Blickpunkt 5/12

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www.blickpunktkmu.ch AUSGABE 5 / 2012 CHF 6.80 TOFU MADE IN SWITZERLAND FAHNEN FÜR DIE WELT WENDELIN MANSER NOPPA AG

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Das Wirtschaftsmagazin für KMU

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www.blickpunktkmu.ch

AUSGABE 5 / 2012 CHF 6.80

Tofu made in SwiTzerland

Fahnen Für die Welt

WEndElin MAnSEr

noppA AG

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Wer hart arbeitet, braucht dafür robuste und zuverlässige Werkzeuge. Der flinke Caddy,

der praktische Transporter, der geräumige Crafter und der kräftige Amarok sind jeder Aufgabe

gewachsen. Wirtschaftlich und zuverlässig erledigen sie ihren Job und unterstützen Sie

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editorial

liEBE lESErin,liEBEr lESEr

«Tut mit leid, er arbeitet heute im Home office. Sie können ihn aber via Mail oder über das natel erreichen.» Solche oder ähnliche Aussagen hört man immer häufiger, wenn man jemanden über seine «Büro-nummer» zu erreichen versucht. Häufig klingt das ein wenig nach der unterschwelligen Botschaft: «Aber er arbeitet wirk-lich!» Ganz, als komme ein Tag im Home office eher einem Besuch in der Badi gleich als dem Erledigen des üblichen pensums an einem anderen ort. Eine in den letzten Wochen mehrfach in den Medien zitierte Studie des Software-Unterneh-mens Citrix scheint diese präventiv entschuldigende Haltung zu erklären: den Ergebnissen zufolge sehen 43 prozent der «Heimarbeiter» während ihrer Tätigkeit fern, mehr als ein drittel kümmert sich um die Hausarbeit und erstaunliche 20 prozent spielen Video-Spiele.das klingt im ersten Moment alarmierend – doch mehrere Feststellungen relati-vieren diese Ergebnisse massiv. Erstens fand die Untersuchung in den USA statt, ähnliche empirische daten für die Schweiz sind derzeit nicht erhältlich. Zweitens legt eine beinahe zeitglich veröffentlichte Untersuchung der Stanford-Universität dar, dass im Home office tätige personen dennoch um 12 prozent produktiver sind als im Büro. drittens lässt sich die Arbeitseinstellung jedes individuums kaum mit prozentzahlen erfassen.Wir durften uns für diese Ausgabe mit zwei ausgewiesenen Experten zum Thema Home office unterhalten. Eine zentrale Aussage des Gesprächs: Je mehr Arbeiten ausserhalb des Büros gefördert werden soll, desto wichtiger ist die Einstellung. Um die idee erfolgreich umzusetzen, sind Mit-Arbeitende nötig, die sich als Mit-Unter-nehmer fühlen. Am Ende müssen also auf beiden Seiten die richtigen Voraussetzun-gen geben sein. Führungskräfte müssen Vertrauen vorschiessen und ihr personal mit den nötigen Kompetenzen ausstatten, umgekehrt müssen die Mitarbeitenden das Vertrauen rechtfertigen und bereit sein, sich von der typischen «8 bis 17 Uhr» Mentalität zu lösen. die zitierten 12 prozent produktivitätsgewinn sollten doch für alle Anreiz genug darstellen. (pS: dieser Text entstand am Schreibtisch – zuhause.)

ihr Tobias Wessels

KMU-Zahl des Monats

4917Franken planen grosse KMU

2012 pro arbeitsplatz für

Business-Software auszugeben.

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inhalt

KMU DES MONATS8 Schweizer Fahnen an der EM Auch wenn es für die nati diesmal nicht sein sollte: die

Schweiz war doch noch an der WM vertreten. der eid-genössische Beitrag war dabei auffälliger, konstanter und erfolgreicher als der vieler anderer länder.

12 lernen von Fahnen 24

14 Fahne oder Flagge?

15 Fahnen 24 in Zahlen

BUSINESS CASES16 Schweizer Exot noppa’s Tofu ein zu 100 prozent Schweizerisches produkt:

Sogar die Sojabohnen kommen ausnahmslos von hier. Mit viel Einsatz haben noppa und Jörg Helbling ihr Unterneh-men zum Blühen gebracht.

18 Was ein KMU von der noppa AG lernen kann

20 Vom piloten zum Windenergie-pionier Kaum einer weiss mehr über Wind als ein studierter Ae-

rodynamiker und Gleitschirmkonstrukteur. Bald könnte roman Bühler mit seinen H-rotoren die Windenergie revolutionieren.

FOKUSTHEMA24 innovationstreiber und Technologie-

Vorsprung die technischen innovationen in der informatik folgen sich

auf Schritt und Tritt. doch wie gut halten die Schweizer KMU-Unternehmen mit diesen rasanten Entwicklungen mit? Und welche Folgen bringt die iT für diese Unterneh-men mit sich?

30 Massnahmen für einen wirkungsvollen Grundschutz

Jede Fahne am richtigen Ort: Wendelin Manser rüstete die Fussball-EM aus

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IM gESPRÄCH 60 Fixe Arbeitszeiten als Auslaufmodell? das Arbeiten im Home office befindet sich auf dem Weg

vom ewigen Zukunftstrend zur realität. Ein Gespräch über Visionen, Misserfolge und erstaunlich innovative Staatsbetriebe.

NUTzFAHRzEUgE54 der neue, kleine Blitz56 Kompakt, wendig und trotzdem 4x457 Kurzmeldungen

STANDARDS3 Editorial6 impressum6 Marktplatz66 Schweissarbeit

ExPERTENwISSEN34 im nachfolgeprozess Über die Bedeutung der Corporate Governance

auch für kleinere Unternehmen.

38 Virtualisierung für KMU Vorteile einer virtuellen iT- und Kommunikations-

infrastruktur im Überblick.

42 Weiblicher Erfolg Weshalb nicht nur männliche Vorurteile sich als

Hürden auf dem Weg erweisen.

46 immaterielle Wirtschaftsgüter die Bedeutung, der Wert und die Steuerrelevanz

geistigen Eigentums.

50 Ein Leben nach Excel Buchhaltung via Tabellenkalkulationsprogramm –

geht das lange gut?

Matthias Mölleney, Patrick Büchi: diskutieren kann man überall. Arbeiten auch. Zum Beispiel im Home office.

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www.blickpunktkmu.chAusgabe: nr. 5/2012Auf lage: 40 000 Exemplare

Herausgeber:publitex AGlindenhofstrasse 28CH-4052 BaselTelefon 058 218 13 [email protected]

Verleger: dominique p. Hiltbrunner

Chefredaktor:Tobias Wessels (tw)[email protected]

redaktionsassistent: daniel J. Graf (dg)

Autoren dieser Ausgabe:Birgitta Willmann, patrick Aeschlimann, Fabrice Müller

Autoren Expertenwissen:Adrian Amrein, roland luetolf, roger Schürch, Jürg paul, Sabine prohaska, Gerhard Foth, Claudia Schaub, dr. Andreas Wiesner, Alexander Springer

Art direction, Grafik:daniel peyer,[email protected]

Bildredaktion:Fabienne Schurter, [email protected]

Korrektorat:Buch-Concept, Berlin

FotosBasil Stücheli (Cover), linda pollari

GebietsverkaufsleiterGeorges Baumgartner, [email protected] Karagülle, [email protected]

Abonnemente:[email protected]

publizistische Beratung:lüchinger publishing GmbH, Zürich

Einzelpreis CHF 6.80 / Jahresabo CHF 60.–probeabonnement (3 Monate) kostenlos

Marken des Verlages: KMU Talks / SpatzZeitung

druck und Vertrieb: Konradin druck GmbH

Haftungsausschluss: der redaktionelle inhalt stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung zum Abschluss einer Finanztransaktion dar und entbindet den leser nicht von seiner eigenen Beurteilung.

Die Business-Software-Trends 2012Am 9. und 10. Mai 2012 wurden im rahmen der iT-Messe topsoft in Zürich die wichtigsten Trends fürs Jahr 2012 im Bereich Business-Software für KMU vorge-stellt. dominierend war dabei vor allem die Cloud-Technologie: Während viele KMU bereits private Cloud-Konzepte für ihr Unternehmen nutzen, hat die soge-nannte public Cloud noch mit vielen Vorbehalten zu kämpfen. Als Teilbereich des Cloud Computings gewinnt vor allem das Model Software as a Service, bei dem die gesamte iT-Struktur und die komplette Software von einem externen dienstleister betrieben und dem Kunden zur Verfügung gestellt werden. Auch die Business in-telligence gewinnt als unternehmensweites Konzept zur Analyse von in der Firma gespeicherten daten vor dem Hintergrund des Kostendrucks zunehmend an Bedeu-tung. Weitere generelle Trends betreffen die Effizienzsteigerung und die Agilität der Software auf Veränderungen im Geschäft. (dg)

MarKtplatZ

Multichannel-Shopping fordert den DetailhandelLaut einer kürzlich durchgeführten Befra-gung von 7000 Kunden weltweit, wird der Detailhandel durch das sogenannte Multichannel-Shopping unter Druck gesetzt. Die Kunden vergleichen vor dem Kauf eines Produktes die Angebote der verschiedenen Händler, tauschen sich aus oder informieren sich mittels Kundenrezensionen über ein Produkt und kaufen es dann über den bevorzugten Vertriebskanal. Charakteristisch für die Veränderung im Konsumentenverhalten ist, dass die verschiedenen Vertriebs-kanäle vermehrt kombiniert genutzt werden: Im Internet verschafft man sich einen Überblick, der Printkatalog dient der definitiven Auswahl und gekauft wird das Produkt dann im Laden. Diese Entwicklung stellt eine Herausforderung für den durch den starken Franken, den hohen Margendruck und die wachsen-den Betriebskosten schon gebeutelten Detailhandel dar. Viele Handelsunterneh-men verkaufen ihre Produkte bislang nur über einen Vertriebskanal oder sie stim-men die verschiedenen Möglichkeiten nicht aufeinander ab und sind so nicht fähig, sich den veränderten Marktver-hältnissen anzupassen. (dg)

Jean-François Rime ist neuer Präsident des SGVder Freiburger SVp-nationalrat Jean-François rime wurde am Mittwoch, 23. Mai, glanzvoll zum neuen präsidenten des Schweizerischen Gewerbeverbands gewählt – er zeichne sich als «weit über die parteigrenzen hinaus angesehener Bundespolitiker mit profunder dossierkenntnis» aus, wie der SGV im Vorfeld der Wahl schrieb. rime ist präsident des Verbands Holzindustrie Schweiz und selber Besitzer mehrerer Unterneh-men, darunter eine Grosssägerei. rimes Wahl bietet einiges an Zündstoff: Einerseits wehrte sich der SGV gegen die SVp-nahe initiative «Staatsverträge vors Volk», anderer-seits lehnt der SGV auch die unter anderem von rime persönlich lancierte Einwande-rungsinitiative ab. (dg)

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Jean-François Rime, neuer Präsident des Ge-werbeverbands Schweiz

Welche Aufgaben obliegen dem Präsi-denten des SGV und welche Ziele ver-folgen Sie in dieser PositionAls präsident des SGV obliegt es mir, zusammen mit dem Vorstand die Stra-tegie des SGV festzulegen. dazu stehe ich in regem Kontakt mit dem direk-tor und diskutiere relevante Themen wie Bildung, Energie, infrastruktur und Sozialwerke. Allerdings haben wir noch nicht entschieden, wo genau in-nerhalb dieser Themenbereiche wir die Schwerpunkte unserer Arbeit setzen wollen. die langfristige Strategie des SGV wurde aber bereits durch meine Vorgänger festgelegt und funktioniert gut – insofern ist es nicht nötig, hier al-les zu revolutionieren. Eigentlich muss ich nur die gute Arbeit meiner Vorgän-

Bedeutendster Umweltforscher ausgezeichnetErstmals hat die private Hochschule für Wirtschaft in Bern den Eco-Economics Award verliehen. preisträger ist nie-mand Geringerer als prof. dr. Friedrich Schmidt-Bleek, der wohl renommierteste Umweltforscher und Verfasser von über 450 publikationen zum Thema Umwelt-schutz. im rahmen der preisverleihung sprach der Experte einmal mehr Klar-text: «der weltweite ressourcenver-brauch muss um den Faktor 10 reduziert werden. nur so hat die Weltwirtschaft eine langfristige Existenzberechtigung!» Schmidt-Bleek ist ein deutscher Chemi-ker, der in den 90er-Jahren zusammen mit Ernst Ulrich von Weizsäcker das Wuppertaler institut für Klima, Umwelt und Energie geleitet und eine Methode zur Bestimmung der Umweltverträglich-

Massenhaft Software- RaubkopienUnschöne Zahlen bezüglich illegaler Raubkopien von Business-Software hat kürzlich eine Untersuchung der Busi-ness Software Alliance (BSA) zutage gebracht: Lediglich 38% der Nutzer von Business-Software gaben an, nie zu unlizenzierten Programmen gegriffen zu haben. In der Schweiz waren 25% aller genutzten Software Raubkopien, was einem Gesamtwert von über einer halben Milliarde Franken entspricht. Immerhin: Im Vergleich mit dem Rest der Welt steht die Schweiz noch gut da: Weltweit waren im Jahr 2011 42 Prozent aller genutzten Business-Software unlizenziert, was den Herstellern einen Verlust von über 60 Milliarden Dollar beschert hat. (dg)

DREI FRAgEN AN: JEAN-FRANçOIS RIME

ger weiterführen und kann gelegentlich neue Akzente setzen. Als Besitzer einer Sägerei sind Sie sel-ber Unternehmer, nun präsidieren Sie den SGV. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen diesen zwei Tätigkeiten?Als Besitzer und Chef von drei ver-schiedenen Betrieben bin ich stark ins operative Geschäft eingebunden. dies unterscheidet sich grundsätzlich von meiner Tätigkeit als präsident des SGV, wo meine Aufgaben eher denen eines Verwaltungsratspräsidenten ähneln.

Ihre Wahl zum SGV-Präsidenten hat hohe Wellen geschlagen, da Ihre par-teipolitischen Ziele nicht in allen Be-reichen mit denjenigen des SGV über-einstimmen. Was sagen Sie dazu? diese Frage habe ich oft gehört, doch ich finde sie eigentlich unwichtig. ich werde in meiner neuen Aufgabe immer im Sinne des SGV handeln und meine parteizuge-hörigkeit in den Hintergrund stellen. dass ich eine initiative mitinitiiert habe, die vom SGV heute bekämpft wird, ist kein Hindernis. ich kann gut trennen zwischen meiner rolle als SVp-politiker im natio-nalrat und meinen Aufgaben für den SGV.

Finalisten des Swisscom Business Awards stehen festder Swisscom Business Award zeichnet je-des Jahr sechs Unternehmen aus, die eine lösung von Swisscom oder deren partner verwenden und in den Bereichen «Effi-zient zusammenarbeiten» oder «Mobili-tät» Hervorragendes geleistet haben. die Firmen werden puncto nachhaltigkeit, nachweisbarem Businessnutzen und Tech-nologie beurteilt und es winken Gesamt-gewinne im Wert von über 100 000 Fran-ken. Fürs Jahr 2012 heissen die Finalisten im Bereich Mobilität Center for Young professionals in Banking, Mobility inter-national AG und Galliker Transport & lo-gistics. in der Kategorie Effizient zusam-menarbeiten kämpfen der Touring Club Schweiz (TCS), die nord Stream AG sowie die Verbindung Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH um die attraktiven preise, wel-che dadurch zusätzlich an reiz gewinnen, dass der Swisscom Business Award in der Fachwelt ein hohes Ansehen geniesst. (dg)

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keit eines produkts entwickelt hat. der preis in Form einer Berner Kuhglocke wurde dem Gewinner am Mittwoch, 16. Mai, vom direktor der Hochschule über-geben. (dg)

Peter K. Link, Marie «Bio» Schmidt-Bleek, Friedrich Bio Schmidt Bleek (v.l.n.r.)

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«EM UnTEr SCHWEiZEr FlAGGE»

Exportierende Unternehmen leiden weiter un-ter dem aktuellen Kurs des Schweizer Franken.

Aufträge aus EU-Ländern sind dennoch möglich – mit dem richtigen Know-how.

KMU deS MonatS • Fahnen24

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KMU deS MonatS • Fahnen24

Einmal um die Welt: Fahnen24 rüstete die letzten beiden Europa- und Weltmeister-schaften aus

Autor: Tobias Wessels, Fotos: Basil Stücheli

Sonntag, der 1. Juli. 20:44 Uhr abends. Ein angeneh-mer Sommerabend, eine sanfte Brise weht durch das olympiastadion in Kiew. Ganz Europa wartet auf den

Anpfiff zum Finale der UEFA Europameisterschaft, aller Augen richten gebannt auf das oval, in dem gleich entschie-den wird, wer den pokal für das beste europäische Fussball-Team in Händen halten soll. Mittendrin: die Schweiz.

nein, hier soll nicht die Geschichte neu geschrieben wer-den. Spanien ist und bleibt Europameister. die Zitterparte im Halbfinale gegen portugal erweist sich im nachhinein nur als kleiner Ausrutscher auf dem Weg in die Geschichts-bücher: Zum ersten Mal überhaupt gelingt es damit einem Team, den Titel erfolgreich zu verteidigen. das Kollektiv ohne Stürmer erweist sich im Finale als unantastbar: die Furia roja setzt sich, aller aufkeimenden Kritik zum Trotz, im rein südeuropäischen Finale souverän gegen italien durch. ist und bleibt Europameister. die Schweiz ist den-noch prominent an diesem Spiel beteiligt – wie überhaupt an jedem einzelnen Match dieses Turniers. Hoch oben über dem Spektakel konnte man jeweils den Schweizer Beitrag erkennen, er gehört zu den typischen Bildern eines län-derspiels: die Fahnen der beiden Teams, der Ausrichter, die Fahnen der UEFA und der FiFA. «Wir sind für die gesamte protokollbeflaggung zuständig», erklärt Wendelin Manser die offizielle Terminologie. der ostschweizer ist Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens Fahnen24. der Auftrag, den er von der UEFA erhalten hat, umfasst noch weit mehr als «nur» Fahnen. nicht ohne Stolz zählt Manser auf: «Von uns stammt auch die Auskleidung in den Austra-gungsstädten, auf den Flugplätzen, den Trainingsplätzen,

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ben Jahren mit einer Firma in polen zusammen, an der wir mittlerweile auch beteiligt sind», sagt Wendelin Manser. «Sie verfügt über einen grossen produktionsbetrieb mit sehr modernen Anlagen, wo wir kostengünstig herstellen können. Wir haben in einem Joint Venture mit diesem Un-ternehmen an der Ausschreibung teilgenommen und den Zuschlag erhalten. Es wäre auch unsinnig, so lange Trans-portwege in Kauf zu nehmen.» die Fahnen in den EM-Sta-dien kommen also physisch nicht aus Goldach, wohl aber das Know-how, das dahintersteht. Am Ende gehe es dabei auch nicht nur um den preis, sondern um die präzision, so Wendelin Manser. Wer den Auftrag erhält, muss gewähr-leisten, dass alle Fahnen und Beschriftungen zur richti-gen Zeit am richtigen ort vorhanden sind. Was in diesem Fall eine besondere Herausforderung darstellt: dass polen Mitglied der EU ist und die Ukraine nicht, erschwert die logistik, vor allem durch den erhöhten Aufwand bei der Verzollung. Auch sprachlich läuft nicht immer alles ganz so rund, wie Manser das gerne hätte. Eine liste mit Ansprech-personen wurde etwa in kyrillischer Schrift geliefert, «was mich vor erhebliche Schwierigkeiten stellte», lacht Manser.

der gelernte Werkzeugbauer mit Weiterbildung als Be-triebsfachmann ist es gewohnt, sich im Ausland verständi-gen zu müssen. Von 1988 bis 1993 baute er in den USA die Tochtergesellschaft einer Schweizer Werkzeugfabrik auf. Später amtete er als Geschäftsführer der iT-Firmen Sym-antec und Macromedia in der Schweiz, bevor er selbst zum Unternehmer wurde. Fahnen24 gründete er im Jahr 2000 gemeinsam mit seiner Frau. die beiden scheinen sich gut zu ergänzen im gemeinsamen Geschäft: «Wenn Wendelin unterwegs ist, übernehme ich», verrät Anneliese Manser.

den Bussen oder bei pressekonferenzen. Wir sprechen von Klebefolien, displays, mobilen Wänden.» in diesem Mo-ment bringt seine Frau Kaffee und setzt sich mit an den Sitzungstisch des Geschäfts in Goldach SG, doch auch ohne diese Geste weiss man ab dem ersten Moment, dass es sich hier um ein Familienunternehmen handelt. Mit seinen Mitarbeitenden spricht Manser bestimmt und gleichzeitig entspannt, beinahe möchte man sagen – familiär. dennoch

stellt sich die Frage: Wie schafft es ein Schweizer KMU, ei-nen Auftrag der UEFA zu erhalten, der in polen und der Ukraine auszuführen ist? Bei dem aktuellen Frankenkurs?

