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VERMESSUNGSKUNDE III Bachelor Vermessungswesen Vorlesung f¨ ur das 3. Semester Wilfried Korth Stand: 5. Oktober 2009 HINWEIS: Das nachfolgende Skript soll die Vorlesung unterst¨utzen. Es ist nicht auszuschließen, daß sich noch Fehler eingeschlichen haben. Ich bin f¨ur Hinweise zu solchen Fehlern aber auch f¨ur andere An- merkungen und Verbesserungsvorschl¨ age dankbar. Ausschlaggebend f¨ur die Klausur am Semesterende ist nicht dieses Skript, sondern der in der Vorlesung vermittelte Stoff!

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VERMESSUNGSKUNDE III

Bachelor Vermessungswesen

Vorlesung fur das 3. Semester

Wilfried Korth

Stand: 5. Oktober 2009

HINWEIS:Das nachfolgende Skript soll die Vorlesung unterstutzen. Es istnicht auszuschließen, daß sich noch Fehler eingeschlichen haben.Ich bin fur Hinweise zu solchen Fehlern aber auch fur andere An-merkungen und Verbesserungsvorschlage dankbar.Ausschlaggebend fur die Klausur am Semesterende ist nicht diesesSkript, sondern der in der Vorlesung vermittelte Stoff!

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INHALTSVERZEICHNIS 2

Inhaltsverzeichnis

1 Lagefestpunktfelder (Wiederholung) 5

2 POLYGONIERUNG (linienhaft) 6

2.1 Polygonierung zur Bestimmung von AP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.2 Entwurf, Messung, Berechnung und Genauigkeit von Polygonzugen . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.2.1 Entwurf & Erkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.2.2 Vermarkung & Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.2.3 Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.2.4 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.2.5 Genauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.3 Sonstige Polygonzuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.4 Anschluß an Hochpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3 POLARE PUNKTBESTIMMUNG/ -ABSTECKUNG 13

3.1 Polare Punktbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3.2 Freie Stationierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.3 Polare Punktabsteckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

4 BESTIMMUNG VON AP-NETZEN 17

4.1 Planung und Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

4.2 Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

4.3 Ausgleichung/Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

5 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 20

5.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

5.2 Instrumente zur tachymetrischen Gelandeaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

5.3 Hohenlinien und Gelandedarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

5.4 Gelandeaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 24

6.1 Planung, Vorbereitung und Punktverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

6.2 Aufnahme und Registrierung mit elektronischen Messsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

6.3 Automatischer Datenfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

6.4 Graphisch-interaktive Bearbeitung im Innendienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

6.5 Graphisch-interaktive Bearbeitung im Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

6.6 Einsatz RTK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Vermessungskunde fur das 3. Semester (Stand: 5. Oktober 2009)

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INHALTSVERZEICHNIS 3

7 DIGITALE GELANDEMODELLE (DGM) 33

7.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

7.2 Digitales Hohenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

7.3 Digitales Landschaftsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

8 Hybride Vermessung 34

9 KALIBRIERUNG ELEKTRONISCHER MESSYSTEME 35

9.1 Kalibrierung von EDM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

9.2 Grundsatze zur Anlage von Vergleichsstrecken und zur Durchfuhrung von Kalibrierungsmessungen 35

9.3 Korrektion und Reduktion elektrooptisch gemessener Distanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

9.3.1 Instrumentell bedingte Korrektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

9.3.2 Atmospharisch bedingte Korrektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

9.3.3 Geometrische Reduktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

9.4 Zur praktischen Anwendung der Reduktionsformeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

9.4.1 Vereinfachungen/Naherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

9.4.2 Zusammenfassung der wichtigsten Korrektionen und Reduktionen . . . . . . . . . . . 43

9.5 Kalibrierung von GPS-Antennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

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1 LAGEFESTPUNKTFELDER (WIEDERHOLUNG) 5

1 Lagefestpunktfelder (Wiederholung)

• amtliche Festpunktfelder werden von den Vermessungsverwaltungen angelegt und lau-fend gehalten (heute teilweise auf dem Wege der Vergabe von Leistungen)

• das amtliche Lagefestpunktfeld ist hierarchisch gegliedert(Netz I. Ordnung −→ . . .−→ Aufnahmenetz)

• das Aufnahmenetz stellt die Anschlußpunkte fur Lagemessungen zur VerfugungBisher/fruher:

– in den alten Bundeslandern Gauß-Kruger-Koordinaten bezogen auf das Bessel-Ellipsoid (Lagestatus 100)

– in den neuen Bundeslandern weitgehend Gauß-Kruger-Koordinaten bezogen auf dasKrassowski-Ellipsoid (Lagestatus 150)Ausnahmen: Thuringen und Sachsen

– in Berlin Soldner-Koordinaten (Lagestatus 500 und 600)Ausnahme Lagestatus 610, 620, 630 im alten Lagefestpunktfeld

• Zukunftig: nach Beschluß der Arbeitsgemeinschaften der Vermessungsverwaltungen(AdV) einheitlich fur Gesamtdeutschland UTM-Koordinaten bezogen auf das GRS80-Ellipsoid (Lagestatus 489)Grundlage dieses neuen Systems sind hierarchische GPS-Netze (EUREF, DREF, C-Netze)

Gliederung des Deutschen Hauptdreiecksnetzes (DHDN):

Ordnung Punktabstande Vermarkung1. durchschnittlich 30 bis 50 km Pfeiler2. durchschnittlich 10 bis 20 km Pfeiler3. durchschnittlich 3 bis 10 km unterschiedlich4. durchschnittlich 1 bis 3 km unterschiedlich (in Brandenburg: Pfeiler)

Vermarkung trigonometrischer Punkte:

• trigonometrische Punkte des DHDN sind aufwendig durch oberirdische Pfeiler und un-terirdische Vermarkungen (Platten) vermarkt

• zusatzlich sind unterirdische Sicherungsvermarkungen eingebracht

Die Punktnummerierung erfolgt in Nummerierungsbezirken nach den topographischen Karten.

Das Berliner Lagefestpunktfeld:

• Gliederung in Ubergeordnetes Lagefestpunktfeld und Aufnahmefestpunktfeld

• Vermarkung der Ortlichkeit angepaßt und durch Maße in der Ortlichkeit gesichert

• Nachweis in den Vermessungsvordrucken 39 (VV 39) oder 49 (VV 49), Netzubersichten

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2 POLYGONIERUNG (LINIENHAFT) 6

• Zustandigkeit liegt bei den bezirklichen Vermessungsamtern

• Genauigkeit: mindestens ±15mm in der Standardabweichung des Punktes (mittlererPunktfehler) fur Lagestatus 500(in weiten Teilen der Stadt liegt jedoch nur das alte Lagefestpunktfeld (Lagestatus 600,610, 620, 630) mit deutlich geringerer Genauigkeit vor)

• Punktnummerierungen (unterhalb der trigonometrischen Punkte) wie bei Katasterpunk-ten=⇒ Benutzung des Blattschnittes 1:1000

• Punktarten:

– Punktart 0 → trigonometrischer Punkt

– Punktart 1 → Aufnahmefestpunkt

– Punktart 6 → ubergeordneter Lagefestpunkt (Besonderheit in Berlin)

Zukunft: Ablosung des amtlichen Lagefestpunktfeldes durchGPS-Referenzstationen.Die Stationen realisieren das Referenznetz in denDatumsfestlegungen.Koordinatenbestimmungen konnen an beliebigen Orten mitrelativen GPS-Messungen erfolgen. Dazu werden auf denGPS-Referenzstationen permanent GPS-Messungen ausgefuhrtund den Nutzern (in Echtzeit oder nachtraglich) zur Verfugunggestellt.Der SAPOS-Dienst der Landesvermessungsverwaltungen stehtin den meisten Landern zur Verfugung; alternativ gibt es denascos-Dienst der Ruhrgas-AG

