BUNDESGESETZBLATT - ris.bka.gv.at · 1906 70. Stück Ausgegeben am 21. April 1988 Nr. 196 (2) Für...

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P . b . b . Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1030 Wien 1905 BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH Jahrgang 1988 Ausgegeben am 21. April 1988 70. Stück 196. Bundesgesetz: Arbeitskräfteüberlassungsgesetz — AÜG sowie Änderung des Arbeitsmarktförde- rungsgesetzes, des Arbeitsverfassungsgesetzes, des Allgemeinen Sozialversicherungs- gesetzes und der Gewerbeordnung 1973 (NR: GP XVII RV 450 AB 511 S. 56. BR: AB 3456 S. 499.) 197. Bundesgesetz: Ehrengaben- und Hilfsfondsgesetz und Änderung des Bundesfinanzgesetzes 1988 sowie des Opferfürsorgegesetzes (NR: GP XVII RV 470 AB 513 S. 56. BR: AB 3457 S. 499.) 196. Bundesgesetz vom 23. März 1988, mit dem die Überlassung von Arbeitskräften gere- gelt (Arbeitskräfteüberlassungsgesetz AÜG) sowie das Arbeitsmarktförderungsge- setz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Allge- meine Sozialversicherungsgesetz und die Gewerbeordnung 1973 geändert werden Der Nationalrat hat beschlossen: ARTIKEL I Arbeitskräfteüberlassungsgesetz Abschnitt I Allgemeine Bestimmungen Geltungsbereich § 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die Beschäf- tigung von Arbeitskräften, die zur Arbeitsleistung an Dritte überlassen werden. (2) Ausgenommen vom Geltungsbereich der Abschnitte II bis IV dieses Gesetzes ist 1. die Überlassung von Arbeitskräften durch oder an den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband; 2. die Überlassung von land- und forstwirt- schaftlichen Arbeitskräften; 3. die Überlassung von Arbeitskräften durch Erzeuger, Verkäufer oder Vermieter von technischen Anlagen oder Maschinen, wenn a) zur Inbetriebnahme, Wartung oder Repa- ratur von technischen Anlagen oder Maschinen oder b) zur Einschulung von Arbeitnehmern des Beschäftigers die überlassenen Arbeitskräfte als Fachkräfte erforderlich sind und der Wert der Sachlei- stung überwiegt; 4. die Überlassung von Arbeitskräften innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft oder bei der betrieblichen Zusammenarbeit a) zur Erfüllung gemeinsam übernommener Aufträge oder b) zum Zwecke des Erfahrungsaustausches, der Forschung und Entwicklung, der Aus- bildung, der Betriebsberatung oder der Überwachung oder c) in Form einer Kanzlei- oder Praxisge- meinschaft; 5. die Überlassung von Arbeitskräften zwischen Konzernunternehmen innerhalb eines Kon- zerns im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes 1965, BGBl. Nr. 98, und des § 115 des Geset- zes über Gesellschaften mit beschränkter Haf- tung, RGBl. Nr. 58/1906, sofern die Überlas- sung nicht zum Betriebszweck des überlassen- den Unternehmens gehört; 6. die Überlassung von Arbeitskräften im Rah- men sozialer Dienste öffentlicher oder öffent- lich geförderter Einrichtungen; 7. die Überlassung von Arbeitskräften bei der Entwicklungshilfe nach dem Entwicklungshil- fegesetz, BGBl. Nr. 474/1974. (3) Der Abschnitt III (§§ 10 bis 14) dieses Bun- desgesetzes ist nur auf die konzessionspflichtige Überlassung von Arbeitskräften anzuwenden. Zweck § 2. (1) Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz bezweckt 1. den Schutz der überlassenen Arbeitskräfte, insbesondere in arbeitsvertraglichen, arbeit- nehmerschutz- und sozialversicherungsrecht- lichen Angelegenheiten, und 2. die Regelung der Arbeitskräfteüberlassung zur Vermeidung arbeitsmarktpolitisch nach- teiliger Entwicklungen. 12 133

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P . b . b . Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1030 Wien

1905

BUNDESGESETZBLATTFÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

Jahrgang 1988 Ausgegeben am 21. April 1988 70. Stück

196. Bundesgesetz: Arbeitskräfteüberlassungsgesetz — AÜG sowie Änderung des Arbeitsmarktförde-rungsgesetzes, des Arbeitsverfassungsgesetzes, des Allgemeinen Sozialversicherungs-gesetzes und der Gewerbeordnung 1973(NR: GP XVII RV 450 AB 511 S. 56. BR: AB 3456 S. 499.)

197. Bundesgesetz: Ehrengaben- und Hilfsfondsgesetz und Änderung des Bundesfinanzgesetzes 1988sowie des Opferfürsorgegesetzes(NR: GP XVII RV 470 AB 513 S. 56. BR: AB 3457 S. 499.)

196 . Bundesgesetz vom 23. März 1988, mitdem die Überlassung von Arbeitskräften gere-gelt (Arbeitskräfteüberlassungsgesetz —AÜG) sowie das Arbeitsmarktförderungsge-setz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Allge-meine Sozialversicherungsgesetz und die

Gewerbeordnung 1973 geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

ARTIKEL I

A r b e i t s k r ä f t e ü b e r l a s s u n g s g e s e t z

Abschnitt I

A l l g e m e i n e B e s t i m m u n g e n

Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die Beschäf-tigung von Arbeitskräften, die zur Arbeitsleistungan Dritte überlassen werden.

(2) Ausgenommen vom Geltungsbereich derAbschnitte II bis IV dieses Gesetzes ist

1. die Überlassung von Arbeitskräften durchoder an den Bund, ein Land, eine Gemeindeoder einen Gemeindeverband;

2. die Überlassung von land- und forstwirt-schaftlichen Arbeitskräften;

3. die Überlassung von Arbeitskräften durchErzeuger, Verkäufer oder Vermieter vontechnischen Anlagen oder Maschinen, wenna) zur Inbetriebnahme, Wartung oder Repa-

ratur von technischen Anlagen oderMaschinen oder

b) zur Einschulung von Arbeitnehmern desBeschäftigers

die überlassenen Arbeitskräfte als Fachkräfteerforderlich sind und der Wert der Sachlei-stung überwiegt;

4. die Überlassung von Arbeitskräften innerhalbeiner Arbeitsgemeinschaft oder bei derbetrieblichen Zusammenarbeita) zur Erfüllung gemeinsam übernommener

Aufträge oderb) zum Zwecke des Erfahrungsaustausches,

der Forschung und Entwicklung, der Aus-bildung, der Betriebsberatung oder derÜberwachung oder

c) in Form einer Kanzlei- oder Praxisge-meinschaft;

5. die Überlassung von Arbeitskräften zwischenKonzernunternehmen innerhalb eines Kon-zerns im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes1965, BGBl. Nr. 98, und des § 115 des Geset-zes über Gesellschaften mit beschränkter Haf-tung, RGBl. Nr. 58/1906, sofern die Überlas-sung nicht zum Betriebszweck des überlassen-den Unternehmens gehört;

6. die Überlassung von Arbeitskräften im Rah-men sozialer Dienste öffentlicher oder öffent-lich geförderter Einrichtungen;

7. die Überlassung von Arbeitskräften bei derEntwicklungshilfe nach dem Entwicklungshil-fegesetz, BGBl. Nr. 474/1974.

(3) Der Abschnitt III (§§ 10 bis 14) dieses Bun-desgesetzes ist nur auf die konzessionspflichtigeÜberlassung von Arbeitskräften anzuwenden.

Zweck

§ 2. (1) Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetzbezweckt

1. den Schutz der überlassenen Arbeitskräfte,insbesondere in arbeitsvertraglichen, arbeit-nehmerschutz- und sozialversicherungsrecht-lichen Angelegenheiten, und

2. die Regelung der Arbeitskräfteüberlassungzur Vermeidung arbeitsmarktpolitisch nach-teiliger Entwicklungen.

