C M Y CM MY CY CMY K Netzwerk Freies Wissen...der Menschen angeht und den Wert der Wissensallmende...

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raster_taz_druck_korr.fh9 24.01.2007 0:29 Uhr Seite 1 C M Y CM MY CY CMY K Seit die Menschen gelernt haben, welche Pflanzen genießbar sind und wie man am besten ein Mammut fängt, ist Wissen überlebenswichtig. Und Wissen gewinnt immer Bedeutung. Wissen und Infor- mation sind Voraussetzung für die persönliche Entfaltung, für die Demo- kratie, für ökonomische und soziale Entwicklung, für medizinische Ver- sorgung wie für Nahrungssicherheit; für die Webdesignerin ebenso wie für den Reisbauern. Güter des Wissens und der Biodiversität sind anders als die klassischen Güter unseres Wirtschaftssystems: Sie können kopiert und weitergegeben werden. Sobald sie einmal in der Welt sind, müssen sie nicht mehr knapp sein. Ihre erzwungene Rationierung ist oft nicht nur schmerzhaft, sie ist auch ineffizient. "Wenn ich weiter als andere gesehen habe, dann nur deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stand", schrieb Isaac Newton. Eine Weiterentwicklung des Wissens gibt es nur, wenn wir auf dem Wissen anderer aufbauen können. Geistige Monopolrechte behindern den Austausch zwischen Wissenschaftle- rInnen. Neue Technologien können helfen, den gemeinsamen Wissensschatz zu ver- breiten und weiterzuentwickeln. Gleich- zeitig wird der Zugang zu Gütern des Wissens und der Biodiversität durch Patente, Urheberrechte oder Sorten- schutz immer weiter eingeschränkt. Diese geistigen Monopolrechte werden immer weiter ausgeweitet: Immer mehr Länder sind durch die WTO-Verträge gezwungen, ihre geistigen Eigentums- rechte zu verschärfen, so musste Indien 2005 erstmals Patente auf Medikamen- tenwirkstoffe einführen. Ebenso werden die Laufzeiten immer weiter verlängert. Bei Einführung des Urheberrechts im Deutschen Bund 1837 galt noch eine Schutzfrist von 10 Jahren ab Veröffent- lichung. Heute gilt das Verwertungs- monopol bis 70 Jahre nach dem Tod der AutorInnen. Die Länder des Nordens versperren damit den Ländern des Südens den Weg, den sie selber bei ihrer Industrialisierung genommen haben: Im Deutschland der 1870er oder im Japan der 1970er Jahre gehörte die „Verletzung“ von Patenten anderer Länder zum Entwicklungs- konzept. Kurz: In den meisten Fällen dient die internationale Verschärfung der geistigen Monopolrechte dem Klein- halten der Länder des Südens. Gegen die systematische Ausweitung Geistiger Monopolrechte gibt es bisher keinen breiten Widerstand, denn uns fehlt schlicht das Bewusstsein, was wir dadurch verlieren. Und wir brauchen ei- nen Begriff für das, was es zu verteidi- gen gilt: Die Wissensallmende. („All- mende“ ist das mittelalterliche Wort für das dörfliche Gemeineigentum.) Es ist an der Zeit, eine Auseinandersetzung um eine breite „Wissensallmende“ mit Zugangsmöglichkeiten für alle Men- schen zu führen. Die herrschende Meinung ist, dass wir starke geistige Eigentumsrechte brau- chen, um Fortschritt zu fördern. Die Bundesregierung erklärte beispielsweise die Förderung von Innovation zu einem Hauptthema des G8-Gipfels und schlägt als einziges Mittel hierzu stärkere geistige Eigentumsrechte vor. Es gibt durchaus Bereiche wie Bücher und Zeitungen, wo maßvollere geistige Eigentumsrechte wahrscheinlich die beste Form der Innovationsförderung und Vergütung für Kreative darstellen. Doch in vielen Fällen gibt es bessere Alternativen zur Förderung neuen Wissens. Dazu gehört die klassische staatlich finanzierte Forschung, aus der z. B. bei Medikamenten das Gros der neuen Wirkstoffe stammt. Aber auch Er- folgsprämien können eine gute Alter- native sein. In der Weltgesundheitsorga- nisation wird derzeit über ein Modell debattiert, das Prämien für die Entwick- lung bestimmter Wirkstoffe aussetzt und anschließend den Zugang zu den Medi- kamenten sicherstellt. Heute werden trotz Patenten so gut wie keine Medika- mente gegen Tropenkrankheiten ent- wickelt, da die potenziellen Kunden zu arm sind. Ein anderes Modell zur Förderung kreativen Schaffens sind Vergütungs- abgaben, wie z. B. beim Radio, das jeder und jede uneingeschränkt mitschneiden kann, dafür aber eine Abgabe auf Leerkassetten zahlt, die den Musikern zugute kommt. – Ein solches Modell ließe sich als „Kulturflatrate“ auf den Download aus dem Internet übertragen. Und schließlich gibt es auch andere Motivation als Geld, um neues Wissen zu schaffen: Die Wikipedia und Freie Software wie Linux sind gute Beispiele dafür. Seit Jahren nehmen die politischen Aus- einandersetzungen um den Zugang zu Wissen zu. Wichtige Beispiele sind der Kampf um Zugang zu Medikamenten, Internettauschbörsen, Biopatente oder der – bisher sehr erfolgreiche – Kampf gegen Softwarepatente in der EU. Das Netzwerk Freies Wissen setzt sich dafür ein, die bisher isolierten Kämpfe zusammenzuführen und will der Wis- sensallmende eine Stimme verleihen. Notwendigkeit und Gelegenheit dazu gibt es genug, dazu mehr auf den nächs- ten Seiten dieser Beilage. Es ist Zeit, das Thema „Zugang zu Wis- sen“ ernst zu nehmen: Ohne Zugang zu Wissen keine Entwicklung und keine offene Gesellschaft. In diesen Jahren werden hier die Weichen für die nächsten Jahrzehnte gestellt. Oliver Moldenhauer, Netzwerk Freies Wissen Wie die Zeiten sich geändert haben. Früher sollten Patente kleine Erfinder vor großen Unternehmen schützen. Das war zu Beginn der Industrialisierung, als visionäre Tüftler in lärmenden Hin- terhöfen und schmutzigen Werkstätten technische Wunder vollbrachten. Heute erfinden die großen Unterneh- men meist selbst. Patente sollen einen Anreiz für ihre Forschung bieten. 20 Jahre lang garantieren sie ein Monopol auf die Nutzung des geschützten Ge- genstands oder Verfahrens – und helfen, sich lästige Konkurrenz vom Halse zu halten. Besonders fatal ist dies für Entwick- lungsländer: Entweder sie zahlen hohe Lizenzgebühren an multinationale Konzerne und Unternehmen aus Indus- trieländern; dies ist naturgemäß nur begrenzt möglich. Oder aber sie werden von der technologischen Entwicklung abgeschnitten. Das Problem dabei ist nicht nur, dass sie neue Erfindungen nicht nutzen können. Ihnen fehlen auch die Lerneffekte, um irgendwann eine ei- gene Forschung aufnehmen zu können. Überdies bleibt ihnen ein wichtiges Ins- trument für ihre wirtschaftliche Entwick- lung verwehrt: Kopieren, Nachahmen, Reproduzieren. Deutschland war da im ausgehenden 19. Jahrhundert führend. Aber auch die Pioniere der schweizer Pharmaindustrie – heute Vorkämpferin für strengen Patentschutz – scheuten sich nicht, anderen über die Schulter zu blicken. Pharmapatente wurden in der Schweiz erst 1978 eingeführt. All dies übersieht Bundeskanzlerin Merkel, wenn sie im Rahmen der deut- schen G8-Präsidentschaft strengere Maßstäbe bei der Durchsetzung von Patenten und anderen Rechten an geis- tigem Eigentum fordert (und dabei die Verluste der deutschen Industrie durch Produktpiraterie beklagt). Dies ist entwick- lungspolitisch kontraproduktiv. Dass es die Armen ärmer und die Reichen reicher macht, haben Weltbankökonomen aus- gerechnet. Die Industrieländer bitten die Entwicklungsländer mit rund 60 Mrd. US-Dollar jährlich zur Kasse. Nutznießer sind in erster Linie die USA mit 19 Mrd., an zweiter Stelle Deutschland mit 6,8 Mrd. US-Dollar. Grund zur Klage, so sei Frau Merkel ge- sagt, besteht also keineswegs. Unstrittig bleibt, dass das Patentrecht reformiert werden muss. Jedoch nicht, um Erfin- dungen stärker zu schützen, sondern um sie stärker nutzbar zu machen: für globale Gerechtigkeit und soziale Entwicklung. Michael Frein Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) www.eed.de/welthandel Patentschutz und Entwicklungsländer: Was Angela Merkel übersieht Netzwerk Beilage zur taz vom 26. Januar 2007 ◊ Herausgegeben von Netzwerk freies Wissen ◊ www.wissensallmende.de Netzwerk Freies Wissen ◊ Greifswalder Str. 4 ◊ 10405 Berlin ◊ Tel. (030) 71 09 39 98 ◊ Fax (030) 75 44 32 [email protected] Freies Wissen Geistige Monopolrechte stehen sehr pro- minent auf der Tagesordnung des G8- Gipfels 2007 in Deutschland. Was halten Sie von den Plänen der Staatschefs? Sie sollten sich entscheiden, ob sie etwas für Innovation tun, oder geistige Eigen- tumsrechte stärken wollen. Wenn sie beides gleichzeitig versuchen, kommen sie wohl in Schwierigkeiten. Den Vorsitz der G8 hat dieses Jahr Bun- deskanzlerin Merkel. Welches Verständ- nis geistiger Eigentumsrechte zeigt sich in der Politik der deutschen Regierung derzeit? Ich bin besorgt, welche Politik Deutsch- land in der G8, der WIPO und der Euro- päischen Kommission betreibt. Merkel will Geistige Eigentumsrechte als eine Form des Protektionismus nutzen, als eine Form Menschen mit Zwang Geld abzunehmen. Sie hat damit meines Er- achtens eine falsche Vorstellung von der Wissensökonomie – und zwar eine Vorstellung, die nebenbei auch sehr wett- bewerbsfeindlich ist. Sie sollten sich lieber darauf konzen- trieren, wie man die Dinge zum Wohle der Menschen angeht und den Wert der Wissensallmende erhöht. Ansonsten laufen sie Gefahr, sich auf der falschen Seite der Geschichte wieder zu finden. Wie sollte die deutsche Zivilgesellschaft mit dem Thema umgehen und was sind die wichtigsten Herausforderungen? Die ideologische Aufladung der Debatte ist ein Problem, das es für viele Leute schwer macht, unvoreingenommen da- rüber nachzudenken, ob starke Geistige Eigentumsrechte wirklich Entwicklung und Innovation fördern. Durch die ideo- logische Überhöhung des Geistigen Eigentums schätzen viele Leute dessen Wirkung falsch ein. Ein erster Schritt wäre die Kenntnisnahme empirischer Studien zur Behinderung von Entwick- lung durch zu starke geistigen Eigen- tumsrechte. Es wird uns noch einige Mühe kosten, bis alle erkennen, dass der Wert von Wissen in dem Maße steigt, in dem es geteilt wird. James Love ist Direktor des Consumer Project on Technology, einer 1995 gegründeten NGO aus den USA. Das voll- ständige Video-Interview vom 14.12.06 gibt es auf www.wissensallmende.de/taz-beilage. Banner mit Online-Demo gegen Softwarepatente, EU-Parlament, Straßburg, 05.07.2005 Foto: Attac Alternative Förderung von Innovation Wissenszugang verboten Eine neue Bewegung? Bundesregierung gegen Innovation und Wettbewerb Interview mit James Love Wem gehört das Wissen der Welt? Freier Zugang statt Privatisierung Millionen von Menschen in ärmeren Ländern sind auf erschwingliche Medikamente aus Indien angewiesen. Das indische Patentrecht stellt Men- schenleben über Patente. Doch das Phar- maunternehmen Novartis versucht dies durch eine Klage zu ändern. Ziel der Klage ist es, den Patentschutz zu stärken und die Produktion von kostengünstigen Nachahmerprodukten, so genannten Generika, zu erschweren. Weder Novartis noch irgendeine andere Firma darf dem Zugang zu lebensnotwen- digen Medikamenten im Wege stehen. Unterschreiben Sie die Online-Petition gegen die Klage von Novartis unter www.aerzte-ohne-grenzen.de Patente wichtiger als Menschenleben? Pharmariese Novartis will indisches Patentrecht verschärfen

