge Men-schen oft nervös werden: beim Bewer-bungsgespräch. Neben Recherchen über den potenziellen Arbeitgeber und gepfleg-

schiedung erwartungsvoll fragte: Wann darf ich wiederkommen?

Zu motivieren wiederzukommen, Kinder und Jugendliche für das Belvedere zu be-geistern ist das Ziel zahlreicher neuer Akti-vitäten. Das Spektrum reicht von alters-gerechten Angeboten in der Sammlung Zwischenkriegszeit | Kunst nach 1945 über ein umfangreiches Schulklassenprogramm im 21er Haus bis zu Fortbildungsworkshops für Pädagogen, die mehr über das Museum als Lernort erfahren möchten.

D a s p r o j e k t B l i c k k o n t a k t . B e r u f s - v o r b e r e i t u n g i m B e l v e d e r e w u r d e i m r a h m e n d e r ve r m i t t l u n g s i n i t i a t i v e K u l t u r v e r m i t t l u n g m i t S c h u l e n i n B u n d e s m u s e e n 2 0 11 / 2 0 1 2 v o m b u n d e s -m i n i s t e r i u m f ü r u n t e r r i c h t , k u n s t u n d k u l t u r g e f ö r d e r t u n d v o n k u l t u r-k o n t a k t a u s t r i a b e r a t e n d b e g l e i t e t .

lust au f kunsttext

S u s a n n e C e r e p a k

der zum gesellschaftlichen Highlight Wiens: Anlässlich des 150. Jubiläums von Gustav Klimt und zu Ehren des Künstlerge-nies bat Agnes Husslein-Arco gemeinsam mit ihrem Comité zahlreiche prominente Vertreter aus Kultur, Wirtschaft und Politik, für den guten Zweck zu spenden. Gesam-melt wurde erstmals für das neue Belvedere Learning Center für Kinder, ein zu- kunfts weisendes Projekt, wie die Direktorin

g lanz und Glorie versprühten diesen Herbst nicht nur Gustav Klimts

Jugend stilikonen Kuss und Judith. Getreu dem Motto Gold glänzten auch die gelade-nen Gäste des diesjährigen legendären Bal au Belvedere am 8. September in elegan-ten Roben und extravaganten Kostümierun-gen – ganz in der Farbe des edlen Metalls.

Was 2008 mit der Idee zu einem Fundrai-sing-Dinner begann, wurde auch heuer wie-

versichert, dessen Ziel es ist, den nächsten Generationen das Erlebnis Kunst und die kreative Ausei nandersetzung mit dem Le-ben auf neue Art und Weise zu vermitteln. Zum Galadinner im Schloss Belvedere kamen u. a. Hannes Ametsreiter, Christian Baha, Francesca Habsburg, Gery Keszler, Franziska Meinl, Michael Spindelegger und Erwin Wurm.

ba l d’ortext

F e l i c i t a s H e r b e r s t e i n

Der bal au belveDere zählte auch heuer zu Den glanzvollsten ereignissen wiens. viele proMinente gäste vergolDeten sich selbst

unD spenDeten Für Die gute sache

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v. l. n. r.: roberto lhotka, agnes husslein-arco, gery keszler, Francesca habsburg, kenny krüger alias chantal st. germain, erich joham

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M u s e u M s s h o p

19 – S e a s o n ’ s S p e c i a l s18 – S e a s o n ’ s S p e c i a l s

M u s e u M s s h o p

Mit der vinylplatte The Morning Line Vol. #1, 12” – compilation von soundkünstler Franz pomassl – klingt der electro-beat zur gleichnamigen kunst installation von Matthew ritchie in den eigenen vier wänden weiter. Salon für Kunstbuch im 21er haus, € 12,–

happy birthday!Das belvedere und gustav klimt bilden eine untrennbare

einheit. Die genese der weltweit größten klimt- gemälde sammlung wurde anlässlich des jubiläums jahres

erstmals in kompakter buchform behandelt. 150 Jahre Gustav Klimt, katalog zur

jubiläums aus stellung. Belvedere Shop, € 39,–

lichtblickholen sie sich ihr belvedere für zu hause oder das büro. windlicht mit dem schloss als kleines relief auf weimarer porzellan, das nicht nur in der weihnachtszeit lichte Momente schafft. Belvedere Shop, € 9,90

alles goldDer umfassende katalog Gold thematisiert die breit gefächerte

kunst- und kulturgeschichte des wohl begehrtesten edelmetalls aller zeiten – ein besonders glänzendes geschenk

unterm christbaum. Belvedere Shop, € 47,–

season’s specials

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Page 11: Belvedere Magazin

w e r k v e r z e i c h n i s s ew e r k v e r z e i c h n i s s e

21 – C a r r y H a u s e r20 – C a r r y H a u s e r

carry hauser, Jazzband, 1927 Öl auf holz, 50 × 48 cm, privatsammlung, wien

B E LV E D E R E w E R K V E R Z E I C H N I S S E B A N D 2s e i t 2 0 1 0 a r b e i t e n e x p e r t e n a m b e l v e d e r e a n z a h l r e i c h e n w e i t e r e n we r k v e r z e i c h n i s s e n , w i e z u m b e i s p i e l a n d e n Πu v r e k a t a l o g e n v o n M a r c a d r i a n , h a n s M a k a r t u n d k o l o m a n M o s e r.

a ls zweiter Band der Reihe Belvedere Werkverzeichnisse erschien im Sep-

tember 2012 der von Cornelia Cabuk ver-fasste Catalogue raisonné von Carry Hauser (1895–1985), der erstmals das Gesamtwerk des bedeutenden österreichischen Malers und Schriftstellers dokumentiert.

Carry Hauser, der seit Langem unter Sammlern österreichischer Kunst der Zwi-schenkriegszeit als Geheimtipp gilt, wuchs in der österreichisch-ungarischen Monar-chie auf. Seine künstlerische Ausbildung er-hielt er an der Wiener Kunstgewerbeschule. Als Frontsoldat im Ersten Weltkrieg wurde er zum überzeugten Pazifisten, die trauma-tisierende Kriegserfahrung sollte prägend für sein Werk werden.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bewegte sich Hauser im Literatenkreis um die expressionistische Zeitschrift Der Anbruch und war als leitendes Mitglied in der Künstlervereinigung Freie Bewegung aktiv, die unter ihrem Mentor Adolf Loos die junge Wiener Avantgarde, internationale Künstler wie Erich Heckel, Johannes Itten, Lajos Tihanyi, Béla Uitz sowie tschechische Kubisten ausstellte. 1919 veranstaltete der bedeutende Kunstkritiker Arthur Roessler im Haus der Jungen Künstlerschaft in Wien, der ehemaligen Galerie Miethke, die erste Carry Hauser-Personale.