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(2) Für jede Überlassung von Arbeitskräften gilt,daß keine Arbeitskraft ohne ihre ausdrücklicheZustimmung überlassen werden darf.

(3) Durch den Einsatz überlassener Arbeitskräftedarf für die Arbeitnehmer im Beschäftigerbetriebkeine Beeinträchtigung der Lohn- und Arbeitsbe-dingungen und keine Gefährdung der Arbeitsplätzebewirkt werden.

Begriffsbestimmungen

§ 3. (1) Überlassung von Arbeitskräften ist dieZurverfügungstellung von Arbeitskräften zurArbeitsleistung an Dritte.

(2) Überlasser ist, wer Arbeitskräfte zur Arbeits-leistung an Dritte vertraglich verpflichtet.

(3) Beschäftiger ist, wer Arbeitskräfte einesÜberlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigeneAufgaben einsetzt.

(4) Arbeitskräfte sind Arbeitnehmer und arbeit-nehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlichsind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältniszu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimm-ter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlichunselbständig sind.

Beurteilungsmaßstab

§ 4. (1) Für die Beurteilung, ob eine Überlassungvon Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirt-schaftliche Gehalt und nicht die äußere Erschei-nungsform des Sachverhaltes maßgebend.

(2) Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondereauch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitslei-stung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllungvon Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungenund Zwischenergebnissen des Werkbestellersabweichendes, unterscheidbares und demWerkunternehmer zurechenbares Werk her-stellen oder an dessen Herstellung mitwirkenoder

2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material undWerkzeug des Werkunternehmers leistenoder

3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbe-stellers eingegliedert sind und dessen Dienst-und Fachaufsicht unterstehen oder

4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolgder Werkleistung haftet.

Abschnitt II

A l l g e m e i n e G r u n d s ä t z e

Arbeitgeberpflichten

§ 5. (1) Die Pflichten des Arbeitgebers, insbeson-dere im Sinne der sozialversicherungsrechtlichenVorschriften, werden durch die Überlassung nichtberührt.

(2) Als Beschäftigungsort (§ 30 des AllgemeinenSozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955)gilt

1. bei einem inländischen Überlasser der Stand-ort des Betriebes des Überlassers und

2. bei einem ausländischen Überlasser der Stand-ort des Betriebes des Beschäftigers.

Arbeitnehmerschutz

§ 6. (1) Für die Dauer der Beschäftigung imBetrieb des Beschäftigers gilt der Beschäftiger alsArbeitgeber im Sinne der Arbeitnehmerschutzvor-schriften.

(2) Hinsichtlich des persönlichen Arbeitsschut-zes, insbesondere des Arbeitszeitschutzes und desbesonderen Personenschutzes, gilt weiterhin auchder Überlasser als Arbeitgeber im Sinne der Arbeit-nehmerschutzvorschriften.

(3) Für die Dauer der Beschäftigung im Betriebdes Beschäftigers obliegen die Fürsorgepflichtendes Arbeitgebers auch dem Beschäftiger.

(4) Der Überlasser ist verpflichtet, die Überlas-sung unverzüglich zu beenden, sobald er weiß oderwissen muß, daß der Beschäftiger trotz Aufforde-rung die Arbeitnehmerschutz- oder die Fürsorge-pflichten nicht einhält.

Haftungsbeschränkung

§ 7. (1) Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz,BGBl. Nr. 80/1965, und das Organhaftpflichtge-setz, BGBl. Nr. 181/1967, gelten sowohl zwischendem Überlasser und der überlassenen Arbeitskraftals auch zwischen dem Beschäftiger und der über-lassenen Arbeitskraft.

(2) § 332 Abs. 5 des Allgemeinen Sozialversiche-rungsgesetzes gilt auch für die überlassenenArbeitskräfte.

Vereinbarungen zum Nachteil der Arbeitskraft

§ 8. (1) Ansprüche, die der überlassenen Arbeits-kraft nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetzoder nach anderen zwingenden Rechtsvorschriftenzustehen, können vertraglich nicht ausgeschlossenwerden.

(2) Vereinbarungen zwischen dem Überlasserund dem Beschäftiger, die der Umgehung gesetzli-cher Bestimmungen zum Schutz der Arbeitskraftdienen, sind verboten.

Streik und Aussperrung

§ 9. Die Überlassung von Arbeitskräften inBetriebe, die von Streik oder Aussperrung betroffensind, ist verboten.

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Abschnitt III

B e s o n d e r e B e s t i m m u n g e n

Ansprüche der Arbeitskraft

§ 10. (1) Die Arbeitskraft hat Anspruch auf einangemessenes, ortsübliches Entgelt, das mindestenseinmal monatlich auszuzahlen und schriftlich abzu-rechnen ist. Normen der kollektiven Rechtsgestal-tung, denen der Überlasser unterworfen ist, bleibenunberührt. Bei der Beurteilung der Angemessenheitist für die Dauer der Überlassung auf das imBeschäftigerbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmernfür vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollek-tivvertragliche Entgelt Bedacht zu nehmen.

(2) Ist die Arbeitskraft nachweislich zur Leistungbereit und kann sie nicht oder nur unter dem ver-einbarten Ausmaß beschäftigt werden, gebührt dasEntgelt auf Basis der vereinbarten Arbeitszeit. Wardas tatsächliche Beschäftigungsausmaß der Arbeits-kraft während der letzten 13 Wochen überwiegendhöher als die vereinbarte Arbeitszeit, so gebührtdurch 14 Tage Entgelt nach dem Durchschnitt derletzten 13 Wochen. Dies gilt nicht, wenn für dieDauer eines von vornherein mit einem bestimmtenKalendertag befristeten Beschäftigungsverhältnissesmit dem Arbeitnehmer eine längere als dieursprünglich vorgesehene Arbeitszeit vereinbartwird.

(3) Während der Überlassung gelten die arbeits-zeitrechtlichen Vorschriften des im Beschäftigerbe-trieb auf vergleichbare Arbeitnehmer anzuwenden-den Kollektivvertrags auch für die überlasseneArbeitskraft.

(4) Die Vergleichbarkeit ist nach der Art derTätigkeit und der Dauer der Beschäftigung imBetrieb des Beschäftigers sowie der Qualifikationder Arbeitskraft für diese Tätigkeit zu beurteilen.

(5) Bei Kündigung des Vertrages zwischenArbeitskraft und Überlasser ist eine Kündigungs-frist von 14 Tagen einzuhalten, sofern nicht durchGesetz, Normen der kollektiven Rechtsgestaltungoder Arbeitsvertrag eine längere Frist festgesetztist.

Vertragliche Vereinbarungen

§ 11. (1) Der Überlasser darf eine Arbeitskraft aneinen Dritten nur nach Abschluß einer ausdrückli-chen Vereinbarung überlassen, die unabhängig vonder einzelnen Überlassung insbesondere folgendeBedingungen zwingend festzulegen hat:

1. die Höhe des Entgeltes, die Zahlungstermineund die Urlaubsansprüche;

2. ein bestimmtes zeitliches Ausmaß der Arbeits-verpflichtung und die Gründe für eine allfäl-lige Befristung;

3. die Kündigungsfristen;4. die voraussichtliche Art der Arbeitsleistung;

5. die Bundesländer oder die Staaten, in denendie überlassene Arbeitskraft beschäftigt wer-den soll.

