Bulletin 1/2013

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Der Spiritus in der Bibel. Scheinbar ein interessantes Kapitel, das ich bis jetzt so kaum bewusst wahrgenommen habe. Im virtuellen Netz stosse ich zu Hauf auf Erläuterungen und Kommen- tare, die die Heilige Schriſt zu Hilfe ziehen. Sie argumeneren, zieren und legen aus. Ich bläere selbst in der Bibel und stosse immer wieder auf Stellen, die von Alkohol reden. Ich bin wirklich überrascht: Betrunken liegt Noah auf seinem Lager, entblösst und schamlos. Lot wird buchstäblich "abgefüllt", damit seine Töchter von ihm Kinder gezeugt bekommen. In trunkenem Zustand werden Simeon und seine Söhne überwälgt und er- mordet… Häen die besser vorher aufgepasst! Nein. Das ist vorbei, das Alte Testa- ment. Im Neuen ist es mehr der Wein der Freude, und Timotheus rät gar, etwas Wasser mit Wein zu ergänzen, aus Rücksicht auf den Magen. Jeden Sonntag erinnern wir uns daran, dass Jesus Wein bei seinem Abschiedsmahl genommen hat. Die Bibel gibt kaum etwas "pro oder contra Alkohol" her. Wenn ich sie jedoch im richgen Spiritus zu lesen und zu hören verstehe, weiss ich, wie damit umgehen. Alkohol - ein Thema, das in jedem Firmkurs mitschwimmt. Fragt sich, wer wie steuert. Die gesellschaſtliche Realität Wenn wir über den Umgang mit Alkohol auf dem Firmweg nachdenken, müssen wir den Blick zuerst bei der allgemeinen gesellschaſtlichen Wirklichkeit ansetzen. In unserer Kultur ist der Genuss von al- koholischen Getränken eine Selbstver- ständlichkeit: Kaum ein Fest ohne Wein oder Bier. Sie stehen für Kultur, Genuss, Gasreundschaſt, Freude und Manches mehr. Selbst in unserem kirchlichen Sym- bolverständnis sind Wein und Brot die grundlegenden Zeichen, in denen die Ge- genwart Goes erfahrbar werden. Jugendliche nehmen mit ihrer Le- bensart erst einmal das Vorgegebene auf, übersteigen darin jedoch oſt die gesell- schaſtliche Norm. Doch: Was ist normal?! Jugendliche selbst meinen: "Alkohol im "Spiritus", auf deutsch "Geist", ist ein unabdingbares Thema auf dem Firmweg. Dass sich dies nicht nur auf den "Spiritus Sanctus", sondern auch auf den Umgang mit Al- kohol bezieht, ist klar, weil wir es mit jungen Menschen um die 18 zu tun haben. "Spiritus" auf dem Firmweg Ausgang gehört dazu, aber mit Mass.“ – "Ich finde es o.k., ab und zu mal 'was zu trinken, solange man sich selbst noch un- ter Kontrolle hat.“ – "Ich trinke im Aus- gang gerne ein Bier oder zwei, aber ich bin kein grosser Alkoholtrinker.“ – "Man kann auch ohne Alkohol einen lusgen Abend verbringen.“ Dennoch: Die Realität zeigt immer wieder auch ein anderes Bild. Verantwortung auf dem Firmweg Der Firmweg am Übergang ins Erwachse- nenalter rückt den Aspekt des Mündig- werdens als Mensch und ChristIn, für das das Firmsakrament Stärkung sein will, klar in den Fokus. Damit verbunden ist ein Lernweg, in der Welt der Erwachse- nen den eigenen guten Platz zu finden, mit den Herausforderungen und Ver- Firmung ab 18 Bistum St.Gallen Bullen Nr. 1 | 2013 Kari Bürgler, Diakonieanimator, Firmweg Henau- Niederuzwil Apropos ...

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Aktuelles zu Firmung ab 18

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Der Spiritus in der Bibel. Scheinbar ein interessantes Kapitel, das ich bis jetzt so kaum bewusst wahrgenommen habe. Im virtuellen Netz stosse ich zu Hauf auf Erläuterungen und Kommen-tare, die die Heilige Schrift zu Hilfe ziehen. Sie argumentieren, zitieren und legen aus. Ich blättere selbst in der Bibel und stosse immer wieder auf Stellen, die von Alkohol reden. Ich bin wirklich überrascht: Betrunken liegt Noah auf seinem Lager, entblösst und schamlos. Lot wird buchstäblich "abgefüllt", damit seine Töchter von ihm Kinder gezeugt bekommen. In trunkenem Zustand werden Simeon und seine Söhne überwältigt und er-mordet… Hätten die besser vorher aufgepasst! Nein. Das ist vorbei, das Alte Testa-ment. Im Neuen ist es mehr der Wein der Freude, und Timotheus rät gar, etwas Wasser mit Wein zu ergänzen, aus Rücksicht auf den Magen. JedenSonntag erinnern wir uns daran, dass Jesus Wein bei seinem Abschiedsmahl genommen hat.Die Bibel gibt kaum etwas "pro oder contra Alkohol" her. Wenn ich sie jedoch im richtigen Spiritus zu lesen und zu hören verstehe, weiss ich, wie damit umgehen.