Lajos Kassák und sein Kreis, László Moholy- Nagy und Konstantin Umanskij machten Wien zum subkulturellen Zen-trum von Expressionismus, Dadaismus und Konstruktivismus. Im Rahmen seiner Auf-enthalte in Mähren, Berlin und München war Carry Hauser in diese Avantgardebe-wegung involviert, wobei sein Werk eine ei-gene Facette innerhalb des komplexen Er-scheinungsbildes der zentraleuropäischen Moderne darstellt. In seiner undogmati-schen und interdisziplinären Orientierung verbindet sich künstlerische Unabhängig-

keit mit singulärem Ausdruckswillen und eigenem Wahrnehmungsvermögen für die Phänomene des modernen Lebens in den Städten. In seiner künstlerischen Arbeit ging er von einem offenen Kunstbegriff aus, wie er an der Wiener Kunstgewerbeschule in der Idee des Gesamtkunstwerks vermit-telt wurde. Aus dieser Zeit stammen faszi-nierende Werke wie das Nächtebuch, eine Sammlung von 100 hochexpressiven Traumskizzen und das Buch von der Stadt (1921), in dem der Künstler Erscheinungs-formen des Lebens in den Städten auf poeti-sche Weise darstellt.

Parallel zum Wiener Kinetismus entwi-ckelte Carry Hauser eine subjektive Bild-sprache. Hauptwerke seiner Malerei aus dieser Periode, wie Nächtlicher Wanderer in der Sammlung des Belvedere und Die Madonna vor der Stadt, ein monumentales Bild, das jahrzehntelang als verschollen galt, zeigen seine Sensibilität für die Bild-sprache des Modernismus. Nicht ohne Grund war Hauser am zentralen Ereignis der Avantgarde in Österreich, der Interna-

tionalen Ausstellung neuer Theatertechnik 1924 im Wiener Konzerthaus, beteiligt.

Zu Beginn der 1920er-Jahre deutete sich in Hausers Schaffen ein Paradigmenwech-sel an. Durch die internationale Ausstel-lungstätigkeit der Künstlervereinigungen Freie Bewegung, Der Fels und Hagenbund wurden seine Arbeiten überregional be-kannt und in internationalen Kunstzeit-schriften diskutiert.

Bildnisse aus den 1920er-Jahren, wie das heute verschollene Porträt der Dichterin Alma Johanna Koenig und Lisl Goldarbeiter – Miss Universe, sind Meisterwerke der neusachlichen Porträtkunst in Österreich.

Emigration und Exil bedeuteten natür-lich eine tiefgreifende Zäsur im Leben des Künstlers. Ab den späten 1960er-Jahren beschäftigte er sich intensiv mit dem Schwarzen Kontinent, den er als Hoffnungs-träger der Menschheit sah, und widmete ihm seine Afrika Bilder. Carry Hausers Schaffen, das im Werkverzeichnis mit knapp 1400 Werken erstmals vollständig dargestellt wird, erstreckte sich fast über das gesamte 20. Jahrhundert.

carry hauser, Nächtlicher Wanderer 1920, Öl auf holz, 40,3 × 32,2 cm

© belvedere, wien

carry hausertext

C o r n e l i a C a b u k & C h r i s t i n a B a c h l - H o f m a n n

belveDere werk verzeichnisse, banD 2 carry hauser – Die MoDerne aus Der sicht Der Ös ter reich ischen avantgarDe

Page 12: Belvedere Magazin

23 – S p e k t r u m

s p e k t r u M s p e k t r u M

A r t I S t I N r E S I D E N C EB e r n d r i b b e c k

september/oktober 2012text

V é r o n i q u e A i c h n e r

Der Umgang mit einer nichtlinearen Vor-stellung von Zeit ist zentraler Bestandteil der künstlerischen Auseinandersetzungen von Bernd Ribbeck (*1974 in Köln). Durch Schichtungen und Verschiebungen entste-hen Bilder, denen eine nicht definierbare zeitliche Dimension eigen ist. So erinnern Ribbecks kleinformatige abstrakte Malerei-en mit ihrem Einsatz von geometrischen Formen zwar an das Formenvokabular der Avantgardebewegungen des frühen 20. Jahrhunderts, lösen dieses aber aus seinem historischen Zusammenhang und überfüh-ren es in eine eigene Bildwelt.

bild: bernd ribbeck, Ohne Titel, 2010, acrylfarbe pigmentmarker, 30 × 42 cm

courtesy galerie kamm, berlin

C u r AtO r I N r E S I D E N C EH e l e n a P e r e ñ a

bis jänner 2013text

M a x i m i l i a n G e y m ü l l e r

Fokus auf die Sammlung des Belvedere: Im Rahmen des Curator in Residence-Programms , das ausgewählten Kuratoren aus dem In- und Ausland einen mehrmona-tigen Forschungsaufenthalt im Museum er-möglicht, ist seit September 2012 Helena Pereña zu Gast in Wien. Im Zentrum des eingereichten Projekts der spanischen Ku-ratorin, die an der LMU in München über Egon Schiele promovierte, steht das Werk Totentanz vom Jahre 1809 von Albin Egger-Lienz (1908), das von der Modernen Ga-lerie, der Vorläuferin der Österreichischen Galerie Belvedere , in Auftrag gegeben wur-de. Ausgehend von der komplexen Rezep-tionsgeschichte dieses Schlüsselwerks von Egger-Lienz – 1914 als drastische Kriegs-mahnung interpretiert, später von den Natio nalsozialisten zur Symbolisierung des Heldentods des ideologisch vereinnahmten Künstlers hochstilisiert – beschäftigt sich Pereña mit der Frage, wie sich solche kon-trären Sichtweisen an der Arbeit selbst fest-machen lassen. Neben der genauen Motiv-analyse nützt die Kuratorin das renommier-te Research Center des Belvedere , um die Entstehungshintergründe des Werks zu er-hellen und so die eigentlichen künstleri-schen Absichten zu klären.

bild: albin egger-lienz, Totentanz vom Jahre 1809, 1908, kasein auf leinwand

225 × 251 cm © belvedere, wien

S u n g h e e P a e november/Dezember 2012

Die Künstlerin Sunghee Pae (* 1980 in Gumi/ Korea) beschäftigt sich in ihrer Ar-beit mit dem urbanen Raum in seiner Rolle als idealer Ort. Sowohl Architekturdesigns der wachsenden Megacities als auch histo-rische Anlagen finden als inhaltliche wie kompositorische Ansätze Eingang in die Ar-beiten. Die Künstlerin thematisiert mit den menschenleeren, betont artifiziellen Land-schaften ihrer Installationen den schmalen Grat zwischen utopischen und dystopi-schen Szenarien, die sich aus dem inhären-ten Wunsch des Menschen nach dem idea-len Landschaftraum ergeben.

bild: sunghee pae, Urban Park, 2010 ortsspezifische installation, swing space, lower

Manhattan cultural council, ny

22 – S p e k t r u m

B A r O C KS i n c e 1 6 3 0.

