Birgit Gehrmann :: freie Jounalistin · 2012. 2. 9. · Created Date: 1/24/2012 2:21:52 PM

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Galeria Magazin 48 >> Die Kartoffel verhalf Léa Linster zu Weltruhm. Mit einem „Lammrücken in Kartoffelkruste“ gewann sie die höchste Kochauszeichnung, den Bocuse D’Or. Noch immer ist sie die einzige Frau, die diesen Preis für sich verbuchen kann. Das Siegerrezept sowie weitere Kar- toffelgerichte bescheren ihr in ihrem Restaurant im luxemburgischen Frisan- ge viele begeisterte Gäste. Doch die kleine Knolle stellte Léa Linster zunächst vor große Herausfor- derungen. Denn beim begehrten Wettbewerb der Sterneköche im Jahr 1989 sollte sie etwas Lan- destypisches servieren. „Mir fiel nur die Kartoffel ein“, erzählt sie. Diese erinnerte sie an ihre Kind- heit und Jugend im elterlichen Gasthof. „Wenn frü- her keine Kartoffeln auf dem Teller lagen, dann ha- ben die Männer das Gericht nicht gegessen.“ Nun aber sollte sie diese nicht irgendwelchen Brum- mifahrern auftischen, sondern der versammelten Kochelite – und das zu einer Zeit, als die Knollen aus der Erde nur sehr selten mit Silberbesteck und Gault Millau in Verbindung gebracht wurden. „Aber da habe ich gelernt: Wenn du vor großen Herausforderungen stehst, hilft dir die Kartoffel“, sagt Léa Linster, lacht herzhaft und fügt gleich etwas ernster hinzu: „Es stimmt, man sollte sich immer mal wieder auf die Basis besinnen. Besser eine gute Kartoffel als mittelmäßige Trüffeln.“ Mit diesen hätte sie die Jury wohl auch nicht über- zeugt, mit ihrem in Kartoffelraspeln eingewickel- ten Lamm schon. Nicht erst seit diesem Adelsschlag mag die 55-Jährige dieses Gemüse. Streng genommen muss man sagen, dass sie die erdige Knolle sogar liebt. Denn allein die Vorstellung, dass ein Koch diese nicht sorgsam behandelt, lässt die sonst so herzliche und freundliche Luxemburgerin ernst werden. „Wenn man Kartoffeln liebt, haut Suppenzutaten: Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Butter, Brühe und Sekt Liebe Sterneköchin Léa Linster ist dafür berühmt, einfache Dinge raffiniert zuzubereiten. Die Luxemburgerin schaffte es sogar, ihre große Liebe, die Kartoffel, in den Kochhimmel zu befördern. VON BIRGIT GEHRMANN (TEXT) UND OLAF TAMM (FOTOS) Léa Linsters >

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  • Galeria Magazin48

    >> Die Kartoffel verhalf Léa Linster zu Weltruhm. Mit einem „Lammrücken in Kartoffelkruste“ gewann sie die höchste Kochauszeichnung, den Bocuse D’Or. Noch immer ist sie die einzige Frau, die diesen Preis für sich verbuchen kann. Das Siegerrezept sowie weitere Kar-toffelgerichte bescheren ihr in ihrem Restaurant im luxemburgischen Frisan-

    ge viele begeisterte Gäste. Doch die kleine Knolle stellte Léa Linster zunächst vor große Herausfor-derungen. Denn beim begehrten Wettbewerb der Sterneköche im Jahr 1989 sollte sie etwas Lan-destypisches servieren. „Mir fi el nur die Kartoffel ein“, erzählt sie. Diese erinnerte sie an ihre Kind-heit und Jugend im elterlichen Gasthof. „Wenn frü-her keine Kartoffeln auf dem Teller lagen, dann ha-ben die Männer das Gericht nicht gegessen.“ Nun aber sollte sie diese nicht irgendwelchen Brum-mifahrern auftischen, sondern der versammelten Kochelite – und das zu einer Zeit, als die Knollen aus der Erde nur sehr selten mit Silberbesteck und Gault Millau in Verbindung gebracht wurden.

    „Aber da habe ich gelernt: Wenn du vor großen Herausforderungen stehst, hilft dir die Kartoffel“, sagt Léa Linster, lacht herzhaft und fügt gleich etwas ernster hinzu: „Es stimmt, man sollte sich immer mal wieder auf die Basis besinnen. Besser eine gute Kartoffel als mittelmäßige Trüffeln.“ Mit diesen hätte sie die Jury wohl auch nicht über-zeugt, mit ihrem in Kartoffelraspeln eingewickel-ten Lamm schon.

