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[iQ-3*. XXXXXX X X X. TM X X X

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[iQ-3*.

XXXXXXXXX.

TMXXX

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F

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', *xF

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..._

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x.

Q.

eDanton'eä Tod.

..__

Dramatifche Bilder

aus

Frankreichs SGreckenshcrrfchaft

von

Wem-g PüGner.

Frank-("next am Main.

Druck und Verlag von I. D. Sauerländer.

183ä &

SN' (/Z).

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*K

ZLZLLO'LL-LLCZ

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Perfonen..

Georg Damon

Legende-e

,Camille Desmoulinsz

HäraulteScfchelleN

Lacroix, > Deputirte-..

Philipp-eau

Fahre d'Eglantine,

Mercier,

Thomas Payne„

. Robespierm.

St. Iuik,

Wax-texte,

Collot d'Herboisz,

Villand Varennes

Chaumedte- Procukator des Gemeinderaths.

Oillom ein General.

Fouquier Tjnville- öffentlicher Ankläger.

j*:

x Mitgliedek des Wohlfahrts

Ausfchuffos..

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Herrmann- Dumas- Präfidenten der Revolutions

Tribunals.

Pariß ein Freund Danton's.

Simon, Soufleur. .

Ba Flatte.

Juliet Danton's Gattin.

Lucile- Gattin des Camifle Desmoultns.

Rofalie

A d e l n 'td ex Grifetten.

Marionx '

Männer und Weiber aus dem Volke Grifettem Depu

tirte- Henker u. f. w.

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x4)*

Erfler*Aen*'

F 1'

Herault S6chelles,* einige Damen-Kam Spieltifch),

Dantonr Julie, feine Gattin- (etwas weiter

weg„ Danton auf einem Schemel zu den Füßen

Iuliens). '

Danton.

Sieh die hübfche Denne- wie artig fie die Kar

ten dreht! Ia wahrhaftig- fie verfteht'sz . man

fagt- fie hafte ihrem Manne immer das Coeur und

andern Leuten das Carreau hin. Ihr könntet Einen

noch in die Lüge aerliebt machen.

Julie.

Glaubfi du an mich?

Danton.

Was weiß ich! Wir wiffen wenig von einander.

Wir find Dickhäutec- wir |re>en die Hände nach

einander aus; aber es ifi' vergebliche Mühe- wir

reiben nur das grobe Leder aneinander cih-*wir

find fehc einfam. '

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.. 6 _.

Julie.

Du kennfi mich, Damon.

Danton.

Jah was man fo kennen heißt. Du haft dunkie

Augen und loekiges Haar und einen" feinen Teint,

und fagfi immer zu mies lieber Georg! Aber

(er deutet ihr auf Stirn und Augen) dar da, was

liegt hinter dem? Geh', wir haben grobe Sinne. -

.Einander kkennen'? Wir müßten' uns die Schädel

deeken aufbrechen und die Gedanken einander aus

den Hirnfafern zerren. -

Eine Dame (zu He'rault).

Was haben Sie nur mit Ihren Fingern vor?

Harault.

Nichts.

Dame

Schlagen Sie den Daumen nicht [o ein- es' ifi

nicht zum Anfehen.

Harault.

Seh'n Sie nurf das Ding hat eine ganz eigne

Phhfiognomie. - '

Danton.

,Nein- *Julie-*ieh liebe *dich wie das_Grab,

Julie (fich abwendend). '

Oh!

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_7....

Danton,

'Die Leute fagen- im Grab fei Ruhe- und Grab

und Ruhe [eien eins. Wenn das ifi- lieg' ich in dei

nem Sehooß fehon unter der Erde. Du füßes

*Gmbh deine Lippen find Todtengloclen, deine Stimme

*ifi mein Grabgeläute- deine Brufi mein Grabhiigel

*und dein Herz mein Sarg. -

Dame

Verloren!

Harault.

Das war ein oerliebtes Abentheuer, es kofiet

*-Geld- wie alle andern.

Dame

Dann haben Sie Ihre Liebeserklärungen- wie

ein Tanbfiummer- mit den Fingern gemacht.

Hera-uit.

1 Ei, warum nicht? Man will fogar behaupten7

gerade die wiirden am leichtefien oerfianden. Ich

zettelte eine Liebfehaft mit einer Kartenkönigin anF

meine Finger waren in Spinnen verwandelte Prin

zen. Sie. Madame, waren die Feez aber es ging

fchleeht7 die Dame lag immer in den Wochen, je

den Augenblick erwifchte fie einen Buben. Ich würde

meine Tochter dergleichen nicht fpielen lafi'en- die

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Herren und Damen fallen fo feltfam durcheinander

nnd die Buben kommen gleich hinten nach.

(Eammille Desinoulins und Philippeau

treten ein.)

Höre-uit.

Philippeau, welche trübe Augen! Haft du dir

ein Loch in die rothe Mühe gerifi'en? Hat der

heilige Jakob ein böfes Gefecht gemacht? Hat es

während des Guillotinirens geregnet? Oder hafi

du einen fchlechten Platz dabei bekommen und nichts

fehen können?

Camille.

Du parodirfi den Sokrates. Weißt du auch

was der Göttliche den Alcibiades fragtex als er ihn

eines Tages finfier und niedergefchlagen fand? Haft

du deinen Schild auf dem Schlachtfeld verloren,

bifidu im Wettlauf oder im Schwertkampf befiegt

worden? Hat ein Andree befi'er gefungen oder-bef

fer die Cither gefchlagen? Welche klaffifchen Re

publikaner! Nimm einmal unfere Guillotinenro

mantif dagegen!

. > n. Philippeau,

Heute find wieder "zwanzig Opfer gefallen. Wir

waren im Irrthum, man hat die Hebertifien nur

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auf's -Schaffot gefchicktr wei( fie nicht fyfiemanfch

genug verfuhrenf vielleicht auch weil die Decemvirn

fich verloren glaubten , wenn es nur eine Woche

Männer gegeben hätte , die man mehr fiirchtete

als fie.

Hsrault.

Sie möchtens uns zu Antediluvianern machen.

St. Iufi fäh' es nicht ungernf wenn wir wieder

auf allen Vieren kröchenf damit uns der Advol'at

von Arras nach der Mechanik des Genfer uhr

mamers Fallhütchen 7 Schulbänke und einen Herr

gott erfände.

Philippeau.

Sie wiirden fich nicht fcheuen„ zu dem Behuf

an Marat's Rechnung noch einige Nullen zu hän

gen. Wie lange follen wir noch fchmulzig und blu

tig fein wie neugeborne Kinder f die Guillotine zur

Wiege haben und mit Köpfen fpielen? Wir müf

fen vorwärts: Der Gnadenausfchuß muß durchge

felzt, die ausgefioßenen Oeputirten müffen wieder

aufgenommen werden.

Herault.

- * Die Revolution tft in das Stadium der Reor

ganifation gelangt. -- Die Revolution muß auf

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_10...

hören und die Republik muß anfangen. -- In un

fern Staatsgrundfäßen muß *das Recht an die Stelle

der Pflicht- das Wohlbefinden an die der Tugend

und die Nothwehr an die der Strafe treten. Jeder muß

fich geltend *machen und 'feinen Naturtrieb durchfeßen

können. Er mag vernünftig oder unvernünftig7 ge

bildet oder ungebildey gut oder böfe feinf das geht

den Staat nichts an. Wir Alle find Nat-rear und

Keiner hat das Rechtp einem Anderer feine eigen

thümliche Narrheit auf-zudringen und ihm ein Ge

feh daraus zu machen. _Jeder *muß in feiner Art

genießen k5nnen- jedoch for daß Keiner auf Unkoflen

eines Anbei-n genießen oder ihn in feinem eigen

.thiimlichen Genuß ,|ören darf.

Camille.

Die Staatsform muß ein durchfichtiges Gewand

feinf das fich dicht an den Leib des Volkes fchmiegt.

Jedes Schwellen der Adern- jedes Spannen der

Musfelm jedes Zucken der Sehnen muß fich darin

ausdrucken. Die Gefialt mag nnn fchön oder heiß

lich fein- fie hat einmal das Recht- zu fein wie fie

ifih wir find nicht berechtigt. ihr ein Röcklein nach

Belieben zuzufchneiden. - Wir werden den Leuten,

welche über die nackten Schultern der allerliebfien

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_. “11 ...

Sünderin Frankreich den Nonnenfchleier werfen wol

len.- auf die Finger fchlagen. - Wir 'wollen nackte

Götter. Vachantin'nen, o'lhmpifche Spiele. und me

lodtfche Lippenz aeh- die gliederlöfende, böfe Liebe!

"Wir" wollen den Römern nicht vermehren h fich in

die Ecke' zu felgen und Rüben zu kochen r aber fie

"ollen uns' keine Gladiatorfpiele mehr geben wollen.

-- Der göttliche Epicur und Venus müffen ftatt

der Heiligenp Murat und Chalier die Thürfieher

'der Republik werden. - Damon', du wirft den *Angriff im Convent machen. i

Oanton.

Ich werde, du wirft, er wird. Wenn wir bis

dahin. noch leben, fagen die alten Weiber. Nach

einer Stunde werden fechzig Minuten verflofi'en fein;

'Nicht wahr- mein Junge?

Camikle„

Was foll das hier?.dasverfteht fich von felbfi.

* ' .. Dan-ton.

O, es verfieht fich Lille' von felbfi. Wer foll

denn aber alle die .fchöneu Dinge in's Werk felgen?

Philip p e au.

Wir und die ehrlichen Leute.

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.. 12 ._

Oanton.

Das „und“ dazwifchen ifi ein langes Wort,

es hält uns ein wenig weit auseinander. die Strecke

ift lang. die Ehrlichkeit verliert den Athem, ehgwir

zufammen kommen. lind wenn auch! -* den* ehr

lichen Leuten kann man Geld leihenf man kann

bei ihnen Gevatter fiehn und feine Töchter an fie

verheirathenf aber das tft Alles!

Camille.

Wenn du das weißt. warum hafi du den Kampf

begonnen ?

D a nt o n.

Die Leute waren mir zuwider. Ich konnte der

gleichen gefpreizte Katone nie anfehn, ohne ihnen

einen Tritt zu geben. Mein Naturell ifi einmal fo.

(Er erhebt fich.)

Julie. . *

Du gehfi?

Danton (zu Julie).

Ich muß fort, fie reiben mich mit ihrer Politik

noch auf. -- (Im Hinausgehn) Zwifchen Thür und

Angel will ich euch prophezeien: die Statue der

Freiheit ifi noch nicht gegoffen, der Ofen glüht.

wir Alle können uns noch die Finger dabei ver

brennen. (Ab.)

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.. 13 _..

Camille.

Laßt ihn! Glaubtihr: er könne die Finger da

von lafi'en. wenn es zum Handeln kömmt? *

Hsrault.

Ia. aber bloß ' zum Zeitvertreib. wie man

Schach fpielt.

»Eine Griffe.

Simon. Sein Weib.

Sim o n (fcltlägt das Weib).

Du Kuppelpelzz du runzliche Sublimatpille. du

wurmfiichiger Sündenapfel!

Weib.

Zu Hiilfe! Hülfe!

(Es kommen Leute gelaufen :) .

Reißt fie auseinander. reißt fie auseinander!

Simon.

Nein. laßt mich- Römer! Zerfchelien will ich dies

Geripp! Du Veftalin!

Weib.

Ich eine Vefialin? Das will ich fehen7 ich?

Simon.

So reiß ich von den Schultern dein Gewand,

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_ 14' ...

Nackt in die Sonne fchleudr' ich dann dein Aas

In jeder Minze( deines Leibes nifiet Unzucht.,

(Sie werden getrennt.)

Erfier Bürger.

Was giebt's?

Simon.

Wo ifi die Jungfrau? Sprich!" Nein h fo kann

ich nicht fagen. Das Mädchenz nein. auch das nichtz

die Frau. das Weib! Auch das- auch das nichti'

Nur noch ein Namez o, der erfiickt mich! Ich.

habe keinen Athem dafür.

Zweiter Bürger.

Das ift gut. fonft- würde der Name nach:

Wein riechen. *

Simon.

Alter Virginius. verhüllec dein kahles Haupt,

der Rabe Schande fißt darauf. und 'hackt naeh dei-

nen Augen. Gebt .mir- ein Meffer. Römer!

(Er- finkt um,)*

Weib.

Ach er ifi* fonft. ein braver Mann- er kann nur

nicht piel-vertragenzder Wein fiellt- ihmgleieh ein Bein..

Zweit-er Bürger.

Dan-n geht* er mit dreien..

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_. K5- ».

Weib.

Nein. er fällt.

Zweiter Bürger.

Richtig. erfi geht er mit dreien. und dann fällt:

er auf das dritte ., bis das dritte felbfi- wieder fällt.

Simon.

Du -biik- die Vamphrzunge. die mein wärmfies

Herzblut trinkt. . -

Weib.

Laßt ihn nur. das* ift fo die Zeit. worin er im

mer gerührt wird; es wird fich fchon. geben.

Erfter Bürger.

Was gibt's denn?:

Weib.

Seht ihr:- i'ch faß da fo auf dem Stein in: der*

Sonne. und wärmte michz--feht ihr. denn wir haben

kein Holz. feht the --

Zweiter Bürger.

So nimm deines Mannes Nafe;

Weib..

Und meine Tochter war da hinunter gegangen:

um die Ecke.- fie ifi. ein braves Mädchen und ec

nährt ihre Eltern.

Simon..

Ha. fie bekennt.

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... 16 _.

Weib,

Du Judas. hätteft dn mir ein Paar Hofen hin

aufzuziehen. wenn die jungen Herren nicht gegen

fie - artig wären? Du Weinfaß. willfi du ver

durften. wenn das Brünnlein zu laufen auf

hört? He! - Wir arbeiten mit allen Gliedern.

“warum denn nicht auch damit; ihre Mutter hat

gefchafft. wie fie zur Welt kam. und es hat

ihr weh gethanz kann fie für ihre Mutter nicht auch

fchaffen. he? Und thut's ihr auch weh dabei.

he? Du Dummkopf!

Simon.

Ha. Lucretiai ein Mefferz gebt mir ein 'Meffen

Römer! Ha. Appius Claudius!

Erfier Bürger.

Ja. ein Meffer. 'aber nicht für das arme Kind!

Was that es? Nichts! Ihr Hunger bettelt. Ein

Meffer für die Leute. die 'da-s Fleifch unferer Wei

ber und Töchter kaufen! Weh über die. fo mit den

Töchtern des Volkes buhlenk! Ihr habt Kollern im

'Leib und fie haben 'Magendrü'cken . ihr habt Löcher

in den Jacken und fie haben warme No'cke.-ihr habt

Schwielen in den Fänfien und fie haben Sammt

hände. lil-30 ihr arbeitet und fie thun nichts. ergo

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... '[7 ._

'ihr habt's erworben und fie haben's geflohlenh 21-30:

wenn ihr von eurem gefiohlnen Elgenthmn ein Paar

Heller wieder haben wollt- müßt ihr buhken und

'bettekm ergo; fie find Spißbuben und man muß fie

-todtfchlagen.

Dritter Bürger,

Sie haben kein Blut in den Adern7 als was fie

uns ausgefogen haben. Sie haben uns gefagt-e

Fchlagt die Arjfiofraken wdt- das find Wölfe! Wir

haben die Arifiokraten-nn die Laterne gehenßt. Sie ha

ben gefagt: das Veto frißt euer Brod! wir haben

,das Veto wdtgefchlagen. Sie *haben gefagt: die

Girondifien hungern euch aus; wir haben die Gi

-rondifien guillotinirt. Aber fie haben die Todten

ausgegraken, und wir laufen wie zuvor auf na>ten

Beinen und frieren. Wir wollen ihnen die Hanf

von den Schenke(n ziehen und uns Hofen daraus

machen- wir wollen ihnen das Fett auslafi'en und

unfere Suppen damit fchmelzen. Fort1Todtgefchla

.genh wer kein *Loch im Rock hat!

Erfier Bürger.

TodtgefOlagen- wer lefen und 'fchrefben kann!

Zweiter Bürger.

Todtgefchlagem wer auswärts geht!

2

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_ 18 _

(Alle fchreien:)

Todtgefchlagem todtgefrhlagen!

(Einige fchleppen einen jungen Menfche-n herbei->

Cinige Stimmen.

Er hat ein Schnupftuch! ein Arifiokrat! an die

Laterne! an die Laterne!

Zweiter Bürger.

Was? er fchneuzt* fich die-Nafe nicht mitten

Fingern? An die-Laterne!

(Eine Laterne wird heruntergelaifen.)o

Junger Men-ich.

Achf meine-Herrnt

Zweiter Bürger.

Es. gibt hfer keineH'errenl* *An diecLaternei'

Einige fingen:* '

Die da liegen in der Erden„

Von de Wurm gefrefie werden ;:,

Beffer hungen in der Lnfß *

Als verfaulen tip: der Grnftij

Junge ke. M e n ich.

Erbarmen-L' ,

DritterViii-ger.

Nur einqSpielen mit einer Hanf-Locke* um den*

Hals! Es ifi nur. ein Augenblick! Wir. find

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...19...

barmherziger, als ihr. Unfer Leben iii der Mord

durch Arbeit; niir hängen fechzig Jahre (ang am

Strict undzapplen, aber wir werden uns losfchneiden.

- An die Laterne!

Junger Menfeh.

Meinetwegen, ihr werdet deswegen nicht hel

ler fehen.

Die llmfiehenden.

Bravo! Bravo!

Einige Stimmen.

Laßt ihn laufen! (Er entwifcht.)

Robespierre tritt auf r begleitet von Weibern

und Ohnehofen. 4

Robespierre.

Was gibt's dat Bürger?

Dritter_ Bürger.

Was wird's geben?“ Die Paar Tropfen Blute

vom Augufi und September haben dem Vol' die

Backen nieht roth gemacht. Die Guillotine tß zu

langfam. Wir brauchen einen Plaßregen.

Erfier Bürger.

llnfere Weiber. und Kinder fehreien nach Brod

wir wollen fie mit Arlfiofratenfletfeh füttern. He]

wdtgefehlagen, wer kein Loch im Rock hat!

I'

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.... 20 ...

Alle.

Lodtgefehlagen ! Todtgefäzlagen !

Robespierre.

Im Namen des Gefeßes!

-Erfier Bürger.

Was ift das Gefetz?

Robespierre

Der Wille des Volkes.

Eriier Bürger.

- Wir find das Voith und wir wollenh daß kein

Gefeß feiz ergo: ift tiefer Wille das Gefelz- (Ir-30:

im Namen des Gefeßes gibt's bein Gefelz mehr,

ergo: todtgefchlagen.

Einige Stimmen.

Hört den Ariftidesx *hört den Unbefiechlicheni

Ein Weib.

Hört den Meffiaely der gefandt iftr *zu wählen

,und zu richten; er wird die Bbfen mit der Schärfe

des Schwerter! fchlagen. Seine Augen find die

Augen der Wahl h und feine Hände find die Hände

des Gerichts.

Robespierre.

Armes7 tngendhaftes Volk! Du thnfl deine

Pflicht, du opferfi deine Feinde. Volk! du bift

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_21

groß. Du offenbarfi dich unter Blißfirahlenund

Donnerfehlägen. Aber, Volk. deine Streiche dür

fen ,deinen eignen Leib nicht verwundenz du mor

defi dich felbft in deinem Grimm. Du kannfi nur

durch deine eigne Kraft fallenh das wiffen deine

Feinde. Deine Gefeizgeber wachen! fie werden deine

Hände fiihren- ihre Augen find untriigbar, deine

Hände find unentrinnbar. Kommt mit zu den Ia

cobinern. Eure Brüder werden euch ihre Arme

öffnen, wir werden ein Blutgericht über nnfere

Feinde halten.

Viele der Stimmen.

Zu den Iacobinern! Es lebe Nobespierre!

(Alle ab.)

S im o n.

Weh mir7 verlaffeni (Er verfucht,filh aufzurichten.

x W e 1b.

Da! (Sie unterfiiißt ihn.)

Sim o n.

Ach meine Baucis, du fammelfi Kohlen auf

mein Haupt.

Da fieh! *

Simon.

Du wendeft dich ab? Ha, kannfi du mic ver

Weib.

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gebem Portia? Schlag ich dich? Das war nieht

meine Hand. war nicht mein Arm. mein Wahn

finn that es. Sein Wahnfinn i| des armen Ham

let Feind. Hamlet that's nicht- Hamlet verläugnet's.

Wo iii unfere Tochter- wo ifi mein -Sanncheni'

Weib.

Da um das “Eck herum.

Simon.

Fort zu ihr] Komm mein tugendreich Genial.

(Beide ab.)

Der Jacobinerklnbb.

Ein Lv oner,

Die Brüder von Lyon fenden uns. um in eure

Beufi ihren 'bittern Unmuth auszufchütten. Wir

wifi'en nicht, ob der Karren, auf dem Nonfin zur

Guillotine fuhr, der Todtenwagen der Freiheit war.

aber wir wiffen- daß feit jenem Tage die Mörder

Chalier's wieder fo feft auf den Boden treten , als

ob es *kein Grab für fie gäbe. Habt ihr vergeffen,

daß Lhon ein Flecken auf dem Boden Frankreichs

tft, den man mit den Gebeinen der Verräther zn

decken muß? Habt ihr vergefi'en 7 daß diefe Meße

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... *23 .._

der *Könige ihren Ansfaß nur in dem Wafi'er der

Nhone abwafchen kann? Habtiihr vergeffen. daß

diefer revolutionäre Strom die Flotten Pitt's im

**Mittelmeere auf den Leichen der Arifirokraten muß

flranden machen? Eure Barmherzigkeit mordet die

Revolution. Der Athemzug eines Ariftokraten ifi

das Röeheln der Freiheit. Nur ein Feigling fiirbt

für :die Republik. ein Iacobiner tödtet für fie.

Wißt: finden -wir in euch nieht mehr die Spann

kraft der Männer des 10. Augufi. des September

.und des 31. Mai. fo bleibt uns. wie dem Patien

ten Gaillard. nnr der Dolch des Cato.

(Beifall und verwirrtes Sefchrei.)

Ein Iacobiner.

Wir werden den »Becher des Socrates mit

euch trinken!

Legendre (icbwingt an; auf die Tribüne).

Wir haben nicht nöthig. unfere Blicke auf Lyon

zn werfen. Die Leute. die'feidene Kleider tragen.

die in Kutfchen fahren. die in den Logen im Thea

ter fißen und nach dem Dictionär der Akademie

fprechen. tragen fett* einigen Tagen die Köpfe feft

auf den Schultern. Sie find wißig und fagen.

man muß Marat und Chalier zu -einem doppel

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_ 24- ...t

ten Märthrenthum verhelfen. und fie in et'iigio

guillotiniren.

(Heftige Bewegung in der Veriamminng.)

Einige Stimmen.

Das find todte Leute. Ihre-.Zange guillotinirtfie;

Legendre.

Das Blut diefer Heiligen komme über fie! Ich

frage die anwefenden Mitglieder des Wohlfahrts

Ausfchuffes. felt wann ihre Ohren fo taub ge

worden find? -

Collot dkHerb o-i-:s- (unterbricht ihn).

Und ich frage dich. Legendre. wefi'en Stimme

folchen Gedanken Aih'em gibt. daß fie- lebendig wer

den und zu fprechen wagen? Es ifi Zeit. die*

Masken abzureiffen. Hört! die Urfache verklagt

ihre Wirkung. der Ruf fein Echo. der Grund feine

Folge. Der Wohlfahrts-Ausfchuß verfieht mehr

Logik. Legendre. Sei ruhig. Die Büfien der Hei

ligen werden unberrihrt bleiben. fie werden wie

Medufenhäupter die Verräther in Stein verwandeln.

Robespierre.

Ich verlange das Wort.

Die Iacobiner.

Hört. hört den Unbefiechlichen!

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_23.

Robespierre.

Wir warteten nur* auf den Schrei des Unwil

tens. der von allen Seiten ertönt. um zu fprechen.