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Seit die Menschen gelernt haben, welchePflanzen genießbar sind und wie manam besten ein Mammut fängt, ist Wissenüberlebenswichtig. Und Wissen gewinntimmer Bedeutung. Wissen und Infor-mation sind Voraussetzung für diepersönliche Entfaltung, für die Demo-kratie, für ökonomische und sozialeEntwicklung, für medizinische Ver-sorgung wie für Nahrungssicherheit; fürdie Webdesignerin ebenso wie für denReisbauern.

Güter des Wissens und der Biodiversitätsind anders als die klassischen Güterunseres Wirtschaftssystems: Sie könnenkopiert und weitergegeben werden.Sobald sie einmal in der Welt sind,müssen sie nicht mehr knapp sein. Ihreerzwungene Rationierung ist oft nichtnur schmerzhaft, sie ist auch ineffizient."Wenn ich weiter als andere gesehenhabe, dann nur deshalb, weil ich auf denSchultern von Riesen stand", schriebIsaac Newton. Eine Weiterentwicklungdes Wissens gibt es nur, wenn wir aufdem Wissen anderer aufbauen können.Geistige Monopolrechte behindern denAustausch zwischen Wissenschaftle-rInnen.

Neue Technologien können helfen, dengemeinsamen Wissensschatz zu ver-breiten und weiterzuentwickeln. Gleich-zeitig wird der Zugang zu Gütern desWissens und der Biodiversität durchPatente, Urheberrechte oder Sorten-schutz immer weiter eingeschränkt.

Diese geistigen Monopolrechte werdenimmer weiter ausgeweitet: Immer mehrLänder sind durch die WTO-Verträgegezwungen, ihre geistigen Eigentums-rechte zu verschärfen, so musste Indien2005 erstmals Patente auf Medikamen-tenwirkstoffe einführen. Ebenso werdendie Laufzeiten immer weiter verlängert.Bei Einführung des Urheberrechts imDeutschen Bund 1837 galt noch eineSchutzfrist von 10 Jahren ab Veröffent-lichung. Heute gilt das Verwertungs-monopol bis 70 Jahre nach dem Tod derAutorInnen.

Die Länder des Nordens versperrendamit den Ländern des Südens den Weg,den sie selber bei ihrer Industrialisierunggenommen haben: Im Deutschland der1870er oder im Japan der 1970er Jahregehörte die „Verletzung“ von Patentenanderer Länder zum Entwicklungs-konzept. Kurz: In den meisten Fällendient die internationale Verschärfungder geistigen Monopolrechte dem Klein-halten der Länder des Südens.

Gegen die systematische AusweitungGeistiger Monopolrechte gibt es bisherkeinen breiten Widerstand, denn unsfehlt schlicht das Bewusstsein, was wirdadurch verlieren. Und wir brauchen ei-nen Begriff für das, was es zu verteidi-gen gilt: Die Wissensallmende. („All-mende“ ist das mittelalterliche Wort fürdas dörfliche Gemeineigentum.) Es istan der Zeit, eine Auseinandersetzungum eine breite „Wissensallmende“ mitZugangsmöglichkeiten für alle Men-schen zu führen.

Die herrschende Meinung ist, dass wirstarke geistige Eigentumsrechte brau-chen, um Fortschritt zu fördern. DieBundesregierung erklärte beispielsweisedie Förderung von Innovation zu einemHauptthema des G8-Gipfels und schlägtals einziges Mittel hierzu stärkere geistigeEigentumsrechte vor.

Es gibt durchaus Bereiche wie Bücherund Zeitungen, wo maßvollere geistigeEigentumsrechte wahrscheinlich diebeste Form der Innovationsförderungund Vergütung für Kreative darstellen.Doch in vielen Fällen gibt es bessereAlternativen zur Förderung neuen

Wissens. Dazu gehört die klassischestaatlich finanzierte Forschung, aus derz. B. bei Medikamenten das Gros derneuen Wirkstoffe stammt. Aber auch Er-folgsprämien können eine gute Alter-native sein. In der Weltgesundheitsorga-nisation wird derzeit über ein Modelldebattiert, das Prämien für die Entwick-lung bestimmter Wirkstoffe aussetzt undanschließend den Zugang zu den Medi-kamenten sicherstellt. Heute werdentrotz Patenten so gut wie keine Medika-mente gegen Tropenkrankheiten ent-wickelt, da die potenziellen Kunden zuarm sind.

Ein anderes Modell zur Förderungkreativen Schaffens sind Vergütungs-

abgaben, wie z. B. beim Radio, das jederund jede uneingeschränkt mitschneidenkann, dafür aber eine Abgabe aufLeerkassetten zahlt, die den Musikernzugute kommt. – Ein solches Modellließe sich als „Kulturflatrate“ auf denDownload aus dem Internet übertragen.Und schließlich gibt es auch andereMotivation als Geld, um neues Wissenzu schaffen: Die Wikipedia und FreieSoftware wie Linux sind gute Beispieledafür.