Alkohol - ein Thema, das in jedem Firmkurs mitschwimmt. Fragt sich, wer wie steuert.

Die gesellschaftliche Realität Wenn wir über den Umgang mit Alkohol auf dem Firmweg nachdenken, müssen wir den Blick zuerst bei der allgemeinen gesellschaftlichen Wirklichkeit ansetzen. In unserer Kultur ist der Genuss von al-koholischen Getränken eine Selbstver-ständlichkeit: Kaum ein Fest ohne Wein oder Bier. Sie stehen für Kultur, Genuss, Gastfreundschaft, Freude und Manches mehr. Selbst in unserem kirchlichen Sym-bolverständnis sind Wein und Brot die grundlegenden Zeichen, in denen die Ge-genwart Gottes erfahrbar werden. Jugendliche nehmen mit ihrer Le-bensart erst einmal das Vorgegebene auf, übersteigen darin jedoch oft die gesell-schaftliche Norm. Doch: Was ist normal?!Jugendliche selbst meinen: "Alkohol im

"Spiritus", auf deutsch "Geist", ist ein unabdingbares Thema auf dem Firmweg. Dass sich dies nicht nur auf den "Spiritus Sanctus", sondern auch auf den Umgang mit Al-kohol bezieht, ist klar, weil wir es mit jungen Menschen um die 18 zu tun haben.

"Spiritus" auf dem Firmweg

Ausgang gehört dazu, aber mit Mass.“ – "Ich finde es o.k., ab und zu mal 'was zutrinken, solange man sich selbst noch un-ter Kontrolle hat.“ – "Ich trinke im Aus-gang gerne ein Bier oder zwei, aber ich bin kein grosser Alkoholtrinker.“ – "Man kann auch ohne Alkohol einen lustigen Abend verbringen.“ Dennoch: Die Realität zeigt immer wieder auch ein anderes Bild.

Verantwortung auf dem FirmwegDer Firmweg am Übergang ins Erwachse-nenalter rückt den Aspekt des Mündig-werdens als Mensch und ChristIn, für das das Firmsakrament Stärkung sein will, klar in den Fokus. Damit verbunden ist ein Lernweg, in der Welt der Erwachse-nen den eigenen guten Platz zu finden, mit den Herausforderungen und Ver-

Firmung ab 18 Bistum St.GallenBulletin Nr. 1 | 2013

Kari Bürgler,Diakonieanimator, Firmweg Henau-Niederuzwil

Apropos ...

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antwortungen darin zurechtzukommen. Wenn der Firmweg junge Menschen in ihrer Lebenssituation ernst nehmen will,gehören all die Themen dazu, die ihre Lebenswelten betreffen. Leben und Glau-ben sind nicht zu trennen. Fragen rund um Würde, Gemeinschaft, Ethik, Sinn, Achtsamkeit etc. sind auch religiöse The-men. Der Umgang mit Alkohol ist also auf dem Firmweg nicht einfach ein (lästiges) Randthema, sondern ein wichtiger Teil des herausfordenden Prozesses, in dem Jugendliche zu verantwortungsvollen jun-gen Erwachsenen werden, die ihr Leben nicht nur aus hochprozentigem, sondern auch aus Heiligem Geist gestalten. Konkrete FelderWährend eines Firmweges wird das The-ma Alkohol in Weekends und auf Reisen aktuell. Es braucht darin eine gute Hand-habung, die einerseits durch persönliches Gespräch und andererseits durch klare Abmachungen erreicht wird. Der junge Mensch muss sich bewusst werden, dass der Konsum von Alkohol nicht einfach einunabhängiges Thema ist. Er hat zu tun mit Sorge für mich selbst, mit sozialen As-pekten in einer Gruppe und auch mit Konsequenzen für die grössere Öffenlich-keit. "Was tut mir gut? Was für ein Bild von mir will ich zeigen? Wie viel Toleranz ist in einer Gruppe da mit solchen, die nicht trinken? Wie viel Mitverantwortung haben wir füreinander? Werden durch meinen Konsum von Alkohol Nachbarn, Passantinnen oder andere Leute mitbe-troffen (Abfall, Lärm, Pöbeleien)?"