«Es handelt sich dabei nicht um unseren ersten Auftrag bei grossen Turnieren», erklärt Anneliese Manser, im Un-ternehmen für die Administration verantwortlich ist. «Wir haben bereits die WM 2006 und 2010 sowie die EM 2008 beflaggt.» Einfach so wird man jedoch nicht zum Hofliefe-ranten; die Auftragsvergabe läuft immer wieder aufs neue über eine Ausschreibung ab. «Wir arbeiten bereits seit sie-

Eine liste mit Ansprech- personen wurde in kyrillischer

Schrift geliefert – solche Überra-schungen gehören dazu

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«ich sehe es eher als Vorteil, dass man auch mal die Ar-beit nach Hause trägt. So kann man sich über wichtige Entscheidungen auch mal ausserhalb des Betriebs austau-schen.» ihr Unternehmen beschäftigt derzeit zehn Mitar-beitende für Beratung, Verkauf, Grafik und Administrati-on, zwei davon sind KV-lehrlinge. Künftig soll Ausbildung noch grösser geschrieben werden: Familie Manser plant, auch einen polygrafen-lehrling aufzunehmen. Es wird auch produziert in der Schweiz, allerdings nicht, wenn es in die Masse geht. «Fahnen-Siebdruck wäre in der Schweiz zu teuer.» dieses Verfahren rechnet sich, so führt Manser aus, erst ab grossen Stück- oder Quadratmeterzahlen – da-bei kann man einfach nicht mit ländern mit niedrigeren Kosten konkurrieren. Wohl aber bei kleineren Mengen, die heute kaum mehr wie früher durch Aufnähen von Sujets passiert, sondern im digitaldruck.

«Ja, es kommt auch vor, dass privatpersonen direkt zu uns in den laden kommen, beispielsweise um eine be-stimmte landesfahne zu kaufen», so Anneliese Manser, «aber das ist eher die Ausnahme.» ihr Mann ergänzt: «Un-ser Kerngeschäft liegt klar im B-to-B. Wir bieten Bera-tung und Beflaggungskonzepte.» Bedient werden Kunden unterschiedlichster Grösse, vom Kleinunternehmen, das eine Fahne mit dem eigenen logo bestellt, bis hin zu Spar, Jumbo oder Qualipet. Für die Migros werden etwa alle

produzenten aus dem «Aus der region. Für die region.»-programm mit Fahnenmasten und Fahnen ausgestattet. Um dies bieten zu können, müssen Familie Manser und ihr Team über spezielles Know-how verfügen. Bau- und reklamegesuche sowie das Wälzen von Katasterplänen ge-hören zum Tagesgeschäft. Als ebenso wichtig erweist sich eine datenbank zu aktuellen länderflaggen. «Anders als bei geschützten Markenzeichen darf landesfahnen prinzi-piell jeder anfertigen», weiss Wendelin Manser, «nur kann

was ein KMU von Fahnen24 lernen kann:

1. Angst vor grossen Ausschreibungen ist grundsätzlich fehl am Platz, selbst kleine Unternehmen können sich durchsetzen.

2. Export ist aktuell kein Thema für Einzelkämpfer – mit dem richtigen Partner werden viele Probleme lösbar.

3. Eigenes, einzigartiges Know-how aufzubauen und zu pflegen bringt unschätzbare Wettbewerbsvorteile.

4. Nie die Flexibilität verlieren: Trotz Fokussierung auf ein Kerngeschäft darf man keine Scheuklappen tragen!

KMU deS MonatS • Fahnen24

Herstellung hat sich verändert: Während die Motive auf Fahnen früher

genäht oder anders manuell appliziert wurden, läuft heute beinahe alles über

digitalen oder Siebdruck

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Fahne oder Flagge?

es nicht jeder, zumindest nicht richtig. Sehen Sie sich nur die verschiedenen rot-Töne an, die Sie auf den Fahnen in Schweizer Gärten präsentiert bekommen.» die zu ver-wendenden Farben sind für jedes land klar definiert; je-

des Jahr gibt es laut Wendelin Manser vier bis fünf Ände-rungen. Auch neue länder kommen hinzu, entsprechend hat die dokumentation hohen Stellenwert. «Wir arbeiten dafür mit dem Flag reserach Center in den USA zusam-men», so Manser.

Wie viel Fahnen man für die gerade zu Ende gegan-gene Europameisterschaft produziert hat, kann Wende-lin Manser nicht beantworten. «Einige Tausend waren es

in jedem Fall.» Ganz exakt dürfte er es vermutlich auch nicht verraten, denn auch wenn Manser die Zusammen-arbeit mit der UEFA als unkompliziert beschreibt – Zah-len aus dem Vertrag dürfen nicht kommuniziert werden. Spannender, so meint Manser, findet er ohnehin den Auftrag als solchen. «rund zwei Monate vor Beginn des Turniers steht die Beflaggung, dann entsteht das Gefühl: Jetzt geht’s los. das ist unvergleichlich!» darüber hin-aus darf er perspektiven erleben, die für die meisten nur am heimischen Fernseher denkbar sind. «ich klettere oft und vor allem gerne auf Stadiondächern herum, um mir ein Bild der lage zu machen. der Ausblick ist atembe-raubend.» Häufig erweist er sich auch als hilfreich, denn es gilt abzuklären, was für die anforderungsgetreue Um-setzung der protokollbeflaggung gebraucht wird. «Wir müssen im Vorfeld entscheiden: Benötigen wir spezielle Vorrichtungen, vielleicht sogar motorisierte? Wie kön-nen wir trotz Beflaggung die geforderte freie Sicht der Si-cherheitskameras gewährleisten?» da nicht jeder so viel Freude an waghalsigen Kletterpartien hat wie Wendelin Manser, werden für die Montage regionale Teams enga-giert, die unter leitung von Fahnen24 die Arbeiten vor ort ausführen. «Für kritische Stellen», so Manser, «wie an steil abfallenden Fassaden, engagieren wir sogar professi-onelle industriekletterer.»

KMU deS MonatS • Fahnen24

Wenn eine Fussballmannschaft verliert, sich aber bis zum Ende mit aufopferungsvollem Drang nach vorne gegen die Niederlage stemmt, dann geht sie mit fliegenden oder vielleicht auch wehenden Fahnen unter. Kann man über die Wahl des Adjektivs noch diskutieren, besteht an der Verwen-dung des Wörtchens «Fahne» kein Zweifel. Umgekehrt zeigt man Flagge, und nicht Fahne, wenn man zu seinen Ansichten steht. Wo liegt nun der Unterschied zwischen den beiden Begriffen? Nachdem eine kurze Spontanbefragung mehr Meinungen als Teilnehmer einbrachte, wollen wir das Thema etwas genauer unter die lupe nehmen.Die Sprachforscher sind sich – uneinig. Der Duden bezeichnet die Flagge als ein «meist rechteckiges, an einer Seite an einer Stange befestigtes Tuch, das die Farben, das Zeichen eines Landes, eines Vereins, einer Gemeinschaft o. Ä. zeigt ...». Die Flagge wiederum ist demnach eine «an einer Leine befestigte Fahne als Hoheits- oder Ehrenzeichen eines Staates, als Erken-nungszeichen und Verständigungsmittel...». Der Unterschied liegt also in der Befestigungsart? Schwer vorstellbar, also wei-ter zur nächsten Quelle der Erleuchtung: Wikipedia. Das On-line-Lexikon verrät uns: «Im weiteren Sinn wird das Wort Fahne auch für Flaggen verwendet, wobei jedoch eine Fahne nicht das Gleiche ist wie eine Flagge.» Immerhin, eine klare Aussage. Weiter erfahren wir, dass eine Fahne immer ein Unikat ist, nicht wie eine Flagge austauschbar, wenn sie «verschlissen oder beschädigt ist». Weshalb die Fahne nicht austauschbar

sein soll, erschliesst sich daraus nicht wirklich, doch es finden sich im Netz gleich mehrere Quellen, die dieses Kriterium als zentralen Unterschied sehen. Was vielleicht auch mit der Popularität von Wikipedia als Nachschlagewerk zu tun haben könnte. Des Weiteren wird noch darauf verwiesen, dass in der Schweiz in jedem Fall der Begriff Fahne verwendet werde, als Beispiel dient die «Schweizerfahne (nicht Schweizer Flagge»). Und wirklich scheint der Begriff Flagge in der Schweiz seltener gebraucht zu werden, doch in Bezug auf das gewählte Beispiel kommen die deutschen Fans an der EM ins Gedächtnis, die bis zum Halbfinale etwa laut der Bild-Zeitung mit Deutschland-Fahnen unterwegs waren. Der Länderunter-schied bleibt so nur schwer aufrechtzuerhalten.Einen ganz anderen Weg beschreitet Journalist und Buch-autor Bastian Sick («Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod»). Er hält in einer Kolumne auf Spiegel Online unmissverständlich fest: «Tatsächlich sind Fahne und Flagge gleichbedeutend.» Der Unterschied liege lediglich in der Herkunft der Wörter: Während die Flagge aus der Seefahrt stammt, war die Fahne ursprünglich an Land zuhause; zur Untermauerung mögen das Flaggschiff und der Fahnenjunker dienen. Womit, so meint Sick, auch erklärt wäre, weshalb die Flagge in der Schweiz seltener vorkommt – das liege an der geringen Anzahl Seehäfen hierzulande. Falls Sie den Unterschied zwi-schen den Begriffen schlüssig erklären können, freuen wir uns auf Ihr Mail: [email protected]

Unvergleichlich: das Gefühl, wenn die Beflaggung

steht und die Spiele endlich beginnen können

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Gegründet 2000Mitarbeiter 10Davon Lehrlinge 2Umsatzzahlen gibt Fahnen24 nicht bekannt

Fahnen24 in zahlen

Weitblick spielt nicht nur im Zusammenhang mit Stadi-ondächern eine rolle. Während Wendelin Manser noch nichts über die nächsten Grossaufträge preisgibt, spricht er umso lieber über eine neue Firma, das er bereits ge-gründet hat. Unter dem namen Streetpromotion verkauft und vermietet er lEd-displays und erstellt vollständige Strassen-Werbe-Konzepte. «Wir sind gut gestartet», lässt Manser sich über den Status der Unternehmung entlocken. Vielleicht hat der Erfolg mit der typischen Kundschaft zu tun, die sowohl der alte als auch der neue Betrieb anlocken. Wenn es etwas zu beflaggen gibt, ist der Grund oft ein er-freulicher, wie ein Firmenfest, ein Tag der offenen Tür oder das 50-jährige Bestehen eines Unternehmens. insofern kann man davon ausgehen, dass Familie Manser die Arbeit nicht ausgeht, solange in der Schweiz Firmenjubiläen gefei-ert werden. Eine beruhigende perspektive.

Schwierige Frage: Sind diese Arbeiter mit Fahnen oder Flaggen beschäftigt?

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Autor: Birgitta Willmann

Sie ist eine Kreative: ihr Atelier gekachelt, das Basisprodukt pure Sojamilch. doch was aus noppa

Helblings Experimetalstudio kommt und was ihr Mann Jörg Helbling ver-marktet, lässt auch eingefleischte To-fuskeptiker verstummen. noppa’s Tofu ist nämlich mehr als Fleischersatz und gummiger proteinliefant. noppa’s Tofu ist luftig und schmeckt richtig gut. So gut, dass ihn immer mehr haben wol-len. Selbst grosse retailer wie Coop oder Migros stehen neben kleineren läden oder Gastroketten wie Tibits und Hiltl Schlange.

Kein Wunder, denn noppa’s Tofu ist ungeachtet seiner Exotik Swissness pur. das Sojaprodukt ist zu 100 pro-zent made in Switzerland und Biosuisse zertifiziert. Und – was noch wichtiger ist – er ist von allerbester japanischer Qualität. Seit noppa, die natürlich eine grossartige Köchin ist, ihren Tofu auch frittiert, backt, räuchert oder steamt, ist ihre Angebotspalette gewachsen: das Tofu-Satayschnitzel, Tofu pitta Masala mit indischem Einschlag oder etwa die frittierten Tofubällchen mit Gemüse sind renner. noppa wundert das ei-gentlich nicht, sie weiss, seit sie auf der Welt ist, um die Vorteile des Sojakäses. «Er ist unglaublich vielfältig und kann

sowohl süss oder salzig verarbeitet wer-den».

Und so erscheint es ihr nur als lo-gische Schlussfolgerung, dass Tofu in absehbarer Zeit auch in hiesigen Ge-filden den ruch des Exoten abstreifen und zu einem Grundnahrungsmittel werden wird. «das war ja bei der Kar-toffel, die erst im 16. Jahrhundert aus lateinamerika nach Europa importiert

wurde, auch nicht anders», meint sie. ihr rundes Gesicht, das unverkennbar ihre chinesischen Gene verrät, leuchtet, wenn sie von ihrem Business erzählt. Wenn sie dabei kichert und etwas he-rumblödelt, kommt dann ihre fröhliche Thai-Seite hervor.

Erst die Schweiz – dann die ganze Welt! das könnte das durchaus unbescheide-ne Motto der Helblings sein. Und wenn man ihnen in ihrem Konferenzzimmer am unprätentiösen Glastisch gegenüber-sitzt, beschleicht den Zuhörer das Gefühl,

BUSineSS caSe • noppa ag

SCHWEiZEr ExoT

Noppa’s Tofu ist eine Delikatesse. Und ein zu 100 Prozent Schweizerisches Produkt: Sogar die Sojabohnen kommen aus-

nahmslos von hier. Mit viel Einsatz, Überzeugungskraft und eiserner Disziplin haben Noppa und Jörg Helbling, die Inhaber der Tofurei in

Rüti, ihr Unternehmen zum Blühen gebracht.

das Motto: erst die Schweiz – dann die ganze Welt

Blick in die Produktion: Aus Sojabohnen wird Tofu

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dass es ihnen durchaus zuzutrauen wäre. Jörg Helbling im weissen Kittel, noppa im weissen T-Shirt und den Haarschutz noch über ihrem sonst rückenlangen schwarzen Haaren, schwärmen sie von den Vorzügen der Sojabohne. proteinreich ist sie, eine genügsame pflanze, die überall gedeiht, ein Hungerstiller dessen Anbau zur lö-sung der Versorgung der Menschheit mit guten proteinen beitragen könne. «Wir wollen Soja zu einem Grund-nahrungsmittel machen», meint Jörg Helbling.

der Filmemacher, der noch vor wenigen Jahren er-folgreich an seiner Karriere als produzent und regisseur arbeitete, ist mittlerweile zu einem Soja-Fachmann mutiert. Und heute in der Bio-Sojaproduktion so en-gagiert und mit dem Vermarkten von noppa‘s Tofu so erfolgreich, dass ihm für das Filmbusiness schlicht keine Zeit mehr bleibt. Bedauerlich, meint er, aber «sich betriebswirtschaftlich weiterzu- bilden und zu sehen, dass die Firma wächst, und alles wunderbar funktio-niert ist ein Thrill». Und ein Motivator, den er in seinem leben nicht mehr mis-sen möchte.

noppa, die aufmerksam zuhört, nickt lebhaft. die beiden haben erst beim gemeinsamen Aufbau von noppa’s festgestellt, dass sie beruflich perfekt harmonieren: hier die quirlige noppa, deren phantasie und Tatendrang fast keine Grenzen kennt, da der organi-sierte Schweizer, dem nun sogar seine KV-lehre der frühen Jugendjahre zu-gute kommt. Freilich: ohne noppas unbändige lust, selbst ein Business auf-zubauen, ohne ihren festen Glauben an Tofu, ohne ihren Willen und ihren fast grenzenlosen Einsatz wäre das Unter-nehmen wohl kaum da, wo es heute ist.

die zierliche Asiatin ist ein Mix aus Kreativität, Überzeugungskraft und Fröhlichkeit, somit die perfekte reprä-sentantin des asiatischen produktes. Gelegentlich bereitet sie für Kundenan-lässe ganze Buffets mit Köstlichkeiten aus Tofu zu. Und spätestens dann sind auch die grössten Zweifler, die begeis-tert ein zweites und drittes Mal zulan-gen, davon überzeugt, dass Tofu viel mehr

sein kann als ein gesunder Fleischersatz. Mit durchschlagendem Erfolg: noppa’s verzeichnet seit Jahren Zuwachsraten im zweistelligen Bereich. der einstige Ein-mannbetrieb ist seit 2004 auf eine AG mit 12 Mitarbeitern angewachsen.

«Unser produktionsleiter, Kullawut ngoenprasert, ist ein Thai», sagt nop-pa und reicht dem Besucher Haar- und Fussschutz, bevor sie die Tür zu den

produktionsräumen aufstösst. Asiaten, so meint sie, hätten nun einmal das bes-sere Verständnis für den perfekten Tofu. Es arbeitet aber auch ein ambitionierter junger Schweizer bei den Helblings. Alles Fachleute aus dem lebensmittelbereich, natürlich hätte man gerne einen Käser eingestellt, aber diese von Tofu zu über-zeugen ist schwierig, wie Jörg Helbling meint. doch es geht problemlos auch ohne, viele der Angestellten sind polen, der Arbeitsplatz bei noppas ist begehrt.

Und tatsächlich: die Fabrikations-räume erinnern an die einer Käserei. Gekachelte Wände und und Böden, in die Abflüsse eingelassen sind. Alle Ma-

schinen und Töpfe sind aus Chromstahl. das Herzstück des Maschinenparks steht gleich am Eingang: ein wahres Monster mit einem grossen Trichter in dem be-reits gekochte Sojabohnen zu Sojamilch, dem Tofuausgangsprodukt, verarbeitet werden. Auf den ersten Blick sehen sie aus wie Erdnusshälften, nur die intensi-ve gelbe Farbe erinnert an Mais. noppa nimmt eine Bohne in die Hand und zer-

bricht sie mit dem daumen, «das ist die Konsistenz, die sie haben müssen, um die per-fekte Milch herzugeben». Aus dem Trichter werden sie in ein Mahlwerk gesaugt und dort mit etwas Wasser zu einem weisslichen Brei verarbeitet.

dieser wird anschliessend ausgepresst und gefiltert – fertig ist die Sojamilch. «Es ist ein ganz einfacher prozess», meint noppa und strahlt dabei, sie deutet auf ei-nen jungen Mann der einen grossen Bot-tich mit Milch vor sich stehen hat. «Auf-passen – jetzt macht er Tofu!»

Michael laib schüttet unter rühren Bittersalz, in der Tofurei gebraucht man hierfür das japanische Wort nigari, zur Milch und diese gerinnt fast augenblick-lich. Mit jeder Minute wird sie fester. Wie beim Butterherstellen wird anschliessend die Molke abgeschüttet, der Tofu her-ausgenommen und – genau wie in einer Käserei der Frischkäse – mit Gewich-ten gepresst. Fertig! «in zwei Stunden hat man den Tofu parat», meint noppa. den Grundtofu natürlich. dieser wird abgepackt und vakumiert und so frisch wie möglich verkauft. Weiter hinten sind dann die Fabrikationsräume für die ver-feinerten produkte: Sojawurst in allen Geschmacksrichtungen, Tofubällchen, frittiert oder in Sonnenblumenkernen gewendet, geräucherter Tofu. noppa bie-tet ein noch ofenwarmes Bällchen zum probieren an, es schmeckt luftig und leicht nach Curry und Gemüse. Wurden zu Beginn 150 Kilo Tofu pro Woche ver-arbeitet, so sind es mittlerweile 3 Tonnen.

den Augen der Chefin entgeht nichts. «Sie hat die eiserne disziplin der Chi-nesen», sagt ihr Mann. Am Anfang hat sie täglich 20 Stunden gearbeitet, heute leistet sie sich den luxus, erst um 4 Uhr am Morgen aufzustehen. Sie ist die Ers-

was kann ein KMU von Noppa‘s Ag lernen1. Das Erstellen eines professionel-len Businessplans ist von zentraler Bedeutung.2. Eine regelmässige Kundenpflege mit Kundenanlässen fördert die Anzahl an Neukunden.3. Grossen persönlichen Einsatz vor-aussetzen: Ein Start-up-Unternehmen erfordert zunächst viel Idealismus. 4. Schauen, wo Kosten gespart werden können – zum Beispiel durch andere, im Falle von Noppa’s einheimische, Lieferanten.5. Qualität über alles stellen – niemals zugunsten von Qualität Einsparungen vornehmen. 6. Kreativ sein: innovative Produkte vergrössern den Kreis potentieller Kunden.

BUSineSS caSe • noppa ag

Mix aus Kreativität, Überzeugungskraft und Fröhlichkeit

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18 BliCKpUnKT · 5 / 2012 BliCKpUnKT · 5 / 2012 19

te die kommt und die letzte, die geht. «Wir Asiatinnen sind gewohnt, um unsere Existenz zu kämpfen», sagt sie. noch immer erstaunt über die Versorgungsmen-talität hier in der Schweiz, wo oft genug die erste Frage in einem An-stellungsgespräch der Anzahl der Ur-laubstage gilt. nop-pa hingegen glüht für das, was sie tut. lächelnd arbeitet sie ihr pensum ab, stets bemüht, noch besser zu werden.

Es muss dieser Mix aus Willen und Fröhlichkeit gewesen sein, der auf Jörg Helbling vor 12 Jahren unwiderstehlich wirkte: Er verliebte sich bei einem in-dienaufenthalt in pune auf der Stelle in noppa, die zur gleichen Zeit dort einen Englischkurs belegt hatte. da hiess sie mit nachnamen noch pajarvitchitnut. Als sie ihn bald danach im Jahr 2000 in der Schweiz besuchte, blieb sie und wurde Frau Helbling.

die Ernüchterung folgte auf dem Fuss, die studierte Marketingfachfrau fand aufgrund ihrer zunächst schlechten deutschkenntnisse fast keine Arbeit. «Sie war voller Tatendrang und ideen», sagt Jörg Helbling «und ich musste ihr stän-dig sagen das, was du dir vorstellst, geht nicht». Für eine sprühende person wie noppa ein fast unhaltbarer Zustand. das konnten auch Jobs als Kinderfrau oder in der Küche der roten Fabrik nicht än-dern. doch eines Tages stand die Tofurei des Tofulieferanten der roten Fabrik, ian Spearing zum Verkauf. noppa dachte: warum nicht? Und kaufte den Einmann-betrieb vom Fleck weg.