(2) Verboten sind insbesondere Bedingungen,welche

1. den Anspruch auf Arbeitsentgelt auf dieDauer der Beschäftigung im Betrieb desBeschäftigers einschränken;

2. die Arbeitszeit wesentlich unter dem Durch-schnitt des zu erwartenden Beschäftigungs-ausmaßes festsetzen oder ein geringeres Aus-maß der Arbeitszeit für überlassungsfreie Zei-ten festlegen;

3. bei vereinbarter Teilzeitbeschäftigung demArbeitgeber das Recht zur Anordnung vonregelmäßiger Mehrarbeit einräumen;

4. das Arbeitsverhältnis ohne sachliche Rechtfer-tigung befristen;

5. die Verfalls- oder Verjährungsvorschriftenverkürzen;

6. die überlassene Arbeitskraft für die Zeit nachdem Ende des Vertragsverhältnisses zumÜberlasser, insbesondere durch Konventional-strafen, Reugelder oder Einstellungsverbote,in ihrer Erwerbstätigkeit beschränken.

(3) Vereinbarungen, die sonstige Konventional-strafen oder Reugeld vorsehen, sind nur insoweitzulässig, als sie nicht nach Gegenstand, Zeit oderOrt und im Verhältnis zu dem geschäftlichen Inter-esse, das der Überlasser an der Einhaltung derjeweiligen vertraglichen Verpflichtungen hat, eineunbillige finanzielle Belastung der überlassenenArbeitskraft bewirken.

(4) Über die Vereinbarung ist der Arbeitskraftein Dienstzettel auszustellen, der die in Abs. 1 Z 1bis 5 genannten Angaben enthalten muß. Verwei-gert der Überlasser die Ausstellung des Dienstzet-tels oder entspricht dieser nicht der Vereinbarung,so ist die Arbeitskraft nicht verpflichtet, der Über-lassung Folge zu leisten.

Mitteilungspflichten§ 12. (1) Der Überlasser ist verpflichtet, der

Arbeitskraft vor jeder Beschäftigung in einem ande-ren Betrieb die für die Überlassung wesentlichenUmstände, insbesondere den Beschäftiger, die vor-aussichtliche Arbeitszeit der überlassenen Arbeits-kraft im Betrieb des Beschäftigers und das Entgelt,das für die Dauer der Überlassung gebührt, mitzu-teilen und ehestmöglich schriftlich zu bestätigen.

(2) Bei Endigung der Gewerbeberechtigung hatder Überlasser unverzüglich jede überlasseneArbeitskraft und jeden Beschäftiger nachweislichschriftlich zu informieren.

Aufzeichnungen§ 13. (1) Der Überlasser hat ab Aufnahme der

Überlassungtätigkeit laufend Aufzeichnungen überdie Überlassung von Arbeitskräften zu führen.

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(2) Die Aufzeichnungen haben zu enthalten:1. Namen, Geburtsdaten, Geschlecht und Staats-

bürgerschaft der überlassenen Arbeitskräfte,gegliedert nach Arbeitern und Angestellten,

2. Namen der Beschäftiger und deren gesetzli-che Interessenvertretung, bei Zugehörigkeitzur Landeskammer der gewerblichen Wirt-schaft auch deren zuständige Fachgruppenach der Fachgruppenordnung, BGBl.Nr. 223/1947,

3. Beginn und Ende der Überlassungen für jedeüberlassene Arbeitskraft.

(3) Der Überlasser hat die Aufzeichnungengemäß Abs. 2 sowie die Ausfertigungen der Dienst-zettel gemäß § 11 Abs. 4 und der Mitteilungengemäß § 12 bis zum Ablauf von drei Jahren nachder letzten Eintragung aufzubewahren.

(4) Der Überlasser hat dem zuständigen Landes-arbeitsamt (§ 19 Abs. 1) einmal jährlich zum Stich-tag Ende Juli folgende Daten, geordnet nach dengesetzlichen Interessenvertretungen und Fachgrup-pen der Beschäftiger, zu übermitteln:

1. Anzahl der überlassenen Arbeitskräfte, geglie-dert nach Geschlecht, Staatsbürgerschaft,Arbeitern und Angestellten,

2. Anzahl der Beschäftiger,3. Anzahl der laufenden Überlassungen, geglie-

dert nach ihrer bisherigen Dauer in solche biseinen Monat, bis drei Monate, bis sechsMonate, bis ein Jahr und über ein Jahr.

Bürgschaft

§ 14. (1) Der Beschäftiger haftet für die gesam-ten der überlassenen Arbeitskraft für die Beschäfti-gung in seinem Betrieb zustehenden Entgeltansprü-che und die entsprechenden Dienstgeber- undDienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung alsBürge (§ 1355 des ABGB).

(2) Hat der Beschäftiger seine Verpflichtungenaus der Überlassung bereits dem Überlasser nach-weislich erfüllt, haftet er nur als Ausfallsbürge(§ 1356 des ABGB).

(3) Bei Insolvenz des Überlassers entfällt dieHaftung des Beschäftigers als Bürge, wenn dieüberlassene Arbeitskraft Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungs-gesetz, BGBl. Nr. 324/1977, hat, soweit dadurchdie Befriedigung der in Abs. 1 erwähnten Ansprü-che tatsächlich gewährleistet ist.

Abschnitt IV

G e m e i n s a m e B e s t i m m u n g e n

Verordnungsermächtigung

§ 15. (1) Der Bundesminister für Arbeit undSoziales kann nach Anhörung des Beirates fürArbeitsmarktpolitik im Einvernehmen mit dem

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheitendurch Verordnung festlegen, daß für den Bereichbestimmter gesetzlicher Interessenvertretungen derBeschäftiger oder für bestimmte Fachgruppen

1. die Beschäftigung von überlassenen Arbeits-kräften im Betrieb eines Beschäftigers nur biszu einem bestimmten Anteila) der unselbständig Beschäftigten,b) der Arbeiter oderc) der Angestelltendes Betriebes zulässig ist;

2. die zulässige Dauer der Beschäftigung vonüberlassenen Arbeitskräften im Betrieb einesBeschäftigers beschränkt wird;

3. die Überlassung von Arbeitskräften vonÖsterreich in bestimmte Staaten zulässig ist.

(2) Voraussetzung für die Erlassung einer Ver-ordnung gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 ist, daß in demvon der Verordnung erfaßten Bereich der Anteilder überlassenen Arbeitskräfte mehr als ein Zehntelder Gesamtzahl der unselbständig Beschäftigten,der Arbeiter oder der Angestellten beträgt.

(3) Voraussetzung für die Erlassung einer Ver-ordnung gemäß Abs. 1 Z 3 ist, daß der Schutz derArbeitskräfte gewährleistet ist und arbeitsmarktli-che, volkswirtschaftliche oder andere wichtigeöffentliche Interessen dafür sprechen.

(4) Die gesetzlichen Interessenvertretungen unddie kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigungender Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sind berech-tigt, die Erlassung einer Verordnung gemäß Abs. 1anzuregen.

Grenzüberschreitende Überlassung

§ 16. (1) Die Überlassung von Arbeitskräften vonÖsterreich in das Ausland ist nur zulässig, wenneine Verordnung gemäß § 15 Abs. 1 Z 3 bestehtoder ausnahmsweise eine Bewilligung gemäß Abs. 2erteilt wurde.

(2) Die Bewilligung der Überlassung vonArbeitskräften von Österreich in das Ausland kannauf Antrag des Überlassers erteilt werden, wennkeine arbeitsmarktlichen oder volkswirtschaftlichenGründe dagegen sprechen und der Schutz derArbeitskräfte nicht gefährdet ist.

(3) Die Überlassung von Arbeitskräften vomAusland nach Österreich ist nur zulässig, wenn aus-nahmsweise eine Bewilligung gemäß Abs. 4 erteiltwurde.

