CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

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    herausgegeben vom

    CCCDCentrum fr Corporate Citizenship Deutschland

    EIN NEUER GESELLSCHAFTSVERTRAG

    Rahmungen fr Corporate Citizenship

    Serge Embacher/Roland Roth

    ebatte04

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    Editorial

    Zusammenfassung

    I. DER SOZIALE WANDEL UND DIE FOLGEN

    II. WOZU BERHAUPT EINEN GESELLSCHAFTSVERTRAG?

    III. DIAGNOSE DES ALTEN GESELLSCHAFTSVERTRAGS

    IV. GESELLSCHAFTLICHE LEITBILDER

    V. ZUR BEDEUTUNG VON DEMOKRATIE UND FFENTLICHKEIT

    VI. ELEMENTE DES NEUEN GESELLSCHAFTSVERTRAGS

    VII. GESELLSCHAFTSVERTRAG UND GESELLSCHAFTSVERTRGE

    VIII. PRAKTISCHE RELEVANZ UND GESELLSCHAFTLICHE PRAXIS

    IX. FAZIT

    * Dieser Text resultiert aus einem Projekt unter dem Titel Neuer Gesellschaftsvertrag in der Praxis, das durch die

    freundliche Frderung der Robert Bosch Stiftung ermglicht wurde.

    Inhalt*

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    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

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    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Bis weit in die 1990er Jahre hinein schien eigentlich alles

    ganz einfach: Der Staat erlsst und vollzieht Gesetze. Die

    Brgergesellschaft ist zustndig fr Gemeinsinn, Solidarittund Sinnstiftung. Die Wirtschaft kmmert sich unterdessen

    ums Geschft. So wusste jeder, was er zu tun und was er

    von den anderen zu erwarten hatte.

    Heute ist die Lage unbersichtlicher: Ein Pharmaunterneh-

    men engagiert sich gemeinsam mit Selbsthilfegruppen

    fr Verbesserungen im Gesundheitswesen, eine Unterneh-

    mensberatung entwickelt Unterrichtseinheiten fr Schulen,

    eine Wohnungsbaugesellschaft bietet Sozialberatung fr

    arbeitslos gewordene Mieter an. Kurz: Unternehmen bet-

    tigen sich in Aufgabenfeldern, in denen man sie erst ein-

    mal nicht vermuten wrde.

    Corporate Citizenship steht in diesem Sinne dafr, dass

    die gesellschaftliche Arbeits- und Verantwortungsteilung

    zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft im

    Umbruch ist. Das gesellschaftliche Engagement von

    Unternehmen ist weder philanthropisches Sahnehub-

    chen auf einem im Prinzip wohlgeordneten Gemeinwe-

    sen noch Ausfallbrge fr Staats- (und Zivilgesellschafts-

    ?)versagen, sondern Ausdruck und Triebkraft tiefsitzender

    gesellschaftlicher Vernderungen mit ungewissem Aus-

    gang.

    Diese scheinbare Unbersichtlichkeit bildet den Kontext

    fr gesellschaftlich engagierte Unternehmen, und sie stellt

    Corporate Citizenship-Verantwortliche vor ganz hnliche

    Herausforderungen wie Entscheidungstrger und -trge-

    rinnen in gemeinntzigen Organisationen und Politik.

    Diese Ttigkeiten erfordern enorme Orientierungskompe-

    tenzen und die Fhigkeit, in wechselnden Konstellationen

    handlungs- und kommunikationsfhig zu bleiben.

    Die CCCDebatte No 4 macht unter dem Titel Ein Neuer

    Gesellschaftsvertrag Rahmungen fr Corporate Citizen-

    ship ein Angebot zur Deutung und zur praktischen Orien-

    tierung in der neuen Unbersichtlichkeit. Der alte Gesell-

    schaftsvertrag der bundesrepublikanischen Nachkriegs-

    zeit ist oft und von Vielen verabschiedet worden. Serge

    Embacher, Leiter derKoordinierungsstelle des Nationalen

    Forums fr Engagement und Partizipation beim Bundes-

    netzwerk Brgerschaftliches Engagement, und Roland

    Roth, einer der fhrenden sozialwissenschaftlichen Exper-

    ten zum Thema Zivilgesellschaft und brgerschaftliches

    Engagement in Deutschland, zeigen Entwicklungen auf,

    die uns von frheren Formen der gesellschaftlichen

    Arbeits- und Verantwortungsteilung trennen. Vor allemaber ffnen sie Perspektiven, wie ein Neuer Gesellschafts-

    vertrag Konturen gewinnen kann. Diesen Neuen Gesell-

    schaftsvertrag entdecken sie, jedenfalls bis auf weiteres,

    nur im Plural; in unzhligen konkreten Aushandlungssitua-

    tionen werden viele neue Gesellschaftsvertrge erarbei-

    tet. Ein Ansatz also, der konsequent auf Partizipation und

    Verstndigung setzt.

    Mit diesem Beitrag setzt das CCCD die Diskussion ber die

    gesellschaftspolitischen Kontexte von Corporate Citizen-

    ship fort. Der Neue Gesellschaftsvertrag im Singular

    ebenso wie im Plural spielt in dieser Diskussion die Rolleeines Leitmotivs mit Variationen bzw. in den Worten von

    Embacher/Roth einer Rahmung auch fr Corporate

    Citizenship. Denn auch die gesellschaftliche(n) Rolle(n)

    von Unternehmen sind Gegenstand dieser Aushandlun-

    gen, die Unternehmen selbst und ihre Vertreter wiederum

    sind unverzichtbare Teilnehmer in diesen Verstndigungs-

    und Verhandlungsprozessen.

    Auch diese CCCDebatte ist zugleich Diskussionsbeitrag

    und Einladung zur weiteren Diskussion. Fr diejenigen, die

    sich aktiv an der Debatte beteiligen mchten, gibt es aufwww.cccdeutschland.org/cccdebatte Raum und Gele-

    genheit fr eigene Beitrge. Corporate Citizenship und

    Corporate Responsibility werden zunehmend diskutiert

    und auch praktiziert. Allerdings sprechen Wirtschaft, Zivil-

    gesellschaft und Politik in Deutschland noch immer eher

    ber- als miteinander. Die CCCDebatte will diesen unver-

    bundenen Diskursen einen gemeinsamen Ort geben und

    das Gesprch miteinander ermglichen.

    Lesen Sie selbst und teilen Sie Ihre Gedanken dazu mit

    uns. See you on www.cccdeutschland.org/cccdebatte.

    Ihre

    geschftsfhrender Vorstand CCCD

    Editorial

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    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Wenn man die sich immer strker entfaltende Debatte

    ber Corporate Citizenship verfolgt, stellt man fest, dass es

    viele gute Anstze gibt, aber kaum geeignete Rahmun-

    gen. Der vorliegende Beitrag geht davon aus, dass gesell-schaftspolitisch relevante Debatten solcher Rahmungen

    bedrfen, wenn sie Verbindlichkeit und Konsistenz gewin-

    nen wollen. Insofern stellt er den Versuch dar, einige Pflk-

    ke fr ein angemessenes Verstndnis von Corporate Citi-

    zenship in den Grund zu schlagen.

    Dabei setzen die berlegungen bei aktuellen Tendenzen

    und Entwicklungen an. Heute zeichnen sich nmlich

    bereits neuartige Formen der gesellschaftlichen Verant-

    wortungsteilung zwischen Staat, Wirtschaft und Brgerge-

    sellschaft ab, die vor nicht allzu langer Zeit nur schwerdenkbar gewesen wren. Vor dem Hintergrund eines tief-

    greifenden Wandels der gesellschaftlichen Ordnung und

    der Verfasstheit des Gemeinwesens in Deutschland lassen

    sich erste Konturen eines Neuen Gesellschaftsvertrags

    beobachten. In diesem Neuen Gesellschaftsvertrag muss

    die Reichweite und Regulierungstiefe staatlichen Han-

    delns ebenso berprft werden wie die gesellschaftliche

    Verantwortung von wirtschaftlichen Akteuren, deren exzes-

    sive Orientierung am Shareholder Value die Frage nach

    Stoppregeln und neuen Rahmenbedingungen auf die

    politische Tagesordnung gebracht hat. Schlielich gilt es,

    einer selbstbewusster werdenden organisierten Brgerge-sellschaft hinreichende Mitbestimmungsmglichkeiten

    einzurumen.

    Die Analyse geht von der Annahme aus, dass der alte

    Gesellschaftsvertrag der Bundesrepublik Deutschland

    heute unplausibel geworden ist. Dieser alte Vertrag mit

    seiner korporativistischen Ausrichtung und einer klaren Auf-

    gaben- und Rollenverteilung zwischen staatlichen und

    wirtschaftlichen Akteuren muss heute vllig neuen sozia-

    len Verhltnissen weichen (Ende des fordistischen Produk-

    tionsmodells, Ende des klassischen Geschlechterverhlt-nisses, Entstehung einer Einwanderungsgesellschaft usw.).