=⇒ Siehe LV VK2”EINFUHRUNG SATELLITENGEODASIE“

2 POLYGONIERUNG (linienhaft)

2.1 Polygonierung zur Bestimmung von AP

• fruher wegen begrenzter Rechentechnik Auswertung von Polygonnetzen hierar-chisch/linienhaft

– Berechnung der einzelnen Zuge

– hierarchische Verteilung der Anschlußfehler nach verschiedenen Verfahren (siehe LV

”Geod. Rechenverfahren“)

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2 POLYGONIERUNG (LINIENHAFT) 7

• heute netzweise geschlossene Berechnung (Ausgleichung) von Polygonnetzen

– gleichzeitige Behandlung aller Beobachtungen

– gegenseitige Kontrollen

– bessere Genauigkeits- und Zuverlassigkeitsbeurteilung

• Polygonzuge dienen zur Uberbruckung großerer Entfernungen (z.B. zwischen HAP) oderzur Verbindung von Punkten ohne Gegensicht(Bestimmung der Koordinaten der Zwischenpunkte)

• in Ausnahmefallen kommen auch heute noch einzelne Polygonzuge (ohne Vernetzung)vor

2.2 Entwurf, Messung, Berechnung und Genauigkeit von Poly-

gonzugen

2.2.1 Entwurf & Erkundung

• entsprechned den ortlichen Gegebenheiten und der Zweckbestimmung

Allgemeiner Fall: Polygonzug mit n = 3 Brechungspunkten

F3

F2

F1

F4

P2

P3

P1

s1 s2 s3 s4

$1$5

$4$3

$2 gegeben:x und y in den Punkten F1 bis F4

gemessen:Brechungswinkel β1 bis β5

Strecken s1 bis s4

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P3

Freiheitsgrad: (n + 2)Winkel + (n + 1)Strecken − (2n)Koord. = 3

• Zug mit beiderseitigem Richtungs- und Koordinatenanschluß=⇒ Freiheitsgrad immer nf = 3Sonderfalle (mit geringerem Freiheitsgrad) siehe Abschnitt 2.3

2.2.2 Vermarkung & Sicherung

(ahnlich Aufnahmepunkte)

• verschiedendste Vermarkungen moglich: Nagel, Marken, Steine, Rohre, evtl.Schutzkasten, spezielle MauerbolzenAufschrift:

”Vermessungspunkt“ oder sinngemaß

• sichere Lage, gute Auffindbarkeit (Einmessung !)

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2 POLYGONIERUNG (LINIENHAFT) 8

2.2.3 Messung

• Messung i.a. mit Zwangszentrierung

– Instrument (elektronisches Tachymeter) und Reflektoren auf selbem Dreifuß

– Kontrolle der Zentrierung am Ende der Messung!

◦ (eventuell unabhangige Zweitbestimmung mit neuer Zentrierung)

• Datenregistrierung auf Speichermedien / Datenfluß zum Auswerteprogramm

2.2.4 Auswertung

(siehe auch Vorlesung”Geodatische Rechenverfahren“)

• Berechnung durch fortgesetztes polares Anhangen

1. Berechnung Richtungswinkel von F1 nach F2 aus Koordinaten

2. Berechnung Richtungswinkel von F2 nach P1 : tF2P1= tF1F2

+ β1 ± 200

3. polares Anhangen von P1 an F2

4. Wiederholung der Schritte 2 und 3 bis zum Ende des Zuges (F3)

• die drei Freiheitsgrade entsprechen den Abschlußwiderspruchen:

1. Widerspruch im Richtungsabschluß (⇒ Verteilung auf die Brechungswinkel)

2. Widerspruch im Koordinatenabschluß (⇒ Verteilung auf die Koordinatendifferen-zen)

Algorithmus zur Berechnung gestreckter Polygonzuge:

1. Bestimmung des Widerspruchs in den Richtungen

tF1F2= arctan

yF2− yF1

xF2− xF1

tF3F4= arctan

yF4− yF3

xF4− xF3

t0F3F4= tF1F2

+n∑

i=1

βi + n · 200gon − m · 400gon

mit m als einem Vielfachen von 1der Widerspruch im Richtungsabschluß wβ ergibt sich zu

wβ = tF3F4− t0F3F4

= tF3F4− tF1F2

−n+2∑

i=1

βi + (n + 2) · 200gon − m · 400gon

=⇒ Prufung des Widerspruchs entsprechend der vorgegebenen Fehlerschranke

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2 POLYGONIERUNG (LINIENHAFT) 9

2. Vorlaufige Koordinatenbestimmung zur Ermittlung der Koordinatenwiderspruche(mit Verteilung des Widerspruch im Richtungsabschluß auf die Brechungswinkel)

tF2P1= tF1F2

+ β1 ± 200gon +wβ

n+2; x0

P1= xF2

+ s1 · cos(tF2P1)

y0P1

= yF2+ s1 · sin(tF2P1

)

tP1P2= tF2P1

+ β2 ± 200gon +wβ

n+2; x0

P2= xP1

+ s2 · cos(tP1P2)

y0P2

= yP1+ s2 · sin(tF1P2

). . . . . .tPnF3

= tPn−1Pn+ βn+1 ± 200gon +

n+2; x0

F3= xPn

+ sn+1 · cos(tPnF3)

y0F3

= yPn+ sn+1 · sin(tFnF3

)

Die Widerspruche in den beiden Koordinatenrichtungen ergeben sich nach:

wx = xF3− x0

F3= xF3

− xF2−

n+1∑

i=1

si · cos(ti)

wy = yF3− y0

F3= yF3

− yF2−

n+1∑

i=1

si · sin(ti)

L

Q

wx

wy

[s cos(t)]

[s sin(t)]F3

F'3

X

YF2

ε = tF2F3 soll− tF2F3 ist

L = F2F3soll · cos ε − F2F3ist

L = F2F3soll · sin ε

Daraus lassen sich Langs- und Querabweichung des (gestreckten) Zuges berechnen:

L =wy ·

∑n+1i=1 si · sin(ti) + wx ·

∑n+1i=1 si · cos(ti)

(

∑n+1i=1 si · sin(ti)

)2+(

∑n+1i=1 si · cos(ti)

)2

Q =wy ·

∑n+1i=1 si · cos(ti) − wx ·

∑n+1i=1 si · sin(ti)

(

∑n+1i=1 si · sin(ti)

)2+(

∑n+1i=1 si · cos(ti)

)2

=⇒ Prufung der Abweichungen entsprechend den vorgegebenen Fehlerschranken

3. Berechnung der endgultigen Koordinaten der Punkte (mit Verteilung der Widersprucheim Koordinatenabschluß auf die Koordinatenunterschiede)

xP1= xF2

+ s1 · cos(tF2P1) +

wx

n + 1; yP1

= yF2+ s1 · sin(tF2P1

) +wy

n + 1

bzw. : xP1= x0

P1+

wx

n + 1; yP1

= y0P1

+wy

n + 1

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2 POLYGONIERUNG (LINIENHAFT) 10

xP2= xP1

+ s2 · cos(tP1P2) +

wx

n + 1; yP2

= yP1+ s2 · sin(tP1P2

) +wy

n + 1

bzw. : xP2= x0

P2+

wx

n + 1; yP2

= y0P2

+wy

n + 1. . .

xPn= xPn−1

+ sn · cos(tPn−1Pn) +

wx

n + 1; yPn

= yPn−1+ sn · sin(tPn−1Pn

) +wy

n + 1

bzw. : xPn= x0

Pn+

wx

n + 1; yPn

= y0Pn

+wy

n + 1

Tabelle 1: Zahlenbeispiel fur Polygonzugsberechnung (aus: Kahmen”Vermessungskunde“)

