Chemielogistik (Markt, Geschäftsmodelle, Prozesse) || Logistikanforderungen des Chemieparkmanagers
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5Logistikanforderungen des ChemieparkmanagersErnst Grigat
5.1Einleitung
Die Standorte der deutschen Chemieindustrie weisen heute im Vergleich zurSituation Ende der 1980er Jahre ein deutlich verändertes Profil auf. Zu jener Zeitwurden erste Auswirkungen der Globalisierung und die Fokussierung vormalsbreit diversifizierter Konzerne der chemischen Industrie auf ihre Kernbereicheerkennbar. Seither haben sich die Strukturen dieser Konzerne, insbesondere aberauch ihre Produktionsstandorte drastisch verändert. Aus ehemals geschlossenenWerksstandorten entwickelten sich offene Chemieparks, nun mit einer Vielzahlniedergelassener Unternehmen.Diese grundlegende Veränderung in der Unternehmenslandschaft ließ neben
den eigentlichen Produktionsunternehmen so genannte Betreibergesellschaftenentstehen, deren übergeordnetes Ziel die möglichst effiziente Nutzung der Infra-struktur durch eine hohe Dichte der niedergelassenen Unternehmen ist. Die sichdaraus ergebenden Anforderungen sind, alle Dienstleistungen zum Betreiben desStandortes zu managen, sowie den Standort weiterzuentwickeln.Im Dienstleistungsportfolio moderner Chemieparkbetreiber spielt Logistik eine
wesentliche Rolle. Die innerhalb der Logistikprozesse komplexen Aufgaben derBetreibergesellschaften werden im Folgenden dargestellt.Für ein besseres Verständnis der aktuellen Rahmenbedingungen, die insgesamt
für Chemieparkbetreiber wirksam sind, erfolgt zunächst ein kurzer Rückblick.
5.2Standortrelevante Entwicklungen der deutschen Chemieindustrie
5.2.1Wandel in der Chemieindustrie
Mit der Globalisierung und dem sich weltweit verschärfenden Wettbewerb wuchszu Beginn der 1990er Jahre das Kostenbewusstsein der Branche. Einzelne Unter-
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Chemielogistik: Markt, Geschäftsmodelle, Prozesse, 1. Auflage. Herausgegeben von Carsten SuntropCopyright © 2011 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
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nehmen und Konzerne fokussierten auf ihre Kernkompetenzen: Sie strukturiertensich neu, gliederten Unternehmensteile aus, die nicht zum eigentlichen Kern ihresGeschäfts gehörten, und akquirierten Teile anderer Konzerne, die das eigenePortfolio gut ergänzten. Die grundlegenden Veränderungen in der Branche führ-ten unter anderem dazu, dass der Stellenwert der Logistik deutlich wuchs undseitdem als strategisch wichtiger Faktor gilt.
5.2.2Entstehung von Betreibergesellschaften
Im Zuge der Umstrukturierungen gliederten einzelne Konzerne auch das Betrei-ben der eigenen Standorte in eigenständige Gesellschaften – die so genanntenStandortbetreiber – aus. Somit kam es zu einer klaren Aufgabenteilung: Währendfür die Produktionsunternehmen die Herstellung und der Absatz ihrer Produkteim Vordergrund stand, bildeten Betrieb und Entwicklung der Standorte das Kern-geschäft der Standortbetreiber. Durch die Umstrukturierungen der Industriezählten fortan erweiterte und auch neue Aufgaben zur deren Verantwortung.Die ehemals geschlossenen Werksstandorte wurden zu „Chemieparks“ oder
„Industrieparks“ und öffneten sich für externe Ansiedlungen. Während bereitsdie Neustrukturierung der Konzerne eine erhöhte Anzahl der ansässigen Firmenmit sich brachte, siedelten sich nun auch von extern neue Unternehmen an denStandorten an.Mit dieser Transformation bildeten sich auch die drei Grundfunktionen für das
Bewirtschaften der neuen Standortlandschaft aus: der Standort selbst, der Stand-ortbetrieb und das Standortmanagement.Unter Standort versteht man die Lage und Flächen. Die Verantwortung dafür
trägt der Eigentümer. Die zum Betrieb des Standortes notwendigen Infrastruktur-dienstleistungen werden von einem oder mehreren Betreibergesellschaften ange-boten und verantwortet. Der Standortmanager ist verantwortlich für Kunden- undBetreiberportfolio sowie die Beibehaltung und Erhöhung der Standortattraktivität.Diese drei Grundfunktionen können in einer einzigen Gesellschaft vereinigt seinoder von mehreren Gesellschaften wahrgenommen werden.Auf Grund der höheren Komplexität von Logistikprozessen an Chemiepark-
standorten ist das klare Unterscheiden zwischen Betreiber- und Managementfunk-tionen sehr wichtig. Der erhöhten Komplexität der Logistikprozesse müssenStandortmanager und -betreiber mit geeigneten Konzepten begegnen. Ein Beispielhierfür ist die so genannte Kontraktlogistik. In dem Maße, in dem sich produzie-rende Unternehmen stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrierten, nahm auch ihreBereitschaft zu, das Steuern und Abwickeln komplexer Logistikketten externenDienstleistern – wie den Standortbetreibern – zu übertragen.