    Nicht erst seit diesem Adelsschlag mag die 55-Jährige dieses Gemüse. Streng genommen muss man sagen, dass sie die erdige Knolle sogar liebt. Denn allein die Vorstellung, dass ein Koch diese nicht sorgsam behandelt, lässt die sonst so herzliche und freundliche Luxemburgerin ernst werden. „Wenn man Kartoffeln liebt, haut Suppenzutaten: Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Butter, Brühe und Sekt

    LiebeSterneköchin Léa Linster ist dafür berühmt, einfache Dinge raf� niert zuzubereiten. Die Luxemburgerin schaffte es sogar, ihre große Liebe, die Kartoffel, in den Kochhimmel zu befördern. VON BIRGIT GEHRMANN (TEXT) UND OLAF TAMM (FOTOS)

    Léa LinstersLiebe

    Sterneköchin Léa Linster ist dafür berühmt, einfache Dinge raf� niert zuzubereiten. Die Luxemburgerin schaffte es sogar, ihre große Liebe, die Kartoffel, in den Kochhimmel zu

    Léa Linsters

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    man sie nicht in irgendein versalzenes Wasserbad“, sagt sie energisch und fügt mit lauter, fast schon zorniger Stimme hinzu: „Das kommt davon, dass sich die meisten Leute zu viel mit irgendei-nem Schnickschnack beschäftigen, den keiner braucht. Lieber sollten sie sich drei Monate lang nur im Salzen üben.“ Dann würden ihre geliebten Kartoffeln auch nicht in Hunderten von Küchen ungerecht behandelt werden.

    Ihr Tipp: Bevor Gemüse in den Topf wandert, das Salzwasser abschmecken. Mal mehr, mal weniger Salz verwenden. „Dann fi nden Sie schon heraus, wie viel Salz das Produkt liebt und Sie müssen sich nur den Geschmack des Salzwas-sers merken.“ Kartoffeln können im Wasserbad kochen oder mit der Schale auf Dunst garen. „Ich gare sie immer, das gibt einen besseren Geschmack.

    Dafür brauche ich nur eine Dunstrose.“ Ein häufi ger Fehler sei,

    die Kartoffeln zu früh rauszuholen. Sie brauchen mindestens 30 Minuten und sind dann gar, wenn ein Küchenmesser durchgeht wie durch ein

    Stück Butter. Zum Garen eignen sich neue Kartof-feln, die alten sind gut zum Frittieren – die Sorte spielt keine Rolle. Auf den Geschmack kommt es an: „Hier muss jeder selbst ausprobieren, welche er mag.“ Mehlige Kartoffeln, die dennoch fein von der Struktur sind, empfi ehlt Léa Linster für Suppen. „Kartoffelsuppen sind großartig. Selbst wenn sie anbrennen, meckert kaum jemand, da der Geschmack die meisten an ihre Kindheit erinnert, wenn Kartoffeln im Feuer gegart wurden. Das ist doch praktisch, oder?“

    Königin des GeschmacksWer Léa Linster zuhört, fragt sich, ob die Sterne-küche wirklich so einfach ist. „Natürlich“, sagt sie. Ein guter Koch müsse etwas von den Produkten verstehen. Gut von mittelmäßig unterscheiden können, richtig salzen und pfeffern sowie perfekt garen können – dann sei er Weltklasse. Und als ob sie dem Ganzen Nachdruck verleihen möch-te, wiederholt sie es noch einmal: „Dann ist er Weltklasse.“ Léa Linster ist Weltklasse. Jahrhun-dertkoch Paul Bocuse nennt sie „die Königin des Geschmacks“ und sagt über ihre Küche: „Einfach, aber raffi niert.“ Denn um Weltklasse zu sein, muss man nicht die teuersten Zutaten auf den Tisch bringen. Auf Léa Linsters Speisekarte gibt es natürlich Hummer und Entenleber, aber auch

    Kartoffel auf Sterneniveau. Nach dem Abkühlen (r.) wird die Galette mit blanchiertem Gemüse dekoriert.

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    Mit etwas Glück und der richtigen

    Antwort können Sie eins von drei

    handsignierten Léa-Linster-Kochbü-

    chern gewinnen. „Best of Léa Lins-

    ter Cuisinière“ enthält Rezepte wie

    ihren preisgekrönten „Lammrücken

    in Kartoffelkruste Bocuse D‘Or“

    oder ihre weltberühmte Crème

    Brulée. Das Kochbuch kann

    unter of� [email protected] bestellt

    werden. Beantworten Sie dazu

    einfach folgende Frage:

    Gewinnen Sie ein Kochbuch von Léa Linster

    Teilnahmebedingungen: Unter den richtigen Antworten entscheidet das Los. Die Gewinner werden auf dem Postweg/per E-Mail benach-richtigt. Teilnahmeberechtigt ist jeder ab 18 Jahren. Mitarbeiter der GALERIA Kaufhof GmbH und der corps. Corporate Publishing Ser-vices GmbH dürfen nicht teilnehmen. Die Gewinne können nicht bar ausgezahlt werden. Es werden nur natürliche Personen als Teilnehmer berücksichtigt. Die Teilnahme über Teilnahme- und Eintragungsdiens-te ist ausgeschlossen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Daten werden vertraulich behandelt und lediglich im Zusammenhang mit die-sem Gewinnspiel erhoben. Eine Speicherung der Daten erfolgt nicht. Einsendeschluss ist der 30.09.2010.