text G e o r g L e c h n e r

ausstel lung im unteren belvedere

27. 2. – 9. 6. 2013

Die Ära der Regierung Maria Theresias gilt hierzulande als Synonym für glanzvol-len Barock und luxuriöse Pracht. Unzähli-ge Bauwerke des 18. Jahrhunderts, darun-ter Schlösser, Klöster und Kirchen, prägen bis heute das Erscheinungsbild Öster-reichs. Die Wiederbelebung und Fortset-zung dieses Stils im Historismus hat das Bild vom barocken Österreich zusätzlich gefestigt. Ausgangspunkt der Ausstellung sind die zahlreichen Möglichkeiten, sich der Kunst des Barock zu nähern. Die Kom-bination von Werken des 17. und 18. Jahr-hunderts mit jenen späterer Epochen zeigt, dass die Bandbreite hierbei vom Anknüp-fen an die Tradition über die Imitation bis hin zur Inspiration und zur Interpretation reicht. Anhand von Werken von Anton Faistauer, Gerhart Frankl, Oskar Kokoschka, Hans Makart, Franz Anton Maulbertsch, Franz Xaver Messerschmidt, Lilly Steiner, Paul Troger u. v. m. wird dabei zum Aus-druck gebracht, dass Barock kein Rück-zugsgebiet für Konservative, sondern viel-mehr Ausgangspunkt für die Moderne ist.

bild: lilly steiner, Composition baroque (Detail), 1938, Öl auf leinwand, 146 × 97 cm

© belvedere, wienr e n n w e g 6 , 1 0 3 0 wi e n

H u N D E r t WA S S E r J a p a n u n d

d i e Av a n t g a r d etext

H a r a l d K r e j c i

ausstel lung im unteren belvedere, orangerie

6. 3. – 30. 6. 2013

Friedensreich Hundertwassers Frühwerk war maßgeblich von der japanischen Kunst und der fernöstlichen Philosophie geprägt. In Paris war der Künstler mit japanischen Kollegen befreundet, und Mitte der 1950er-Jahre publizierten japanische Kunstmaga-zine erste Artikel über Hundertwasser. Sein künstlerischer Durchbruch ist eng mit sei-nem einjährigen Aufenthalt in Japan ver-knüpft, wo er 1961 in der Tokyo Gallery eine große Werkschau zeigte. Wie viele europäi-sche und amerikanische Künstler seiner Zeit ließ Hundertwasser sich von Taoismus, Zen-Buddhismus und den japanischen Holzschnitten Hiroshiges und Hokusais in-spirieren. Sein Frühwerk zeigt, wie er mit seiner prozessualen Malweise, den experi-mentellen Bildkompositionen sowie seinen Malaktionen bereits ab Mitte der 1950er-Jahre seine künstlerische Reife erreichte. Zahlreiche Bilder für die Biennale in Venedig 1962 entstanden noch in Japan. Die Ausstellung Hundertwasser, Japan und die Avantgarde zeigt anhand ausgewählter Werke den direkten und indirekten Einfluss der japanischen Avantgarde und Geistes-haltung auf das Frühwerk Hundertwassers. Zahlreiche Werke aus internationalen Sammlungen werden mit Arbeiten von Yves Klein, Lucio Fontana, Sam Francis sowie der japanischen Avantgarde zu sehen sein.

bild: Friedensreich hundertwasser in tokio mit dem gemälde Erste Japan-Spirale

unbekannter Fotograf, 1961 courtesy Die hundertwasser gemeinnützige

privatstiftung, wienr e n n w e g 6 , 1 0 3 0 wi e n

F OtO SÖ s t e r r e i c h i s c h e F o t o g r a f i e n

v o n d e n 1 9 3 0 e r n b i s h e u t etext

S e v e r i n D ü n s e r

ausstel lung im 21er haus

30. 1. – 5. 5. 2013

Wo steht die österreichische Fotografie heute, und wohin geht sie? Fragen wie diese versucht die Ausstellung Fotos. Österreichische Fotografien von den 1930ern bis heute – ab 30. Jänner 2013 im 21er Haus – zu beantworten. Im Mittelpunkt stehen weniger die Akteure der äußerst aktiven heimischen Fotografieszene, sondern ihre Motive, über die unbefangen-assoziativ Zu-gänge zum gegenwärtigen Kunstdiskurs ge-schaffen werden. Drei Grundmotive liegen der Werkauswahl zugrunde: Dinge, Men-schen und die Fotografie selbst. Historische bis zeitgenössische Stilllebenfotografie legt einen klaren Blick auf die Dinge des Alltags frei und spiegelt nicht zuletzt einen Rück-zug ins Private wider. Dazwischen sind Ab-bildungen von Menschen und ihren Blicken : Momentaufnahmen kleiner Gesten, die Zwischenmenschliches und Charakteristi-sches offenbaren, ergänzt mit Bildern, die sich mit der Fotografie an sich beschäftigen. Die drei Hauptmotive stehen für Objekt, Subjekt und deren In-Beziehung-Setzen, al-so die bestimmenden Parameter der Foto-grafie – dokumentarisch oder künstlerisch. Sie stellen die alten Fragen nach Abbild, Echtheit des Abgebildeten, aber auch der Objektivität der Kamera in aktualisierter Form. Die Ausstellung handelt vom Men-schen, von den Dingen, die ihn umgeben, von den Beziehungen zu ihnen und von der Linse zwischen all dem – also dem Blick der österreichischen Fotografie, der das festzu-halten sucht.

bild: helga pasch, Tennisball in Wasserpfütze (Detail), um 1989, Fotografie

40 × 29,5 cm, schenkung der künstlerin © belvedere, wien

a r s e n a l s t r a ß e 1 , 1 0 3 0 wi e n

D I E N AC H t I M Z W I E L I C H t

Ku n s t v o n d e r R o m a n t i k b i s h e u t e

u n t e r e s b e l v e d e r e u n d o r a n g e r i e b i s 1 7 . F e b r u a r

F I L M E Z u r A u S S t E L L u N GIn Kooperation mit dem Filmarchiv Austria

K i n o t i c k e t : € 5 , – | a n M e l D u n g 2 1 e r h a u s , b l i c k l e k i n o

M i , 2 3 . 1 . 1 9 u h r

I n f e r n o Ku r z f i l m e & F r a g m e n t e

1 9 0 3 – 1 9 2 4( h g . : k a r l wr a t s c h k o )

Neu restaurierte Stummfilme widmen sich weltlichen Infernos und geben Einblicke in

transzendente Welten.u n d r a m e d a n s l e s a i r e s ( F 1 9 0 4 ) ,

l’ e r u z i o n e d e l l ’ e t n a ( i 1 9 1 0 ) , l’ â m e d e s m o u l i n s ( n l / F 1 9 1 2 ) , l e c h a u d r o n i n f e r n a l ( F 1 9 0 3 ) ,

l a l é g e n d e d u f a n t ô m e ( F 1 9 0 8 ) , n a m e n l o s e h e l d e n ( a 1 9 2 4 )

M i , 6 . 2 . 1 9 u h r

A b e n t e u e r i n W i e n I c h w a r J a c k M o r t i m e r

( r . : e m i l e e . r e i n e r t , a / u s a 1 9 5 2 , 3 5 m m , 8 9 m i n , ö s t e r r. F a s s u n g )

Ein Meisterwerk des Film noir im Schatten der legendären Produktion The Third Man mit dem bombenzernarbten Wien als

Schauplatz.