Unfere Augen waren offen. wir fahen den Feind

fich rüfien und fich erheben. aber wir haben das

Lärmzeichen nicht gegeben; wir ließen das Volk fich

felbfi bewachen. es hat nicht gefchlafen . es hat an

die Waffen gefchlagen. Wir ließen den Feind aus

feinem Hinterhalt hervorbreehen. wir ließen ihn

anrücken. jeßt fieht er frei und ungedeckt in der

Helle des Tages. jeder Streich wird ihn treffen. er

ifi todt. fobald ihr ihn erblickt habt. -- Ich habe

es euch fehon einmal gefagt: in zweiAbtheilimgen.

wie in zwei Heereshaufen find die inneren Feinde

der Republik zerfallen. Unter Bannern von ver

fchiedener Farbe und auf den verfchiedenfien We

gen ellen fie alle dem nämlichen Ziele zu. Die

eine diefer Faktionen ifi nicht mehr. In ihrem

affectirten Wahnfinn fuchte fie die erprobtefien Pa

trioten als abgenuhte Schwächlinge bei Seite zu

werfen. um die Republik ihrer kräftigften Arme zu

berauben. Sie erklärte der Gottheit und dem Eigen

thum den Krieg. um eine Diverfion zu Gunfien

der Könige zu machen. Sie parodirte das'er-habenep

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...26....

Drama der Revolution. um diefelbe durch ftudirte

Ausfchweifungen bloszufiellen. Hebert's Triumph

hätte die Republik in ein Chaos verwandelt. und

der Oespotismus war befriedigt. Das Schwert *

des Gefehes 'hat den Verräther getrofi'en. Aber

was liegt den Fremden daran. wenn ihnen Ver

brecher einer 'andern Gattung zur Erreichung des

nämlichenZwecks bleiben? Wir haben nichts ge

than. wenn wir noch eine andere Faetion zu ver

nichten haben. - Sie ift das Gegentheil der vor

hergehenden. Sie treibt uns zur Schwäche. ihr

Feldgefchrei heißt: Erbarmen! Sie will dem Volk

feine Waffen und die Kraft. welche die Waffen fiihrt.

' eutreißen. um es nackt und entnervt den Königen

zu überantworten. _ Die Waffe der Republik ifi

der Schrecken. die Kraft der Republik ift die Tu

gend.»dieTugend. weil ohne fie der Schrecken ver

derblich.-der-Schrecken. weilohne ihn die Tugend

ohnmächtig ift. Der Schrecken ifi ein Ausfluß der

Tugend. er ifi nichts anders als die fchnelle. firenge

und unbeugfame Gerechtigkeit. Sie fagen: der

Schrecken fei die Waffe einer despotifchen Regie

rung. die unfrige gleiche alfo dein Oespotismus.

Freilich. aber fo wie das Schwertin den Händen

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_27....

eines Freiheitshelden dem Säbel gleicht. womit der

Satellit des Tyrannen bewaffnet ifi, Beherrfche

der Despot feine thierähnlichen Unterthanen durch

den Schrecken. er hat Recht als Despotz zerfchmet

tert durch den Schrecken die Feinde *der Freiheit.

nnd ihr habt als Stifter der Republik nicht minder

Recht. Die Nevolutims-Negierung *ifi der Despo

tismus der Freiheit gegen die Tyrannei. Erbarmen

mit den Rohaliften! rufen gewiffe Leute. Erbarmen

mit Bbfewichtern? Nein! Erbarmen für die Un

fchuld. Erbarmen für die Schwäche. Erbarmen für

die Unglücklichen. Erbarmen fiir die Menfchheit!

In einer Republik find nur Republikaner-Vürgerz

Rohalifien und Fremde find Feinde. Die Unter

drücker der Menfchheit befirafen ifi Gnade. ihnen

verzeihen ifi Barbarei. Alle Zeichen einer falfchen

Empfindfamkeit fcheinen mir Seufzer. welche naä)

England oder Öfierreich fliegen. - Aber. nicht zn

frieden. den Arm des Volks zu entwaffnen . fucht

man noch die heiligfien Quellen feiner Kraft durch

das Lafier zu vergiften. Dies ifi der feiufie . ge

fährlichfie und abfcheulichfie Angriff auf die Frei

heit. Das Lafter ift das Kainszeichen des Arifio

kratismus. In einer Republik ift es nicht nur ein

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moralifches fondern auch ein politifches Verbrechen-z*

der Lafierhafte ifi der politifche Feind der Freiheit.

er ifi ihm um fo gefährlicher. je größer die Dieufie

find. die er ihr fcheinbar erwiefen. Der gefährlichfie

Bürger ifi derjenige. welcher leichter ein Dutzend

rothe Mühen verbraucht. als eine gute Handlung

vollbringt. Ihr werdet mich leicht verfiehen. wenn

ihr an Leute denkt. welche fonft in Dachfiuben leb

ten und jetzt in Carofi'en fahren und mit ehema

ligen Marquifinnen und Baroneff'en Unzucht trei

ben. Wir dürfen wohl fragen. tft das Volk gepfän

det. oder find die Goldhände der Könige gedrückt

worden. wenn wir Gefehgeber des Volkes mit al

len Lafieru und allem Luxus der ehemaligen Höf

linge Parade machen. wenn wir diefe Marquife und

Grafen. reiche Weiber heirathen. üppige Gafimähler

geben. fpielen. Diener halten und kofibare Kleider

tragen fehen? - Wir dürfen wohl fiaunen. wenn

wir fie Einfälle haben. fchöngeifiern und fo etwas

von gutem Ton bekommen hören. Man hat vor

Kurzem auf eine unverfchämte Weife den Tacitus

parodirt. ich könnte mit dem Sallufi antworten und

den Eatilina travefiirenz doch ich denke. ich habe

keine Striche mehr nöthig . die Porträts find fertig.

Page 33: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_ '29 ..

- Keinen Vertrag. keinen Waffenfiillfiand mit den

Menfchen. welche nur auf Ausplünderung des Vol

les bedacht waren. welche diefe Aurplünderung nn

gefiraft zu vollbringen hoffien. für welche die Re

publik eine Spekulation und die Revolution ein

Handwerk war'l In Schrecken gefeht durch den

reißenden Strom der Beifpiele fuchen fie ganz leife

"die Gerechtigkeit abznkühlen. Man follte glauben.

jeder fage zu fich felbfi: wir find nicht tugendhafix'

genug. um .fo fchrecklich zu fein. Philofophifche Ö'

*Gefelzgeberl erbarmt euch unferer Schwäche; im

wage euch ninyt zu fagen. daß ich lafierhaft bin z

.ich fage euch alfo-e feid nicht graufam. Beruhlge

dich. tngendhafces Vol-k. beruhigt euch. ihr Patrio

ten. fagt--euern Brüdern zu Lyon: das Smwert des

Gefeßes rofie nicht in den Händen. denen ihr es

anvertraut habet. Wir werden der Republik ein

großes Beifpiel geben. (Allgemeiner Beifall.)

Viele Stimmen,

Es lebe- die Republik! Es lebe Robespierrel

Präfident.

Die Sihnng 'ifi aufgehoben.

Page 34: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

E i n e W rief f e.

Lacroix. Legendre.

Lacroix.

Was hafi du gemacht. Legendre, Weißt du

auch. wem du mit deinen Vüfien den Kopf-?her

unterwirfft?

Legendre

Einigen Stußern und eleganten Weibern. das

ifi Alles.

- Lacroix.

Du. bifi ein Selbfimörder.. ein Schatten. der

thin Original und* fomitfich felbfi ermordet.

Legendre.

Ich begreife nicht.

Locroir

Ich dächter. Eollot hätte deutlich gefprochen.“

Legendre.

Was macht das? Er war wieder betrunken.

Lacroix.

Narren. Kinder und -- nun? - Betrunkne

_ fagen die Wahrheit. Wen glaubft du denn. daß

Robespierre mit dem Eatilina gemeint habe?

Page 35: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

.. 31 ...

Legendre.

Run?

Lacroix.

Die Sache ifi einfach. Man hat die.-Atheifien

und ultrarevolutionärs auf's Säyaffot gefchicktz aber

dem Volk ifi nicht geholfen. es läuft noch baarfuß

in den Gaffen und will fich aus Arifiokraten-Leder

Schuhe machen. Der Guillotinen-Thermometer darf

nicht fallen.- noch wenige Grade. und der Wohl

fahrts-Ausfchuß kann fich fein Bett auf dem Revo

lutionsplah fachen.

Legendre.

Was haben damit meine Büfien zu fchaffen?“

Lacroir. ' 7

Siehfi du es noch nicht? Du haft' die Contre

Revolution officiell bekannt gemacht. du hafi die

Decemvi-rn zur Energie gezwungen. du haft ihnen

die Hand geführt. Das Volk ift ein Minotaurus.

der wöchentlich feine Leichen haben muß. wenn er

fie nicht auffreffenfoll.

Legeudre..

Wa. tft Damon ?

Lacroix,

Was weiß im! Er fucht eben die mediceifihe

Page 36: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_.M

*Venus fiückweife bei allen Grifetten im Palais

Rohal zufammen; er maäzt Mofaik. wie er fagt.

Der Himmel weiß. bei welchem Glied er gerade

ift. Es ifi ein Iammer. daß die Natur die Schön

heit. wie Medea ihren Bruder. zerfiückt. und fie fo

in Fragmenten in die Körper gefenkt hat. - Gehn

.wir *in's Palais-Royal] (Beide ab.)

"E i n Y i m m e r.

Danton. Marion.

Marion.

Nein. laß mich! So zu deinen Füßen. In) will

'dir erzählen!

Oanton.

Du ?könnt-iii deine Lippen befier gebrauchen.

Marion.

Nein. laß mich einmal fo. Meine Mutter war

eine kluge Frau; fie fagte mir immer: die Kenfäy

heit fei eine fchöne Tugend. Wenn Leute in's Haus

kamen. und von manchen Dingen zu fprechen an

fingen. hieß fie mich aus dem Zimmer gehen; frug

ich. was die Leute gewollt hatten. fo fagte fie: ich

folie michfchämen; gab fie mir ein Buch zu lefen.

Page 37: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..33...

fo mußte ich fafi immer einige .Seiten überfchlagen.

Aber die Bibel las ich nach Belieben. da war Alles

heilig; aber es war etwas darin. was ich nicht be

griff. ich mochte auch Niemand fragen. ich brütete

über mir felbft. Da kam der Frühling. es ging

überall etwas um mich vor. woran ich keinen Theil

hatte. Ich g-erieth in eine eigene Atmofphäre. fie

erfiickte mich faft. Ich betrachte-te meine Glieder.

es war mir manchmal. als wäre ich doppelt und

verfchmölze dann wieder in Eins. Ein junger Menfch

kam zu der Zeit in's Haus; er war hübfch und

fprach oft tolles Zeug. ich wußte nicht recht. was

er wollte. aber ich mußte lachen. Meine Mutter

hieß ihn öfters kommen. das war uns beiden recht.

Endlich fahen wir nicht ein. warum wir nicht eben

fo gut auf - fouft eine Art uns miteinander uu

terhalten. als bloß auf zwei Stühlen neben einan

der fihen dürften. Im fah nicht ab. warum man

mir das Geringere gewähren und das Größere ent

ziehen wollte. Aber ich wurde wie ein Meer. was

Alles verfchlang und fich tiefer und tiefer wählte.

Es war für mich -nur'Ein Gegenfalz da. alle Män

ner verfchmolzen in Einen Leib. Meine Natur war

einmal fo. tree kann da drüber hinaus? Endlilh

3

Page 38: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-34_

merkt' er's. Er kam eines Morgens und küßte mich.

als wollte er mich erfiicken; feine Arme fchnürtent

fich um meinen Hals. ich war in unfäglicher Angft,

Da ließ er mich los. und lachte. und fagte: er hätte

fait einen dummen Streich gemacht. ich folle mein

Kleid nur behalten und es brauchen. es würde fich

fchon von felbfi abtragen. er wolle mir den Spaß

nicht vor der Zeit verderben. *es wäre doch das

Einzige. was ich hätte. Dann ging* er. ich wußte

wieder nicht. was er wollte. Den Abend faß ich

am Fenfter. ich bin fehr reizbar und hänge mit

Allem um mich nur durch eine Empfindung zu.:

fammen; ich verfank in die Wellen der Abendrb'the.

Da kam ein Haufe die Straße herab. die Kinder

liefen voraus. die Weiber fahen aus den Fenfiern.

Ich fah hinunter. fie trugen ihn in einem Korb

vorbei. der Mond fi'hi'en auf feine bleiche Stirn.

feine Locken waren feucht. er hatte fich erfäuft. Ich

mußte weinen. Das war der einzige Bruch in mei

nem Wefen. Die andern Leute haben Sonn- und

Werktage. fie arbeiten fechs Tage und beten am

fiebenten. fie find jedes Jahr auf ihrem Geburts

tag einmal gerührt und denken auf Neujahr einmal

"Uh- Ich begreife nichts davon; ich kenne keinen

Page 39: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_35

Abfaß- keine VeränderungZ ich bin immer nur eins

ein nnnnterbrochenes Sehnen und Faffen- eine

Glnth- ein Strom. Meine Mutter ift vor Gram

gefiorbenz die Leute weifen mit Fingern auf miä),

das lfi dumm. Es läuft auf eins hinans- an was

man feine Freude hat , an Neliqulen odec an Le

bendigetn an Blumen oder Kinderfpielfachen; es i|

das nämliche Gefühl; wer am meifien genießt

betet am meifien.

Damon.

Warum kann ich deine Schönheit nicht ganz

in mich fafl'etn fie nicht ganz umfchließen?

Marion.

Danton, deine Lippen haben Augen.

Danton.

Ich möchte ein Theil des Äthers fein- um dich

in meiner Fluth zu baden, 11m mich auf jeder

Welle deines fchönen Leibes zu brechen.

Lacroix- Adelaide- Nofalie treten ein.

Lam-oi x (bleibt in der Thüre Nenn).

Ich muß lachen- ich muß lachen.

Oanton.

Nun?

3*

Page 40: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_36.,

Lacroix,

Die Gai'fe fällt mit ein.

Danton.

Und?

Lacroix.

Auf der Gafi'e waren Hundex eine Dogge und

_ein Bolognefer Schooßhündleim die qnälten fich. *

Danton.

Was foll das?

Lacroix.

Das fiel mir nun grade fo ein- und da mußt'

ich lachen. Es fah erbaulich aus! Die Mädel

guckten ans den Fenfiernz man follte vorfichtig fein

und,fie nicht einmal in der Sonne fißen (affen.

Die unmo-califehen Mücken erwecken ihnen fonfi

allerhand erbauliche Gedanken. Legendre und ich

find fafi durch alle Zellen gelaufen , mehr als eine

apokalhptifche Dame hing uns an den Nockfchößen

und wollte den Segen. Legendre gibt einer die

Disciplim aber er wird einen Monat dafür zu

fafien bekommen. Da bringe ich zwei von ihnen.

1 Marion. '

Guten TagF Demoifelle Adelaide- guten Tag

Demoifelle Nofalie.

Page 41: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

...37....

Rofalie.

Wir hatten fchon lange nicht das Vergnügen.

Marion.

Es war mic recht leid,

Adelaide.

Ach Gott 7 wir find Tag und Nacht hefchäftigt.

Danton (zu Rofalie).

Ei- Kleineh du haft gefihmeidige Hüften be

kommen. _

N o falle.

Ach ja, man vervollkommnet fich täglich.

Lacroix.“

Was ifi der Unterfchied zwi'fchen dem antiken

- nnd einem modernen Adonis?

Oanton. -

Und Adelaide ifi fittfam-interefi'ant gewocdenz

eine pitante Abwechslung. Ihr Gefieht fieht aus

wie ein Feigenblatt- das fie fich vor den ganzen

Leib hält. So ein Feigenbanm an einer fo gang

baren Straße gibt einen erqnicklichen Schatten.

Lacroix.

So höre dochz ein moderner Adonis wird nicht

von einem Eber, fondern von Säuen zerrifi'enZ er

bekommt feine Wunde nicht am Schenkelh fondern

Page 42: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_38_

in den Leiftenx und aus feinem Blut fprofi'en nicht

Nofen hervor -

Danton.

O laß das; Fräulein Nofalie ifi ein* refiaurirter

Torfo. woran nur die Hüften und Füße antik find.

Sie ifi eine Magnetnadelz was der Pol-Kopf ab

fiößt- zieht der Pol-Fuß an.

Lacroix.

Zwei barmherzige Schwefternz jede dient in

einem Spitah d. h. in ihrem eignen Körper.

R o f ali e.

Schämen Sie fich- unfere Ohren roch zu machen !

A d e l a i d e.

Sie foliten mehr Lebensart haben.

(Adelaide und Rofalie ab.)

Danton.

Ente Nacht, ihr hübichen Kinder!

Lacroix.

Gute Nachth ihr Silbergruben.

Danton.

Sie dauern mich, fie kommen um ihr Nachtefi'en.

Lacroix.

Höre, Damon, ich komme von den Iacobinern.

Page 43: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

.... 39 _

Danton.

Nichts weiter?

Lacroix.

Die Lhoner verlafen eine Proclamationz fie

meintenh es bliebe ihnen nichts übrigz als fich in

die Toga zu wickeln. Jeder machte ein Geficht,

als wollte er zu feinem Nachbar fagen: kai-tua, es

'fchmerzt nicht! - Legendre rief: man wolle Cha

liers und ?Var-ats Vüften zerfchlagen. Ich glaube,

er will fich das Geficht wieder roth machen; er ift

ganz aus der torte-.ur herausgekommen. die Kinder

zupfen ihn auf der Gaffe am Rock. 7

Danton.

Und Nobespierre?

. Lacroix.

Fingerte auf der Tribüne und fagtee die Tu

gend muß durch den Schrecken herrfchen. Die Phrafe

machte mir Halsweh.

Danton.

Sie hobelt Bretter für die Guillotine.

Lacroix.

Und Collot fchrie wie befeffen, man müffe die

Masken abreißen.

Danton.

Da werden die Gefichter mitgehen.

Page 44: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

... 40 ...

(Paris tritt ein.)

Lacroix.

Was gibt's- Fabricins?

Paris.

Von den Iacobinern weg ging ich zn Nobes

pierre; ich verlangte eine Erklärung. Er fuchte

eine Miene zn machen wie Brntns, der feine Söhne

opfert. Er fprach im Allgemeinen von den Pflich

ten . fagte: der Freiheit gegenüber kenne er keine

Niickficht, er wiirde Alles opfern z fich, feinen Brn

der- feine Freunde.

Danton.

Das war dentlichz man braucht nur die Scala

hernmzukehrenf fo fteht er nntenf und hält feinen

Fren'ndcn die Leiter. Wir find Legendre Dank

fchnldig, er hat fie fprechen gemacht.

Lacroix. .

Die Hebertiften find noch nicht todt, das Volk

ift materiell elendz das ifi ein furchtbarer Hebel.

Die Schaale des Blutes darf niht fteigen. wenn

fie dem Wohlfahrts-Ausfchuß nicht zur Laterne wer

den follZ er hat Ballafi nöthigf er braucht einen

fchweren Kopf.

Page 45: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_. 4x _.

Danton. *

Ich weiß wohl. * die Revolution ifi wie Sa

turn. fie frißt ihre eigenen Kinder. (Nach einigem

Vefinnen.) Doch. fie werden's nicht wagen.

- L acroir.

Danton. du bifi ein todter Heiligerz aber die

Revolution kennt keine Neliquien. fie hat die Ge

beine aller Könige auf die Gaffe und alle Vildfäu

len von den Kirmen geworfen. Glaubfi du. man

wurde dich als Monument ftehen laffen?,

Danton.

Mein Name! das Volk!

Lacroix.

Dein Name! du bifi ein Gemäßigter. ich bin

einer. Camille. Philippeau. Härault. Fiir das Volk

find Schwäche und Mäßigung einsz es fchiägt die

Nachzügler todt. Die Schneider von der Section

der rothen Muße werden die ganze römi'fche Ge

fchichte in ihrer Nadel fühlen. wenn der Mann des

September ihnen gegentiber ein Gemaßigter ifi.

Danton.

Sehr wahr. und aufi'erdem - das Volk ift

wie ein Kind. es muß Alles zerbrechen.. um zu

fehen. was darin fteckt.

Page 46: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

.... 42 ...

L acr-oir.

Und aufferdem. Danton. find wir lafterhaft. wie *

Nobespierre fagt. d. h. wir genießen; und das Volk

'in tugendhaft. d. h. es genießt nicht. weil ihm die

Arbeit die Genußorgane fiumpf machtz es befänft

fich nicht. weil es kein Geld hat. und es fchweift

nicht aus. weil es nach Käfe und Häring aus dem

Hals |inkt. und die Mädel davor einen Ekel haben.

Danton.

Es haßt die Genießenden. wie ein Eunuch die

Männer.

Lacroix.

Man. nennt uns Spihbuben und (fich zu den

Ohren Danton's neigend) es ifi. unter uns gefagt.

fo halbwegs was Wahres daran, Nobespierre und

das Volk werden tugendhaft fein. St. Iuft wird

einen Roman fchreiben. und Barriere wird eine

Cacmagnole fchneidern nnd dem Convent das Blut

mäntelchen umhängen und -- ich fehe Alles.

Danton.

Du träumfi. Sie hatten nie Muth ohne mich.

fie werden keinen gegen mich haben; die Revolution

ift noch nicht fertig. fie könnten mich noch nöthig

haben. fie werden mich im Arfenal aufheben.

Page 47: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

... 43 ..

Lacroix.

*Wir müfi'en handeln.

Danton.

Das wird fich finden. K

Lacroix.

Es wird fich finden. wenn wir verloren find.

Marion (zu Danton).

Deine Lippen find kalt geworden. deine Worte

haben deine Küffe erfiickt.

Danton (du Marion).

So viel Zeit zu verlieren. das wär' der Mühe

werth. (Zu Lacroix.) Morgen geh' ich zu Nodes

pierre. ich werde ihn ärgern. da kann er nicht

fchweigen. Morgen alfo! Gute Nacht. meine

Freunde. gute Nacht. ich danke euch.

Lacroir.

Packt euch. meine guten Freunde. packt euch!

Gute Nacht. Damon. der [dann biene-rio wird dein

tarpeifcher Fels.

Page 48: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

Zweiter'Act.

Ein ehimmer.

Robespierre. Danton. Paris.

Robespierre.

Ich fage dir. wer mir in den Arm fällt. wenn

ich das Schwert ziehe. ift mein Feind. -feine

Abficht thin nichts zur Sache z wer mich verhindert.

mich zn vertheidigen. tbdtet mich fo gut. als wenn

er mich angrifi'e.

Danton..

Wo die Nothwehr aufhört. fängt der Mord an;

ich fehe keinen Grund. der uns länger zum Tödten

zwänge.

Robespierre.

Die fociale Revolution tft noch nicht fertig; wer

eine Nevclution zur Hälfte vollendet. gräbt fich felbft*

fein Grab. Die gute Gefellfchaft ifi noch nicht

todt. die gefunde Volkskraft muß fich an die Stelle

Page 49: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..45....

diefer nach allen Richtungen abgekilzelten Klaffe

fehen. Das Lafier muß beftraft werden. die Tn

gend muß durch den Schrecken herrfchen.

Danton.

_ Ich verfiehe das Wort Strafe nicht. - Mit

deiner Tugend. Nobespierre! - Du haft kein Geld

genommen. du haft keine Schulden gemacht. du haft

immer einen anfiändigen Rock getragen und dich

nie betrunken. Nobespierre. du bifi empbrend recht

fchaffen. Ich wiirde mich fchämen. dreißig Jahre

lang mit der nänilichen Moralphhfiognomie zwifchen

Himmel nnd Erde herumzulaufen. blos um des

elenden Vergni'igens willen. Andere fchlechter zn

finden. als mich, -* Ifi denn nichts in dir. was

dir nicht manchmal ganz leife. heimlich fagte: du

liigfi. dn li'igfi?!

* Nobespierre.

Mein Gewifi'en ift rein.

Danton.