(4) Die Bewilligung der Überlassung vonArbeitskräften vom Ausland nach Österreich kannauf Antrag des Beschäftigers erteilt werden, wenn

1. die Beschäftigung besonders qualifizierterFachkräfte aus arbeitsmarktlichen und volks-wirtschaftlichen Gründen unumgänglich not-wendig ist,

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2. diese Arbeitskräfte ausschließlich im Wegeder Überlassung aus dem Ausland verfügbarsind und

3. deren Beschäftigung keine Gefährdung derLohn- und Arbeitsbedingungen inländischerArbeitnehmer bewirkt.

(5) Die Bewilligung nach Abs. 4 darf nicht erteiltwerden, wenn der Beschäftiger

1. gegen die Vorschriften des Arbeitskräfteüber-lassungsgesetzes verstoßen hat oder

2. unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben hatoder

3. Verpflichtungen eines Arbeitgebers, die sichaus dem Arbeitsrecht einschließlich desArbeitnehmerschutzes oder dem Sozialversi-cherungsrecht ergeben, erheblich verletzt hat.

(6) Die Bewilligung nach Abs. 4 ist jeweils nurfür eine bestimmte Anzahl von Arbeitskräften undnur für einen bestimmten Zeitraum zu erteilen.

(7) Die Bewilligung nach Abs. 4 ist zu widerru-fen, wenn die für die Erteilung wesentlichen Vor-aussetzungen nicht mehr vorliegen.

Anzeigepflicht

§ 17. Der Überlasser, der gemäß § 323a Abs. 2Z 1 der Gewerbeordnung 1973 keine Konzessionbenötigt, hat die Überlassung von Arbeitskräftenspätestens bis zum Ablauf des auf die erstmaligeÜberlassung folgenden Monates dem zuständigenLandesarbeitsamt anzuzeigen.

Untersagung

§ 18. (1) Die Überlassung von Arbeitskräftendurch Überlasser, die keine Konzession gemäߧ 323a der Gewerbeordnung 1973 benötigen, ist zuuntersagen, wenn der Überlasser die ihm aufGrund des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes oblie-genden Verpflichtungen, insbesondere gegenübereiner Arbeitskraft, erheblich oder wiederholt ver-letzt hat und trotz schriftlicher Androhung derUntersagung neuerlich verletzt.

(2) Die Untersagung ist nur innerhalb von sechsMonaten ab dem Zeitpunkt zulässig, in dem diezuständige Behörde von dem Sachverhalt Kenntniserhalten hat, welcher die Untersagung rechtfertigt.

(3) Die Verträge zwischen dem Überlasser undden überlassenen Arbeitskräften werden durch dieUntersagung der Überlassung von Arbeitskräftennicht berührt. Die Untersagung bildet jedoch fürdie überlassenen Arbeitskräfte binnen drei Mona-ten ab Kenntnis einen wichtigen, vom Überlasserverschuldeten Grund zur vorzeitigen Vertragsauf-lösung.

Zuständigkeit und Verfahren

§ 19. (1) Der Antrag auf Erteilung der Bewilli-gung der grenzüberschreitenden Überlassung von

Arbeitskräften von Österreich in das Ausland ist beidem nach dem Sitz des Betriebes zuständigen Lan-desarbeitsamt einzubringen. Über diesen Antragsowie über die Untersagung der Überlassung vonArbeitskräften entscheidet das zuständige Landes-arbeitsamt.

(2) Vor der Entscheidung ist der beim Landesar-beitsamt gemäß § 44 des Arbeitsmarktförderungs-gesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, errichtete Verwal-tungsausschuß anzuhören; im Falle der Untersa-gung der Überlassung von Arbeitskräften überdiesdas zuständige Arbeitsinspektorat oder die sonstzur Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzeszuständige Behörde.

(3) Über Berufungen gegen Bescheide des Lan-desarbeitsamtes entscheidet der Bundesminister fürArbeit und Soziales.

(4) Berufungen gegen die Untersagung derÜberlassung von Arbeitskräften haben keine auf-schiebende Wirkung.

(5) Der Antrag auf Erteilung der Bewilligung dergrenzüberschreitenden Überlassung vom Auslandnach Österreich ist beim Bundesministerium fürArbeit und Soziales einzubringen. Über diesenAntrag sowie über den Widerruf der Bewilligungder grenzüberschreitenden Überlassung vom Aus-land nach Österreich entscheidet der Bundesmini-ster für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mitdem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegen-heiten.

(6) Vor der Entscheidung gemäß Abs. 5 sind diegesetzlichen Interessenvertretungen und die kollek-tivvertragsfähigen Berufungsvereinigungen derArbeitgeber und der Arbeitnehmer anzuhören.

Überwachung und Auskunftspflicht

§ 20. (1) Der Bundesminister für Arbeit undSoziales, die Landesarbeitsämter und die Arbeits-ämter sowie hinsichtlich der dem Arbeitnehmer-schutz dienenden Bestimmungen die Arbeitsinspek-torate und die sonst zur Wahrnehmung des Arbeit-nehmerschutzes berufenen Behörden und hinsicht-lich der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmun-gen die Träger der Sozialversicherung sind zustän-dig, die Einhaltung der Vorschriften des Arbeits-kräfteüberlassungsgesetzes zu überwachen.

(2) Die Überlasser und die Beschäftiger vonArbeitskräften haben den im Abs. 1 genanntenzuständigen Behörden und Sozialversicherungsträ-gern auf deren Verlangen

1. alle für eine Überprüfung erforderlichen Aus-künfte zu erteilen,

2. die hiefür benötigten Unterlagen zur Einsichtvorzulegen und

3. die Anfertigung vollständiger oder auszugs-weiser Abschriften oder Ablichtungen derUnterlagen zu gestatten.

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(3) Die Überlasser und die Beschäftiger habenden im Abs. 1 genannten zuständigen Behördenund Sozialversicherungsträgern Zutritt zum Betriebund Einsicht in alle die Arbeitskräfteüberlassungbetreffenden Unterlagen zu gewähren.

Amtshilfe

§ 21. (1) Alle Behörden und alle öffentlich-recht-lichen Körperschaften, insbesondere die gesetzli-chen Interessenvertretungen der Arbeitgeber undder Arbeitnehmer und die Träger der Sozialversi-cherung, haben im Rahmen ihres Wirkungsberei-ches den Bundesminister für Arbeit und Soziales,die Landesarbeitsämter, die Arbeitsämter, dieArbeitsinspektorate und die sonst zur Wahrneh-mung des Arbeitnehmerschutzes berufenen Behör-den bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach demArbeitskräfteüberlassungsgesetz zu unterstützen.

(2) Diese Unterstützung besteht insbesondereauch darin, daß sie den in Abs. 1 genannten zustän-digen Behörden

1. den Namen, die Geburtsdaten, die Anschrift,das Geschlecht, die Staatsbürgerschaft, denBeschäftigungsort, die Arbeits- und Vertrags-bedingungen sowie die Pensions-, Unfall- undKrankenversicherungsdaten der überlassenenArbeitskraft,

2. den Namen, die Geburtsdaten, die Anschrift,den Betriebsgegenstand und den Sitz desBetriebes des Überlassers und

3. den Namen, die Geburtsdaten, die Anschrift,die gesetzliche Interessenvertretung, die Fach-gruppe und den Sitz des Betriebes desBeschäftigers

übermitteln.