    An die Stelle des einen mehr oder weniger konsensuellen

    Modells treten multiple neue Aushandlungsverhltnisse

    vor Ort. Daher werden im Anschluss an die normative Skiz-

    ze des Neuen Gesellschaftsvertrag Beispiele fr seine Kon-

    kretisierung in zahlreichen gesellschaftlichen Zusammen-

    hngen beschrieben.

    Zusammenfassung

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    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Es heit, wir leben in Zeiten des Wandels. Doch was leicht

    gesagt ist, lsst sich oft nur schwer beschreiben. Zu kom-

    plex scheint die gesellschaftliche Lage zu Beginn des

    immer noch neuen Jahrhunderts, und zu weit auseinan-der liegen die mannigfachen Perspektiven, aus denen

    man es betrachten kann. Wie immer man sich den Din-

    gen nhert: Fest steht, dass wir derzeit eine Phase des

    gesellschaftlichen Umbruchs erleben. Dieser Umbruch hat

    tiefgreifende Auswirkungen auf die soziale Struktur der

    Gesellschaft, ihre kologischen berlebensgrundlagen

    und auch auf ihre politische Verfasstheit. Im Gefge des

    alten Gesellschaftsvertrags finden grundlegende Ver-

    schiebungen statt, und das berhrt ganz wesentlich auch

    die Rolle von Unternehmen und ihre geschftlichen und

    gesellschaftlichen Aktivitten. Doch auch die anderenSektoren, Staat und Brgergesellschaft, sind von diesen

    Verschiebungen betroffen. Der folgende Beitrag will auslo-

    ten, wie sich das Verhltnis von Staat, Wirtschaft und Br-

    gergesellschaft heute neu situieren lsst. Dabei geht es

    vor allem um den zentralen Aspekt einer Vitalisierung der

    Demokratie. Die Grundannahme lautet, dass den gesell-schaftlichen Verwerfungen und Problemen der Gegen-

    wart nur mit einem Mehr an Demokratie und Partizipation

    begegnet werden kann, um zu legitimen Neuarrange-

    ments zu gelangen. Ob man dann am Ende dafr den

    Begriff des Gesellschaftsvertrags braucht, ist vor diesem

    Hintergrund fast schon sekundr. Wichtig bleibt, gesell-

    schaftliche Verantwortungsteilung neu zu denken. Diesem

    grundlegenden Gedanken soll hier nachgegangen wer-

    den, sofern er Auswirkungen auf die gesellschaftliche

    Rolle und Verantwortung von Unternehmen hat. Fr die

    Definition dessen, was man in einem avancierten Sinneunter Corporate Citizenship versteht, drfte das erhebli-

    che Auswirkungen haben.

    I. DER SOZIALE WANDEL UND DIE FOLGEN

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    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Der Begriff des Gesellschaftsvertrags hat die Eigenart,

    dass er gleichzeitig permanent Verwendung findet und

    ebenso permanent verworfen wird. Er dient oft als

    Beschwrungsformel in Politik und Gesellschaft, wenn esdarum geht, gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten

    beschleunigten sozialen Wandels zu bewahren, herzustel-

    len oder zu imaginieren. Und er wird genauso oft verwor-

    fen mit dem Hinweis darauf, dass es in modernen, hoch-

    gradig funktional ausdifferenzierten und multi-optionalen,

    pluralistischen Gesellschaften schlicht keinen Platz fr kol-

    lektive Visionen eines Gesellschaftsvertrags geben knne.

    Doch gibt es hben wie drben Probleme. Whrend die

    bisweilen ermdenden Sonntagsredner des Kontraktuel-

    len Mhe haben, ihrer Emphase klare Konturen und einnachvollziehbares Bild von einem Gesellschaftsvertrag als

    einigendes Band fr alle Mitglieder einer Gesellschaft zu

    geben, kommen die Skeptiker und Anti-Kontraktualisten

    nicht um das Problem herum zu erklren, wie denn gesell-

    schaftlicher Zusammenhalt ohne eine allgemein akzep-

    tierte ethisch-moralische Klammer mglich sein soll.

    Ohne die damit verbundene komplexe Debatte hier

    auch nur auszugsweise nachvollziehen zu knnen, lassen

    sich doch einige grundlegende Ansatzpunkte finden.

    Man kann nmlich zu Recht darauf verweisen, dass es

    zumindest in der westlichen Hemisphre einige grundle-

    gende Konstituentien fr moderne Gesellschaften gibt,

    die sich nicht ohne Weiteres bestreiten lassen und die

    daher als Begrndungsanker fr die Rekonstruktion der

    Idee des Gesellschaftsvertrags in praktischer Absicht die-

    nen knnen: Erstens garantiert und unterstreicht die seit

    der Franzsischen Revolution dominante und im Kern

    unbestreitbare Idee unveruerlicher Menschen- und Br-

    gerrechte den Wert individueller Freiheit. Zweitens steht

    sptestens seit Rousseaus Entwurf einer republikanischen

    Verfassung des Gemeinwesens die wechselseitige Ange-

    wiesenheit der Individuen in der Gesellschaft im Fokusaller berlegungen, was notwendig die Frage nach einer

    gerechten Verfasstheit jener zwangslufigen Gemein-

    schaft namens Gesellschaft nach sich zieht. Schlielich ist

    es drittens unter nachmetaphysischen Bedingungen,

    d. h. nach dem Niedergang der Religion als Legitimati-

    onsquelle fr politische Macht, heute selbstverstndlich

    geworden, dass ein politisches Gemeinwesen sich im

    Medium eines ffentlichen Diskurses und demokratischer

    Verfahren bewegen muss, um zu legitimen Entscheidun-

    gen gelangen zu knnen.

    Die genannten drei Punkte individuelle Freiheit des Men-

    schen, seine notwendige Vergesellschaftung (verbunden

    mit der Frage nach Gerechtigkeit) und das demokrati-

    sche Element politisch-diskursiver ffentlichkeit begrn-den die Notwendigkeit, aber auch die Mglichkeit einer

    Verstndigung ber gesellschaftl iche Leitbilder, mithin

    also ber die Frage, wie und in welcher Gesellschaft wir

    eigentlich leben wollen. Erst vor diesem Hintergrund wird

    deutlich, dass man um die Diskussion der Idee des Gesell-

    schaftsvertrags nicht herumkommt und sei es blo in der

    negativen Form, dass man entweder die Vertragsidee

    bezweifelt oder auch die Existenz eines kollektiven Wir,

    um das es beim Gesellschaftsvertrag unter anderem

    gehen muss, und stattdessen etwas vllig Neues vor-

    schlgt. Da bislang aber niemandem etwas vllig Neueseingefallen ist, lohnt es sich, einige Argumente fr den

    Gesellschaftsvertrag zu entwickeln.

    Positiv gewendet mnden die klassischen Konzeptionen

    vom Gesellschaftsvertrag seit Rousseau in der Vorstellung,

    dass es so etwas wie einen fiktiven Freiheitsvertrag aller

    mit allen gibt eine wirkmchtige soziale Imagination

    (H.-J. Groe Kracht), die in allen Kpfen mehr oder weni-

    ger prsent ist und die den sozialen Zusammenhalt des

    Gemeinwesens garantiert. Diese Imagination, die als sol-

    che nirgends schriftlich fixiert ist, beinhaltet neben den in

    der Verfassung garantierten Freiheitsrechten auch ethi-

    sche Vorstellungen wie Tugendhaftigkeit, Fairness, Trans-

    parenz und Toleranz, kurz: jene unhinterfragten Verhaltens-

    voraussetzungen (civic virtues, Zivilitt), die erfllt sein ms-

    sen, wenn Sicherheit, Vertrauen und Gerechtigkeit als zen-

    trale Bestandteile der Existenz eines Gemeinwesens stabil

    sein sollen. Allein dieser Bezug auf normativ relevante Gr-

    en zeigt, dass der Gesellschaftsvertrag heute an die

    regulatorischen Ideen von Demokratie und Rechtsstaat-

    lichkeit gebunden ist. Die Reflexion ber Mglichkeiten

    und Bedingungen eines Gesellschaftsvertrages ist dem-

    nach unweigerlich mit der Frage nach der Vitalitt undFunktionstchtigkeit der Demokratie verknpft. Und spte-

    stens an dieser Stelle stellt sich die Frage nach gesell-

    schaftlicher Verantwortung fr die demokratische Verfasst-

    heit der Gesellschaft. Wenn es so ist, dass gesellschaftli-

    cher Zusammenhalt und ein demokratisches Ethos ent-

    scheidende Gren im Gesellschaftsvertrag sind, dann

    gilt gerade fr die Player in den Sektoren Politik und Wirt-

    schaft, dass ihnen ein erhebliches Ma an gesellschaftli-

    cher Verantwortung zukommt. Die praktische Bedeutung

    grundlegender und konsensfhiger Leitbilder ist fr gesell-

    schaftliche Integration zentral: Allein deshalb brauchen

    wir eine Vorstellung vom Gesellschaftsvertrag ganz egal,

    ob wir diese Leitidee am Ende so nennen wollen.