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5.3Wie lässt sich logistische Komplexität an Chemiestandorten managen?
5.3.1Philosophie und Funktion eines Standortmanagers
Die im ersten Kapitel dargestellten Entwicklungen in der Chemieindustrie und dieBesonderheiten an den jeweiligen Chemieparkstandorten bestimmen Philosophieund Portfolio eines Standortmanagers. In dieser Funktion ist er Berater für Che-mieparkfirmen und potenzielle Investoren.Vorrangige Aufgabe ist es, am Standortdurch entsprechende Planung und Steuerung günstige Rahmenbedingungen zuschaffen. Günstig bedeutet an dieser Stelle, dass Standortbetreiber oder Betrei-bergesellschaften wettbewerbsfähige Dienstleistungen erbringen müssen. Zusätz-lich muss durch ebenso komplexe wie angemessene Regelwerke für eine umfas-sende Sicherheit gesorgt sein.
5.3.2Anforderungen und Aufgaben des Managers
Der Standortmanager plant, steuert und kontrolliert die wirtschaftliche, technischeund partnerschaftliche Entwicklung des Standortes.Zu den wirtschaftlichen Belangen zählen als Schwerpunkte die erfolgreiche
Entwicklung des Kundenportfolios sowie das aktive Management der Betreiberge-sellschaften. In Abstimmung mit den Kunden und Eigentümern muss ein für denStandort optimaler Fit von Infrastrukturbetreibern gefunden werden. Bei derErweiterung oder Verringerung des Portfolios sind Kriterien wie Wettbewerbser-höhung bzw. Monopolvermeidung, angemessene Kapazitäten, Preisoptimierungfür die Standortkunden und Sicherstellung von Umwelt-, Sicherheits- und Quali-tätsstandards maßgeblich.Die technische Weiterentwicklung enthält insbesondere die Aufgaben des Ver-
bund- und Flächenmanagements sowie der Infrastrukturplanung. Darin enthaltenist die Schaffung von Transparenz über die Produktströme zwischen den einzel-nen Produktionsschritten der Standortkunden. Diese Transparenz ermöglicht esdem Standortmanager, die Standortkunden bei der weiteren Optimierung ihrerSupply Chain aktiv zu unterstützen.Zur Entwicklung einer partnerschaftlichen Gemeinschaft innerhalb eines Che-
mieparks tragen Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation bei. Auch das Einhal-ten von Sicherheits- und Umweltschutzbedingungen und die Interaktion mit denangesiedelten Unternehmen sind unerlässlich. Bei der Kundeninteraktion stehtdie mittel- und langfristige Entwicklung des Kunden am Standort im Vordergrund.Um diese Entwicklung – und damit Investitionen – erreichen zu können, sindZufriedenheit mit der Gesamtheit der Infrastrukturdienstleister, Zulieferer undKundensituation, strategische Entwicklung des Kundenstandortportfolios, wirt-schaftliche Perspektiven und gemeinsame Optimierungsansätze vonnöten.
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5.3.3Rahmenbedingungen für Logistik an den Standorten
Entsprechend der gewachsenen Komplexität von Chemieparkstandorten und imRahmen seiner vorgenannten Aufgaben ist es heute das Ziel eines Standortmana-gers, optimale Bedingungen für das Miteinander der Standortkunden zu schaffen.Logistik ist hierbei ein zentraler Bereich. Der selbstverständliche und hochpro-fessionelle Umgang mit festen, flüssigen und gasförmigen Gefahr- und Nicht-gefahrgütern trägt entscheidend zur Attraktivität eines Standortes bei.