Seit Jahren nehmen die politischen Aus-einandersetzungen um den Zugang zuWissen zu. Wichtige Beispiele sind derKampf um Zugang zu Medikamenten,Internettauschbörsen, Biopatente oderder – bisher sehr erfolgreiche – Kampfgegen Softwarepatente in der EU.Das Netzwerk Freies Wissen setzt sichdafür ein, die bisher isolierten Kämpfezusammenzuführen und will der Wis-sensallmende eine Stimme verleihen.

Notwendigkeit und Gelegenheit dazugibt es genug, dazu mehr auf den nächs-ten Seiten dieser Beilage.

Es ist Zeit, das Thema „Zugang zu Wis-sen“ ernst zu nehmen: Ohne Zugang zuWissen keine Entwicklung und keineoffene Gesellschaft. In diesen Jahrenwerden hier die Weichen für die nächstenJahrzehnte gestellt.

Oliver Moldenhauer,Netzwerk Freies Wissen

Wie die Zeiten sich geändert haben.Früher sollten Patente kleine Erfindervor großen Unternehmen schützen. Daswar zu Beginn der Industrialisierung,als visionäre Tüftler in lärmenden Hin-terhöfen und schmutzigen Werkstättentechnische Wunder vollbrachten.

Heute erfinden die großen Unterneh-men meist selbst. Patente sollen einenAnreiz für ihre Forschung bieten. 20Jahre lang garantieren sie ein Monopolauf die Nutzung des geschützten Ge-genstands oder Verfahrens – und helfen,sich lästige Konkurrenz vom Halse zuhalten.

Besonders fatal ist dies für Entwick-lungsländer: Entweder sie zahlen hoheLizenzgebühren an multinationaleKonzerne und Unternehmen aus Indus-trieländern; dies ist naturgemäß nurbegrenzt möglich. Oder aber sie werdenvon der technologischen Entwicklung

abgeschnitten. Das Problem dabei istnicht nur, dass sie neue Erfindungennicht nutzen können. Ihnen fehlen auchdie Lerneffekte, um irgendwann eine ei-gene Forschung aufnehmen zu können.

Überdies bleibt ihnen ein wichtiges Ins-trument für ihre wirtschaftliche Entwick-lung verwehrt: Kopieren, Nachahmen,Reproduzieren. Deutschland war da imausgehenden 19. Jahrhundert führend.Aber auch die Pioniere der schweizerPharmaindustrie – heute Vorkämpferinfür strengen Patentschutz – scheutensich nicht, anderen über die Schulter zublicken. Pharmapatente wurden in derSchweiz erst 1978 eingeführt.

All dies übersieht BundeskanzlerinMerkel, wenn sie im Rahmen der deut-schen G8-Präsidentschaft strengereMaßstäbe bei der Durchsetzung vonPatenten und anderen Rechten an geis-tigem Eigentum fordert (und dabei die

Verluste der deutschen Industrie durchProduktpiraterie beklagt). Dies ist entwick-lungspolitisch kontraproduktiv. Dass esdie Armen ärmer und die Reichen reichermacht, haben Weltbankökonomen aus-gerechnet. Die Industrieländer bitten dieEntwicklungsländer mit rund 60 Mrd.US-Dollar jährlich zur Kasse. Nutznießersind in erster Linie die USA mit 19 Mrd.,an zweiter Stelle Deutschland mit 6,8Mrd. US-Dollar.

Grund zur Klage, so sei Frau Merkel ge-sagt, besteht also keineswegs. Unstrittigbleibt, dass das Patentrecht reformiertwerden muss. Jedoch nicht, um Erfin-dungen stärker zu schützen, sondern umsie stärker nutzbar zu machen: für globaleGerechtigkeit und soziale Entwicklung.

Michael FreinEvangelischer Entwicklungsdienst (EED)

www.eed.de/welthandel

Patentschutz und Entwicklungsländer:Was Angela Merkel übersieht

NetzwerkBeilage zur taz vom 26. Januar 2007 ◊ Herausgegeben von Netzwerk freies Wissen ◊ www.wissensallmende.deNetzwerk Freies Wissen ◊ Greifswalder Str. 4 ◊ 10405 Berlin ◊ Tel. (030) 71 09 39 98 ◊ Fax (030) 75 44 32 ◊ [email protected]

Freies Wissen

Geistige Monopolrechte stehen sehr pro-minent auf der Tagesordnung des G8-Gipfels 2007 in Deutschland. Was haltenSie von den Plänen der Staatschefs?

Sie sollten sich entscheiden, ob sie etwasfür Innovation tun, oder geistige Eigen-tumsrechte stärken wollen. Wenn siebeides gleichzeitig versuchen, kommensie wohl in Schwierigkeiten.

Den Vorsitz der G8 hat dieses Jahr Bun-deskanzlerin Merkel. Welches Verständ-nis geistiger Eigentumsrechte zeigt sichin der Politik der deutschen Regierungderzeit?

Ich bin besorgt, welche Politik Deutsch-land in der G8, der WIPO und der Euro-päischen Kommission betreibt. Merkelwill Geistige Eigentumsrechte als eineForm des Protektionismus nutzen, alseine Form Menschen mit Zwang Geldabzunehmen. Sie hat damit meines Er-achtens eine falsche Vorstellung von derWissensökonomie – und zwar eineVorstellung, die nebenbei auch sehr wett-bewerbsfeindlich ist.Sie sollten sich lieber darauf konzen-trieren, wie man die Dinge zum Wohleder Menschen angeht und den Wert derWissensallmende erhöht. Ansonstenlaufen sie Gefahr, sich auf der falschenSeite der Geschichte wieder zu finden.

Wie sollte die deutsche Zivilgesellschaftmit dem Thema umgehen und was sinddie wichtigsten Herausforderungen?

Die ideologische Aufladung der Debatteist ein Problem, das es für viele Leuteschwer macht, unvoreingenommen da-rüber nachzudenken, ob starke GeistigeEigentumsrechte wirklich Entwicklungund Innovation fördern. Durch die ideo-logische Überhöhung des GeistigenEigentums schätzen viele Leute dessenWirkung falsch ein. Ein erster Schrittwäre die Kenntnisnahme empirischerStudien zur Behinderung von Entwick-lung durch zu starke geistigen Eigen-tumsrechte. Es wird uns noch einigeMühe kosten, bis alle erkennen, dassder Wert von Wissen in dem Maße steigt,in dem es geteilt wird.

James Love ist Direktor des ConsumerProject on Technology, einer 1995

gegründeten NGO aus den USA. Das voll-ständige Video-Interview vom 14.12.06 gibtes auf www.wissensallmende.de/taz-beilage.

Banner mit Online-Demo gegen Softwarepatente, EU-Parlament, Straßburg, 05.07.2005 Foto: Attac

Alternative Förderung von Innovation

Wissenszugang verboten

Eine neue Bewegung?

Bundesregierung gegenInnovation und WettbewerbInterview mit James Love

Wem gehört das Wissen der Welt?Freier Zugang statt Privatisierung

Millionen von Menschen in ärmerenLändern sind auf erschwinglicheMedikamente aus Indien angewiesen.Das indische Patentrecht stellt Men-schenleben über Patente. Doch das Phar-maunternehmen Novartis versucht diesdurch eine Klage zu ändern. Ziel derKlage ist es, den Patentschutz zu stärkenund die Produktion von kostengünstigen

Nachahmerprodukten, so genanntenGenerika, zu erschweren. WederNovartis noch irgendeine andere Firmadarf dem Zugang zu lebensnotwen-digen Medikamenten im Wege stehen.

Unterschreiben Sie die Online-Petitiongegen die Klage von Novartis unterwww.aerzte-ohne-grenzen.de

Patente wichtiger als Menschenleben?Pharmariese Novartis will indisches Patentrecht verschärfen

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Seite II Netzwerk Freies Wissen – www.wissensallmende.de

Dieses der Allgemeinheit zur Verfügung stehendeWissen fassen wir unter dem Begriff der Wissens-allmende zusammen. Der Begriff Allmende be-schreibt die mittelalterliche Form des Gemein-eigentums. So wie die Produktionsmittel und derenErträge der Dorfgemeinschaft gemeinsam gehörtenund alle sich an Erhalt und Pflege zur Steigerungdes Gemeinwohls beteiligten, so sehen wir auchWissen als Gemeingut an.