M i , 1 3 . 2 . 1 9 u h r

N i g h t w a t c h i n g( r . : p e t e r g r e e n a w a y, u k / p / c a / n l

2 0 0 7 , 3 5 m m , 1 3 4 m i n , o F )

Die Nachtwache ist eines der berühmtesten Gemälde der Welt. Der Regisseur Peter

Greenaway auf forensischer Spuren suche.

M E M B E r S H I P

E X K L u S I V E F Ü H r u N G E N F Ü r F R E U N D E D E S B E LV E D E R E

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F a s z i n a t i o n P o r t r ä t i m Wa n d e l d e r Z e i t

Überraschender Gemäldeparcours mit Anstößen zur Selbsterkenntnis

tr e f f p u n k t : o b e r e s b e l v e d e r e , s a l a t e r r e n a

D o , 2 1 . 2 . 1 6 . 3 0 u h r

D i e w i e n e r i s c h s t e a l l e r E p o c h e n?

Der Wiener Kongress brachte eine Neuord-nung Europas mit sich. Gemälde von Amer-ling bis Waldmüller laden zu einer Zeitreise in Wohnstuben von Herrn und Frau Bieder-

meier ein.tr e f f p u n k t :

o b e r e s b e l v e d e r e , s a l a t e r r e n a

Page 13: Belvedere Magazin

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Page 14: Belvedere Magazin

15 – Explosiv

Wotruba im 21er Haus

14 – Explosiv

Wotruba im 21er Haus

roland Goeschl, Flakturmbemalung 1972, buntstift auf sW-Fotografie, 39,1 × 29,7 cm

explosivtext

Kerstin Jesse

Ein Schüler und sein Lehrer Das 21er Haus zeigte eine Sonderpräsentation zweier Künstler, die eng mit dem Museum beim Schweizergarten verbunden sind: Fritz Wotruba und sein Schüler Roland Goeschl

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b is Ende November lief im Wotruba im 21er Haus die Ausstellung Roland

Goeschl / Fritz Wotruba. EXPLOSIV 1958–1975. Der österreichische Bildhauer Fritz Wotruba zählte zu den wichtigsten seines Metiers nach 1945 und leitete bis zu seinem Tod 1975 die Meisterschule für Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste Wien. Anknüpfend an den klassischen Kubismus , baute er seine Figurationen aus blockhaften Elementen auf, ein Weg, den er kontinuierlich verfolgte. Die Verschmel­zung seiner Arbeiten mit architektonischen Elementen sowie zahlreiche Bühnengestal­tungen führten ihn schlussendlich hin zur skulpturalen Architektur. 1974 bis 1976 wur­

de die Kirche Zur Heiligsten Dreifaltigkeit in Wien Mauer nach Plänen von Fritz Wotruba und Architekt Fritz Gerhard Mayr erbaut. Wuch­tige Betonblöcke, horizontal und vertikal ange ordnet und ineinander verschachtelt, bil­den den Grundstock der sogenannten Wotruba Kirche auf dem Georgenberg.

Viele von Wotrubas Schü­lern, wie Rudolf Hoflehner , Joannis Avramidis, Alfred Hrdlicka und Josef Pillhofer , erlangten internationale Be­deutung – so auch Roland Goeschl. Goeschls Schaffen

fußt auf den Grundlagen seines Lehrers, entwickelt sich aber unabhängig von diesen weiter. Die neuen Ansätze von Goeschl lie­ßen sich in der Ausstellung, in der die skulp­turalen Werke mit der ansprechenden Aus­stellungsarchitektur eine Symbiose eingin­gen, gut nachvollziehen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Einführung der Farbe in den skulpturalen Bereich um 1963 nach einem Aufenthalt Goeschls in London und der Konfrontation mit der dortigen Kunstszene. Dadurch gelangte Goeschl zu einer Erweiterung des plastischen Raums sowie zu einer zunehmenden Reduzierung auf kubische Elemente. Durch leichte Brü­che und Drehungen innerhalb farbiger

kubischer Formen erreicht der Künstler mit mi nimalem Einsatz größtmögliche Irritati-on und Bewegung. Wie Wotruba verknüpft auch Goeschl seine Arbeiten mit der Archi­tektur und verfolgt u. a. die Vorstellung des Bauhaus von Ganzheitlichkeit. Die Anbin­dung seines Werks an den urbanen Raum ist für Goeschl ein besonderes Anliegen.

Wotruba wie Goeschl stehen in enger Verbindung mit dem 21er Haus: Goeschls erste Einzelausstellung fand 1969 im dama­ligen 20er Haus statt; seit November 2011 befindet sich die Fritz Wotruba Privatstif-tung als langfristige Dauerleihgabe in Räumlichkeiten des 21er Haus.

Von 12. Dezember 2012 bis 7. April 2013 zeigt die Fritz Wotruba Privatstiftung die Ausstellung Wotruba. Leben, Werk und Wirkung . Neben Skulpturen und Zeichnun­gen des Bildhauers wird vielfältiges, noch nie ausgestelltes Foto­ und Dokumentati­onsmaterial aus dem reichhaltigen Nachlass Wotrubas präsentiert. Die Ausstellung soll somit die Rezeption des Bildhauers in Ge­sellschaft, Kunstkritik, Literatur sowie sein Umfeld, die Wotruba Schule und die Entste­hungsgeschichte des Wotruba Museums vermitteln.

ausstellungsansicht: Fritz Wotruba, Große Skulptur, 1965, bronze (vorne); roland Goeschl,

Säulenformation, 1979, eisen, lackiert (hinten)

Foto: r

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belvedere, W

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Wotruba Leben, Werk und Wirkung Wotruba im 21er Haus 12. Dezember 2012 bis 7. april 2013

Page 15: Belvedere Magazin

13 – Zeitgenössische Jäger und Sammler

YouNG ColleCtors’ CommuNitY

12 – Yellow Books

saloN Für KuNstbuCH

Bernhard Cella

YelloW booKs*

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Kunst ist nicht gleich KunstmarKtDas 21er Haus ermöglicht der Künstlerin Claudia Sandoval Romero im Rahmen der Ausstellung KEINE ZEIT. Erschöpftes Selbst / Entgrenztes Können ihre Auseinandersetzung For Sale (2012) zu diesem Thema zu publizieren.

che Austausch über moderne und zeitge­nössische Kunst über Ländergrenzen hin­weg – sei es untereinander oder mit Sammlern , Künstlern, Kuratoren, Galeris­ten und anderen Akteuren eines interdiszi­plinären Kunstfeldes. Das 21er Haus dient als Ausgangspunkt. Kontakte werden ge­knüpft, Informationen weitergegeben und gemeinsame Interessen unterstützt.

Die Young Collectors’ Community ver­steht sich als Ort des Diskurses, des Dis­senses, des Experiments und natürlich der Kompetenz – dieser Ort soll gemeinsam aufgebaut, geformt und weiterentwickelt werden. Falls Sie an einer Mitgliedschaft bei der Young Collectors’ Community inte­ressiert sind, freuen wir uns, von Ihnen zu hören!

K unst zu sammeln bedeutet heute vor allem eines: Vernetzung und Diskurs.