Punkt β s x y

t s cos(t) s sin(t)[gon] [m] [m] [m]

F1 0,00 500,00

143,8018-0,0010

F2 71,1530 179,20 352,69

-0,03 -0,01

14,9538 148,11 +34,47 +144,04-0,0011

P1 218,0123 213,64 496,72

-0,02

32,9650 135,25 +66,95 +117,52-0,0010

P2 211,5327 280,57 614,24

-0,02

44,4967 121,17 +77,96 +92,76-0,0011

P3 212,3319 358,51 707,00

-0,02

56,8275 138,28 +107,68 +86,75-0,0010

F3 73,1133 466,17 793,75

329,9398F4 223,81 916,95

Ist= 186,1436 +287,06 +441,07Soll= 186,1380 +286,97 +441,06w= -0,0052 -0,09 -0,01

2.2.5 Genauigkeit

• Genauigkeit ist abhangig von:

– Genauigkeit der Messungen (Richtungen, Strecken)

– Genauigkeit der Zentrierungen (Ablotungen)

– Geometrie des Zuges (Verlauf, Punktabstand, Punktanzahl)

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2 POLYGONIERUNG (LINIENHAFT) 11

• Genauigkeitsbewertung sinnvoll uber Genauigkeiten der Messungen (a priori Genauigkeit)Ausgleichungsergebnisse (a posteriori Standardabweichungen) wegen der geringen Uber-bestimmung ungunstig

• gunstigste Methode: netzweise Polygonzugs- bzw. Punktbestimmung mit strenger Aus-gleichung (=⇒ Koordinaten, Genauigkeitsmaße, Zuverlassigkeitskriterien)

2.3 Sonstige Polygonzuge

- allgemeiner Fall: beidseitig koordinaten- und Richtungsmaßig abgeschlossener Zug

- weitere Falle mit geringerer Uberbestimmung (d.h. mit fehlenden Elementen) konnenvorkommen

• nur einseitig angeschlossener (toter) Zug

F2

F1

P2

P3

P1

s1 s2 s3

$1 $3

$2 gegeben:x und y in den Punkten F1 und F2

gemessen:Brechungswinkel β1 bis βn

Strecken s1 bis sn

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis Pn

Freiheitsgrad: 0 (n·[Winkel]+n·[Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: durch fortgesetztes polares Anhangen

• beidseitig koordinatenmaßig angeschlossener Zug

F3

F2P2

P3

P1

s1 s2 s3 s4

$3$2

$1

gegeben:x und y in den Punkten F2 und F3

gemessen:Brechungswinkel β1 bis β3

Strecken s1 bis s4

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P3

Freiheitsgrad: 1 (n·[Winkel]+n+1 · [Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: durch fortgesetztes polares Anhangen und nachtragliche Koordinatentrans-formation (4 Parameter)

• freier Zug

P5

P1P3

P4

P2

s1 s2 s3 s4

$3$2

$1gemessen:

Brechungswinkel β1 bis β3

Strecken s1 bis s4

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P5

Freiheitsgrad: −3 (n−2 · [Winkel]+n−1 · [Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: durch fortgesetztes polares Anhangen (nach Festlegung eines Punktes undeiner Richtung zur Beseitigung des Rangdefektes)

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2 POLYGONIERUNG (LINIENHAFT) 12

• freies Ringpolygon (Anfangs- und Endpunkt gleich)

P1

P5

P3

P4

P2

s1 s2

s3

s4

$1

$5

$4

$3

$2

s5

gemessen:Brechungswinkel β1 bis β5

Strecken s1 bis s5

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P5

Freiheitsgrad: 0 (n·[Winkel]+n·[Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: durch fortgesetztes polares Anhangen (nach Festlegung eines Punktes undeiner Richtung); Behandlung wie beidseitig angeschlossen

• Ringpolygon mit verbundenen Festpunkten

F1

F2

P2

P3

P1

s1 s2

s3

s4

$1

$5

$4

$3

$2

gegeben:x und y in den Punkten F1 und F2

gemessen:Brechungswinkel β1 bis β5

Strecken s1 bis s4

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P3

Freiheitsgrad: 3 (n+2 · [Winkel]+n+1 · [Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: Behandlung wie beidseitig angeschlossen

• Ringpolygon mit nicht verbundenen Festpunkten

F1

F2

P2

P3

P1

s1 s2

s3

s4

$1

$5

$4

$3

$2

s5

gegeben:x und y in den Punkten F1 und F2

gemessen:Brechungswinkel β1 bis β5

Strecken s1 bis s5

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P3

Freiheitsgrad: 4 (n+2 · [Winkel]+n+2 · [Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: durch fortgesetztes polares Anhangen und nachtragliche Koordinatentrans-formation (4 Parameter)

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3 POLARE PUNKTBESTIMMUNG/ -ABSTECKUNG 13

2.4 Anschluß an Hochpunkte

• An- und Abschluß von Polygonzugen ist auch an unzugangliche (Hoch-)Punkte moglich(d.h. der Anschluß- bzw. Abschlußpunkt ist nicht zuganglich)

• Bestimmung von Brechungswinkel und Strecke erfolgt indirekt=⇒ bei Hochpunkten spricht man von Herablegung

F2

F1

P2

P3

P1

s1

s2s3

$1

$4$3$2H

*"

b

(

gegeben:x und y in den PunktenF1 (Hochpunkt) und F2

gemessen:Winkel α, γ, δBasis b

gesucht:s1 und β1

s1 =b · sin α

sin(α + γ)β1 = 200gon − δ − arcsin

(

s1 · sin δ

sF1F2

)

3 POLARE PUNKTBESTIMMUNG/ -ABSTECKUNG

3.1 Polare Punktbestimmung

• drittes (wichtigstes) Verfahren zur Punktbestimmung(neben Orthogonal- und Einbindeverfahren)

• Bestimmung von Polarkoordinaten (Richtung und Strecke)im Gegensatz zu rechtwinkligen Koordinaten

• zur Umwandlung der Polarkoordinaten in kartesische Koordinaten sind drei Datumspa-rameter notwendig:Koordinaten des Aufnahmepunktes A (Standpunktes) und die Orientierung der Richtun-gen

• Bestimmung der Datumsparameter kann z.B. erfolgen:

– durch polares Anhangen des Aufnahmepunktes an bekannte Punkte erfolgen

F2

F1

A

s

rF2F

1rF2

A

P1

P2 gegeben:x und y in den Punkten F1 und F2

gemessen:Winkel rF2F1

, rF2A

Strecke sgesucht:

x und y von A

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3 POLARE PUNKTBESTIMMUNG/ -ABSTECKUNG 14

Berechnungsformeln fur xP und yP :

xA = xF2+ s cos

(

arctan

(

yF1− yF2

xF1− xF2

)

+ rF2,A − rF2,F1

)

yA = yF2+ s sin

(

arctan

(

yF1− yF2

xF1− xF2

)

+ rF2,A − rF2,F1

)

– oder durch Verwendung eines bereits koordinatenmaßig bekannten Punktes als Auf-nahmepunkt

• Alternative: Freie Stationierung

3.2 Freie Stationierung

• Prinzip:freie Auswahl eines Aufnahmepunktes in der Ortlichkeit so, daß von diesem aus dieaufzunehmenden bzw. abzusteckenden Punkte gut sichtbar (meßbar) sind.

• Berechnung der Koordinaten und der Orientierung im Feld (mit internen Programmendes Instrumentes) aus ortlichen Messungen zu koordinatenmaßig bekannten Punkten.