Geistige Eigentumsrechte sollen eigentlich dazudienen, die Entstehung und Verfügbarkeit von Wis-sen zu fördern. Sie sollen als Anreiz für Innovatio-nen wirken, indem sie denjenigen, die Wissensgütererschaffen oder erfinden für einen gewissen Zeit-raum exklusive Verwertungsrechte verleihen. Fürden Zeitraum der Gültigkeit dieser Rechte habendie RechteinhaberInnen eine Monopolstellung,daher sprechen wir auch von geistigen Monopol-rechten.In unserer heutigen Informationsgesellschaftnimmt Wissen als „virtuelles Öl des 21. Jahrhun-derts“ eine besondere Stellung als unverzichtbaresProduktionsmittel ein. Über diesen ökonomischenWert hinaus hat Wissen jedoch eine enorme sozialeund kulturelle Bedeutung, an die gesellschaftlicheBedürfnisse und fundamentale Menschenrechte,wie die Rechte auf Nahrung und Gesundheit ge-knüpft sind. Es besteht somit ein besonderes öffent-liches Interesse am Zugang zu und der Nutzungvon Wissen.Ein Interessenkonflikt zwischen dem Ziel der Inno-vationsförderung einerseits und dem Interesse amZugang zu und der Nutzung von Wissen anderer-seits, wird zugunsten der InhaberInnen der geisti-gen Monopolrechte entschieden: Durch eine über-zogene Definition und Durchsetzung in Form vonPatenten, Urheber- und Sortenschutzrechten, kommtes zu schwerwiegenden Folgen und Gefahren, dieinsbesondere für Entwicklungsländer besondersdramatisch sind.Durch das 1994 beschlossene TRIPS-Abkommen(Agreement on Trade-Related Aspects of IntellectualProperty Rights ) der Welthandelsorganisation WTOsowie durch die WIPO (World Intellectual PropertyOrganization) wird ein Ausufern geistiger Monopol-rechte vorangetrieben. Hierbei wird eine „one-size-fits-all“-Strategie gefahren, die dazu führt, dass Ent-wicklungsländer genau so wie Industrienationenbehandelt, eine Umsetzung zwingend gemacht,sowie Patente auf Pflanzensorten erlaubt werden.

Vor der Durchsetzung des TRIPS-Abkommens,galten in vielen Entwicklungsländern Patentlauf-

zeiten von fünf Jahren. Diese wurden denen derIndustrieländer angepasst und auf 20 Jahre ausge-weitet. Die in Folge der durch verlängerten Patent-schutz gestiegenen Produzentenpreise verstärkenden Effekt einer Wohlfahrtssenkung für den glo-balen Süden: Teile der Einkommen des Südens wer-den in den globalen Norden transferiert, denn inIndustrieländern wird der weitaus größte Teil derPatente gehalten. Die Einkommensschere zwischenNord und Süd klafft weiter auseinander.

Geistige Monopolrechte behindern Entwicklung,indem heimischen Forschern und Unternehmendie Nutzung patentierten Materials erschwert odersogar verwehrt wird. Somit wird Technologietransferbehindert und nachahmende industrielle Entwick-lung erschwert.Traditionelles Wissen wird von Konzernen des Nor-dens unter Kontrolle gebracht, da dieses von denherrschenden Systemen geistiger Monopolrechtevielfach nicht als Gemeineigentum anerkannt wird.

Menschenrechte werden verletzt, indem starkeMonopolrechte nicht nur, wie bereits erwähnt, hoheProduktpreise hervorrufen und dadurch den Zugangerschweren, sondern wie beispielsweise durch denEinsatz von Terminatorgenen, die Nutzbarkeit vonProdukten einschränken. Dies hindert Millionenvon Menschen am Zugang zu lebensnotwendigenGütern wie Medikamente und Saatgut.Demokratie wird dadurch eingeschränkt, dass derZugang zu Informationen und damit verbundeneMöglichkeiten zur Meinungsbildung behindertoder sogar verhindert werden.

Angesichts dieser Bedrohungen und Gefahren istes an der Zeit, für einen weltweit gerechten Zugangzu Wissen zu streiten. Nicht länger darf es vongesellschaftlichen Interessen losgelöste ökono-mische Interessen geben, die diese ausstechen.

Marco Alves, Netzwerk Freies Wissen

Geistige Monopolrechte und EntwicklungFür einen gerechten Zugang zu Wissen, weltweit!

Unter Wissen verstehen wir nicht nur schulische Lehren oder wissenschaftliche Erkenntnisse, sondernauch technisches (wie Erfindungen und Software) und kulturelles Wissen (beispielsweise in Schrift, Tonund Bild festgehaltene Produkte von Kulturschaffenden oder Wissenschaftlern), sowie Güter derBiodiversität (Saatgut).

Saatgut in den Händen der BiopiratenGeistige Eigentumsrechte in der Landwirtschaft

In einer feierlichen Zeremonie tragen die Frauen Krüge mit dem vielfältigen Saatgut ihrer Regionzusammen. Musik und Tanz begleitet die Hüterinnen des Saatgutes, alle tragen farbenfrohe Gewänder.Sie begehen den Tag der Biologischen Vielfalt, initiiert von der Indian Deccan Development Society. DasFest setzt ein Zeichen gegen einen verhängnisvollen Trend, den die Globalisierung bis in die ländlichstenRegionen der Welt bringt: Es ist nicht länger selbstverständlich, die eigene Pflanzen-Vielfalt zu schätzenund zu pflegen – und es ist oft nicht mehr möglich, weil Agrarkonzerne Patent- und Sortenrechte be-anspruchen und Bauern und Bäuerinnen ohne die Zahlung von Lizenzgebühren gar nichts mehr dürfen.

Netto-Zahlungen der Länder mit niedrigem und mittlerem Ein-kommensniveau für Lizenzgebühren. (Quelle: Weltbank, World

Development Indicators 2004, eigene Berechnungen)

Im Englischen gibt es den Begriff der „Commons“,der im deutschen mit „Allmende“, „Gemein-eigentum“ oder „Gemeingüter“ übersetzt werdenkann. Können Sie diesen Begriff mit Leben füllen?Was ist die Allmende?

Was sind die Allmenden?Chuck Collins im Interview

Ich denke, es ist hilfreich, wenn man sich drei ver-schiedene Typen von Gemeingütern vorstellt. Zumeinen gibt es das ökologische, natürliche Gemein-eigentum, das schon vor uns da war, also zumBeispiel die Luft, das Wasser, der Wald – das sindökologische Gemeingüter.

Dann gibt es die Gemeingüter, die von der Gesell-schaft erschaffen wurden, an denen wir alle zusam-men gearbeitet haben, oder die wir von unserenVorfahren geerbt haben. Also unser Rechtssystemoder unsere Infrastruktur, die uns ermöglicht zureisen und miteinander zu kommunizieren – zumBeispiel auch das Internet.

Und dann gibt es noch eine dritte Art von Gemein-gütern, die ich als Kultur- oder Wissensallmendecharakterisieren würde. Dazu gehören die Sprachender Welt und die Schätze an Wissenschaft undWissen, die von Generation zu Generation weiter-vererbt werden.

Allen diesen Gemeingütern ist gemeinsam, dasssie nicht von Einzelpersonen besessen werdenkönnen oder sollten. Sie gehören uns allen. Undegal ob man sie insgesamt oder einzeln betrachtet,

haben wir alle einen Anspruch darauf. Das ökolo-gische Gemeineigentum ist für uns überlebens-wichtig; darüber hinaus brauchen Menschen auchZugang zu öffentlicher Infrastruktur und Teilhabean Wissen und allen kulturellen Gütern.

Chuck Collins ist Gründer von United for a Fair Eco-nomy (UFE) und leitet am Institute for Policy Studies

das Programm zu Ungleichheit und Gemeingütern.Er ist Autor des Buches „Economic Apartheid in

America“ und lebt in Boston.(www.chuckcollinsonline.com)

Das vollständige Interview mit Chuck Collins gibt esals Video unter www.wissensallmende.de/taz-beilage

Oliver Moldenhauer im Gespräch mit Chuck Collins,Mexiko-Stadt am 07.12.2006

Der Gentechnik-Hammer soll es richten

Die Regierungen kommen den Konzerninteressenentgegen

Die Folgen dieses Zwangs sind vielfältig:

Wem gehört die Saat von morgen?

Landwirtschaftliche Vielfalt ist das Ergebnis vonjahrhundertelangen Züchtungsleistungen. Der freieAustausch von Saatgut aus besonders erfolgreichenErnten ist die Basis vielfältiger Anpassungen anverschiedenste Boden- und Klimaverhältnisse. Dielandwirtschaftlichen Sorten sind daher so etwaswie ein Erbe der Menschheit oder zumindest sehrvieler Menschen großer Anbauregionen.