    II. WOZU BERHAUPT EINEN GESELLSCHAFTSVERTRAG?

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    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Nun kommt es allerdings gleich zu konzeptuellen und

    auch empirischen Problemen, wenn man zu beschreiben

    versucht, was den alten Gesellschaftsvertrag im

    Deutschland der Nachkriegszeit eigentlich ausgemachthat. Klar ist nur, dass die gesellschaftliche Ordnung in den

    Dezennien nach 1949 von einem Zustand relativ starken

    Zusammenhalts und sozialer Integration geprgt war.

    Auch die enormen Zuwanderungswellen (Flchtlinge, Ver-

    triebene, DDR-BrgerInnen, ab 1955 auch Gastarbeiter

    aus Sdeuropa) schienen durch eine enorme Wohl-

    standsentwicklung (Wirtschaftswunder) relativ leicht inte-

    grierbar. Unklar bleibt, inwiefern dieser Status, der von den

    Anfngen der Bundesrepublik bis in die 70er Jahre reich-

    te, tatschlich im kontraktualistischen Sinne als eine Art

    Freiheitsvertrag verstanden werden kann. Denn dieNachkriegsordnung der Bundesrepublik war ja zunchst

    nicht oder kaum vom Bewusstsein freier Brgerinnen und

    Brger geprgt, die sich ber ihr staatsbrgerlich-demo-

    kratisches Bewusstsein im Klaren gewesen wren. Viel-

    mehr ging es nach der selbstverschuldeten Katastrophe

    des Zweiten Weltkriegs um die Wiederherstellung der kapi-

    talistischen konomie unter den Vorzeichen einer sozialen

    Marktwirtschaft; ein Prozess, der unter der Vorgabe initiiert

    wurde, dass Wohlstand fr alle langfristig auch zivilisieren-

    de Effekte nach sich ziehen wrde. Dieses Modell war in

    sich auerordentlich erfolgreich, und die spteren Libera-

    lisierungsschbe in Deutschland seit den 60er Jahren

    wren ohne Stabilisierung des Gemeinwesens durch all-

    gemeine Wohlfahrt nicht mglich gewesen.

    Von einem Gesellschaftsvertrag im anspruchsvollen Sinne

    eines gesellschaftspolitischen Grundkonsenses lsst sich

    mit Blick auf die Nachkriegszeit jedoch allenfalls im Sinne

    eines Leitbildes von einer modernen Arbeits- und Lebens-

    weise reden. Eine starke wirtschaftliche Wachstumsdyna-

    mik, Massenproduktion und Massenkonsum, ein Bedeu-

    tungszuwachs der Stdte und ihr Um- und Ausbau zu

    autogerechten Zonen, in denen Funktionen wie Arbeiten,Wohnen und Konsum rumlich getrennt wurden, waren

    Kennzeichen dieser Interpretation von moderner Lebens-

    weise. Das Element einer politisch-gestaltenden Einfluss-

    nahme der Brgerinnen und Brger blieb dagegen weit-

    gehend ausgespart, vielmehr dominierte ein staatsbr-

    gerlicher Privatismus (Jrgen Habermas). Dem Gesell-

    schaftsvertrag stimmte man zu, indem man alle vier

    Jahre von seinem als Brgerpflicht betrachteten Wahl-

    recht Gebrauch machte und damit das Politische den

    gewhlten Reprsentanten berlie. Diese wiederum

    befanden sich im Zusammenspiel mit Kapital- und

    Gewerkschaftsmacht in einer auf Dauer gestellten korpo-

    rativistischen Aushandlungssituation, in der die Balance

    zwischen privaten Interessen und Gemeinwohlorientie-

    rung immer wieder hergestellt werden musste der

    Gesellschaftsvertrag als nicht-ffentliches Austarieren von

    Macht- und Kraftverhltnissen. Wirtschaftsunternehmen

    trugen ihren Teil zu diesem Gesellschaftsvertrag bei,

    indem sie sich an Recht und Gesetz hielten (z. B. Arbeits-und Sozialversicherungsrecht), Steuern entrichteten und

    Motor der Wohlstandsentwicklung waren. Darber hinaus-

    gehende Verantwortung in einem ethisch-moralisch

    anspruchsvollen Sinn wurde ihnen dagegen nicht oder

    nur marginal abverlangt.

    Die gesellschaftliche und institutionelle Ordnung der Bun-

    desrepublik geriet dann seit den 60er Jahren sukzessive in

    Bewegung. Und es war zunchst das Erstarken der Brger-

    gesellschaft in Form von auerparlamentarischen Prote-

    sten und Neuen Sozialen Bewegungen in den 70er Jah-ren, was Bewegung in die Aufteilung zwischen den Sekto-

    ren Staat, Wirtschaft und Gesellschaft brachte. Aus dem

    Protest gegen das verschleierte Erbe des Nationalsozialis-

    mus, gegen kologische Zerstrung von Lebensrumen,

    riskante Technologien und autoritre Institutionen entstand

    egal wie man diese Bewegungen heute bewerten mag

    ein neues (und sehr eigentliches) Element des Gesell-

    schaftsvertrags, nmlich das Selbstbewusstsein von Br-

    gerinnen und Brgern, durch gesellschaftliches und politi-

    sches Engagement das Gemeinwesen mitgestalten zu

    knnen. Diese Entwicklung ist bis heute wirksam und hat

    im kollektiven Bewusstsein tiefe Spuren hinterlassen. Sei es

    der ffentliche Protest gegen politische Entscheidungen

    (z. B. Volkszhlung in den 80er Jahren) oder gegen tech-

    nologische Entwicklungen (z. B. Kernkraftwerke), sei es der

    Kampf um Gleichstellung der Geschlechter, sei es das

    Einfordern von Minderheitenrechten oder auch nur die

    staatsbrgerliche Haltung der selbstbewussten Artikulation

    von Interessen heute ist das brgerschaftliche Bewusst-

    sein im Allgemeinen viel strker ausgeprgt als noch vor

    25 Jahren.

    Eine weitere Verschiebung im Gefge des alten Gesell-schaftsvertrags berhrt das Verhltnis von Politik und Wirt-

    schaft, das sich in den vergangenen zwei bis drei Jahr-

    zehnten stark zugunsten der Wirtschaft verndert hat.

    Dabei handelt es sich nicht nur um funktionale Verschie-

    bungen zwischen den Sektoren. Der starke Zuwachs an

    Macht und Einfluss fr wirtschaftliche Akteure ist ein Resul-

    tat der Internationalisierung der kapitalistischen Wirtschaft,

    die nationale Politik zumindest partiell dadurch entmach-

    tet hat, dass Kapitalbewegungen und konomische Ent-

    scheidungen lngst die engen nationalstaatlichen Gren-

    zen hinter sich gelassen haben, whrend eben diese

    Grenzen fr die Staaten selbst eine Beschneidung ihres

    politischen Einflusses nach sich ziehen. Der Zuwachs ko-

    nomischer Macht ist aber auch Resultat einer tendenziel-

    len Selbstentmachtung der Politik, die unter dem Einfluss

    III. DIAGNOSE DES ALTEN GESELLSCHAFTSVERTRAGS

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    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    eines ffentlich dominanten wirtschaftsliberalen Main-

    stream in den letzten beiden Jahrzehnten zahlreiche Ver-

    besserungen fr die Kapitalseite durchgesetzt hat. Der

    Standort- und Steuersenkungswettlauf, an dem die Indu-

    striestaaten sich beinahe ausnahmslos beteiligt haben,

    sei hier nur als ein Stichwort genannt. Diese freiwillige

    zumindest teilweise Depotenzierung des Staates und der

    Machtzuwachs fr wirtschaftliche Akteure haben die

    Gewichte des alten Gesellschaftsvertrags verschoben, so

    dass nach einer Welle von Deregulierungs- und Privatisie-

    rungsentscheidungen heute der Staat auf vielen Feldern

    weniger Entscheidungskompetenzen hat als frher.

    Bezogen auf die drei Sektoren kann man also in Bezug auf

    die Idee des Gesellschaftsvertrags resmieren:

    Staat und Politikleiden aufgrund der skizzierten Depo-

    tenzierung unter einem Legitimationsverlust, da sie dieErwartungen, die im Rahmen des alten Gesell-

    schaftsvertrags an sie gerichtet werden, nicht mehr

    ohne Weiteres oder nur noch schlecht erfllen knnen.

    Der Sozial- und Wohlfahrtsstaat ist an Legitimations-

    und Leistungsgrenzen gestoen, die er aus eigener

    Kraft kaum noch berwinden kann. Das ist fr das

    demokratische Gemeinwesen problematisch, weil die

    Gesellschaft auf sozialen Ausgleich durch die regula-

    torische Hand des Staates (heute mehr denn je, wie

    sich gezeigt hat!) angewiesen bleibt.

    Der Wirtschaftwchst ebenfalls aufgrund der

    geschilderten Entwicklungen in signifikanter Weise

    gesellschaftlicher Einfluss und damit politische Macht

    zu. Das ist fr das demokratisch verfasste Gemeinwe-

    sen problematisch, weil diese aus konomischer Str-

    ke resultierende Macht nur der Logik des Besitzes, nicht

    aber den Standards demokratisch legitimierter Macht

    geschuldet ist. Wo Macht aber nicht demokratisch

    legitimiert ist, droht sie in strukturelle Gewalt (im Sinne

    Hannah Arendts) umzuschlagen und damit den

    gesellschaftlichen Zusammenhalt zu bedrohen.