Endlich hatte sie ihre eigene Spiel-wiese. doch der winzige Betrieb, der von einer einzigen person bewirtschaftet wurde, war eigentlich nur die Basis, auf der sich noppa installierte. Sie schuftete fast rund um die Uhr, und Jörg half ihr

zunächst an zwei Tagen in der Woche, indem er den Tofu ausfuhr. «Es sind ja meistens Zufälle die einen weiter brin-gen», meint Jörg Helbling rückblickend. Auch wenn es natürlich kein Zufall war, dass eines Tages die vegetarische restau-rantkette Tibits anklopfte. das bei den Zutaten für seine Gerichte qualitätsbe-wusste Unternehmen war auf der Suche nach dem besten Tofu bei noppa’s gelan-det. Seither beliefern die Helblings Tibits und auch das zum selben Unternehmen gehörende Hiltl.

2008 zeichnete sich ab, dass die Fir-ma für eine Einzelfirma zu gross wurde, für eine Expansion war eine Kapitaler-höhung notwendig geworden. die Helb-lings suchten seriöse partner und fanden nicht nur eine private Equity Firma, die investierte, sondern gewannen auch Hos-berg, einen Vermarkter von Bio-Eiern, als partner. das Gebäude in rüti, in dem die Tofurei heute eingemietet ist, gehört ebenfalls Hosberg.

Um noch professioneller werden zu können, erarbeiteten sie innerhalb des ge-meinsamen Förderungsprojekts für Start-up-Unternehmen der ETH Zürich und Mckinsey «Venture companies of tomo-row» einen Businessplan. dieser wurde sogar ausgezeichnet und war von enor-mer Wichtigkeit für die Zukunft, denn «zum ersten Mal haben wir unser Unter-

nehmen gründlich und professionell analysiert und konnten dadurch an einigen Stellen optimieren», sagt Jörg Helbling.

Ziel war es, je-des Jahr um 15-20 prozent zu wach-sen. der Business-plan erwies sich denn auch nur in einem punkt als unzuverlässig: sie überstiegen bereits im ersten Jahr als AG die Erwartun-gen um ein Viel-faches, der Umsatz steigerte sich um ganze 80 prozent.

Aktuell sind es noch immer bis zu 20 prozent im Jahr, die sie zulegen. 2012, so viel ist klar, ist der Break-Even erreicht. laut Budget werden sie in diesem Jahr die 2 Millionen Umsatzgrenze erreichen. Jörg Helbling lehnt sich einen Moment in den Stuhl zurück und leistet sich ein feines lächeln, «demnächst können wir sagen, dass unser Geschäft rentabel ist», sagt er dann nüchtern. die nächste Kapi-talerhöhung ist bereits angedacht.

profitabilität ist wichtig um grösser zu werden, doch die Helblings machen auch in Sachen Qualität und Bio keine Kom-promisse. Sind stets daran, noch nachhal-tiger produzieren zu können. «Warum», so fragten sie sich, «sollen wir Soja aus Brasilien importieren, wenn der doch genauso gut auch hier wachsen könnte». das ist nachhaltiger und ausserdem weiss man dann ganz genau, wo das Grundpro-dukt herkommt. Also nahmen sie zu den pionieren unter den Bauern der Schweiz Kontakt auf, die schon einmal Soja kul-tiviert hatten. Mit Erfolg: heute kommen die pro Jahr rund 140 Tonnen benötigten Sojabohnen alle aus der Schweiz.

Auf diese Weise ist noppa‘s Tofu also noch ein bisschen Schweizerischer ge-worden. Und die Helblings einen Schritt weiter auf ihrer Mission, Tofu zu einem einheimischen Grundnahrungsmittel zu machen.

Noppa Helbling: immer mit einem lächeln bei der Arbeit

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Autorin: Patrick Aeschlimann

Vor 25 Jahren, als roman Büh-ler damit begann, Gleitschirme zu konstruieren, kämpfte er

gegen einen fatalen Effekt: Seine Schir-me hatten die Tendenz vorzuschiessen, dabei bei vollem Tempo nach vorne zu klappen und den piloten so in arge Schwierigkeiten zu bringen. Es gelang ihm, diese ungeheure Kraft zu bän-digen, und er wurde ein erfolgreicher Verkäufer seiner Qualitätsgleitschirme. Unterdessen ist es ihm gelungen, diese Kraft nicht zur zu bändigen, sondern

auch nutzbar zu machen. Vor fünf Jah-ren entwickelte und baute er zusammen mit seinem Bruder daniel in der Frei-zeit den ersten prototypen des «H-ro-tors». Zu Testzwecken montierten sie ihn auf einen kleinen lastwagen und fuhren damit durch die Gegend. «der lastwagen simulierte den Windkanal unter freiem Himmel», erklärt Bühler.

das Spezielle am H-rotor: Anders als die meisten anderen Windräder

dreht er nicht um die horizontale, son-dern um die vertikale Achse. die Flü-gelanordnung um den Mast erinnert an ein H, daher auch der name: H-rotor. Bei diesen Flügeln ist das Vorschiessen, ganz im Gegensatz zum Gleitschirm-fliegen, erwünscht. dank dieses Effekts beginnen die rotorblätter schon bei geringstem Wind zu drehen – und so-mit Strom zu produzieren. Ein weiterer pluspunkt ist die Form des Flügelendes. Es ist so gestaltet, dass der Wind prak-tisch ohne Wirbel darum herumfliesst.

diese Wirbel an der Austrittskante oder an der Spitze des rotors verursa-chen bei konventionellen Windrädern viel lärm und sind mit ein Grund da-für, dass Windanlagen in bewohntem Gebiet bisher kaum akzeptiert sind. Ausserdem strömt der Wind den gan-zen Flügel mit derselben Geschwindig-keit an, was das rauschen minimiert. So sind roman Bühlers Windanlagen mit rund 40 dezibel nicht lauter als

BUSineSS caSe • envergate

VoM piloTEn ZUM WindEnErGiE-pioniEr

Kaum einer weiss wohl mehr über Wind als ein studierter Aerodynamiker, ehe-maliger Schweizermeister im Motor-Kunstflug und Gleitschirmkonstrukteur. Bald

könnte Roman Bühler mit seinen H-Rotoren die Windenergie revolutionieren.

die normalen Umgebungsgeräusche in Wohnquartieren. Ein weiterer Vorteil des geräuscharmen rotors: Er muss nicht nach dem Hauptwind ausgerich-tet werden. Eine ausgeklügelte Steue-rung stellt die rotorblätter immer op-timal in den Wind. Zudem spielt ein psychologischer Effekt Bühler in die Hand: «der Mensch hat von natur aus respekt vor propellern. diese ist bei unseren um die vertikale Achse drehen-den Maschinen aber viel geringer als bei konventionellen Windrädern»,sagt

er. die Menschen würden, ohne jede Scheu direkt unter seine Windräder stehen – bei herkömmlichen Anlagen kaum denkbar.

in der Zwischenzeit ist aus der Tüf-telwerkstatt in der Garage und den Fahrten auf dem lastwagen das Un-

der Mensch hat von natur aus respekt

vor propellern

Brüderpaar mit vollem Einsatz: daniel und roman Bühler erobern

die Welt der Windenergie

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öffentliche institutionen oder Berg-restaurants prädestinierte Abnehmer für die H-rotoren, die so konzipiert sind, dass sie auch mit einem Heliko-pter angeliefert werden können – ein weiterer Vorteil gegenüber der Kon-kurrenz. in dicht besiedeltem Gebiet will Bühler vorderhand keine präsenz anstreben. «Unsere Anlagen sind im-mer noch Maschinen und nicht nur designobjekte», so Bühler. in Zu-kunft, wenn die Konsequenzen des beschlossenen Atomausstiegs für die breite Bevölkerung spürbar werden, könnte sich dies aber schnell ändern.

denn bereits heute seien die knapp 60 000 Franken, die gegenwärtig für die am weitesten entwickelte Windanlage von Envergate fällig werden, inner-halb von fünf bis zehn Jahren amor-tisiert. Auch ohne staatliche Subven-tionen.

die Krux an den neuen erneuerbaren Energien ist, dass sie nicht konstant und verlässlich Strom liefern. der Schlüssel zu einer nachhaltigen Energiezukunft liegt darum in der effizienten Speiche-rung der unregelmässig anfallenden Energie. Hört man roman Bühler zu, wird man zuversichtlich. Für ihn scheint

ternehmen Envergate AG mit Sitz im thurgauischen Horn am Bodensee ent-standen. im August 2009 wurde die erste marktreife Windturbine ausge-liefert. produziert wird ausschliesslich in der Schweiz, nur wenige Spezialtei-le stammen aus dem Ausland. roman Bühler kümmert sich als CTo um die technischen Belange des Geschäftes, sein Bruder daniel ist für Qualität und produktion in der noch kleinen, aber wachsenden Firma verantwortlich. im Moment beschäftigt Envergate neun Mitarbeiter. Tendenz klar steigend, denn die seit der Atomkatastrophe von

Fukushima explodierende weltweite nachfrage nach dem momentan in zwei Grössen verfügbaren H-rotor vermag die Firma nicht zu decken. «das ist im Moment auch nicht das Ziel», sagt der 51-jährige roman Bühler. die Expan-sionsphase steht erst noch bevor. «die Technologie wird ständig weiter entwi-ckelt.» die Windräder müssen für alle Eventualitäten, etwa Blitzeinschläge oder andere extreme Wetterereignisse, gewappnet sein. darum ist der Testauf-wand vor derMarkteinführung jeweils sehr gross. in Kürze wird Envergate ein neues Spitzenmodell lancieren, die

dritte Windanlage in der produktepa-lette. Mit einer leistung von 50 Kilo-watt wird es bis zu fünf Mal mehr Strom liefern als das bisherige Flaggschiff, welches im normalbetrieb Strom für zwei Einfamilienhäuser liefert. Und mit knapp 30 Metern Höhe wird das neue Windrad ein veritabler König der lüfte sein.

Weltweit sind momentan rund 40 H-rotoren installiert, zwölf davon in der Schweiz. Auf dem dach der Be-triebszentrale der Migros ostschweiz in Gossau steht eine neun Meter hohe Anlage mit einer Flügelspannweite

von sechs Metern. Weitere Exemplare stehen etwa in Schüpfheim, Feusis-berg oder auf dem Sattel. «daneben sind wir unter anderem auf einem Extremwindtestfeld im schottischen Glasgow präsent oder an einem sehr garstigen ort in dänemark. Auch nach England, irland und indien ha-ben wir schon geliefert», sagt roman Bühler. potenzial für die Anlagen or-tet er schlicht «überall da, wo die leu-te wegen des Windes öfters eine Jacke anziehen müssen». in der Schweiz seien etwa Bauernhöfe, Skilifte, Be-schneiungsanlagen, industriebetriebe,

die Windräder müssen für Blitzeinschläge

gewappnet sein

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es nur eine Frage der Zeit, bis dieses problem gelöst sein wird. Er selber trägt seinen Teil dazu bei. «Wenn man Wind und Sonnenenergie miteinander kombi-niert, wird es schon einfacher», sagt er. praktisches Beispiel: Mobilfunkanten-nen können autark mit Energie versorgt werden, wenn man einerseits photovol-taikzellen unter dem Sender installiert und andererseits H-rotoren obendrauf platziert. der anfallende Strom wird in einer Batterie zwischengespeichert und konstant an die Antenne übermittelt. «Wir sind weltweit die Ersten, die das können», sagt Bühler nicht ohne Stolz. die Mobilfunkanbieter sind sehr in-

teressiert an dieser Technologie. Zwei pilotprojekte laufen schon erfolgreich. Gut möglich, dass schon bald die welt-weit ersten kombiniert durch Solar- und Windstrom angetriebenen Handy-masten das Telefonieren ein bisschen ökologischer machen. Generell müssen wir die Solar- und Windbranche stärker zusammenspannen. «Es kommt immer noch vor, dass Solarunternehmer sich hinter vorgehaltener Hand herablas-send über die Windkraft äussern. dabei haben wir das gleiche Ziel: die viel zi-tierte Energiewende kann nur gelingen, wenn wir am gleichen Strick ziehen», so Bühler.

Schwindelfrei: Einsatz in luftiger Höhe

Team-Arbeit: installation mit höchster präzision

Einsatzgebiet: Genügend Wind an den meisten orten vorhanden

Rotor: Vom Heli-kopter vertrautes prinzip

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Finanziell soll sich das Abenteuer Wind-energie für roman Bühler und Envergate auch bald auszahlen. in den ersten beiden Jahren wurde vor allem in die Entwicklung investiert, doch schon im nächsten Jahr soll das Unternehmen in die schwarzen Zahlen kommen. Mittelfristig sieht Bühler seine Firma als grösseres, weltweit ope-rierendes und produzierendes Unterneh-men mit Mutterhaus in der Schweiz. «die potenziellen Anwendungsgebiete unseres produktes sind extrem gross», ist roman Bühler überzeugt. Hart am Wind zu segeln hat sich für den ehemaligen piloten noch immer gelohnt – eine Eigenschaft die ihm als Unternehmer ebenso dienlich ist.

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24 BliCKpUnKT · 5 / 2012

VoM nEBEnBUHlEr ZUM innoVATionSTrEiBEr

Die technischen Innovationen in der Informatik folgen sich auf Schritt und Tritt. Doch wie gut halten die Schweizer KMU-Unterneh-

men mit diesen rasanten Entwicklungen mit? Und welche Folgen bringt die IT für diese Unternehmen mit sich?

FoKUStheMa

Page 25: Blickpunkt 5/12

24 BliCKpUnKT · 5 / 2012 BliCKpUnKT · 5 / 2012 25

Autor: Fabrice Müller

die Themenvielfalt der infor-matik erfordert einen immer grösseren Aufwand, um mit

den Entwicklungen Schritt zu halten. Als Folge davon ist die informatik in den letzten Jahren für viele Unter-nehmen zu einem geschäftskritischen Faktor geworden. «die iT stellt ei-nen wichtigen Faktor für die Wettbe-werbsfähigkeit eines Unternehmens dar. Ausserdem gilt sie heute als ein wichtiger Treiber für Veränderungen, innovationen und prozessoptimie-rungen», berichtet Uwe leimstoll, professor für Wirtschaftsinformatik und E-Business an der Fachhochschu-le nordwestschweiz. im Zuge der ge-stiegenen Anforderungen an die in-formatik hat in vielen Unternehmen die Komplexität der iT-infrastruktur stark zugenommen, wie Hermann Zü-ger, Verantwortlicher für das KMU-Geschäft bei iBM Schweiz, erklärt. davon seien insbesondere auch klei-ne und mittlere Betriebe betroffen. «Manche KMUs sind mit den heutigen Anforderungen an die iT überfordert. Gleichzeitig merken sie, dass die iT mittlerweile zu einem wichtigen Be-standteil des Unternehmenserfolgs geworden ist», so Hermann Züger. Zum einen stehe heute die Einbin-dung verschiedener peripheriegerä-te wie notebooks, Smartphones usw. im Zentrum, zum anderen schaffen ausgeklügelte Analyse- und Kunden-managementsysteme per Knopfdruck wertvolle Entscheidungsgrundlagen, die bisher von einem ganzen Mitar-beiterstab zusammengetragen werden mussten. «in vielen KMU-Betrieben findet derzeit ein Umdenken statt», stellt Jean-Baptiste Scherer, partner der KMU iT-Management AG in Zü-rich, fest. dies bedeute, dass die klassi-sche iT-infrastruktur immer mehr ab-gelöst werde durch neue lösungen, die zum Beispiel eine zunehmende Virtu-alisierung der iT-Einrichtungen zum Ziel haben. «in anderen Fällen sollen neue informatiklösungen vor allem zu einer Kostenreduktion führen, denn insgesamt sind die preise für Server, pCs und notebooks in den letzten Jah-

ren merklich gesunken», berichtet der Spezialist für KMU-informatik.

Zuverlässig und stabil«Kleine und mittelgrosse Unterneh-men benötigen eine zuverlässige und stabile informatik-infrastruktur, die die Anforderungen eines KMU-Betriebs erfüllt und mit einem ge-ringen Wartungsaufwand betrieben werden kann», betont Wolfgang Sid-ler, Geschäftsführer des Vereins in-fosurance in luzern; infosurance hat ein 10-punkte-programm für einen wirkungsvollen iT-Grundschutz für KMU-Betriebe entwickelt (siehe auch Kastentext) und arbeitet mit dem Schweizerischen Gewerbeverband zu-sammen. Zur iT-infrastruktur eines kleinen oder mittelgrossen KMU-produktionsbetriebs etwa gehören Computerstationen, mit denen die Se-kretariatsarbeiten, Buchhaltung, der internetzugang, E-Mail-Verkehr sowie der Webseiten-Unterhalt bewerkstel-ligt werden können. Hinzu kommen branchenspezifische programme bei-spielsweise für die lagerhaltung, debi-toren- und Kreditorenverwaltung, Be-stellungen und das offertwesen. Hier sollte auf die kompatiblen Schnittstel-len zwischen dem Branchenpaket und den programmen etwa von Microsoft office geachtet werden, wie rudolf Brun von der dacor AG in luzern, ei-ner Tochtergesellschaft des kantonalen Gewerbeverbandes luzern, informiert. das heisst: die daten aus einer allfälli-gen Branchensoftware müssen auf den Büro- und Buchhaltungsprogrammen verwendbar sein.

Steigender Wettbewerbsdruck – sin-kende PreiseJährlich geben Schweizer Unterneh-men über sechs Milliarden Franken für iT-investitionen aus. der Anteil der iT-investitionen am Umsatz beläuft sich laut einer Studie der Fachhoch-schule nordwestschweiz aus dem Jahre 2006 bei fast allen KMU auf unter fünf prozent. Fast 75 prozent der befragten Firmen geben sogar weniger als ein prozent des Gesamtbetriebsumsatzes für informatik aus, wie Uwe leimstoll

Klassische iT-infrastruktur

wird immer häufiger durch neue lösungen

wie Virtualisierung ersetzt

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kleinen und mittleren Unternehmen entwickelt. So sind zum Beispiel viele Branchenlösungen teuer in der An-schaffung und im Betrieb. «Bei einem KMU-Betrieb mit 20 Mitarbeitenden können sich die investitionskosten zwischen 50 000 und 100 000 Franken bewegen. die jährlichen Betriebskos-ten liegen zwischen 10 000 und 20 000 Franken», informiert Wolfgang Sidler. rudolf Brun empfiehlt, eine Grobof-ferte zu verlangen, um den rahmen der iT-Kosten abschätzen zu kön-nen. neben den einmaligen Kosten für Arbeitsstationen, netzwerke und Softwarelizenzen kommen jährliche lizenzgebühren für programme sowie die Wartungsarbeiten an der Hard-ware wie auch am Betriebssystem hin-zu. nicht zu vergessen die Kosten für Mitarbeiterschulungen, die je nach Wissensstand unterschiedlich lang dauern können. «Hier lohnt es sich, etwas mehr Zeit und Geld einzupla-nen, damit man reserven für Unvor-hergesehenes bilden kann», so rudolf Brun. Weiter kann die datenübernah-me vom alten auf das neue System zu Kostenüberraschungen führen. nicht immer sei es jedoch sinnvoll, die alten daten vollumfänglich zu übernehmen. «Manchmal kann man gewisse daten auch weiterhin auf dem alten System weiterbearbeiten.»

Eine Alternative zum Kauf von neu-en Hard- oder Softwarelösungen ist das leasing respektive die Miete der iT-infrastruktur. Sie sollen den KMU mehr planungssicherheit bieten und sie von hohen Einmalkosten entlas-ten. Mit dem leasing sind gleichzeitig auch Supportleistungen und Wartun-gen verbunden. laut Uwe leimstoll haben Miet- oder leasinglösungen von iT-infrastruktur gemäss Umfragen bei KMU-Unternehmen eine unterge-ordnete Bedeutung. lediglich 20 pro-zent der Firmen sollen ihre informatik ganz oder teilweise gemietet haben.

informiert. «diese Zahlen sind im Ver-gleich zur Bedeutung der iT für KMU eher gering. Man muss jedoch beden-ken, dass die Kosten für iT-lösungen dank der technischen Entwicklung und des gestiegenen Wettbewerbdrucks un-ter den iT-Anbietern merklich gesun-ken sind. Hinzu kommt, dass Hard-ware, Software und netzwerke heute skalierbar sind und sich somit auf die jeweilige Betriebsgrösse zuschneiden lassen.» in vielen Firmenbudgets sind die iT-Kosten heute zu einem stark diskutierten posten geworden, be-obachtet Hermann Züger. Besonders kleine und mittlere Unternehmen tun sich angesichts der schnellen innovati-onszyklen jedoch oft schwer, bedarfs-gerecht zu planen und zu investieren. Wie die Business-Software-Studie 2011 zeigt, verhalten sich viele KMU-Betrie-be zurückhaltend mit investitionen in neue Software-lösungen. Für die Be-schaffung betrieblicher Software gaben Schweizer KMU im Geschäftsjahr 2010 im durchschnitt zwischen 2342 und 3152 Franken pro Mitarbeitendem aus. laut der Studie wollen die KMU 2012 ihre Ausgaben für die Beschaffung von Business-Software reduzieren. der Mittelwert werde dann zwischen 2276 und 4917 Franken liegen, wobei der Anstieg auf 4917 Franken nur die grössten KMU betreffen wird.

Reserven für Unvorhergesehenes bilden«Grundsätzlich sollte eine iT-lösung heute einfach zu benutzen und betrei-ben sein», empfiehlt Wolfgang Sidler und fährt fort: «ich habe in der pra-xis leider auch Fälle erlebt, in denen beispielsweise teure Blade-Server ein-gesetzt oder teure Wartungsverträge abgeschlossen wurden.» Aufgrund ih-rer Komplexität, aber auch wegen der erforderlichen Sicherheitsstandards hat sich die informatik zu einem kos-tenintensiven Budgetposten auch in

Mieten oder leasen

der iT-infrastruktur hat bei KMU noch

untergeordnete Bedeutung

FoKUStheMa

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«Bei einer Miete und gleichzeitigem Betrieb im eigenen Hause bleiben die Betriebs- und Wartungskosten in der regel bestehen. Aus unserer Sicht ist eine Miete von netzwerken vor allem deshalb sinnvoll, weil KMU kaum eige-ne Telekommunikationsnetzwerke auf-bauen werden», begründet der Fach-hochschulprofessor.