Schon lange entscheiden der Zugang zu Land, dieQualität des Bodens, das Klima, die Verfügbarkeitvon Wasser und andere Rahmenbedingungen da-rüber, wie gut BäuerInnen dieses Erbe nutzenkönnen. Heute blockieren geistige Monopolrechtezunehmend den Zugang zum Saatgut selbst.

Mittels politischer Einflussnahme und der Biotech-nologie als Vehikel gelang es den großen Agrarkon-zernen, ihre biotechnologisch weiterentwickeltenPflanzen und Verfahren patentierfähig zu machen.Vor allem in den USA werden häufig landwirt-schaftliche Patente auf Pflanzensorten erteilt. Aberauch die großen Züchter in Europa erreichten einedrastische Verschärfung des Sortenschutzrechtes,das heute in seiner Wirkung kaum noch vomPatentrecht zu unterscheiden ist. Das Recht derBauern, Teile der eigenen Ernte wieder zu ver-wenden oder auch mit anderen zu tauschen, istdamit in Europa aufgehoben. In Deutschland mussein Bauer bei der Wieder-Aussaat erneut Lizenz-gebühren, so genannte Nachbaugebühren, an denZüchter-Konzern bezahlen. Die Interessengemein-schaft gegen Nachbaugebühren klagte erfolgreichvor dem Europäischen Gerichtshof zumindest gegendie umfassenden Auskunfts-Forderungen derZüchter. Die Nachbaugebühren sind damit aller-dings nicht vom Tisch, eine gesetzliche Regelungsteht an – ein großes Feld für Lobbyisten.

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in denUSA sowie in Kanada, hat sich die Agro-Gentechnikschon massiv ausgebreitet. Unter Berufung aufseine Patentrechte schickt der größte Gensoja-Konzern Monsanto Schnüffler auf die Felder derBauern, die überwachen, dass dort keine Monsanto-pflanzen aus hofeigener Nachzucht wachsen.Solche Konzerndetektive „überführten“ 1998 denGentechnik-Gegner und Rapsbauer Percy Schmei-ser. Der Wind und der nachlässige Nachbar mitnicht abgedeckten Erntewagen hatten ihm dieunerwünschten Gäste beschert. Der Bauer klagteseinerseits gegen Monsanto, wurde aber dennochhöchstrichterlich verurteilt, weil er ohne Lizenz-zahlungen patentierte Rapspflanzen auf seinemAcker hatte.

Der Zynismus der Agarkonzerne geht jedoch nochweiter. Vor laufenden Fernsehkameras erläuterteein europäischer Monsanto-Sprecher, dass es kaumerreichbar sei, durch Gesetze den Nachbau in den

Entwicklungsländern zu unterbinden. Deshalb ent-wickelten sie mittels gentechnischer Manipula-tionen „GURTs“, „Genetic Use Restriction Techno-logies“, von Kritikern als Terminator-Technologiebezeichnet. So manipulierte Pflanzen produzierensterile Körner, wodurch die BäuerInnen gezwungensind, jedes Jahr neu das „Einmal-Saatgut“ zu kaufen.Breite Proteste führten schon nach dem Bekannt-werden der Patente Ende der 90er Jahre dazu, dassdie Unternehmen beteuerten, nicht weiter forschenzu wollen. Die Mitgliedsstaaten der UN-Konventionüber Biologische Vielfalt beschlossen ein Morato-rium. Die Agro-Multis können es dennoch nichtlassen, entwickeln weiter an den Pflanzen und ver-suchten 2006 wieder einmal, dieses Moratoriumzu knacken. Diesmal hatten sie ihre Argumenta-tion geschickt modifiziert und betonten die Mög-lichkeit, mit der Terminator-Technologie die uner-wünschte Ausbreitung gentechnisch manipulierterPflanzen zu verhindern. Eine erneute internationaleKampagne konnte im März vergangenen Jahreswiederum ein „Nein“ der Länder-Regierungen fei-ern. Doch solange die Konzerne große Gewinn-möglichkeiten wittern, werden sie immer wiederversuchen, das Gespenst der Pflanzen-Selbstmord-Technologie salonfähig zu machen.

Die Regierungen der Industrieländer haben dieKarriere der geistigen Eigentumsrechte mit inter-nationalen Abkommen und nationalen Gesetzenmassiv befördert. Das TRIPS-Abkommen der WTOgilt auch für den landwirtschaftlichen Bereich. Dieauslaufenden Übergangsfristen zwingen dieEntwicklungsländer, Patenterteilungen bald zu er-möglichen und den strengen „Schutz“ durch-zusetzen. Das neue internationale Sortenschutz-abkommen UPOV 91, das die Nachbaugebührenbegründet, stammt aus Europa, wird derzeit vonimmer mehr Ländern ratifiziert und exportiert denAbbau der Bauernrechte. Die USA installiertensofort nach ihrem Einmarsch im Irak ein weit-reichendes Patentgesetz, das den irakischen Bauerndie Hände bindet und US-Konzernen einen neuenMarkt erschließt.Es ist dringend nötig, den Biopiraten Einhalt zugebieten. Ernährungssouveränität ist nur erreichbar,wenn der Durchgriff der Konzerne auf Saatgut unddie Entscheidungs-Möglichkeiten der BäuerInnenzurückgedrängt wird.

Patente auf Leben, auf Saatgut im Besonderen undstrenger Sortenschutz schaffen Vorteile für wenigezu Lasten der Agrobiodiversität, der Bauernrechteund damit der Zukunft unserer Ernährung weltweit.Es gibt Alternativen, es lohnt sich, dafür zu streiten.

Jutta Sundermann, BUKO-Kampagne gegenBiopiraterie

Infos im Internet: www.biopiraterie.de, www.eed.de,www.ig-nachbau.de, www.grain.org, www.etcgroup.org

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„Mit diesem Verhalten bringt man die Künstler umihr wohlverdientes Geld.“ ist der gängige Tenor derIndustrie, mit dem sie Kopierschutzmaßnahmen,Digitales Rechte-Management (DRM) und diestrafrechtliche Verfolgung von Filesharern recht-fertigt. Doch stimmt das wirklich? Gibt es keineAlternative? – Doch, die gibt es und sie wird sogarschon erfolgreich in der Praxis angewandt. BeimRadio zum Beispiel. Hier darf jede und jeder unbe-helligt von der Justiz Lieder aufnehmen, kopieren,verteilen, verschenken. Man muss dafür eine Abgabeauf Leermedien und Aufnahmegeräte entrichten.Dieses System wäre ebenso gut auch auf das Inter-net übertragbar. Gegen eine geringe Gebühr aufInternetzugänge, gestaffelt nach Geschwindigkeitund eine Gebühr auf Hardware, könnten alleNutzerInnen frei auf die schier unendlich großeVielfalt von Kunst und Kultur im Internet zugreifen.Und die Künstler und Kreativen würden gerechtentlohnt.

Dieses System könnte sich, wie Berechnungenzeigen, gut tragen. Wenn beispielsweise alle Inter-netnutzerInnen im Jahr 2005 je 5 Euro auf DSL,1 Euro bei ISDN, 50 Cent bei analogen Verbindun-gen und eine 2,5%ige Abgabe auf Hardwaregerätegezahlt hätten, wäre die Summe von 662 Mio. Eurozusammengekommen. Diese wäre den Künst-lerInnen zu Gute gekommen, die somit mehrzusätzliche Einnahmen hätten, als sie durch dieTauschbörsen verlieren würden. Dieses System dergerechten Vergütung ohne Überwachung und Ein-schränkung der persönlichen Freiheit wäre für alle

ein Gewinn. Für die KünstlerInnen und Kreativen,die KonsumentInnen und sogar für die Staatsan-waltschaften, die derzeit in unberechtigten Klagengegen TauschbörsennutzerInnen ertrinken. DieFairsharing-Kampagne und das Netzwerk FreiesWissen propagieren dieses neue und revolutionäreSystem schon seit längerem. In diesem Zusam-menhang haben wir auch schon Unterschriftenvon knapp 10.000 InternetnutzerInnen im Bundes-tag übergeben.

Eine zentrale Frage stellt sich da natürlich: Wie wirddas Geld an die Kreativen verteilt? Dazu gibt esmehrere Ansätze. Der erste wäre eine Erhebungähnlich der Fernseheinschaltquoten zu machen. Einebestimmte Personengruppe wird als repräsentativfür die gesamte Bevölkerung gesehen und ihr Kon-sumverhalten wird über einen bestimmten Zeitraumgenau beobachtet. Die so gewonnen Ergebnissewerden auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet.Eine andere Möglichkeit bieten Programme, mitdenen sich die Download- und Abspielhäufigkeitvon z. B. Musiktiteln elektronisch und automatisch,aber dennoch anonym messen lassen. Egal für wel-che Art der Verteilung man sich entscheiden würde,der Grundsatz ist, dass die KünstlerInnen danachvergütet werden, wie häufig ihre Werke genutztwerden, nicht danach, ob irgendein Förder-Gremiumihre Musik „wertvoll“ findet.