    Die Brgergesellschaft schlielich hat sich mehr und

    mehr als konstitutiver Bestandteil des Gesellschaftsver-

    trags etabliert. Zwar verfgen auch ihre Aktiven und

    Organisationen nicht ber demokratische Legitimati-

    on, doch erwchst ihr Einfluss aus der Legitimitt der

    jeweiligen Anliegen (sofern diese an den Grundstzen

    des demokratischen Rechtsstaats und unveruerli-

    cher Menschen- und Brgerrechte orientiert sind).

    Neben diesen Verschiebungen im Bereich grundlegender

    Voraussetzungen Staat und Politik haben ihre allumfas-sende regulatorische Macht verloren, die Wirtschaft hat

    erheblich an Einfluss und politischer Macht gewonnen,

    die Brgergesellschaft ist zum selbstbewussten und plura-

    len Akteur geworden lassen sich noch weitere funda-

    mentale und vor allem lebensweltlich relevante Faktoren

    nennen, die das Modell des alten Gesellschaftsvertrags

    zusehends obsolet werden lassen und die mit den bereits

    genannten zusammenhngen;

    Aufkndigung des sozialen Versprechens: Der kurze

    Traum immerwhrender Prosperitt um ein bekanntes

    Diktum von Burkhard Lutz aufzugreifen ist heute ausge-

    trumt. Damit ist gemeint, dass Wachstums- und Sozial-

    staatsdynamik heute nicht mehr zusammenfallen, wie

    das in der Bundesrepublik bis in die 80er Jahre hinein der

    Fall war. Die Attraktivitt des Modells Deutschland ergab

    sich vor allem daraus, dass in diesem Modell wirtschaftli-

    ches Wachstum mit dem Ausbau sozialer Brgerrechte

    einherging. Heute gilt dieses Grundversprechen des

    alten Gesellschaftsvertrags nicht mehr. Die Erosion sozia-

    ler Brgerrechte (z. B. soziale Sicherung, Bildung, Lebens-

    standard) zeigt sich darin, dass trotz einer grosso modoimmer weiter wachsenden Wirtschaft damit nicht mehr

    automatisch bessere Lebensbedingungen fr alle ver-

    bunden sind. Das Grundversprechen des Gesellschafts-

    vertrags als Sozialvertrag gilt nicht mehr fr alle, und damit

    ist er in seinen Fundamenten brchig geworden. Der neu-

    erliche Zwang zur regelmigen Reichtums- und Armuts-

    berichterstattung bringt dies sinnfllig zum Ausdruck.

    Grenzen des Wachstums: Wachstum ohne natrliche

    Grenzen hat sich als trgerisch erwiesen. Entwicklungen

    wie Erderwrmung und Klimawandel, aber auch die

    Begrenztheit natrlicher Ressourcen knnen heute ernst-

    haft von niemandem mehr geleugnet werden und zwin-

    gen zum Abschied vom alten Gesellschaftsvertrag, der

    auf immerwhrendem Wachstum der Wirtschaft auf-

    baute.

    Geschlechterverhltnis: Das Modell Frau als Hausfrau

    (Male-breadwinner-model) ist heute von vielen Frauen

    bereits aufgekndigt worden. Frauen verstehen sich

    zunehmend als selbstbewusste Teilnehmerinnen am

    Erwerbsleben, aber auch an der politisch-diskursiven Aus-

    einandersetzung im ffentlichen Raum. Der alte Gesell-schaftsvertrag, der oft kontrafaktisch eine feststehende

    Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern vorsah, ist

    nicht in der Lage, dieses neue Denken zu integrieren.

    Technik und Gesellschaft: Im alten Modell waren Technik

    und Fortschritt gleichgesetzt. Das Leitbild von der autoge-

    rechten Stadt und die Rigorositt, mit der alte Stadtstruktu-

    ren (um deren Erhalt man heute viel geben wrde) abge-

    rissen und dem Bau von Autobahnen und Verkehrstrassen

    geopfert wurden, illustriert sehr anschaulich, dass man

    lange Zeit davon ausging, dass der technische Fortschrittper se auch gesellschaftlichen Fortschritt bedeute. Heute

    ist dieses Element des alten Gesellschaftsvertrags ber-

    holt. An den Beispielen Kernenergie und Gentechnologie

    erkennt man ohne weiteres, dass das Leitbild Technischer

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    11/2011

    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Fortschritt gleich gesellschaftlicher Fortschritt nicht mehr

    funktioniert. Die ffentliche Auseinandersetzung ber

    Technikentwicklung und ihre Folgen zeigt, dass diese Pro-

    zesse seitens einer selbstbewusst gewordenen Brgerge-

    sellschaft nicht mehr als quasi-naturwchsig hingenom-

    men, sondern zum Gegenstand ffentlicher Auseinander-

    setzungen gemacht werden.

    Migration und Staatsbrgerschaft: Das alte Modell des

    Gesellschaftsvertrags war ein auf den Nationalstaat

    begrenztes, d. h. es legte eine im Groen und Ganzen

    homogene Bevlkerung zugrunde. In der heutigen Situati-

    on mit etwa 17 Millionen Menschen aus Zuwandererfami-

    lien in Deutschland ist diese Annahme ebenfalls hinfllig

    geworden. Der alte Gesellschaftsvertrag lsst sich auf

    diese Situation nicht mehr anwenden, da er nicht in der

    Lage ist, fr Fragen wie die nach den Rechten fr Migran-

    ten (Status, Mitbestimmungsmglichkeiten usw.) adqua-

    te Antworten anzubieten.

    Diese kleine Typologie des Obsoletwerdens des alten

    Gesellschaftsvertrags zeigt bereits, welche Anforderungen

    an einen Neuen Gesellschaftsvertrag gerichtet werden

    mssen. Erst die Beschreibung des Hinflligen ermglicht

    den Blick auf das Neue und die dahinter liegenden Trieb-

    krfte und nimmt der Debatte um den Neuen Gesell-

    schaftsvertrag das Diffuse und Ungenaue. Als Erkenntnis

    kann demnach zunchst festgehalten werden, dass

    sowohl im Zusammenspiel der Sektoren Staat, Wirtschaft

    und Brgergesellschaft als auch auf der Ebene einzelner

    Vereinbarungen und Regelungen der alte Gesell-

    schaftsvertrag unplausibel geworden ist. Zugleich sind

    damit fr die Betrachtung gesellschaftlicher Praxisfelder

    neue Beurteilungsmastbe gewonnen.

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    12/2012

    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Die Reflektion ber einen Neuen Gesellschaftsvertrag ist

    vor allem deshalb aussichtsreich, weil sich mit Hilfe des

    Vertragsdenkens einige wesentliche Er fordernisse, die sich

    aus dem oben skizzierten Zustand ergeben, abbilden las-sen. Der Neue Gesellschaftsvertrag ist von einem Leitbild

    geprgt, das den post-fordistischen Bedingungen der

    Gegenwart Rechnung trgt. Gesellschaft wird hier nm-

    lich verstanden als Ergebnis des bewussten Zusammen-

    wirkens ihrer Mitglieder und Bereiche. Dabei geht es um

    einen Kanon von wechselseitigen Erwartungen, Rechten

    und Pflichten, der angesichts immer neuer gesellschaftli-

    cher Herausforderungen und Erwartungen stets neu aus-

    zuhandeln ist. Institutionen sind hier nicht feststehende

    Gren, sondern Ausdruck jeweiliger Kompromisslagen,

    deren Grundlagen sich immer wieder schnell wandeln.Eigentum, Unternehmen, Staat und Familie sind Beispiele

    fr solche Institutionen, deren Funktionsbedingungen und

    Terms of trade als Ergebnis von Aushandlungsprozessen

    zu begreifen sind. Hier liegen Gestaltungschancen jen-

    seits von funktionalen Sachzwngen und betriebswirt-

    schaftlichen Best-practice-Vorgaben. Gesellschaftliche

    Funktionserfordernisse und individuelle Freiheitsansprche

    lassen sich nur durch Aushandlungen auf demokratische

    Weise (Deliberation, Diskurs, Konflikt, Protest, Mediation

    usw.) so integrieren, dass sowohl Freiheit als auch Ord-

    nung mglich ist. Die Gesellschaft wird im kontraktualisti-

    schen Modell neuer Prgung als Ensemble verschiedener

    Sphren (Michael Walzer) und Bereiche betrachtet (Staat,

    Wirtschaft, Brgergesellschaft, einzelne Gemeinschaften

    usw.), die je unterschiedlichen Funktionsbedingungen

    unterliegen. Es kommt darauf an, ihre jeweiligen Lei-

    stungsmglichkeiten und -grenzen zu wahren und ein pro-

    duktives Zusammenspiel auszuhandeln.

    Vor dem Hintergrund dieses gesellschaftlichen Leitbilds ist

    die Idee des Neuen Gesellschaftsvertrags konkurrieren-

    den Modellen berlegen:

    Die Nachteile des korporativistischen Modells (als Leitbild

    fr den alten Gesellschaftsvertrag) liegen auf der Hand.