Strafbestimmungen

§ 22. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestandeiner in die Zuständigkeit der Gerichte fallendenstrafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwal-tungsübertretung und ist von der Bezirksverwal-tungsbehörde zu bestrafen

1. mit Geldstrafe von 10000 S bis 50000 S, imWiederholungsfall von 20 000 S bis 100 000 S,wera) als Überlasser oder Beschäftiger gesetz-

widrige Vereinbarungen trifft (§§ 8 und 11Abs. 2) und deren Einhaltung verlangt,

b) Arbeitskräfte in von Streik oder Aussper-rung betroffene Betriebe überläßt (§ 9),

c) als Überlasser oder Beschäftiger an einerunzulässigen grenzüberschreitendenÜberlassung (§ 16) beteiligt ist,

d) trotz Untersagung der Überlassungstätig-keit (§ 18) Arbeitskräfte überläßt;

2. mit Geldstrafe bis zu 10000 S, im Wiederho-lungsfall von 5000 S bis 20000 S, wera) die Erstattung der Anzeige (§ 17) unter-

läßt,

b) eine Arbeitskraft ohne Ausstellung einesDienstzettels, der den Vorschriften des§ 11 entspricht, überläßt,

c) die Mitteilungspflichten (§ 12) nicht ein-hält, wenn dadurch die Gefahr eines Scha-dens für die Arbeitskraft besteht,

d) die gemäß § 13 zu führenden Aufzeich-nungen oder die zu übermittelnden stati-stischen Daten nicht oder mangelhaft vor-legt;

3. mit Geldstrafe bis zu 10000 S, im Wiederho-lungsfall von 5000 S bis 20000 S, wer alsÜberlasser oder Beschäftiger den zur Über-wachung berufenen Behörden und Trägernder Sozialversicherung auf deren Aufforde-runga) die für die Überprüfung der Einhaltung

der Bestimmungen des Arbeitskräfteüber-lassungsgesetzes erforderlichen Auskünftenicht erteilt (§ 20 Abs. 2 Z 1),

b) die für diese Überprüfung benötigtenUnterlagen nicht zur Einsicht vorlegt(§ 20 Abs. 2 Z 2),

c) die Anfertigung von Abschriften, Auszü-gen oder Ablichtungen dieser Unterlagenverwehrt (§ 20 Abs. 2 Z 3),

d) den Zutritt zum Betrieb oder die Einsichtin die die Arbeitskräfteüberlassung betref-fenden Unterlagen verwehrt (§ 20 Abs. 3).

(2) Bei der Bemessung der Höhe der Geldstrafenach Abs. 1 ist insbesondere auf den durch dieÜberlassung erzielten Ertrag oder sonstigen wirt-schaftlichen Vorteil Bedacht zu nehmen.

(3) Die Eingänge aus den gemäß Abs. 1 verhäng-ten Geldstrafen fließen dem Reservefonds gemäߧ 64 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977,BGBl. Nr. 609, zu.

ARTIKEL II

Ä n d e r u n g des A r b e i t s m a r k t f ö r d e -r u n g s g e s e t z e s

Das Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl.Nr. 31/1969, zuletzt geändert durch das Bundesge-setz BGBl. Nr. 616/1987, wird wie folgt geändert:

1. §9 Abs. 4 lautet:

„(4) Als Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 gilt auchdie Überlassung von Arbeitskräften zur Arbeitslei-stung an Dritte, sofern der Überlasser nicht diePflichten des Arbeitgebers trägt."

2. § 48 lautet:

„(1) Wer eine auf Arbeitsvermittlung gerichteteTätigkeit ausübt, die gegen dieses Bundesgesetz(§ 9) oder andere gesetzliche Bestimmungen ver-stößt, begeht, sofern die Tat weder eine in dieZuständigkeit der Gerichte fallende noch eine nachdem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl.Nr. 196/1988, strafbare Handlung bildet, eine Ver-waltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe

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von 10000 S bis 50000 S, im Wiederholungsfallvon 20000 S bis 100000 S zu bestrafen.

(2) Die Eingänge aus den gemäß Abs. 1 verhäng-ten Geldstrafen fließen dem Reservefonds gemäߧ 64 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977,BGBl. Nr. 609, zu."

ARTIKEL III

Ä n d e r u n g d e s A r b e i t s v e r f a s s u n g s -g e s e t z e s

Das Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das BundesgesetzBGBl. Nr. 321/1987, wird wie folgt geändert:

1. Im §97 Abs. 1 wird nach der Z 1 folgendeZ 1 a eingefügt:

„l a. Grundsätze der betrieblichen Beschäftigungvon Arbeitnehmern, die im Rahmen einerArbeitskräfteüberlassung tätig sind;"

2. Dem § 99 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Der Betriebsrat ist vor der beabsichtigtenAufnahme der Beschäftigung von überlassenenArbeitskräften zu informieren; auf Verlangen isteine Beratung durchzuführen. Von der Aufnahmeeiner solchen Beschäftigung ist der Betriebsratunverzüglich in Kenntnis zu setzen. Auf Verlangenist ihm mitzuteilen, welche Vereinbarungen hin-sichtlich des zeitlichen Arbeitseinsatzes der überlas-senen Arbeitskräfte und hinsichtlich der Vergütungfür die Überlassung mit dem Überlasser getroffenwurden. Die §§ 89 bis 92 sind sinngemäß anzuwen-den."

3. Im §160 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 wird dieBezeichnung „§ 99 Abs. 3 und 4" jeweils durch dieBezeichnung „§ 99 Abs. 3, 4 und 5" ersetzt.

ARTIKEL IV

Ä n d e r u n g d e s A l l g e m e i n e n S o z i a l -v e r s i c h e r u n g s g e s e t z e s

Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz,BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch dasBundesgesetz BGBl. Nr. 616/1987, wird wie folgtgeändert:

1. Dem § 3 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:

„Als im Inland beschäftigt gelten auch Perso-nen, die gemäß § 16 des Arbeitskräfteüberlas-sungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, bei eineminländischen Betrieb beschäftigt werden."

2. Dem § 35 Abs. 2 wird folgender Satz ange-fügt:

„Bei den im § 3 Abs. 3 letzter Satz genanntenPersonen gilt der Beschäftiger im Sinne des§ 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgeset-zes als Dienstgeber."

ARTIKEL V

Änderung der Gewerbeordnung1973

Die Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974,in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 259/1975, 253/1976, 233/1978, 66/1979, 223/1980,486/1981, 619/1981, 630/1982, 185/1983, 567/1983 und 269/1985 sowie der KundmachungenBGBl. Nr. 379/1978, 101/1986 und 289/1986 wirdwie folgt geändert:

1. Dem §22 wird folgender Abs. 11 angefügt:

„(11) Verordnungen gemäß Abs. 3, 4, 6, 8 und 9betreffend den Befähigungsnachweis für dasGewerbe der Überlassung von Arbeitskräften(§ 323a) sind im Einvernehmen mit dem Bundesmi-nister für Arbeit und Soziales zu erlassen."

2. Im Punkt VI des § 130 werden nach demStrichpunkt nach dem Wort „Bewachungsgewerbe(§ 318)" in einer neuen Zeile die Worte „Überlas-sung von Arbeitskräften (§ 323a)" angefügt undmit einem Punkt abgeschlossen.

3. Nach § 323 werden folgende §§ 323a bis 323dsamt Überschriften eingefügt:

„ Ü b e r l a s s u n g von A r b e i t s k r ä f t e n

§ 323a. (1) Der Konzessionspflicht unterliegt dieZurverfügungstellung von Arbeitskräften zurArbeitsleistung an Dritte (Überlassung von Arbeits-kräften).