Das Gewifi'en ifi ein Spiegel. vor dem ein Affe

fich quält; jeder putzt fich. wie er kann und geht

auf feine eigne Art auf feinen Spaß dabei aus.

Das ifi der Mühe werth. fich darüber in den Haa

ren zu liegen. Jeder mag fich wehren. wenn ein

Page 50: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_.46_

andrer ihm den Spaß verdirbt. Haft dn das Recht.

aus der Gnillotine einen Wafchznber für die nn

reine Wäfche anderer Leute nnd aus ihren abgefchla

genen Köpfen Fleckkugeln für ihre fihmußigen Klei

der zn machen. weil du immer einen fauber gebür

fieten Rock trägfi? Ia. du kannfi dich wehren.

wenn fie dir drauf fpucken oder Löcher hineinreißenz

aber was geht's dich an. fo lang fie dich in Ruhe

laffen? Wenn fie fich nicht geniren. fo herum zu

gehen. haft du deswegen das Recht. fie in's Grab

loch zu fperren? Vift du der Polizeifoldat des

Himmels? und - kannfi du es nicht eben fo gut

mit anfehn. als dein lieber Herrgott. fo halte dir

dein Schnupftuch vor die Augen.

Robespierre.

Du läugneft die Tugend? -

. Danton.

Und das Lafier. Es gibt nur Epicuräer. und

zwar grobe und feine; Chrifius war der feinfte;

das ifi der einzige llnterfchied. den ich zwiichen den

Menfchen herausbringen kann. Jeder handelt fei

ner Natur gemäß. d. h. er thut. was ihm wohl

thut. - Nicht wahr. Unbeftechlicher. es ift grau

fam. dir die Abfähe fo von den Schuhen zu treten?

Page 51: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_ 47 ._.

Robespierre.

Danton. das Lafter ifi zu gewifi'en Zeiten

Hochoerrath.

Danton.

Du darffi es nicht prohibiren. um's Himmels

willen nicht. das wäre undankbar. du bifi ihm zu

viel fchuldig. durch den Contrafi nämlich. - Übri

gens. um bei deinen Begriffen zu bleiben. nnfe're

Streiche müffen der Republik nützlich fein. man

darf die Unfchnldigen nicht mit den Schuldigen

treffen.

Robespierre.

Wer fagt dir denn. daß ein Unfchnldiger ge

troffen worden fei?

Danton.

_Hörft du. Fabricins? Es ftarb kein Unfchul

diger! (Er geht; im Hinausgehen zu Parisx) Wir

dürfen keinen Augenblick verlieren. wir müfi'en uns

zeigen! _ (Damon und Paris ab.)

Robespierre (allein).

Geh' nur! Er will die Noffe der Revolution

am Zügel halten. wie ein Kutfcher feine dreffirten

Gäulez fie werden Kraft genug haben. ihn: zum

Nevolntionsplaß zu fchleifen. -- Mir die Abfälze

von den Schuhen treten] - Um bei deinen Be

Page 52: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

...48...

grifien zu bleibenl--Haltl Halli Ifi's das eigent

lich? -- Sie werden fagen; feine gigantifche Ge

fialt hätte zu viel Schatten auf mich geworfen. ich

hätte ihn deßwegen aus der Sonne gehen heißen.

Und wenn fie Recht hätten?-Ifi's denn fo noth

wendig? Ia. ja. die Republik] Er muß weg! -

Es ifi lächerlich. wie meine Gedanken einander

beanffichtigen.-Er muß weg. Wer in einer Maffe.

die vorwärts drängt. fiehen bleibt. leifiet fo gut

Widerfiand. als trät' er ihr entgegen. er wird zei-e

treten.- Wir werden das Schiff der Revolution

nicht auf den feichtenBerechnungen und den Schlamm

bänken diefer Leute* firanden lafi'en. wir müfi'en die

Hand abhanen. die es zu halten wagt. und wenn

er es mit den Zähnen packte! - Weg mit einer

Gefellfchaft. die der todten Arifiokratie die Kleider

ausgezogen und ihren Ausfah geerbt hat. *- _Keine

Tugend! die Tugend ein Abfaiz meiner Schuhe!

Bei meinen Begriffen! - Wie das immer wieder

_kommt. -- Warum kann ich den Gedanken nicht

los werden? Er deutet mit -blutigem Finger im

mer da. da hin! Ich mag fo viel Lappen darum

wickeln. als ich will. das Blut fchlägt immer durch.

-- (Nach einer Paufex) Ich weiß nicht. was in mir

Page 53: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

...49...

das Andere belügt. (Tritt an's Fennec.) Die Nacht

fchnarcht über der Erde und wälzt fich im wüfien

Traum. Gedanken. Wünfche. kaum geahnt. wirr

und gefialtlos. die fcheu fich vor des Tages Licht

verkrochen. empfangen jeht Form und Gewand.

und |ehlen fich in das fiille Haus des Traumes.

Sie öffnen die Thüren. fie fehen aus den Fenftern.

fie werden halbwegs Fleifch. die Glieder firecken

fich im Schlaf. die Lippen mnrmeln. - Und ifi

nicht unfer Wachen ein hellerer Traum. find wir

nicht Nachtwandler. ift nicht unfer Handeln. wie

das im Traum.-nnr deutlicher. beftimmter. dnrch

gefiihrter? Wer will uns darum fchelten? Jn

einer Stunde verrichtet der Geift mehr Thaten des

Gedankens. als der träge Organismus unferes Lei

bes in Jahren nachznthnn vermag. Die Sünde ifi

im Gedanken. Ob der Gedanke That wird. ob ihn

der Körper naehfpielt. das ift Zufall.

(St. Init tritt ein.)

Robespierre.

He. wer da im Finflern? He. Licht. Licht!

St. Init.

Kennfi dn meine Stimme?

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... 50 _j

Robespierre.

Ah. du St. Jufi!

(Eine Diener-in bringt Licht.)

St. Init.

Warft du allein?

Robespierre,

Eben ging Damon weg.

St. Jnft.

Ich traf ihn unterwegs im Palais-Royal. Er

machte feine-revolutionäre Stirn und fprach in Epi

grainmen. er duzte fich mit den Ohnehofen. die

Grifetten liefen hinter feinen Waden drein und die

Leute blieben fiehen und zifchelten fich in die Ohren.

was er gefagt hatte. Wir werden den Vortheil des

Angriffs verlieren. Willft du noch länger zaudern?

Wir werden ohne dich handeln. Wir find entfchloifen.

Robert-piece?“

Was wollt ihr thnn?

St. Juli.

Wir berufen den Gefeßgebnngs-. den Sinne

heits- und den Wohlfahrts-Ausfcbuß zu feierlicher

Sißung.

Robesoierre.

Viel Umfiände.

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.. 51 _

St. Iuft.

Wir müfi'en die große Leiche mit Anfiand be

graben. wie Priefier. nicht wie Mörder; wir diir

fen *fie nicht verfiümmeln . all ihre Glieder müffen

mit hinunter

Robe-spierre.

Sprich deutlicher.

St. Init.

Wir müfi'en ihn in feiner vollen Waffenrüftung

beifeßen und feine Pferde und Sclaven auf feinem

Grabhügel fchlachten. - Lacroix.

Robespierre.

Ein ausgemachter Spihbube. gewefener Advoka

tenfchreiber. gegenwärtig General-Lieutenant von

Frankreich. Weiter!

St. Init.

Hörault-Sächelles. -*

Robespierre.

Ein fchöner Kopf! r

St. Init.

Er war der fchöngemalte Anfangsbuchfiabe der

Confiitutions-Acte. wir haben dergleichen Zierrath

nicht mehr nöthig. er wird ausgewifcht. -->Phi

lippeau. Camille! - *-

. 4 "

Page 56: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_. 52 ...

Robespiekre.

Aueh den?

St. Iufl (übel-reiche ihm ein Papier).

Das dacht' ieh. Da lies!

Robespierre.

Aha7 der alte Franziskaner! Sonfi nichts? Er

ifi ein Kinky er hat über euch gelacht.

St. Iufi.

Hiec- hier! (Ek zeigt ihm eine Stefle.)

Robespieree (l-iefi).

„Tiefer Blutmeffias Nobespierre auf feinem

Kaivarienberge zwifehen den beiden Schächern Con

thon und Coflot- auf dem er opfect nnd nicht ge

opfert wird. Die Guiilotinen-Betfchwefiern |ehen

wie Maria und Magdalena unten. St. Inft liegt

ihm wie Johannes am Herzen- und macht den Con

venc mit den apokalhptifehen Offenbarnngen des

Meifiers bekannt z er trägt feinen Kopf wie eine

M0n|ranz,"

S t. I n jk.

Ich wii( ihn den feinigen wie St. Denis tra

gen machen.

Robespierre (tiefi weiter).

„Sollte man glanbenx 'daß der fanbere Fraek

des Meffias das Leiehenhemd _Frankreichs ifi, nnd

Page 57: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

*"53

daß feine dünnem auf der Tribüne hernmznckenden

Finger Guillotinmeffec find? - Und du, Barriere

der dn gefagt haft: auf dem Nevolntionsplaiz werde

Münze gefchlagen.- Doch ich will den alten Sack

nicht“anfwühlen- er i| eine Wittwex die fehon ein

halbes Dutzend Männer hatte und die fie begraben

half. Wer kann was dafür? Das ifi fo feine

Gabe- er fieht den Leuten ein halbes Jahr vor dem

Tode das hippokcatifche Geficht an, Wer mag fich

auch zu Leichen fehen nnd den Gefiank riechen?“

Alfo auch dm Camille?- Weg mit ihnen! Nafehl

nur die Todten kommen nicht wieder. Haft dn die

Anklage bereit?

St. Iufi.

Es macht fich leieht. Die hafi die Anklage bei

den Ialobinern gemacht.

- Robespierre.

Ich wollte fchre>en.

p St. Iufi.

Ich branche nur durchzuführenf die Fälfehec ge

ben das Ei und die Fremden den Apfel. - Sie

|erben an der Mahlzeit, ich gebe dic mein Wort.

Robespierre,

Dann rafch- morgen! Keinen langen Todes

Page 58: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_54...

kampfl Ich bin empfindlich felt einigen Tagen.

Nur wich! est. Init ar.)

Robespierre (allein).

Ia wohlp Blutmeffias, der opfext und nicht ge

opfert wird, Er hat fie mit [einem Blut erlöfi und

ieh erlöfe fie mit ihrem eignen. Er hat fie fündi

gen gemacht und ich nehme die Sünde auf mich.

Er hatte die Wollnfi des Schmerzesy und ich habe

die Qual des Henfers. Wer hat fich mehr ver

läugnet? Ich oder er? -- iind doch ifi was von

Narrheit in dem Gedanien.- Was fehen wir nur

immer nach dem Einen? Wahrlich, des Menfchen

Sohn wird in uns Allen geireuzigt- wir ringen

Alle im Gethfemane-Garten im blutigen Schweiß

aber es erlöfi Keiner den Andern mit feinen Wun

den, Mein Camille! - Sie gehen Alle von mir

- es ifi Alles wüfi nnd leer - ich bin allein.

Ei n Y i m m e r.

Damon: Lacroix-l Philippeau, iparisi

Camille Desmoulins.

Camille..

Nafch, Damon, wir haben keine Zeit zu

verlieren.

Page 59: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

... 55 ..

Oanton (kleider fich um).

Aber die Zeit verliert uns. -- Das ifi fehr

langweilig-,immer das Hemd zuerfi und dann die

,Hofen drüber zu ziehenz und des Abends in's Bett

und Morgens wieder heraus zu kriechen nnd einen

Fuß immer fo vor den andern zu fehen, da ifi

gar fein Abfehenz wie es anders werden foll. Das

[fi fehr traurig, und z .daß Millionen es fchon fo

gemacht haben, und, daß Millionen es wieder fo

machen werden. nndy daß wir noch obendrein aus

zwei Hälften befiehen, die beide das Nämliche thunz

fo daß Alles doppelt gefchieht7 -das ifi fehr traurig.

Camille.

Du fprichfi in einem ganz kindifchen Ton.

Danton.

Sterbende werden -kindifch.

. Lacroix.

.Du fiürzefi dich durch dein Zögern in's Ver

derbeny du reißeft_ alle deine Freunde mit dir. Be

nachrichtige die Feiglinge, daß es Zeit ifi. fich um

dich zn perfammeln z fordere fowoh( die vom Thale

als die vom Berge auf. Schreie über die Tyrannei

der Decempirn, fprich von Oolchen, rufe Brntns

an, dann wirfi dn die Tribüne erfchrecken, und

Page 60: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

...56

felbfi die um dich fammelnz die man als Mitfchnl

dige Hebert's bedroht.' Du mußt dich"deinem.Zorn

liberlafi'en. Laßt uns wenigfiens-nichtientwaffnet

und erniedrigt wie der fchändliche Hebert fterben.

Danton,

Du hafi ein fchlechtes Gedächtniß. du nanntefi

mich einen todten Heiligen. Du hatteft mehr Recht.

als du glaubteft. Ich war bei den Sectionen, fie

waren ehrfurchtspoll. aber* wie Leilhenbitter. Ich bin

eine Reliquiez und Reliquien wirft man anf die

Gafi'ez du hattefi Recht.

Lhcroir,

. Warum hafi du es dazu kommen laffen?

* Danton. -

Dazu? Ia wahrhaftig. es war mir zuletzt lang

weilig, immer im nämlichen Rock herumzulanfenz

und die nämlichen Falten zu ziehen! Das ifi er

bärmlich z fo ein armfeliges Inftrument zu fpielenp

anf dem eine Saite immer nur einen Ton an

gibti - Das ift nicht zum Aushalten, L Ich wollte

mir's bequem machen. hab' es erreichtz die

Revolution feizt mich in Nuhez aber aufandere

Weifez als ich dachte. - Übrigens auf was fich

ftülzen? - iinfere Meißen könnten es noch mit den

Page 61: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_57.

Gnillotinen-Betfchwefiernaufnehmen; fonfi weiß ich

nichts. Es läßt fich an den Fingern herzählen:

Die Iacobiner haben erklärtz daß die Tugend an

der Tagesordnung fei. Die Cordeliers nennen mich

Hebert's Henker. der Gemeinderath thnt Buße. Der

Conbent -- das wäre noch ein Mittel! aber es

gäbe einen 81. Maiz fie würden nicht gutwillig

weichen. Robespierre ift das Dogma der Revolu

tion, es darf nicht ausgefirichen werden. Es ginge

auch nicht. Wir haben nicht die Repolutionz die

Revolution hat uns gemacht.- Undz- wenn es ginge

- ich will lieber guillotinirt werden z als guillotir

nit-en laffen. Ich habe es fattz wozu follen wir

Menfchen mit einander kämpfen? Wir follten uns

neben einander fehen und Ruhe haben. Es wurde

ein Fehler gemachy wie wir gefchaffen wnrdenz es

fehlt uns freilich etwasz ich habe keinen Namen

dafür. aber wir werden es uns einander nicht aus

den Eingeweiden herauswühlenf was follen wir uns

darum die Leiber aufbrechen? Gehtz wir find elende

Alchhmifien.

Camille.

Pathetifcher gefagtz würde es heißen: wie lange

foll die Menfchheit in ewigem Hunger ihre eignen

Page 62: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

._ 58 e..

Glieder freffen? Oder, wie lange foilen wir Schiz

beliebige auf einem Wrack in unlöfchbarem Durft

einander das Blut aus den Adern fangen? Oder.

wie lange fallen wir Algebraifien im Fieifch bei'm

Suchen nach dem unbekannten, ewig verweigerten x

unfere Rechnungen mit zerfelzten Gliedern fchreiben?

Oanton,

Du bifi ein |atkes Echo.

Camille.

Nicht wahr? -- ein Pifiolenfchuß fchallt gleich

wie ein Donnerfchiag. Defio befier für dichf du

follteft mich immer bei dir haben.

P h i l i p p e a u.

nnd Frankreich bleibt feinen Henkern ?

O a nt o n.

Was liegt daran? Die Leute befinden fich ganz

wohl dabei! Sie haben Unglück; kann man mehr

verlangen, um gerührt, edel, tugendhaft oder witzig

zu fein. oder um überhaupt keine Langeweile zu

haben? -- Ob fie nun an der Guillotine oder am

Fieber oder am Alter fierben! Es ifi noch vorzu

zieben, fie treten mit gelenken Gliedern hinter die

Couliß'en und können_ im Abgehen noch hübfch ge

fiikuliren und die Zufchauer klatfchen hören. Das

Page 63: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

„.59__

ifi ganz artig und paßt für unsF wir ftehen immer

auf dem Theater. wenn wir auch zuleßt im Ernfi

erfiomen werden. Es ifi recht gut. daß die Lebens

zeit ein wenig reduzirt wird, der Neck war zu lang

unfere Glieder konnten ihn nicht ausfüllen. Das

Leben wird ein (Ep-"gramm, das geht an; wer hat

auch Athem und Geifi genug für ein Epos in

fünfzig oder fechzig Gefangen? 's ift Zeit. daß man

das bischen Eff'en nicht mehr aus Zubernz fondern

aus Liqneur-Gläschen trinkt, fo bekommt man doch

das Maul voll. fonft konnte man kaum einige

Tropfen in dem plumpen Gefäß znfammenrinnen

machen. Endlich - -- ich müßte fchreien, das ifi

mit der Mühe zu viel, das Leben ifi nicht der Ar

beit werth, die man fich macht, es zu erhalten. *

Paris.

So flieh', Damon!

Oanton.

Nimmt man das Vaterland an den Schuhfohlen

mit? -» Und endlich -- und das ifi die Haupt

fache: fie werden's nicht wagen. (Zu Camille.) Komm,

mein Junge, ich fage dir: fie werden's nicht wagen.

Adieu. Adieu! (Damon und Camille ab.)

Page 64: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_. 60 ...

Philippeau.

Da geht er hin.

Lacroix.

Und glaubt kein Wort von dem, was er gefagt

hat. Nichts als Faulheit! Er will fich lieber

guillotiniren laff'en. als eine Rede halten.

_ Paris.

Was thun?

Lacroix,

Heim gehen und als Lucretia auf einen anfiäu

digen Fall fiudiren. *

Eine Promenade.

Spaziergänger.

Ein Bürger.

Meine gute Iaquelinep ich wollte fagen Corn

- - wollt' ich: Cor -- -

Simon.

Cornelia. Bürgerz Cornelia.

B ü rg e r.

Meine gute Cornelia hat mich mit einem Knäb

lein erfreut.

Simon.

Hat der Republik einen Sohn geboren.

Page 65: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

.. 61 _

Bürger.

Der Republik? Das lautet zu allgemein z man

k'c'nnte fagen -

Simon.

Das ifi's gradez* das Einzelne muß fich dem

Allgemeinen -

V ü rg e r.

Ach jaz das fagt meine Frau auch.

i Vänkelfänger (fingt).

Was doch ifiz was doch ifi

Aller Männer Freud' und Lüfi?

' Bürger.

Ach mit dem Namen z da komme ich gar nicht

in's Reine.

Simon,

Lauf' ihnz Pike Murat.

Vänkelfänger.

Unter Kummer, unter Sorgen

Sich bemühn vom frühen Morgen

Bis der Tag vorüber ifi.

Bürger.

Ich hätte gern drei; es ifi doch was mit der

Zahl drei , und dann was Nützliches und was

Nechtlichesz jetzt hab' ich's; Pflugz Robespierre.

Und dann das dritte?

Page 66: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

,.. 62 -

Simon.

Pike.

Bürger.

Ich dank' Euch, Nachbar z Pike z Pflug, Nodes

pierre. das find hübfche Namen, das macht fich fchöu.

Simon.

Ich fage dir. die Vruft deiner Cornelia wird

wie das Enter der rbmifchen Wölfin -- nein z das

geht nimtz* Romulns war ein Thrann, das geht nicht.

(Sehn vorbei.)

Ein Bettler (fingt.)

Eine Hand poll Erde und ein wenig Moos!

Liebe* Herren, fchbne Damen!

Erfter Herr.

Kerl. arbeite, du fiehfi ganz wohlgenährt aus.

Zweiter Herr.

Dal (Er gibt ihm'Seld.) Er hat eine Hand wie

Sammet. Das ifi unverfchämt.

Bettler.

Mein Herr, wo habt Ihr Euren Rock her?

Zweiter Herr.

Arbeit, Arbeit! du könntefk den nemlichenhaben;

ich will dir Arbeit geben. komm' zu mir, ich wohne ->

Bettler.

Herr. warum habt Ihr gearbeitet?"

Page 67: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_ 63 ....

Zweiter Herr.

Narr. um den Rock zu haben.

Bettler.

Ihr habt Euch gequält. um einen Genuß zu

haben. denn fo ein Rock ifi ein Genuß. ein Lum

pen thut's auch.

*Zweiter Herr.

Freilich. fonfi geht's nicht.

Bettler,

Daß ich ein Narr wäre. Das h;bt einander.

Die Sonne fcheint warm an das Eck und das geht

ganz leicht. (Singt.) Eine Hand voll Erde und ein

wenig Moos - *

Nofatie (zu Adelaiden).

Mach fort. da kommen Soldaten.

Bettler. ,

Ift auf diefer Erde eiufi mein letztes Loos!

Meine Herren. meine Damen!

x

Soldat.

Halt! wo hinaus. meine Kinder? (Zu Nofalie.)

Wie alt bift du?

Nofalie.

So alt wie mein kleiner Finger.

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._ 64 ...

Soldat.

Du bift fehr fpilz.

No-falie.

Und du fehr finmpf,

Soldat.

So will ich mich an dir wehen( (Er fängt.)

Chriftinlein. lieb' Chrifiinlein mein

Thnt dir der Schaden weh.

Schaden weh. Schaden weh. Schaden weh!

Rofalie (fingt).

Ach nein. ihr Herrn Soldaten.

* Ich hätt' es gerne meh'.

Gerne meh. gerne meh. gerne meh!

Oanton und Camille treten anf.

. Danton.

Geht das nicht luftig? -- Ich wittre was in

der Atmofphäre. es ifi . als brüte die Sonne

Anzucht aus. p * (Gehen vorbei.)

Junger Herr.

Ach. Madame. der Ton einer Glocke. das Abend

lieht an den Bäumen.das Blinken eines Sternes--*

Madame.

Dei-Duft einer Blume." die natürlichen Freuden.

Page 69: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_. 65 _.

diefer reine Genuß der Natur! (Zu ihrer Tochter.)

Sieh. Engenie- nur die Tugend hat Augen dafür.

Eugenie (tiißt ihrer Mutter die Hand).

Ach. Mama! Ich fehe nur Sie.

Madame,

Gutes Kind!

Junger Herr (zifchelt Eugenien uns Ohr).

Sehen Sie dort die hübfche Dame mit dem

alten Herrn? f

Cugenie,

Ich kenne fie.

Junger Herr.

Man fagt. ihr Frifeur habe fie n l'enj'anf frifirt.

Cugenie (lacht).

Vöfe Zunge!

Junger Herr,

Der alte Herr geht neben ihr. er fieht das

Kubsp'chen fchwellen und führt es in die Sonne

fpazieren. und meint. er fei der Gewitterregen. der

es habe wachfen machen.

Eugenie.

Wie unanfiändig! ich hätte Luft. roth zu werden.

Junger Her r.

Das könnte mich blaß machen. -

x.

0

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_66

D ant on* (zu Camille.)

Muthe mir nur nichts Ernfihaftes zu. Ich»

begreife nicht. warum die Leute nicht anf der Gaffe

ftehen bleiben und einander in's Geficht lachen.

Ich meine. fie müßten: zu den Fenfiern und zu den

Gräbern herauslachen. und der Himmel m'üffe

berften nnd. die Erde müffe fich wälzen vor Lachen.

(Gehen ab.)

Crfter Herr.

Ich verfichere Sie. eine aufferordentliche Ent

deckung. Alle* technifchen Kiinfte bekommen dadurch

eine andere Phhfiognomie. Die Menfchheit eilt

mit Niefenfchritten ihrer hohen Befiimmung entgegen..

Zweiter Herr.