    Aufgrund der geschilderten Tendenzen anwachsende

    Wirtschaftsmacht, Depotenzierung des Staates, selbstbe-

    wusste Brgergesellschaft sowie Erscheinungen wie einer

    nachlassenden Integrationskraft gesellschaftlicher Groor-

    ganisationen (Arbeitgeberverbnde, Gewerkschaften und

    Parteien) in Verbindung mit der unbestrittenen Gefahr

    gesellschaftlicher Desintegration (Individualisierung, Wert-

    verlust, Erosion sozialer Brgerrechte) lassen sich mit Hilfe

    korporativistischer Politik keine berzeugenden Lsungen

    fr gesellschaftliche Problemlagen mehr entwickeln.

    Dafr ist dieses Ensemble zu starr. Zudem trgt es den

    Makel des Intransparenten und der Hinterzimmerpolitik.

    Ein rein funktionales Modellwrde hingegen von der Pr-

    misse ausgehen, dass die Gesellschaft im Luhmann-

    schen Sinne nichts anderes als eine Ansammlung von

    funktional differenzierten Teilsystemen ist, die nach den

    Gesetzen der Selbstbezglichkeit (Selbstreferentialitt) und

    Selbststeuerung (Autopoiesis) funktionieren. Dieses Leitbild

    htte zur Folge, dass man von einer umfassenden norma-

    tiven Integration der Gesamtgesellschaft ein fr alle Mal

    Abschied nehmen msste. Allein der Selbsterhaltungs-

    drang der Teilsysteme soll in dieser Perspektive noch fr

    Zusammenhalt sorgen. Dass in diesem Modell brger-schaftliches Engagement und die Idee deliberativer

    Demokratie keinen Platz mehr haben, muss daher kaum

    noch eigens hervorgehoben werden. Doch selbst wenn

    man der radikalen Umdefinition von Gesellschaft zu

    einem bloen Funktionszusammenhang folgen wrde,

    wre damit in keiner Weise zu erkennen, wie die dysfunk-

    tionalen Nebenfolgen, die die Teilsysteme im Gesamtsy-

    stem Gesellschaft anrichten (kologische Zerstrungen,

    Finanz- und Wirtschaftskrisen, Legitimationskrisen der Politik)

    bewltigt werden sollen.

    Schlielich geht dasneo-liberale Modell in seiner konse-

    quentesten Fassung davon aus, dass es so etwas wie

    Gesellschaft im Grunde nicht gibt. Fr diese Auffassung

    steht prototypisch das bekannte Thatchersche Wort:

    There is no such thing as society. Stattdessen dominiert

    hier das Menschenbild des rationalen Nutzenmaximierers

    (homo oeconomicus). Das unternehmerische Selbst

    wird zum universellen gesellschaftlichen Leitbild. Der Ein-

    zelne soll radikal frei sein. Gesellschaft ist hier die bloe

    Summe bzw. nicht planbares Resultat rationaler individu-

    eller Wahlakte und Eigentumsbildung. Auch wenn diese

    besondere Vision einer individualisierten Gesellschaft inden letzten Jahrzehnten ebenfalls zahlreiche Anhnger

    gefunden hat, vermag sie nicht darber hinwegzutu-

    schen, dass brgerschaftliches Engagement und demo-

    kratische Teilhabe hier nur eine Nebenrolle spielen. Wenn

    aber diese Faktoren so wenig Gewicht haben, ist auch

    nicht zu sehen, wie etwa die destruktiven Nebenfolgen

    einer ungehemmten privaten Nutzenmaximierung aufge-

    fangen werden knnten. Die aktuelle Finanz- und Wirt-

    schaftskrise ist eine mehr oder weniger direkte Folge des

    neo-liberalen Gesellschaftsbildes. Schon dieser Hinweis

    wrde ausreichen, um das Modell zu verwerfen.

    IV. GESELLSCHAFTLICHE LEITBILDER

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    13/2013

    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Wenn man sich nun ausgehend von der Prmisse, dass

    es hier um das bewusste Zusammenwirken der Gesell-

    schaftsmitglieder und -bereiche gehen soll daran

    macht, die Skizze eines Neuen Gesellschaftsvertragsgenauer zu konturieren, dann muss dabei zunchst die

    Bedeutung ffentlicher Kommunikation und demokrati-

    scher Beteiligung hervorgehoben werden. Denn wenn es

    zutrifft, dass ein Neuer Gesellschaftsvertrag eine aussichts-

    reiche Mglichkeit darstellt, individuelle Freiheitsanspr-

    che in einer pluralistischen Gesellschaft mit gesellschaftli-

    chen Funktionserfordernissen auf produktive Weise zu ver-

    binden, dann spielen die prozeduralen Elemente delibe-

    rativer Demokratie eine zentrale Rolle: ffentliche Diskur-

    se, in denen die Teilnehmenden mglichst vorbehaltlos

    und unter den Vorgaben von Transparenz und FairnessArgumente und Meinungen austauschen, um in einem

    verstndigungsor ientierten Prozess zu neuartigen Aus-

    handlungsergebnissen und Kompromissen zu gelangen,

    bilden das dynamische Fundament, auf dem sich der

    Neue Gesellschaftsvertrag bewegt. Denn das ist die Vision

    des Neuen Gesellschaftsvertrags: Er zielt auf neue demo-

    kratisch ausgehandelte Kompromisse zwischen Akteuren,

    denen ihre traditionellen Rollen mehr und mehr abhanden

    kommen. Die Politik braucht dringend gesellschaftliches

    Vertrauen, die Wirtschaft muss schon im wohlverstande-

    nen Eigeninteresse Verantwortungsbewusstsein demon-

    strieren. Die Brgergesellschaft muss lernen, sich auf die

    Systemlogiken der Sektoren Staat und Gesellschaft einzu-

    lassen, ohne dabei ihren produktiven Eigensinn (Sponta-

    neitt, Direktheit, ungefilterter Diskursivitt) einzuben. All

    das kann nur im demokratischen Raum von Partizipation

    und Mitbestimmung gelingen.

    Es geht also ganz wesentlich um das Thema Vitalitt derDemokratie. Ohne funktionierende und vom Ethos der

    Beteiligung getragene Demokratie ergibt es wenig Sinn,

    ber neue kontraktualistische Aushandlungsverhltnisse zu

    rsonnieren. Dabei ist Demokratie keine Alles-oder-Nichts-

    Angelegenheit, sondern ein offener Prozess, in dem eine

    Gesellschaft ihren demokratischen Idealen nher kommt

    oder sich von ihnen entfernt.

    Fr den Neuen Gesellschaftsvertrag ist ein fehlerfreundli-

    ches experimentelles Design gefordert, das Beteiligungs-

    erfahrungen und bewertungen der Brgerinnen und Br-ger immer wieder als Ansto fr Vernderungen einbe-

    zieht. Die Vitalitt der Demokratie hngt davon ab, dass

    mglichst vielfltige Formen partizipativer Rckmeldung

    und Evaluation existieren. Welche Schwierigkeiten diese

    leicht daherkommenden Anforderungen mit sich bringen,

    wird klar, wenn man sich die praktischen Konsequenzen

    vor Augen fhrt: Der Staat und seine Institutionen mssten

    sich in erheblichem Mae fr Brgerbeteiligung ffnen.

    Die Wirtschaft msste ihre Corporate-Citizenship-Aktivit-

    ten konsequent in Richtung Partnerschaft und weg vom

    philanthropischen Corporate Giving entwickeln. Und die

    Brgergesellschaft und ihre Organisationen mssten sich

    auf Pflichten einlassen, die ihrer Spontaneitt und Kreativi-

    tt einiges abverlangen.

    V. ZUR BEDEUTUNG VON DEMOKRATIE UND FFENTLICHKEIT

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    14/2014

    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    VI. ELEMENTE DES NEUEN GESELLSCHAFTSVERTRAGS

    Neben diesen normativen Anforderungen, die an die

    Idee eines Neuen Gesellschaftsvertrags geknpft sind,

    lassen sich aber auch auf der empirischen Ebene gute

    Voraussetzungen fr neue demokratische Aushandlungs-prozesse zwischen den gesellschaftlichen Sektoren (oder

    Sphren) und Bereichen ausmachen. Es gibt positive

    Signale, und daran lohnt es sich anzuknpfen:

    Partizipatorischer berfluss. Der Niedergang konven-

    tioneller Formen der politischen Beteiligung ist in vielen

    westl ichen Demokratien mit einem Aufschwung

    unkonventioneller Beteiligung verbunden. Es ist zu

    einer Verschiebung und nicht zu einem Zerfall des

    politischen Interesses, demokratischer Orientierungen

    und politischen Handelns gekommen. Diese Verlage-rung sttzt sich auf alles in allem bessere Bildungsres-

    sourcen, mehr freie Zeit, materielle Sicherheit, Zunah-

    me postmaterialistischer, auf Partizipation und Selbst-

    verwirk lichung gestimmter Werthaltungen, den

    Abschied von der patriarchalen hin zur demokratische

    Orientierungen strkenden Verhandlungsfamilie, sin-

    kende Gewaltneigung und Zivilisierung des ffentli-

    chen Lebens sowie auf eine an Assoziationen, Verei-

    nen und Initiativen reiche Zivilgesellschaft. Dieser prak-

    tisch wirksame partizipatorische berschuss bietet

    gute Voraussetzungen fr den Neuen Gesellschafts-

    vertrag.