5.3.3.1 Kombination zentraler Elemente mit individuellen AngebotenFür Investoren sind Synergieeffekte aus Produkt-, Infrastruktur- und Serviceverbundwichtig. Den am Standort angebotenen logistischen Dienstleistungen kommt hier-bei eine besondere Bedeutung zu.Nicht zuletzt durch Logistik- und Verkehrskonzepte wird die Entwicklung eines
Standortes vorangetrieben. Dennoch unterscheiden sich die einzelnen Betrei-berfirmen deutlich hinsichtlich Konzeption und Realisierung standortgebundenerLogistik.Standortmanager haben die Möglichkeit, wahlweise nur Infrastruktur für die
logistischen Prozesse ihrer Kunden bereitzustellen. Darunter ist beispielsweise dasVorhalten von Bahnanlagen mit Anschluss an regionale und überregionale Ver-kehrsnetze zu verstehen. Auch das Heranführen dieser Einrichtungen an dieProduktionsanlagen der Kunden, zum Beispiel das Einrichten von Hafenanlagenfür den Güterumschlag, gehört hierzu. Und nicht zuletzt errichtet und betreut derStandortmanager ein eigenes Straßenverkehrsnetz, um An- und Abtransporte perLkw zu ermöglichen.Eine Ausweitung dieser Aufgaben kann durch strategische Logistik-Assets be-
dingt sein. Hier wären beispielsweise Umschlaganlagen für Güter aller Art,Containerterminals für Kombiverkehre, Tanklager oder Lager für Stückgüter zunennen. Der Standortmanager errichtet diese Assets in der Regel selbst oder erbeauftragt geeignete Unternehmen. Auch das Betreiben kann vom Standortmana-ger, durch ein Dienstleistungsunternehmen oder durch den Kunden selbst erfol-gen. Denkbar ist außerdem, dass Kunden in Abstimmung mit dem Standort-betreiber ihr Logistikkonzept mit einem Dienstleister abwickeln.Aus den vorgenannten Kriterien lässt sich aus Sicht des Standortmanagers die in
Abbildung 5.1 dargestellte Anforderungsmatrix für Logistikdienstleistungen ineinem Chemiepark ableiten.Die dargestellten Dienstleistungsmodelle erklären sich wie folgt:Standortlogistiker – monopolistischer Logistikdienstleister am Standort; his-
torisch in vielen Fällen eine Ausgliederung aus der Betreibergesellschaft odereinem Standortkunden; kann eigene Logistik-Assets besitzen.Freier Wettbewerb – Zugang für jeden Logistikdienstleister, nicht originär aus
dem Standort, in der Regel spezialisiert auf einzelne Logistikbereiche; Standort-kunde hat freie Entscheidung über Auswahl; Dienstleister kann eigene Assetserrichten bzw. Einrichtungen des Kunden nutzen.
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Eingeschränkter Wettbewerb – grundsätzlich wie freier Wettbewerb; auf Grundörtlicher Besonderheiten (z. B. eingeschränkte Flächen) kann Standortmanager inAbstimmung mit Standortkunden nur beschränkt Wettbewerb zulassen; Dienst-leister kann eigene Assets errichten bzw. Einrichtungen des Kunden nutzen.
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Abb. 5.1 Anforderungen des Chemieparks an die Logistik.
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5.3.4Bedürfnisse des Kunden
Um Logistik- und Verkehrskonzepte optimieren und weiterentwickeln zu können,wird der Standortmanager in geeigneten Zeitabständen den Status quo der Logistik-Assets aufnehmen. Diese Untersuchung umfasst in der Regel die Auslastung derVerkehrsträger und Anlagen, den technischen Zustand der Anlagen sowie diePrüfung auf mögliche oder erforderliche Kapazitätsanpassungen (Abbildung 5.1).Als Maßstab ist der jeweils aktuelle Bedarf der Standortkunden und potenziellenInvestoren anzusetzen.Nach Auswertung dieser Analysen und unter Betrachtung und Bewertung der
aktuellen Trends in der Logistikbranche definiert der Manager, welche Anlagenund Logistikketten als zentrale und strategische Assets für den GesamtprozessLogistik an den Standorten einzustufen sind und entwirft entsprechende Szena-rien nach seiner Einschätzung.Mögliche Bewertungskriterien für diese Analyse sind folgende:
• Randbedingungen, mit denen die Kunden ihr individuelles Logistikkonzept dar-stellen – wie Produktspezifikationen, Notwendigkeit produktionsnaher Logistik,Besonderheiten für Verkehrsträger, Vertriebswege regional und überregional etc.