Es gilt, Informationen auszutauschen, aktu­elle Entwicklungstendenzen aufzuspüren, Gegebenes infrage zu stellen und interdiszi­plinäre wie experimentelle Perspektiven zu erschließen. Erst der ständige Austausch und die leidenschaftliche Partizipation als inhaltliche Herausforderungen machen Sammler zu aktiven Teilnehmern des Kunstgeschehens. Dies ist der Ursprungs­gedanke der neuen Wiener Plattform für eine dynamische Sammlergeneration, die sich engagiert mit moderner und zeitgenös­sischer Kunst beschäftigt: die Young Collectors’ Community im 21er Haus.

Die Förderung zeitgenössischer Kunst und des 21er Haus ist das Kernanliegen der Initiative. Der Young Collector ist Mäzen, der Freiräume für kreatives Schaffenspo­tenzial anregt, und Philanthrop, der den Wert des gemeinsamen Engagements ver­wirklicht und uneigennützige Motive vo­ranstellt. Im Mittelpunkt steht der persönli­

The Exhibitionist Journal on Exhibiton Making 3The Exhibitionist ist ein magazin, das sich der praxis des Kuratie-rens von ausstellungen widmet. Damit bietet es dem Nachdenken über verschiedene kuratorische modelle eine breite plattform und trägt so zur bildung einer theorie des Kuratierens bei.

Olaf Möller, Michael Omasta Michael Pilz. Auge, Kamera, HerzDieses reich illustrierte buch ist die erste monografie über den Filmemacher michael pilz. Neben etlichen essays über sein Werk enthält die monografie einige von pilz verfasste texte und Film-treatments sowie eine umfassen-de Filmografie.

„AMERICAN“ LOTTERY TICKETSDie in der mitte perforierten tickets können sie von jeder seite abtrennen und an die mitspie- ler verteilen. sind alle lose ver- teilt, öffnen sie den metallring und geben die daran verbliebenen loshälften in eine schüssel. mi-schen sie gut durch. eine gewähl-te Glücksfee zieht die Gewinner.

Avital Ronell Das Telefonbuch. Technik, Schizophrenie, elektrische Rede eine umfassende studie, die – wie ein richtiges telefonbuch – das phänomen „telefon“ kultur- philosophisch in den blick nimmt. Dabei werden das Wesen der telefonie sowie die existenzanaly-se der telefontechnik diskutiert.

Parabol Art Magazine – The value issueThe value issue wurde von elsy lahner (vienna) und Jasper sharp (london) kuratiert. sie luden internationale Künstler dazu ein, die Konstruktion(en) von Wert sowie die Wechselwirkungen zwischen Wert und (eigenem) Werk zu erforschen.

apparate arbeiten/ Cameras Workthomas Freilers Fotobuch ist als versuchsanordnung zu verstehen. Darin denkt das buch als medium über sich selbst nach und befragt als bibliophiles objekt, als samm-lung und argumentation seinen Gegenstand – die Fotografie.

Christian Janecke Performance und Bild – Performance als Bild Die umorientierung vom Was auf das Wie eines tuns in den Kul- turwissenschaften führte zur Neubewertung der performance art. Dieser band reflektiert neue beziehungen und adaptionen.

agnes Husslein-arco im Salon für Kunstbuch im 21er Haus, 18. september 2012

* Salon für Kunstbuch, www.salon-fuer-kunstbuch.at

© Fotos: bernhard Cella

Jean L. Nancy Allesdurch dringung. Texte, Essays, Gespräche über den Tanzin sechs essays nähert sich der band Allesdurchdringung dem thema tanz und zeigt auf, wie sich Choreografen und tänzer weg von klassischen, expressiven inszenierungen hin zu aktuellen ästhetischen theorien bewegen.

Peter Fattinger, Veronika Orso, Michael Rieper BELLEVUE. Das gelbe Haus Der Katalog dokumentiert künst-lerische aktionen zum gelben Haus, das 2009 in linz anlässlich des Kulturhauptstadtjahrs als künstlerische intervention an der autobahn am bindermichl/ spallerhof erbaut wurde.

STREULICHT – Magazin für Foto-grafie und ArtverwandtesDie erste ausgabe widmet sich dem thema Fotografie & performanz. eine unprätentiöse an näherung aus einer zeitge- nössischen perspektive samt histo- rischen positionen auf 144 seiten. Jede ausgabe hat ein supplement in limitierter auflage.

KOntaKtNina Herlitschka Young Collectors’ Community tel. +43 1 79 557-721 e-mail [email protected] www.youngcollectors21.com

Zeitgenössische Jäger und sammler

textBettina Steinbrügge & Felicitas Herberstein

Young Collectors’ Community im 21er Haus

Foto: m

arcella Gassen

bauer ©

belvedere, W

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Cindy sherman, Detail aus der serie Untitled (Bus Riders I) 1976/2000, sammluNG verbuND, Wien

frieze magazin d/efrieze d/e ist der zweisprachige ableger des seit 1991 in london erscheinenden magazins frieze. Der Fokus des magazins liegt auf zeitgenössischer Kunst und Kultur und beinhaltet Kritiken und Kolumnen zeitgenössischer schriftsteller, Künstler und Kuratoren.

Page 16: Belvedere Magazin

11 – Film ab 10 – Film ab

bliCKle KiNo bliCKle KiNo

textBettina Steinbrügge

Zum Winterprogramm im Blickle Kino

Film ab

bernhard Hetzenauer, Todos nos hacemos ilusiones – Wir alle haben Illusionen, Dokumentarfilm, ecuador/Österreich 2005–2007, Filmstill, HD/Dv Cam, F, 70 min

bernhard Hetzenauer, Lo que quedó guardado – Was unausgesprochen blieb, Dokumentarfilm, mexiko/Deutschland/Österreich 2010, setfoto, s 16 mm/Dv Cam, s/w, 13 min

In der Blickle Series laden wir Kuratoren ein, die seit Jahren eng an der Schnittstelle von Kunst und Film arbeiten und heute für diesen Bereich prägend sind. Wir freuen uns auf Stuart Comer (Tate Mo dern, London) , Andréa Picard (TIFF, Toronto) und Sergio Fant (Filmfestival Locarno), die anhand von Filmbeispie len über ihre Praxis sprechen und Inhalte der Auseinanderset­zung von Kunst und Film vermitteln.

Die Profil Series, die wir gemeinsam mit dem Filmkritiker Stefan Grissemann kura­tieren, präsentiert einige außergewöhnli­che Neuproduktionen der letzten Jahre, die nur auf Festivals gelaufen sind, dort aber für Furore gesorgt haben. Der Film Winter Vacation von Li Hongqi etwa schildert den letzten Tag der Winterferien in einem chi­nesischen Dorf. Mit hintergründigem Witz zeigt uns Li Hongqi einen neuartigen, poeti­schen Blick auf eine Welt, die der unseren gar nicht so fremd ist. Besonders gefreut ha­ben wir uns auch auf Independencia des jungen philippinischen Filmemachers Raya Martin, eine vielschichtige Auseinanderset­zung mit Geschichte, Filmgeschichte und historiografischer Methodik. Raya Martin blickt in seinen Filmen auf die antikolonia­

len Befreiungskriege des 19. und 20. Jahr­hunderts zurück, aber auch auf das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts.