Fakt ist, dass das jetzige System nicht mehr längertragbar ist. Downloads aus dem Internet lassen sichweder verhindern noch kontrollieren, ohne die

Freiheit des Internets extrem einzuschränken unddie staatliche Überwachung im Dienste der Musik-industrie auszubauen.Und es kommt sogar noch schlimmer. Anstatt dieZeichen der Zeit zu erkennen, verstricken sich dieEntscheidungsträger immer tiefer in den Versuch,das aktuelle System zu retten. Im aktuellen Gesetzge-bungsverfahren zum neuen Urheberrecht ist dieangedachte Bagatellklausel gestrichen worden, diewenigstens verhindert hätte, dass Internetnutze-rInnen wegen einiger wenigen Downloads belangthätte werden können. Stattdessen droht weiteresUngemach durch die EU-Richtlinien zur Durch-setzung geistigen Eigentums.

Es ist ein aussichtsloser Kampf, den die Musik-industrie da führt. Wie Don Quijote gegen die Wind-mühlen, so versucht sie verzweifelt der vermeint-lichen Bedrohung aus dem Netz Herr zu werden.Auf Dauer kann es aber der Industrie nur schaden,wenn sie gegen die eigenen Kunden vorgeht.

Mehr Infos zum Thema Kulturflatrate gibt es unterwww.wissensallmende.de, www.fairsharing.de undim Buch von William Fisher (nächste Seite dieserBeilage).

Philipp Frisch,Netzwerk Freies Wissen

Ausichtslos: Wie einst Don Quijote gegen Windmühlen kämpft die Musikindustrie gegen Peer-to-Peer Netzwerke.Foto: Manuel M. Vicente

Der Zugang zu Diagnostika und Medikamen-ten wird maßgeblich durch Patentmonopolebeeinflusst. Die Idee des Patentschutzes wirktzunächst einleuchtend: Die exklusiven Ver-marktungsrechte sollen Unternehmen zuden notwendigen Investitionen in Forschungund Entwicklung ermutigen. Die 1995 imTRIPS-Abkommen der Welthandelsorga-nisation WTO festgeschriebenen geistigenEigentumsrechte unterscheiden jedoch nichtzwischen verschiedenen Wirtschaftszweigen.Ob Software, Sportschuhdämpfungen oderlebensnotwendige Medikamente – alleErfindungen werden dem Markt und dessenprivatwirtschaftlicher Logik unterworfen.

Als Ärzte ohne Grenzen zur Jahrtausend-wende begann, HIV/Aidspatienten in ärmerenLändern zu behandeln, hatte eine Hand vollinternationaler Pharmafirmen Patentmono-pole auf die lebenswichtigen Substanzen. DieBehandlung eines einzigen Patienten kostetemehr als 10.000 US-Dollar im Jahr. Der Masseder Patienten wurde durch die hohen Preiseder Zugang verweigert. Vor allem durch denBeginn der indischen Generikaproduktionänderte sich dies 2002 schlagartig. Produ-zenten in Schwellen- und Entwicklungslän-dern mussten sich nicht an die Patentrechts-standards der WTO halten. Eine Aidstherapiewar schnell für weniger als 150 US-Dollar zuhaben: ein Preisverfall von 99 Prozent, derdie Behandlung in Entwicklungsländern erstwirklich ermöglichte. 2005 wurde jedoch dasEnde der kostengünstigen Nachahmer-produkte eingeläutet. Seitdem müssen sichauch Schwellenländer wie Indien an die im

TRIPS-Abkommen festgelegten 20 JahrePatentschutz halten. Dies ist vor allem fürPatienten verhängnisvoll, die auf neuereHIV/Aidsmedikamente angewiesen sind. DieKosten einer Behandlung mit solch neuenMedikamenten liegen wieder bei bis zu10.000 US-Dollar jährlich. KostengünstigeGenerika sind meist nicht in Sicht.

Dabei gehören die 40 Millionen HIV-Infi-zierten, von denen inzwischen immer mehrzumindest Zugang zur ersten Generationvon Aidsmedikamenten haben, noch zu denprivilegierten Kranken in ärmeren Ländern.Denn ein Problem haben auch die indischenGenerikahersteller nicht gelöst: Das derForschung. Geforscht wird nur, wo es Profitegibt. HIV/Aids gibt es auch in den finanz-starken Industrienationen. Seit Beginn derPandemie wurde durchschnittlich ein Aids-medikament pro Jahr entwickelt. Krankheitenunter denen vor allem arme Menschen leiden,werden durch die Industrie jedoch vernach-lässigt. Denn diese Kranken sind kein profi-tabler Markt.

So erkranken an Tuberkulose (TB) mehr alsneun Millionen Menschen jährlich, fast zweiMillionen sterben an ihr. Der einzig gängigeTB-Test ist so alt und kompliziert, dass er nurdie Hälfte aller Erkrankungen erkennt. DieBehandlung ist hochkompliziert und langwie-rig. Zunehmend machen resistente Erregerdie Behandlung mit den gängigen Arzneienwirkungslos. Doch das finanzielle Engage-ment der Pharmaindustrie zur Forschung angeeigneten Diagnostika oder neuen Medika-menten ist überaus bescheiden. Seitdem TBkeine direkte Bedrohung in den Industrie-nationen mehr ist, hat sie ihr Marktpotentialverloren.

Es ist Zeit umzudenken. Im Jahr 2006 begannin der Weltgesundheitsorganisation WHOein viel versprechender Prozess: Die phar-mazeutische Forschung soll grundsätzlich

überdacht werden. Die Erkenntnis: Das bis-herige System aus Patentmonopolen hat ver-sagt. Neue Wege müssen gefunden werden,um die Pharmaforschung zu steuern, zufinanzieren und Medikamente zugänglich zumachen. Diskutiert werden verschiedensteModelle. Einig sind sich aber alle Expertenin zwei Punkten: Pharmazeutische Forschungbraucht wieder mehr öffentliche Verantwor-tung und Prioritätensetzung. Und die Kostender Medikamentenentwicklung dürfen nichtwie bisher vor allem auf den Patienten abge-wälzt werden, sondern müssen vom Medika-mentenendpreis abgekoppelt werden.

Die deutsche Regierung hat das Thema Inno-vation zum Schwerpunkt ihres G8-Vorsitzeserklärt – bedauerlicherweise mit dem Ziel desverstärkten Schutzes geistiger Eigentums-rechte weltweit. Doch auch die Bundesregie-rung muss grundsätzlich umdenken. Einefriedliche, gesunde und globalisierte Welterreicht man nicht durch das engstirnigeWahren von Besitzständen. Eine Fortführungder in der WHO begonnenen Debatte zumThema Pharmaforschung auf G8-Ebene wäreein erster Schritt. Er würde die G8-Staatenauch ihrem selbsterklärten Ziel näher bringen,bis 2010 alle HIV/Aids-Patienten weltweitmit den nötigen Medikamenten zu versorgen.

Tobias Luppe, Ärzte ohne Grenzenwww.aerzte-ohne-grenzen.de

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Zugang verweigertPatentmonopole und der weltweite Kampf um MedikamenteIrgendwo im südlichen Afrika: Ein Mensch liegt im Sterben. Gleichzwei Krankheiten zehren an ihm. Das HI-Virus hat seinImmunsystem zerstört. Antiretrovirale Medikamente konnten denkörperlichen Verfall einige Jahre aufhalten. Sie haben jedoch mitder Zeit ihre Wirkung verloren. Neue Wirkstoffe werden gebraucht.Doch diese kosten mehr als der Patient in zehn Jahren verdienen

könnte. Seit einiger Zeit leidet er außerdem an nächtlichenSchweißausbrüchen und Gewichtsverlust. Symptome für eineTuberkulose. Doch es gibt keinen zuverlässigen Test für eineDiagnose. Nur eines weiß der Mann genau: Bald wird er einer der15 Millionen Menschen sein, die jedes Jahr an behandelbarenKrankheiten sterben.

Man sieht nur eine schmutzige Wand. Die Farbe blättert ab. Jemand hat Strich neben Strich in dieseFarbe gekratzt. Gefängnisatmosphäre. So sieht sie aus, die aktuelle Kampagne der Filmindustrie, mitder sie den Menschen in Deutschland einhämmern will, dass „Raubkopierer“ Verbrecher seien. DieseKampagne ist Ausdruck des Streits, der im Moment in der Republik geführt wird. Ein Streit um freieKultur und um ein freies Internet, in dem unbescholtenen InternetnutzerInnen der Stempel „Verbrecher“aufgedrückt wird, nur weil sie sich den aktuellen Titel ihres Lieblingskünstlers heruntergeladen haben.