    Bereitschaft zu freiwilligem Engagement. Eine vitale

    Demokratie ist in hohem Mae von einer lebendigen,

    demokratisch gestimmten Zivilgesellschaft abhngig.

    Auch hier gibt es positive Signale. Die Botschaft der

    Freiwilligen-Surveys von 1999 und 2004 fllt eindeutig

    aus: Brgerschaftliches Engagement gibt es in der

    Bundesrepublik auf hohem und steigendem Niveau.

    Allerdings fll t auf, dass die demokratiepolitische

    Dimension des brgerschaftlichen Engagements bis-

    her eher an den Rand gedrngt wird. Ein zentralesMotiv der Engagierten ist es, wie wir aus vielen Studien

    wissen, zumindest im Kleinen etwas gestalten zu kn-

    nen ein genuin demokratisches Anliegen, auch

    wenn es sich berwiegend in politikfernen Bereichen

    verwirklicht bzw. verwirklichen muss. In Bezug auf den

    Neuen Gesellschaftsvertrag ist das eine zentrale

    Voraussetzung fr neue Aushandlungssituationen.

    Neue technologische Mglichkeiten. Die Ausbrei-

    tung neuer Informationstechnologien und die enorme

    Verbilligung von Transportkosten erlauben eine Auswei-

    tung politischer Rume und die Intensivierung politi-

    scher Kommunikation. Das schnelle Anwachsen inter-

    nationaler Nichtregierungsorganisationen in den letz-

    ten beiden Jahrzehnten ist eine der konkreten Aus-

    drucksformen. E-Mail und Internet haben erheblich zur

    Herausbildung einer transnationalen ffentlichkeit, zu

    transnationaler Mobilitt und zu neuen globalen politi-

    schen Vernetzungen beigetragen, wie z. B. dem 2001begrndeten Weltsozialforum. Preisgnstige Internet-

    kommunikation hat nicht nur die grenzberschreiten-

    de Wahrnehmung und Vernetzung erleichtert, sondern

    auch lokalen Initiativen zur Demokratieentwicklung

    Auftrieb gegeben (Stichwort: E-democracy). Neue

    Informationstechnologien sind dabei, politische Kam-

    pagnen und Wahlkmpfe zu verndern und dies

    nicht nur im negativen Sinne gesteigerter Manipulati-

    onsmglichkeiten, sondern auch zugunsten delibera-

    tiver und gemeinschaftsbildender Elemente. Es geht

    dabei um Wissen, Transparenz und Verantwortlichkeitsteigernde Mglichkeiten, nicht um einen technologi-

    schen Automatismus.

    Empirisch und auch im kollektiven Bewusstsein in gewisser

    Weise auch bereits verankert sind also im Grunde all jene

    Elemente, die als Voraussetzungen fr den Neuen Gesell-

    schaftsvertrag betrachtet werden knnen. Man knnte

    auch etwas salopp formulieren: An der Brgergesellschaft

    soll es nicht liegen, dass neue Aushandlungssituationen

    erfolgreich verlaufen. Hier sind alle Voraussetzungen fr

    ein neues demokratisch orientiertes Zusammenwirken der

    gesellschaftlichen Sphren und Bereiche im Prinzip vor-

    handen. Eher sind es die Bereiche Staat und Wirtschaft, in

    denen der Einstellungswechsel vorangetrieben werden

    muss, wenngleich er sich auch hier bereits abzeichnet.

    Staat und Neuer Gesellschaftsvertrag

    Die Erneuerungserwartung ist auf der staatlichen Seite

    daran gebunden, dass aus der Asche der alten Institutio-

    nen neue Formen und Institutionen der politischen Beteili-

    gung entstehen, die zu einer weitergehenden Demokrati-

    sierung der rechtsstaatlichen Demokratie beitragen. Vita-lisierung der Demokratie als Voraussetzung fr den Neuen

    Gesellschaftsvertrag bedeutet in dieser Perspektive, neue

    Motive (kologische Themen, globale Gerechtigkeit,

    Geschlechtergleichstellung usw.) und praktische Anste

    (projektorientierte Beteiligung mit starken Selbstgestal-

    tungsansprchen, Politik jenseits der traditionellen politi-

    schen Lagergrenzen usw.) in den zentralen politischen

    Institutionen zur Geltung zu bringen und sie entsprechend

    zu erneuern. In der Bundesrepublik ist die politisch-institu-

    tionelle Nutzung dieser neuen demokratischen Ressour-

    cen bisher kaum gelungen. Das gesellschaftliche und

    politische Engagement in Brgerinitiativen, sozialen Bewe-

    gungen und Nichtregierungsorganisationen, das seit den

    1960er Jahren deutlich angestiegen ist, findet in den

    staatlichen Institutionen allenfalls am Rande Beachtung

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    15/2015

    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    und erzeugt meist eher Abwehrhaltungen. Allerdings gibt

    es auch immer mehr bemerkenswerte Ausnahmen fr

    einen Einstellungswechsel in Staat und Politik. So spielt das

    Thema Brgerbeteiligung und Partizipation in zahlreichen

    Politikfeldern auf kommunaler Ebene mittlerweile eine

    zunehmende Rolle. Die Ausbreitung und verstrkte Nut-

    zung direkt-demokratischer Verfahren (Brgerbegehren,

    Brgerentscheide etc.) sind dafr ein Beleg.

    Dieser Einstellungswechsel ist im Neuen Gesellschaftsver-

    trag auch unumgnglich. Denn wenn die obenstehende

    Diagnose zutreffend ist, dann knnen Staat und Politik ihrer

    Depotenzierung erfolgreich nur begegnen, wenn die

    Impulse aus einer vitalen Brgergesellschaft lautverstr-

    kend aufgegriffen und z. B. bei der notwendigen Regulie-

    rung oder Einhegung konomischer Macht genutzt wer-

    den. Neue Aushandlungsergebnisse zwischen Staat und

    Wirtschaft sind ja nicht blo ein Ergebnis konsensgeprg-ter Kommunikation, sondern Ausdruck von Macht- und

    Kraftverhltnissen. Die Kompetenz und der Einfluss von

    brgergesellschaftlichen Organisationen wie Verbrau-

    cherschutzorganisationen, Umweltverbnden und Men-

    schenrechtsassoziationen knnen in ffentlichen Aus-

    handlungsprozessen eine tragende Rolle spielen.

    Wirtschaft und Neuer Gesellschaftsvertrag

    Die Rolle von Unternehmen im Neuen Gesellschaftsver-

    trag schliet direkt an die staatliche Rolle an. Zunchst ist

    sie davon geprgt, dass Politik und Staat unter der ange-

    deuteten Zuhilfenahme der partizipatorischen Potentiale

    der Brgergesellschaft die unternehmerische Sphre

    berall dort begrenzen mssen, wo dies ntig ist (z. B.

    gegen weitere Privatisierungstendenzen der ffentlichen

    Daseinsvorsorge). Wo sind Stoppregeln fr die Wirtschaft

    ntig, und wo sind privatwirtschaftliche Lsungen sinnvoll

    und denkbar? In allen anderen Bereichen entfaltet das

    Modell des Neuen Gesellschaftsvertrags seinen vollen

    Charme: Wenn Unternehmen sich im Sinne von Corpora-

    te Citizenship gesellschaftlich engagieren, dann sollten

    sie das ffentlich tun und unter Anerkennung der Logik deranderen Sektoren und Bereiche. In der offensiven und

    ffentlichen Auseinandersetzung mit den anderen Sekto-

    ren und Bereichen der Gesellschaft erfllen Unternehmen

    im Rahmen des Neuen Gesellschaftsvertrages in geeig-

    neter Weise Anforderungen an Transparenz und Offenheit.

    Erst die ffentliche Auseinandersetzung mit den gesell-

    schaftlichen Aktivitten von Unternehmen macht diese zu

    einem echten Element des Neuen Gesellschaftsvertrags.

    Aktive Brgerschaft

    Aber auch Kunden und Konsumenten fordern zuneh-

    mend nicht nur gute Produkte und Dienstleistungen, son-

    dern klagen z. B. in Boykotts und Buykotts ethisches Wirt-

    schaften von Unternehmen ein. Im Kontrast zum eher pas-

    siven Status in der Nachkriegsra setzt der Neue Gesell-

    schaftsvertrag auf eine aktive Brgerschaft. Dies gilt

    zunchst fr die Ausarbeitung des Gesellschaftsvertrags

    selbst. Es geht nicht mehr um die stillschweigende Einwilli-gung in institutionell geprgte Lebensentwrfe, sondern

    um bewusste und ffentliche Aushandlungsprozesse ber

    Rechte und Pflichten, Verantwortung und Gestaltung, an

    denen mglichst Viele in mglichst vielen Lebenszusam-

    menhnge zu beteiligen sind. Dies wirkt sich auch auf den

    Status der Brgerinnen und Brger im Gesellschaftsvertrag

    selbst aus, soweit uns seine Konturen bereits bekannt sind.