Neu zu unserem Programm kommen die Blickle Artist’s Docs, die wir einmal monat­lich in der Sonntagsmatinee präsentieren. Der Künstlerdokumentarfilm ist in den letzten Jahren sehr populär geworden, und wir möchten die aufregendsten Produktio­nen zeigen, beginnend mit einem Film von Rirkrit Tiravanija und einer Dokumentation über Anish Kapoor. Wir stellen Filme über Institutionen wie das neue Rijks museum in Amsterdam und den renommierten Kunst­buchverlag Steidl aus Göttingen vor und zeigen zwei Dokumentarfilme über Basquiat , die gemeinsam recht deutlich des­sen künstlerischen Werdegang dokumen­tieren.

In unregelmäßigen Abständen werden wir mit der Blickle Portraiture Series das junge österreichische film­ und videokünst­lerische Schaffen würdigen, indem wir jun­ge Nachwuchskünstler einladen, ihr bishe­riges Schaffen ausschnittsweise vorzustel­len. Den Anfang machten wir im Herbst mit Katrina Daschner, deren Videos sich mit Geschlechterzuschreibungen beschäftigen,

und Bernhard Hetzenauer, der vor Kurzem sein MA­Studium bei Wim Wenders und Pepe Danquart an der Hochschule für bildende Künste Hamburg abschloss. Hetzenauer , dessen Filme sich oft mit der Konstruktion von Erinnerung beschäftigen, stellte eine Auswahl seiner Arbeiten vor.

Freuen wir uns auf viele interessante, an­regende, diskursive und sicherlich auch provokative Stunden im Blickle Kino!

aktuelle screening-termine unter www.21erhaus.at

schaffens vor­ und zur Diskussion stellt. Wir möchten ein Forum schaffen, in dem die neuesten Tendenzen erfahrbar werden, weshalb wir auch immer die Filmemacher, Kuratoren und Programmer einladen, zu ih­rer Arbeit Stellung zu beziehen. Ein High­light im Herbst wird sicherlich sein, wenn

D iesen Herbst und Winter startet das Blickle Kino durch und zeigt ein

ebenso dichtes wie abwechslungsreiches Programm. Nachdem wir im Sommer 2012 neue Programmlinien entwickelt haben, er­wartet die Besucher nunmehr ein Spielplan, der alle Facetten heutigen Film­ und Video­

Béla Tarr in das Blickle Kino kommt und wir dort The Turin Horse vorstellen können, einen der Filme des letzten Jahres, der in Cannes seine Premiere hatte. Béla Tarr wird anwesend sein und uns sicherlich erklären, warum dies sein letzter Film ist, da von sei­ner Seite alles gesagt sei.

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Page 17: Belvedere Magazin

xxx

9 – Zweite Aufstellung 8 – Zweite Aufstellung

erst durch Allianzen und Kraftfelder inner­halb der Gruppe Relevanz. Die Sammlung #2 zeigt diese Entwicklungen in der Sektion Kunstszenen auf. Das Wissen um die Inter­aktionen innerhalb des Kunstfeldes ist heu­te Teil der Produktionsformen, in denen sich Kunst artikuliert. Die neu hinzugekom­mene Abteilung Zwischen Abstraktion und Figuration diskutiert die Entwicklung von Abstraktion und Figuration und deren ge­genseitigen Grenzüberschreitungen. Da­raus entstehen neuartige Bildwelten, die weniger beschreiben, sondern etwas erfin­den, das eher dem Unbewussten zuzuord­nen ist sowie künstlerische Stile reflektiert. Schriftbilder thematisiert die Auseinander­setzung mit Sprache als Material. Die kon­

krete Poesie, die sich in den 1950er­Jahren in Europa und Brasilien entwickelte, wurde in Österreich von der Wiener Gruppe und ihren Untersuchungen visueller und laut­licher Qualitäten von Sprache repräsentiert und findet ihre Fortsetzung in den textuel­len Interventionen der Konzeptkunst seit den 1960er­Jahren.

Der hartnäckige Mythos vom Ende der Malerei, der sich auf ihren modernistischen Sonderstatus bezog, kann heute als Indiz dafür angesehen werden, dass der Allge­meinbegriff von Kunst selbst produktiv ge­worden ist und der medienspezifische Kunstbegriff abgelöst wurde. Diese Ent­wicklung wird in der Sektion Nach der Malerei thematisiert. Durch die veränderte

m it der Gründung der Modernen Galerie im Unteren Belvedere begann

1903 die Sammlungstätigkeit des Museums zur zeitgenössischen Kunst, die seit Herbst 2011 im 21er Haus fortgesetzt wird. Die zweite Aufstellung von Werken aus der Sammlung für zeitgenössische Kunst – Die Sammlung #2 – zeigt künstlerische Ar­beiten von den 1940er­Jahren bis hin zu ganz jungen Positionen. Diese werfen ein Licht auf die Eigenheiten einer lokal veror­teten Kunstproduktion, die sich im Zusam­menhang mit der internationalen Gegen­wartskunst entwickelt hat. Gleichzeitig werden durch die Konfrontation junger Künstler mit Werken der Nachkriegsavant­garde ideen geschichtliche Zusammenhän­

ge aufgezeigt, die frische Bezüge schaffen. Die Wechselspiele zwischen den Arbeiten ermöglichen – insbesondere durch die nichtchronologische Aufstellung – einen veränderten Blick auf den Sammlungszu­sammenhang und seine Relevanz für das Hier und Jetzt.

Zweite Aufstellung bedeutet auch, dass viele neue Künstler hinzugekommen sind, die noch nicht gezeigt werden konnten. Die engagierte Ankaufspolitik der letzten Jahre hat Früchte getragen! Eine spannungsrei­che Sammlungspräsentation wirft einen fri­schen Blick auf eine dynamische, sich stets weiterentwickelnde Sammlung.

Die Sammlung #2 beleuchtet in fünf Sek­tionen wichtige lokale Bezugsfelder und

Entwicklungen zeitgenössischer und mo­derner Kunst. Mit unterschiedlichen Titeln wie Kunstszenen, Schriftbilder, Nach der Malerei, Knoten/Reihe/Struktur, Zwischen Abstraktion und Figuration dienen die Sek­tionen als atmosphärische und inhaltliche Klammern, die Fragen eröffnen. Ausgehend von der Sammlung und ihren zentralen Werken werden verschiedene Ausrichtun­gen thematisiert, die alle eine wesentliche Rolle beim Reflektieren über Kunst spielen.