• 3 Unbekannte Großen =⇒ 3 Bestimmungsstucke notwendig (Richtungen und/oderStrecken)d.h. Messungen zu mindestens 2 bekannten Punkten (⇒ Ausgleichungsproblem)

F2

F1

A

r AF1

rA

F2

P1

P2

sAF2

sAF

1

rAP1

rAP2s

AP

1

s AP2

gegeben:x und y in den Punkten F1 und F2

gemessen:Richtungen rAF1

, rAF2

Strecken sAF1und sAF2

gesucht:x und y von A, Orientierung in Aund letztendlich x und y der Pi

Zahlenbeispiel:(zwei bekannte Anschlußpunkte, zwei Neupunkte; vgl. Skizze)

Gegebene Festpunkte:

Punkt x(m) y(m)F1 52126,78 23774,77F2 52078,35 24386,47

Beobachtungen im Punkt A:

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3 POLARE PUNKTBESTIMMUNG/ -ABSTECKUNG 15

Zielpunkt s(m) r(gon)F1 258,447 0,0000P1 87,034 59,4928P2 132,709 122,2338F2 394,325 154,6259

1.) Verbesserungsgleichungen (Formeln; siehe auch Vorlesung”Ausgleichungsrechnung“):

a) Streckenbeobachtungen

sA,Fi+ v1i

=

(

xA − xFi

sA,Fi

)

∆xA +

(

yA − yFi

sA,Fi

)

∆yA + (sA,Fi)0

b) Richtungsbeobachtungen

rA,Fi+ v2i

= ρ ·(

yFi− yA

s2A,Fi

)

∆xAρ ·(

xFi− xA

s2A,Fi

)

∆yA − ∆zA + (tA,Fi− zA)0

2.) Naherungswerte fur die Unbekannten:

xA0 = 52000m yA0 = 24000m zA0 = 332,6386gon

3.) Verbesserungsgleichungen (Zahlenwerte):

v11= −0, 4905 · ∆xA +0, 8714 · ∆yA +0 · ∆zA −(−13mm)

v12= −0, 1987 · ∆xA −0, 9801 · ∆yA +0 · ∆zA −(−7 mm)

v21= −0, 2146 · ∆xA −0, 1208 · ∆yA −∆zA −(−0, 0 mgon)

v22= +0, 1582 · ∆xA −0, 0321 · ∆yA −∆zA −(−1, 7 mgon)

4.) Mit ss = ±10mm, sr = ±1,5mm und s0 =1 ergibt sich nachfolgendes Normalgleichungs-system:

N · x = ATPl =

0, 0344 0, 0069 0, 02510, 0069 0, 0241 0, 06790, 0251 0, 0679 0, 8888

·

∆xA

∆yA

∆zA

=

−0, 0418−0, 0204+0, 7555

5.) Ausgleichungsergebnisse: (Inverse N−1, Zuschlage zu den Unbekannten,Schatzungen fur die Standardabweichungen, Verbesserungen)

N−1 =

30, 9104 −8, 1908 −0, 2455−8, 1908 54, 9477 −3, 9698−0, 2455 −3, 9698 +1, 4355

s0 =

2, 4439

4 − 3= ±1, 56 sxi

=

8, 7 mm11, 6 mm

1, 87 mgon

x + x0 =

−1, 3 mm−3, 8 mm1, 18 mgon

+

52000m24000m

332, 6386 gon

=

51999, 999m23999, 996m332, 6398 gon

v =

+10, 4 mm+11, 0 mm−0, 44 mgon+0, 44 mgon

6.) Berechnung der Koordinaten der Neupunkte von A aus:

xPi= xA + sA,Pi

· cos(zA + rA,Pi)

yPi= yA + sA,Pi

· sin(zA + rA,Pi)

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3 POLARE PUNKTBESTIMMUNG/ -ABSTECKUNG 16

xP1= 51999, 999m+86, 370m = 52086, 369m yP1

= 23999, 996m−10, 728m = 23989, 268m

xP2= 51999, 999m+86, 388m = 52086, 387m yP2

= 23999, 996m+100, 741m = 24100, 737m

• Haufig wird zusatzlich zu den Koordinaten und der Orientierung auch einMaßstabsfaktor als weitere Unbekannte mitbestimmt.=⇒ Anpassung an den Maßstab des gegebenen Punktfeldes (z.B. infolge Abbildungs-verzerrung)

• Bei Verwendung von z.B. zwei Anschlußpunkten ergeben sich vier Messungselementeund vier Unbekannte=⇒ und damit fur diesen Fall eine eindeutige Losung:

a) Streckenbeobachtungen

sA,Fi+ v1i

=

(

xA − xFi

sA,Fi

)

∆xA +

(

yA − yFi

sA,Fi

)

∆yA − sA,Fi· dm + (sA,Fi

)0

b) Richtungsbeobachtungen

rA,Fi+ v2i

= ρ ·(

yFi− yA

s2A,Fi

)

∆xAρ ·(

xFi− xA

s2A,Fi

)

∆yA − ∆zA + (tA,Fi− zA)0

c) und auch bei der Bestimmung der Neupunkte ist der Maßstabsunterschied dmzu berucksichtigen

xPi= xA + m · sA,Pi

· cos(zA + rA,Pi)

yPi= yA + m · sA,Pi

· sin(zA + rA,Pi)

mit m = m0 + dm (m0 = 1)

• Formeln fur diese eindeutige Losung:

F2

F1

A

rAF

1

rAF 2

sAF 2s

AF1

gegeben:x und y in F1 und F2

gemessen:Richtungen rA,F1

und rA,F2

Strecken sA,F1und sA,F2

gesucht:Koordinaten von A, Orientierung z, Maßstab m

s2F1,F2

= m2s2A,F1

+ m2s2A,F2

− 2m2sA,F1sA,F2

cos(rA,F2− rA,F1

)

daraus ergibt sich:

m =sF1,F2

s2A,F1

+ s2A,F2

− 2sA,F1sA,F2

cos(rA,F2− rA,F1

)

und:

xA = xF1+ m · s2

A,F1· sin

(

tF1,F2+ arcsin

(

m · sa,F1· sin((rA,F2

− rA,F1))

sF1,F2

))

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4 BESTIMMUNG VON AP-NETZEN 17

xA = xF1+ m · s2

A,F1· cos

(

tF1,F2+ arcsin

(

m · sa,F1· sin((rA,F2

− rA,F1))

sF1,F2

))

z = arctan

(

yF1− yA

xF1− xA

)

− rA,F1

• diese Formeln konnen im uberbestimmten Fall auch zur Bestimmung von Naherungs-werten verwendet werden (Naherungswert fur den Maßstab m0 = 1)

• Beispiel (mit den Datenelementen aus obigem Beispiel):

sF1,F2= 613,6147m m = 1,000035435

tF1,F2= 105,02980 gon xA = 51999,997m

yA = 23999,994mzA = 332,6400 gon

3.3 Polare Punktabsteckung

• Umkehrung der polaren Aufnahme=⇒ Ubertragung von Koordinaten in die Ortlichkeit

• Polare Absteckelemente: Richtungen tA,Piund Strecken sA,Pi

F1

A

rAF1 rAP1

P1

sAP1

"

gegeben:x und y in F1, A und Pi

gesucht:Richtungen tA,Pi

Strecken sA,Pi

sA,Pi=√

(xPi− xA)2 + (yPi

− yA)2

αA;F1,Pi= rA,Pi

− rA,F1= arctan

(

yPi− yA

xPi− xA

)

− arctan

(

yF1− yA

xF1− xA

)

4 BESTIMMUNG VON AP-NETZEN

• bei großeren Gebieten sind einzelne Polygonzuge zur AP-Bestimmung oft nicht ausrei-chend=⇒ netzweise Punktbestimmung (Polygon-, GPS-Netze)