Haben Sie das neue Stück gefehen? Ein baby

lonifcher Thurm. ein Gewirr von Gewölben. Trepp

chen. Gängen und das Alles fo leicht und kühn in

die Luft gefprengt, Man fchwindelt bei jedem Tritt.

Ein bizarrer Kopf» (Cr bleibt verlegen flehen.)

Erfter Herr.

Was haben* Sie denn?

Zweiter Herr.

Ach nichts! Ihre Hand. Herr! die Pfütze. fo!

Ich danke Ihnen. kaum kann ich vorbei; das konnte

gefährlich werden.

Page 71: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_67_

Crfcer Herr.

Sie fürchteten doch nicht?

Zweiter Herr.

Ia. die Erde ifi eine drinne Krufie. ich meine

immer. ich könnte durchfallen. wo fo ein Loch ifi. -

Man muß mit Vorficht auftreten. man könnte dnrch

brechen. Aber gehn Sie in's Theater. ich rathe

es Ihnen.

E i n gl? i m m e r,

Danton. Camille. Lucilc.

Camille.

Ich fage Euch. wenn fie nicht Alles in hölzer

nen Copien bekommen. verzettelt in Theatern. Con

certen und Kunfi-Ausfiellungen. fo haben fie weder

Augen noch Ohren dafür. Schniht einer eine Mario

nette. wo man den Strick hereinhängen fieht. an

dem fie gezerrt wird. und deren Gelenke bei jedem

Schritt iu fünffüßigen Iamben krachen. welch ein

Charakter. welche Confequenz! Nimmt Einer ein

Gefühlchen. eine Sentenz . einen Begriff. und zieht

ihm Rock und Hofen an. macht ihm Hände und

Füße. färbt ihm das Geficht. und läßt das Ding

5*

Page 72: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..68.,

fich drei Arte hindurch herumquälen, bis es fich

zuletzt verheirathet oder fich todt fchießt -- ein

Ideal! - Fiedelt .einer eine Oper, welche das

Schweben und Senken im nienfchlichen Leben wie

dergibt„ wie eine Thonpfeife mit Waffer die Nachti

gall - die Kunfi! .- Setzt die Leute aus dem

Theater auf die Gaffe - die erbärmliche Wirklich

keit! -- Sie vergefi'en ihren Herrgott über feinen

fchleihten Copifien. Von der Schöpfnng- die glü

hend, braufend und leuchtend in ihnen fich jeden

Augenblick nen gebiert- hören und fehen fie nichts.

Sie gehen in's Theater- (eien Gedichte und Romane,

fchneiden den Fratzen darin die Gefichter nach- und

fagen zn Gottes Geichöpfen: wie gewöhnlich! -

Die Griechen wußten h was fie fagten- wenn fie

erzählten, Phgmalions Statue fei lebendig gewor

den, habe aber keine Kinder bekommen.

Danton.

Und die Künfiler gehn mit der Natur um wie

David- der im September die Gemordeten- wie fie

aus der Force auf die Gafi'e geworfen wurden

kaltblütig zeichnete und fagte: ich erhafche die letzten

-Zncknngen des Lebens in diefen Böfewichtern.

(Damon wird herausgernfcn.)

Page 73: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..69...

Camille.

Was fagfi duf Lucile?

Lucile.

Nichts- ich fehe dich fo gern fprechen.

Camille,

Hörfi mich auch?

Lucile.

Ei freilich.

Camille.

Habe ich recht? Weißt du auch, was ich

gefagt habe?

Lucile.

Nein- wahrhaftig nicht.

(Damon kömmt zurück.)

Camille.

Was haft du?

Damon.

Der Wohlfahrts-Ausfchuß hat meine Verhaftung

befchlofi'en. Man hat mich gewarnt und mir einen

Zufluchtsort angeboten. Sie wollen meinen Kopfz

meinetwegen. Ich bin der Hudeleien überdriißig.

Mögen fie ihn nehmen- was liegt daran? Ich werde

mit Muth zu fierben wifi'enz das ifi leichter, als

zu leben,

Page 74: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-- ..70 *

Camille.

Danion, noch ift es Zeit.

Danton.

Unmögiich. - aber ich hätte nicht gedacht -

Camille.

Deine Trägheit!

Oanton.

Ich bin nicht träg, aber müdez meine Sohlen

brennen mich.

Camille.

Wo gehfi du hin?

D a n to n.

Ia- wer das wüßte!

Camille.

Im Ernfi, wohin?

D a n t o n.

Spazieren. mein Junge, fpazieren. (Er geht.)

L u cil e.

Ach, Camille!

C a m i ll e.

Sei ruhig. lieb Kind.

L u c i l e,

Wenn ich denke) daß fie dies Haupti--Mein

Camillex das ifi Narrheit. gelt. ich bin wahnfinnig?

Page 75: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

u.. 7,1- ..

Camille.

Sei ruhig. Dauton und ich find nicht Eins.

Lucile.

Die Erde ifi weit und es find viel Dinge dar

auf. warum denn grade das eine? Wer follte mic's

nehmen? Das wäre arg. Was wollten fie auch

damit anfangen?

Camille.

Ich wiederhole dir: du kannfi ruhig [ein. Gefiern

fprach ich mit Nobespierrez er war freundlich. Wir

find ein wenig gefpannt. das ifi wahrz verfchiedene

Anfichten. fonft nichts!

Lucile.

Such' ihn auf.

Camille.

Wir faßen auf einer Schulbank. Er war immer

finfier und einfam. Ich allein fuchte ihn auf und

machte ihn zuweilen lachen. Er hat mir immer

große Anhänglichkeit gezeigt. Ich gehe.

Lueile.

So fchnell- mein Freund? Geh! Komm! Nur

das ifie kiißtibn) und das! Gehi Geh! (Camille ab.)

- Das ifi eine böfe Zeit. Es geht einmal fo.

Wer kann da drüber hinaus ? Man muß fich faffen (fingt.)

Page 76: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_72.,

Ach fcheiden. ach fcheiden. ach fcheiden.

Wer hat fich das Scheiden erdacht? g

Wie kommt mir grade das in denKopf? Das ifi

nicht gut. daß es den Weg fo von felbft findet.-Wie

er hinaus ifi. war mir's. als könnte er nicht mehr .

umkehren. nnd müfi'e immer weiter weg von mir.

immer weiter. -7Wie das Zimmer fo leer ifiz die

Fenfier fiehen offen. als hätte ein Todter darin ge

legen. Ichhalt' es da oben nicht aus, (Sie geht.)

F r e i e s F e l d.

Oanton.

Ich mag nicht weiter. Ich mag in diefer Stille

mit dem Geplauder meiner Tritte und dem Keuchen

meines Athems nicht Lärmen machen. (Cr feht fich

nieder. nach einer Panic.) Man hat mir von' einer

Krankheit erzählt. die einem das Gedächtniß verlie

ren mache. Der Tod foll etwas davon haben.

Dann kommt mir manchmal die Hofi'uung. daß

er vielleicht noch kräftiger wirke und einem Alles

verlieren mache. - Wenn *das wäre! - Dann lief'

- ich wie ein Chrifi. inn einen Feind. d. h. mein

Gedächtniß. zu retten. - Der Ort foll ficher fein.

Page 77: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_73....

ja für mein Gedächtniß . aber nicht fiir mich; mir

gibt das Grab mehr Sicherheit. es fchaff't mir we

uigfiens Vergeff e n. Es tödtet mein Gedächtniß.

Dort aber lebt mein Gedächtniß und tödtet mich.

Ich oder es? Die Antwort ifi leicht, (Cr erhebt fich

und kehrt um.) - Ich kokettire mit dem Tod. es

ifi ganz angenehm. fo aus der Ferne mit dem

Lorgnon mit ihm zu liebäugeln. - Eigentlich muß

ich über die ganze Gefchichte lachen. Es ifi ein

Gefühl des Vleibens in mir. was mir fagt: mor

gen und übermorgen und weiter hinaus ifi Alles

wie eben. Das ifi leerer Lärm. man will mich

fchreckenz fie werden's nicht wagen! (Ab.)

Ein Yimmer.

(Es ifi Nacht.)

Damon (am Fennec).

Will denn das nie aufhören? Wird das Licht

nie ausglühen und der Schall nie modernz wiil's

denn nie fiill und dunkel werden. daß wir uns die

garftigen Sünden einander nicht mehr anhören und

anfehen? -- September! -

Page 78: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..74

Julie (ruft von innen.)

Danton! Damon!

Danton.

He?

Julie (tritt ein),

Was rnffi du?

Lancom.

Rief ich?

Julie,

Du fprachfi von garftigen Sünden und dann

fiöhnteft dn: September!

Danton.

Ich. ich? Nein. ich fprach nicht. das dacht' ich

kaum. das waren nur ganz leife heimliche Gedanken.

Julie.

Du zitterfi. Damon.

Oanton,

Und foll ich nicht zittern. wenn fo die Wände

plaudern? Wenn mein Leib fo zerfchellt ifi. daß

meine Gedanken unfiät. nmirrend mit den Lippen

'der Steine reden? Das ift feltfam.

Julie.

Georg. mein Georg!

Page 79: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_ 75 _

Oanton.

Ia. Julie. das ift feltfam. Ich mögte nicht

mehr denken. wenn das gleich fpricht. Es gibt

Gedanken. Julie. für die es keine Ohren geben

follle. Das ifi nicht gut. daß fie bei der Geburt

gleich fchreien. wie Kinder; das ifi nicht gut. -

Julie.

Gott erhalte dir deine Sinne. Georgi Georg.

erkeunfi du mich ?

Danton.

Ei warum nicht! Du bifi ein Menfch* und dann

eine Fruit und endlich meine Fran. und die Erde

hat fiinf Welttheile. Europa. Afien. Afrika. Ame

rika. Aufiralien und zwei mal zwei macht vier. Ich

bin bei Sinnen. fiehfi dn?-Schrie's nicht Septem

ber? Sagteft du nicht fo was?

. Julie.

Ja. Danton. durch alle Zimmer hört' ich's.

Danton.

Wie ich an's Fenfier kam - (er liebt hinaus)

, die Stadt ruhig. alle Lichter aus. *'

Julie.

Ein Kind fchreit in .der Nähe.

:XW

Page 80: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_ 76 _

Oanton.

Wie ich an's Fenfier kam -- durch alle Gaffen

i'chrie und zetert' es; September!

* Julie.

Du träumtefi. Dantonz faß' dich.

Danton.

Träumtefi? ja. ich träumte; doch das war an

ders. ich will dir es gleich fagen. mein armer Kopf

ifi fchwach. gleich! fo. jetzt hab' ich's. Unter mic

feucht die Erdkugel in ihrem Schwungz ich hatte fie

wie ein wildes Roß gepackt. mit riefigen Gliedern

wühlt' ich in ihren Mähnen und preßt ich ihre

Rippen. das Haupt abwärts gewandt. die Haare

flatternd über dem Abgrundz fo ward'ich gefchleift.

Da fchrie ich in der Angft und ich erwachte. Ich

trat an's Fenfier - und da hört' ich's. Julie. -*

Was das Wort nur will? *Warum gerade das?

Was hab' ich damit zu fchafi'en? Was fireckt es nach

mir die blutigen Hände?*Ich hab' es nicht gefchla

gen. - Q hilf mir. Julie. mein Sinn ifi fiumpf.

War's nicht im September. Julie?

Julie.

Die Könige waren noch vierzig Stunden von

Paris.

'

I

C

Page 81: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

.. *77 ..

Oanton.

Die Feftungen gefallen. die Arifiokraten in

der Stadt.

Julie.

Die Republik war verloren.

Danton. -

Ia. verloren. Wir konnten den Feind nicht im

Rücken fafi'en. wir wären Narren gewefen. zwei

Feinde auf einem Brett; wir oder fie. der Stärkere

ftößt den Schwächeren hinunter. ifi das nicht billig?

Julie.

'

Ia. Ia.

Danton.

Wir fchlugen fie. das war kein Mord. das war

Krieg nach innen.

Julie.

Du hafi das Vaterland gerettet.

Danton.

Ja. das hab' ich. das war Nothwehr. wir mußten.

- Der Mann am Kreuze hat fich's bequem gemacht;

es muß ja Ärgerniß kommen. doch wehe dem. durch

welchen Ärgerniß kommt. - Es mußz das war

dies Muß! - Wer will der Hand fluchen. auf die

der Fluch des Muß gefallen?-Wer hat das Mgß

I

Page 82: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_.78

gefprochen . wer? Was ifi das. was in uns lügt.

fiiehlt und mordet? - Puppen find wir. von un

bekannten Gewalten am Draht gezogen. nichts.

nichts wir felb|.-die Schwerter. mit denen Geifier

kämpfeni-man fieht nur die Hände nicht. wie im

Mährchen. - Jetzt bin ich ruhig.

Julie.

Ganz ruhig. lieb Herz?

Danton.

Ja. Julie. komm zu Bette.

Strasse vor Dantonle Haufe;

Simon. Bürgerfoldaten.

Simon.

Wie weit ifi's in der Nacht?

Crfier Bürger.

Was in der Nacht?

* Simon.

Wie weit ifi die Nacht?

e:

Page 83: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

.. 79 _.

Crfter Bürger.

So weit als zwifchen Sonnenuntergang und

Sonnenaufgang.

Simon.

Schuft. wieviel Uhr?

Criier Bürger.

Sieh auf dein Zifferblatt.

Simon.

Wir müffen hinauf! Fort. Bürger! Wir haften

'mit unfern Köpfen dafür. Todt oder lebendig! Er

hat gewaltige Glieder. Ich werde vorangehn. Bürger.

Der Freiheit eine Gafi'e! _Sorgt für mein Weib!

Eine Eiehenkrone werde ich ihr hinterlaffen. -

Nur vorwärts. Bürger. ihr werdet euch um das

Vaterland verdient machen.

Zweiter Bürger.

Ich wollte. das Vaterland machte fich um uns

verdient. “iiber all den Löchern. die wir in anderer

Leute Körper machen. ifi noch kein einziges in un

fern Hofen zugegangen.

Erfier Bürger.

Willft du. daß dir dein Hofenlatz zngiuge?

He. he. he!

Page 84: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-80..

Die Anbei-n,

'Her h9- he!

S im o n.

Fort. fort! *

(Sie dringen in Danton's Haus.)

ehier 'illational-Conuent.

Cine Gruppe von Oeputirten.

' Legendre. *

Soll denn das Schlachten der Deputirten nicht

anfhören?-Wer ift noch ficher. wenn Dantou fällt?

Cin Deputirter.

Was thnn ?

Ein An dere r.

Er muß vor den Schranken des Eonvents ge

hört werden-Der Erfolg diefes Mittels ifi fiiherz

was follen fie feiner Stimme entgegen fehen?

. Cin Anderer.

Unmöglich. ein Dekret verhindert uns.

L e g en d r e.

Es muß zurückgenommen oder eine Ausnahme

gefiattet werden. Ich werde den Antrag machen;

iih rechne auf eure Unterftühung.

Page 85: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-81_

Der Präfident.

Die Sitzung ifi eröffnet.

Legendre (befieigt die Tribüne).

Vier Mitglieder des National-Eonvents find ver

floffeue Nacht verhaftet worden. Ich weiß. daß

Damon einer von ihnen ifi. die Namen der iibrigen

kenne ich nicht. Mögen fie übrigens fein. wer fie

wollen. fo verlange ich. daß fie vor den Schranken

gehört werden. -- Bürger. ich erkläre es: ich halte

Damon für eben fo rein. wie mich felbft. und ich

glaube nicht. daß mir irgend ein Vorwurf gemacht

werden kann. Ich will kein Mitglied des Wohl

fahrts- oder des Sicherheits-Ausfchufi'es angreifen.

aber gegründete Urfachen lafi'en mich fürchten. Privat

haß und Privatleidenfchaften möchten der Freiheit

Männer entreifi'en. die ihr die größten Dienfie erwie

fen haben. Der Mann. welcher im Jahr 1792

Frankreich durch feine Energie rettete. verdient

gehört zu werden z er muß fich erklären dürfen.

wenn man ihn des Hochverraths anklagt.

(Heftige Bewegung.)

Einige Stimmen.

Wir unterfii'ihen Legendre's Vorfchlag.

6

Page 86: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_.. 8g _.

C'in Devuti'rter.

Wir find hier im Namen des Volkes. man kann

uns ohne den Willen unferer Wähler nicht von

unferen Plätzen reißen.

Ein Anderer.

Eure Worte riechen nach Leichen'. ihr habt fie

den Girondifien aus dem Munde genommen. Wollt

ihr Privilegien? Das Beil. des Gefetzes fchwebt

über allen Häupteru.

Ein Anderer.

Wir können unfern Ausfchüffen nicht erlauben.

die Gefetzgeber aus dem Afhl des Gefehes auf die

Guiilotine zu fchicken.

Ein Anderer.

Das Verbrechen hat kein Afhl. nur gekr'c'nte

Verbrechen finden* eins auf dem Thron,

E i n A n d e r e r.

Nur. Spitzbuben appelliren an, das Afhlrecht..

Ein Anderer.

Nur Mörder erkennen es nicht an;

Robespierre.

Die feit langer Zeit in diefer Verfammlung un:

bekamiteVerwii-rnng beiveifet. daß* es fich um große

Page 87: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

...83

Dinge handelt. Heute entfcheidet fich's. ob einige

Männer den Sieg über das Vaterland davon tragen

werden. - Wie könnt ihr eure Grundfätze weit

genug verläugnen. um heute einigen Individuen

das zu bewilligen. was ihr geftern Ehabot. Delau

cienz und Fahre verweigert habt? Was foll diefer

Unterfchied zu Gunfien einiger Männer? *Was

kümmern mich die Lobfprüche. die man fich felbft

nnd feinen Freunden fpendet? Nur zu viele Erfah

rungen haben uns gezeigt. was davon zu halten fei.

Wir. fragen nicht. ob ein Mann diefe oder jene

patriotifche Handlung vollbracht habe 5 wir fragen

nach feiner ganzen politifchen Laufbahn.- Legendre

fcheiut: die Namen der Verhafteten nicht zu wifi'enz

der ganze Eonvent kennt fie. Sein Freund Lacroix

ifi darunter. Warum fcheiut Legendre das nicht zu

wiffeu? Weil er wohl weiß. daß nur die Scham

lofigkeit Lacroix vertheidigen kann. Er nannte* nur

Danton. weil er glaubt. an diefen Namen knüpfe

fich ein Privilegium. Nein. .wir wollen keine Privi

legien. wir- wollen keine Götzen! (Beifall.) Was

hat Danton vor Lafahette. vor* Dnmouriez. vor

Briff'ot. Fabre. Ehabot. Hebert voraus? Was fagt

man von diefen.. was man nicht auch von ihm fagen -

r 6.:*

Page 88: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_84...

könnte? Wodurch verdient er einen Vorzug vor

feinen Mitbürgern? Etwat weil einige betrogene

Individuen und Andere, die fich nicht betrügen

ließeny fich unt ihn reihten h um in feinem Gefolge

dem Glück und der Macht in die Arme zu laufen?

-- Ie mehr er die Patrioten betrogen hat 7 welehe

Vertrauen in ihn feßten- defio nathdrücliicher muß

er die Strenge der Freiheitsfreunde empfinden. -

Man will euch Furcht einflößen vor dem Miß

brauche einer Gewalt, die ihr feibfl ausgeübt habt»

Man icht-eit über den Oefpotismus der Ausfchüfie,

als ob das Vertrauen, welches das Voll euch ge

fchenft- und das ihr diefen Ausfchüfi'en übertragen

habt- nicht eine fichere Garantie ihres Patriotismus

wäre. Man |ellt fich, als zittre man. Aber ich

fage euch, wer in diefetn Angenbicke zittern ifi fchul

dig, denn nie zittert die 1lnfchnld vor der öffent- _

lichen Wachfamkeit; (AflgemeinerVeifafl.) Man hat

auch mich fchrecken wollenz man gab mir zu verfie

hen, daß die Gefahr; indem fie fich Damon nähere,

anch bis zu mio dringen könne. -- Man fchrieb

rnit- Danton's Freunde hielten mich Umlage-rn* in

der Meinung, die Erinnerung an eine alte Verbin

dnng- der blinde Glaube an erheuehelte Tugenden

Page 89: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

._ 85 „.

könnten mich beftimmen- meinen Eifer und meine

Leidenfchaften für die Freiheit zu mäßigen. - So

erkläre ich denn: nichts foll mich aufhalten h nnd

follte auch Danton's Gefahr die meinige werden.

Wir haben alle etwas Muth und etwas Seelengrbße

nöthig. Nur Verbrecher und gemeine Seelen fürch

ten h Ihresgleichen an ihrer Seite fallen zu fehen

wei( fiel wenn keine Schaar von Mitfchnldigen fie

mehr verfieckt- fich dem Licht der Wahrheit ausgefeht

*fehen Aber wenn es dergleichen Seelen in diefer

Verfammlung gibt- fo gibt es in ihr auch heroifche.

Die Zahl der Schlitten ifi nicht großz wir haben

nur wenige Köpfe zu trefien und das Vaterland iii

gerettet. (Beifall.) Ich rerlangeh daß Legendre's

Vorfchlag zurückgewief'en werde. *

(Die Deputirten erheben fich fäinmtlich zum Zeichen

allgemeiner Veifiimmung.)

St. Init.

Es fcheiut in diefer Verfammlung einige empfind- .

liche Ohren zu geben- die das Wort: Blut nicht

wohl vertragen können. Einige allgemeine Betrach

tungen mögen fie überzeugen- daß wir ni>)t gran

famer find als die Natur und als die Zeit. Die

Natur folgt ruhig und unwiderfiehlieh ihren Gefelzenz

Page 90: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-89_

der Menfch wird vernichtet- wo er mit ihnen in

Conflict kommt. Eine Änderung in den Befiand

theilen der Luft, ein Auflodern des tellurifchen

Feuers, ein Schwanken in dem Gleichgewicht einer

Wafiermafi'e und eine Seuchex ein vulkaniWerAus

bruch- eine liberfchwemmung begraben Taufende.

Was ifi das Refultat? Eine unbedeutendeh im großen

Ganzen kaum bemerkbare Veränderung der phhfifchen

Natur, die fa.| fpurlos vorüber gegangen fein wiirde,

wenn nicht Leichen auf ihrem Wege lägen. *- Ich

frage nun: foll die geifiige Natur in ihren Revo

lutionen mehr Nückficht nehmenh als die phhfifche?

Soll eine Idee nicht eben fo gut wie ein Gefeß

der Phyfit vernichten dürfenx was fich ihr widerfelzt?

Soll überhaupt ein Ereignlß- was die ganze Gefial

tung der moralifchen Natur, d, h, der Menfchheitf

umändert, nicht durch Blut gehen dürfen? Der

Weltgeifi bedient fich in der geiftigen Sphäre unferer

Arme eben fo, wie er in der phyfifchen Vulkane

und Wafi'erfluthen gebraucht. Was liegt daran,

ob fie nun an einer Seuche oder an der Revolution

|erben? - .Die Schritte der Menfchheit find lang

fam, man kann fie nur nach Jahrhunderten zählen,

hinter jedem erheben fich die Gräber von Genera

Page 91: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..Mn

tionen. Das Gelang'en zu den einfachfien Erfin

dungen nnd Grundfähen hat Millionen das Leben

»gekofiet, die auf dem Wege |arben. Ifi es denn

nicht einfach- daß zu einer Zeit- wo der Gang der

Gefchäfte rafcher ifi, auch mehr Menfchen »anffer

Athem kommen? -- Wir fchließen fchnell und ein

fach: da Alle unter gleichen Verhältnifi'en gefchaffen

worden, fo find Alle gleich, die Unterfchiede abge

rechnet, welche die Natur felbfi gemacht hat. -

Es darf daher Jeder Vorzüge und darf daher Keiner

Vorrechte haben, weder im Einzelnen- noch eine

geringere oder größere Klafi'e von Individuen. Jedes

Glied diefes in der Wirklichkeit angewandten Saßes

hat feine Menfchen getödtet. Der 14, Juli, der

10. Augufi, der 31. Mai find feine Interpnnktions

zeichen. Er hatte vier Jahre Zeit nbthig- um in

der Körperwelt durchgeführt zu werden 7 und unter

gewöhnlichen Umfiünden hätte *er ein Jahrhundert

dazu gebrauchtf und wäre mit' Generationen inter

punktirt worden. Ifi es da fo zu verwundernh daß

der Strom der Revolution bei jedem Abfalzh bei

jeder neuen Krümmung feine Leichen ausfiößt? -

* Wir werden unferm Salze nach einige Schiüffe

hiuiilzufügen habenz follen einige hundert Leichen

Page 92: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-88_

uns verhindern- fie zu machen? - Mofes fiihrte

fein Volk durch das rothe Meer und in die Wüfieh, *

bis die alte verdorbene Generation fich aufgerieben

hattef ehe er den neuen Staat gründete. Gefetz

geber! Wir haben weder das rot-he Meer noch die

Wüfie, aber wir haben den Krieg und die Guille

tine. Die Revolution ifi wie die Töchter des Pelias;

fie zerfiückt die Menfchheit, um fie zu verjüngen.