Seit der Gründung der Secession wird die österreichische Kunstgeschichte durch die Aktivitäten von Netzwerken bestimmt. Künstlergruppen und Netzwerke spielen in der bildenden Kunst eine wichtige Rolle, neue ästhetische Setzungen erhalten oft

mediale Landschaft, in der neue Medien die alte Gattungsordnung herausfordern, wer­den heute auch traditionelle Gattungen als postmedial bezeichnet. In Knoten/Reihe/Struktur widmen wir uns einem weiteren Aspekt der klassischen Moderne. In der Moderne werden feste Gestaltungsnormen wie Gerade oder Primärfarben eingesetzt. Mit dem Aufkommen eines konzeptuellen Formalismus ab den späten 1970ern wurden die damals entstandenen großen Erzählun-gen kritisch kommentiert sowie in pop­ulärkulturelle Kontexte gesetzt.

textBettina Steinbrügge

Franz West, Moonlight-Zimmer (Detail) 1998–2001, Wandbespannungen, zwei Chaiselongues 291 × 187 cm, 133 × 294,5 cm, 133 × 194,5 cm belvedere, Wien, Dauerleihgabe ernst ploil, Wien

Die sammluNG #2

Zweite Aufstellung der Sammlung zeitgenössischer Kunst im 21er Haus: Von den 1940ern bis hin zu ganz jungen Positionen

Fotos: Joh

ann

es stoll © b

elvedere, Wien

Die sammluNG #2

Die sammlung #2 21er Haus seit 14. November 2012

erwin Wurm, Ich und Über-Ich, 2007, styrofoam, acryl, pullover, 125 × 120 × 60 cm, schenkung des Künstlers, belvedere, Wien,

© vbK Wien, 2012

Page 18: Belvedere Magazin

12 — xxx 6 – Keine Zeit

21er Haus 21er Haus

ler Christoph Meier ein spezielles Display für die Ausstellung erarbei­tet, das in ebendiese Debatte ein­steigt und eigene Fragestellungen verhandelt.

Die Ausstellung KEINE ZEIT. Erschöpftes Selbst / Entgrenztes Können bündelt wichtige, über das Kunstfeld hinausgehende Fragestellungen und stellt künstlerische Arbeiten vor, die das Thema der Arbeit allgemein be­trachten und analysieren, die von Lust wie auch von Überforderung sprechen, die Langeweile als Ausweg sehen und die Formen der Verweige­rung erproben. Das alles passiert mit sehr viel Engagement und liegt jen­seits einer trockenen Aufarbeitung

des Themas. Die Ausstellung wird von In­terventionen und Performances von Studie­renden des Programms Master in Critical Studies an der Akademie der bildenden Künste Wien in Zusammenarbeit mit den Lehrenden Diedrich Diederichsen und Constanze Ruhm begleitet.

Folgende Künstler sind an diesem Projekt beteiligt: Thomas Baumann, James Benning , Cosima von Bonin, Josef Dabernig, Verena Dengler, Simon Dybbroe Møller, Manfred Erjautz, Claire Fontaine, Hans Hollein, Siggi Hofer, Judith Hopf, Lone Haugaard Madsen, Michel Majerus, Christoph Meier, John Miller, Ute Müller, Olaf Nicolai, Laura von Niederhäusern, Stefan Panhans, Josephine Pryde, Werner Reiterer, Kirstine Roepstorff, Santiago Sierra, Nicole Six & Paul Petritsch, Josef Strau, Adrian Williams.

se seit Beginn des 21. Jahrhunderts basiert auf den Kriterien von Effizienz, Flexibilität und Selbstverantwortung, die alle bereits viel früher in den künstlerischen Berufen etabliert wurden, wodurch Künstler oft als Vorreiter dieser sozialen Veränderungen gelten. Höchstes Engagement und größte Identifikation, die keine Grenze zwischen Arbeit und Leben zulassen, projektbezoge­nes Arbeiten, die Bereitschaft zu lebenslan­gem Lernen und clevere Selbstvermarktung sind nur einige Schlagworte, die oft mit künstlerischer Tätigkeit assoziiert werden. Galt Kunst als exotisch anmutendes Gegen­modell zur leistungsorientierten Erwerbs­arbeit, so entwickelt sie sich immer mehr zum Modell der mobilen und autonomen Ich­AG. Es wird ersichtlich, dass der Künst­lerbegriff einer überholten Vorstellung ent­spricht und einer kritischen Reflexion und Neudefinition bedarf. So wird die eigene Rolle innerhalb dieser gesellschaftlichen Debatte von Künstlern diskutiert und selbst wieder zum Inhalt künstlerischer Arbeiten, welche die eigenen Lebensverhältnisse und Produktionsbedingungen behandeln: Bei­spielsweise hat der österreichische Künst­

a lso hör mal, es ist folgenderma-ßen, wir haben da so eine Produk-

tion am Laufen, dazu brauchen wir Leute, die sich was trauen, echte Charakter , ganz eigene, selbstbewusste junge Leute. Du müsstest nur du selbst sein, wenn du mitmachen willst, aber eben super, verstehst du? Du kannst machen, was du willst eigentlich, Hauptsache, es ist toll und es kommt ganz aus dir selbst […] Be yourself but at its top, verstehst du? (Stefan Panhans , Pool)

L eben heute bedeutet, mit der Fül­le an Lebensformen umzugehen, die Dialektik von Angst und Sicherheit in Zeiten großer Ungewissheit zu be­wältigen und jederzeit flexibel, mo­bil, kreativ und autonom zu sein. Das hat seine Vor­ und Nachteile. Arbeitsbedingun­gen haben sich durchaus zum Positiven ge­wandelt, waren doch die Möglichkeiten zur Gestaltung von Arbeit und Freizeit nie so zahlreich wie heute und ist der Einzelne doch aus dem vormodernen Disziplinarmo­dell befreit worden. Arbeit kann und soll heute zur Stärkung und zu einer ambitio­nierten Selbstverwirklichung beitragen. Aber wir müssen auch mit der Kehrseite namens Autonomie umgehen. Das gestaltet sich oft schwierig und löst bei vielen Men­schen enormen Druck aus. Eine Anfang der 2000er­Jahre erstellte WHO­Studie belegt, dass Depressionen mittlerweile die welt­weit häufigste psychische Erkrankung sind. Der französische Soziologe Alain Ehren­berg vertritt in seiner Studie Das erschöpfte Selbst die These, dass es einen Zusammen­hang zwischen Burn­out mit einhergehen­den Depressionen und der neoliberalen Ideologie der Selbstverwirklichung gibt. Depressionen seien also charakteristisch für die jüngsten Veränderungen in der Wahrnehmung von Individualität. Der Wandel der Arbeits­ und Lebensverhältnis­

arbeit als lust und Überforderung, Kunst als modell der mobilen und autonomen ich-ag

stefan panhans, Sieben bis zehn Millionen (Detail) 2005, Dv, 7,25 min, Courtesy der Künstler

olaf Nicolai, Enjoy/Survive (I), 2001, leuchtkasten aus aluminium, plexiglas, Farbdruck auf plastikfolie 210 × 210 × 25 cm, sammlung migros museum für Gegenwarts kunst, Zürich © Nils Klinger, © vbK Wien, 2012

stefan panhans, Pool 2004, Dv, 7,25 min

Courtesy der Künstler

Keine Zeit Erschöpftes Selbst / Entgrenztes Können21er Haus bis 13. Jänner 2013

siggi Hofer, A CLOWN SAYS DANKESCHOEN 2012, lack auf mDF, 21 platten, je 125 × 125 cm Courtesy Galerie meyer Kainer, Wien