• Einschätzung der aktuellen logistischen Rahmenbedingungen im Chemieparkdurch den Kunden und Angabe von Verbesserungspotenzial bei Verkehrsträ-gern oder Anlagen
• Definition des Bedarfs an Logistikleistungen oder -anlagen, die Kunden imChemiepark nicht vorfinden, aber aus ihrer Sicht zur Verbesserung von Pro-zessen benötigen
• Information über die für logistische Prozesse relevanten Geschäftsplanungendes Kunden (Neugeschäfte, Erweiterung bzw. Verlagerung von Produktionen,Investitionen, Desinvestitionen, Zukunftsszenarien)
• Überprüfen bzw. Abgleich des individuellen Bedarfs für einzelne Leistungs-bereiche der Logistik (Flüssigkeits- oder Stückgutlagerung, Containerumschlagetc.) mit Aufgaben der Kunden.
Auf Grundlage der abgefragten Kundenaussagen (Abbildung 5.2) kann für alleLogistikbereiche (Binnenschiff, Bahnverkehre, Containerumschlag und -lagerung,Klein- und Großgebinde-Abfüllung, Tanklager, Lkw-Abfertigung und Stückgutla-ger) ein detailliertes Bedarfsprofil für jeden Kunden erstellt werden (Beispiel-kunden in Abbildung 5.3 und Abbildung 5.4).In gleicher Weise sollte eine Chancen- und Risikobewertung erfolgen. Im
untersuchten Fall, aus dem die vorgenannte Analyse abgeleitet wurde, hat sichgezeigt, dass zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse je nach Lösungsansatz – vonder kundenindividuellen Lösung bis hin zu einer zentralen Lösung – Teiloptimie-rungen bzw. komplette Erneuerungen von Logistikeinrichtungen notwendig waren(Abbildung 5.5).
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Für Kunden eines Chemieparks bringt eine solche übergeordnete Betrachtungder Logistikketten einen Mehrwert. Sie unterstützt die Konzentration auf dasKerngeschäft und ermöglicht effizienten Ressourceneinsatz. Der angemeldeteBedarf der Kunden zeigt dem Standortbetreiber, dass gute Logistik mehr ist alsdie Summe optimierter Teilprozesse. Zwar kann es sein, dass durch die Verän-derung eines Teilprozesses Kosten punktuell reduziert oder die Effizienz eines
Ist-Situation Mögliche Bedarfe Zukunft
Containerumschlag
Stückgutlagerung
Verladekonzepte
Wechselbrücken-konzepte
Lagerung von Flüssigkeiten
Konfektionierung/Kommissionierung
Vorlauftransporte
Kriterien für dieEntwicklung von
Logistikkonzepten
Veränderungen in der Entsorgungs-
logistik ,Produktionskapaz.
Ausfallstrategienfür Probleme in der
Logistikkette
HeutigeEinschränkungen/
Probleme
Defizit an Logistikleistungen/
Assets
Fragenkatalog
KUNDE
Abb. 5.2 Abfrage der Kundenbedürfnisse.
Logistische Bedeutung:• Lkw-Transporte große Bedeutung• Bahn und Binnenschiffe geringe Bedeutung• Stückgutlager für Vor- und Fertigprodukte von erheblicher Bedeutung
• Kleingebindeabfüllung im Produktionsprozess• Rohstoffe teilweise über Rohrnetz
Logistische Entwicklung:• Betriebsnahe Logistik mit kurzen Auf-Lager-Verkehren, gut funktionierende Rohstoffversorgung und permanente Entsorgungssicherheit
Chancen:• Instandhaltung für ISO-
Tankcontainer• Erweiterung Lagerkapazitäten/
-funktionen für ISO-Tank-container
• Erweiterung Stückgutlager-kapazitäten (10000 PP)
• Erweiterung Kleingebinde-abfüllung im Betrieb (ggf. mobil aus BKW, TC)
Fazit:• Optimale Standortlogistik ist ein Kriterium für die Attraktivität des Standortes (Kundeninterner Standortwettbewerb)
• Schaffung von Wettbewerbs-fähigkeit der Standortlogistik
Risiken:• Zu hohe Standortkosten (Wettbewerbsfähigkeit)
• Nicht zufriedenstellende Beprobung am Autohof
• Eingeschränkte Entsorgungs-sicherheit
Abb. 5.3 Kundenprofil A. BKW = Bahn–Kesselwagen, TC = Tank–Container.