Die Menfchheit wird aus dem Blutkefi'el wie die

Erde aus den Wellen der Sündfluth mit ltr-kräf

tigen Giiedern fich erhebern als wäre fie zum erfien

mal gefchafi'en.

(Langer anhaltender Beifall. Einige Mitglieder*

erheben fich im Enthufiasmus.)

St. Init.

Alle geheimen Feinde der Tyrannei- welche in

Europa und auf dem ganzen Erdkreife den Dolch

des Brutus unter ihren Gewündern tragen- fordern

wir aufy diefen erhabenen Augenblick mit uns zu theilen.

(Die Zuhörer und die Deputirten ftimmen die

Marfeillaife an.)

Page 93: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

Dritter Act*

Das Yuremburg. -“/( *'

Ein Saal rnit Gefangenen.

Chaumettex Payne, Merciert Het-null de

Sächelles und andere Oeputirten.

C h a u nt e tte (zupft Panne am Aermel.)

Hören Siex Pahne- es könnte doch fo fein! Vor:

hin iiberkam es mich foh ich habe heute Kopfweh„

helfen Sie mir ein wenig mit Ihren Schlüfi'enf es

ifi mir ganz unheimlich zn Muth.

Payne.

So koinnn Philofoph Anaragoras- ilH will dich

katechifiren. - Es gibt keinen Gotth denn:

entweder hat Gott die Welt gefchafien oder nicht.

Hat er fie nicht gefchafi'en, fo hat die Welt ihren

Grund in fich und es gibt keinen Gotth da Gott

nur dadurch Gott wirdf daß er den Grund alles

Seins enthält. Nun kann aber Gott die Welt

Page 94: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_ '90 ... l

'nicht gefchaffen habenz denn entweder ifi die Schöp

fung ewig wie Gott, oder fie hat einen Anfang.

.Ifi lehteres der Fall f fo muß Gott fie zu einem

befiimmten Zeitpunkt gefchaffen haben. Gott muß

alfo, nachdem er eine Ewigkeit geruht, einmal thü

tig geworden feinf muß alfo einmal eine Verände

rung in fich erlitten haben , die den Begriff Zeit

auf ihn anwenden läßt- was beides gegen das Wefen

Gottes fireitet. Gott kann alfo die Welt nicht

gefchafien haben. Da wir nun aber fehr deutlich

wifi'en , daß die Welt oder daß unfer Ich wenig

fiens vorhanden ifi und daß fie dem Vorhergehen

den nach alfo auch_ ihren Grund in fich oder in

etwas haben muß, das nicht Gott ifih fo kann es

keinen Gott geben. (Tewel erat clewonntraminm.

Ch a u m e t te.

Ei wahrhaftig , das gibt mir wieder Licht h ich

danke- danke. -

M e r c i e r.

Halten Sief Payne! Wenn aber die Schöpfung

nun ewig ifi?!

Payne.

Dann ifi fie fchon keine Schöpfung mehr7 dann

ifi fie Eins mit Gott oder ein Attribut defi'elbenF

Page 95: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-**- 91 *

wie Spinoza fagt. dann ifi Gott in Allem . in

Ihnen. Werthefier, im Philofophen Anaxagoras und

in mir. Das wäre fo übel nicht. aber fie müfi'en

mir zngefiehenf daß es gerade nicht viel um die

himmlifche Majefiät ifih wenn der liebe Herrgott,

in jedem von uns Zahnweh kriegen, lebendig begra

ben werden. oder wenigfiens die fehr unangenehmen

Vorfiellungen davon haben kann.

Mercier.

Aber eine Urfache muß doch da fein.

Payne

Wer läugnet das? Aber wer fagt Ihnen denn,

daß diefe Urfache das fei, was wir uns als Gott,

d. h, als das Vollkommenfie denken? Halten Sie

die Welt für vollkommen ?

Mercier.

Nein,

Payne.

Wie wollen Sie denn aus einer unvollkommenen

Wirkung auf eine vollkommene 1lrfachefchließen?

Voltaire wagte es eben fo wenig. es mit Gott. als

mit den Königen zu verderbeny deswegen that er

es. Wer einmal nichts hat- als Verfiand, und ihn

Page 96: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

...92.,

nicht einmal confequent zu gebrauchen weiß oder

wagn ifi ein Stiimper.

Mercier.

Ich frage dagegen, kann eine vollkommene ltr

fache eine vollkommene Wirkung haben 7 d. h. kann

etwas Vollkommenes was Vollkommenes fchafien? -

- Ifi das nicht unmöglich, weil das Gefchaffene

doch nie feinen Grund in fich haben kann- was

dochh wie Sie fagtenz zur Vollkommenheit gehört.

_ Cbaumette.

Schweigen Sie! Schweigen Sie!

Payne.

Beruhige dichf Philofoph. Sie haben Recht;

aberz muß denn Gott einmal fchafi'en. kann er nur

was Unvollkommenes fchaffen. fo läßt er es gefcheidter

ganz bleiben. Ift's nicht fehr menfchlich, uns Gott

nur als fthaffend denken zu können? Weil wir

uns immer rühren und fchütteln miiffen, um uns

nur immer fagen zn können: wir find! miifi'en wir

Gott auch dies elende Bedürfniß andichten? -

Müfi'en wir z wenn fich nnfer Geifi in das Wefen

einer harmonifch in fich ruhendenz ewigen Seligkeit

verfenktf gleich anne'hmenz fie ini-fie den Finger'

ausfirecken und über Tifch Brodmännchen knetem

Page 97: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-93_

aus überfchwänglichem Liebesbedürfniß. wie wir uns

ganz geheimnißvoll in die Ohren fagen? Müffen

wir das Alles h blos um uns zu Götterf'o'hnen

zu machen? Ich nehme mit einem geringern

Vater vorliebz wenigfiens werde ich ihm nicht

nahfagen können, daß er mich unter feinem

Stande in Schweinfiällen oder auf den Galeeren

habe erziehen lafi'en. _Schafft das Unvollkommene

wegz dann allein könnt ihr Gott demonfiriren.

Spinoza hat es verfucht. Man kann das Wife

längeren, aber nicht den Schmerz, nur der Verfiand

kann Gott beweifen h das Gefühl empört fich dage

gen. - Merke dir es , Anaxagoras, warum leide

ich? Das ifi der Fels des Atheismus. Das leifefie

Zncken des Schmerzes. und rege es fich nur in

einem Atomz macht einen Riß in der Schöpfung

von oben bis unten.

Mercier,

Und die Moral?

Payne.

Erfi beweifk ihr Gott aus der Moral und dann

die Moral aus Gott. Was wollt ihr denn mit

eurer Moral? Ich weiß nicht. ob es an und für

fich was Böfes oder was Gutes gibtf und habe

a

Page 98: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_.94

deswegen doch nicht nöthig, meine Handlungsweife

zu ändern. Ich handle meiner Natur gemäß; was

ihr angemefi'enp ifi für mich gut und ich thue es,

nnd was ihr zuwider-r ifi für mich bös und ich thue

es nicht und vertheidige mich dagegen, wenn es mir

in den Weg kommt. Sie k5nnen- wie man fo fagß

tngendhaft bleiben und firh gegen das fogenannte

Lafter wehren, ohne deswegen ihren Gegner ver

achten zu müfi'enp was ein gar trauriges Gefühl ifi.

Chaumette,

Wahr- fehr wahr!

Härault.

_ O Philofoph Anaxagorash man könnte aher auch

fagen: damit Gott Alles fei, müffe. er auch fein

eignes Gegentheil fein- d. h. vollkommen und nn

vollkommen- bbs und gut- felig und leidendz das

Refultat freilich würde gleich Null fein 7 es wiirde

fich gegenfeitig heben- wir kämen zu Nichts.-Freue

dich h' du kommft glücklich dnrch„ dn kannfi ganz.

ruhig in Madame Momero, das Meifierfitick der

Natur anbeten.

C b a um e tte(

-Ich danke Ihnen verbindlichfih meine» Herren.

. (Ab.),

Page 99: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-95_

Payne

Er traut noch nichth er wird fich zu guter Lehr

noch die *Olnng geben p die Füße nach Mecca zn

legen, und fich befchneiden laffenf um ja keinen Weg»

zu verfehlen.

(Damon; Lacroix. Camille, Philippeau wer

' den het-eingeführt.)

Herault (liiuft auf Damon zu und umarmt ihn).

Guten Morgen! Gute Nacht! -follie ich fagen.

Ich kann nicht fragen7 wie haftdn gefchlafen? Wie

wirft du fchlafen? -

Danton.

Nun-gun man muß lachend zu Bett gehn.

* Mercier (zu Panne).

Diefe Dogge mit Tanbenfitigelni Er ifi der

bbfe Genius der Nevolution- er wagte* fich an feine

Mutterf aber fie war |ärker als er.

' P a y n e.

Sein Leben und- fein Tod find ein gleich großes

Unglück.

Lacroix ("ru Damon.)

Ich dachte nichh daß fie fo fchnell kommen wiirden..

_ Danton.

Ich wußc' esh man hatte mich gewarnt„

Page 100: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-96_

Lacroix.

lind du haft nichts gefagt?

Oanton.

Zu was? Ein Schlagfiuß iii der befie Lodz

wollteft du zuvor krank fein? lind - ich dachte

nicht, daß fie es wagen würden. (Zu Hsranlt.) Es

ifi [reifer. fich in die Erde legeuh als fich Leichdörner

auf ihr laufen; ich habe fie lieber zum Kiffen. als

zum Sehe-mel,

Heranlt.

Wir werden wenigfiens nicht mit Schwielen an

den Fingern der hübi'chen Dame Verweiung die

Wangen fireicheln.

Camille (in Damon),

Gib dir nur keine Mühe z du magfi die Zunge

noch fo weit zum Hals heraushängen, du kannfi

dir damit doch nicht den Todesichweiß *von der

Stil-ne lecken. O Lucilel das ifi ein großer Iammer.

(Die Gefangenen drängen fich um die nen

Angekommenen.)

Danton (zu Payne).

Was Sie für das Wohl Ihres Landes gethan,

habe ich für das meiuige verfucht. Ich *war weni

ger glücklich, man fchickt mich auf's Schaffotz mei

netwegen, ich werde nicht fiolpcrn.

Page 101: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

... 97 ...

Mercier (zuDanton).

Das Blut der Zweinndzwanzig erfäuft dich.

Ein Gefangener (zu Hör-amt),

Die Macht des Volkes und die Macht der Ver

nunft find eins.

Ein Anderer (zu Camille.)

Nunx Generalproknrator der Laterne- deine Ver

befferung der Straßenbeleuchtung hat in Frankreich

nicht heller gemacht.

Ein Anderer.

Laßt ihn! das find die Lippenj welche das Wort

Erbarmen gefprochen.

(Er umarmt Camiller mehrere Gefangene

folgen feinem Veifpiel.)

Philippeau.

Wir find Priefter- die mit Sterbenden gebetet

haben, wir find angefieckt worden und |erben an

der nämlichen Seuche.

Einige Stimmen.

Der Streich- der Euch trifft, tbdtet uns Alle.

Camille.

Meine Herren h ich beklage fehrh daß unfere

Anfirengnngen fo fruchtlos warenz ich gehe auf's

'7

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-98_

Schaffotz weil mir die Augen über das Loos einiger

Unglückliazen naß geworden.

Ein Yimtner.

Fouqui-er-Tinuille. Hermann.

F o n qu i e r.

Alles bereit?

H e r m an n.

Es wird fchwer haltenz wäre Damon nicht dar

unter- fo ginge es leicht.

Fouqnier.

Er muß vortanzen.

H e r m a n n.

Er wird die Gefchworuen erfchrecken, er ifi die

Vogelfcheuche »der Revolution.

F o u qn ie r,

Die Gefchwornen müfi'en wollen.

* Hermann.

Ein Mittel wüßt' ichz aber es wird die gefeh

liche Form verlehen.

F o u qn ie r.

Nur zu.

Page 103: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

... 99 ._

Hermann.

Wir (ofen nicht, fandern fuchen die Handfefien aus.

Fouquier.

Das muß gehen, das wird ein gutes Hecken

feuer geben, Es find ihrer neunzehn. Sie find

gefchickt zufammengewürfelt. Die vier Fälfcherf

dann einige Banquiers und Fremde. Das ifi ein

pikantes Gericht. Das Volk braucht dergleichen.

Alfa zuverläßige Leute. Wer zum Veifpiel?

Hermann.

Leroip'er ifi taub und hört daher nichts von all'

dem, was die Angeklagten vorbringen. Damon mag

fich den Hals bei ihm ranh fchreien.

Fouquier.

Sehr gutz weiter!

Hermann.

Vilatte und Lamiere, der eine fitzt immer in der

Lrinkfinbe und der andere [chläft immer. Beide

öffnen den Mund nur, um das Wort: f chuldig

zu fagen. - Girard hat den *Grundfaß h es dürfe

Keiner entwifchen- der einmal vor das Tribunal

gefiellt fei. Nenaudin -

Fouquien

Auw der? .Erhalf einmal einigen Pfaffen dura).

7*

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_. 100 _.

Hermann.

*Sei ruhig. vor einigen Tagen kommt er zu mir

und verlangt. man folie allen Verurtheilten vor der

Hinrichtung zur Ader laifen. um fie ein wenig matt

zu machenz ihre trohige Haltung ärgere ihn.

F o n q u i e r.

* Ah, fehr gut. Alfo ich verlafi'e mich drauf!

Hermann.

Laß mich nur machen.

Das Y'nrembnrg.

Ein Eorridor.

Lacroix. Danton. Mercier und andere Ge:

fangene auf und abgehend.

Lacroix (zu einem Gefangenen).

Wie. fo viel 1ii1glückliche. und in einem 'fo

eienden Znfiande?

Der Gefangene.

Haben Ihnen die Guillotin-en-Karren nie gefagt.

daß Paris eine Schlachtbank ifi?

Mercier.

Nicht wahr. Lacroix? Die Gleichheit fchwingt

Page 105: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-101-

ihre Sichel über allen Häuptern; die Lava der Revo

lution fließt; die Guillotine republikanifirt! Da klat

fchen die Galerien und die Römer reiben fich die

Hände; aber fie hören das Röcheln der Opfer nicht..

Geht einmal Euern Phrafen nach; bis zu dem

Punkt, wo fie verkörpert werden. Vlickt um Euch;

das Alles habt Ihr gefprochen; es tft eine mimifche

llberfeßung Eurer Worte. Diefe Elenden, ihre

Henker und die Guillotine find Eure lebendig ge

wordenen Reden. Ihr bautet Euer Syfiem; wie

Bajazet feine Pyramiden; aus Menfchenkbpfen.

Danton.

Du haft Recht! - Man arbeitet heut zu Tag

Alles in Menfchenfleifch. Das ifi der Fluch unferer

Zeit. Mein Leib wird jetzt auch verbraucht. - Es

ifi gerade ein Jahr; daß ich das Nevolutions-Tri

bunal fchuf. Ich bitte Gott und die Menfchen dafiir

um Verzeihung. ich wollte neuen Sepiembermorden

zuvorkommen; ich hoffte; Unfchuldige zu retten;

aber diefer langfame Mord mit feinen Formalitäten

ifi gräßlicher und eben fo unvermeidlich. Meine

Herren; ich hoffte ; Sie Alle diefen Ort verlaffen

zu machen.

Page 106: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_ 102 ....

Mercier.

O. her-ausgehen werden wir.

Danton.

Ich bin jetzt bei Ihnen; der Himmel weiß. wie

das enden foll.

_Das Uerolntions-Tribunal.

Hermann (in Damon).

Ihr Name. Bürger.

Danton,

Die Revolution nennt meinen Namen. Meine

Wohnung ifi bald' im Nichts und mein Name im

Pantheon der Gefchichte.

Hermann.

Damon. der Convent befchuldigt Sie. mit Mira

b“ea*n. mit Oumouriez. mit Orleans. mit den Giron

-difien. mit den Fremden“ und der Faction Lud

wigs 7W", konfpi'rirt zn haben.

Danton.

Meine Stimme. die ich fo o'ft für die Sache

des Volkes ertönen ließ. wird ohne Mühe die Ver

läumdung znrückweifen. Die Elenden. welche mich

Page 107: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..103

anklagen. mögen hier erfcheinen. und ich werde fie

mit Schande bedecken. Die Ausfchüfi'e mögen fich

hierher begeben. ich werde nur vor ihnen antworten.

Ich habe fie als Kläger und als Zeugen nöthig.

Sie mögen fich zeigen. -- übrigens. was liegt mir

an Euch und Eurem Unheil? Ich habe es Euch

fchon gefagt: das Nichts wird bald mein Afhl fein;

- das Leben ifi mir zur Laft. man mag mir es

entreißen. ich fehne mich danach. es abzufchütteln.

Hermann.

Damon. die Kühnheit ii't dem Verbrecher. die

Ruhe der Unfchuld eigen.

Danton,

Prioatkühnheit ifi ohne Zweifel zn radeln. aber

jene Nationalkiihnheit. die ich fo oft gezeigt. mit

welcher ich fo oft für die Freiheit gekämpft habe.

ifi die verdienfivollfie aller Tugenden. - Sie ifi

meine Kühnheit. fie* ifi es. der ich mich hier zum

Befien der Republik gegen meine erbärmlichen An

kläger bediene. Kann ich mich faffen. wenn ich

mich auf eine fo niedrige Weife vcriäumdet fehe?

-- Von einem Revolutionär. wie ich. darf man

keine kalte Ve'theidigung erwarten. Männer meines

Schlages find in Revolutionen unfchähbar. auf

Page 108: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

»7104

ihrer Stirne fchwebt das Genie der Freiheit. (Zeichen '

von Veifall unter den Zuhörern.) - Mich klagt man

an; mit MirabeaU; mit Dumouriez; mit Orleans

konfpirirt; zu den Füßen elender Defpoten gefeffen

zu haben; mich fordert man auf; vor der unent

rinnbaren; unbeugfamen Gerechtigkeit zu antworten.

- Du elender St. Iuft wirft der Nachwelt für

diefe Läfterung verantwortlich feini

Hermann.

Ich fordere Sie auf; mit Ruhe zu antworten;

gedenken Sie Marat's, er trat mit Ehrfurcht vor

feine Richter.

Danton.

Sie haben die Hände an mein ganzes Leben

gelegt. fo mag es fich denn aufrichten und ihnen

entgegentreten; unter dem Gewicht jeder meiner

Handlungen werde ich fie begraben. -- Ich bin

nicht fiolz darauf. Das Schickfal führt uns die

Arme; aber nur gewaltige Naturen find feine Or

gane. - Ich habe auf dem Marsfelde dem König

nigthum den Krieg erklärt; ich habe es am 10.

Augufi gefchlagen; ich habe es am 21. Januar

getödtet, und den Königen einen Königskopf als

Fehdehandfchuh hingeworfen. (Wiederholte Zeichen

Page 109: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-105-

von Beifall. - Er nimmt die Anklage-Arie.) - Wenn

ich einen Blick auf diefe Schandfchrift werfe; fühle

ich mein ganzes Wefen beben. Wer find denn die;

welche Danton nöthigen mußten; fich an jenem denk

würdigen .Tage (am 10. Auguft) zu zeigen? Wer

find denn die privilegirten Wefen; von denen er

feine Energie borgte? -- Meine Ankläger mögen

erfcheinen! Ich bin ganz bei Sinnen; wenn ich es

verlange. Ich werde die platten Schurken entlarven

und fie in das Nichts zurückfchleudern; aus dem fie

nie hätten hervorkriechen follen.

Hermann (fchellt).

Hören Sie die Klingel nicht?

Danton.

Die Stimme eines Menfchen; welcher feine Ehre

und fein Leben vertheidigt; muß deine Schelle tiber

fchreien. _Icy habe im September die junge Brut

der Revolution mit den zerfir'ickten Leibern der Ari

fiokraten geäzt. Meine Stimme hat aus dem Golde

der Ariftokraten und Reichen dem Volke Waffen

gefchmiedet. Meine Stimme war der Orkan; welcher

die Satelliten des Despotismus unter Wogen von

Bajonetten begrub. (Lauter Beifall.)

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_. x06 ...

Hermann. _

Damon; Ihre Stimme ifi erfchöpft. Sie find

zu heftig bewegt. Sie werden das Nächfiemal- Ihre

Vertheidigung befchließen. Sie haben Ruhe nöthig.

- Die Sitzung ifi aufgehoben.

Oanton.

Jetzt kennt Ihr Damon; noch wenige Stunden

und er wird in denArmen des Ruhmes entfchlummern.

Das Yurembnrg.

Ein Kerker.

Dillon; Laflotte; ein Gefangenwärtcr.

Dill-on.

Kerl; leuchte mir mit deiner Ref-e nicht fa in's

Gefirbf- Ha. hqi hal

Laflotte.

Halte den Mund zu; deine Mondfichel hat einen

Hof. Ha; ha; ha; ha!

Wärter,

Ha; ha; ha! Glaubt Ihr; Herr; daß Ihr bei

ihrem Smein lefen könntet?

(Zeigt auf einen Zettel; den er in der Hand bild)

Page 111: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..107...

Dillon.

Gib her!

Wartet.

Herr; mein Mondfchein hat Ebbe bei mir gemacht.

Laflotte.

Deine Hofen fehen aus; als ob Fluth wäre.

Wärter,

Nein; fie ziehen Wafi'er. (Zn Dillon.) Sie hat

fich vor Eurer Sonne verkrochen; Herr; Ihr müßt

mir das geben; das fie wieder feurig macht; wenn

Ihr dabei lefen wollt.

Dillon.

Da Kerl! Pack' dich. (Er gibt ihm Geld. Wörter

ab. -* Liefc.) Danton hat das Tribunal erfchreckt;

die Gefchwornen fchwankten; die Zuhörer murrten.

Der Zndrang war außerordentlich. Das Volk drängte

fich um den Iuftizpallafi und fiand bis zu den

Blinken. Eine Hand voll Geld; ein Arm eudlich;--

hm! hm! (Er geht auf und ab; und fcbenkt fich von

Zeit zu Zeit aus einer Flafohe ein.) - Hält' ich nur

den Fuß auf der Gaffe. Ich werde mich nicht fo

fchlachten laffen, Ia; nur den Fuß auf derGaffei

Laflotte.

Und auf dem Karren;- das ifi eins,

Page 112: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

... 108 ...

Dillon.

Meinfi du? Da liegen noch ein Paar Schritte

dazwifchen- lang genug, um fie mit den Leichen der

Decemvirn zu meßen. -- - Es ifi endlich Zeit,

daß die rechtfchaffnen Leute das Haupt erheben.

Laflotte (für fich),

Defio beffer7 um fo leichter ifi es zu treffen.

Nur zug Alter, noch einige Gläfer und ich werde flott.

Dillon.

Die Schurkem die Narren, fie werden fich zu.

letzt noch felbfi guillotiniren. (Er läuft auf und ab.)

Laflotte (bei Seite).

Man könnte das Leben ordentlich wieder lieb

haben- wie fein Kind. wenn man fich's felbfi gege

ben. Das kommt grade nicht oft vor- daß man

fo mit dem Zufall Blutfchande treiben und fein

eigener Vater werden kann. Vater und Kind zu

gleich. Ein behaglicher Ödipus! *

Dillon.