MöglichkeitenAuf dem Firmweg entstehen Vertrauen und Sicherheit in der Gruppe. In solcher Atmosphäre wird es möglich, Tabuthe-men anzusprechen. Es ist wichtig, jungen Menschen deutlich zu machen, wo ihr Verhalten Grenzen des Sinnvollen oder Anständigen überschreitet. Vor dieser

Well-Come-Gottesdienst in der Seel-sorgeeinheit Obersee mit dem Ziel, berührende und nachhaltige Erfah-rungen zu ermöglichen. Das Motto „Pull-over“ wirft nicht nur die Frage auf, was man sich anzieht. Kleider geben Identität aus und können zum persönlichen Bekenntnis werden. Für welches Bekenntnis stehe ich ein? Infos: [email protected]

"Spiritus Sanctus" auf dem Firmweg: auch eine inhalt-liche Herausforde-rung für einen kul-tivierten Umgang mit Alkohol

nicht immer angenehmen Konfrontation dürfen sich Firmverantwortliche nicht scheuen. Der Konsum von Alkohol darf an Firmanlässen nicht einfach der Lust und Laune der Jungen Erwachsene überlassen werden. Es ist notwendig, klare und ver-nünftige Regeln abzumachen und diese im Voraus zu kommunizieren. Das kann auf einer Firmreise heissen: Kein Alkohol vor dem Abendessen. Nur so viel, dass man als angenehmer Gast an einem Ort wahrgenommen wird und sich immer un-ter Kontrolle hat. Das kann für ein Week-end bedeuten: Es werden von Einzelnen keine alkoholischen Getränke mitgenom-men. Es gibt die Möglichkeit, am Abend nach Programmschluss gemeinsam etwas zu konsumieren. Dass FirmbegleiterInnen auch in diesem Bereich eine Vorbildrolle haben müssen, versteht sich von selbst.

Grenzen und RelationenEs ist nicht sinnvoll, Teilnehmende eines Firmweges rund um die Uhr zu kontrollie-ren. Was vor sich geht, wenn das Firmbe-gleitteam bereits tief schläft, bleibt oft im Dunkeln. Erfahrungen von verschiedenen Firmwegverantwortlichen zeigen, dass die Zusammensetzung einer Gruppe und die darin vorhandenen Freizeitkulturen eine grosse Rolle spielen, ob der Alkohol-konsum auf dem Firmweg zum Problem wird oder nicht. Gibt das Thema in einem Jahr zu vielen Diskussionen Anlass, ist es bei einem nächsten Kurs kaum relevant.

FazitEs gibt Tipps für einen guten Umgang mit dem Thema Alkohol (vgl. PrakTipps). Dennoch ist letztlich das persönliche Ge-spräch mit Einzelnen und in der Gruppe entscheidend, ob "Spiritus" sich auf dem Firmweg nicht nur in Promillen, sondern sich auch in Persönlichkeiten zeigt. (bw)

Blitzlicht ...

Impressum Herausgeberin: www.daju.chRedaktion: Priska Filliger Koller (pfk), Hans Brändle (hb), Kari Bürgler (kb), Barbara Walser (bw), Filippo Niederer (fn)Foto S. 1 unten: www.netdoctor.deFoto S. 2 unten: www.de.spiritualwiki.orgAuflage: 550

Aktuelles Impulsnachmittag für Firmweglei-tende: Kultivierter Umgang mit Alko-hol als inhaltiche Herausforderung. Mi 26. Juni 14.00 - 18.00h, DAJU, Webergasse 15, 9000 St.Gallen. "geistvoll. Werkbuch Spiritualität in der kirchlichen Jugendarbeit" (ISBN 978-3-905906-04-2), von einer bistumseigenen Arbeitsgruppe erarbeitet, eignet sich hervorragend für die Arbeit auf den Firmwegen.www.geistvoll.ch

... ist auf der Homepagewww.my-next-level.ch unter "Bulletin" zu finden, nämlich: PrakTipps: Konkrete Ideen und praktische Anre-gungen aus verschiedenen Firm-wegen für einen gelungenen und kreativen Umgang mit dem Thema "Alkohol" (hb) Zweiter Hintergrundartikel: Kernige Aussagen aus dem Referat und Podium am Diözesanforum vom 21. März 2013 zum Thema "Spiritus Sanctus" (kb)

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