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Ablaufs gesteigert werden können. Dies zieht aber nicht automatisch auch eineVerbesserung des Gesamtprozesses nach sich. Dazu bedarf es einer ganzheitli-chen Betrachtung der Logistikketten eines Standortes und seiner Region.
5.3.5Auswahl der Logistikdienstleister
Die Wahl der Logistikpartner wird in der Regel von den Produktionsunternehmengetroffen. Einige von ihnen pflegen Geschäftsbeziehungen zu mehreren Dienst-
Logistische Bedeutung:• Lkw-Transporte, Binnenschiff und Bahn sind von
großer Bedeutung• Stückgutlager für Vor- und Fertigprodukte ist von
erheblicher Bedeutung• Kleingebindeabfüllung im Produktionsprozess• Rohstoffe z. T. über Rohrnetz oder LKW, TC, BKW,
Bischi• Tanklager
Logistische Entwicklung:• Logistik ist nicht Kernkompetenz, so dass auf
Dienstleister mit eigenen Anlagen zurückgegriffen wird
• Entwicklung im Chemiepark nur gegebene, wenn Marktpreise erreicht werden
• Qualität und Service werden vorausgesetzt, der Preise entscheidet
Chancen:• Vorladekonzepte• Zentrales Stückgutlager• Vorlaufkonzepte• Ansiedlung neuer Produktions-
anlagen• Ausbau Tanklagerkapazitäten
Fazit:• Schaffung von Wettbewerbs-
fähigkeit der Standortlogistik• Schaffung der WE/WA-
Prozesse zur Reduzierungvon Frachtraten
• Keine Mengen-Commitments
Risiken:• Zu hohe Standortkosten (Wettbewerbsfähigkeit)
• Abwicklungszeiten Lkw-Eingang/-Ausgang
• Fehlende Informationen über standortbezogeneWarenbewegungen
Abb. 5.4 Kundenprofil B.
Lösungsreich-weite
Erneuerungsgrad
KompletteErneuerung
Teiloptimierung
Kunden-individuelleLösung
Standort-/Zonen-Lösung
MöglichkeitStandortweiteLösung
Stückgut-Lager
Container-terminal
Vorlade-konzept
ZentralesTanklager
Gebinde-abfüllung
Autohof
Bahn-anlagen
Hafen-anlagen
Entsorgungs-logistik
Abb. 5.5 Lösungskonzepte.
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leistern, die zum Teil hochspezialisierte Leistungen anbieten. Andere Produzentenentscheiden sich dafür, Steuerung und Abwicklung ihrer gesamten Logistikabläufeeinem einzigen Logistiker zu übertragen.Für Transport, Lagerung und Umschlag der Güter aus chemischer und chemie-
naher Industrie ist das verlässliche Einhalten von Sicherheitsstandards unabding-bar. Daher müssen sich alle Standortlogistiker unabhängig von der Anzahl der vonden Dienstleistern betreuten Kunden oder vom Umfang ihrer Services am Stand-ort verpflichten, Sicherheitsauflagen des Standortmanagers und die von derIndustrie geforderten Standards einzuhalten.Viele logistische Leistungen erfordern zudem den Einsatz von Ausrüstung, die
spezielle Sicherheitsanforderungen erfüllt und technisch auf Güter verschiedenerGefährdungsklassen ausgerichtet ist. Für eine sichere Chemielogistik sind daherdas Know-How und die Erfahrung von Spezialisten gefordert. Zudem gibt es inund um Chemieparks herum zahlreiche aufwändige und zeitintensive Einzelleis-tungen, die nahtlos ineinander greifen müssen, damit die Versorgung der pro-duzierenden Unternehmen gesichert ist.Auf Grund dieser Tatsachen arbeiten Standortmanager großer Chemieparks mit
führenden Chemielogistikern zusammen.Wie dargestellt, sind die Aufgaben des Standortmanagers und seiner Logistik-
dienstleister zu unterscheiden: Es gehört zum Kerngeschäft des Standortmanagers,die Rahmenbedingungen für die Logistik an den Standorten zu definieren. DerDienstleister hingegen steuert die Abläufe für seine Kunden und erbringt konkretelogistische Leistungen. Auf Grundlage dieser klar abgegrenzten Kompetenzen gibtes für das Standortmanagement und für Logistikunternehmen Themenkomplexe,bei denen eine Zusammenarbeit sehr sinnvoll ist. Bei Planung und Umsetzung vonLogistikprojekten sowie bei unternehmens- oder betriebspezifischen Einzellösungenkönnen Manager und Logistikdienstleister gewinnbringend zusammenarbeiten.Dienstleister, Standortmanager und Kunden profitieren davon, wenn Praxis-Know-How und Gesamtsicht auf die Standortlogistik zusammenkommen.