Damon und Camille's Weiber mögen Affignaten

unter das Volk werfen, das ifi befier als Köpfe.

Laflotte.

Ich würde mir hintennach die Augen nicht aus

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...109

reißenz ich könnte fie nbthig haben- um den guten

General zu beweinen.

Dillon.

Die Hand an Danton! - Wer ifi noch ficher?

Die Furcht wird fie. vereinigen.

Laflotte.

Er ifi doch verloren. Was ifi's denn- wenn

ich anf eine Leiche trete. um aus dem Grab zn

klettern? *

Dillon. _

Nur .den Fuß auf der Gafi'el Ich werde Leute

genug finden- alte Soldaten- Girondifiem Ex-Adeligez

wir erbrechen die Gefängnifi'e, wir müfien uns mit

den Gefangenen verfiändigen.

Laflotte.

Nun freilich f es riecht ein wenig nach Schur

kerei. Was thut's? Ich hätte Lufi- auch das zn

verfuchenz ich war bisher zu einfeitig. Man bekommt

Gewifi'ensbifi'e7 das ifi doch eine AbweÖslnng; es

ifi nicht fo unangenehm- feinen eigenen Gefiank zn

riechen. - Die Ausficht auf die Guillotine ifi mir

langweilig geworden, fo lange auf die Sache zu

warten! Ich habe fie im Geifi fchon zwanzigmal

Page 114: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_110

durehprobirt. Es ifi auch gar nichts ?pikantes mehr

draw es ifi ganz gemein geworden.

Dillon.

Man muß Danton's Frau ein Biller zukom

men lafi'en.

Laflotte.

lind dann - ich fürchte den Tod nichn aber

den Schmerz. -- Es könnte wehe thun h wer fieht

mir dafür? Man fagt zwar- es fei nur ein Augen

blick; aber der Schmerz hat ein feineres Zeitmaaß

er zerlegt eine Tertie. Nein! Der Schmerz ifi die

einzige Sündex und das Leiden ifi das einzige

Lafierz ich werde tngendhaft bleiben.

Dillon.

Höre, Laflotte, wo ifi der Kerl hingekommen?

Ich habe Geld, das muß gehen; wir milfi'en das

Eifen fchmieden. mein Plan ifi fertig.

Laflotte.

Gleich, gleich! ich kenne den Schließer. ich werde

mit ihm fpreehen, du kannfi auf mich zählt-ng Gene.

tal. -wir werden aus dem Loch kommen (für fich im

Hinauelgehen). um in ein anderes zn gehen, ich in

das weite-fie, die Welt.- er -in das engfie, das Grab.

Page 115: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-Ul

Der Wohlfahrts-Zuelchul's.

St. Init. Barrel-e. Callot d'Hei-bois.

Billaud. Varennes.

Warte-re.

Was fchreibt Fouquier?

St. Iufi.

Das zweite Verhbr ifi vorbei. Die Gefangenen

verlangen das Erfeheinen mehrerer Mitglieder des

Convents und des Wohlfahrts-Ausfchuffes- fie appel

liren an das Volk. wegen Verweigerung der Zeugen,

Die Bewegung der Gemüther foll nnbefchreiblieh

fein. - Bauten parodirte deu Jupiter und fchüt

ielte die Locken.

Callot.

Um fo leichter wird ihn Samlon packen.

Bar-Wee.

Wir dürfen uns nicht zeigen, die Fifehwei

ber und die Lnmpenfammler könnten uns weniger

impofant finden.

Villaud. .

Das Volk hat einen Infiniti, fich treten zu

lafi'en, und wäre es nur mit Vlicien- dergleichen

Page 116: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_112

infolente Phhfiognomien gefallen ihm. Solche Mienen

find ärger. als ein adliges Wappeuz der feine Ari

fiokraiismus der Menfchenverachtung filzt auf ihnen.

es _fbllte fie jeder einfchlagen helfen. den es ver

drießt. einen Blick von oben herunter zu erhalten.

' Bart-Zee.

Er ifi wie der hbrnerne Siegfried. das Bini

der Septembrifeurs hat ihn unverwundbar gemacht.

- Was fagt Nobespierre?

Sf. Juli.

Er thut. als ob er etwas zu fagen hätte. Die

Gefchwornen müfien fich fiir hinlänglich unterrichtet

erklären und die Debatten fchließen.

Vartkre.

Unmbglich. das geht nicht.

St. Init.

Sie müffeu weg. um jeden Preis. und follten

wir fie mit den eignen Händen erwürgen. Wagt!

- Damon foll uns das Wort nicht nmfonfi gelehrt

haben. Die Revolution wird iiber ihre Leichen

nicht ftolpern. aber bleibt Dantou am Leben. fo

wird er fie am Gewand fafi'en und er hat etwas in

feiner Gefialt. als ob er die Freiheit nothzüchtigen

*fönme- (St. Init wird hei-ausgerufen.)

Page 117: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_113-

(Der Schließer tritt ein.)

Schließer.

In St. Pelagie liegen Gefangene am Sterben.

fie verlangen einen Arzt.

Billaud. .

Das ifi unnbthig. fo viel Mühe weniger für

den Srharfrichter.

S ch lie ß e r. e

Es find fchwangere Weiber dabei.

B i ll a u d.

Defio befi'er. da brauchen ihre Kinder keinen Sarg.

B a r r e r e,

Die Schwindfucht eines Arifiofraten fpart dem

Revolutions-Trlbunal eine Sißung. Jede Arznei

wäre contrerevolntionär.

Callot (nimmt ein Papier).

Eine Abfchrifti ein Weibername!

Bari-kee.

Wohl eine von denen. die gezwungen fein möch

ten. zwifchen einem Guilloiinenbrett und dem Bett

eines Iacobiners zn wählen. Die wie Lncretien'

nach dem Verlufi ihrer Ehre |erben. aber etwas

fpäter als die Rbmerin - im Kindbett. oder aus Alters

t'chwäche. - Es mag nicht fo unangeuehmfeiu.

8

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_114-

einen Tarquinins aus der Tugendrepnblik einer Jung

frau zu treiben.

Callot.

Sie ifi zu alt. Madame verlangt den Tod.

fie weiß fich auszudrücken. das Gefängniß liegt auf

ihr wie ein Sargdeckel. Sie fitzt erfi fett vier

Wochen. Die Antwort ifi leicht. (Erfclneibinndlieft.)

Bürgerin. es ifi noch nicht lange genug .t daß du

den Tod wünfchefi.

Bart-dee.

Gut gefagt. Aber Callot. es ifi nicht gut. daß

die Guillotin'e zu lachen anfängt; die Leute haben

fonfi keine Furcht mehr davor. man muß fich nicht

fo familiär machen.

(St. Iuft kommt zurück.)

St. Init.

.Eben erhalte ich eine Denunciation. Man con

fpirirt in den Gefängniffen; ein junger Menfch.

Namens Laflotte. hat Alles entdeckt. Er faß mit

Dillon im nämlichen Zimmer. Dillon hat getrun

ken und geplaudert.

Barrel-e.

Er fchneidet fich mit feiner Vouteille den Hals

abz das ifi fchon mehr vorgekommen.

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-- 115 -

St. Init.

Danton's und Camille's Weiber [ollen Geld

unter das Volk werfen. Dillon i'oll ausbrechen. man

will die Gefangenen befreien. der Convent foll

gefprengt werden.

Bari-dee.

Das find Mährchen.

St. Init.

Wir werden fie aber mit dem Mährchen in Schlaf

erzählen. Die Anzeige habe ich in Händen. dazu

die Keckheit der Angeklagten. das Murren des Volks.

die Befiürzung der Gefchwornenz ich werde einen

Bericht machen.

VarrEre.

Ia. geh. St. Init. und ipinne deine Perioden.

worin jedes Komma ein Säbelhieb und jeder Punkt

ein abgefchlagener Kopf iii.

St. Init.

Der Convent muß dekretiren. das Tribunal folie

ohne Unterbrechung den Proceß fortführen. und

dürfe jeden Angeklagten. welcher die dem Gerichte

fchuldige Achtung verletzte oder fibrende Auftritte

reranlafite. von den Debatten ansi'chließen.

8 B

Page 120: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

- 116 -

Barrere.

Du hair, einen revolutionären Infiinkt. das

lautet ganz gemäßigt nnd wird doch feine Wirkung

thuu. Sie können nicht fchweigen. Danton muß

fchreien.

St. Init,

Ich zähle auf Eure llnterfiiißung. Es gibt

Leute im Conoent. die eben fo krank find wie Dan

pton. und welche die nämliche Kur fürchten. Sie

haben wieder Muth bekommen. fie werden über Ver

letzung der Formen fchreien.

B artere (ihn untrrbrechend).

Ich werde ihnen fagen: Zu Nom wurde der _

Conful. welcher die Verfchwbrung des Catilina ent

deckte. und die Verbrecher auf der Stelle mit dem

Tod befirai'te. der verletzten Fbrmlichleit angeklagt,

Wer waren feine Ankläger?

E allot (mit Pathos),

Geh. St. Iufi. die Lava der Revolution fließt.

Die Freiheit wird die Schwächlinge. welche ihren

mächtigen Schooß befruchten wollten. in ihren Urn

armnngeu erfiicken. die Majefta't des Volkes wird

ihnen wie Jupiter der Seuiele. unter Donner nnd

Blitz erfcheinen und fie zu Afche gliihen, Geh.

Page 121: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-117-'

St, Iufi. wir werden dir helfen. der Drnnerleil

muß die Häupter der Feiglinge zerfchlendern.

(St. Init ab.)

Barrere.

Haft du das Wort Kur gehört? Sie werden

noch'aus der Guillotine ein Specificum maÖen.

Sie kämpfen nicht mit den Moderirten. fie kämpfen

mit dem Laiter. -

* Billaud.

Bis jeßt geht unfer Weg zufammen.

Barrel-e.

Robespierre'will aus der Revolution ?nen Hör

faal für Moral machen und die Guillotine als Ka

theder gebrauchen.

Villaud.

Oder'als Betfchemel.

Callot.

Auf dem 'er aber alsdann nicht fiehen. fondern

liegen foll. ' .

Bari-irre.

Das wird leicht gehen. Die Welt müßte auf

dem Kopf flehen. wenn die fogenannten Spißbuben

von den fogenannten rechtlichen Leuten gehängt

werden follten.

Page 122: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

- 118 -

Callot (du Barriere).

Wann kommii du wieder nach Clichh?

Barrizre.

Wenn der Arzt nicht mehr zu mir kommt.

VarrEi-e (allein).

Die Ungeheuer! - „Es ifi noch nicht lange

genug. daß du den Tod wünfchefi!“ Diefe Worte

hätten die Zunge müff'en verdorren machen. die fie

gefprochen. -- Und ich? -- Als die Septembri

feurs in die Gefängnifi'e drangen. faßt ein Gefan

gener fein Meii'er. er drängt fich unter die Mörder.

er fftößt es in die Bruft eines Priefiers. er ifi

gerettet! -- Wer kann was dawider haben? _Ob

ich nun unter die Mörder dränge. oder mich in den

Wohlfahrts-Ausfchuß fehe. ob ich ein Guillotinen

oder ein Tafchenmefi'er nehme? Es ifi der näm

liche Fall. nur mit etwas verwickelteren Umfiänden.

die Grundverhältniffe find fich gleich. - Und dürft'

er Einen morden. dürft' er auch Zwei. auch Drei.

auch noch mehr? wo hört das auf? da kommen

die Gerfienkörner. machen zwei einen Haufen. dann

Vier. wie viel dann? Komm. mein Gewifi'en.

komm. mein Hühnchen. komm. da iii Futter. -

Doch - war ich auch Gefangener?, Verdäch

Page 123: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-119

tig war ich. das läuft auf Eins hinaus. der Tod

war mir gewiß. (Ab.)

Die Conriergerie.

Lacroix. Danton. Philippeau. Camille.

Lacroix.

Du haft gut gefchrieen. Danton; hätteft du dich

früher fo um dein Leben gequält. es wäre jeßt an

ders. Nicht wahr. wenn der Tod Einem fo unver

fchämt nahe kommt und fo aus dem Hals fiinkt

und immer zudringlicher wird ?

Camille.

Wenn er noch feinen Raub unter Ringen und

Kampf aus den heißen Gliedern riß! aber fo in

allen Formalitäten. wie bei der Hochzeit mit einem

alten Weihe. wie die Pakten aufgefelzt. wie die Zeu

gen gerufen. wie das Amen gefagt und wie dann

die Bettdecke gehoben wird und es langfam herein

kriecht mit feinen kalten Gliedern!

' Danton. _

Wär' es ein Kampf. daß die Arme und Zähne

einander packteni aber es ifi mir. als wäre ich in

Page 124: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_120...

ein Mülnwerk gefallen und die Glieder würden mir

langfam fhfiematifch von der kalten phhfifchen Ge

walt abgedreht. So mechanifch getödtet zu werden]

Camille.

Und dann da liegen. allein. kalt. fieif in dem

feuchten Duni! der Fäulniß! Vielleicht. daß Einem

der Tod das Leben langfam aus den Fibern mar

tert. mit Vewußtfein vielleicht. fich wegzufaulenl

Philippeau.

Seid ruhig. meine Freunde. Wir find wie die

Herbfizeitlofe. welche erft nach dem Winter Samen

trägt. Von Blumen. die verfeßt werden. unterfchei

den wir uns nur dadurch. daß wir über dem Ver

fnch ein wenig fiinken. Ifi das fo arg?

- Danton.

Eine erbanliahe Ausfichti Von einem Mifthaufen

auf den andern. Nicht wahr. die göttliche .Waffen

theorie? Von Prima nach Secunda. von Secunda

nach Tertia und -fo weiter? Ich habe die Schul

bänke fatt. ich habe mir Gefäßfchwielen wie ein

Ufi'e darauf gefefi'en.

Philippeau.

Was willfi du denn?

Page 125: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

“121

Oanton.

Ruhe.

Philippeau.

Die ift in Gott.

Danton.

Im Nichts: Verfenke dich in was Rnhigers. als

in das Niäzts. und wenn die höihfie Ruhe Gott

ifi. ifi nicht das Nichts Gott? Aber ich bin ein

Atheifiz der verfluchte Sah! Etwas kann nicht zu

Nichts werden] und in; bin Etwas. das ifi der

Iammerl -. Die Schöpfung hat fich i'o breit

gemacht. da ifi nimts leer. Alles voll Gewimmels.

Das Nichts hat fich ermordet. die Schöpfung ifi

feine Wunde. wir find feine Blutstropfen. die Welt

iii das Grab. worin es fault. - Das lautet ver: .

rückt. es iii aber doch was Wahres dran.

Camille.

Die Welt ia 'der ewige Jude. das Nichts iii

der Tod. aber er ifi unmöglich. O! nicht fterben

können. nicht i'ierben können] wie es im Lied heißt.

Danton.

Wir find Alle lebendig begraben. und wie Kö

nige in drei- oder vicrfachen Särgen beigefeizt. unter

dem Himmel. in unfern Häufern. in unfern Röcken

Page 126: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..122...

und Hemden. - Wir kratzen fünfzig Jahre lang

am Sargdeckel. Ia. wer an Vernichtung glauben

könnte] dem wäre geholfen. - Da ifi keine Hoff

nung im Todz er ifi nur eine einfachere. das Leben

eine verwickeltere. organifirtereFänlniß.-dasifi der

ganze Unterfchiedi - Aber ich bin gerad' einmal.

an diefe Art des Faulens gewöhnt. der Teufel weiß.

wie ich mit einer andern zurecht komme. _O Julie!

Wenn ich allein ginge! - Wenn fie mich ein

fam ließe! - Und wenn ich ganz zerfiele. mich

ganz_auflöi'te - ich wäre eine Handvoll gemac

terten Standes. jedes meiner Atome könnte nur

Ruhe finden bei ihr. - Ich kann niht fierben.

nein. ich kann nicht fierben. Wir müfi'en fchreien.

fie müfi'en mir jeden Lebenstropfen aus den Glie

dern reißen.

Ein Zimmer.

Fouquier. Amar. Voulaud.

Fouquier.

Ich weiß nicht mehr. was *ich antworten follz

fie fordern eine Commiffion.

K

Page 127: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_. 123 ...

Ilm ar.

Wir haben die Schurken. da haft du. was du

verlangft. (Er überreicht Fouquier ein Papier.)

V o u la u o.

Das wird fie zufrieden ftellen.

Fouquier.

Wahrhaftig. das hatten wir nöthig.

Amar. p

Nun rafch. daß wir und fie die Sache vom

Hals bekommen.

Das Kerolntions-Tribnnal.

Danton.

Die Republik ifi in Gefahr und er hat keine

Infiruction! Wir appelliren an das Volk. meine

Stimme ift noch itark genug. um den Decemvirn

die Leichenrede zu halten. _ Ich widerhole es. wir

f verlangen eine Eommiffion. wir haben wichtige Ent

deckungen zu machen. Ia) werde mich in die Elta

delle der Vernunft zurück ziehen. ich werde mit der

Kanone derWahrheit hervorbrechen und meine Feinde

-zermalmen. (Zeichen des Veifalls.)

Page 128: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-124*

cFouquier. Amar. Voulaud treten ein.)

Fouquie r.

Ruhe. im Namen der Republik. Achtung dem

Gefelzi* Der Eonvent befchließt: -- In Betracht.

daß in den Gefängniffen fich Spuren von Meute

reien zeigen. in Betracht. daß Danton's und Eamil

le's Weiber Geld unter das Volk werfen und daß

der General Dillon ausbrecheu und fich an die

Spitze der Empörer fiellen follen. um die Ange

klagten zu befreien; in Betracht endlich. daß diefe

felbii unruhige Auftritte herbei zu fiihren fich bemüht

und das Tribunal zu beleidigen verfucht haben.

wird das Tribunal ermääztigt. die Llnterfuchung

ohne Unterbrechung fo,rtzufehen.-nnd jeden Ange

klagten. der die dem Gefelze fchuldige Ehrfurcht

außer Augen fehen follte. von den Debatten 'aus

znfchließen.

* Oanton.

Ich frage die Anwefenden. ob -wir dem Tribu

nal. dem Volke. oder dem National-Eonvent Hohn

gefprocheu haben?

Vie[e'Sti-“mmen.

Nein! Nein!

x

Page 129: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

*125-

Camille.

Die Elenden . fie wollen meine Lucile“mordenl

Danton.

Eines Tages wird man die Wahrheit erkennen.

Ich fehe großes Unglück iiber Frankreich herein

brechen. Das ifi die Dictaturz fie hat ihren Schleier

zerrifi'en. fie trägt die Stirue hoch. fie ichreitet über

nnfere Leichen. (Auf Amar und Voulaud deutend.)

Seht da die felgen Mörder. fehr da die Naben

des Wohlfahrts-Ausfchuffesl Ich klage Nodes

pierre. St. Init und ihre Henker des Hochverraths

an. Sie wollen die Republik im Blut erfticfen.

Die Girlie der Guillotinen-Karren find die Heer

ftraßen. in welchen die Fremden in das Herz des

Vaterlandes dringen fallen. -- Wie lange follen die

Fußtapfe'n der Freiheit Gräber fein? -- Ihr wollt

Brod und fie werfen euch Köpfe hin. Ihr dt'irfiet

und fie machen euch das Blut von den Stufen der

Guillotine lecken. (Heftige Bewegung unter den Zu

hörern. Seichrei des Veifalls. viele Stimmen: es lebe

Damon. nieder mit den Oecemrirn! -Die Gefangenen

werden mit Gewa-t hinausgefuhrt.)

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- 126

Jülatz vor dem Yuftiz-"Y'alafte,

(Ein Volkshaufe.)

Einige Stimmen.

Nieder mit den Decemvirnl Es lebe Damon! _

Cri'ter Bürger.

Ia. das iii wahr. Köpfe ftatt Brod. Blut

i'tatt Wein!

Einige Weiber.

Die Guillotine ifi eine fchlechte Mühle und Sam

fon ein fchlechter Bäckerknechtz wir wollen Brod.

* Vrod!

Zweiter Bürger.

Euer Brod - das hat Danton gefreii'enl Sein

Kopf wird euch Allen Brod geben; er hatte Recht.

Criter Bürger.

Danton war unter uns am 10. Auguft. Damon

war unter uns im September. Wo waren die Leute.

die ihn angeklagt haben?

Zweiter Burger.

Und Lafahette war mit euch in Verfailles und

war doch ein Verräther.

Page 131: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

- 127

Eriier Bürger.

Wer fagt. daß Danton ein Verräther fei i

Zweiter Burger.

Robespierre.

F

Criier Bürger, z

Und Robespierre ifi ein Verräther.

Zweiter Bürger.

Wer fagt das? *

Eriter Bürger.

Dantou.

Zweiter Bürger,

Danton_ hat fchöne Kleider. Dauton hat ein

i'chönes Haus. Danton hat eine fchöne Fran. er

badet fich in Burgunder. ißt das Wildpret von

filbernen Tellern. - Danton war arm. wie ihr.

Woher hat er das Alles? - Das Veto hat es

ihm gekauft. damit er ihm die Krone rette. --» Der

Herzog von Orleans hat es ihm gefchenkt. damit

er ihm die Krone fiehle. -- Der Fremde hat es

ihm gegeben. damit er euch Alle verrathe. Was

hat Nobespierre? Der tugendhafte Robespierre! Ihr

kennt ihn Alle.

Page 132: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_- 128 -

Alle.

Es lebe Nobespierre! Nieder mit Danton! Nie

der mit dem Verräther! -

E i n e O a f f fe.

l Dumas, ein Bürger.

Bürger.

Wie kann man nach einem folehen Verhör fo

viel Unfchuldige zum Tod verurtheilen?

Dumas.

Das ift in der That außerordentlich. aber die

Nevolutionsmänner haben einen Sinn. der andern

Menfchen fehlt. und diefer Sinn trügt fie nie.

Bürger.

Das ifi der Sinn des Tiegers, - D'u haft

ein Weib.

Dumas(

Ich werde bald eins gehabt haben.

Bürger.

So ifi es denn wahr?

Dumas

Das Revolutions-Tribunal wird nnfere Ehe

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-129_

fcheidung ausfprechenz die Guillotine wird' 'uns von

Tifch und Bette trennen. *'

Bürger.

Du bift ein Ungeheuer!

Dumas

Schwachkopf! du bewunderik Brutus.

Bürger.

Von ganzer Seele.

Dumas

Muß man denn gerade römifcher Eonfnl fein

und fein Haupt mit der Toga verhüllen können.

um fein Liebi'ies dem Vaterlande zu opfern? Ich

werde mir die Augen mit dem Ärmel meines rothen

Fraiks abwifchenz das ifi der ganze Unterfchiedz

Geh. du begreifii mich nicht. (Sie geben an.

E i n Y i m m e r.

Julie. ein Knabe.

Julie.

Es ifi aus. Sie zitterten vor ihm. Sie tödten

ihn aus Furcht. Geh! ich habe ihn zum Lehtenmal

*geiehenz fag' ihm. ich könne ihn nicht fo fehen.

(Sie gibt ihm eine Locke.) Da. bring' ihm das -

und fag' ihm. er würde nicht allein gehn. Er ver

9

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_130

fieht mich fchon. und dann fihnell zurück. ich will

feine Blicke aus deinen Augen lefen.

Die Conciergerie.

Lacroix. Ho'rault. auf einem Bett. Danton.

C a m i ll e. auf einem andern.

Lacroix.

_ Die Haare wachfen Einem fo und die Nägel.

man muß fich wirklich fchämen.

Hsrault.

Nehmen Sie fich ein wenig in Acht. Sie uießen

mir das ganze Gefi'chtvollSand.

Lacroix.

Und treten Sie mir nicht fo auf die Füße.

Befier. ich habe Hühneraugen.

Härault.

Sie leiden noch an Ungeziefer,

' Lacroix.

Ach. wenn ich nur einmal die Würmer ganz

los wäre.

Häranlt.