    Empowerment, Engagement und Mitwirkung sind einige

    der Elemente, denen man heute in allen Lebensberei-

    chen und -phasen verstrkt begegnet. Angeregt durch

    entsprechende Normen der Kinderrechtskonvention der

    Vereinten Nationen von 1989 erfhrt gegenwrtig etwa

    die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen groe Auf-

    merksamkeit. Die aktiven Alten sind schon seit einigen

    Jahren auf dem Wege zur neuen gesellschaftlichen

    Norm. Von Zuwanderern werden heute selbstverstndlich

    eigene Aktivitten als Paten, Lotsen, Mentoren und Freiwil-

    lige erwartet. Alle drei Gruppen waren im klassischen

    Gesellschaftsvertrag eher passiv eingepasst, von der

    Arbeitskraft der Gastarbeiter einmal abgesehen. Wenn

    heute von Brgergesellschaft oder Brgerdemokratie die

    Rede ist, dann ist an eine aktive Gesellschaft gedacht,

    die von ihren Mitglieder vor allem Engagement undGestaltungswillen erwartet.

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    16/2016

    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Bezglich des Nutzens eines Neuen Gesellschaftsvertra-

    ges kann somit festgehalten werden:

    Er kann zur Aufklrung ber die normativen Grundla-gen aktueller Lebensweisen und gesellschaftlicher

    Institutionen beitragen, ber ihre Kosten- und Nutzen-

    bilanzen, ihre unerwnschten Nebenfolgen und ihre

    Fragilitt. Im Neuen Gesellschaftsvertrag lassen sich

    Lernprozesse in Richtung neuer Regulierungsweisen

    bndeln, die grere gesellschaftliche Inklusionswir-

    kungen versprechen, ohne individuelle Freiheitsrume

    unangemessen einzuschrnken. Die gilt z. B. fr For-

    men der garantierten sozialen Grundsicherung, fr

    geschlechtssensible bzw. geschlechtsneutrale Arbeits-

    teilungen, fr die Abkehr von der strikten Erwerbsar-beitszentrierung und fr die Aufwertung gemeinschaft-

    licher Produktion und ffentlicher Gter.

    Nach der neoliberalen Welle gegen die politische

    Gestaltungsfhigkeit des Gemeinwesens bedarf es

    einer politischen Wiedereinbettung (reembedding)

    der konomie. Dazu ist eine Verstndigung ber den

    politischen Steuerungsbedarf ntig, ber Eingriffsgren-

    zen, Stoppregeln und Normen in allen Handlungs-

    sphren, d. h. einer substanziellen Thematisierung

    auch der Produktion und des Konsums.

    Wenn man nun aber an den Punkt der Analyse gelangt,

    an dem es um die konkrete Ausgestaltung des Neuen

    Gesellschaftsvertrags geht, empfiehlt es sich, vom Singu-

    lar in den Plural zu wechseln. Denn ber den Gesell-

    schaftsvertrag lsst sich, wenn man das Feld der allge-

    meinen Bedingungen und Definitionen verlsst und sich

    der praktischen Relevanz des Konzepts zuwendet, heutesinnvoll nur im Plural reden. Statt einer einmaligen und fik-

    tiven Zustimmung oder der allgemeinen Untersttzung

    durch periodische Wahlen bentigen demokratisch

    angemessene Gesellschaftsvertrge die Einrichtung von

    demokratischen Verfahren und Verfassungsnormen, die

    neue Balancen von Rechten und Pflichten, von Freiheits-

    spielrumen und Selbstbegrenzungen zum Gegenstand

    ffentlicher oder zumindest expliziter Verhandlungen

    machen. Die Gegenstnde und Kontexte der jeweiligen

    Aushandlungssituationen sind so disparat und kategorial

    verschieden, dass die konkrete Abmachung sich substan-tiell erheblich von anderen Situationen unterscheidet. In

    dieser Hinsicht ist jeder Gesellschaftsvertrag singulr

    bezglich seiner Reichweite, Verbindlichkeit, Eingriffstiefe

    und zeitlichen Dauer. So wie sich heute Gerechtigkeitsstan-

    dards nicht mehr substanziell ohne Bercksichtigung des

    konkreten Kontextes definieren lassen, verhlt es sich auch

    mit dem Gesellschaftsvertrag. Auf der Ebene der hher-

    stufigen normativen Bedingungen lassen sich einheitliche

    Anforderungen wie Transparenz, Verstndigung, Fairness,

    Reversibilitt und ffentlichkeit ausmachen. Sobald es

    aber an konkrete Aushandlungssituationen und ihre mate-

    riellen Resultate geht, sind einheitliche Anforderungen

    nicht mehr definierbar. An dieser Stelle lst sich der eine

    fiktive Gesellschaftsvertrag in viele konkrete Vertrge auf.

    VII. GESELLSCHAFTSVERTRAG UND GESELLSCHAFTSVERTRGE

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    17/2017

    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Neue Gesellschaftsvertrge haben sich vor allem in jenen

    Bereichen ausgebreitet, die mit den beschriebenen Her-

    ausforderungen zu tun haben, fr die es (noch) keine ver-

    bindlichen Lsungen gibt. Kontrakte sind eine Form, in derUngewissheiten ausgehandelt werden knnen, wenn es

    keine institutionellen Regelungen und geteilten Erwartun-

    gen gibt oder diese Erwartungen unsicher geworden sind.

    In einige der innovativen Beteiligungsmodelle sind kon-

    traktualistische Elemente eingebaut, d. h. es werden zu

    Beginn eines Projekts Vertrge geschlossen, die Beteili-

    gungsrechte und -pflichten der Beteiligten fixieren.

    Ein Blick auf die aktuellen Wiederbelebungen von Ver-

    tragstheorien (z. B. bei Carole Pateman oder T. M. Scan-

    lon) macht den genuin demokratischen Charakter vonGesellschaftsvertrgen deutlich. Dies gilt vor allem dann,

    wenn es nicht um implizite Gesellschaftsvertrge, sondern

    um offen ausgehandelte und explizit gemachte Rechte

    und Pflichten geht. Dass sie gesellschaftliche Ungleichhei-

    ten nicht einfach berwinden knnen und deshalb in der

    Regel in asymmetrischen Konstellationen verhandelt wer-

    den, gilt es dabei ebenso im Blick zu behalten wie die

    ausgesparten, stillschweigend vorausgesetzten Elemente

    der Vertrge, die eher aus der Ebene Gesellschaftsvertrag

    im Singular stammen.

    Einige wenige Beispiele mgen die demokratische Pro-

    duktivitt solcher Vertrge, besonders der vorgngigen

    Vertragsverhandlungen, verdeutlichen:

    In den letzten Jahren haben sich Kinder tagessttten

    (Kitas) in einigen norddeutschen Kommunen Verfassun-

    gen gegeben, die auf einem lngeren Aushandlungspro-

    zess zwischen Erzieherinnen, Kindern und Eltern beruhen.

    In ihnen wird oft bis ins kleinste Detail geregelt, wer von

    den Beteiligten zu welchem Thema zu befragen ist und

    welche Institutionen und Regelungen geschaffen werden,

    um die Umsetzung des Katalogs von Rechten und Pflich-ten zu garantieren. Es geht dabei um scheinbar so bana-

    le Dinge wie den Speiseplan, Schlafzeiten fr die Kinder

    oder Ausflugsziele. Nicht nur fr die Kita-Kinder geht es

    aber um die Gestaltung ihres Kita-Alltags und um das Aus-

    handeln der Bedrfnisse und Anforderungen, die Erzieher

    und Eltern in diesen Alltag einbringen. Die Kita-Verfassun-

    gen versuchen Regelungen zu erfinden, wie der Prozess

    des Interessenabgleichs aussehen sollte, welche Ent-

    scheidungsregeln gelten und wie bei mglichen Konflik-

    ten zu verfahren ist. Gleichzeitig bernehmen alle Beteilig-

    ten explizit Verantwortung fr den Kita-Alltag. Gelingen die

    Vertragsaushandlungen und fhren sie zu einem lebba-

    ren, freilich immer auch revidierbaren Ergebnis, dann ist

    die Kita zu einem demokratischen Lernort fr alle Beteilig-

    ten geworden und damit zu etwas ganz anderem als

    einer herkmmlichen staatlichen Institution mit nicht ver-

    handelbaren Vorgaben.

    Zu einer demokratisch ambitionierten Schule gehrenheute ebenso Vertrge wie zu verschiedenen Modellen

    der schulischen Gewaltprvention. Schler und Lehrer

    handeln, gelegentlich auch mit Beteiligung der Eltern, z. B.

    aus, welche Verhaltensweisen sie wechselseitig voneinan-

    der erwarten und welches Schulklima sie sich wnschen.

    Wird gegen die Leitlinien eines zivilen, anerkennenden

    und respektvollen Umgangs verstoen, treten zuvor aus-

    gehandelte Sanktionsinstanzen und mechanismen in

    Kraft, die einen fixierten Sanktionskatalog umsetzen. Die

    Festlegung auf zivile Umgangsformen ist fr alle Beteilig-

    ten verbindlich, aber in der Regel keineswegs selbstver-stndlich. Dies gilt fr Lehrer wie fr Schler gleicherma-

    en. Sie machen die Schule potentiell zu einem zivilen

    und angstfreien Ort und verbessern damit nebenbei die

    Lernbedingungen.