Page 19: Belvedere Magazin

13 — Keine Zeit14 — Keine Zeit

21er Haus21er Haus

acidit dusaes adistio occus.

textBettina Steinbrügge

Reflexion über das Verhältnis von Arbeit und KreativitätDie Selbstverausgabung als Folge permanenter Effizienz

Cosima von bonin, THE BONIN/OSWALD EMPIRE’S NOTHING # 04 (CVB’S PURPLE KIKOY SLOTH RABBIT ON PINK TABLE & MVO’S KIKOY SONG), 2010, material variabel, Größe variabel, Kunsthaus bregenz, Courtesy die Künstlerin, Galerie buchholz, Köln/berlin und Friedrich petzel Gallery, New York © markus tretter, Kunsthaus bregenz

Page 20: Belvedere Magazin

Ministerien, Universitäten und europäi­schen Organisationen, sämtliche österrei­chische Botschaften und Kulturforen sowie die österreichischen Bundes­ und Landes­museen. So befinden sich auch in der stän­digen Sammlung des Belvedere – wie in vie­len anderen Museen – zahlreiche Artothek­Dauer leihgaben.

Mit der Übersiedlung der Artothek des Bundes in das 21er Haus im Schweizergar­ten ergeben sich weitere museale Verknüp­fungen sowie praktische Synergien. Da das Belvedere mit dem neu eröffneten 21er Haus erstmals über ausreichend Räum­lichkeiten verfügt, seine zeitgenössischen Kunstbestände permanent auszustellen, können in den Sammlungspräsentationen auch ungleich mehr Werke aus der Artothek

a ktuell befinden sich über 36.000 Wer­ke moderner und zeitgenössischer ös­

terreichischer Kunst, die alle heute gängi­gen Medien umfassen, in der Artothek des Bundes. Seit ihrer Gründung zu Beginn der Zweiten Republik ist die Sammlung durch eine rege Ankaufstätigkeit des Bundes kon­tinuierlich gewachsen, Frühwerke heute etablierter Künstler sowie jeweils ganz jun­ge Positionen dokumentierend. Nicht um­sonst gilt sie als die umfassendste Doku­mentation des zeitgenössischen österrei­chischen Kunstschaffens. Die Sammlungs­objekte stehen für die Ausstattung der Repräsenta tionsräumlichkeiten und Büros der Bundesdienststellen im In­ und Ausland zur Verfügung; leihberechtigt sind die Prä­sidentschaftskanzlei, das Parlament, alle

der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wer­den. So zeigt die Sammlungspräsentation des 21er Haus – aktuell Die Sammlung #2 (seit 14. November) – zahlreiche Arbeiten aus dem Bestand der Artothek des Bundes, wie Maria Lassnigs Doppelselbstporträt (1974), Valie Exports Geometrische Figuration (1972), Andreas Fogarasis Innsbruck, Tirol , Austria, Innenstadt (2003/05) oder Gerhard Rühms Leselieder (1991). Indem Die Sammlung #2 künstlerische Arbeiten der Nachkriegsavantgarde mit zeitgenössi­schen Positionen konfrontiert, werden schließlich auch ideen geschichtliche Zu­sammenhänge aufgezeigt, die neue Bezüge und Berührungspunkte schaffen.

3 – Scrollwork

21er Haus

21er raumtext

Severin Dünser

v or rund einem Jahr öffnete das sanier­te 21er Haus als Plattform für österrei­

chische Kunst seit 1945 im internationalen Kontext erstmals seine Türen. Fast auf den Tag genau zum einjährigen Jubiläum wur­de nicht nur die zweite Aufstellung von Werken aus der Sammlung für zeitgenössi­sche Kunst – Die Sammlung #2 – sondern auch eine neu geschaffene Ausstellungsflä­che präsentiert: der 21er Raum. Zentral im Obergeschoß gelegen, hebt sich der Raum im Raum architektonisch vom Gebäude ab und fügt sich gleichzeitig in die Gesamt­struktur ein. Der Entwurf von Nadim Var­dag reflektiert mit seinen verspiegelten Au­ßenwänden nicht nur die Werke der Samm­lung, sondern die gesamte Innenarchitektur des Hauses. Vardag beschäftigt sich in sei­nem Œuvre mit filmischer Projektion und Licht, deren Effekte er auch bei der Hülle des 21er Raum einsetzt, dem eine Eigen­ständigkeit bei gleichzeitiger Relationalität ermöglicht wird. Im Inneren des 21er Raum werden in einem Intervall von sechs Wo­

chen neue Ausstellungen zu sehen sein. Ge­plant sind vorrangig Einzelausstellungen, aber auch kleine Gruppenausstellungen. Kuratiert wird das Programm des 21er Raum von Severin Dünser . Der Fokus liegt auf jungen Positionen in Österreich leben­der und arbeitender Künstler.

Für die erste Ausstellung konnte der ge­bürtige Australier Andy Boot gewonnen werden, der ein Arrangement aus neuen Skulpturen und Arbeiten auf Leinwand zeigte. Mit der Ausstellung Überfläche (bis 9. Dezember 2012) diskutierte der Künstler Bedeutungen von Oberflächen, genauer ge­sagt den möglichen Status dessen, was über diesen Oberflächen liegt. Jene Welt, in der zwischen Sein, Präsentieren und Repräsen­tieren nicht mehr unterschieden, sondern nur noch der Glanz der Oberflächen wahr­genommen wird, versuchte Boot als ästheti­sches Phänomen zu formalisieren. Das führt ihn zu einer Neubewertung von Orna­mentik sowie zur Ironisierung künstleri­scher Geste als dekora tive Praxis.

ZWeite ausstellung20. Dezember 2012 bis 13. Jänner 2013

constanze schweiger ScrollworkDie Ausstellung kreist um verschiedene äs­thetische Phänomene in Malerei, Mode und Gesellschaft. Die in Wien lebende und ar­beitende Künstlerin übersetzt dafür einzel­ne Elemente aus ihrem Blog zurück in Aus­stellungsobjekte, und die Texte darauf in ein Druckwerk. Wie ein Scrollwork – ein Orna­ment, das mal einem Blattwerk nachemp­funden, mal ein abstraktes Muster sein kann – changiert die Ausstellung zwischen Ob­jekten, die in verschiedene Richtungen wei­send dennoch ein großes Ganzes bilden.

Detail der gestalterischen auftragsarbeit von Nadim vardag für die struktur der verspiegelung des 21er raum

artotHeK Des buNDes

2 – Eröffnung

aufnahme bestanden

textDaniela Jasch

Eröffnung der Artothek des Bundes im 21er Haus

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elvedere, Wien

Constanze schweiger, Hypoestes phyllostachya Baker, 1887 (Detail), 2012

Page 21: Belvedere Magazin

Herbst | Winter 2012 | 2013

KEINE ZEIT

Die sammlung #2Artothek des Bundes

maGaZiN