Nun. fchlafen Sie wohl. wir tnüfi'en fehen. wie

Page 135: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_131

wir mit einander zurecht kommen. wir haben wenig

Raum. _Kratzen Sie mich nicht mitIhren Nägeln.

Schlafl-So zerren Sie nicht fo am Leintuch. es

ifi kalt da unten.

Danton.

Ia. Camille. morgen find wir durchgelaufene

Schuhe. die man der Bettlerin Erde in den

Schooß wirft.

Camille.

Das Rindsleder. woraus nach Platon die Engel

fich Pantoffel gefchnitten und damit auf der Erde

hernmtappen. Es geht aber auch danach. -Meine

Lucile!

Danton.

Sei ruhig. mein Junge.

Camille.

Kann ich's? Glaubi'i du. Danton?! Kannich's?

Sie können die Hände nicht an fie legen. das Licht

der Schönheit. das von ihrem füßen Leibe fich aus

gießt. ifi unlöfchbar. Sieh. die Erde würde nicht

wagen. fie zu vet-fchütten. fie wiirde fich um fie

wölben. der _Grabdunii wiirde wie Thauan ihren

Wimpern funkeln. Krhftalle würden wie Blumen

um ihre Glieder fprießen und helle Quellen in

Schlaf fie murmeln.

9 k

Page 136: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

- W -

. Handen,

* Set)lafex tnein Jnngee .fehlgfß

* Ccgnille.

Höre- Damonx unter uns gefqgtF_ esifi fo.e_lend,

|erben zu müifen. Es, hixfx auch zu nichts. Ich

will: dem Lehe-i nos): die.- Wten Blicke. aus feinen

hübichen Wegen fieht-xx- icli will: die Augen onen

haben. e

' Demon.

Du. wii-ß nhnehin off-en_ behalten. Samfon

drückt einemi die?A:uge-n niäit zu. Der Schlaf ifi

bekxphexzjgek- Schleie- mein Junge- fchlafe»

- i Camille.

Lucile, deine Küfi'e pvantafiren auf meinen Lip

pen, jeder Knß wird ein Traum, meine Augen

finfen und fchließen ihn feft ein.

' Danton.

Will denn die Uhr nicht ruhen? Mit jedem

Picken fchiebt fie die Wände enger um michi_ bis fie

fo eng find wie ein Sarg. - (as einmal als

Kind fo eine Gefehichte- die, Haare (fanden mir zu

Berg. - Ia- als Kind! das war der Mühe werth7

mich fo groß zu füttern und mich warm zu halten.

Blos Arbeit für den Todtengräbec! - Es ifi mic,

Page 137: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

, - 138 - .

als ZW' ieh fehon. Mein lieber Leib, ich will mit' -

die Nafe' ziihalten und niir nehmen- du feifi ein

Ftauenziinmer, 'was 'vom Tanzen fchwißt- und dir

* Arrigfei'ken lagen. Wie haben uns *fonfi fchon mehr

mit' einander die Zeit vertrieben. 4-“- Morge'n bifi

*du eine zerbt'oehelii'e Fiedel- die Middle darauf ifi

ausgefpielt. Morgen bifi du eine leere :Fliifchq der

Wein i| ausgetrunken, ahe'r 'ich habe keinen Raufch

davon und gehe nüchtern zu Bett Das find glück

liche Lente- die fich noch betrinken können. Morgen

bifi dn eine durchgerutfchte HUGO?! ?oil-ft *in die

Garderobe geworfenf und die Motten werden dich

frefi'en. - Ach, das hilft nichts. Ia wohl, es ifi

fo elend- fierben müfi'en. Der Tod (lift die Geburtz*

bei'm Sterben find wir lo hülfios und nackt', wie

neugeborne Kinder. Freilich, wir bekommen das

Leichentueh zur Windel. Was wird es helfen? Wir

können im Grab fo gut wimmern- wie in der

Wiege. Camille! Er fehläft (indem er fich über ihn

bü>t)i ein Traum fpielt z-wifchen feinen Wimpern.

Ich will den goldnen Thau des Schlafes ihm nicht

von den Augen fiteifen; (Ei- erhebt fich und tritt

an's Fenfier.) Ich werde nicht allein gehnx ich

danke dir, Julie. - Doch hätte ich anders fierben

Page 138: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

,-134

mögen- Zfo ganz mühelos- fo wie ein Stern fälltf

wie ein Ton fich felbfi aushauchti fich mit den

eignen Lippen todt küßt- wie ein Lichtfirahl in

klaren Fluthen fich begräbt. .- Wie fchimmernde -

Thräuen find die Sterne durch die Nacht gefp_rengtx

es muß ein großer Iammer in dem Auge fein- von

*dem fie abtränfelten,

Ca m ill e.

O! (Er hat fich aufgerichtet und tafiet nach der Decke.)

D a n t o n.

Was hafi du; Camille?

C a m i lle.

O7 oi

c Danton (lchiittelt ihn),

Willfi du die Decke herunteckralzeu ?

C a m ille.

Ach du F du- o halt mich- fprich„ du i4»

D a n t o n.

Du bebfi an allen Gliedernx der Schweiß fieht

dir auf der Stirne.

Camille.

Das bifi duf das ich; fox-das iii meine Hand!

ja- jetzt befinn' ich mich. O Danton- das war

entfehlich.

Page 139: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

.. 135 ..

Danton.

Was denn?

Camille.

Ich lag fo zwifchen Traum und Wachen. Da

fchwand die Decke und der Mond fank herein, ganz

nahe- ganz dicht„ mein Arm erfaßt' ihn. Die

Himmelsdecke mit ihren Lichtern hatte fich gefenkt.

ich fiieß daran- ich betafiete die Sterne- ich tau

melte wie ein Ertrinkender unter der Eisdecke. Das

war enlfelxlichh Danton.

Danton.

Die Lampe wirft einen runden Schein an die

Deckef das fahfi du.

Camille,

Meinetwegen, es braucht gerade nicht vielf um

Einem das bischen Verfiand verlieren zu machen.

Der Wahnfinn faßte mich bei den Haaren. (Er er:

hebt fich) Ich mag nicht mehr fchlafen. ich mag

nicht verrückt werden. (Er greift nach einem Buch.)

Damon.

Was nimmfi du?

E a mi l l e.

Die Nachtgedanken.

Page 140: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

.... 136 _

Damon.

Willfi dn zum voraus fierben? Ich nehme die

Pucelle. Ich will mich aus dem Leben nicht wie

aus dem Beute-hl* fondern wie aus. der Kammer

eines Mädchens wegfchleichen.

Platz vor der Conciergerie.

Ein Schließer. zwei Fuhrlcute mit Karren. Weiber,

“ Schließer.

Wer hat Euch hetfahren geheißen ?

Erfier Fuhrmann,

Ich heiße nicht Herfahrenf das ifi ein kuriofer

Name. *

Schließer.

Dummfopß .wer hat .die die Beflalluug dazu

gegeben?

Erfier Fuhrmann.

Ich habe keine Stallnng dazu gekriegt- nichts als

zehn Sons für den Kopf,

Zweiter Fuhrmann.

Der Schuft will mich um's Brod bringen.

Erfter Fuhrmann.

Was nennfi du dein Vrod. - (Auf die Fenfier

der Gefangenen deutend:) Das ifi Wurmfraß.

Page 141: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

- 137 -

Zweiter Fuhrmann,

Kleine Kinder find auch Würmer und die wollen

auch ihr Theil davon, O. es geht fchlecht mit nn

ferm Metier und doch find wir die befien Fuhrleute.

Erfier Fuhrmann.

Wie das?

Zweiter Fuhrmann.

Wer ifi der befie Fuhrmann ?

Erfter Fuhrmann.

Der am_ weitefien und am fchnellfien fährt.

Zweiter Fuhrmann.

Nun Efel,_ wer fährt weiter, als der aus der

Welt fährt- und wer fiihrt fchnellerf als der's in

einer Viertekfiiunde that? - Genau genießen ift's

eine Viertelfiuude von da bis zum Nevolutionsplah.

Schließer.

Rafch- ihr Schlingeli Näher an's Thorz Pfalz

da, ihr Mädel] (Sie fahren vor.) _

Zweiter Fuhrmann (zu den Weibern).

Was gafit ihr?

Ein Wei-b.

Wir warten auf alte: Kameraden.

Zweiter Fuhrmann.

Meint ihrf mein Karren wär eure Winkelhäufer?

Page 142: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_138

Er ifi ein anfiändiger Karren. er hat den König

und alle vornehmen Herren aus Paris zur Tafel

gefahren.

Lucile (tritt auf. Sie fehr iich auf einen Stein unter die

Fennec der Gefangenen).

Camille. Camillei (Camille erfcheint am Fennec.)

-- Höre. Camille. du machfi mich lachen mit dem

langen Steinrock und der eifernen Maske vor dem

Geficht. kannfi du dich nicht blicken? Wo_ find

deine Arme? - Ich will dich locken. lieber Vogel

ifingto

Es fiehen zwei Sternlein an dem Himmel.

Schelnen heller als der Mond.

Der ein' fcheiut vor Feinsliebchens Fenfier.

Der andere vor die Kammerthiir.

Komm. komm. mein Freund! leifedie Treppe hinauf.

fie fchlafen Alle. Der Mond hilft mir fchon lange

warten. Aber du kannfi nicht zum Thor herein.

das ifi eine unleidliche Tracht. Das ifi zu arg

für den Spaß. mach' ein Ende. Du rührfi dich

auch gar nicht. warum fprichfl du nicht? Du machfi

mir Angfi. - Höre! die Leute fagen. du tnüßtefi

fierben. und machen dazu fo erufthafte Gefichter.

Sterben! ich muß lachen über die Gefichter. Ster

Page 143: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

- 139

ben! Was ifi das für ein Wort? Sag' mir es.

Camille. Sterben! Ich will nachdenken. Da. da in's.

Ich will ihm nachlaufen. komm. füßer Freund.

hilf mir fangen. komm! komm! (Sie läuft weg.)

Camille (ruft).

Lucile! Lucilei

.Die Conciergerie.

Danton. an einem Fenfier. welches in das

nächfle Zimmer geht. Camille. Philippeau.

Lacroix. Hsrauit.

Danton.

Du bifi jetzt ruhig. Fahre.

Cine Stimme (von innen).

Am Sterben.

D a n t o n.

Weißt du auch. was wir jetzt machen werden ?

S tim m e.

Nun ?

D a n t o n.

Was du dein ganzes Leben hindurch gemacht haft

- (leo "er-o.

Page 144: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

..(49

Ca in i ll-e (fiir fich).

Der Wahnfi-u-n faß hinter ihre-n Augen. Es

find fehen mehr Leute wahnfinnig geworden. das *ifi

der Lauf der Welt. Was können wir dazu? Wir

wafchen nnfere Hände. Es ifi auch beffer fo.

Danton.

Ich lafi'e Alles in einer fchrecklichen Verwirrung.

Keiner verfieht das Regieren. Es könnte vielleicht

noch gehn. wenn ich Robespierre meine Waden

hinterließe.

Lacroix.

Wir, hätten die Freiheit profiituirt!

Danton.

Ich laffe ihm keine fechs Monate Frifi. ich

ziehe ihn mit mir.

Camiliö (für fiel))

Der Himmel. verhelf' ihr zu einer behaglichen

fixen Idee. Die allgemeinen fixen Ideen. welche

man die gefunde Vernunft tauft. find unerträglich

langweilig. Der giücklichfieM'et-ifch war der. welcher

fich einbilden konnte. daß er Gdtt Vater. Sohn und

heiliger Geifi fei.

Lacroix. .

Die Efel werden fchr'eieu: es lebe die Republik.

wenn wir vorbeigehn.

Page 145: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

-141

Oanton,

Was liegt daran? Die Süudfluth rer Revo

lution mag nnfere Leichen abfeizen. wo fie will. mit

nnfern foffilen Knochen wird man noch immer allen

Königen die Schädel einfchlagen können.

Herault.

Ia. wenn fich gerade ein Simfon fiir nnfere

Kinnbacfen findet.

Danton.

Sie find Eainsbrüder.

Lacroix.

Nichts beweift_ mehr. daß Nobespierre ein Nero

ifi. als der Umfiand. daß- er gegen Camille nie

freundlicher war.. als zwei Tage vor defi'en- Ver

haftung. Jfi. es, nicht fa. Camille?

Camille.

Meinetwegen. was geht das mich an? - Was

fie aus dem Wahnfinn ein reizendes Ding gemacht

hat. Warum muß ich jeßt fort? Wir hätten

zufammen mit ihm gelacht. es gewiegt und geki'ißt.

Oanton.

Wenn einmal die Gefchichte ihre Grüfte öffnet.

kann der Despotismus noch immer an dem Duft

unferer Leichen ecfiicken.

Page 146: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_142

HcZranlt.

Das find Phrafen für die Nachwelt; nicht wahr.

Danton. uns gehen fie eigentlich nichts an.

Camille.

Er zieht ein Geficht. als folle er verfieinern

und von der Nachwelt als Antike ausgegraben wer

den. -Das verlohnt fich auch derMiihe. Mäulchen

zu machen und Roth aufzulegen und mit einem

guten Accent zu fprechenz wir follten einmal die

Masken abnehmen . wir fähen dann. wie in einem

Zimmer mit Spiegeln. überall nur den einen ural

ten. zahnlofen. unverwüfilichen Schafslopf. nichts

mehr. nichts weniger! Die Unterfchiede find fo

groß nicht. wir Alle find Schurken und Engel.

Dummköpfe und Genie's. und zwar das Alles noch

in Einem z die vier Dinge finden Platz genug in

dem nämlichen Körper. fie find nicht fo breit. als man

fich einbildet. Säzlafen.Verdauen.-dastreihen Allez

die iibrigen Dinge find nur Variationen aus ver

fchiedenen Tonarten über das nämliche Thema. Da

braucht man fich auf die Zehen zu fiellen und

Gefichter zu fchneiden. da braucht man fich vor

einander zu genireni Wir haben uns Alle am

niimlichen Tifche krank gegefi'en und haben Leih

Page 147: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_143

grimmen. was haltet ihr euch die Servietten vor

das Geficht? Schreit nur und greint. wie es euch

ankommt. Schneidet nur keine fo tugendhaften und

fo witzigen nnd fo heroifchen und fo genialen Grimaf

fen. wir kennen uns ja einander. fpart euch die

Mühe.

Hsrauit. -

Ia. Camille. wir wollen uns bei einander feizet

nnd fchreien z nichts dummer. als die Lippen zufam

inenzupreffen. wenn Einem was weh thut. -

Griechen und Götter fchrien. Römer *und Stoiker

machten die heroifwe Fralze.

Danton.

Die einen waren fo gut Epiinrc'ier wie die an

dern. Sie machten fich ein ganz behagiiches Selbfi

gefühl zurecht. Es ifi nicht fo übel. feine Toga

zu drapiren und fich umzufehen. ob man einen

langen Schatten wirft. Was follen wir uns zerren?

Ob wir uns nun Lorbeerblätter. Rofenkränze oder

Weinlaub vorbinden oder uns nackt tragen?

Philippeau.

_ Meine Freunde. man braucht gerade nicht hoch

iiber der Erde zu fiehen. um von all dem wirren

Schwanten und Flimmern nichts mehr zu fehen

Page 148: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_144-K

und die Augen mtr von einigen großen. göttliwen

Linien erfüllt» zu haben. Es gibt ein Ohr. für

welches das Ineinanderfchreien nnd der Zeter. die

uns'betäuben. ein Strom von Harmonien find.

Oanton.

Aber wir find die armen Mufikanten und nnfere

Körper die Infirumente. Sind denn die häßlichen

Töne. welche auf ihnen herausgepfufcht werden. nur

da. um höher und höher dringend und endlich lcife

verhallend wie ein wollüftiger Hauch in himmlifchen

Ohren zu herben?

Hsrault.

Sind wir wie Ferkel. die man für fürfiliche Tafeln

mit Nuthen todt peitfcht. damit ihr Fleifch fchmack

haftet: werde?

Danton.

Sind wir Kinder. die in den glühenden Molochs

armen diefer Welt gebraten und mit Lichtfirahien

gekiizelt werden. damit die Götter fich über ihr

Lachen freuen?

Camille.

In denn der Äther niit feinen Goldangen eine_

Schütze( mit Goldkarpfen. die am Titel) der feligen

Götter fieht. und die feligen Götter lachen ewig

Page 149: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_145_ .

und die Fifche |erben ewig und die Götter erfreuen

fich ewig am Farbenfpiel des Todtenkampfes?

Oanton.

Die Welt ifi das Chaos. Das Nichts ifi der

zu gebärende Weltgott.

(Der Schließer tritt ein.)

Schließer.

Meine Herren. Sie können abfahren. die Wagen

halten vor der Thür.

Philippeau,

Gute Nacht. meine Freunde. legen wir ruhig

die große Decke über uns. nnter welcher alle Her

zen ausglühen und alle Augen zufallen.

(Sie umarmen einander.)

Hsr a uit (nimmt Cantilie's Arm).

Freue dich. Camille. wir bekommen eine fchöne

Nacht. Die Wolken hängen am füllen Abend

himmel wie ein ansglühender Olymp mit verblei

chenden. verfinkenden Göttergefialten.

10

Page 150: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

E i n Y i m m _e r;

Julie.

Das Volk lief in den Gah'en. jetzt ifi. Alles

flill. Keinen Augenblick möcht' ich ihn warten

laffen. (Sie zieht eine Phiole hervor.) Komm. lieb

fier Priefier. dcffen Amen uns zu Bette gehen

macht. (Sie tritt an's Fenfter.) Es ifi fo hübfch.

Abfchied zu nehmen; ich habe die Thüre nur noch

hinter mir zuzuziehen. (Sie trinkt.) - Man möchte*

immer. fo fiehn. -- Die Sonne ifi- hinunter. der

Erde Züge waren fo fcharf in ihrem Licht. doch

jetzt ifi- ihr Geficht fo fiill und ernfi. wie einer

Sterbenden. - Wie fchbn das Abendlicht ihr um!

Stirn nnd Wangen fpielt. - Stets bleicher und

bleicher wird fie.. wie eine Leiche treibt fie abwärts

inder Fluch des Äthersz. will denn kein Arm fie

bei den goldnen Locken fafi'en und aus dem Strom

fie ziehen und begraben? -- Ich gehe leife. Ich

küffe fie nicht. daß kein Hauch. kein Seufzer fie.

aus dem Schlummer werke.. - Schlafe. fchlafe.

(Sie filmt.)

Page 151: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_147

Der Revolutians-Pl-atzz

Wie Wagen kommen angefahren und halten vor der

Guillotine. Männer und Weiber fingen und tanzen die

Carmagnole. Die Gefangenen» |immen. die Mar

feillaife an.),

' Cin Weib* mit Kindern.

Pichl Platz! Die Kinder fchreien. fie haben

Hunger. Ich muß* fie zufehen- machen. daß fie

|ill find. Plalzl*

Ein Weib.

Höre. Danton. du. kannfi jetzt die* Würmer

heirathen.

Cine Andere.

Härault. aus* deinen hübfchen Haaren laß ich:

mir eine Perücke machen.,

, Hsraul't.

Ich habe nicht Waldung genug_ für einen fo

abgeholzten Berg.

Camille;

Verflnchte Hexen! Ihr werdet noch fchreieni: ihr

Berge fallet auf uns!

1*0 *

Page 152: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_ 148 _.

Cin Weib.

Der Berg ifi auf Euch oder Ihr feld ihn viel

mehr hinunter gefallen.

Oanton (zu Camille.)

Ruhig. mein Junge. du hafi dich heifer gefchrien.

Camille (gibt dem Fuhrmann Geld).

Da. alter Eharon. deln Karren ifi ein guter

Präfentirteller.- Meine Herren. ich 'will mich zuerft

ferviren. Das ifi ein klaffifches Gafiinahl. wir

liegen auf unfern Plätzen und verfchütten etwas

Blut als Libation. Adieu. Danton. (Cr befteigt

das Vlutgeruft. die Gefangenen folgen ihm. einer nach

dem andern. Damon neigt zuletzt hinauf.)

Lacroix (zu dem Volke).

Ihr tödtet tms an dem Tage. wo ihr den Ver

ftand verloren habt; ihr werdet fie an dem tbdten.

wo ihr ihn wiederbekommt.

Einige Stimmen.

Das war fchon einmal daz wie langweilig.

L a c r o ir.

Die Tyrannen werden über unfern Gräbern den

Hals brechen.

Hc-:rault (zu Damon). _

Er hält feine Leiche für ein Mifibeet der Freiheit.

Page 153: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_149

Philippeau (auf dem Schaifot),

Ich vergebe Enchz ich wünfche. Eure Todes

finnde fei nicht bitterer als die meinige.

He'rault.

Dacht' ich's doch. er muß fich nocheinmal in

den Bufen greifen und den Leuten da unten zeigen.

daß er reine Wäfche hat.

Fahre.

Lebe wohl. Danton. Ich |erbe doppelt.

Danton.

Adieu. mein Freund. Die Guillotine ifi der

befie Arzt. *

Herault (will Damon umarnien).

Ach Damon. ich bringe nicht einmal einen

Spaß heraus. . Da ifi's Zeit.

(Ein Henker fiößt ihn zurück.)

Danton (tum Henker).

Willfi du graufamcr fein als der Tod? Kannft

du verhindern. daß nnfere Köpfe fich auf dem Boden

des Korbes küffen?

Page 154: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_150

Eine Waffe.

Lucile.

Es ifi doch was wie Ernfi daran. Ich will

einmal nachdenken. Ich fange an. fo was zu begrei

fen. Sterben - Sterben -i - Es darf ja

Alles leben. Alles. die kleine Mücke da. der Vogel.

Warum denn er nicht? Der Strom des Lebens

müßte ftocken. wenn nur der eine Tropfen verfchüt

tet würde. Die Erde müßte eine Wunde bekom

men von dem Streich. - Es regt fich Alles. die

Uhren gehen. die Glocken fchlagen. die Leute lau

fen. das Waffer rinnt. und fo Alles weiter bis da.

dahin! - Nein. es darf nicht gefchehen. nein. ich

will mich auf den Boden fehen und fchreien. daß

erfchrocken Alles ftehn bleibt. Alles fiockt. fich nichts

mehr reget. (Sie fehl fich nieder. verhüllt fich die

Augen und fiößt einen Schrei aus. Nach einer Paufe

erhebt fie fich.) Das hilft nichts. das ifi noch Alles

wie fonft. die Häufer. die Gaff'e. der Wind geht.

die Wollen ziehen. Wir mt'iffen's wohl leiden.

(Einige Weiber kommen die Caffe herunter.)

Erftes Weib.

Ein hübfcher Mann. der He'rault.

Page 155: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

*-151 -

Zweites Weib.

Wie er bei'm Confiitutionsfeft fo im Triumph

7bogen (land. da dacht' ich fo. der muß jim gut auf

der Guillotine ausnehmen.. dacht' ich. Das war

'fo eine Ahnung.

Drittes Weib.

Ia. man muß die Leute in allen Verhältnifi'en

?fehenz es ifi recht gut. daß das Sterben fo bfi'ent

(im wird. (Sie gehen vorbei.)

Lucile.

Mein Camille! Wo foll ich dich jetzt fuchen?

'Ziller Neeuulnti-ons- Platz.

Zwei Henker an der Guillotine befchäftigt.

*-Crfier Henker (fieht auf der Guillotine und finger)

Und wenn ich hame geh':

*Scheint der Mond fo fcheeh.

Zweiter Henker.

-He. hollal Bifi bald fertig?

Crfier Henker.

Gleich. gleich! (Singt-e.)

Scheint in meines Ellervaters Fenfier.

Kerl. wo bleibfi fo lang? -

So) die Jacke her! (Sie gehen fingend ab.)

Page 156: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

_152...

Und wann ich hame geh*

Scheint der Mond fo fcheeh. (Ah)

Lucile (tritt auf und letzt ficbaufdie Stufen der Guiltotine.)

Ich fetze mich auf deinen Schooß. du fiiller

Todesengel. (Sie fingtxi

Es ifi ein Schnitter. der heißt Tod.

Hat Gewalt vom höchften Gott.