Technologische InnovationenWohl keine Branche ist derart stark von technologischen Veränderungen und innovationen geprägt wie die in-formatik. Zu den neuesten Trends in der informatik gehört unter anderem «Cloud Computing». Bei diesem Sys-tem werden Software, Speicherkapa-zitäten oder rechnerleistungen über ein netzwerk wie etwa das internet bezogen repektive gemietet. diese Vir-tualisierung von Servern und desktop-infrastrukturen kann helfen, die iT ef-fektiver zu gestalten, bringt aber auch risiken mit sich, wie der Bericht des Eidgenössischen datenschutz- und Öf-fentlichkeitsbeauftragten (EdÖB) be-tont. So sei wegen der weltweiten Ver-netzung und Virtualität der Standort der daten oft nicht erkennbar. daten können durch diebstahl, löschung, fehlerhafte Überschreibung oder sons-

tige Veränderungen verloren gehen. Ein weiteres risiko sei die Abhängig-keit vom Cloud-Service-Anbieter. ne-ben Cloud-Computing zählen mobile iT-Endgeräte zu den technologischen Trends. So gehört es heute in vielen Be-trieben zu den Geschäftsanforderun-gen, dass Mitarbeiter jederzeit mit Hil-fe eines notebooks oder Smartphones auf Unternehmensressourcen zugrei-fen können. Um dies zu gewährleisten, brauchen die Unternehmen eine ein-heitliche und zentrale inventarisierung aller Endgeräte sowie ein Management, mit dem sich alle iT-Abläufe organisie-ren lassen.

Zurückhaltende KMUWährend in vielen KMU-Betrieben mobile iT-Geräte erfolgreich im Ein-satz stehen, reagieren die Firmen gegenüber Technologien wie Cloud Computing gemäss der Business-Soft-ware-Studie 2011 noch zurückhaltend. Mehr als 80 prozent der untersuchten Kleinstunternehmen und KMU betrei-ben ihre Business-Software ausschliess-lich auf internen rechnersystemen. in einzelnen Branchen wie etwa der öf-fentlichen Verwaltung, der Erziehung sowie den Finanz- und Versicherungs-dienstleistungen nutzen 20 bis 40 pro-

Mehr als 80 prozent der

Kleinstunternehmen und KMU betreiben Business-Software

auf internen rechnersystemen

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30 BliCKpUnKT · 5 / 2012

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it-Sicherheit alS heraUSForderUngEin wichtiger Teil der IT-Infrastruktur ist die Sicherheit. Ob Klein- oder Grossunternehmen – alle sind heute ähnlichen Gefahren und Risiken in der Informatik und insbesondere im Internet ausgesetzt. Im zweiten Halbjahr 2011 hat die Melde- und Analyse-stelle Informationssicherung MELANI des Bundes vermehrt sogenannte Phishingangriffe, Betrugsversuche und erpresserische Schadsoftware beobachtet. Die Angriffe aus dem Cyberspace werden immer raffinierter. Auch KMU-Betriebe sind davon nicht verschont. In wellenartigen Bewegungen sind laut MELANI zum Beispiel immer wieder Angriffe auf E-Mail-Konten festzustel-len. Gelingt den Angreifern das Hacken von E-Mail-Konten, haben sie Zugriff auf alle in den Kontaktlisten gespeicherten Adres-sen. Als weitere Bedrohung aus dem Internet sind Viren zu nennen. Weltweit verursachen Cyberkriminelle einen Gesamtscha-den von 388 Milliarden Dollar, wie eine Studie der US-Sicherheitssoftwarefirma Symantec ergeben hat. Laut Virenjäger Candid Wüest von Symantec beläuft sich der Schaden in der Schweiz auf 924 Millionen Franken. In diesen Zahlen sind allerdings Unternehmen und staatliche Stellen nicht enthalten. Mit diesen wäre der Schaden durch Internetkriminalität gemäss Candid Wüest um ein Vielfaches höher.

MenSch alS gröSSte SchwachStelleDie grösste Schwachstelle bei der IT-Infrastruktur ist allerdings der Mensch. Häufig werden Notebooks mit zum Teil sensiblen Firmendaten gestohlen oder gehen verloren.«Ich empfehle, die Festplatte des Notebooks komplett zu verschlüsseln. Zudem dürfen keine E-Mails mit vertraulichen Informationen über das Notebook verschickt werden», so Wolfgang Sidler vom Verein Infosurance. Weiter sollte der Zugriff auf Daten je nach Funktion und Hierarchie der Mitarbeiter geregelt werden. E-Mails mit vertraulichen Inhalten sind zu verschlüsseln, ebenso Wireless-Lan mit WPA oder WPA 2. Als Schutz vor höherer Gewalt wie Überschwemmung oder Feuer sollten die Daten jeden Tag auf ein Band, eine USB-Disk oder online gesichert werden. Eine Firewall schützt den Internetanschluss. Auf allen Arbeitsstationen muss eine Virenschutzlösung installiert sein, die täglich aktualisiert wird. Auch die Programme der PCs sollten auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Für die zentrale Datenhal-tung empfiehlt Wolfgang Sidler ein Network Attached Storage (NAS) mit Disk-Redundanz. «Ein NAS ist im Vergleich zu einem Standard-Microsoft-Server fast wartungsfrei.» Weiter müsse darauf geachtet werden, dass die IT-Infrastruktur in einem klei-nen Raum installiert ist, der gekühlt werden kann, über eine Notstromlösung verfügt und abschliessbar ist. Grössere Betrie-be setzen zudem computergesteuerte Maschinen ein. Die Verfügbarkeit der Computer ist hier besonders wichtig. Denn ein Ausfall der Maschinen bedeutet einen grossen finanziellen Schaden.

organiSatoriSche MaSSnahMenDie Kosten für die IT-Sicherheit bei einem KMU-Betrieb können laut Wolfgang Sidler zwischen 10 und 15 Prozent vom gesam-ten IT-Budget liegen, sprich zwischen 5‘000 und 10‘000 Franken. Neben technischen kann aber auch mit organisatorischen Massnahmen die IT-Sicherheit erhöht werden. Diese kosten in der Regel nichts, bedingen aber eine konsequente Handhabung und Orientierung innerhalb des Betriebs. Denn häufig verursachen die Mitarbeiter zusätzliche IT-Kosten, indem sie diverse Programme auf ihre Geschäftscomputer laden, was Lizenzgebühren, aber auch teure Virenangriffe, Programmabstürze und im schlimmsten Fall einen Totalausfall zur Folge haben kann.

10 MaSSnahMen Für einen wirKUngSvollen it-grUndSchUtZ1) Erstellen Sie ein Pflichtenheft für IT-Verantwortliche2) Sichern Sie Ihre Daten regelmässig mit Backups3) Halten Sie Ihr Antivirus-Programm aktuell4) Schützen Sie Ihren Internetzugang mit einer Firewall5) Aktualisieren Sie Ihre Software regelmässig6) Verwenden Sie starke Passwörter7) Schützen Sie Ihre mobilen Geräte8) Machen Sie Ihre IT- Benutzerrichtlinien bekannt9) Schützen Sie die Umgebung Ihrer IT-Infrastruktur10) Ordnen Sie Ihre Dokumente und Datenträger

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BliCKpUnKT · 5 / 2012 3130 BliCKpUnKT · 5 / 2012

zent der Unternehmen externe rech-nersysteme. immerhin erklären sich offenbar künftig knapp 40 prozent der KMU bereit, betriebliche Software ein-zusetzen, die auf rechnersystemen im internet betrieben wird. Auch wenn sich diese virtuellen Systeme weiter-entwickeln, sei das System schon heu-te erprobt und einsatzbereit, betont Jean-Baptiste Scherer. dieser rechnet damit, dass die nachfrage von Seiten der KMU-Betriebe nach Cloud-Com-puting-lösungen in den nächsten Jahren zunehmen wird. «Wir stehen beim Cloud Computing erst am An-fang. Viele KMU prüfen aber bereits, wie sie die Cloud für sich nutzen können», ergänzt Hermann Züger. Weil die iT in vielen KMU nicht zum Kerngeschäft gehört, könne Cloud Computing zu einer interessanten perspektive werden, ist Uwe leims-toll überzeugt. «Solche lösungen stellen für KMU eine Entlastung dar,

weil sie sich nicht mehr selber um die Technik kümmern müssen. Zudem sind externe, spezialisierte Anbieter heute meist versierter und günstiger im Umgang mit datensicherheit und datenschutz als KMU.

Implementierung im Rahmen eines Projektsdie implementierung einer neuen iT-infrastruktur – ob inhouse-lösung oder virtuell – sollte stets im rahmen eines projekts realisiert werden, so die Empfehlung der Experten. «Man muss sich Zeit nehmen für eine ge-naue Evaluation der Bedürfnisse. dazu braucht es eine verantwortliche person aus dem Betrieb, die das ganze projekt zusammen mit den iT-Exper-ten begleitet», erklärt rudolf Brun. Ein Fragenkatalog hilft, alle Bedürf-nisse und Abläufe zu erfassen. Je nach Kapazität und Grösse des Unterneh-mens kann die informatik auch in

Teilprojekten erneuert werden. dies spart Zeit, Geld und hilft, Fehler zu vermeiden. «Es braucht eine ganz-heitliche Sicht auf das projekt», for-dert rudolf Brun. dazu gehöre auch eine regelmässige projektkontrolle, die überprüft, ob und wie der projekt-plan mit seinen Teilzielen eingehalten wird. Am Schluss steht die Abnahme der iT-lösung mit einem Abnahme-protokoll auf dem programm. Funk-tionieren zum Beispiel gewisse Ap-plikationen noch nicht, muss klar definiert werden, bis wann diese zu beheben sind. Auch Zusatzanforde-rungen müssen formuliert werden.

Gesunde IT als Basis: Fit für künftige Unternehmensziele

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34

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Ein Leben nach Exceldie Buchhaltung läuft über ein Tabellenkalkulationsprogramm, rechnungen werden mit der Textverarbeitung erstellt? Ein plädoyer für baldiges Umdenken.Autor: Alexander Springer

Governance für kleinere FamilienunternehmenCorporate Governance ist für börsenkotierte Unternehmen gesetzliche pflicht und für grosse Familienunternehmen «State of the Art». doch auch kleinere Unter-nehmen können im nachfolgeprozess profitieren.Autoren: Adrian Amrein, Roland Luetolf, Roger Schürch

Virtualisierungstechniken für KMUUm sich erfolgreich auf dem Markt zu behaupten, brauchen und wollen Un-ternehmer heute zunehmend flexible und effiziente informationsnetze, die die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitenden fördern.Autor: Jürg Paul

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Steuern optimieren, risiken minimierenSetzen Sie sich je mit dem Thema immaterielle Wirtschaftsgüter und Verrechnungs-preise auseinander? ihre Steuerbehörde tut dies unter Umständen bereits.Autoren: Gerhard Foth (Bild), Claudia Schaub, Dr. Andreas Wiesner

Was Frauen erfolgreich machtKompetente und zugleich ökonomisch erfolgreiche Frauen gibt es wenige. Sind daran die Männer und jahrhundertealte Vorurteile schuld? nur zum Teil! oft stehen sich Frauen auch selbst im Weg, meint die Autorin.Autorin: Sabine Prohaska

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expertenwiSSen

GoVErnAnCE FÜr KlEinErE FAMiliEnUnTErnEHMEn

iM nACHFolGEproZESS

Familie, des neuen Eigentümers, der Unternehmensleitung und vor allem auch der Mitarbeitenden umgesetzt und kontrolliert werden soll, wird oft nicht in der gleichen intensität be-arbeitet. Erstaunlich, wenn man be-denkt, dass ein vertrauensvolles und erfolgsorientiertes Zusammenspiel dieser Anspruchsgruppen ein wesent-licher Erfolgsfaktor für die nachhaltige Unternehmensfortführung darstellt. Um diesen Erfolgsfaktor sicherzustel-len, sind effektive Kontrollsysteme zu etablieren. die instrumente sind so zu wählen, dass sie für kleinere Familien-unternehmen eine gewinnbringende und keine lähmende Wirkung erzeu-gen.

Governance für kleinere Familienun-ternehmenBis heute trägt keiner der bekannten Governance-Kodizes den spezifischen Bedürfnissen von kleineren Famili-enunternehmen genügend rechnung. Als Folge gilt es, ein bestehendes Mo-dell theoretisch zu adaptieren mit dem Ziel, eine Basis für die praktische im-plementierung zu schaffen.

Als Grundlage dafür erweist sich das Governance-System für Familienun-

Governance ist für börsenkotierte Unternehmen gesetzliche Pflicht und für grosse Familienunternehmen «State of the Art». In Verbindung mit

dem Nachfolgeprozess sollten aber auch kleinere Familienunternehmen ihre Governance gezielt durchleuchten, um so einen Mehrwert für die

kommende Generation zu schaffen.

Autoren: adrian amrein, roland luetolf und roger Schürch

der Generationenwechsel in kleineren Familienunterneh-men ist ein komplexer prozess

und für die involvierten personen – Familie, neuer Eigentümer, Unterneh-mensführung und Mitarbeitende – eine anspruchsvolle Aufgabe. die zu

bearbeitenden Fragen fokussieren da-bei primär auf die Finanzen, das recht (Ehe- und Erbrecht) und die Steuern. Themen, welche sich durch externe Fachspezialisten kompetent begleiten lassen.

die emotionalen Themen, aber auch die Frage, wie die verantwortungsvolle Unternehmensführung im Sinne der

34 BliCKpUnKT · 5 / 2012

Nachfolge in Kleinunternehmen: Emotionale Themen kommen oft zu kurz

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ternehmen, welches Koeberle-Schmid, Witt und Fahrion in ihrem Fachauf-satz «Gestaltung der Governance in Familienunternehmen. Gremien und instrumente der Business und Fami-

ly Governance» beschreiben. die für kleinere Familienunternehmen rele-vanten Komponenten dieses Systems sind in der Abbildung auf Seite 36 gra-fisch hervorgehoben und hier erörtert.

die Teile Family und Business Governance bilden zusammen das Family Business Governance-System. der Zielerreichung entsprechend wer-den die relevanten Gremien und inst-rumente den Subsystemen zugeordnet.

die Family Governance befasst sich mit der Frage, wie der Zusammenhalt der Familie und ihr Bekenntnis zu ei-nem professionellen Unternehmer-tum mittels fairen, transparenten und überprüfbaren regeln gestärkt werden kann. risiken von familiären Konflik-ten können durch die Ausarbeitung von Family Governance-instrumenten wie Family office, Konfliktmanage-mentsystemen und Ausstiegsmecha-nismen präventiv abgebaut werden. Situativ empfiehlt sich zudem die Schaffung eines Family Governance-Gremiums in Form eines Familenrats. damit die verabschiedeten Grundsätze auch eine moralische Verbindlichkeit erlangen, ist es hilfreich, diese in ei-nem Familienvertrag zu regeln.

die Business Governance legt den Fokus auf die Führung und die Kont-rolle der Familienunternehmung mit dem Ziel, den Unternehmenswert nachhaltig und generationenübergrei-

fend zu steigern. Um dies zu erreichen, ist einerseits die professionelle orga-nisation der Governance-Gremien wie Verwaltungsrat und Geschäftsleitung entscheidend. dabei gilt es, die Zu-sammensetzung des Gremiums und dessen Kompetenzen und Aufgaben klar zu definieren. Anderseits schaffen Business Governance-instrumente wie ein risikomanagement und ein inter-nes Kontrollsystem mehr Transparenz, eruieren risiken und bilden Entschei-dungsgrundlagen für die Gremien und Eigentümer.

Checkliste für Praxisdamit der Generationenwechsel in kleineren Familienunternehmen als Chance erkannt und genutzt werden kann, ist die Erarbeitung einer geziel-ten Family und Business Governance zwingend. dabei sollten mindestens die in der Checkliste dargestellten Governance-punkte geklärt werden.

Fragen der Family wie auch der Business Governance sind zuerst fami-lienintern zu klären. Später empfiehlt es sich, die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der Famili-enmitglieder in einem Familienvertrag zu regeln und die Beziehung zwischen dem Verwaltungsrat und der Ge-schäftsleitung im organisationsregle-ment festzuhalten.

Mitarbeitende im FokusAuffallend in der diskussion um die Family und Business Governance ist, dass den Mitarbeitenden zuwenig Be-achtung geschenkt wird. der nachfol-geprozess ist ein Veränderungsprozess und löst beim personal immer auch Unsicherheiten aus. Für die Mitarbei-tenden tauchen verschiedenste Fragen auf, wie:• Was sind die Ziele, Erwartungen und

Wertvorstellungen der neuen Unter-nehmensleitung?

• Welche Auswirkungen hat die Änderung des Aktionariats für das Unternehmen?

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Aufgaben in einem Familien-

vertrag regeln

Checkliste Family und Business governance

FAMILY gOVERNANCEFamilienrat• Bekenntnis der Familie zur Nach- folgelösung• Festlegung einer ganzheitlichen Eignerstrategie• Rollen der einzelnen Familienmit- glieder• Art und Umfang der Mitarbeit ein- zelner Eigentümer (von besonderem Interesse: künftige Rolle der Eltern)• Verantwortlich- und Zuständigkei- ten auf operativer und strategischer Ebene (von besonderem Interesse: definitiver Austritt der Eltern)• Wünsche, Bedürfnisse und Erwar- tungshaltungen der einzelnen FamilienmitgliederFamily Office / Konfliktmanagement• Umgang mit der Familie/dem Familienvermögen (im Fokus stehen hier moralisch-ethische Fragestellungen)• Gezielte Betreuung der Familie durch externe Begleitung (Berater, Coach, Mediator)

BUSINESS gOVERNANCEVerwaltungsrat / geschäftsleitung• Grösse und Zusammensetzung des VR• Beiziehung externer VR oder Perso- nen in der Funktion als Beirat/Coach• Anforderungsprofil für externe VR und Begleitpersonen (Wissen, Bezie- hungen etc.)• Funktionen der einzelnen VR• Einbindung der operativen Ebene (GL) in Strategieerarbeitung• Entschädigung der einzelnen VR/ GL-Mitgliedern• Aufbau Vertrauensverhältnis zwi- schen VR und GLInternes Kontrollsystem / Risikomanagement• Austausch zwischen VR und GL (Kommunikation und Reporting)• Überprüfung Leistung des VR / der GL• Managen der Risiken

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• Wie starknimmtderneu zusammen-gesetzte Verwaltungsrat Einfluss auf das operative Geschäft?

Eine kontinuierliche und offene Kom-munikation grenzt der raum für Spe-kulationen ein, schafft Klarheit und generiert somit Vertrauen und Glaub-würdigkeit. die neuen Eigentümer

müssen sich folglich nicht nur mit re-alisierten und geplanten neuerungen beschäftigen, im Fokus steht deren in-formation an die Mitarbeitenden.

Ganzheitliche BetrachtungEine fokussiert erarbeitete Gover-nance ist für kleinere Familienunter-nehmen wichtig, um den Generatio-nenwechsel erfolgreich zu schaffen. im Bereich der Family Governance gilt es klare regeln im Umgang in-nerhalb der Familie wie auch im Zu-sammenspiel mit dem neuen Eigen-tümer, der Unternehmensführung und den Mitarbeitenden zu schaffen. die Business Governance soll primär die Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen zwischen dem Eigen-tümer, dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung regeln. Eine zentrale rolle muss dem personal zukommen. der respektvolle Umgang sowie eine aktive, transparente Kommunikation erzeugen Glaubwürdigkeit, Akzep-tanz, loyalität und Vertrauen – wich-tige Voraussetzungen für motivierte, engagierte und zufriedene Mitarbei-tende. denn diese, speziell in kleine-ren Familienunternehmen, machen oftmals den entscheidenden Unter-schied aus.

zu den AutorenAdrian Amrein, Roland Luetolf und Roger Schürch sind Teilnehmer des Executive MBA der Hochschule Luzern - Wirtschaft.

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Familienmitglieder und Eigentümer

Familienrat

Family Business Governance-Verfassung

Family Governance Business Governance

Stakeholder Revisionsstelle

Externe Governance

Interne Governance

Verwaltungsrat

Family O

ffice

Family A

ctivity

Family Education

Family Philanthropy

Konfliktmanagement

Geschäftsleitung

Compliance

Managem

ent

Risiko-m

anagement

Internes Kon-trollsystem

Interne Revision

Governance-System in kleineren Familienunternehmen: (in Anlehnung an: Köberle-Schmid, A., Witt, p. & Fahrion, H.-J. (2010))

LiteraturverzeichnisBinder, A., Dubs, R., Hilb, M., Manser, G., Müller, R. & Spielmann, N. (2009). Best Practice im KMU (BP-KMU). Empfehlungen zur Führung und Aufsicht von kleinen und mitt-leren Unternehmen. IFPM-HSG Center for Corporate Governance der Universität St. Gallen. Die Familienunternehmer – ASU e.V. und INTES Akademie für Familienunternehmen GmbH. (2010). Governance Kodex für Familienunternehmen. Leitlinien für die verant-wortungsvolle Führung von Familienunternehmen. Koeberle-Schmid, A., Witt, P. & Fahrion, H.-J. (2010). Gestaltung der Governance in Fa-milienunternehmen. Gremien und Instrumente der Business und Family Governance.

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VirTUAliSiErUnGSTECHniKEn FÜr KMU

Virtualisierung war bislang in erster Linie ein Thema für grosse Unternehmen und Konzerne. Aber auch kleine und mittlere Un-

ternehmen können von den Vorteilen einer virtuellen IT- und Kommunikationsinfrastruktur profitieren.