(2) Der Konzessionspflicht unterliegen nicht1. die vorübergehende Überlassung von Arbeits-

kräften an Beschäftiger, welche die gleicheErwerbstätigkeit wie der Überlasser ausüben,unter der Voraussetzung, daß der Charakterdes Betriebes des Überlassers gewahrt bleibt,bis zur Höchstdauer von sechs Monaten imKalenderjahr, wobei auch die Zeiten nachein-ander folgender Überlassungen verschiedenerArbeitskräfte zusammenzuzählen sind;

2. die Überlassung von Arbeitskräften durchErzeuger, Verkäufer oder Vermieter vontechnischen Anlagen oder Maschinen, wenna) zur Inbetriebnahme, Wartung oder Repa-

ratur von technischen Anlagen oderMaschinen oder

b) zur Einschulung von Arbeitnehmern desBeschäftigers

die überlassenen Arbeitskräfte als Fachkräfteerforderlich sind und der Wert der Sachlei-stung überwiegt;

3. die Überlassung von Arbeitskräften innerhalbeiner Arbeitsgemeinschaft oder bei derbetrieblichen Zusammenarbeita) zur Erfüllung gemeinsam übernommener

Aufträge oderb) zum Zwecke des Erfahrungsaustausches,

der Forschung und Entwicklung, der Aus-

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bildung, der Betriebsberatung oder derÜberwachung oder

c) in Form einer Kanzlei- oder Praxisge-meinschaft;

4. die Überlassung von Arbeitskräften zwischenKonzernunternehmen innerhalb eines Kon-zerns im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes1965, BGBl. Nr. 98, und des § 115 des Geset-zes über Gesellschaften mit beschränkter Haf-tung, RGBl. Nr. 58/1906, sofern die Überlas-sung nicht zum Betriebszweck des überlassen-den Unternehmens gehört;

5. die Überlassung von Arbeitskräften bei derEntwicklungshilfe nach dem Entwicklungshil-fegesetz, BGBl. Nr. 474/1974.

Besondere Voraussetzungen

§ 323b. (1) Die Erteilung der Konzession für dasGewerbe der Überlassung von Arbeitskräften erfor-dert neben der Erfüllung der im § 25 Abs. 1 Z 1angeführten Voraussetzungen:

1. die Erbringung des Befähigungsnachweises,2. bei natürlichen Personen die österreichische

Staatsbürgerschaft und ihren Wohnsitz imInland,

3. bei juristischen Personen und Personengesell-schaften des Handelsrechtesa) ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung

im Inland undb) wenn die Überlassung von Arbeitskräften

im Verhältnis zu den anderen wirtschaftli-chen Betätigungen des betreffendenRechtsträgers keine nur untergeordneteBedeutung hat, die österreichische Staats-bürgerschaft der Mitglieder der zurgesetzlichen Vertretung berufenenOrgane oder der geschäftsführungs- undvertretungsbefugten Gesellschafter undderen Wohnsitz im Inland.

(2) Die für die Erteilung einer Konzession fürdas Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräftenerforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 25Abs. 1 Z 1 ist vor allem dann nicht gegeben, wenndas bisherige Verhalten des Konzessionswerbersdie Annahme rechtfertigt, daß das Gewerbe ineiner den Schutz und die Rechte der Arbeitskräftenicht gewährleistenden Art ausgeübt werden wird;dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Kon-zessionswerber

1. gegen die Vorschriften des Arbeitskräfteüber-lassungsgesetzes verstoßen hat oder

2. unzulässige Arbeitsvermittlung betrieben hatoder

3. Verpflichtungen eines Arbeitgebers, die sichaus dem Arbeitsrecht einschließlich desArbeitnehmerschutzes oder des Sozialversi-cherungsrechtes ergeben, erheblich verletzthat.

(3) Den im Abs. 1 bezeichneten Voraussetzun-gen haben die Gewerbetreibenden auch während

der gesamten Dauer der Gewerbeausübung zu ent-sprechen. Die Konzession ist von der Behörde(§ 361 Abs. 1) zu entziehen, wenn diese Vorausset-zungen nicht mehr zur Gänze erfüllt werden.

Zuständigkeit§ 323c. Zur Erteilung einer Konzession für das

Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften ist inerster Instanz der Landeshauptmann und in zweiterInstanz der Bundesminister für wirtschaftlicheAngelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bun-desminister für Arbeit und Soziales zuständig.

Verfahren§ 323d. (1) Vor der Erteilung der Konzession für

das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräftenhat die Behörde die zuständige Landeskammer dergewerblichen Wirtschaft, die zuständige Kammerfür Arbeiter und Angestellte und das zuständigeLandesarbeitsamt aufzufordern, innerhalb einerFrist von sechs Wochen Gutachten über das Vorlie-gen der Voraussetzungen für die Erteilung derKonzession abzugeben. Gegen den Bescheid, mitdem die Konzession für das Gewerbe der Überlas-sung von Arbeitskräften erteilt wird, steht jeder die-ser Stellen jeweils dann das Recht der Berufung zu,wenn die Entscheidung ihrem fristgerecht abgege-benen Gutachten widerspricht oder wenn sie nichtgehört worden ist.

(2) Die zuständige Landeskammer der gewerbli-chen Wirtschaft, die zuständige Kammer für Arbei-ter und Angestellte oder das zuständige Landesar-beitsamt sind berechtigt, die Entziehung der Kon-zession für das Gewerbe der Überlassung vonArbeitskräften zu beantragen. Vor der Erlassungeines Bescheides über einen solchen Antrag hat dieBehörde die im ersten Satz genannten Stellen auf-zufordern, innerhalb einer Frist von sechs WochenGutachten über das Vorliegen der Voraussetzun-gen für die Entziehung der Konzession abzugeben;dies gilt nicht für jene Stelle, die den Antrag aufEntziehung der Konzession gestellt hat. Gegeneinen Bescheid auf Grund eines solchen Antragessteht jeder der im ersten Satz genannten Stellenjeweils dann das Recht der Berufung zu, wenn dieEntscheidung ihrem Antrag oder ihrem fristgerechtabgegebenen Gutachten widerspricht oder wenn sienicht gehört worden ist.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß für Ver-fahren betreffend die Genehmigung der Bestellungeines Geschäftsführers oder eines Filialgeschäfts-führers oder die Genehmigung der Übertragungder Ausübung des Gewerbes an einen Pächter undfür Verfahren betreffend den Widerruf nach § 91Abs. 1."

4. § 376 Z 36 lautet:

„36. (Zu § 323a:)(1) Personen, die zu einer Tätigkeit, die durch

§ 323a an eine Konzession gebunden wurde (Über-

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lassung von Arbeitskräften), am 30. Juni 1988berechtigt sind, bedürfen zur weiteren Ausübungihrer Tätigkeit nach diesem Zeitpunkt einer Kon-zession gemäß § 323a in einem ihrer bisherigenTätigkeit sachlich entsprechenden Umfang. DieseKonzession ist zu erteilen, es sei denn, daß die Vor-aussetzungen für eine Entziehung der Konzession(§§ 87 bis 89, 91 Abs. 2) vorliegen, wenn sie

a) nachweisen, daß sie ihre nunmehr an eineKonzession gebundene Tätigkeit währendder Zeit vom 1. Juli 1987 bis 30. Juni 1988befugt ausgeübt haben,

b) selbst oder durch einen Geschäftsführer(§ 39) oder Pächter (§ 40) den Befähigungs-nachweis (§ 323b Abs. 1 Z 1) erbringen,

c) im Falle, daß sie juristische Personen oderPersonengesellschaften des Handelsrechtessind, ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassungim Inland haben,

d) um die Konzessionserteilung spätestens am30. September 1988 ansuchen.

(2) Die im Abs. 1 genannten Personen dürfen biszur rechtskräftigen Entscheidung über ihr rechtzei-tig eingebrachtes Konzessionsansuchen ihre Tätig-keit im bisherigen Umfang weiter ausüben."

5. Nach § 381 Abs. 3 Z 11 wird an die Stelle desPunktes ein Strichpunkt gesetzt, und es wird dem§ 381 Abs. 3 folgende Z 12 angefügt:

„12. im Einvernehmen mit dem Bundesmini-ster für Arbeit und Soziales hinsichtlichdes § 22 Abs. 11 und des § 323c, soweitdiese Bestimmungen die Mitwirkung die-ses Bundesministers vorsehen."