Du liebe Wiege. die du meinen Camille in Schlaf

gelullt. ihn unter deinen Nofen erfiickt haft. Du

Todtenglocke. die du ihn mit deiner fiißen Zunge

zu Grabe fangft. (Sie fingtc)

Viel hunderttaufend find ungezc'ihlt.

Was nur unter die Siehe( fällt.

(Eine Patrouille tritt auf.)

Ein Bürger.

He. wer da?

Lucile (finnend und wie einen Eutfchluß fallend plötzlich :)

Es lebe der König!

Bürger.

Im Namen der Nepublifi

(Sie wird von der Wache umringt und weggeführt.)

o

MW

Page 157: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

In demfelben Verlage find folgende

empfehlensmerthe Schritten

erfchienen

und um beigefeßte Preife durch alle folide Buck'

yandlungeu zu beziehen.

Adrian. Reife-Scenen aus Amerika. 1e Theil.

Rthlc. 1. 8 gr. fl. 2. 24 kr. *

Adrian. dr., Bildet* aus England. Zwei

Theile mit 6Kupfrn. Ntvlr. 3, 12 gr. -fl.6,

- -- Skizzen aus England. Zwei Bande.

Ntblk. 3, 12 gr. - fl. 6.

Die Hgllifclu. Ienaifcb

r 1 Zeetung

attydiesBulät t

*AZ-Ö*'* ue. :R

alentx die let .

ers. der reizende Wecbfel der Gegenfiän

as den Lefer dem Anfang bis zum Ende reflelt. und der ele

gante Stol fowce d1_e_Wal)l det Gegenfta'nde. die ti e

aus dem Leben ?eat-:neue Darfxenlung des anzievenden Landes_

m_xvelcbes uns ei* Yerfafi'ex* ennfuhi-tx m wende-_n er uns hei.

much macht. die ltebenswnrmgen und wundceluben Charak

tere- mit denen er ,verkehrt und-die ei* fo treffend Wilder-t. -

alles das find Vol-zuge- welche dxe eben fo unterhaltendem als

1ehrretcben Bilder und_ Skizzen au_s England aus.

*zeichnen nnd ihnen in gebildeten Meilen einen fo großen Bet

alt gewonnen haben. f y _

Bechftein, Ludwig. Luther. Ein Gedicht.

8. Geb. 21 gr. fl. 1. 30 ke.

- -- der Fürfientag. Hifiorifeh-romantifches

Zeitbild aus dem fechszehnten Jahrhundert.

2 Bande 8. Nthlr. 3. fl. 5. 24 kr.

B elam . H. C. N.. Nomantifche Erzahlungen

aus Portugal's Gefchtchte. 8. Nthlr. 1. 12 gr.

fl. 2. 42 kr.

- - de..- Heimathlofe. Roman m Zeitbildern.

3 Theile. Nthlr. 4. fl. 7.

es

Page 158: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

Byron. Lord. fc'iinnitliche Werke. herausgege

ben von br. Adrian. Mit dem Bildniffe

des Verfaffers. einem Facfiinile feiner Hand*

fchrift und einer Anficht von Newfiead-Abtev.

12 Bände. Geh, Auf geglättetem Velinpapier

Ntlilr. 8. 12 gr. fl. 14, Auf weißem Druck

papier Nthlr. 6. 18 gr. fl. 1'1.

_ Diele Ausgabe ifi vollfiandiger/ als irgend eine bis

zent iii englijcher Svraeheei-fchienene-i und mit der gr'ofiteii

Sorgfalt. mit Sachkenntmß und Geichniack von einem Ver

eine riihmlichfi bef'annter Männer ausgefiihrt; keinerlei-.klick

l'i_cht konnte das Aushilfen auch nur einer einzigen Stelle b

dingen. Obgleich nun dieielbe um 15 Qctavbogen fiat-Ze -

gwurde. third dennoch borerii der außer-ft bill

Subicriptlionsvreisbeibehalten. f, _

Die vorzngliihfien kritifchen .Blatter haben fich uber die?

Ausgabe auf das Vortheilhaftefie aiisgeiiirochen. Eine au

iuhrliche Beurtheilung in er Hallifche-n Lit. Zeitung

[1832. 1 beginnt: , . o

_ /e _ir fehen-hier ein Unternehmen vollendet. in welchem

die Univerfalitat des Genies innerer; Sprache einen ihrer

glanäendfien Triumphe feiert. Wie mochte-auch der Franzofe

oder der Italiener die kiihne Kraft des englifchen Dichters

wiederzugeben vermögen. wie den freien Schwung feines Ge

fangesi die Tiefe zei-reißcnder und verfohneuder Gefuhle. die

verwegene Bildung der Salze und einzelner Worte. die tau

fend bedeutungsdollen Nnanceni welche B_hron_ gleichfam

tandelnd. aber nie ohne Avficht und Bewußtiehm hinwirft?"

Cooper's iämmtliche Werke. 81 Bändchen.

Geh. Ausgabe auf Druclvelinpap. Rthlr. “14.

20 gr. fl.23. 12kr. AufDruckpapi-er Nthlr. 9.

20 gl'. 15. 48 kr.

Dicielben_entha_lten: Der Spion. - Der Le leder Mo.

*hikaneia - Die Ariiedler. - Der Lootie. - Lionc Lincoln.

Die Stedpe.- Dei rothe Freibenter.- Die Nordamerikaner.

Die Grenzwohner. - Die Waifernire. *- Der Bravo. - Die

Heidemnciuer. - Der Scharfrichter von Bern,

Döring. Georg. Stimmen des Lebens. Drei

Erzählungen. Nthlr.1. 16 gr. fl. 2. 48 kr.

- - Sonnenberg. Eine Novelle in 3 Thei

len. Geh. Nthlr. 4. 20 gr. fl. 8. 24 kr.

- - der Hirtenkrieg. Novelle in 3 Theilen.

Geh. Rthlr. 4. 20 gr. fl. 8. 24 kr.

- - die Mumie von Rotterdam. Eine No

velle. 2 Theile. Geh. Rthlr. 3. 4 gr. fl. 5. 30 ke.

u0.-?

i.

Page 159: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

Dbring. Georg. das Kunfthaus. Novelle in

ZTheilen. Geh. Nthlr. 4. 20 gr. fl. 8. 24 kr.

-- -bvan Speyk. Ein Heldengedicht. Geh. 9gr.

40 ' 1

- - Novelle-n. 4 Theile. Ausgabe auf

Velinpapier Rthlr. 6. fl. 10. 48 kr. Aus

;gabe auf Druclpap. Rthlr. 5. fl. 9.

- - das Opfer von Ofirolenka. Novelle in

ZTheilen. Geh. Rthlr. 4. 20 gr. fl. 8. 24 kr.

- -- die Geifelfahrt. Eine Erzählung aus dem

vierzehnten Jahrhundert. 3 Bande. Nthlr. 4.

20 gr. fl. 8. 24 kr.

- - Phantafiegemälde, 5 Jahrgänge. 1829

bis 1833. Jeder Jahrgang init einem Titel

kupfer von Fleifchm an n. Geb. ä Nthlr. 1.

12 gr. fl. 2. 45 kr.

-,- - Tage der Vorzeit. Dramatifches Gedicht

in vier Darfiellungen. aus der Gefchichte dre

freien Stadt Frankfurt. 1. Die Gründung.

2.Der Kaiferfiiz. 3. Die Wahlfiadt. 4. Guftav

Adolphs Abfchied von Frankfurt. Cartouirt*

Nlhlr. 1. 8 gr. fl. 2. 15 kr.

- - Roland von Bremen. Novelle in 3 Thei

len. Geh. Rthlr. 4. 20 gr. fl. 8. 24 kr.

-- - Erzählungen. 4 Theile. 8. Nthlr. 5. 8 gr.

9.

-- Ö dramatifche Novellen. 4 Theile. Nthlr. 5.

8 gr. fl. 9.

Dic-,fe Dichtungen_ des beriilmlen _Herrn Verfaifers haben

"ich des außerordentliehfcen Bei alle. nicht allein von Deutfch.

land. fondern auch theilweife von England und Frankreich.

wolin fie talentvolle ueber-[Zeel- vervflanzti zu erfreuen. Mit

Recht nennen ihn kritifche latter den _deutfihen Coove_r;

denn wie er gleich diefem genialen Schriftfieller einen-.neith

thum der Erfindung entfaltet. eine fcharfe_Charaktei-ifirung

n allen_ Individuen auffielltx fo gelingen ihm auch ebenfo

e Schilderungen von Natur-Neuem die Dari'iellungen reizen

r und romantifcher Lokalitateni mit_ allen dichterifchen De

falls. .welche dazu beitragen. ein Bild zum Knnfiwerke zu

erheben. Daß die reinfle Moralitat in allen feinen Dichtun.

UW"

4...

Page 160: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

gen vorherrfthei und fie deshalb ohne _Anfiiiiid jeder Jungfrau

in die Hand gegeben werden konnen. ifi allgemein anerkannt.

Duller. Eduard, Franz von Siekingen. Dra

matifches Gedicht in fiinf Abtheilungen. 8.

geh. Rthlr. 1. 8 gr. fl. 2: 2() kr.

Diefe neuefte Dichtung des aus eieichneten und beliebten

Verfaffers iii ganz Venturi. die In?! feiner Freunde_ und Le

fer zu vermehren. er Kampf des tichtes mit der Finfterniß

'n den Tagen der erwachendendeutfchen Freiheit; - Fehde

bis in ,den Tod dem taufendte'ihrigen Wahnei der Unvernunfti

der geiftigen Vorniundfchafti -_Treue bis in den Tod fur

Wahrheit und Recht; dies find die Grundideen diefes drama.

tifchen (Hedichtes. _- Möge der zeit eriiaße Grundton des Wer

kesin unferer undieder Zeit feinen raftigenWiedeehallfinden.

Dull er. Eduard . Erzählungen und Phanta

fieflucl'e. Zwei Theile. 8. Nthlr. 3. fl. 5.

- - die Feuertaufe. Eine Erzählung. 2Theile.

8. Nthlr. 3. fl. 5.

Der geifireirhe _Verfaifer zeigt in diefen feinen neueflen

Werken den freundlichen Lefern eine Fulle der bunteflen Aus

und Anfichten. Ein ir-ifcher Hauch des Lebens-*und der Phan

tal'ie bei'eelt feine Grziililungqq und Phantafieftiitke. Der Lefer

findet darin-[bald ein freundlich gemuthliches Genrebild/ bald

ein Nachtfiuik n, in Hollenbreughel. In der i. euer-taufe

i

u

.

f

'uhrt de Verfaifer feine Lefer in die Zeiten des urchtbarfien

Abel-gta bene. in das Gebiet der Herenprozeffei ädugleich

- laßt er den erfteii Vertheidlger der Vernunft un Men

fchenwnrde gegen dies unwefen. den edlen Iefuiten Fried

e e

alters und eine Zierde aller Zeiten. einen Mann 'im höthfien

Sinne s 8"oi-tes. Der reiche Stoff und die gelungene Be

handlung berechtigen uns. _diefe beiden außerfl intereffanten

Schriften alien Freunden einer geiilreichen Unterhaltungswe

1ure zu empfehlen.

Duller. Eduard. Phantafiegemälde für 1835.

Mit einem Kupfer von Fleifchmann. 8.

Elegant gebunden. Nthlr. 1. 12gr. fl. 2. 42 kr.

Gersbach. A.. Wandervbgelein oder Samm

lung von Neifeliedern. nebft einem Anhange

von Morgen- und Abendliedern. Jn vier

ftimmigen Tonweifen. Zweite verbefferte

Auflage. 12. geh, 16 gr. fl. 1. 12 kr.

Jrvin g. Walhingion. fämmtlirhe Werke. Aus

dem Englifchen überfeizt. 50 Bändchen. Geh.

Ln'Velinpap. Nthlr. 9. 6gr. fl. 15. 24 tr. Auf

ordin. Drucip. Nthlr. 6. 12 gr. fl. 10. 42 ke.

Page 161: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

eines _Reifenden, - Bracebridge. all. - Eingeni .

Gefcliichie des Lebens und der Re fen Ehriflohh's Eoluin us..

Die Eroberung von Granada. 7 .HumoriftifcheG

New. orf, - ei n der Gefahrten des Colum _ _-o

?Ölham Ka. oder das neue Skizienbuch. - Die Reife anf>den

rairie .

Nännv. I. C.. Gedichte. Nthlr. 1, 6 gr. fl, 2.

Der Name des Hei-rn N iin n hifi den Freunden der Dicht.

kunft aus Tafihenbilchern und _Zeitfchriiten ein erfreixlicher

Klang geworden. der immer iraend ein aus der Tiefe _der

Gemiitlis_. uiid Phantafieivelt gefcl>'o_vftes Product anknndigt.

Vorzuglich aber finde-J heitre. lieblichr Melodieen. die irgend

eine gsefuhlvolle Anichauung. eine voetifche Erkenntni des

Leben nnd der Natur-enthalten. welche der Mufe des errti

Nännh gelingen. Sie in ein reiches Kind. aber ihr Reich

um be eht i_n__Blunien und diefe find wiederum einfache

Blumenzder Wiefe. tran_lic_h dein _Hei-zen. wir dem Vater

lande. ein finniger Strauß fur finnige Freunde der Yoefie.

Q e f e l e . Freiherr von . Bilder aus Jtalien.

2 Bände. Geh. Nthlr. 2. 20 gr. fl. 4. 48 kr.

Wir dürfen diefe Bilder. hauutflichlich der Wahrheit und

Lebensfrifche wegen. die fie kai-aktei-ifiren. einrichten, Es

find Erfahrungenndie der Verfaifer unter dem reizendenHim

inelsfiriche _Öefoeriens gefaninielt. es find feine oft höcbfl

eigenthumliche Anni-bien. in denen uns fo Vieles fchon viel

fach Beforochene wiederum neu erfcheiiit. es find Ergebniife

heitrer und romautifcher Natur. welche hier in lecken Zügen.

in warmen Localfarben zu Gemälden vereinigt werden. die

den Bei'thaiier aniiehn.„belehren und ergöizen. Offen und ein

fach. wie Yoriik. eräahlt der Verfaficr. unabfichtlich zur

Haupt gur feiner _Bilder werdend. in deren Weien fich die

Menf lichkeit mit ihren taufendiachenSchattiriingen fpiegeli.

P l aten. Graf von. Geichichien des Korrig

reichs Neapel von 1414 bis 1443. Nthlr. 1.

16 gr. fl. 2. 48 kr.

-- - die Liga von Eambrai. Gefchichtliihes

Drama in 3 Akten, geh. 12 gr. 54 kr.

Rückert. Fr.. Nal und Damajanti. Eine iii

difche Gelchichte. Nthlr. 1.18 gr. fl. 2. 48 kr.

Das Publikum erhiilt hier eine._von dem ri'thmliih bekann

ten Dichter Riicfe_rt._ init ailer ihm in_ fo feltenem (Hi-ade

eigenen Sprachfertiakeit und Reinifiille ubertragene indifche

Diäitung. bei der aber alles Fremdartige. ohne Studium der

indifchen Poefie uiirerftandliche vermieden [in. fo daß fie

als eine finiiige Liebeseriahlnng _erfc()eint_. uber welche fiat

nur ein leiter frenidariigrr. aber lieblichfiiner Duft ausbreicec

iind_fie_1iniweht„ Das Miithologifche. d'oiliu verfliindlich. er*

fcheiut in der Figiiruwelchc gm bedeuicndfien eingreift. nur

als Allego_rie des boien Geluftens._ welches in unfrei* Brun

wohnt. Liebe. in belzaubernderSchilderung. ihre Leiden und

freue bilden den In .alt des Bnchleins. und wem Sinn fur

Page 162: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

wahre flpoefie einwohiit. _wird an diefer Dichtung. und wem

Sinn nr Syrachffhonheit und Ausdruck einwohnt. wird an

Musik-ht? Werfen ein Vergnugen genießen. wie es felten gez

oir .

Sch o p en h au er. Johanna. fämmtliche Schrif

ten. Wohlfeile Ausgabe. 24 Bände in Ta

fchenformatz- mit dem Bildniß der Verfafferiii.

Auf ordin. Pay. Nthlr. 8. fi. 14. 24 kr.. Anf

Veliupap. Nthlr. 12. fi. 21. 36 kr.,

Die geifiige Bildung iinferer Nation geht niitRiefenfchi-it.

ten voran und_ durchdringt alle Stande. Das tntellectuelle

Heben fpricht die Theilnahme der deutfcheii Finnen- mehr als

ie an. Beffer. gedeihlicher laßt es ("ich aber nicht,fo_rdern. als

wenn edle_fZranen die_ Vermiitlerinnen der geifiigen Fort.

chritte_bei em weiblichen Gefuilechtenerden, Durch ihre

ole Bildung. durch ihr _vielfeiiiges Witien. durch ihre reiche

e_ enserfahrung. durch ihr fitiliehes_ Streben. durch ihren.

feinen. acht weiblichen Takt. durch ihr Darfiellertalent und

ihre Sorachgewandtheic fteht Johanna Schopenhauer

vor allen andern ausgezeichnet da. Ihr Name wird von un

fern bernhmtefi'en Zeiigenofi'en init hoher Achtung genannt:

ihre Schriften unifaffen die anziehendfien Zweige der Kunfi

und des Wiiiens. , _ _

Diefe ausgedehntere Verbreitung der Werke einer fo geifi

vollenSchriftfleliei-in. welche niit. einer wahren Meifterfchafl:

zu unterhalten und zugleich zu belehren. den Geift zu_ krafti.

.en. das fittliche Gefuhl zu erheben iind namentlich die erha

eiie Vefiimniung der Frauen im fchonften Lichte zu zeigen

weiß. nach Kraiten zu fordern. hat die Vernigehandlung *ii

einer wohlfe_ilen Ausgabe ihrer Schritten beranla t.

Diefelbe fchmeicbelt fich. einem Bediirfiiiß unfei-er Zeit u

geniigennindeinfie den deutfch'en Frauen iind Nadchen Ge e

genheit bietet. diefe Schriften. welche in keiner Dnineiibiblio

thek fehlentdiirfen. fiir_einen lgeringen Preis iiniukaufen..

Bieten wir gleich die wo ilieilfie Tafcbenausgabe aller

bis jetzt erfchi-enenen deiitfchen .Keramiken-fo wird diefelbe doch

vor allen iibrigen fitl)-dllrtb__Elegaiiz auszeichnen iind fo dem

wiirdigetx Namen der Veriaiierin und dein Gcfchniaike derer

zumal. fur welche diefe Schriften iunachft befciniint find.*vollz

kommen eniforeclien. _ _ _ . '

um denizPublikum eine Ueber-[icht der Vielfeitigkeituund

Mannichfaltigteitder fchriftf'iellcri'ftlirn?eifiiingen der bei-uhin.

ten_ Veriiiiferin zu geven._theilrii wir hier denJnhalt der ver

fchiedene Lieferungen niit,

l - ng. Band 1. 2. 8_. 7. 8 und 9. enthaltende

's Lebe-n. 2 Theile. *_- Ausflug- an den

.- Gabriele. Novelle in 3 Theilen.

Band 4. 5. 6. 10. 11 und 12. enthal.

an Enckund feine Olanifylger.2Theile.,

iten. Novelle. - Sidoiiia. No

14. 15.16. 19 und 20. ent

ooelle iii 2 *Theile . - R

ei

g

7

1

inMein-i..

ll.,

-. . ....

e.

..-'ice

[ll.

-ahluii

Page 163: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

Band 17. 18. 21. 22.28undgz24. ente

P ' durch das fudliche

ifi. LTieile. -_ Kleinere.

- tigen. 4 Theile.

o p n h r. Johanna.. Erzählungen.

AchtTheile. Zweite wohlfeilere Aus

g a b e. Auf Velinpap. Nthlr. 10. 20 gr.

fl. 19. 24 kr. Auf Druckpap. Rthlr. 8. fl. 14.

Sch o pen hau er . Johanna. Novellen. Zwei

Theile. Geh. Rthlr. 2. 20 gr. fl. 4. 48 kr.

- - neue Novellen. Drei Theile. Nthlr.3.f(.5.

Diefe 5 Bände Novellen find neu und noch nicht iu der

Gefammtausgabe aufgenommen.

Starkl off. L.. Erzählungen., Nthlr. 1. 16 gr.

fl. 2. 48 fr.

Stelldichein im Tivoli. das. oderSchu

fter und Schneider alsNebenbuhler. Localpoh'e

mit Gefang in zwei Arten. Vom Verfaffer des

..alten Bürgercapitain." Geh. 12 gr. 45 kr.

Storch. Ludwig. der Diplo-mat. Novelle. 8.

N'thlr. 1.18 gr. fl. 2. 48 kr.

- -a Erzählungen. 4 Theile. Nihlr." 5. 8 gr.

9. '

- *- die Jntrigue. Eine Novelle in 2Thei

len. Zweite verbefferte Auflage..Nthlr. 1. 18 gr.

fl. 3.

Storch. Ludwig. der Karikaturift. Novelle.

. 2 Theile. Nlhlr. 3. 8 gr. - fl. 5. 48 kr.

- - die Beguine. Hiftorifcher Roman aus der

Mitte des 14..Jahrhunderts. 3 Theile. Nthlr.4.

20 gr. fl. 8, 24 kr.

-- Malers Traum. Novelle. Mbit-.1, 16 gr. fl. 3.

Die Lefewelt erhält in diefen Erzählungen des allgemein

bekannten und beliebten Bei-fa_ ers eine reiche_ Gallerie von

Darnellungen. _welche durch iire. Lebendigkeit und innere

Wahr it. fowie, durch ihre gelungene Form und treffliche

Behandlung gewiß das Intereffe zu feffeln verntogen. ,Der

Verfaffer hat es in den kleineren Novellen. wie in feinen

größeren Romanen. verftanden. ,den Lefer eiftreich u unter.

halten; und wir hoffen. daß Niemand iin efriedigt iefe Er.

Lahlun en aus_ derÖand legen wird. in welchen fich einetuchtige

*e ins euiitniß. einficherer Takt. die Spannung vom Anfang

.-x

Page 164: Buechner__Dantons_Tod__1835.pdf

bis zum Ende rege zu erhalten. fowie iiberhauvt alle wackereii

Ei enfchaften. wodurch fich der Vcrfglfee die Gunft des Pu.

bli ums erworben. aufs Neue bortheilhaft dargethan finden.

W aller. G.. Anweifung zum Schaihfpielen.

Die vorzuglichlien Spielerbffnungen und End

fpiele. nebft einigen eigenthumliihen Stellun

gen. und fünfzig ausgewählten Aufgaben entt

haltend. Aus dein Englifchen überfclzt und mi

Anmerlungen begleitet von J. F. Schierek.

Geh. 21 gr. fl. 1. 30.

Der tiebeefelzer diefes _Werkcbens hat allen-Freunden del

geiftoollcn Spiels durch feine Arbeit einen gewiß dankenswer

then Dienfi zieleiftet. _ Nicht nurzder Antanger. der fich beleh

ren will. gewinnt hier rafch einen klaren uiid vollftiindigeii

1leberblick. fondern auch der erfahrene Schachfvieler wird [ich

mancher geiflooll entworfenen Spiele. mancher intereffanten_

Trennungen und Endigungen erfreuen. Der Verfaifer hat aut

hhhilidors Shfiern fortgebant. allein auch andere roße Mei

ner find nicht unbenutzt gebliebengund was er i'elb _aus eigc.

nen Erfahruii en hin utiui. gehort zu den ausgeäeichnetften

Leifiungen in iefem athe.

Z e hn er. H. G. . die Treuringe. Novelle.

Geh. 9 gr. 40 kr.

- - die Pietifiin. Novelle. Nthlr 1. 8 gr fl. 2.24.

ZroFiiiFcFee'o popular bjntorzi ok 8ri7it26rlanci. [fi-0111

the (Lei-man: - reich clio aulboi-'I 811b86quent

nliettitjoiiß 0kciie original Work b)- W. lloqfari]

lim-re. (lui-l. 12. llllilr. 1. 18 31-. ii. 3.

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