Vergüten statt Verknacken:Die Kulturflatrate

Patente werden auf Erfindun-gen erteilt, die neu sind, aufeiner erfinderischen Tätigkeitberuhen und gewerblich an--wendbar sind. Sie gewährenein exklusives Verwertungs-recht auf Zugang zu undNutzung der Erfindung, oderdie Erfindung beinhaltendeGüter. Erfindungen könnenauch biolog. Material oderbestimmte Verfahren sein. Diemax. Laufzeit beträgt 20 Jahre.

Gebrauchsmuster sind eine Art„kleines Patent“ auf technischeErfindungen, die neu sind, aufeinem erfinderischen Schrittberuhen und gewerblich an-wendbar sind. Die Weite der Er-findungen auf die Gebrauchs-muster gelten ist geringer alsbei Patenten. Die max. Laufzeitbeträgt 10 Jahre.

Sortenschutzrecht gewährt aufneue, homogene, beständige,unterscheidbare Pflanzenzüch-tungen mit einer eintragbarenSortenbezeichnung ein exklu-sives Verwertungsrecht. Diesesermöglicht in Deutschland (Li-zenz-)Gebühren für den Anbauund sogar den Nachbau durchselbsterzeugtes Saatgut zuerheben. Die max. Laufzeitbeträgt je nach Pflanzenart 25oder 30 Jahre.

Urheberrecht gewährt der Ur-heberIn ein exklusives Verwer-tungsrecht an einer geistigenoder künstlerischen Leistung,wie wissenschaftlichen Werken, Texten, Fotos, Filmen, Mu-sik, Software, Theaterstücken,Gemälden. Insbesondere dasRecht auf Vervielfältigung, Ver-breitung, Veränderung undöffentliche Ausstellung undWiedergabe. Das Werk mussdafür eine angemessene Schöp-fungshöhe aufweisen. DieLaufzeit erlischt in Deutsch-

land am Neujahrstag nach dem70sten Todestag der Urheber-In(nen).

Betriebsgeheimnisse sind alleauf ein Unternehmen bezo-gene Tatsachen, Umständeund Vorgänge, die im Wesent-lichen technisches Wissenbeinhalten und nicht offen-kundig, also geheim sind.Hierzu gehören z.B. Technikenoder Rezepte.

Geschmacksmuster sind Vor-lagen für Gestaltungsformen(Design, Farbe, Form), die neusind und eine Eigenart haben.Die max. Laufzeit beträgt 25Jahre.

Halbleiterschutz bezieht sichauf das „Layout“ von mikro-elektronischen Halbleiterer-zeugnissen, die eine Eigenartaufweisen. Dauer und Schutz-wirkung ist ähnlich dem Ge-brauchsmuster.

Geographische Herkunftsbe-zeichnungen sind Produkt-namen, die eine direkte geo-graphische Zuordnung vonAgrarerzeugnissen und Le-bensmitteln ermöglichen. Titelwie „Champagner“ oder „Par-maschinken“ dürfen nur Pro-dukte tragen, die auch tatsäch-lich aus den entsprechendenRegionen kommen. Die Lauf-zeit ist unbeschränkt.

Marken sind Zeichen, dieWaren oder Dienstleistungeneines Herstellers oder Anbie-ters kennzeichnen. Zur Ver-wendung der Marke im ge-schäftlichen Verkehr ist nurdie MarkeninhaberIn berech-tigt. Markenrechte erlöschenerst dann, wenn die Markeinnerhalb von fünf aufeinanderfolgenden Jahren nicht genutztwurde.

Geistige Monopolrechte

Netzwerk Freies Wissen – www.wissensallmende.de

Weitere Informationen zum Zugang zu Medikamentenbei: www.bukopharma.de, www.medico-international.de

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Es geht uns um Gerechtigkeit und Zugangzu Wissen, aber auch um die Förderung derErschaffung neuen Wissens. Um diese Zielezu verbinden, werben wir für neue Paradig-men und alternative Modelle zur Förderungvon Innovation.

Warum Wissen wichtig ist, hoffen wir durchdiese Zeitungsbeilage deutlich gemacht zuhaben.

Wissensgüter sind außerdem fundamentalanders als Dienstleistungen und stofflicheGüter. Sie können kopiert werden undunendlich oft verteilt werden. Sie müssteneigentlich nicht knapp sein. Reich und Armkönnen im Bereich der Wissensgüter gleichersein als in vielen anderen Bereichen.

Wir beobachten schon seit längerem die Pro-bleme, die geistige Eigentumsrechte und

mangelnder Zugang zu Wissen insbesonderefür die Entwicklung des globalen Systemsbedeuten. Seit Mitte der 90er Jahre habensich zunehmend entwicklungs- und welt-handels-orientierte NGOs mit dem Themabeschäftigt. Dabei wurde bereits erfolgreichDruck auf Regierungen ausgeübt, um derenPolitik zu ändern.

Wir wollen die entstehende Bewegung fürden Schutz und Ausbau der Wissensallmendeunterstützen. Außerdem wollen wir dafürarbeiten, die politischen und ökonomischenEntscheidungen in Deutschland im Sinneder Wissensallmende und der Bedürfnisseder Entwicklungsländer, Kreativen, Wissen-schaftlerInnen und VerbraucherInnen positivzu beeinflussen. Dazu wollen wir aufklären,aufrütteln und politische Entscheidungenbeeinflussen; mit Studien und Vorträgen,Aktionen, Pressearbeit und Lobbygesprächen.

Als unser Logo haben wir eine fliegende Eulegewählt, ein Symbol der Weisheit und desWissens, das freigelassen wird, aber auch einSymbol für Wachsamkeit und scharfen Blickmit dem wir Gelegenheiten im politischenDunkel erspähen wollen, wie die Eule dieMaus in der Nacht.

Wir sind derzeit vier Leute, die in den Bürosin Berlin und Bielefeld arbeiten und rund einDutzend weitere ehrenamtliche Mitarbei-terInnen. Wie die vorherigen Seiten zeigen,haben wir viele Aufgaben für die Zukunft.Wir freuen uns auf Feedback, Mitarbeit undUnterstützung.

10. März Kennenlerntreffen Netzwerk Freies WissenBerlin, Haus der DemokratieWir stellen in Vorträgen und Diskussionen unsereArbeit dar und entwerfen danach gemeinsam Aktionenfür die nächsten Wochen, vor allem zum G8-Gipfel.

13. – 15.04. Tagung mit der evangelischen Akademie Iserlohnin VilligstDrei Tage intensiven Austauschs zwischen inter-nationalen Gästen, deutschen NGOs und interessiertenEinzelpersonen. Neben Strategien wollen wir eineErklärung der deutschen Zivilgesellschaft zu Zugangzu Wissen und Entwicklung verabschieden.(s. Einladung links)

26. 04. Veröffentlichung der Erklärung der Zivilgesellschaftzum Wissenszugang am Welttag des geistigenEigentums. Der Beginn des G8-Sommers. Wir werdenUnterzeichner und Verbündete suchen und unsereÖffentlichkeits-Kampagne zur Vorbereitung des Gipfelsstarten. Dass die einfache Gleichung von „Mehr geistigeEigentumsrechte sind immer besser“ eine riesige Enteder Regierung in Deutschland ist, soll bis zum Gipfelin Deutschland zum Allgemeinwissen gehören.

Ende Mai: Große Alternativen-Konferenz – Aufklärung vor demGipfel Wir laden international bekannte ExpertInnennach Berlin, die deutlich machen werden, dass nochstärkere geistige Eigentumsrechte weder der einzigenoch der beste Weg sind, neues Wissen zu fördern.

ab 6. Juni Vor und während des G8-GipfelsDie erste große Demonstration findet bereits Samstagvor Beginn des Gipfels statt. Außerdem werden wirbeim Gegengipfel in Rostock die Probleme in Entwick-lungsländern und Alternativen zu geistigen Eigen-tumsrechten als mögliche Lösungswege aus der Krisevorstellen.

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Termine Netzwerk Freies Wissen

Netzwerk Freies Wissen – www.wissensallmende.de

Interesse an Infos, Neuigkeiten& Plänen des Netzwerks FreiesWissen?Dann auf www.wissensallmende.de in den Infoverteiler ein-tragen! Regelmäßige aktuelle Nachrichten rund um das Thema,unsere Arbeit und Pläne erwarten Sie ohne Ihr Postfach zu über-füllen. Wir freuen uns!