Ab in die Wolke: immer mehr Unternehmen lagern

ihre daten in die Cloud aus

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38 BliCKpUnKT · 5 / 2012

heute in aller Munde ist. Von Virtuali-sierung wird dann gesprochen, wenn Komponenten der iT- und Kommunika-tionsinfrastruktur nicht mehr physisch im eigenen Unternehmen vorhanden sind, sondern nur noch virtuell – in der sogenannten Wolke, der «Cloud». die ausgelagerten Komponenten werden als Service von einem spezialisierten Anbieter bezogen. der Zugriff erfolgt durch einen leistungsfähigen inter-netanschluss. Während bis vor kurzer Zeit vor allem Grossunternehmen die Vorteile der Virtualisierung nutzen konnten, profitieren nun immer häufi-ger auch KMU davon. Grund dafür ist vor allem das breitere Angebot und die einfachere nutzung. Von Buchhaltungs-software über online Marketing Appli-

Autor: Jürg pauli

Wollen Unternehmer nach-haltig erfolgreich sein, müssen sie entscheidende

Veränderungen in ihrem Umfeld recht-zeitig erkennen und entsprechend da-rauf reagieren. doch dies ist gar nicht so einfach, denn Unternehmer sind heute mehr denn je einer hohen dyna-mik ausgesetzt: der Wettbewerb wird härter, Märkte immer internationaler und neue Mitbewerber tauchen auf. Um sich erfolgreich auf dem Markt zu behaupten, brauchen und wollen Un-ternehmer heute deshalb zunehmend flexible und effiziente informations-netze, die sich nicht auf die eigenen vier Wände begrenzen und die Zu-sammenarbeit zwischen den Mitarbei-tenden fördern. die benötigten infor-mationen sollten idealerweise überall und jederzeit verfügbar sein.

Bedürfnisgerechte Lösungen für KMUdiese Ansprüche an Flexibilität, Effizi-enz und Anpassungsfähigkeit sind die Gründe, weshalb die Virtualisierung

kationen bis hin zu dokumentenaus-tauschplattformen: Es gibt je länger je mehr produkte aus der Cloud, die direkt im Alltag von KMU ansetzen und auf deren Bedürfnisse zugeschnitten sind. damit werden virtualisierte Anwendun-gen auch für KMU immer interessanter.

Geringere Kosten und höhere KostentransparenzWenn Hard- und Software sowie An-wendungen nicht mehr in den eigenen räumlichkeiten, sondern im rechen-zentrum eines professionellen Anbieters betrieben werden, entfallen die Kosten für Anschaffung, Wartung, Unterhalt und Ersatz der infrastruktur. darin liegt einer der entscheidenden Vorteile der Virtualisierung: das KMU muss keine langfristigen investitionsrisiken mehr eingehen. die früher üblichen, langen Vertragslaufzeiten und Fixpreise wur-den durch flexible Modelle mit transpa-renten und leistungsabhängigen preisen abgelöst. Unternehmen bezahlen nur das, was sie auch tatsächlich brauchen und nutzen. Zudem kümmern sich ex-

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40 BliCKpUnKT · JUni 2012

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Weniger Risiko, mehr Ressourcendie Virtualisierung hat für KMU bes-ser planbare iT- und Kommunikati-onskomponenten hervorgebracht. Wer auf sie setzt, investiert gewis-sermassen mit einer Erfolgsgarantie und ohne risiko. die Kosten werden plan- und budgetierbar, da nur jene leistungen bezahlt werden, die auch wirklich beansprucht werden. die Virtualisierung ist deshalb für KMU ein guter Weg, um ohne investitions-risiken zu einer modernen iT- und Kommunikationsinfrastruktur zu kommen und trotzdem flexibel zu bleiben. Aufwand, Know- How und investitionen in eine eigene infra-struktur entfallen und werden an den provider ausgelagert. dieser küm-mert sich um alles – sei es Betrieb, Wartung oder Sicherheit. dadurch werden ressourcen frei – frei für das Kerngeschäft der KMU.

terne Experten um allfällige iT-Störun-gen, Updates sowie Spam- und Viren-filter. KMU können sich so voll und ganz auf ihr Kerngeschäft konzentrie-ren. Gleichzeitig haben sie volle Kont-rolle über die anfallenden Kosten: dem Anbieter wird eine monatliche Service-gebühr bezahlt, womit alle Kosten ab-gedeckt sind. die damit einhergehende Kostensicherheit ist insbesondere in der aktuell vorherrschenden unsiche-ren Wirtschaftslage ein grosser Vorteil für KMU.

Flexibel bleibenAuch die Flexibilität und Mobilität der Mitarbeitenden kann dank den virtuellen iT- und Kommunikations-komponenten gesteigert werden: der Zugriff auf Anwendungen und da-ten ist nicht mehr an einen bestimm-ten Standort gebunden, sondern von überall her möglich. dies bringt auch

einen Effizienzgewinn mit sich, da Mitarbeitende sowohl bei Kunden als auch von zu Hause aus auf alle nöti-gen informationen und Unterlagen zugreifen können. Virtualisierungs-techniken machen E-Mails, Kalender und Kontaktdaten über verschiedene mobile Endgeräte nutzbar – seien es Smartphones, Tablets oder laptops. Voraussetzung ist natürlich immer die Anbindung ans internet. Virtuelle produkte sind aber nicht nur bezüg-lich des Standorts flexibel. da sie bei veränderten Bedürfnissen jederzeit er-weitert oder verkleinert werden kön-nen, muss sich das Unternehmen auch vom produktumfang her nicht defini-tiv festlegen. Server-, Speicherleistung

und auch andere Services können in-dividuell angepasst werden, falls sich das Unternehmen vergrössert oder neue projektpartner einbezogen wer-den sollen.

Auf Sicherheit achtenUm jedoch ohne Bedenken von den genannten Vorteilen profitieren zu können, müssen Unternehmen bei der Wahl des Anbieters zwei punkte berücksichtigen: Sicherheit und Ver-fügbarkeit der Angebote. Einerseits sind sichere und leistungsfähige re-chenzentren und eine wirkungsvolle Verschlüsselung der daten wichtig. Auch aktuelle Viren- und Spamfilter tragen zur Sicherheit bei. Anderer-seits braucht es eine zuverlässige in-ternetverbindung, damit man unein-geschränkt auf die virtuellen dienste zurückgreifen kann. Wichtig ist hier, dass genügend Bandbreite vorliegt. nur so können die dienste ohne Qua-litätseinbussen genutzt werden. Sind diese Kriterien erfüllt, ergibt sich aus der Virtualisierung ein weiterer Vor-teil: Werden daten nur lokal, also auf einem Gerät wie laptop oder pC ge-speichert, sind sie bei einem diebstahl oder Verlust des Geräts verloren und nicht mehr wieder herstellbar. Hinge-gen bei der ausgelagerten lösung ist auch im Falle eines Elementarscha-dens, einer defekten Festplatte oder eines Gerätediebstahls der Zugriff auf die daten immer noch gewährleistet. Sollte also solch ein Fall eintreten, können die daten innerhalb kürzester Zeit wieder hergestellt werden und es

40 BliCKpUnKT · 5 / 2012

zum AutorJürg Pauli, ist Leiter Produktentwick-lung im Geschäftsbereich KMU der Swisscom (Schweiz) AG. www.swisscom.ch

Virtuelle iT- und Kommuni-

kationskomponenten steigern die Flexibili-tät und Mobilität der

Mitarbeitenden

Vorteile der Virtualisierung für KMU• Geringere Kosten und höhere Kostentransparenz• Höhere Effizienz: Optimaler Einsatz der eigenen Ressourcen, Experten- Support bei Problemen, bessere Auslastung der Hardware• Up to date: Spam- und Virenfilter oder Updates werden durch externe Experten sichergestellt, alle Kompo- nenten sind immer auf dem neus- ten Stand• Höhere Flexibilität: Daten sind von überall zugänglich, Server- und Speicherleistung können individuell aufgestockt oder reduziert werden• Höhere Sicherheit: Daten liegen in sicheren Rechenzentren, bei der Übertragung werden Verschlüsse- lungstechniken eingesetzt

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Trinkwasser-OpTimierung «made in swiTzerland»

25 Jah re BriTa i n der schweiz

1987 gründete BRITA ihre Schweizer Tochter. Heute ist die BRITA Wasser-Filter-Systeme AG erfolgreicher denn je. Mit hochqualifizierten Mitarbeitern, jahrelanger Erfahrung in Produk-

tion und Vermarktung sowie hohen Qualitätsstandards will der Geschäftsführer Schweiz Stefan Größ weiterhin einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der BRITA Gruppe leisten.

Die Schweizer Tochter in Neudorf (LU) beschäftigt rund 53 Mitarbeiter und stellt Filterkartuschen für die Schweiz und den weltweiten Vertrieb her. www.brita.ch

«Auch in Zukunft stellen wir für BRITA ein Produktportfolio mit hoher Wertschöpfungstiefe her.

Die Voraussetzungen in Neudorf bie-ten dafür beste Voraussetzungen», so Stefan Größ. «BRITA-gefiltertes Wasser gilt heute als gut schmeckende, prakti-sche, kostengünstige und ökologische Alternative zu Flaschenwasser. Unsere zahlreichen Produkteneuheiten bie-ten komfortable Innovationen. So wird BRITA-optimiertes Trinkwasser noch be-quemer und schneller verfügbar.»

die BriTa gruppeMit einem Gesamtumsatz von 320,7 Mil-lionen Euro (plus 6 Prozent) und 1010 Mitarbeitern ist BRITA auch 2011 ein führendes Unternehmen in der Trink-wasser-Optimierung. Das Familienun-ternehmen mit Sitz in Taunusstein (DE) ist durch 15 nationale und internationale Tochtergesellschaften sowie Vertriebs- und Industriepartner in über 60 Ländern vertreten. In Deutschland, Grossbritan-nien und der Schweiz betreibt sie Pro-duktionsstätten.

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WAS FrAUEn ErFolGrEiCH MACHT

WEiBliCHES SElBSTBEWUSST SEin

Kompetente und zugleich ökonomisch erfolgreiche Frauen gibt es we-nige. Sind daran die Männer und jahrhundertealte Vorurteile schuld? Nur zum Teil! Oft stehen sich Frauen auch selbst im Weg. Um das zu

ändern, müssen sie ein neues weibliches Selbstbewusstsein entwickeln.

Weiblicher Erfolg: «Vermännlichung»

ist nicht der Weg

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Autorin: Mag. Sabine Prohaska

Christine lagarde steht, mit 56 Jahren, an der Spitze des in-ternationalen Währungsfonds in

Washington. Sie war die erste französi-sche Wirtschafts- und Finanzministerin und wurde 2009 von der Financial Times zum besten Finanzminister der Eurozo-ne gewählt. Zudem war sie die erste Frau an der Spitze von Baker & McKenzie, einer der grössten Anwaltskanzleien in den USA. Und sie ist die Mutter zweier mittlerweile erwachsener Söhne.

«Für eine Frau ist sie ganz schön weit gekommen.» das denkt gewiss auch manche Frau beim Betrachten dieses le-benslaufs. Und genau das ist der Haken. Eine Top-Berufsbiografie erwarten so-gar Frauen primär von Männern. oder anders formuliert: Frauen trauen sich und ihrem Geschlecht oft selbst wenig zu und blockieren sich so. Und dies, ob-wohl Frauen wie Christine lagarde, aber auch die infineon-Technik-Chefin Sabi-ne Herlitschka beweisen: Frauen können dasselbe wie Männer erreichen – sofern sie gewisse Grundüberzeugungen verin-nerlicht haben und diese auch vertreten.

Frauen sind kompetentHierzu zählt das Vertrauen in die eigene Kompetenz. Bei der schulischen Bildung haben Frauen die Männer bereits einge-holt – zum Teil sogar überholt. in diesem Bereich ist es inzwischen Common Sense: Mädchen sind mindestens ebenso fit wie Jungs. im Arbeitsbereich hat sich dieser Gedanke noch nicht durchgesetzt. das zeigt sich im Berufsalltag immer wieder. Hierfür ein Beispiel: Eine Trainerin hält ein mehrtägiges Verhandlungsseminar für Betriebsräte eines grossen Unternehmens. Alle Teilnehmer sind Männer. das Semi-nar läuft spitze, alle sind interessiert und arbeiten hochkonzentriert. dann folgt die abschliessende Feedbackrunde, in der ein Mann zur Trainerin sagt: «die Tatsache, dass Sie eine Frau sind, hat eigentlich nicht gestört.» So ein Statement mag als Kompli-ment gemeint sein. Es zeigt aber, welches Bild von Frauen viele Männer noch in ih-ren Köpfen haben.

Sehr deutlich zeigt sich dieses Bild auch, wenn Frauen in ihrem Job zum Bei-spiel von ihrem Vorgesetzten oder einem Kunden ein Kompliment bekommen wie:

«Sie sind genauso kompetent wie ihre männlichen Kollegen». Solche Kompli-mente zeigen, wie tief der Zweifel an der Kompetenz von Frauen in den Köpfen verankert ist – auch in denen von Frauen. Sie fragen sich bei schwierigen Aufgaben oft selbst: «Bin ich ihr gewachsen?» Und Männer? Sie denken in solchen Situati-onen zumeist eher: «irgendwie werde ich das Kind schon schaukeln.» Entwi-ckeln Sie als Frau dasselbe Vertrauen in ihre Kompetenz, wie es Männer zumeist haben. denn wenn Sie selbst zweifeln, strahlen Sie dies auch aus.

Frauen sind Respektspersonenoft wird Frauen nicht mit dem gebühren-den respekt begegnet. Erneut ein Beispiel. Bei mehrtägigen Seminaren in Hotels ist es üblich, dass die Teilnehmer abends zum Beispiel noch in der Bar zusammensitzen und sich unterhalten. dann passiert es zu-weilen, dass ein Mann beispielsweise zur

Seminarleiterin unvermittelt sagt: «Schöne Frau, jetzt darf ich Sie aber zu einem Ge-tränk einladen.» oder wenn es etwas in-formeller zugeht: «Schatzi, ich setze mich jetzt mal zu dir.» Solche Sprüche sind kei-ne Seltenheit – auch gegenüber Frauen in Führungspositionen.

in solchen Situationen empfiehlt sich meist eine höfliche neutralität. lehnen Sie als Frau derartige Angebote höflich, aber entschieden ab. Zum Beispiel mit einer An-sage wie: «ich kann mich nicht erinnern, dass ich ihnen mit dem ‚du‘ die Erlaubnis gegeben hätte, mir Kosenamen wie Schatzi zu geben. ich bevorzuge meinen namen.» dieses Statement, mit fester Stimme und Blickkontakt vorgebracht, reicht meist aus, um einen Mann in die Schranken zu wei-sen und wieder eine respektvolle berufliche distanz aufzubauen.

Frauen müssen sich trauen, klare und angemessene Grenzen zu setzen, damit sie

fair behandelt werden. die Kunst besteht darin, selbstsicher zu handeln, ohne ag-gressiv zu sein. das Gegenüber muss stets sein Gesicht wahren können. dabei hilft Humor. Mit ihm entschärfen Sie elegant heikle Situationen und verschaffen sich auf diesem Weg wieder respekt.

Frauen tendieren bei Beleidigun-gen und Herabsetzungen dazu, sich zu verkriechen oder einen Gegenangriff zu starten. Beides sind nicht die besten Strategien, um Stärke zu dokumentie-ren. Humorvolle repliken hingegen sig-nalisieren: «ich bin Herrin der lage. ich stehe über den dingen.»

Fordern statt bescheiden seinViele Frauen neigen zu Bescheidenheit. diese ist zwar eine Tugend, doch im be-ruflichen Kontext kommt man mit zu viel Bescheidenheit nicht weit. in Bewerbungs- und Verkaufsgesprächen, aber auch vielen (projekt-)Meetings kommt es darauf an, sich gut zu präsentieren und selbstbewusst zu argumentieren. Zeigen Frauen in solchen Situationen zu viel Bescheidenheit, verkau-fen sie sich und ihre leistung schnell unter Wert.

Erneut ein Beispiel. personalleiter stel-len, wenn sie mehrere Trainer oder Coaches für ein projekt suchen, immer wieder fest, dass Frauen in der regel ein 30 prozent niedrigeres Honorar fordern als ihre gleich gut qualifizierten männlichen Berufskol-legen. Also zahlen sie ihnen auch weniger. Würden die weiblichen Trainerinnen und Coaches ein höheres Honorar fordern, wür-den sie dieses auch bekommen – wie ihre männlichen Kollegen. doch freiwillig zahlt niemand mehr.

das zeigt: Frauen müssen ein stärkeres «Selbst-wert»-Gefühl entwickeln und mehr Eigen-pr betreiben. Also zum Beispiel, wenn der Chef ein lob ausspricht, nicht fast automatisch erwidern: «das war doch nicht so schwer.» denn wer tiefstapelt, po-sitioniert sich beruflich meist selbst in der zweiten reihe. Frauen müssen lernen, an ihrer eigenen Marke zu arbeiten. Selbst-pr gehört dazu.

nicht nur in lohn- und Gehaltsfra-gen müssen Frauen lernen sich zu be-haupten, sondern auch in ihrer position – zum Beispiel als Führungskraft. denn noch immer gilt: Wenn eine männliche

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dass sie eine Frau sind, hat eigent-

lich nicht gestört ...

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expertenwiSSen

Management wird vor allem männliches Verhalten vorgelebt. doch Frauen müssen ihren eigenen Weg finden. Zu versuchen, der bessere Mann zu sein, ist der falsche Weg. Besser ist es, auf die eigenen Stärken zu setzen. den hierfür erforderlichen Mut und die nötige durch- und Umsetzungs-kraft zu entwickeln, ist die grösste Heraus-forderung, vor der Frauen, die beruflich erfolgreich sein möchten, stehen. denn viele haben schon als Kind gelernt: «Sei als Frau wie das Veilchen im Moos, sittsam, bescheiden und rein, und nicht wie die stolze rose, die stets bewundert werden möchte.» legen Sie als Frau diese Scheu, im Mittelpunkt zu stehen, ab. dann sind Sie auf dem besten Wege zum Erfolg.

und eine weibliche Führungskraft der-selben Führungsebene gemeinsam einen Kunden besuchen, wird in der regel der Mann als der Vorgesetzte und die Frau als die Untergebene eingestuft. Wor-an merkt Frau dies? der Kunde blickt, wenn es um Entscheidungen geht, pri-mär den Mann an. Und wenn es um die Umsetzung, das «operative doing» geht? dann blickt er zur Frau.

Nicht «vermännlichen»Bei allen genannten punkten geht es da-rum, dass Frau ein paar Verhaltenswei-sen ein bisschen ‹männlicher› gestaltet. das bedeutet nicht, sich komplett wie ein Mann zu benehmen oder gar zu kleiden. Sich selbst treu bleiben und Fraubleiben ist wichtig. Schon beim outfit ist das oft nicht leicht. Für den Business-dress gilt: Er sollte Kompetenz ausstrahlen und nicht zu sexy sein. Also ein dunkelgrauer Hosenanzug mit wenig Accessoires? Muss das wirklich sein? Was, wenn Frau ihre Weiblichkeit nicht verstecken möchte? lautet die einzi-ge Alterative zum tiefen dekolleté und Mi-nirock eine mausgraue (oder blaue) Busi-

ness-Uniform wie viele Männer tragen? die outfit-Frage nimmt interessante dimensionen an. Eine Businesstrainerin in Österreich hat eine Bluse designt, de-ren Knopfleiste so gestaltet ist, dass man von der Seite nicht reinsehen kann. das zeigt, mit welchen Überlegungen Frauen im Beruf zu tun haben. Mehr weibliche individualität zeigen und sich bewusst für Femininität entscheiden, das setzt Mut und weibliches Selbstbewusstsein voraus. Wählen Sie bewusst ein femini-nes, aber nicht extremes outfit, in dem Sie sich wohlfühlen.

Ab in den MittelpunktBeruflich erfolgreiche Frauen – egal ob Führungskraft, projektleiterin, Vertrieble-rin oder Trainerin – müssen schnell Kon-takte knüpfen können. Beim Erstkontakt fallen die tradierten (männlichen) Vor-urteile besonders stark ins Gewicht. das zwingt Frauen dazu, einige Gedanken mehr in ihren Auftritt zu stecken, wenn sie beruflich erfolgreich sein möchten. das problem hierbei: Es gibt nur wenige iden-tifikationsfiguren und rollenvorbilder. im

zur AutorinMag. Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunter-nehmens Seminar Consult PROHASKA, Wien, das unter anderem Trainer und Coachs ausbildet. www.seminarconsult.at

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pUBli reportage

der zauBer neuer möglichkeiTen

magic

Das Aufzugssystem Magic benötigt im Schachtkopf weniger Platz und damit keinen Dachaufbau. Der Lift sorgt darum nicht nur bei Neubauten für Furore. Er eröffnet auch bei bestehenden

Gebäuden neue Perspektiven.

Eine Schweizer Erfindung mischt den Aufzugsmarkt auf und bie-tet Architekten und Planern neue

Möglichkeiten. Dank einer geringen Schachtkopfhöhe von 2.4 Metern kann mit dem Magic die oberste Etage von Gebäuden problemlos ohne Dachauf-bau realisiert werden. Das spart Baukos-ten und Planungsaufwand: Die Beton-decke kann durchgezogen werden und der Architekt muss keinen Durchbruch für den Liftschacht einplanen. Speng-lerarbeiten und der Zusatzaufwand für einen Dachaufbau fallen weg. Und ge-nau dieser Aufbau ist, wegen undichter Stellen und Wärmeverlusten, oft eine Schwachstelle im modernen Gebäude.

Hinter dem Magic steht solide und innovative Ingenieurtechnik aus der Zentralschweiz. Henseler Aufzüge aus Küssnacht am Rigi – seit kurzem Teil von AS Aufzüge – brachte das patentier-te Aufzugssystem auf den Markt und sorgte damit für Aufsehen bei Architek-ten und Bauherren.