ARTIKEL VI

S c h l u ß b e s t i m m u n g e n

Wirksamkeitsbeginn

(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 1988 inKraft.

(2) Verordnungen und Bescheide auf Grund die-ses Bundesgesetzes können bereits von dem seinerKundmachung folgenden Tag an erlassen werden;sie dürfen jedoch erst mit dem im Abs. 1 bezeichne-ten Zeitpunkt in Kraft treten.

Vollziehung

1. Mit der Vollziehung der Art. I bis IV diesesBundesgesetzes sind betraut:

a) hinsichtlich des § 7 Abs. 1 in bezug auf dasDienstnehmerhaftpflichtgesetz der Bundes-minister für Justiz;

b) hinsichtlich des § 15 und des § 16 Abs. 3 bis 7der Bundesminister für Arbeit und Sozialesim Einvernehmen mit dem Bundesministerfür wirtschaftliche Angelegenheiten;

c) hinsichtlich des § 19 Abs. 2 und des § 20,soweit das Verkehrs-Arbeitsinspektorat beru-fen ist, der Bundesminister für öffentlicheWirtschaft und Verkehr;

d) hinsichtlich des § 19 Abs. 2 und des § 20,soweit die Bergbehörden berufen sind, derBundesminister für wirtschaftliche Angele-genheiten;

e) hinsichtlich der übrigen Bestimmungen derBundesminister für Arbeit und Soziales.

2. Die Zuständigkeit zur Vollziehung des Art. Vdieses Bundesgesetzes bestimmt sich nach §381Abs. 3 bis 8 der Gewerbeordnung 1973 in der Fas-sung des Art. V Z 5 dieses Bundesgesetzes.

WaldheimVranitzky

197 . Bundesgesetz vom 23. März 1988, mitdem aus Anlaß des 50. Jahrestages der Okku-pation Österreichs einmalige Ehrengaben undZuwendungen für Widerstandskämpfer undOpfer der politischen Verfolgung geleistetwerden (Ehrengaben- und Hilfsfondsgesetz)und das Bundesfinanzgesetz 1988 sowie das

Opferfürsorgegesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

ABSCHNITT I

Ehrengaben

§ 1. (1) Aus Anlaß des 50. Jahrestages der Okku-pation Österreichs erhalten nach Maßgabe der fol-genden Bestimmungen einmalige Ehrengaben:

1. Personen im Sinne der §§ 2 und 5 des Bundes-gesetzes über die Schaffung eines Ehrenzei-chens für Verdienste um die Befreiung Öster-reichs, BGBl. Nr. 79/1976, denen ein Befrei-ungs-Ehrenzeichen bis zum 31. Dezember1987 verliehen wurde;

2. Bezieher einer Opferrente gemäß § 11 Abs. 2oder einer Unterhaltsrente gemäß § 11 Abs. 5lit. a oder c des Opferfürsorgegesetzes, BGBl.Nr. 183/1947, sofern sie nicht bereits demPersonenkreis der Z 1 angehören;

3. Bezieher einer Hinterbliebenenrente gemäߧ 11 Abs. 3 oder einer Unterhaltsrente gemäߧ 11 Abs. 5 lit. b oder einer Beihilfe gemäߧ 11 Abs. 7 des Opferfürsorgegesetzes, sofernsie nicht bereits den Personenkreisen der Z 1und 2 angehören;

4. Inhaber einer Amtsbescheinigung im Sinnedes Opferfürsorgegesetzes, sofern ihnen dieAnspruchsberechtigung bis zum 31. Dezem-ber 1987 rechtskräftig zuerkannt wurde undsie nicht bereits den Personenkreisen der Z 1bis 3 angehören;

1914 70. Stück — Ausgegeben am 21. April 1988 — Nr. 197

5. Inhaber eines Opferausweises im Sinne desOpferfürsorgegesetzes, sofern ihnen dieAnspruchsberechtigung bis zum 31. Dezem-ber 1987 rechtskräftig zuerkannt wurde undsie nicht bereits den Personenkreisen der Z 1bis 4 angehören.

(2) Die Ehrengabe beträgt für Personen im Sinneder Z 1 5000 S, für Personen im Sinne der Z 24000 S, für Personen im Sinne der Z 3 und 43 500 S und für Personen im Sinne der Z 5 2 500 S.Sie ist eine höchstpersönliche Leistung.

§ 2. (1) Ehrengaben gemäß § 1 Abs. 1 Z 1, 2 und3 sind im Laufe des Jahres 1988 durch den Bundes-minister für Arbeit und Soziales von Amts wegenzu gewähren.

(2) Ehrengaben nach § 1 Abs. 1 Z 4 und 5 wer-den nur auf Ansuchen gewährt. Die Ansuchen sindbis längstens 31. Dezember 1988 bei sonstigemAusschluß beim zuständigen Landeshauptmanneinzubringen. Dieser hat die Voraussetzungengemäß § 1 Abs. 1 Z 4 und 5 zu überprüfen und dasAnsuchen samt Beurteilung dem Bundesministerfür Arbeit und Soziales zuzuleiten. Die Zuständig-keit des Landeshauptmannes richtet sich nach demWohnsitz des Antragstellers. Von Personen, dieihren dauernden Aufenthalt im Ausland haben, istdas Ansuchen bei der österreichischen Vertretungs-behörde, in deren Bereich der Antragsteller seinenAufenthalt hat, oder beim Landeshauptmann vonWien einzubringen.

(3) Der Vorschrift des Abs. 2 wird auch durchdie Einbringung bei einer nicht zuständigenBehörde oder einem Sozialversicherungsträger ent-sprochen. Das Ansuchen ist unverzüglich an diezuständige Stelle weiterzuleiten.

ABSCHNITT II

Hilfsfonds

§ 3. (1) Zur besonderen Hilfe für hilfsbedürftigeWiderstandskämpfer und Opfer der politischenVerfolgung wird ein Fonds errichtet. Dieser Fondsträgt die Bezeichnung „Fonds zur besonderenHilfe für Widerstandskämpfer und Opfer der poli-tischen Verfolgung — Hilfsfonds".

(2) Empfänger von Zuwendungen aus demFonds können sein:

1. Personen, die um ein unabhängiges, demokra-tisches und seiner geschichtlichen Aufgabebewußtes Österreich, insbesondere gegenIdeen und Ziele des Nationalsozialismus, mitder Waffe in der Hand gekämpft oder sichhiefür rückhaltlos in Wort oder Tat eingesetzthaben,

2. Personen, die aus politischen Gründen oderaus Gründen der Abstammung, Religion oderNationalität durch Maßnahmen eines Gerich-tes, einer Verwaltungs- (im besonderen einerStaatspolizei-)Behörde oder durch Eingriffe

der NSDAP einschließlich ihrer Gliederungenverfolgt worden sind, und

3. Personen, die um Verfolgungen aus den inZ 2 angeführten Gründen zu entgehen, ausge-wandert sind,

wenn sie oder ihre Eltern am 13. März 1938 dieösterreichische Bundesbürgerschaft besessen habenoder in einem vor diesem Tag gelegenen Zeitraumdurch mehr als zehn Jahre ununterbrochen ihrenWohnsitz im Gebiet der Republik Österreich hat-ten.

(3) An die im Abs. 2 genannten Personen könnenZuwendungen vergeben werden, wenn sie keinegleichartigen Zuwendungen aus dem Ausgleichs-taxfonds nach dem Invalideneinstellungsgesetz1969, BGBl. Nr. 22/1970, erhalten können undbedürftig sind.

(4) Gemeinnützige private Einrichtungen kön-nen Zuwendungen erhalten, wenn sie sich überwie-gend die Betreuung der im Abs. 2 angeführten Per-sonen zur Aufgabe gestellt haben und diese auseigenen Mitteln nicht zu finanzieren vermögen.