4.1 Planung und Diagnose

• Erkundung: Punkte des Netzes sollen gut als Aufnahme-/Anschlußpunkte nutzbar sein

• Planung der Beobachtungen: erfolgt hinsichtlich Genauigkeit, Zuverlassigkeit und Wirt-schaftlichkeit

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4 BESTIMMUNG VON AP-NETZEN 18

⇒ Diagnoseausgleichung (fiktive Lagenetzausgleichung ohne reale Beobachtungen)

– mit genaherten Punktkoordinaten

– mit Festlegungen zum Netzdesign (d.h. zur Geometrie des Netzes)

– Genauigkeitsangaben zu den Beobachtungen

→ Aufstellung und Inversion der Normalgleichungsmatrix

N−1 = Q

daraus lassen sich Aussagen uber die zu erwartende Genauigkeit (Varianzen, Kova-rianzen) und Kontrolliertheit der Beobachtungen (Redundanzen) ableiten

– Veranderung des Beobachtungsplanes (d.h. des Netzdesigns)→ Netzoptimierung (meist empirischer, iterativer, manueller Vorgang)→ es konnen auch Optimierungsprogramme eingesetzt werden

• bei Nutzung von Polygonzugen: Anzahl der Zwischenpunkte vorgeben

– Polygonzug (z.B. zwischen zwei Knotenpunkten):2 · n Unbekannte, 2 · n + 1 Beobachtungen ⇒ Freiheitsgrad nf = 1

→ Redundanz fur Strecken und Richtungen: r = 1/(2 · n + 1)(alle Beobachtungen mit gleichem Einfluß angenommen)

→ Vergroßerung der Redundanz durch geringe Anzahl von Zwischenpunkten

4.2 Messung

• meist Polygonzuge mit Strecken-, Richtungs- bzw. Winkelbeobachtungen

• auch Punktbestimmung mit GPS oder kombinierte Verfahren

• Einfluß von Richtungs und Streckenbeobachtungen soll etwa gleich sein→ Wahl der richtigen Entfernungen, Meßgenauigkeit abstimmen

• Meßgerate: elektronische Tachymeter(automatischer Datenfluß, Formatierung beachten!)

4.3 Ausgleichung/Auswertung

Arbeitsschritte bei der Anwendung eines Netzausgleichungsprogramms:

1. Ubernahme der Rohmessungen in das Auswerteprogramm

2. Aufbereitung der Rohmessungen(soweit nicht im Feld geschehen oder durch Parameter in der Ausgleichung berucksich-tigt)

3. Bestimmung von Naherungskoordinaten (manuell oder automatisch)

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4 BESTIMMUNG VON AP-NETZEN 19

4. Ausgleichung unter Verwendung von:

- Anschlußkoordinaten

- Naherungskoordinaten (bei guten Programmen auch automatisch berechenbar)

- aufbereitete Messungselemente

- a priori Genauigkeitsangaben (z.B. Genauigkeitsverhaltnisse verschiedener Beobach-tungsgruppen)

5. Analyse der Ausgleichungsergebnisse

6. eventuelle Nachmessungen und nochmalige Auswertung ab Schritt 1

7. endgultige Aufbereitung der Ergebnisse

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5 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 20

5 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE

5.1 Allgemeines

In der Tachymetrie werden

- Winkel,

- Strecken und

- Hohen

gleichzeitig fur eine dreidimensionale Gelandeaufnahme gemessen.Je nach Art der ortlichen Erfassung und Aufbereitung der Daten unterscheidet man zwischen

a) Messtisch- (historisch) und

b) Zahlentachymetrie.

Bei der Zahlentachymetrie wird die ganze Instrumentenvielfalt im Vermessungswesen wie

- Messroboter,

- elektronische Tachymeter,

- Tachymetertheodolite,

- Nivelliertachymeter,

- Reduktionstachymeter,

- Tachymeterbussolen und

- Basis-Tachymeter

genutzt.Hierbei unterscheiden sich die eingesetzten Instrumente und Verfahren hauptsachlich in der zuerreichenden Genauigkeit und den Rationalisierungsmoglichkeiten wie automatischen Daten-fluss und automatisierte Messtatigkeit.

5.2 Instrumente zur tachymetrischen Gelandeaufnahme

Zahlentachymetrie

• Bei der Zahlentachymetrie werden von einem bekannten Aufnahmestandpunkt dieHorizontal-, die Vertikalrichtung und die schrage Entfernung bestimmt.

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5 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 21

• Lasst sich der Horizontalteilkreis orientieren, konnen aus dem Beobachtungsmaterial dieKoordinatendifferenzen und der Hohenunterschied bestimmt werden.

Elektronische Tachymeter mit der Bestimmung der Horizontal-, der Vertikalwinkel und derSchragstrecke werden hier als bekannt vorausgesetzt.

• Messroboter weisen zusatzlich eine automatische Zielverfolgung auf. Dies wird durcheinen motorischen Antrieb fur die Bewegung des Fernrohrs und eine Mustererkennungfur das Prisma erreicht.

• Der klassische Tachymetertheodolit besteht aus einem Theodolit mittlerer oder niederer Ge-

nauigkeit und einem Reichenbachschen Distanzmesser.

Zusatzlich konnen zur Orientierung Bussolen eingesetzt werden:

• Eine Bussole ist ein mit einer Visiereinrichtung versehener Kompass.Die Visiereinrichtung weist gewohnlich in die Richtung des Durchmessers, der den Null-punkt der Teilung enthalt.

• Der Kreis ist meistens linkslaufig geteilt. In diesem Fall lasst sich fur ein anvisiertes Zielder magnetische Richtungswinkel an der Kompassnadel ablesen.

• Die einfachste fur geodatische Zwecke eingesetzte Bussole ist die Diopterbussole, diesowohl mit Kompassnadel als auch mit elektronischen Sensoren angeboten wird.Hat die Bussole als Visiereinrichtung ein Fernrohr mit Distanzfaden, dazu einen Hohen-und Horizontalkreis, Klemm- und Feinbewegungseinrichtungen, so heißt die Bussole Ta-chymeterbussole.

Beim Arbeiten mit den Bussolen ist die Ausrichtung in Richtung Norden zu definieren.

• Es ist zwischen der Ausrichtung in der Abbildungsebene (Gitter Nord), zum geographi-schen Nordpol (Geographisch Nord) und zum magnetischen Nordpol (Magnetisch Nord)zu unterscheiden.

• Die Abweichung zwischen dem geographischen und dem magnetischen Nordpol wirdals magnetische Deklination δ bezeichnet und die Abweichung zwischen Gitter- undGeographisch-Nord heißt Meridiankonvergenz γ (siehe Landesvermessung).Die fur das praktische Arbeiten erforderliche Abweichung zwischen Gitter- undMagnetisch-Nord wird als Nadelabweichung α bezeichnet.

• Die Kurven, die Orte mit gleicher magnetischer Deklination verbinden, heißen Isogonen.Sie verlaufen nicht geradlinig zum magnetischen Nordpol, sondern sind durch regiona-le und lokale Einflusse vielfach gestort. Der magnetische Nordpol unterliegt außerdemfortschreitenden sakularen Anderungen und periodischen taglichen Schwankungen.Die sakulare Anderung vermindert die Deklination in Deutschland um jahrlich rund 0, 15◦

und die tagliche Periode nimmt einen Wert von bis zu 10′ an.