Ohne maschinenraumDer Magic benötigt keinen separaten Maschinenraum. Der kompakte, fre-quenzgeregelte Antrieb befindet sich im Schachtkopf zwischen zwei Füh-rungsschienen, die an der Seitenwand parallel zueinander angeordnet sind. Der Antrieb läuft leise und überzeugt

durch Leistungsfähigkeit und sparsa-men Energieverbrauch. Durch diese durchdachte Anordnung von Antrieb und Schienen an der Seitenwand er-möglicht der Magic Kabinenzugänge an drei Seiten. Das macht den Lift be-sonders interessant für komplexe Bau-vorhaben.

Der Magic setzt auch punkto Arbeits-sicherheit neue Massstäbe: Der Service-techniker führt seine Arbeiten und die Kontrolle des Liftes bequem vom Kabi-neninneren aus durch, indem er die Sei-teninnenwand der Kabine öffnet.

kein zusätzlicher dachaufbauMit der Schachtkopfhöhe von nur gera-de 2.4 Metern passt das System Magic in die meisten obersten Stockwerke. Also beispielsweise auch in ein Chalet in Gstaad oder in ein historisches Ge-bäude in der Berner Altstadt. Die Ge-bäudehülle bleibt dabei unangetastet.

Die Architekten schätzen den Ma-gic wegen seiner vielfältigen Einsatz-möglichkeiten. Dies zeigt sich auch in den mehr als 2000 bisher installierten Anlagen. Die Nachfrage nach dem Ma-gic dürfte anhalten, wenn nicht noch zunehmen. Denn die Ansprüche an Mobilität und die Forderung nach bar-rierefreien Gebäuden steigen weiter: Auch für Bauten, die bisher nicht als aufzugstauglich galten.

schachtkopfhöhe von nur 2.4 metern: Das System Magic passt in die meisten obersten Stockwerke

kontakt:www.lift.ch

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expertenwiSSen

STEUErn opTiMiErEn, riSiKEn MiniMiErEn

iMMATEriEllE WirT SCHAFT SGÜTEr

Haben Sie sich je mit dem Thema immaterielle Wirtschaftsgüter und Verrechnungspreise auseinandergesetzt? Ihre Steuerbehörde tut dies

unter Umständen bereits.

Immaterielle Wirtschaftsgüter: durchleuchten Sie ihr Unternehmen

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Autoren: gerhard Foth, Claudia Schaub, Dr. Andreas wiesner

dieser Artikel soll dazu beitra-gen, KMU für das Thema ip zu sensibilisieren – denn viele

Steuerbehörden sind es bereits. daher sollten sich Unternehmen über ihr vor-handenes ip ein genaues Bild machen. dann können konkrete Massnahmen zur Steueroptimierung respektive re-duzierung von risiken ergriffen wer-den – eine Chance, die sich heute leider noch viele KMU entgehen lassen.

Unter immateriellen Wirtschaftsgütern («ip», intellectual property) versteht man nicht nur registrierte patente oder Mar-ken, sondern die wesentlichen Werttreiber jeder Unternehmung – das gilt auch für KMU. die nutzung des ip innerhalb einer Unternehmensgruppe kann signifikante steuerliche Vorteile haben. die identifika-tion und Analyse von ip bilden dabei die Grundlage für die steuerliche optimie-rung einer Wertschöpfungskette und die Vermeidung steuerlicher Fallstricke, wie etwa bei der Expansion ins Ausland oder beim Zukauf von Gesellschaften. lesen Sie, welche Aspekte in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden sollten.

Warum ist IP so wichtig?Bei Steuerbehörden setzt sich immer stärker die Verrechnungspreissichtweise durch, dass durch ip die wesentlichen Gewinne einer Unternehmung generiert werden. Gewinne und Steuereinnahmen fallen insbesondere dort an, wo das ip liegt – zumindest ist das die bevorzugte Sicht der dinge, wenn Steuerbehörden das ip innerhalb ihrer Hoheitsgrenzen vermuten.

die im Folgenden skizzierten prakti-schen Erfahrungen im Bereich ip wurden insbesondere in der Arbeit mit und für internationale Konzerne gewonnen und aus der Beobachtung, wie Steuerbehörden damit umgehen. Es ist jedoch davon aus-zugehen, dass Steuerbehörden ihre dies-bezüglichen praktiken zunehmend auch auf KMU anwenden. Für KMU ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnissen die Chance, die Steuern relativ einfach zu optimieren und risiken schon im Vorfeld zu vermeiden. Hierfür muss sich ein Un-ternehmen zunächst darüber klar sein, welches ip innerhalb seiner Gruppe wo

vorhanden ist und wer Eigentümer des je-weiligen ip ist. So bietet eine planung des ip-Einsatzes gerade für Schweizer KMU eine interessante Möglichkeit, nachteile durch die relativ hohe Kostenbasis sowie den ungünstigen Wechselkurs auszuglei-chen und somit international wettbe-werbsfähig zu bleiben.

Was ist IP eigentlich?Aus rechtlicher Sicht handelt es sich bei ip um «Eigentumsrechte» an im-materialgütern, beispielsweise techni-sche patente oder Markenrechte. Aber was ist mit nicht geschützten immate-riellen Wirtschaftsgütern, wie produk-tionsknowhow, Kundenbeziehungen oder Ähnlichem? Aus Verrechnungs-preissicht – und damit für steuerpla-nerische Zwecke relevant – wird un-ter ip wesentlich mehr verstanden. Breit gefasst kann ip in die Bereiche Technologie, Marketing, Verträge und Kontakte eingeteilt werden:• Im Bereich Technologie sind nebenpatenten auch weniger offensichtliche Werttreiber wie spezielle produktions-prozesse oder produktionsknowhow zu nennen. • Bekannte Marken sind prominenteBeispiele für Marketing-ip. in vielen Unternehmen ist aber das Knowhow der Vertriebsmitarbeiter über zukünf-tige Marktentwicklungen oder ein spe-zielles Vertriebssystem genauso wich-tig wie eine bekannte Marke.• Verträge, die zum Beispiel den Zu-gang zu knappen, aber unbedingt benötigten rohstoffen sicherstellen, oder langfristige lieferverträge mit wichtigen Kunden können ebenfalls ein wesentlicher Werttreiber für ein Unternehmen sein. • Kontakte schliesslich können Wertdarstellen, wenn es sich um wertvolle Beziehungen zu speziellen Zulieferern oder Kunden handelt.

die genannten Aspekte können noch erweitert werden und spielen für die Wertschöpfungsketten eine wesentliche rolle. insbesondere die vielen KMU, die in einer ganz speziellen nische ihr Geschäft betreiben, verfügen häufig in erheblichem Mass über solch «ver-stecktes» ip. daher sollten KMU ihre Sichtweise auf das Thema ip dringend erweitern und sich so eine wesentlich breitere palette an möglichen immate-riellen Wirtschaftsgütern erschliessen, die sich für steuerplanerische Aktivitä-ten eignen.

Wo genau befindet sich das IP in der Wertschöpfungskette?da ip viel mehr bedeutet als nur patente und Marken, ist für eine möglichst voll-ständige Bestandsaufnahme auch eine Analyse der gesamten Wertschöpfungs-kette erforderlich. Grundsätzlich sollte sich jedes Unternehmen fragen: Was sind unsere wesentlichen Wettbewerbs-vorteile? An diesen Stellen befindet sich in der regel auch das wertvolle ip des Unternehmens.

Wer ist Eigentümer des IP?Wenn das vorhandene ip identifiziert ist, stellt sich als nächstes die Frage, welcher Gesellschaft das ip gehört. Aus rechtlicher Sicht ist vereinfacht gesagt die im jeweiligen register eingetragene Gesellschaft die Eigentümerin des ip. Aus Verrechnungspreissicht hingegen ist entscheidend, wer die für die Schaf-fung des ip entstandenen Kosten getra-gen und die wesentlichen Entscheidun-gen getroffen hat. Man spricht hier vom «wirtschaftlichen Eigentum» am ip.

Beim Kauf von «fertigem» ip (z.B. pa-tent) ist dies in der regel unproblematisch feststellbar. Bei selbst entwickeltem ip ist dies wesentlich schwerer zu beantworten. So ist etwa bei einer selbstentwickelten Marke zu hinterfragen, bei welcher Gesell-schaft die entsprechenden Kosten für den Aufbau und die pflege einer Marke ange-fallen sind. dies umfasst nicht nur die Kos-ten für die Anmeldung und registrierung, sondern insbesondere auch Anlaufverluste in der Markteinführungsphase. Wenn zen-trale Marketingkosten per «Management Fee» an Gruppengesellschaften verrech-net werden, stellt sich die Frage, ob diese

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KMU geraten vermehrt in den Fokus

der Steuerbehörden

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Gruppengesellschaften nicht (Mit-)Eigen-tum an der Marke erwerben und ihr damit auch die aus der Marke resultierenden Ge-winne anteilig zustehen.

Aber auch die Frage, wer die relevanten Entscheidungen zum Aufbau und der pfle-ge eines ip getroffen hat, ist für die Zuord-nung des wirtschaftlichen Eigentums ent-scheidend. Es ist nicht ausreichend, «nur» alle Kosten für die Entwicklung von ip zu übernehmen. Eine weitere Voraussetzung ist auch, dass befähigte Kompetenzträger zumindest die wesentlichen Meilensteine definieren und deren Erreichung sicher-stellen. Es reicht nicht, dass Entscheidungs-träger nur formal bei einer Gesellschaft angestellt sind, sie müssen tatsächlich dort wirken («Substance over form»). Struktu-ren, die in der realität nicht gelebt werden, führen zu grossen steuerlichen risiken.

im Einzelfall wird es sehr von der Be-schaffenheit des ip abhängen, welche Ent-scheidungskompetenzen konkret erforder-lich sind, um das wirtschaftliche Eigentum zu untermauern.

Wie kann das vorhandene IP steueropti-mal genutzt werden?Für die Ableitung von konkreten Hand-lungsempfehlungen sollte ein inventar des vorhandenen ip erstellt werden. dafür empfiehlt es sich, das jeweilige ip zu be-schreiben und die angesprochenen Kriteri-en für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums anzuwenden. darüber hinaus sollte analysiert werden, welche Gesell-schaften das ip nutzen.

Auf Basis einer solchen ip-inventar-liste kann nun die steueroptimale nut-zung und Strukturierung des ip geplant werden. Grundsätzlich lassen sich hier zwei Ansätze unterscheiden:1. Steueroptimierung bzw. risikoreduzie-rung in der bestehenden Unternehmens-struktur2. Steueroptimierung durch Umstrukturie-rung und Übertragung von ip

die Steueroptimierung in der beste-henden Unternehmensstruktur ist in der regel mit weniger Aufwand verbunden, entsprechend ist das optimierungspo-tential auch begrenzt. Bewährtes instru-ment ist hier die Einführung von lizen-zen, wenn zum Beispiel vorhandenes ip bisher nur unentgeltlich genutzt wird. in diesem Fall kann die Einführung sogar

eher als Massnahme zur risikominimie-rung gewertet werden, da ein werthalti-ges Gut bisher unentgeltlich überlassen wurde. Grundsätzlich ist es auch mög-lich, durch Einführung oder Umstellung von Kostenübernahmen oder die suk-zessive Verlagerung von wesentlichen Stellen (so können etwa im rahmen der natürlichen Fluktuation bestimmte Stel-len bei dem gewünschten wirtschaftli-chen Eigentümer wiederbesetzt werden) langfristig eine optimierte Verteilung des ip zu erreichen. Allerdings ist hier-bei zu beachten, dass manche Steuer-behörden mögliche Funktionsverlage-

rungssachverhalte annehmen können. dabei wird unterstellt, dass zukünftige profitpotentiale an eine andere Gesell-schaft abgegeben werden und dafür von der aufnehmenden Gesellschaft eine Entschädigung gezahlt werden muss. Eine behutsame und gut dokumentier-te Vorgehensweise ist ratsam, um diese Argumentation zu widerlegen.

Weitere Gestaltungsmöglichkeitendie Steueroptimierung im rahmen von Umstrukturierungen ist in der regel mit höherem Aufwand verbunden, bietet je-doch deutliche weitreichendere optimie-rungspotentiale. Hierfür wird es erforder-lich sein, die ip-Gesellschaft als Ganzes oder das ip von einer Gesellschaft auf eine andere zu transferieren, um nachfolgend die lizenzerträge in einer tiefbesteuerten (neuen) ip-Gesellschaft zu vereinnahmen. Eine Übertragung von Aktiven auf einen neuen rechtsträger ist grundsätzlich eine steuerbare Transaktion. Jedoch bestehen konzernintern und im innerschweizer Ver-hältnis verschiedene Varianten, um einen steuerneutralen Transfer durchzuführen:•SitzverlegungineinenanderenKanton• Transfer an eine Gruppengesellschaft(Vermögensübertragung)•Spaltung

Bei grenzüberschreitenden Übertragun-gen von ip ist ein steuerneutraler Trans-fer (bei Abwesenheit von entsprechenden Verlustvorträgen) nur selten möglich. die Übertragung von ip respektive zukünfti-gen profitpotentialen wird von den Steu-erbehörden grundsätzlich besteuert. Eine solche Übertragung kann dennoch sinn-voll sein. dies ist insbesondere dann der Fall, wenn selbst entwickeltes ip noch am Anfang seines lebenszyklus steht und da-her noch einen tiefen Wert hat. dann kann es aus steuerplanerischer Sicht vorteilhaft sein, das ip an eine bestimmte Gesellschaft transferiert zu haben, bevor es stark an Wert gewinnt und die erwarteten Gewinne erzielt werden.

Beim Transfer von ip ist auch die Sub-stanz der aufnehmenden Gesellschaft zu beachten. Bei ip, das eines dauernden Un-terhaltes bedarf (wie die Markenpflege), stellen sich unmittelbar nach dem Transfer wieder die bereits angesprochenen Fragen des wirtschaftlichen Eigentums. dies führt dazu, dass die Verlagerung von ip in der regel auch eine Verlagerung von personal bedingt. Eine frühzeitige Abklärung der hier möglicherweise bestehenden restrik-tionen – beispielsweise wenn für die Struk-tur unabdingbare Mitarbeiter nicht zu den entsprechenden Veränderungen bereit sind – ist für den Erfolg eines solchen Ver-lagerungsprojektes von grosser Bedeutung.

Zusammenfassungdieser Artikel soll dazu beitragen, KMU für das Thema ip zu sensibilisieren – denn viele Steuerbehörden sind es bereits. daher sollten sich Unternehmen über ihr vorhan-denes ip ein genaues Bild machen. dann können konkrete Massnahmen zur Steuer-optimierung respektive reduzierung von risiken ergriffen werden – eine Chance, die sich heute noch viele KMU entgehen lassen.

zu den AutorenGerhard Foth ist Senior Manager, Glo-bal Transfer Pricing Services, Claudia Schaub ist Senior Manager, Corporate Tax und Dr. Andreas Wiesner ist Senior Consultant, Global Transfer Pricing Services bei KPMG AG. www.kpmg.ch

Viele KMU verpassen gerade eine

grosse Gelegenheit

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expertenwiSSen

Ein lEBEn nACH ExCEl

WECHSElWillE

Die Buchhaltung läuft über ein Tabellenkalkulationsprogramm, Rechnungen werden mit der Textverarbeitung erstellt?

Ein Plädoyer für baldiges Umdenken.

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Autor: alexander Springer

die hohe Bedeutung datenbank-gestützter planungssysteme und ihr grosser nutzen werden

bei den meisten grösseren und selbst bei mittleren Unternehmen schon längst nicht mehr in Frage gestellt. da-bei geht es natürlich darum, die jeweils massgeblichen Unternehmenszahlen in den richtigen Kontext zu stellen und daraus die entsprechenden Erkennt-nisse zu gewinnen. darüber hinaus sind aber auch noch andere Einsatzge-biete solcher Tools entscheidend, denn die unternehmerische Weitsicht hängt nicht unwesentlich davon ab, ob man

Spuren hinterlassen hat, die sich nicht mehr wegwischen lassen. dazu gehört auch und gerade die Bedeutung, die die planzahlen für ein Unternehmen haben und die Akribie, mit der beispielsweise Banken sich diese Zahlen anschauen und auf nachhaltigkeit prüfen, ehe sie über Wohl oder Weh eines Unterneh-mens, sprich: über eine Kreditvergabe entscheiden. Wohl dem, der seine Un-ternehmensstrategie, also die Ausrich-tung des Unternehmens für die nächs-ten drei bis fünf Jahre festgelegt hat und dies mit operativen Massnahmen und Zahlen untermauern kann. oder auch: wohl dem, dessen operative planung

die planzahlen «nur» buchhalterisch korrekt abbilden möchte oder ob man – gewissermassen zahlenspielerisch – zukünftige plan- und auch ausser-planmässige Ereignisse simulieren will. dann sieht man nämlich, wie sich das Unternehmen in welcher Situation verhält und wie oder ob es den unter-schiedlichen Anforderungen der Märk-te gewachsen ist.

die Zeiten für Unternehmer haben sich grundlegend gewandelt. Unab-hängig davon, ob uns die Krise 2.0 ins Haus steht, kann getrost festgestellt werden, dass die erste Finanzkrise 2008/2009 langfristige Schäden und

Controlling: planzahlen aufein-ander abstimmen

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wasserdicht ist, und dessen Zahlen-konstrukte planerische Stresstests und Budgetsimulationen sicher und robust überstehen.

Alle Facetten der Unternehmenspla-nung berücksichtigenZu den operativen daten gehören die Umsätze und Kosten, die Entwicklung von Gewinnen oder Verlusten und beispielsweise die liquidität. Ebenso dazu zählen die Entwicklung bestimm-ter produktgruppen, die Aufsplittung von Kosten und deren Zuordnung zu geplanten Gewinnen, eine unterjähri-ge information zur Entwicklung der planzahlen und natürlich die Kontrolle der Zielerreichung durch Abweichungs-analysen. Ganz praktisch bedeutet das, dass eine gute Unternehmensplanung alle Facetten von planung und Cont-rolling abdeckt und dass vor allem auch alle angrenzenden planungsthemen be-rücksichtigt werden: Sind die planzah-len von Einkauf, Vertrieb und logistik aufeinander abgestimmt? Wurden bei der personalplanung die besonderen saisonalen Anforderungen an mein produkt bedacht, ist die Wettbewerbs-situation ausreichend gewürdigt? Ent-scheidend ist daher eine integration aller planungsprozesse: Top down von der Geschäftsleitung, Bottom up von Vertrieb und Kostenstellenleitern, ge-folgt von einer gemeinsamen Korrek-tur- und Umsetzungsrunde.

Integration der RechenprozesseVoraussetzung für eine software-gestützte Unternehmensplanung ist natürlich die höchstmögliche integ-ration aller internen rechenprozes-se. Wird in den planzahlen nur eine einzige Stellgrösse – zum Beispiel der geplante Umsatz eines bestimmten Artikels – verändert, so hat das Ände-rungen in vielen anderen Werten zur Folge, die mit dieser Umsatz-planzahl zusammenhängen: die Auswirkungen sind daher spürbar bei den sich än-dernden Vertriebskosten, bei Skonti, rabatten, Wareneinsätzen, lagerhal-tung, von der Umsatz- und Vorsteuer bis hin zur Zahllast, die an das Fi-nanzamt zu leisten ist.

Aha-ErlebnisViel neues für diejenigen, die zukünf-tig auch mit einem professionellen planungstool arbeiten und von der da-tentransparenz profitieren möchten? Wie man es nimmt. recht einfach und «geräuschlos» geht so eine Umstellung vor sich, wenn die Software intuitiv in der Bedienung, flexibel und in der Anwendung skalierbar ist. denn eines haben fast alle «Wechselwilligen», also all jene, die bislang ausschliesslich mit Excel arbeiten, gemeinsam: Sie alle leiden unter dem Aufwand, den die Erstellung der meist monströsen und kaum noch kontrollier- und durch-

schaubaren listen mit sich bringt. Und sie leiden unter ihrer Abhängig-keit – zumeist von dem einen Men-schen im Unternehmen, der noch den Überblick hat und der die Excel-listen erstellt. das grösste Aha-Erlebnis: die Erkenntnis, dass die richtige Software nicht nur Tool ist, sondern intelligenz mitbringt.

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zum AutorAlexander Springer ist Mitbegründer und CEO der prevero AG mit Sitz in München. www.prevero.com

10 Punkte die man bei der Anschaffung eines Tools für Unternehmensplanung und -controlling beachten sollte:

1. FunktionalitätTechnik allein nutzt nichts, die Software muss vor allem Ihre Prozesse optimal unter-stützen.2. standardisierung Achten Sie auf eine hohe Standardisierung. Wichtig sind ausgereifte Planungsfunktio-nen, Datenverteilung und -aggregation, Forecasting, Parameter- und Struktursimula-tionen, Workflow, Kommentierungen, etc.3. implementierungBestehen Sie auf kurzen Implementierungszeiten. Nach Anschaffung der Software möchten Sie gleich mit Ihrer Planungssoftware arbeiten und nicht monatelang war-ten, ehe Installation und Implementierung abgeschlossen sind.4. planungsstrategienAchten Sie darauf, dass wirklich alle Planungsstrategien unterstützt werden: Bottom-up, Top-down, Gegenstromverfahren.5. integriertes ToolsetAchten Sie darauf, dass der Hersteller Ihnen ein umfassendes und integriertes Ana-lyse-Berichtswesen-Dashboarding-Toolset liefern kann, zum Beispiel Management-Berichte, Soll-Ist-Vergleiche, Abweichungsanalysen, Management- und Kennzahlen-Cockpits, etc.6. erp-anbindungWichtig ist eine umfassende ERP-Anbindung mit integrierter Planung und vordefi-nierten Konnektoren, damit alle Daten problemlos übernommen werden können.7. Forecasting und simulationAusgereifte Forecasting- und Simulationsmöglichkeiten sind sehr wichtig, damit Sie alle «Was-wäre-wenn»-Szenarien problemlos und ohne jede Einschränkung darstellen können.8. strategiemanagementLegen Sie Wert auf ein integriertes Strategiemanagement mit Mehrjahrespla-nung, strategischer Planung unterschiedlicher Geschäftsfelder, auch mit Risiko-management.9. TransparenzWichtig ist, dass alle Massnahmen und Empfehlungen Ihres Software-Anbieters nach-vollziehbar und für Sie verständlich sind.10. augenhöheNeben den hard facts müssen auch die soft facts stimmen: Prüfen Sie, ob sich Ihr BI-Anbieter auf Augenhöhe mit Ihnen befindet, denn Sie müssen einige Zeit miteinander auskommen, da muss auch die Chemie passen.

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MeSSepartnerSchaFt

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«WEr ES SiCH lEiSTEn KAnn, BAUT GroSS!»

Am 30. August öffnet die Messe «Bauen & Modernisieren» in Zürich ihre Tore. Messeleiter André Biland spricht im Interview mit Blickpunkt über energetische Notwendigkeiten, knapper werdenden Wohnraum und die

Frage nach einer drohenden Immobilien-Blase.*

Blickpunkt: Die Messe findet heuer zum 43. Mal statt. Was hat sich über die Jahre verändert?André Biland: das Modernisieren stellte schon immer ei-nen wichtigen Teil der Messe dar – doch die Energieeffizienz stand früher nicht annähernd so stark im Fokus. darüber hinaus haben die Küche und das Bad deutlich an Stellenwert zugelegt. Auch die Technik des intelligenten Wohnens kam erst in den letzten Jahren hinzu. insgesamt ist Bauen heute deutlich komplexer als früher, gerade deswegen braucht es die Messe heute mehr denn je. Bauherren haben heute mehr Möglichkeiten, aber damit auch schwierigere Entscheidun-gen zu treffen. dieser informationsbedarf wird sich in den nächsten Jahren nicht ändern, auch wenn man heute vieles im internet finden kann. Bei so langfristigen investitionen wie dem Hausbau sind persönliche Gespräche mit Herstel-lern durch nichts zu ersetzen. Auch wir werden die neuen Medien in Zukunft intensiver nutzen, zum Beispiel durch ei-nen virtuellen rundgang, den wir vorhaben zu konzipieren, oder durch eine App für Smartphones, die die Messe- und Terminplanung einfacher macht. Welches Zielpublikum sprechen Sie an?Biland: das wird perfekt durch unseren Slogan zusammen-gefasst: Wo man schaut, bevor man baut. die Messe ist für Architekten und für angehende Hausbesitzer gedacht – so-wie für all jene, die es bereits sind und die grössere oder klei-nere renovationen planen. Sie führen das Unternehmen seit 1993 gemeinsam mit Ih-rem Bruder in dritter Generation. Was ist das Geheimnis

Eigene vier Wände: der Bau-Boom hält ungebrochen an.

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52 BliCKpUnKT · 5 / 2012 BliCKpUnKT · 5 / 2012 53

des Erfolgs für ein solches Familien-unternehmen?Biland: Mein Bruder und ich fällen alle wich-tigen Entscheide gemeinsam. Seit wir übernommen haben, werden Arbeit, Ertrag und beispielswei-se auch Urlaub immer gerecht geteilt – niemand darf das Gefühl

haben, schlechter wegzukommen. Unser Vater hat uns nie zu etwas gedrängt, aber wir haben als Kinder gespürt, dass es ein privileg ist, ein Unternehmen zu führen. dass es viel Arbeit bedeutet, aber auch mehr Freiheit.

insgesamt denke ich, dass der längere Zeithorizont in Fa-milienunternehmen eine entscheidende rolle spielt. das ist manchmal nicht sehr sexy, weil man nicht dauernd alles um-krempelt. Wir gehen den Weg der kleinen Schritte. Für einen Manager sieht es oft ganz anders aus – er wird ja auch dafür bezahlt, dass er dinge verändert und dass man schnelle Er-gebnisse sieht. Wir wollen nicht kurzfristig den Gewinn stei-gern, sondern das langfristige Bestehen sichern. Wo sehen Sie für Hausbesitzer – oder solche, die es werden möchten – die grössten Herausforderungen?Biland: Energie halte ich für ein ein zentrales Thema. Wer heu-te neu baut, muss sicher mindestens den Minergie-Standard einhalten. Mindestens. Auch wenn die zugehörige lüftung noch nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, ist sie aus meiner Sicht für Bauherren unumgänglich. die meiste Energie geht im Haus ver-loren, wenn man die Fenster zum lüften öffnet. das können wir uns heute nicht mehr leisten. Hinzu kommt, dass die lüftung für deutlich mehr Komfort im Haus sorgt, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.Beim Umbau ist in diesem Zusammenhang die Gebäudehülle der wichtigste Ansatzpunkt – man muss dafür sorgen, dass man über sie keine oder so wenig Energie wie möglich verliert. das bedeu-tet, dass dach und Hülle eine entsprechende dämmung erhalten. Anschliessend ist die Heizung fällig, es empfiehlt sich der Einbau einer Wärmepumpe. Für die Warmwasseraufbereitung bieten sich Sonnenkollektoren auf dem dach an. dank dem heutigen Stand der Technik ist dies zu einem einfachen Unterfangen geworden. Wir sprechen in der Schweiz häufig davon, dass der Wohnraum aufgrund der wachsenden Bevölkerung enger wird. Werden Häu-ser und Wohnung in Zukunft kleiner geplant werden müssen?Biland: das glaube ich eher nicht. insgesamt gibt es in der Schweiz genügend Bauland, in den Ballungszentren ist dieses einfach sehr teuer, weil knapp. Wenn kein anderslautendes

Gesetz kommt, wird sich nichts daran ändern: Wer es sich leisten kann, baut gross. doch genau des-wegen wird sich die Situation von alleine korrigieren: Sobald die Zinsen wieder ansteigen, wird das Bauen wieder teurer und man wird anders planen müssen als heute. Auf der anderen Seite macht immer wieder der Begriff «Immobilien-Blase» die Runde. Sehen Sie hier eine Gefahr?Biland: Ein Zeichen mag sein: der Umsatz der Bauen und Modernisieren hat sich in den letzten knapp 20 Jahren etwa verdreifacht. ich habe das Gefühl, dass wir eine gewisse Über-hitzung sehen – eine entsprechende Abkühlung würde gut tun. Ansonsten könnte es zu einem massiven Cut kommen, der die gesamte Baubranche treffen würde. doch als akute Gefahr betrachte ich das im Moment nicht. Herr Biland, herzlichen Dank für dieses spannende Gespräch!

*Aufgezeichnet durch Tobias Wessels

VeranstaltungshinweisBauen & ModernisierenMesse Zürich30. August bis 2. September 2012Täglich geöffnet 10-18 Uhrwww.bauen-modernisieren.ch

Bauen & ModernisierenDie bereits 43. Ausgabe der grössten jährlichen Schweizer Baumesse findet vom 30. August bis 2. September in der Messe Zürich statt. Bestimmt werden die Geschicke der Veranstaltung von Beginn an durch die Familien Biland und Schaffner. Ein Blick in die Geschichte.1956 entscheidet sich Otto Kölliker-Schaffner, der zwei-te Ehemann der Grossmutter des heutigen Messelei-ters André Biland, sein Geld mit dem Veranstalten von Messen zu verdienen. Er stellt in Spreitenbach auf dem «Zürich-Tor»-Gelände die entsprechende Infrastruktur ein, die vorerst nur an andere Veranstalter vermietet wird. Als ein Gastveranstalter wirtschaftlich scheitert, muss dieses Unternehmen Konkurs anmelden. Für Hans Biland-Schaffner, der mittlerweile die Geschäfte führt, ist klar: Der Verlust eines der wichtigsten Mieter bedroht auch sein Unternehmen unmittelbar. Die Familien Biland und Schaffner beschliessen aus der Not heraus, selbst Messen durchzuführen. Es fehlt einzig das nötige Start-kapital, weshalb der Entscheid gefällt wird, das Gelände in Spreitenbach zu verkaufen. Damit ist ganz nebenbei der Grundstein für eine weitere Erfolgsgeschichte in der Schweiz gelegt: Das Gelände geht an Ingvar Kamprad, der hier die erste IKEA-Filiale des Landes errichten lässt. Unvergessen bleibt der Moment, als Kamprad im schwar-zen Rollkragenpullover unangemeldet nach Spreitenbach kommt und sich mit den Worten vorstellt: «Ich glaube, ich habe dieses Gelände gekauft.»

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nUtZFahrZeUge

Der neue, kleine Blitz

Zwei Radständeobwohl nur zwei radstände und Aussenlängen des Combo angeboten werden (länge 439 oder 474 cm), ist die Modellvielfalt ungemein gross. denn neben den zwei längen ste-hen auch zwei Höhen sowie unter-schiedliche Zugänge zum laderaum (Schwenktüren oder Heckklappe, zweite Schiebetür an der Seite) im programm. das ergibt dann einen laderaum von bis zu 4,6 m3 oder maximal sieben Sitzplätze. Und: nicht weniger als sechs Motoren machen dem Kunden die Wahl nicht leicht. Vier diesel mit 90 bis 135 pS, ein Benziner (1,4 l 95 pS) und

ohne Kooperationen ist im Bereich der leichten nutzfahrzeuge kein Geld mehr zu verdienen. nur wenn man entsprechende Volumina produzieren kann, rechnet sich die Entwicklung eines neuen Modells. neben Merce-des und renault kooperieren auch fast alle anderen Hersteller in irgendeiner Form miteinander. So auch opel und Fiat. das resultat dieser Ehe heisst aus opel-Sicht Combo und Combo Van. denn wie der Fiat doblo ist auch der opel als reines nutzfahrzeug und in ei-ner pw-Variante lieferbar. der bisheri-ge Zusatz «Tour» für die Versionen zur «zivilen» nutzung entfällt – zumindest in der Schweiz.

eine Erdgasvariante (CnG) mit 120 pS werden angeboten. Alle Motoren stammen von Fiat und sind zigtau-sendfach bewährt. natürlich lässt sich zu den meisten Versionen die Ecoflex-Ausstattung (Stopp-Start-Automatik und weitere Verbrauch reduzierende Features) buchen. das resultat: der Basis-Combo-Van mit 1300er-dieselmotor (90 pS) soll im Schnitt mit 4,8 l pro 100 km aus-kommen. Und noch etwas schont die Geldbörse: dank eines Serviceinter-valls von 35 000 km bei den diesel-motoren ist der Combo seltener Gast in den Werkstätten, die Benziner müssen alle 30 000 km zum Service.

der Combo ist ein agiles Auto. Wie in dieser Klasse üblich, verbessert sich der Fahrkomfort mit steigender Beladung.

opel ist im Bereich der kleinsten nutzfahrzeuge eine Kooperation mit Fiat eingegangen. der opel combo basiert auf dem Fiat doblo – was ihm nicht zum nachteil gereicht.

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Gute Übersichtpositiv aufgefallen sind bei den ersten Testfahrten mit dem opel die grossen Fensterflächen insbesondere in den vorderen Türen. dadurch verfügt der Combo über eine sehr gute Übersicht-lichkeit, was vor allem im Stadtverkehr als entspannend empfunden wird. Gut gelungen sind auch die Geräuschdäm-mung des Antriebs sowie die polste-rung der vorderen Sitze. Allerdings empfanden wir die Sitze im Fond der pw-Varianten als etwas hart – dafür ist die oberschenkelauflage ausrei-

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chend lang und der Zustieg dank der Schiebetüre einfach. natürlich ist der Combo mit der grössten Motorisie-rung (Zweiliterdiesel mit 135 pS und 320 nm) jeglicher Topografie auch bei voller Zuladung gewachsen. Aber auch der 1,6-l-Selbstzünder mit 105 pS und 290 nm drehmoment ist kein Kind von Traurigkeit. Zusammen mit den leicht bedienbaren manuellen Ge-trieben – je nach Motorisierung mit fünf oder sechs Gängen – lässt sich der Combo leichtfüssig bewegen. na-türlich sind die Varianten zum per-

sonentransport etwas besser ausge-stattet als die nutzfahrzeugmodelle. das schlägt sich auch im preis nieder. Während der Combo-Van in seiner Einstiegsversion mit kurzem rad-stand ab 15 300 Franken zu haben ist muss man für den familientauglichen opel mindestens 22 750 Franken auf den Tisch legen. Trotzdem sind die kleinen lastesel – die wie der dob-lo von Fiat in der Türkei im Werk in Bursa produziert werden – ein sehr interessantes Angebot auch für junge Familien. Markus Chalilow

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Kompakt, wendig und trotzdem 4×4

den 4×4-laster zu erklimmen. denn mit einer Bodenfreiheit von bis zu 32 cm schwebt das Führerhaus schon sehr weit über dem Boden. im Front- lenker-Führerhaus sind die platzver-hältnisse zwar nicht generös, aber es reicht völlig. dafür profitiert man von der mit 202 cm relativ geringen Brei-te des Fahrzeugs. im normalbetrieb fährt der Canter mit Hinterradantrieb. Elektrisch lässt sich dann der Vor-derradantrieb zuschalten – und den-noch muss sich der Fahrer die Finger schmutzig machen. denn leider ver-baut Fuso keine automatischen Frei-laufnaben, sondern solche, die man von Hand umstellen muss. Und das ist angesichts der ansonsten recht hoch-wertigen Technik doch sehr verwun-derlich. Serienmässig mit an Bord ist

in der Schweiz sind die Fuso-Model-le vor allem in der 3,5-t-Klasse ver-breitet. aber die Japaner unter den Fittichen von daimler haben auch etwas schwerere Kaliber im ange-bot. den canter zum Beispiel mit einem gesamtgewicht von bis zu 6,5 t. Und im gegensatz zu einigen Konkurrenten setzt man bei Fuso nicht auf die Karte grösser, schwe-rer und stärker. Sondern man will mit den kompakten abmessungen, pw-ähnlicher Bedienung und all-radantrieb punkten.

Zu bedienen ist der Fuso tatsächlich wie ein leichtes nutzfahrzeug vom Schlage eines Mercedes Sprinter oder VW Crafter. nur dass man ein paar Stufen weiter hinaufsteigen muss, um

zudem eine mechanische Hinterachs-Sperre. damit meistert der Japaner auch heikle offroadpassagen. der leer gut 3 t wiegende Canter 4x4 verfügt über einen 175 pS leistenden Vierzy-linder-Turbodiesel mit 3 l Hubraum sowie eine Abgasnachbehandlung mit-tels partikelfilter und SCr. Wie bei den leichteren Canter-Modellen ist auch beim 4×4 eine Abgasbremse mit einer leistung von maximal 50 kW (gesteuert vom Scheibenwischerhebel aus) mit an Bord.derzeit steht der Fuso Canter 4x4 mit zwei radständen im lieferpro-gramm. die kurze Version verfügt über einen Achsabstand von 341 cm, bei der langversion liegen die Ach-sen 386 cm auseinander. die Kraft-übertragung erfolgt mittels eines

derzeit steht der Fuso Canter 4x4mit zwei radständen im lieferprogramm.

Fuso bringt nun den «schweren» canter, optisch wie technisch überarbeitet, auch mit allradantrieb auf den Markt.

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lässt. leider ist das moderne dop-pelkupplungsgetriebe «duonic» für dieses Fahrzeug (noch) nicht er-

manuellen Fünfganggetriebes, wel-ches sich nach bester Fuso-Manier nur mit viel Kraftaufwand bedienen

hältlich. Entsprechend der grossen Bodenfreiheit können sich auch die Böschungswinkel sehen lassen. Mit beiden radständen werden vorne 35° und hinten 25° erreicht. nach wie vor etwas trist im Vergleich zur Konkurrenz geht es im innen-raum zu. Viel Hartplastik, kurze Sitzauflagen und nur ein knapper längsverstellbereich der Sitze sind die negativpunkte des Canter. na-türlich machen sich diese punkte bei der Version mit der geräumigen doppelkabine etwas weniger stark bemerkbar. Aber die Frontlenker-Bauweise hat auch grosse Vorteile wie zum Beispiel die gute Übersicht. Und man hat dem 4x4-Modell rich-tig grosse rückspiegel spendiert, was den Arbeitsalltag mächtig er-leichtert. in der Summe überzeugt der Fuso mit Allrad durch pfiffige detaillösungen, gute Geländeeigen-schaften und seine massive Bauwei-se. Markus Chalilow

die doppelkabine ist geräumig, aber trist. Fotos: Werk

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Die Baumesse. Wo man schaut, bevor man baut.

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Expo für Trucks ...die 7. Fachmesse für leichte und schwere nutzfahrzeuge, Auf-bauten und Zubehör findet vom 22. bis 25. november in der Messe luzern statt. Aktuelle Themen wie steigende Transport-kosten, Energieeffizienz und Ausbildung werden unter Spe-zialisten und Branchenkennern diskutiert und erörtert. Auch für die rund 100 Aussteller wird die nufa zum Schauplatz von Bedeutung. Entscheidungsträger, investoren und Berufsfahrer der Transport- und Bauwirtschaft werden sich an dieser leis-tungsschau treffen und über die neuesten produkte informieren. www.nufa-schweiz.ch.

Basiswerkdas Tempo der Weiterentwicklungen der logistik in industrie, Handel, Verkehr und Ballungsräumen ist rasant. dabei den Überblick zu behalten und neue Trends kennenzulernen, ist Ziel der umfassenden Gesamtdarstellung «Grundlagen der logistik». das Fachbuch hat sich mittlerweile als Standardwerk in der logistikbranche etabliert. Es bietet eine qualifizierte Übersicht, Einführung und Vertiefung zum gesamten Themenbereich der logistik. «Grundlagen der logis-tik», Theorie und praxis logistischer Systeme© 1993, 2012, 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, 560 Seiten, Softcover. 84 Euro. www.huss-shop.de

... und für Bussedie Calag Carrosserie langenthal AG organisiert am 16./17. november 2012 die Calag-Bus- und -Carhaltertage auf dem neuen Firmenareal in langenthal. Verschiedene Anbieter stellen zahlreiche Busse und Cars der neuesten Generation aus. Ebenfalls wird Bus.ch am 17. november 2012 ihre alljährliche Generalversammlung bei der Calag durchführen. die Bus- und Carhaltertage finden bereits zum achten Mal statt. www.calag.ch.

DME bei VolvoMit dem Bio-DME-Projekt will Volvo einschätzen, ob es ei-nen Markt für den Einsatz von Bio-DME (Dimethylether) bei Nutzfahrzeugen gibt. Nach Ablauf der Hälfte des zweijährigen Projektzeitraums zeigen die vorläufigen Ergebnisse, dass Bio-DME im täglichen gewerblichen Betrieb bereits funktioniert. Sollte Dieseltreibstoff durch Bio-DME ersetzt werden, könnten die CO2-Emissionen um satte 95 Prozent reduziert werden. Zehn Volvo-Trucks mit Bio-DME befinden sich jetzt seit letztem Herbst und somit über die erste Hälfte des Projekts in regulärem Betrieb – die Ergebnisse übertreffen die Erwartungen. Vor kurzem hat der erste der zehn Lw die 100 000-km-Marke überschritten. Ins-gesamt sind die Lw eine Strecke von 400 000 km gefahren. Der Biotreibstoff in diesem Projekt wird aus Schwarzlauge, einem Nebenprodukt der Zellstoffproduktion, in der Vergasungsanlage von Chemrec in Piteå (S) gewonnen. Das Produktionssystem funktioniert reibungslos, und die Möglichkeit, den Treibstoff in grossem Massstab zu liefern, hängt zu einem erheblichen Teil von den Anreizen ab, die für erneuerbare Treibstoffe geschaffen werden.