5.3.6Regeln für Logistikinvestitionen am Standort
Die Kriterien für Investitionen in Logistikeinrichtungen (Fuhrpark, Anlagen,Immobilien etc.) hängen von unterschiedlichen Faktoren ab. Einerseits spielendie Philosophie und Konzepte von Standortkunden, -eigentümern, -betreibern und-managern eine entscheidende Rolle, anderseits hängt die Asset-Bildung von derTypisierung der Logistikunternehmen ab.In Einrichtungen mit besonderer strategischer Bedeutung wird im Allgemeinen
von Standortbetreibern oder Betreibergesellschaften investiert (z. B. Hafen- oderKaianlagen, Schienennetz für Bahnbetrieb). Logistische Einrichtungen, die fürStandortkunden besonders erfolgskritisch bzw. risikobehaftet sind, werden imAllgemeinen von diesem selbst errichtet und betrieben bzw. der Betrieb wird aneinen entsprechenden Dienstleister vergeben. In weniger kritischen Fällen wirdheute mehr und mehr die logistische Komplettaufgabe einschließlich Investition
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in die notwendigen Einrichtungen an entsprechende Dienstleister vergeben. Inallen Fällen erfolgt dies im Einklang mit dem Standortkonzept des Betreibers oderManagers. Diese bieten bei Bedarf an, Mehrfachbedürfnisse von Kunden zusam-menzufassen und eine zentrale Lösung mit Unterstützung eines Logistikdienst-leisters herbeizuführen. Hierbei kann die Betreibergesellschaft selbst investierenbzw. durch Dritte finanzieren lassen.Betrachtet man die Investitionssituation nach den Typen der Logistikunterneh-
men, so haben Spediteure und Transporteure in der Regel eine hohe Asset-Ausstattung, während bei Systemdienstleistern und Netzwerkintegratoren derAsset-Anteil relativ gering ist.
5.3.7Flächenkonzept für die Logistik
Innerhalb seiner Aufgaben betreibt der Standortmanager bei der technischenWeiterentwicklung seines Standortes ein Flächenmanagement. Damit wird überdie am Standort zur Verfügung stehenden Flächen und deren Einsatzmöglich-keiten Klarheit geschaffen. Infrastrukturdienstleister wie Logistikunternehmenwerden vorzugsweise in Randzonen angesiedelt. Damit erreicht man unter ande-rem eine Entlastung der Kernbereiche des Standortes von externen Transport-verkehren und eine einfachere Abwicklung von Dienstleistungen mit externenKunden durch den entsprechenden Standortlogistiker.
5.3.8Attraktivität für Neuansiedlungen
Aus Sicht des Standortmanagers bildet das Logistik- und Verkehrskonzept einesChemieparks die Klammer für die vorhandene Infrastruktur und die logistischenAktivitäten an den Standorten. Als dynamische Planungs- und Handlungsgrundlagekann das Konzept kontinuierlich weiterentwickelt werden. Das Standortmanage-ment muss dazu den Überblick behalten, wo in den Prozessketten Optimierungs-potenzial zu heben ist. Nur so lässt sich einer Fragmentierung von Logistikpro-zessen vorbeugen.Für ein solches Konzept ist eine Voraussetzung, dass Branchentrends frühzeitig
erkannt, erforderliche Handlungen abgeleitet und umgesetzt werden. Der Stand-ortmanager erhöht damit die Attraktivität des von ihm betreuten Chemieparks fürInvestitionen. Dabei ist von grundlegender Bedeutung, dass das Konzept über dieGrenzen der Standorte hinaus mit den logistikrelevanten Gegebenheiten derRegion verknüpft bzw. aktiv in diese eingebunden ist (z. B. moderne Verkehrs-konzepte mittels Kombiverkehre, Anbindung an die Hinterlandverkehre interna-tionaler Seehäfen). Denn die logistische Attraktivität eines Standortes ergibt sichnicht allein aus dem Vorhandensein eines gut funktionierenden, internen Logistik-ansatzes, sondern sie ist vielmehr die Summe aus dem internen und regionalenlogistischen Angebot (Anbindung an regionale und überregionale Verkehrsnetzeüber Straße, Bahn und Wasser).
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Die in den heutigen Chemieparks ansässigen Unternehmen (Kunden) stellenmeist unterschiedliche Anforderungen an Servicespektrum und Leistungstiefe derLogistik, die wiederum in individuelle Logistiklösungen münden. Die Pool-Nutzungvon zentralen Assets, wie Transporteinrichtungen, Stückgut- oder Tanklagern, Con-tainerterminals, Hafenanlagen oder Servicestationen, bietet den Unternehmen dieMöglichkeit, eigenen Leistungsaufwand und damit Kosten zu reduzieren.Entsprechend sollte ein Logistik- und Verkehrskonzept eines Standortmanagers
zentrale Elemente unterstützend zu den individuellen Einzellösungen der Kundenanbieten. Im Gesamtbild jeder Standortlogistik muss so ein Spagat zwischen Pool-Lösungen und speziellen Servicekonzepten geschafft werden.Zentrale logistische Einrichtungen unterstützen die individuellen Bedarfe der in
Chemieparks ansässigen Unternehmen. Die Erfahrung zeigt aber auch, dassLeistungen, die zunächst nur von einem einzelnen Unternehmen benötigt wer-den, auch für andere Firmen von Interesse sein können. Der Bedarf eines Unter-nehmens kann daher für den Betreiber ein Ansatzpunkt sein, zu prüfen, inwieweitsich Synergieeffekte ergeben können. Ist das der Fall und schafft der Chemiepark-manager dann die Voraussetzungen für die Leistungserbringung, kann das kurz-oder mittelfristig zu einem wichtigen Vorteil für den gesamten Standort werden.
5.4Fazit und Ausblick
Damit sich auch künftig vorrangig Chemieproduzenten und chemienahe Dienst-leister in den Chemieparks ansiedeln, muss der Standortbetreiber die für diechemische Industrie spezifische Infrastruktur vorhalten. Sicherheit hat hier vorallen anderen Aspekten oberste Priorität.In den nächsten Jahren wird der Fokus an den Standorten weiter auf den
Themen „Optimierung der produktionsnahen Logistik“ und „Prozessoptimierungkomplexer Logistikketten“ liegen. Für Produktionsunternehmen ist es ideal, wennsie sich um das Abfüllen, das Lagern und den Transport von Stoffen oder Güternnicht mehr selbst kümmern müssen.Die Standortmanager sehen es als ihre Aufgabe an, bedarfsgerechte zentrale
Lösungskonzepte gemeinsam mit Chemielogistikern zu entwickeln und umzuset-zen. Zentrale Logistikprozesse sollen hierbei ein Andocken unmittelbar an indivi-duelle Logistiklösungen von Chemieparkpartnern ermöglichen und diese unter-stützen. Höhere Professionalität bei gleichzeitiger Flexibilisierung der Abläufesteht dabei im Vordergrund. Das partnerschaftliche Miteinander zwischen Stand-ortmanager und kompetenten Logistikdienstleistern wird auch zukünftig ein ent-scheidendes Kriterium für Standortattraktivität sein.Das erfolgreiche Management einer effizienten und sicheren Chemielogistik ist
ein Prozess, der niemals abgeschlossen sein dürfte. Dynamische Konzepte, dieKundenbedarf und Marktentwicklung harmonisieren, sind hierzu unerlässlich.
5.4 Fazit und Ausblick 123