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5 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 22

Meridian MeridianHauptmeridian

Geographisch

NordGeographisch

Nord

Geographisch

Nord

Gitternord

Gitternord =Gitternord

Magnetisch

NordMagnetisch

Nord

Magnetisch

Nord

Abbildung 1: Nordrichtungen in der Abbildungsebene

5.3 Hohenlinien und Gelandedarstellung

Ziel tachymetrischer oder topographischer Vermessung:

Herstellung und Fortfuhrung topographischer Karten in den Maßstaben 1:5 000, 1:25 000,1:50 000, 1:100 000, 1:200 000, 1:500 000 und 1:1 000 000 (als Beispiel fur die BundesrepublikDeutschland).

Neben diesen analogen Kartenwerken wurde in den letzten Jahren auch verstarkt das digitaleKartenwerk im bundeseinheitlichen Verfahren des Amtlichen Topographisch KartograpischInformationssystems (ATKIS) aufgebaut. Diese Daten konnen auch zum Aufbau einesdigitalen Gelandemodells genutzt werden.

In Karten werden dargestellt:

- Situation (Verkehrswege, Gewasser, Ortschften,. . . )

- Namen

- Gelande

– wird durch Hohenpunkte und/oder Hohenlinien dargestelltHohenpunkten sind hier Punkte im Gelande, deren Lage und Hohe in einem ortli-chen oder dem Landeskoordinatensystem gegeben sind.Digitale Gelandemodelle bestehen aus solchen Hohenpunkten.Auch in den Karten werden einzelne Hohenpunkte mit ihren Hohen fur heraus-ragende Gelandepunkte wie Bergspitzen, Mulden, Sattel, Straßenkreuzungen usw.dargestellt.

• Die durchgehende Darstellung der dritten Dimension erfolgt in zweidimensionalen Kartenuber Hohenlinien, die auch als Schichtlinien, Niveaukurven oder Isohypsen bezeichnetwerden.

– Hohenlinien sind Kurven, die Punkte gleicher Hohe miteinander verbinden.

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5 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 23

– In Gebieten unter der Bezugsflache werden die Linien gleicher Hohe als Tiefenlinienoder Isobathen bezeichnet. (Vermessung des Meeresbodens: Bathymetrie)

– Beim Aufbau des Hohenlinienbildes ist die passende Aquidistanz (Hohenunterschiedbenachbarter Hohenlinien) in erster Linie von der Gelandeneigung und dem Maßstababhangig.In zweiter Linie ist die geforderte Genauigkeit der Hohenaufnahme zu beachten unddie Darstellung von Kleinformen zu berucksichtigen.

– Sind bemerkenswerte Bodenformen durch die Wahl der Aquidistanz nicht darstell-bar, so konnen auch Hilfshohenlinien mit geringeren Schichthohen eingefuhrt wer-den.

– Die Wahl der Schichthohen ist stark vom Verwendungszweck des Ergebnissesabhangig.

”Regel“: In bewegtem Gelande ab dem Maßstabsbereich 1:5 000 wahlt man

Schichthohen, die sich in m als Maßstabszahl dividiert durch 1000 berechnen.Fur den Maßstab 1:5 000 wurde man also eine Schichthohe von 5m einfuhren.

– Der Verlauf der Hohenlinien wird in den meisten Fallen rechnerisch interpoliert(Computerprogramme).Gangige Wege sind Dreiecksvermaschung zur Interpolation der Punkte gleicherHohe oder funktionale Ansatze.Hierbei werden allerdings die Grundsatze einer Handbearbeitung wie

∗ Interpolation nur zwischen den großten Hohenunterschieden und

∗ Abhangigkeiten benachbarter Hohenlinien

moglicherweise nur unzureichend eingehalten.

• Das Ergebnis ist bei allen Verfahren stark von einer guten Aufnahme des Gelandesabhangig, wobei markante Gelandeformen durch eigene Punkte aufzunehmen sind undkunstliche Oberflachenformen wie Boschungen, Einschnitte, Graben und dergleichen ei-genstandig aufzunehmen und darzustellen sind.

5.4 Gelandeaufnahme

• Eine gute Gelandeaufnahme sollte sich am Gelande orientieren.Dabei sollten die Objektpunkte so gelegt werden, dass sie an markanten Punkten desGelandes liegen, an denen sich die Neigung des Gelandes signifikant verandert. Damitware es sinnvoll diese Objektpunkte auf die Rucken- bzw. Muldenlinien zu legen.(Bereits aus der Rasteraufnahme der Erdoberflache (2. Semester) bekannt.)

Fur das durch Hohenlinien skizzierte Gelande ist es sinnvoll, die Objektpunkte entlang der gestri-

chelten Linien zu plazieren. Solange der Gelandeverlauf gleichmaßig wie auf der linken Seite ist,

brauchen eigentlich nur zwei Objektpunkte am Anfang und am Ende aufgenommen werden.

Andert sich die Linie in der Richtung oder der Neigung sind zusatzliche Zwischenpunkte aufzuneh-

men wie es in dem Beispiel fur die mittlere Linie der Fall ist.

• Im Handriss werden die eingemessenen Punkte ungefahr maßstablich eingetragen.Man zeichnet außerdem die Ruckenlinien gestrichelt, die Muldenlinien geschlangelt und

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6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 24

Abbildung 2: Gelandeaufnahme (Hohenlinien)

Kantenlinie

Rückenlinie

Muldenlinie

Formlinie

Fallinie

Abbildung 3: Erfassung von Gelandeformen und Auswahl von Gelandepunkten

die Richtung des starksten Gefalles mit ein.Man deutet an charakteristischen Stellen die Gelandeformen durch Leitkurven an undvermerkt schließlich Boschungen, Graben und dergleichen.

6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME

Unter der modernen Tachymeteraufnahme versteht man nicht nur den Einsatz modernerMessverfahren, wie Tachymetrie mit elektronischen Messsystemen oder den Einsatz vonGPS, sondern auch moderne Auswerteverfahren.

Hierzu zahlt:

- der Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung, der bereits im Feld beginnt und durch-gehend bis zur Bearbeitung der Ergebnisse durchgefuhrt wird.Rationalisierungseffekte durch:

– automatisierten Datenfluss und

– graphisch-interaktive Bearbeitung

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6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 25

6.1 Planung, Vorbereitung und Punktverdichtung

• In Abhangigkeit davon, welche Grundlagen fur das zu vermessende Gebiet vorliegen, wirdman großflachiger oder engmaschiger das Gelande aufnehmen mussen.

• Liegt der Grundriss bereits in ausreichender Gute vor, mussen nur noch die fur die Ober-flachenstruktur charakteristischen Punkte in der Lage und der Hohe bestimmt werden.

• Liegt die Grundrissstruktur gar nicht oder nur unzureichend vor, mussen sowohl dieLage als auch die Hohen der Gelandepunkte tachymetrisch oder uber Satellitenverfahrenbestimmt werden.

Als Grundlage fur die Aufnahme werden Anschlusse an das amtliche Festpunktfeld in der Lageund der Hohe benotigt.

• Sinnvoll waren dreidimensionale Anschlusspunkte, welche jedoch in den meisten Fallennicht vorliegen werden.Die vorhandenen Anschlusspunkte werden in den meisten Fallen nicht ausreichen, um dienotwendigen Tachymeteraufnahmepunkte im ubergeordneten System zu koordinieren.Damit werden Punktverdichtungen als Tachymeterzuge oder uber GPS erforderlich.

• Die Lage der Aufnahmepunkte wird sich an der Ortlichkeit orientieren und es werdendementsprechend bei schlecht einsehbarem Gelande mehr Punkte fur die Aufnahme er-forderlich sein.Eine Einschrankung aufgrund der Reichweite der eingesetzten Instrumente wird dabeibei den elektronischen Tachymetern kaum und bei GPS gar nicht auftreten.

• Beim Einsatz von GPS erfolgt die Einbindung in das amtliche Lagefestpunktfeldentweder uber den Einsatz von SAPOS (Anschluss an bekannte Referenzstationen) oderdurch das Einbinden von GPS-Messungen auf Festpunkten.