Tel.: (030) 71 09 39 98 | Fax: (030) 75 44 32

Alle Vorträge der Bündnistagung vom 30.11.06 zu G8 undgeistigem Eigentum zu Themen wie Saatgut, Urheberrecht undMedikamenten sind als Ton- und Videodokument unterwww.wissensallmende.de/taz-beilage abrufbar.

Mitmachen!

Die Beilage wird herausgegeben vomNetzwerk Freies Wissen.Das Netzwerk Freies Wissen ist ein Projektvon share e.V.

Redaktion: Oliver Moldenhauer (V.i.S.d.P.),Philipp Frisch, Marco Alves, Petra Buhr

Layout: Ute Freitag

Netzwerk Freies WissenGreifswalder Str. 4 – 10405 Berlin

Tel. (030) 710 939 98 – Fax (030) 75 44 [email protected]

Wir danken der Stiftung Umverteilen unddem evangelischen Entwicklungsdienst(EED) für die finanzielle Unterstützung

dieser Sonderseiten. Diese Seiten gebennicht unbedingt die Meinung der Fördererwieder.

Bildnachweis: Fotos: J. Love, C. Collinsund Prof. Fisher von Oliver Moldenhauer;Foto: „HIV positiv“ S. 1 von Sharanjeet

Parmar, Ärzte ohne Grenzen; Fotos S. 2u. 3 von den Usern „.martin“ (kornfeld)„mattza“ (Pillen auf Tastatur) und „e-magic/Eric“ (lose Pillen) auf flickr.com

Lizenz: Diese Beilage oder Auszüge vonihr können unter einer Creativ-Commons-

Lizenz für nichtkommerzielle Zwecke ge-nutzt und verändert werden. Dabei ist dasNetzwerk Freies Wissen (www.wissensall-mende.de) und die jeweilige AutorIn desTextes zu nennen.http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/de/

NetzwerkFreies Wissen

Impressum:

Das Netzwerk Freies Wissen freut sich aufPraktikantInnen, die bei uns mitarbeitenund dabei in die Arbeitsweise und Atmos-phäre einer politischen Nicht-Regierungs-Organisation reinzuschnuppern wollen.

Wir suchen ständig Menschen, die für min-destens sechs Wochen unser Team unter-stützen.

Du solltest Lust haben zu schreiben, zu pro-grammieren und/oder zu organisieren,inhaltliche, technische oder juristische Fach-kenntnisse wären gut.

Mögliche Aufgaben sind z. B. :∑ Die Tagung in Villigst mit zu organisieren,

Referenten zu koordinieren und zu be-treuen,Einladungen zu entwerfen, Flug-blätter erstellen/verteilen sowie diverseArbeiten während der Veranstaltung.

∑ Des Weiteren arbeiten wir an einer Bro-schüre zum Thema: „Geistiges Eigentumund Entwicklung“. Deine Mithilfe bei Re-daktion und Recherche ist hier gefragt.

∑ Weitere Aufgaben wären die Mitarbeit ander Redaktion unserer Webseite (www.wissensallmende.de) und das Schrei-ben von Blogeinträgen und Newslettern.

Wir wünschen uns von Deiner Seite Spaß,Interesse an der Arbeit und Engagement. Dadie Aufgaben sehr vielfältig sind, ist es ambesten, Du rufst an oder schreibst uns, sodass wir gemeinsam einen Plan für DeinPraktikum entwerfen, der auf Deine Stärkenund Wünsche abgestimmt ist. Praktikumsortist Berlin oder Bielefeld.

Wenn Du Lust hast, in freundlicher, bisweilenhektischer Atmosphäre deinen Horizont zuerweitern, dann melde Dich bei Petra Buhr([email protected]) oder ruf an:(030) 71 09 39 98.

Wanted – PraktikantInnen gesucht!

In den letzten Jahren sind der Zugang zuWissen und die Frage der geistigen Eigen-tumsrechte zu immer wichtigeren Themengeworden und auch auf dem G8-Gipfel stehensie ganz oben auf der Tagesordnung.

Deshalb laden wir ein zu einer Tagung„Geistiges Eigentum – Eine Bedrohung fürEntwicklung und Gerechtigkeit?“Am 13.– 15.4.2007 in Schwerte, Haus Villigst

Wir wollen auf dieser Tagung voneinanderlernen, Kontroversen identifizieren und dis-kutieren. Wir wollen der unkritischen Befür-wortung geistiger Eigentumsrechte eine

differenzierte Sicht entgegensetzen und einengerechteren Ausgleich der verschiedenenZiele fordern. Dafür wollen wir gemeinsamnach Handlungsperspektiven suchen undStrategien entwickeln.

Wir richten uns mit dieser Tagung an alle,die im Bereich Wissenszugang und geistigesEigentum bisher haupt- oder ehrenamtlichaktiv sind oder es werden wollen.

Außerdem wollen wir eine gemeinsameErklärung der Zivilgesellschaft zu geistigenEigentumsrechten und dem G8-Gipfel ver-abschieden.

Folgende internationale Referenten wurdenangefragt:∑ James Boyle (Duke University USA)∑ Jamie Love (CPTech)∑ Martin Khor (Third World Network)∑ Riaz Tayob (Third World Network)∑ David Bollier (www.onthecommons.org)

Veranstalter sind: INES, EED, ev. AkademieIserlohn, Netzwerk Freies Wissen

Kontakt: [email protected],www.wissensallmende.de;[email protected],www.kircheundgesellschaft.de

Einladung zur Tagung:„Geistiges Eigentum – Eine Bedrohung für Entwicklung und Gerechtigkeit?“

NetzwerkFreies Wissen

Das „Netzwerk Freies Wissen“

Herr Fisher, was ist die Grundidee derKulturflatrate?

Die Regierung würde Kreative für dasTauschen ihrer Werke entsprechend vonAbschätzungen der Beliebtheit ihrer Werkevergüten. Nach der Einführung eines sol-chen Systems kann dann der zunehmendineffiziente urheberrechtsbasierte Schutzfür digitale Aufnahmen abgeschafftwerden, was den freien Austausch all dieserInformationen erlaubt.

William Fisher ist Professor an der Harvard Uni-versity, USA, cyber.law.harvard.edu. Das Inter-view wurde aufgenommen am 14.12.06 in Boston.Unter www.wissensallmende.de/taz-beilage istdas komplette Video zu finden.

Fishers Idee hat uns so begeistert, dass wirzwei Dinge gemacht haben. Im Fairsharing-Netzwerk setzen wir uns gemeinsam mitAttac, der Grünen Jugend und dem FoeBuDe.V. für die Einführung der Kulturflatrate ein(siehe www.fairsharing.de).

Außerdem haben wir eine deutsche Überset-zung von Fishers Buch angefertigt, in demdie Kulturflatrate erklärt und auf brillanteWeise erläutert, welche Vorteile diese gegen-über anderen Vergütungs-Modellen hat.

Für 6,50 Euro inkl. Versand kann diese aufwww.wissensallmende.de bestellt werden.

Als alternative Bestellmöglichkeit kann dieserBetrag direkt auf das Konto 1900 62 65 bei

der Kreissparkasse Verden, BLZ 2915 2670mit Adresse und Stichwort „Fisher“ imVerwendungszweck überwiesen werden.

Interview mit William Fisher, dem Vordenker der Kulturflatrate

2007

Ein alternatives Vergütungssystem

Sie möchten sich für freies Wissen engagieren gegen eineMonopolisierung von Wissensgütern eintreten und den Ausbauder Wissensallmende vorantreiben? Sie können uns helfen!

Sie können zum Beispiel diese taz-Beilage verteilen (weitereExemplare können Sie bei uns anfordern), Vorträge in Ihrer Stadtorganisieren (wir kommen gern), Texte und Blogeinträge für unsereWebseite schreiben oder uns bei der Webgestaltung helfen, Briefeschreiben an Abgeordnete, bei Aktionen zum G8 in Heiligendammteilnehmen.

Unterstützen Sie uns durch eine Spende. Wir selbst arbeiten derzeitehrenamtlich, doch das Netzwerk Freies Wissen braucht Geld fürAusgaben, die sich auch durch noch so viel engagierte Arbeit nichtvermeiden lassen: Büromiete, Hardware, Telefon, Internet, Druck-und Reisekosten und so weiter. Wir freuen uns auch über kleineBeträge, besonders dann, wenn sie regelmäßig kommen. Schonmit 5 Euro im Monat können Sie viel bewegen. Jede Spende gibtuns mehr Spielraum für die inhaltliche und politische Arbeit.

Spendenkonto: Konto: 46 80 00 00 20 – Stichwort: Spende NfWBank für Sozialwirtschaft – BLZ 370 205 00oder online spenden auf www.wissensallmende.de.

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