§ 4. Der Fonds dient ausschließlich gemeinnützi-gen Zwecken und besitzt eigene Rechtspersönlich-keit. Er hat seinen Sitz und Gerichtsstand in Wien.Der Fonds gilt abgabenrechtlich als Körperschaftöffentlichen Rechts.

§ 5. (1) Die Mittel des Fonds werden insbeson-dere aufgebracht durch:

1. Zuwendungen, Schenkungen, Erbschaftenund Vermächtnisse,

2. Zinsen und sonstige Erträgnisse des Fondsver-mögens.

(2) Der Bund hat dem Fonds einmalig 25 Millio-nen Schilling zuzuwenden. Die Überweisung dieserBundesmittel an den Fonds hat nach Bedarf zuerfolgen. Sofern der im Bundesvoranschlag 1988,BGBl. Nr. 1/1988, beim Voranschlagsansatz 1/15158 vorgesehene Betrag in Höhe von 50 Millio-nen Schilling für Maßnahmen im Sinne des § 1 die-ses Bundesgesetzes durch Zahlungen nicht inAnspruch genommen wurde, ist der nicht inAnspruch genommene Betrag dem Fonds zu über-weisen.

(3) Unentgeltliche Zuwendungen an den Fondsunterliegen nicht der Erbschafts- und Schenkungs-steuer.

§ 6. (1) Die Zuwendungen erfolgen nach Maß-gabe der Fondsmittel in Form von Geldleistungenentsprechend der vom Bundesminister für Arbeitund Soziales nach Anhören der Opferfürsorgekom-mission (§17 des Opferfürsorgegesetzes) beschlos-senen und in den „Amtlichen Nachrichten Arbeit— Gesundheit — Soziales" kundgemachten Richt-linien.

(2) Die Richtlinien haben insbesondere nähereBestimmungen über die Voraussetzungen, unter

70. Stück — Ausgegeben am 21. April 1988 — Nr. 197 1915

denen Zuwendungen an die Fondsbegünstigtengewährt werden können, über Art und Höhe derZuwendungen sowie über den Entscheidungsrah-men der Fondsverwaltung zu enthalten.

§ 7. Auf die Gewährung von Zuwendungenbesteht kein Rechtsanspruch.

§ 8. (1) Ansuchen um Gewährung von Zuwen-dungen sind beim Bundesministerium für Arbeitund Soziales samt den erforderlichen Nachweiseneinzubringen. § 2 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(2) Personen und Einrichtungen, die ihren dau-ernden Aufenthalt bzw. Sitz im Ausland haben,können Ansuchen auch bei den österreichischenVertretungsbehörden einbringen.

§ 9. Der Fonds wird vom Bundesminister fürArbeit und Soziales unter Anhörung der Opferfür-sorgekommission (§17 des Opferfürsorgegesetzes)verwaltet.

§ 10. Der aus diesem Bundesgesetz erwachsendeVerwaltungsaufwand sowie die für die Mitgliederder Opferfürsorgekommission entstehenden Reise-und Aufenthaltskosten sind aus Bundesmitteln zubestreiten.

§ 11. Der Fonds ist von der Finanzprokuraturgemäß dem Prokuraturgesetz, StGBl. Nr. 172/1945, zu beraten und zu vertreten.

ABSCHNITT III

Gemeinsame Bestimmungen

§ 12. (1) Die auf Grund dieses Bundesgesetzesgewährten Geldleistungen unterliegen nicht derEinkommensteuer.

(2) Alle zur Durchführung dieses Bundesgesetzeserforderlichen Amtshandlungen, Eingaben, Voll-machten, Zeugnisse, Urkunden über Rechtsge-schäfte sowie Vermögensübertragungen sind vonbundesgesetzlich geregelten Gebühren, Verkehr-steuern und Verwaltungsabgaben befreit.

(3) Die abgaben(gebühren)rechtliche Befreiungdes Fonds gilt auch für Justiz- und Gerichtsverwal-tungsgebühren.

(4) Die Gebühren für die Zustellung der nachdiesem Bundesgesetz gewährten Geldleistungenträgt der Bund.

§ 13. Alle Organe des Bundes, der Länder undGemeinden und die sonstigen im Vollziehungsbe-reich des Bundes eingerichteten Rechtsträger desöffentlichen Rechts haben die zur Durchführungdieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zuerteilen. Die Auskunftspflicht erstreckt sich jedochnicht auf Tatsachen, die aus finanzbehördlichenBescheiden des Leistungswerbers ersichtlich sind.Die Weitergabe solcher Daten an Dritte ist unzu-lässig.

§ 14. (1) Das Bundesrechenamt hat bei derBesorgung der Geschäfte, die dem Bundesministerfür Arbeit und Soziales und den Landeshauptmän-nern nach diesem Bundesgesetz obliegen, mitzuwir-ken, soweit eine solche Mitwirkung im Interesseder Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostener-sparnis gelegen ist.

(2) Die zur Durchführung des Opferfürsorgege-setzes automationsunterstützt verarbeiteten Datenüber Opfer des Kampfes um ein freies, demokrati-sches Österreich und Opfer der politischen Verfol-gung sind zur Durchführung dieses Bundesgesetzesheranzuziehen.

ABSCHNITT IV

Bundesfinanzgesetz 1988

Artikel I

Das Bundesfinanzgesetz 1988, BGBl. Nr. 1/1988, wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel X Abs. 1 ist in der Ziffer 2 nach„1/14156" anzufügen: „1/15158 (für Ehren-gaben)"

2. In der Anlage I (Bundesvoranschlag) ist nachdem Voranschlagsansatz 1/15158 der Para-graph 1/1516 „Ehrengaben- und Hilfsfonds-gesetz" mit den Voranschlagsansätzen 1/15164/22 „Förderungen (Gesetzliche Ver-pflichtungen)" und 1/15167/22 „Aufwendun-gen (Gesetzliche Verpflichtungen)" anzufü-gen.

Artikel II

Mit der Vollziehung des Artikels I ist der Bun-desminister für Finanzen betraut.

ABSCHNITT V

Artikel I

Das Opferfürsorgegesetz, BGBl. Nr. 183/1947,zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl.Nr. 614/1987, wird wie folgt geändert:

Dem § 4 wird als Abs. 6 angefügt:

„(6) Opfern der politischen Verfolgung im Sinnedes § 1 Abs. 2 lit. i, die eine Freiheitsbeschränkungin der Dauer von mindestens einem Jahr erlittenhaben, ist an Stelle eines Opferausweises eine Amts-bescheinigung auszustellen."

Artikel II

Werden Anträge auf Anerkennung als Opfer derpolitischen Verfolgung und Ausstellung einerAmtsbescheinigung auf Grund des Artikels I bis31. Dezember 1988 eingebracht, so ist von Amtswegen auch über den Anspruch auf Unterhaltsrenteabzusprechen. Eine gebührende Unterhaltsrente ist

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sodann vom Zeitpunkt des Zutreffens der Voraus-setzungen, frühestens jedoch vom 1. Mai 1988 anzuzuerkennen.

Artikel III

Dieser Abschnitt tritt am 1. Mai 1988 in Kraft.

ABSCHNITT VI

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sindunbeschadet der Regelung im Abschnitt IV Arti-kel II betraut:

1. Hinsichtlich des § 5 Abs. 2 und 3, § 10, § 11,§ 12 und § 14 der Bundesminister für Finan-zen, hinsichtlich des § 12 Abs. 3 im Einver-nehmen mit dem Bundesminister für Justiz,

2. hinsichtlich des § 2 Abs. 2 letzter Satz und des§ 8 Abs. 2 der Bundesminister für auswärtigeAngelegenheiten und

3. hinsichtlich der übrigen Bestimmungen derBundesminister für Arbeit und Soziales.

Waldheim

Vranitzky