• Fur eine genauere Hohenubertragung (unter einem Zentimeter) ist zur Zeit das GPS-Verfahren noch nicht geeignet und man muss eine Hohenubertragung aus dem amtlichenHohenfestpunktfeld durchfuhren.Allerdings wird die GPS-Hohenbestimmung mit Subzentimetergenauigkeit auch in Echt-zeit moglich werden (Verwendung von Geoidmodellen).

• Bei der Planung der Gelandeaufnahme sollte berucksichtigt werden, in welcher Form derDatenfluss von der Messung bis zur Aufbereitung der Ergebnisse durchgefuhrt werdensoll.

– Datenfluss durchgehend physikalisch durchfuhrbar?

– Sollen weitergehende Informationen im Datenfluss aus dem Feld bis zum Auswer-tesystem transportiert werden?

– Konnen die Informationen in allen Zwischenschritten von den auswertenden Pro-grammen ubernommen werden?Hierbei ist denkbar, dass durch Verschlusselung der Punkte das Auswerteprogramm

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6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 26

die vollstandige Information zu Erstellung der Ergebnisse erhalt. Alternativ konnenzusatzliche Informationen wie die Art der aufgenommenen Punkte auch in einemHandriss gefuhrt werden.

6.2 Aufnahme und Registrierung mit elektronischen Messsystemen

Beim Arbeiten mit elektronischen Messsystemen erhalt man dreidimensionale polare Koordi-naten des Neupunktes relativ zum Aufnahmepunkt.Ist der Aufnahmepunkte in der Lage und der Hohe bekannt und der Horizontalkreis orientiertkann man fur den Neupunkt kartesische Koordinaten bestimmen.

• Als Messsysteme werden Tachymeter angeboten, bei welchen der Reflektor im Objekt-punkt vom Beobachter angezielt werden muss.Zur Einsparung von Personal werden mittlerweile auch Messroboter eingesetzt, bei de-nen uber eine Funkverbindung und eine Zielverfolgung die Aufnahme vom Reflektor ausgesteuert werden kann.In diesem Fall kann der Beobachter entfallen, da die notwendigen Informationen wiePunktnummer, Punktart etc. vom Reflektor zum Gerat mit Funk ubertragen werdenund das Gerat dem Reflektor mittels motorischem Antrieb und Mustererkennung fur denReflektor automatisch folgt.

• In vielen Fallen wird man Objektpunkte nur exzentrisch anzielen konnen und muss dieExzentrizitat e bei der Umrechnung der Messungen auf das Zentrum berucksichtigen.Bei seitwarts liegenden Exzentren mussen sowohl die Strecke als auch der Horizontal-winkel korrigiert werden.Bei auf dem Zielstrahl liegenden Exzentren muss dagegen nur die Strecke um den Ex-zentrizitatswert korrigiert werden.(viele Gerate erlauben auch die getrennte Bestimmung von Richtung und Strecke)

rE

sE e

r

s

gemessen:rE, sE und e

gesucht:r und s

r = rE + arcsin(e

sE

) s =√

s2E − e2 (1)

• Diese Berechnungen und auch die Ermittlung der Koordinaten und der Hohen lasst sichmit der gerateeigenen Software durchfuhren.

• Fur den Austausch der Messungselemente, abgeleiteter Messungselemente oder der Ko-ordinaten werden die Daten in Austauschformaten aufbereitet.Jeder Instrumentenhersteller bietet hierbei sein eigenes Austauschformat an.

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6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 27

6.3 Automatischer Datenfluss

• Der Sinn des automatischen Datenflusses besteht darin, dass die Datenweitergabe sehreffektiv und sehr sicher durchgefuhrt wird.Dabei werden die Daten in einem mit dem Instrument verbundenen Speicher gesichert.Im nachsten Schritt werden diese Daten auf einen PC ubertragen. Auf dem PC erfolgtdann der Datenfluss bis zum Auswerteprogramm, z.B. der interaktiven graphischenBearbeitung.

Geratespeicher

↓PC mit serieller

Schnittstelle

Physikalischer Datenflussohne Anderung derDatenstruktur

• Beim physikalischen Datenfluss zwischen dem gerateeigenen Datenspeicher und demAuswerte-PC muss der Datenfluss physikalisch moglich sein, d.h.:

– Das Ubertragungsprotokoll und die Ubertragungsgeschwindigkeit muss festgelegtwerden

– Es werden zwei Programme zur Ubertragung der Daten gestartet (im PC und imInstrument)Sie steuern die Ubertragung durch das gegenseitige Zusenden von Steuerzeichen.Welche Art von Zeichen mit welcher Aussage gesendet werden, hangt von deneingesetzten Programmen ab.

−→ Damit sind die Daten auf den verarbeitenden PC im vorgegebenen Format ubertragen.

• Am PC mussen Formatumwandlungen der Messungsdaten zur Verarbeitung in einemgeodatischen Berechnungsprogramm bzw. Formatumwandlungen der Koordinatenwertein das interaktive-graphische Auswertesystem durchgefuhrt werden.Hierbei ist es wichtig, dass keine eventuell vorhandenen Verschlusselungen verloren ge-hen!

– Die Beobachtungsdaten konnen im Feld bereits so verschlusselt werden, dass dasauswertende Programm erkennt, um welche Art von Objektpunkt es sich handelt.

– Die Verschlusselung orientiert sich dabei am Auswerteprogramm oder wird in derlandesweit einheitlichen Form des OSKA (Objektschlusselkatalog der Automatisier-ten Liegenschaftskarte (ALK)) vorgenommen.

– Da beide Verfahren im Feld die Kenntnis eines umfangreichen Schlusselkatalogsund auch die Eingabe recht langer Schlusselzahlen bedingen, konnen im Feld auchabgekurzte Schlusselzahlen genutzt werden, die fur die eigentliche Bearbeitungjedoch umgesetzt werden mussen.

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6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 28

Daten der

Feldspeicher

im entsprechenden

Format

Geodätische

Berechnungen

Umwandlung der

Verschlüsselung

Grafisch-

interaktive

Bearbeitung

Grafische

Ausgabe der

Ergebnisse

Format-

umwandlungFormat-

umwandlung

Format-

umwandlung

PC

Abbildung 4: Flussbild der Datenverarbeitung im PC

• Das Ergebnis wird haufig nicht nur graphisch ausgegeben, sondern in digitaler Formweitergereicht.

– Fur den Austausch der Graphikdaten hat sich im PC-Bereich das Drawing ExchangeFormat (DXF) durchgesetzt.Der Nachteil dieses Formats besteht darin, dass keine logischen Informationen zuden Graphikdaten mitubertragen werden.

– Beim Austausch von Graphikdaten einschließlich der logischen Zusammenhangewird zumindestens in Deutschland sehr haufig die Einheitliche Datenbankschnitt-stelle (EDBS) eingesetzt.Dieses Format ist eine lineare Abbildung der Datenstruktur der ALK bzw. ATKISund ubertragt dementsprechend sowohl die graphischen Elemente als auch denlogischen Zusammenhang dieser Elemente in Folienanordnung.

6.4 Graphisch-interaktive Bearbeitung im Innendienst

• Fur die graphisch interaktive Bearbeitung der Ergebnisse liegen im PC-Bereich eineVielzahl von Systemen vor (z. B. Geograph, CADDY).

• Auch im kommerziellen Bereich liegen meist auf dem Betriebssystem UNIX eine ganzeReihe von Systemen vor (z. B. SICAD, DAVID, GIAP).