    Jugendpolitik Come in Contract: Dieses aktuelle Fr-

    derprogramm des Deutschen Bundesjugendrings umfasst

    121 Einzelprojekte in 14 Bundeslndern zu einer Flle von

    Themen (z. B. Soziale Gerechtigkeit, Bildung, Ausbildung,

    Gewalt, Umwelt, Europische Union). Gemeinsam ist

    ihnen die Methode: Jugendliche schlieen Vereinbarun-

    gen mit EntscheidungstrgerInnen aus Politik und Wirt-

    schaft ber die Umsetzung ihrer Forderungen und Wn-

    sche. Aus der Perspektive der Jugendlichen bedeutet dies

    eine Absage an symbolische Beteiligungsangebote: Der

    warme Hndedruck hat ausgedient; der Jugend ein Ohr

    leihen, ist nicht das, was Come in Contract fordert. Viel-

    mehr soll mit Jugendlichen als VertragspartnerInnen auf

    Augenhhe debattiert werden. Das Programm, das eine

    Hchstfrdersumme von 5.000 Euro pro Projekt vorsieht, ist

    ein Teil des Aktionsprogramms fr mehr Jugendbeteili-

    gung des BMFSFJ, der Bundeszentrale fr politische Bil-

    dung und des Bundesjugendrings. Eine Broschre mit Pra-xisbeispielen (Deutscher Bundesjugendring 2008) lsst

    deutlich werden, dass es sich um ein Frderprogramm

    handelt, das Verantwortliche in die Pflicht zu nehmen ver-

    sucht, die Forderungen von Jugendlichen aufzugreifen

    und umzusetzen. Es reagiert auf eine gnzlich unzulngli-

    che Beteiligungssituation in der Bundesrepublik. Das Kon-

    traktmodell will Verbindlichkeiten zwischen Trgern und

    Jugendlichen auf gleicher Augenhhe ermglichen.

    Der aktivierende Modus ist unbersehbar: Nur wer was

    macht, kann auch verndern lautet ein Motto dieser

    Kampagne.

    Augsburger Sozialpaten: Beim Modell der Augsburger

    Sozialpaten geht es u. a. darum, Menschen vor dem

    Abrutschen in die Obdachlosigkeit zu bewahren. Akteure

    VIII. PRAKTISCHE RELEVANZ UND GESELLSCHAFTLICHE PRAXIS

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    18/2018

    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    sind die Kommune in Form der Stadtverwaltung, die Wirt-

    schaft in Gestalt der rtlichen Wohnungsgesellschaft

    sowie Akteure der Brgergesellschaft, die freiwilligen Sozi-

    alpaten. Das herkmmliche Szenario sah aus wie folgt: Ein

    Mieter verursacht Probleme im Zusammenhang mit seiner

    prekren Situation (ausbleibende Mietzahlungen, Ver-

    wahrlosung der Wohnung usw.). Die Wohnungsgesell-

    schaft schickt Mahnungen und Klagebriefe und setzt den

    Betroffenen irgendwann aus seiner Wohnung heraus. Die

    Kommune greift erst ein, nachdem der Mensch zum

    sozialen Problemfall geworden ist. Sie muss sich um die

    Folgen der Obdachlosigkeit kmmern (Bereitstellung von

    Asylen, Herstellen von ffentlicher Sicherheit usw.). Das

    neue Modell sieht eine neue Aufgabenteilung vor: Die

    Wohnungsgesellschaft wendet sich im Bedarfsfall an die

    Kommune und meldet den schwierigen Fall. Die Stadt-

    verwaltung garantiert der Wohnungsgesellschaft ihre Miet-

    einnahmen und setzt einen Sozialpaten ein, der sich umden in Not Geratenen kmmert und mit ihm Wege aus

    seiner prekren Lage sucht. Man richtet die Wohnung wie-

    der her und kmmert sich gemeinsam um die Inan-

    spruchnahme sozialer Leistungen, geht zur Schuldnerbe-

    ratung usw. Die Wohnungsgesellschaft kommt dem

    Betroffenen entgegen, indem Lsungen fr den Mietrck-

    stand oder die Renovierung gesucht werden. Der Gewinn

    liegt fr alle Seiten auf der Hand: Der Betroffene entgeht

    der Obdachlosigkeit und dem Abrutschen ins soziale

    Abseits. Die Kommune bekmpft Obdachlosigkeit bereits

    im Aufkommen und produziert dadurch ein Stck Wohl-

    fahrt, was sie ohne das brgerschaftliche Engagement

    nicht bewerkstelligen knnte. Die Wohnungsgesellschaft

    hat keine Mietausflle und weniger Verwahrlosung in

    ihrem Wohnungsbestand. Die engagierten Sozialpaten

    erfahren ein hohes Ma an Wertschtzung und Anerken-

    nung, da sie auf eine deutlich sichtbare Leistungsbilanz

    blicken knnen. Diese Konstellation erzeugt wechselseiti-

    ges Vertrauen: Die Kommune erlebt sich als Problemlser,

    der Rechtsfrmigkeit und korrekte Verfahren garantiert und

    genau damit den Partnern aus Wirtschaft und Brgerge-

    sellschaft Handlungsspielrume erffnet, die sie sonst

    nicht htten. Die Wirtschaft sieht, dass sie konomisch

    besser dasteht, als wenn sie das Problem laufen liee,

    und dass die Kommune nicht einfach das Problem los-

    werden will, sondern ernsthaft an einer Lsung unter Ein-

    beziehung brgergesellschaftlicher Akteure interessiert ist.

    Die Brgergesellschaft schlielich bernimmt eine Rolle,die sie nur aufgrund ihrer spezifischen Handlungslogik

    (Hilfsbereitschaft, brgergesellschaftliche Solidaritt) aus-

    fllen kann. All das kann nur funktionieren, wenn alle Betei-

    ligten sich in einem stndigen Kommunikations- und Aus-

    tauschprozess befinden. Jeder Fall ist anders und erfor-

    dert eine individuelle Lsung. Die kontraktualistischen Ele-

    mente des Modells sind unbersehbar und doch nicht

    standardisierbar. Das macht das Besondere an der Situa-

    tion aus.

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    19/2019

    Serge Embacher/Roland Roth Ein Neuer Gesellschaftsvertrag

    Unter den Vorzeichen tiefgreifender gesellschaftlicher

    Strukturvernderungen zeichnen sich neue Formen der

    gesellschaftlichen Arbeits- und Verantwortungsteilung zwi-

    schen Staat, Wirtschaft und Brgergesellschaft ab. Imbesten Falle fhren diese neuen Formen zu multiplen

    Neuen Gesellschaftsvertrgen, die in ihrem Insgesamt

    potentielle Zeichen einer Vitalisierung der Demokratie

    unter den Vorzeichen einer aktiven Brgergesellschaft

    sind. In diesem Szenario bringen engagierte Brgerinnen

    und Brger ihre Erfahrungen und Fhigkeiten in die prakti-

    sche Gestaltung des Gemeinwesens ein. Dabei werden

    sie von einem beteiligungsoffenen Staat untersttzt, der

    das Engagement frdert und ermglicht. Die neue Qua-

    litt zeigt sich auch darin, dass Unternehmen bereit sind,

    ihre Kompetenzen zum Wohl des Gemeinwesens einzu-bringen und dabei auch die ffentliche Debatte ber Sta-

    tus und Bedeutung unternehmerischen Handelns fr die

    Gesellschaft nicht scheuen.

    Positiv bleibt festzuhalten, dass die Debatte um den

    Neuen Gesellschaftsvertrag sich einer zunehmenden

    Resonanz erfreut. Offenbar gibt es ein weit verbreitetes

    Bedrfnis, sich ber Konstituentien der gesellschaftlichenIntegration auszutauschen und Orientierung zu gewinnen

    in einer Gesellschaft, deren Strukturen sich erfahrbar ver-

    ndert haben und noch verndern. Die Praxis der kleinen

    Gesellschaftsvertrge scheint weiter fortgeschritten als

    die wissenschaftliche und ffentliche Debatte. Das ist

    insofern berraschend (und positiv), als es lange Zeit so

    aussah, als liee die postmoderne Welt nach dem Ende

    der Groen Erzhlungen (Lyotard) keinen Raum mehr fr

    solch grundlegende Auseinandersetzungen. Die

    Geschichte geht eben doch immer weiter. Sie ist nach

    vorne offen und demokratisch gestaltbar.

    IX. FAZIT

  • 7/31/2019 CCCDebatte04 Ein Neuer Gesellschaftsvertrag 2010

    20/20

    Verantwortlich

    CCCD - Centrum fr Corporate Citizenship Deutschland

    Kollwitzstr. 73

    10435 Berlin

    Lektorat: Serge Embacher

    Gestaltung

    Nepenthes Digital Media Services

    www.nepenthes.biz

    Auflage: 1.500

    Berlin 2010

    gefrdert vom: