Braucht Es Noch Krankenkassen Zusätze Maklerzentrum Schweiz AGag

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Mit der Einführung der Spitalreform hat sich per Jahresbeginn 2012 die Abrechnungsmethode für Spitalaufenthalte geändert. Die Versicherten müssen aus diesem Anlass die Zusatzdeckung zur Grundversicherung der Krankenkasse überdenken. Werner Grundlehner Die Spitalzusatzversicherung «Spital allgemein ganze Schweiz» ist bei Schweizer Versicherten beliebt. Dieser Zusatz zur obligatorischen Krankenversicherung deckt die Kosten für stationäre Behandlungen ausserhalb des Wohnkantons. Das lohnt sich vor allem dann, wenn ein ausserkantonales Spital näher liegt oder Spezialkliniken im eigenen Kanton nicht in bester Qualität zur Verfügung stehen. Freie Spitalwahl Mit Jahresbeginn 2012 hat sich anlässlich der Spitalreform jedoch die Abrechnungsmethode verändert. Die national einheitlichen Fallkostenpauschalen stellen öffentliche und private Spitäler auf dieselbe Stufe, indem die gesamte medizinische Leistung neu pauschal pro Behandlung mit einem einheitlichen Betrag abgegolten wird – unabhängig davon, wie lange der Patient im Spital liegt. So können auch Versicherte, die lediglich über eine Grundversicherung verfügen, in der ganzen Schweiz frei wählen, in welchem Spital sie sich behandeln lassen möchten, sofern dieses auf der jeweiligen kantonalen Spitalliste steht. Allerdings vergüten die Krankenkassen in der Grundversicherung nur die Kosten zum Tarif ihres Wohnkantons.

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Braucht es noch Krankenkassen-Zusätze?

Das kostet die freie Spitalwahl NZZ, Equity Donnerstag, 13. September

Mit der Fallpauschale wird jeder Leistung ein Preis zugerechnet. (Bild: Gaëtan Bally / Keystone)

Mit der Einführung der Spitalreform hat sich per Jahresbeginn 2012 die Abrechnungsmethode für Spitalaufenthalte geändert. Die Versicherten müssen aus diesem Anlass die Zusatzdeckung zur Grundversicherung der Krankenkasse überdenken.

Werner Grundlehner

Die Spitalzusatzversicherung «Spital allgemein ganze Schweiz» ist bei Schweizer

Versicherten beliebt. Dieser Zusatz zur obligatorischen Krankenversicherung deckt die

Kosten für stationäre Behandlungen ausserhalb des Wohnkantons. Das lohnt sich vor allem

dann, wenn ein ausserkantonales Spital näher liegt oder Spezialkliniken im eigenen Kanton

nicht in bester Qualität zur Verfügung stehen.

Freie Spitalwahl

Mit Jahresbeginn 2012 hat sich anlässlich der Spitalreform jedoch die Abrechnungsmethode

verändert. Die national einheitlichen Fallkostenpauschalen stellen öffentliche und private

Spitäler auf dieselbe Stufe, indem die gesamte medizinische Leistung neu pauschal pro

Behandlung mit einem einheitlichen Betrag abgegolten wird – unabhängig davon, wie lange

der Patient im Spital liegt. So können auch Versicherte, die lediglich über eine

Grundversicherung verfügen, in der ganzen Schweiz frei wählen, in welchem Spital sie sich

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behandeln lassen möchten, sofern dieses auf der jeweiligen kantonalen Spitalliste steht.

Allerdings vergüten die Krankenkassen in der Grundversicherung nur die Kosten zum Tarif

ihres Wohnkantons.

Während die Tagespauschalen von aussen nicht durchschaubar waren, rechnen

Fallpauschalen jeder Leistung einen Preis zu – bei einer Hüftoperation also beispielsweise,

OP-Saal-Belegung, Chirurg, Anästhesie, Physiotherapie, Essen usw. Dank Fallpauschalen

würden nicht mehr Spitalkosten, sondern tatsächlich erbrachte Spitalleistungen durch

Kantone und Krankenversicherer gemeinsam bezahlt, sagt Stephan M. Wirz, Mitglied der

Geschäftsleitung des Maklerzentrums Schweiz.

Hat diese Änderung der Spitalabrechnung einen Einfluss auf die Beliebtheit von

Spitalzusatzversicherungen? Krankenkassen gaben an, dass 2011 teilweise bis zu 80% der

Versicherten eine Spitalzusatzversicherung abgeschlossen hatten. Einzelne

Versicherungsmakler vermeldeten in der ersten Jahreshälfte 2012 sogar eine weiter

steigende Nachfrage nach Spitalzusatzversicherungen. Gemäss Felix Schneuwly vom

Vergleichsdienst Comparis.ch kosten diese Zusatzversicherungen «Spital allgemein ganze

Schweiz» momentan zirka 3 bis 17 Franken im Monat.

Kurzfristig sollte sich für die Versicherten wenig ändern, die Systemänderung betreffe in

erster Linie die Spitäler, sagt Anne Durrer vom Krankenkassenverband Santésuisse. Durch

die Fallkostenpauschale entsteht ein Preisdruck auf die Spitäler, denn die Kosten werden von

den Krankenkassen nur noch zu maximal 45% vergütet. Der Konkurrenzkampf werde fairer,

sagt Schneuwly, weil das Kosten-Berechnungs- und Preisbildungssystem in der ganzen

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Schweiz das gleiche sei. Wettbewerbsverzerrend sei jedoch, dass für die Preisverhandlungen

zwar Kosten-, aber keine Qualitätsdaten herangezogen würden.

(Infografik)

Langfristig sollten deshalb die Prämien der Zusatzversicherung sinken. Die Schweizerische

Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren forderte im Hinblick auf die Spitalreform

eine drastische Verbilligung dieser Zusatzversicherung. Die meisten Krankenkassen haben

noch nicht reagiert, weil zuerst neue Modellrechnungen vorgenommen werden müssten.

Entscheiden, ob die Prämien angemessen sind, muss zu guter Letzt aber die

Finanzmarktaufsicht (Finma).

Die Kunden verständen die gesetzlichen Änderungen in Bezug auf die neue

Spitalfinanzierung und die Einführung der Fallpauschalen nicht, sagt Stephan M. Wirz. Es sei

für den Kunden weiter nahezu unmöglich, zu beurteilen, ob eine ausserkantonale

Behandlung nun übernommen wird oder nicht. Die Mehrheit der Maklerzentrum-Kunden

habe deshalb diese Zusatzdeckung weiterhin versichert.

Längerfristig dürfte der Zusatz «Spital allgemein ganze Schweiz» an Bedeutung verlieren und

auch günstiger werden. Gerade ältere Versicherte müssen sich jedoch bewusst sein, dass es

sich bei der Police nicht um die Grundversicherung handelt. Die Krankenkassen verlangen

für die Aufnahme eine Gesundheitsprüfung. Sollte sich also ein erneuter Abschluss

aufdrängen – beispielsweise wegen eines Umzugs in einen anderen Kanton –, dann kann je

nach Gesundheitszustand eine Aufnahmeverweigerung oder ein Ausschluss bei bestimmten

Diagnosen drohen.

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Mehr Hotelkomfort

Weiterhin sinnvoll kann die Zusatzversicherung «Spital halbprivat und privat» sein. Sie

ermöglicht dem Patienten mehr Hotelkomfort (Einzelzimmer, Menuauswahl), die freie

Arztwahl im Spital sowie kürzere Wartezeiten bei nicht dringenden Eingriffen. Eine derartige

Versicherung brauchen nach Ansicht von Felix Schneuwly beispielsweise Patienten mit

einem Herzleiden, die sich aber nur dem Starchirurgen Thierry Carrel anvertrauen wollen.

Ob Thierry Carrel besser operiere als seine Kollegen im Inselspital oder in anderen Spitälern,

sei bis jetzt aus keiner publizierten Statistik ersichtlich, fügt Schneuwly an.

Die gesetzlich verankerte freie Spitalwahl ist ein gutes Verkaufsargument für die Kassen, die

günstigen Zusatzversicherungen anzupreisen. Aber nur 10% der Versicherten beanspruchen

jährlich eine stationäre Behandlung. Davon sind nur wenig nicht medizinisch indizierte,

ausserkantonale Behandlungen, davon wiederum nur ein Teil mit einem höheren

Fallpauschalpreis im ausserkantonalen Spital als im Wohnkanton. Diese

Zusatzversicherungen sind also ein gutes Geschäft für die Versicherer, wenn bis zu 80% der

Versicherten Prämien bezahlen und nur ein kleiner Teil davon Leistungen beansprucht.

Günstiger als halbprivat

Comparis weist darauf hin, dass der Zusatz «Allgemeine Abteilung Schweiz» wichtig bleibe

für Versicherte in Gebieten, in denen das nächste Spital ausserkantonal liegt und teurer ist

als die innerkantonalen. Auch das Maklerzentrum Schweiz rät, die Zusatzversicherung

beizubehalten, denn ohne sie bestehe die Gefahr, dass ein ausserkantonaler Aufenthalt im

gewünschten Spital aus Kostengründen nicht möglich sei. Bei einem bevorstehenden

Spitalaufenthalt oder bei gesundheitlichen Problemen kann diese Versicherungsdeckung

nicht mehr eingeschlossen werden. Diese Deckung sei im Vergleich zu einer halbprivaten

oder privaten Versicherungsdeckung wesentlich günstiger, lasse dem Versicherten aber

gegen einen Aufpreis alle Möglichkeiten offen.

Kündigungswillige müssen zudem in Betracht ziehen, dass es keine «schnellen

Kündigungen» gibt. Falls die Versicherungsprämie auf Ende 2012 erhöht wird, gilt eine

einmonatige Kündigungsfrist per Ende Jahr. Sonst haben die Krankenversicherer eine

ordentliche Kündigungsfrist von drei bis sechs Monaten. Bei den grossen Kassen kann man

einen Zusatzversicherungs-Vertrag nur per 31. Dezember auflösen.