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fice zu fördern. Vor ort wurde das open office Konzept um-gesetzt, mit verschiedenen Zonen inklusive Akustik-design, welches hervorragend funktioniert.Weil die gesamte Bürofläche so stark verkleinert wurde, rech-net sich das Konzept innerhalb kürzester Zeit. Jetzt befindet sich das System seit drei Jahren im Einsatz, in dieser Zeit gab es 53 Arbeitgeber-Awards und die personalchefin würde zwei-mal zur belgischen personalchefin des Jahres gewählt. Auf der belgischen Attraktivitätsliste für Verwaltungsarbeitgeber sind sie die unangefochtene nummer 1.Früher hat man gesagt, offene Strukturen und mobiles Arbei-ten sei etwas für Unternehmen wie Microsoft oder Cisco, die das ja schon per definition leben müssen. doch wenn sogar ein Ministerium das kann, gibt es eigentlich für niemanden mehr eine Ausrede. Uns geht es heute in erster Linie nicht um das offene Büro, sondern darum, dass man gar nicht mehr im Büro anwe-send sein muss ...Mölleney: ... was ja deren Hauptkonzept ist. Büros umgestal-ten ist nur ein Teil, der andere ist die Autonomie der Arbeit-nehmer. Unter anderem wurde ein Schritt gewagt, der bei uns für die meisten kaum denkbar wäre: die Arbeitszeiterfassung wurde komplett abgeschafft. Gesteuert wird nur über Zielver-einbarungen. Muss man sich zwingend von der Idee der mitgestoppten Arbeitszeit lösen, wenn man Home Office ermöglichen möchte?Mölleney: Von diesem Konzept muss man sich sowieso lösen. Es stammt aus der industrialisierung, damals machte es auch Sinn. Jemand, der acht Stunden am Fliessband steht, produ-ziert am Ende mehr als jemand, der dort nur sechs Stunden arbeitet. Heute geht diese rechnung nicht mehr auf: Wer acht Stunden nachdenkt, erreicht nicht zwingend mehr als jemand,

Herr Büchi, in Ihrem Unternehmen wird völlig auf ein her-kömmliches Büro verzichtet, Sie arbeiten beim Kunden oder im Home Office. Herr Mölleney, wie sieht das bei Ih-nen aus?Matthias Mölleney: ich arbeite in den unterschiedlichsten Si-tuationen. ich habe zwar ein Büro, doch dort verbringe ich vielleicht 20 prozent meiner Arbeitszeit. Ansonsten habe ich mein Büro immer bei mir. Abgesehen von meinem eigenen Unternehmen bin ich unter anderem auch als Center-leiter bei der HWZ tätig, auch dort habe ich keinen fest eingerichte-ten Arbeitsplatz. dank WlAn kann ich in der HWZ arbeiten, wo ich möchte. Wenn dort jemand einen Termin mit mir ver-einbaren will, verabrede ich mich meistens in der Cafeteria. Das sind nicht Ihre einzigen Engagements. Unter anderem sind Sie auch für das future work forum tätig, eine Denkfa-brik, die sich mit der Frage befasst, wie wir künftig arbeiten werden. Wohin führt der Weg?Mölleney: Eine der interessantesten Begegnungen mit dem fu-ture work forum fand mit dem belgischen Ministerium für so-ziale Sicherheit statt. dort wollte man uns demonstrieren, wie man sich die Arbeitswelt der Zukunft vorstellt. Ausgerechnet in einem Ministerium – das ging uns damals wohl allen durch den Kopf. Tatsächlich hatte sich der leiter das Ziel gesetzt, auf der liste der attraktivsten Arbeitgeber in der Verwaltung nicht mehr die Fusszeile zu bilden, wie es bei seinem Stellenantritt der Fall gewesen war. da sich an produkt und Kunden nichts ändern liess, wurde die gesamte Arbeitswelt neu gestaltet. das Ergebnis: Jeder der rund 800 Mitarbeitenden kann heute für sich selbst entscheiden, wann und wo er arbeitet. die Teams bestimmen, wann Meetings stattfinden, die für alle Mitglieder verbindlich sind, oder wann Büropräsenz nötig ist, etwa weil sich Bürger Beratung holen möchten. Als Konsequenz werden für drei Mitarbeitende nur noch zwei Arbeitsplätze benötigt, jeder wurde mit einem laptop ausgestattet, um das Home of-

iM geSpräch

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Das Arbeiten im Home Office befindet sich auf dem Weg vom ewigen Zukunftstrend zur Realität. Ein Gespräch über Visionen, Misserfolge und

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Flexibles Denken: diskussion über den Arbeitsplatz der Zukunft

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Unternehmen hat überhaupt keine festen Büros mehr. Ist dann so etwas wie Arbeitszeiterfassung auch kein Thema?Patrick Büchi: da gibt es zwei Aspekte. Wir haben einerseits als Consulting-Unternehmen Verträge mit Kunden, die uns vorschreiben, den Zeitaufwand zu dokumentieren. Bei allen anderen Tätigkeiten, die nicht dem Kundenprojekt zugerech-net werden, wie etwa Workshop-Vorbereitungen oder Wissens-beschaffung, aber auch interne Tätigkeiten für unsere eigene Firma, wird die Arbeitszeit nicht erfasst. Hier wäre Zeitmes-sung die falsche Grösse. Es geht dabei um die Erreichung der gemeinsam vereinbarten oder sich selbst gesteckten Ziele. Vermissen Sie dennoch manchmal das gemeinsame Büro und die direkte Zusammenarbeit mit Ihren Arbeitskollegen?Büchi: nein, absolut nicht. Wir brauchen natürlich diverse Mög-

der sechs Stunden nachdenkt. in der Wissensarbeit ist Zeit kein vernünftiges Messkriterium, nur haben wir aktuell kein anderes. Kaum jemand hierzulande traut sich nur auf Zielvereinbarungen zu setzen. Hinzu kommt das Gesetz: Es ist bei uns effektiv illegal, die Arbeitszeit nicht zu er-fassen. Wenn ein Arbeitgeber nicht dokumentieren kann, wann seine Mitarbeitenden kommen und gehen, könnte er eine Busse erhalten. derzeit haben wir ein Moratorium in der Schweiz, doch prinzipiell ist dies die rechtslage. das war in Belgien übrigens auch der Fall, doch das erwähnte Ministerium hat sich einfach darüber hinweggesetzt, bis das Gesetz geändert wurde. die Mitarbeiter dort können übrigens auf Wunsch ihre Arbeitszeit weiterhin erfassen lassen, das hat jedoch keinen Einfluss auf ihre Bezahlung.Herr Büchi, Sie gehen den kompromisslosen Weg: Ihr

Patrick Büchi ...... ist Managing Partner der Spectrum Consulting AG, einem Anbie-ter von SAP-Beratungsdiensten bei Versicherungen und Banken. Nach mehrjähriger Tätigkeit bei grossen Unternehmensberatungs-firmen gründete er mit zwei Partnern sein eigenes Beratungsun-ternehmen. Sein Schwerpunkt liegt in der Leitung von komplexen Projekten. www.spectrumconsulting.ch

Matthias Mölleney ...... ist gelernter Luftverkehrskaufmann. 20 Jahre war er bei Lufthansa tätig, vier bei der Swissair, je gut zwei bei Centerpulse und Unaxis. 2004 gründete er das Beratungsunternehmen peopleXpert gmbh, seit 2005 ist er Mitglied und mittlerweile Direktor des «Future Work Forum» in London, seit 2010 Leiter der Centers for Human Resources Management & Leadership an der HWZ. www.peoplexpert.ch

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donnerstag braucht man für alle Mitarbeitenden einen Ar-beitsplatz – der dann am Freitag leer steht.Mölleney: Vielleicht müsste man unter diesen Umständen am Freitag vermieten. Wir befinden uns immer noch in ei-nem lernprozess. Anfang der 80er Jahre war ich für lufthan-sa in Frankfurt tätig, damals machte ich die erste Erfahrung mit Home office. Wie viele Airlines hatten wir überdurch-schnittlich viele weibliche Beschäftigte. Es fiel auf, dass viele Frauen nach der Baybpause nicht zurückkamen. Eine Unter-suchung zeigte auf, dass für die meisten der Grund war, dass sich Kindererziehung und Vollzeitarbeit nicht kombinieren

lassen. Also wurden wir zu einem pionier-Unternehmen in Sachen Teilzeitarbeit. Heu-te klingt das beinahe lächer-lich, doch damals handelte es sich um eine enorme in-novation: die Betroffenen konnten wählen zwischen Teilzeit vormittags und Teil-zeit nachmittags. So etwas wie Jahresarbeitszeit wäre da-

mals undenkbar gewesen. der Erfolg des projekts war gleich null, die Frauen kamen nach der Baybpause trotzdem kaum zurück. die Begründung war schnell gefunden: die Anfahrt im rhein-Main-Gebiet lag damals durchschnittlich bei einer Stunde. Zwei Stunden unterwegs, um vier Stunden arbeiten zu können, das will niemand auf sich nehmen. Also führten wir Home office ein, soweit das damals möglich war. So et-was wie High Speed internet gab es nicht, wir lieferten also entsprechende pakete nach Hause, die dann zu bearbeiten wa-ren. der Erfolg war wiederum nur bescheiden. Als wir nach-fragten, bekamen wir die klare Antwort: Wenn wir als junge Mütter arbeiten wollen, dann ja gerade, um zuhause herauszu-kommen und andere Menschen zu treffen. Schliesslich legten wir auf einer grossen Karte des Gebiets fest, wo die meisten Mitarbeiterinnen zuhause waren. Als ein Cluster ergab sich beispielsweise Wiesbaden, wo wir daraufhin ein Büro anmie-teten, das zudem noch wesentlich günstiger war als am Frank-furter Flughafen. Büchi: Bei uns stellt sich die Situation anders dar: Wir sind ohnehin oft bei Kunden, also unterwegs. Wenn man mal am eigenen Schreibtisch arbeiten kann, ist man natürlich dank-bar, wenn dieser zuhause steht. Für mich ist es klar eine Win-Win-Situation. der Mitarbeiter ist besser in das Familienleben integriert und der Kunde muss nicht eine infrastruktur mit-finanzieren, die ihm keinen direkten nutzen bringt. Wichtig ist, dass wir dann beim Kunden vor ort sind, wenn er uns braucht. Wie lange wird es dauern, bis wir über dieses Thema nicht mehr sprechen, weil es selbstverständlich geworden ist?Mölleney: das dauert nicht mehr lange, es wird sich als Stan-dard etablieren, wenn auch nicht als alleiniger. Wir werden

lichkeiten, um dies zu kompensieren. So halten wir uns über Te-lefonkonferenzen auf dem laufenden. Und alle neun Mitarbeiter treffen sich immer wieder bei Anlässen ausserhalb der Geschäfts-tätigkeit, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu fördern. Wir tauschen Erfahrungen und private Themen aus – um ein Team zu sein. Sie arbeiten seit Gründung des Unternehmens auf diese Art. Für die meisten Betriebe wird es eher darum gehen, schrittweise den Weg zum flexiblen Arbeiten zu finden. Wie stark verändert dies die Firmenkultur?Mölleney: Sie verändert sich ganz sicher; die Frage ist nur, wie stark. Es gibt sehr vorsich-tige Unternehmen, die mit Fall-schirm und rettungsboot ins Kinderplanschbecken springen. dann dürften die Veränderun-gen eher klein bleiben. natürlich muss man die Menschen und den prozess begleiten. Es gibt auch auf der Seite der Mitar-beitenden verschiedene reaktionen: Von heller Begeisterung bis zu kompletter Ablehnung werden Sie auf alles stossen. im letzten Fall ist hervorragendes Hr-Management gefragt, um zum Erfolg zu finden.Büchi: die Unternehmenskultur ist für mich die Summe der einzelnen persönlichkeiten und ihrer Ansichten und Werte. Unser Unternehmen wurde von mir und zwei Freunden ge-gründet. da ergibt sich die Kultur von selbst. Als dann weitere Mitarbeiter dazukamen, mussten wir dafür sorgen, dass wir zu einer gemeinsamen Kultur finden. diese aber aktiv beein-flussen zu wollen – das halte ich für unmöglich.Mölleney: das sehe ich anders. Sie machen das unbeabsich-tigt oder unbewusst. Sie prägen die Kultur durch ihr Ver-halten, das ja nicht auf dem Zufallsprinzip basiert. Es wird bestimmt durch ihre Ziele und die Art, wie Sie sie erreichen möchten. das wiederum beeinflusst die Kultur ihres Unter-nehmens. Genau hier liegt auch die Schwierigkeit bei einer Umstellung in richtung Home office. Wenn sich als Kultur herausgebildet hat, dass derjenige die besten Chancen auf eine Beförderung hat, der viel anwesend ist, findet mit dem Home office zwingend eine Änderung der Spielregeln statt. dann liegt es an der Geschäftsleitung, klar zu kommunizieren, was in Zukunft zum Erfolg führt – welches Verhalten erwünscht und welches unerwünscht ist. Herr Büchi, Sie waren früher bei einer grossen Unterneh-mensberatung beschäftigt, kennen also den klassischen Home Office Tag am Freitag. Widerspricht eine solche Re-gelung nicht der eigentlichen Idee des flexiblen Arbeitens?Büchi: Man verpasst vor allem die Chance, die Bürofläche zu reduzieren, weil abwechselnde Mitarbeiter von zuhause arbeiten. Wenn alle Mitarbeiter am gleichen Tag von zuhau-se arbeiten, geht der Effekt völlig verloren. Von Montag bis

Mit dem Home office findet zwingend eine Änderung

der Spielregeln statt

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meiner Meinung nach zu kurz: Es liegt rein technisch be-trachtet zu nah an der klassischen Business-Video-Konfe-renz. das wirklich informelle fehlt hier.Mölleney: Es spiegelt die Erkenntnis wider: Home office ist prima, Zusammenarbeit auch aus der distanz möglich – doch es braucht eine lösung für den sozialen Kontakt. Was würden Sie einem Unternehmen mit auf den Weg geben, das neu die Möglichkeit zum Arbeiten im Home Office anbieten möchte?Büchi: Es kann nur funktionieren, wenn betroffenen per-sonen ihre Arbeit nicht nur als 8-to-5-Job sehen, bei dem sie ein paar Zahlen in den Computer tippen. nötig sind

Mitarbeiter mit Unterneh-mergeist, die bereit sind, auch ausserhalb der nor-malen Arbeitszeiten für das Unternehmen zu denken. Wenn man wirklich ermög-lichen möchte, dass jeder selbst wählt, wann und wo er arbeitet, dann müssen die Mitarbeiter auch selbst den

Ehrgeiz haben, ihre Aufgabe zu erfüllen.Mölleney: das stimmt, ich möchte einen weiteren Aspekt hinzufügen. Man muss den Mitarbeitern deutlich zu verste-hen geben, woran künftig die leistung gemessen wird, da die reine Anwesenheit dann nicht mehr das ausschlaggeben-de Kriterium sein kann. Muss die angesprochene Loslösung von der 8-to-5-Menta-lität schon vorher vorhanden sein – oder entsteht sie im Laufe der Umstellung?Büchi: ich glaube nicht, dass allzu viele Menschen an dieser Mentalität festhalten wollen. deswegen bin ich überzeugt, dass die meisten die Vorteile von flexiblen lösungen erken-nen und sich entsprechend gerne anpassen.Mölleney: ich könnte mir auch vorstellen, dass es künftig Zwi-schenlösungen geben wird, etwa dass Unternehmen mehrere kleinere Büros in den Agglomerationen anbieten, sodass nicht alle Mitarbeiter zum Hauptsitz in der City fahren müssen, son-dern das für sie nächstgelegene Büro wählen können. dort trifft man vielleicht nicht nur Kollegen aus der eigenen Firma, doch auch das kann sich durch interdisziplinären Austausch zum Vorteil entwickeln.Büchi: Man könnte auch einführen, dass das Feierabend-Bier nicht spontan vereinbart wird, sondern grundsätzlich an be-stimmten Tagen und an einem bestimmten ort stattfindet – so kann kommen, wer gerade Zeit und lust hat. Wenn je-mand tatsächlich nur noch im Home office arbeitet, droht die Gefahr einer isolation. dem muss man entgegenwirken. Meine Herren, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

*Aufgezeichnet durch Tobias Wessels

nicht morgen beginnen, im grossen Stil Bürogebäude zu sprengen und in parkanlagen umzuwandeln. doch ein Um-denken macht Sinn, die lösung liegt in der Mischung zwi-schen der Arbeit beim Kunden, den Meetings mit Kollegen und der Einzelarbeit, die überall stattfinden kann, auch zu-hause.Büchi: Am Ende geht es auch um die Wirtschaftlichkeit. Wir haben unser Modell nicht gewählt, weil wir es so aus-sergewöhnlich oder spannend finden, sondern um Kosten zu sparen. Wir wollten uns nicht enorme Fixkosten ans Bein binden durch ein office, das dann die meiste Zeit leer steht. Wir haben einfach versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Falls wir einmal unausweichlich ein Büro brau-chen, etwa für ein Vorstellungs-gespräch, mieten wir uns kurz-fristig eines. Angebote in dieser Art gibt es genügend. Jenseits der Wirtschaftlichkeit geht es auch um die Ökologie. Wer morgens nicht aus dem Haus muss, schont die Um-welt.Mölleney: Wir haben in der Schweiz keine echte Grossstadt, was aus dieser perspektive betrachtet ein wahrer Segen ist. doch in Metropolen wie london oder rio de Janeiro finden Sie jeden Morgen in völlig überfüllten Zügen und auf der Stras-se Millionen von pendlern, die extrem viel Zeit verbrauchen und die Umwelt schädigen, nur um in unterausgelastete Büros zu gelangen, die gemessen an ihrem preis rund um die Uhr belegt sein müssten. Ökologisch wie ökonomisch unsinnig. Si-cher kann man ein weiteres Gleis bauen, die Autobahn noch-mals verbreitern oder eine Monorail-Bahn errichten – doch die Möglichkeiten sind endlich. Und wo liegt der Sinn? Um dieses problem zu lösen, brauchen wir intelligente Konzepte. Für das Büro spricht der soziale Austausch. ich kann meine Kollegen sehen, man kann auch mal über die Ferien sprechen, was in einer Telefonkonferenz eher selten der Fall sein dürf-te. doch muss man deswegen jeden Tag im Büro sein – oder kann man das konzentrieren? Einen anderen Ansatz hat Cisco gewählt. An jedem Standort auf der ganzen Welt wurde ein sogenannter Virtual Coffee Table eingeführt. in diesen pau-senzonen gibt es jeweils eine Hd-Kamera und einen riesigen Flachbildschirm, sodass man aus Wallisellen mal eben mit dem Kollegen in palo Alto einen Kaffee trinken kann. Klar, bei Cisco gehört das irgendwie auch zum programm, schliesslich ist Übertragungstechnik das Kerngeschäft. doch die idee, ei-nen eigenen Kanal für ausdrücklich private Gespräche anzu-bieten, ist sicher bemerkenswert. Es handelt sich dabei um ei-nen Weg, den nachteil auszugleichen, der entsteht, wenn man nicht regelmässig gemeinsam im Büro arbeitet.Büchi: Und dieser nachteil besteht, das lässt sich nicht leug-nen. Kaffeegespräche sind enorm wichtig – gerade weil sie sich nicht nur um die Ferien drehen, sondern oft auch die Grundlagen für neue ideen sind. Was Cisco bietet, greift

iM geSpräch

diese Konzepte verlangen nach Mitarbeitern

mit Unternehmergeist

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merke ich, als ich das erste randvolle Tablett über sieben (ja, sieben) Stufen in richtung der Sammelstelle für Spülbedürftiges balancie-re. natürlich, da kommt sie, die unvermeidliche zweite Hand, die ich als Hilfestellung für die bedrohlich wankenden Weizengläser einsetzen muss. Worauf offenbar alle meine heutigen Arbeitskolle-gen nur gewartet haben – jedenfalls erheitert es sie enorm, wie ich mich richtung Ziel dilettiere. «Tisch 12 abräumen, schnell», höre ich schon von draussen, während ich noch brav das Tablett leere. Fein, jetzt spüre es auch ich: ohne jeden Hauch eines Zweifels – oder Windes – ist heute der mit Abstand heisseste Tag des Jahres. Kein Wunder, möchte jeder einen drink am Seeufer geniessen. Während sich meine Körpertemperatur immer weiter richtung hyperpyretisches Fieber bewegt, bekomme ich meine Aufgabe beständig besser in den Griff. das Muskelgedächtnis beginnt zu greifen, der Gleichgewichtssinn arbeitet ohne dauernde manuelle Eingriffe. doch offenbar gilt hier die gleiche Weisheit wie im Fuss-ball: «Wenn etwas erstmal funktioniert, ändere es so schnell wie möglich.»

Konsequent dieser Strategie folgend schickt man mich hinter die Bar. nachdem ich mich eine Weile mit komplizierten Cock-

tails abgemüht habe, darf ich endlich das Allerheiligste berühren: den Zapfhahn. Edel fliesst der Gerstensaft nach sanf-tem ruck in den Krug, frisch perlend, golden... und verblüffend schnell! Zu schnell für meinen Geschmack, das ers-te Glas präsentiert sich als ausgewogene 50-50-Mischung aus Flüssigkeit und Schaum. doch Stange für Stange läuft das Zapfen geschmeidiger, der Schaum wird immer mehr zur Krone, die mei-ne Kunstwerke abrundet. Schliesslich, als ich es perfekt im Griff habe, fällt der erlösende Satz: «das war’s, Feierabend für den Schnupper-lehrling!» Ein Hap-py End gibt es noch obendrauf. Meine Frage, für wen ich das letzte Bier gezapft habe, wird mit den schönsten Wor-ten des Tages beantwortet: «lass es dir schmecken!

Es ist 28 Grad im Schatten, die Sonne strahlt, der Himmel präsentiert sich in sattestem blau. perfekt für einen Feier-abend-drink, direkt am Zürihorn, mit Blick über den See.

Zumindest für die geschätzt 300 Menschen, die darauf warten, be-dient zu werden. Für mich bedeutet dieses Setting ausnahmsweise Stress, denn ich darf meine neuesten Sporen in der Welt der Af-ter Work Gastronomie verdienen. deren Funktionsweise habe ich schnell begriffen: Jemand knippst die Sonne an, und fünf Minuten später suchen 99 prozent aller erfolgreichen, gutaussehenden, dy-namischen Zürcher einen der viel zu wenigen Sitzplätze in einer der viel zu wenigen locations, die heisses Sommer-Feeling und kalte Getränke versprechen. Wie viel vorher tatsächlich gearbeitet wurde – sprich: ob der Begriff «After Work» überhaupt legitim ver-wendet werden darf – mag in Anbetracht der penetrant entspann-ten Gesichter dahingestellt bleiben.

Schnell wird klar: Soll das Volk der Spassbürger bei laune ge-halten werden, läuft ohne klar verteilte Aufgaben gar nichts. das Küchenpersonal bleibt unter sich, während im direkten Kontakt mit den Gästen eine strenge Hierarchie herrscht. die chefs de rang sind jeweils für eine Gruppe von Tischen zuständig. Unter-stützt werden sie von den runnern, die vor allem Getränke bringen und Tische abräumen. Zuletzt stehen hinter der Bar noch zwei Spezialisten, die Bier zapfen, Cocktails mischen oder ein gepflegtes «Mineral mit» einschenken. Mein ers-ter Job? Hilfs-runner, müsste man wohl sagen, darf ich doch immerhin Tische abräumen und wischen, sobald die Gäs-te verschwunden sind. Volle Gläser will man mir offenbar nicht anvertrauen, auch wenn ich nicht müde werden zu betonen, dass ich während des Studiums in einem Biergarten gejobbt habe.

Wie tief diese Erfahrung bereits in der Vergangenheit versunken ist, be-

SCHUFTEn in dEr FrEilUFT-SAUnA

Mitarbeiter des Monats: Tobias Wessels als Zapfmeister im

restaurant Fischstube am Zürihorn

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