    Schreiben Sie die Antwort auf eine

    Postkarte und schicken Sie diese an:

    GALERIA Kaufhof GmbH

    Kennwort „Léa Linster“

    Postfach, 50618 Köln

    Sie können auch online unter

    www.galeria-magazin.de teilnehmen.

    Woher stammt Léa Linster? Aus ...

    A) Österreich B) Luxemburg C) Deutschland

    Kartoffelpüree oder Röstis. Es würde auch nicht verwundern, wenn irgendwann Kartoffelsalat auf der Karte des mit einem Michelin-Stern deko-rierten Restaurants auftauchen würde. Denn Léa Linster gerät ins Schwärmen, wenn sie von diesem Gericht redet. „Hmm, Kartoffelsalat. Ich bewun-dere die Frauen, die für ihren Kartoffelsalat beliebt sind.“ Und selbst für die sonst so verpönten Pom-mes springt sie in die Bresche. Man könne Fritten schließlich auch mit Liebe blanchieren und backen. „Dann schmecken sie einfach wunderbar.“

    Fernsehkoch und Moderator Alfred Biolek sag-te einmal, Léa Linsters Küche sei nicht abgehoben wie die anderer Sterneköche. Das schätze er so an ihr. Wie zum Beweis stehen an der Eingangstür zum Restaurant ihre Kochbücher. Eins trägt den Titel „Einfach & genial“, ein anderes titelt schlicht „Best of Léa Linster Cuisinière“ und ein drittes heißt „Kochen mit Liebe“. Letzteres ist ihr Mot-to. Auf ihrer Kochjacke und dem großen Plakat an der Hauswand steht „Avec Amour“ und ein kleines

    Herz ist daneben gemalt. Vielleicht ist das der Punkt, der Léa Linsters Küche von der der anderen Sterneköche unter-scheidet. Sie lebt dieses Motto und liebt nicht nur das Kochen, sondern auch ihre Angestellten. Alle begrüßt sie mit Küsschen auf die Wange. Ihren Sous-chef Korbinian Wolf, mit dem sie auch schon im Fernsehen kochte, ruft sie nur „Korbi-Schatz“. Die Stimmung inner-halb des Teams ist gut, der Umgangston ruhig und respektvoll.

    Nur wer sich nicht an das Motto der Chefi n hält, kann schnell Ärger bekom-men. Da kennt Léa Linster keine Gna-de. Einmal behandelte ein Koch ein Huhn nicht mit Liebe, sondern warf es grob auf die Arbeitsplatte. Er konnte seine Sachen packen. Bei Léa Linster in Frisange wird schließlich mit Liebe ge-kocht – vor allem Kartoffeln. >

    Lamm trifft Kartoffel. Léa Linsterportioniert das Bocuse-D‘Or-Gericht.

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    Kartoffelrezepte

    Kartoffelsuppe

    Rezept für 4 Personen

    300 g Kartoffeln, 150 g Porree (weiß)

    1 Zwiebel, 2 Knoblauchzehen

    30 g Butter, 1 l Hühnerfond

    100 g Sahne, 75 – 100 g Parmesan

    1 Glas Weißwein (trocken)

    1 Glas Winzersekt oder Champagner

    feines Meersalz, Muskat, Zitronensaft,

    4 EL Buttercroûtons, evtl. etwas Olivenöl

    Zubereitung: Zwiebeln und Porree klein schneiden. Kartoffeln schälen, klein schneiden und

    waschen. Zwiebeln und Porree mit einer Nuss Butter im Topf andünsten. Kartoffeln, zerkleinerten

    Knoblauch und Hühnerfond hinzugeben. Salzen, aufkochen und auf kleiner Flamme 20

    Minuten köcheln. Nach der Hälfte der Zeit den Weißwein dazugießen. Sobald alles

    gar ist, die Suppe mit einem Stabmixer pürieren oder in den Mixer geben.

    Durch ein Sieb passieren. Die kalte Sahne halbfest schlagen, leicht salzen,

    etwas Zitronensaft und ordentlich fein geriebenen Muskat hineingeben.

    Die Sahne kalt stellen. Parmesan hauchdünn raspeln. Für die Croûtons

    Weißbrot oder Toast (ohne Rinde) würfeln und in Butter rösten. Die

    Suppe nachmals kurz aufkochen und Sekt bzw. Champagner zuge-

    ben. In heiße Tassen füllen und mit reichlich Muskat-Sahne, etwas

    Parmesan, Croûtons und evtl. mit etwas Olivenöl anrichten.

    Léa Linsters

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