• Beide Bereiche haben sich in den letzten Jahren stark in die Richtung von Geoinforma-tionssystemen (GIS) angenahert.Fur geodatische Anwendungen kommen eigentlich nur noch Systeme mit der Aus-richtung GIS in Frage. Das bedeutet, dass nicht nur die reine Graphik aufgebaut undgespeichert wird sondern auch eine logische Strukturierung der Daten vorgenommenwird.

• Es erfolgt eine Klassifizierung der Daten nach dem Folienkonzept oder in Ebenen bzw.Layern, was dem Zusammenfassen gleichartiger Objekte entspricht.

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6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 29

Nachfolgend sind die Folien der ALK als Beispiel fur diese Klassifizierung aufgefuhrt.

Folie Inhalt001 Flustucke002 Gemarkung, Flur003 Politische Grenzen011 Gebaude021 Flachen der tatsachlichen Nutzung023 Grenzeinrichtungen028 Gelandeform050 Numerierte Punkte der Punktart 0 (TP)051 Numerierte Punkte der Punktart 1 (AP)052 Numerierte Punkte der Punktart 2 (Grenzpunkt)053 Numerierte Punkte der Punktart 3 (Gebaudepunkt)054 Numerierte Punkte der Punktart 4 (Topographischer Punkt)055 Numerierte Punkte der Punktart 5 (Sonstiger Punkt)058 Numerierte Punkte der Punktart 8 (Schwerepunkt)059 Numerierte Punkte der Punktart 9 (Nivellementspunkt)061 Kommunale Abgrenzungen062 Grundstucksbezogene Grenzen063 Andere gesetzliche Grenzen064 Versorgung und Entsorgung071 Kartenblatt, -rahmen und -rand081 Basistopographie Flurkarte082 Erganzungstopographie085 Landerspezifische Punktdarstellung086 Landerspezifische Gebaudedarstellung520 Baumkataster

• Nach dieser logischen Sortierung der graphischen Elemente (Punkt, Linie, Bogen undFlachen) erfolgt eine Verschlusselung dieser Elemente und eine Zusammenfassung zulogischen Objekten.

Beispiel ALK:Die Objektdefinitionen sind im Objektabbildungskatalog (OBAK) und die Verschlusse-lungen im Objektschlusselkatalog (OSKA) festgeschrieben.Im OBAK ist z. B. fur ein Gebaude festgelegt, wie der Name des Gebaudes aufgebautist, dass das Gebaude flachenformig ist und welche geometrischen Elemente mit welchenSchlusselzahlen zulassig sind.

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6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 30

Schlussel Bedeutung1013 Begrenzungslinie eines

nichtoffentlichen Geb.1014 Offene Begrenzungslinie1033 Anzahl der Vollgeschosse1041 Durchfahrt im Gebaude

1045 Markierung fur Uberdachung

1013

1041 1033

V

1013

1014

1045

• Die Speicherung der Geometrie (Punkte, Linien und Bogen) erfolgt bei der ALK redun-danzfrei.Das bedeutet, dass ein Punkt oder eine Linie nur ein Mal mit seinen geometrischenAngaben gespeichert wird. Da auf der anderen Seite Punkte und Linien unterschiedli-chen Objekten zugeordnet sein konnen, mussen eventuell Linienteilungen durchgefuhrtwerden und die unterschiedlichen Bedeutungen der geometrischen Elemente gespeichertwerden.

• Diese logische Strukturierung erfolgt in allen geographischen Informationssystemen ingleicher Art und Weise, nur die Bearbeitungsschritte unterscheiden sich dabei.

• Das gleiche lasst sich fur die graphische Bearbeitung aussagen, die sich bei den einzelnenSystemen wie SICAD, Geograph, CADDY usw. unterscheidet.Auch die Integration von geodatischen Berechnungen ist bei den einzelnen Systemenunterschiedlich gelost.

• Die Ubernahme der Objektpunkte mit den zugehorigen Koordinaten erfolgt fast aus-nahmslos im automatischen Datenfluss.Die Aufbereitung der Graphik erfolgt entweder uber einen im Feld aufgenommenenHandriss oder uber eine im Feld vorgenommene Verschlusselung.

6.5 Graphisch-interaktive Bearbeitung im Feld

• Mit der Leistungsexplosion im Hardwarebereich ist die Software mittlerweile nicht nurstationar im Innendienst sondern auch auf einem Laptop im Feld einsetzbar.

• Bei einer Kopplung des elektronischen Messsystems mit einer Hardware, die den Einsatzder Graphiksoftware erlaubt, ist die oben angegebene graphisch interaktive Bearbeitungbereits vor Ort moglich.Eine Bearbeitung dieser Art wird naturlich noch effektiver, wenn auf einem vorhandenengraphischen Datenbestand eine Fortfuhrung im Feld durchgefuhrt wird.

6.6 Einsatz RTK

• Das Satellitenverfahren GPS lasst sich auch fur die Aufnahme großerer Punktmengenwie bei der Gelandeaufnahme einsetzen (siehe Vermessungskunde III).

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6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 31

• Voraussetzung dabei ist, dass keine Signalabschattungen zwischen Empfanger und denSatelliten bestehen.Sichtverbindungen zwischen den Punkten und zur Basisstation brauchen nicht vorliegen.

• Erreichbaren Genauigkeiten beim Einsatz von RTK:Lage → einige Zentimeter undHohe → etwa der dreifache Wert der Lagestandardabweichung (wegen der ungunstigenSchnitte ausgehen)

• Eingesetzt wird bei der Real Time Kinematik das differentielle GPS-Verfahren mit einerBasisstation (Base), zu der die relativen Koordinaten mit beweglichen GPS-Empfangern(Rover) bestimmt werden.Damit lassen sich sehr effektiv Gelandeaufnahmen relativ zu einem Punkt, der lage- undhohenmaßig im Bearbeitungskoordinatensystem bekannt sein muss, bestimmen.

• Instrumentarium des Rovers:

– Antenne und Controller an einem Lotstab

– sowie der restlichen Messeinrichtung meist in einem Rucksack

• Zur relativen Positionsbestimmung sind die Daten als Korrektur- oder Beobachtungsda-ten zwischen der Basisstation und dem Rover per Funk auszutauschen.Die Ubertragungsrichtung ist davon abhangig an welcher Stelle die relativen Koordinatenermittelt werden sollen. (Der Rover ist zusatzlich mit der notwendige Funkeinrichtungund den entsprechenden Auswerteinrichtungen (Programmen) zu versehen).

• Beispiel eines Geratesystems: Leica System 500Das Geratesystem ist (auch) fur den Einsatz mit SAPOS entwickelt worden (Einsatzz.B. in Brandenburg).

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6 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 32

Abbildung 5: Leica GPS-Geratesystem 500Von links nach rechts: Smart-Gate (Datenubertragung), Bedieneinheit, GPS-Empfanger, An-tenne, Gesamtansicht

Abbildung 6: Leica GPS-Geratesystem 500, Bedieneinheit

In der Abbildung 6 sind im Display u.a.folgende Informationen ablesbar:

- es handelt sich um Rover-Empfanger

- Empfang von 7 Satelliten

- Signal-Rausch-Verhaltnis auf beiden Frequenzen

- Datenempfang von Referenzstation ist OK

- Zeit und restliche Batteriekapazitat

- 3-D-Koordinaten

- Qualitat der augenblicklichen Koordinaten- und Hohenbestimmung

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7 DIGITALE GELANDEMODELLE (DGM) 33

7 DIGITALE GELANDEMODELLE (DGM)

7.1 Allgemeines

• Vielfach ist man heute dazu ubergegangen, die Ergebnisse einer Gelandeaufnahme nichtnur in analoger Form auszugeben sondern auch in digitaler Form als digitales Gelande-modell abzuspeichern.

• Der Sinn dieser Datenmodelle besteht einerseits darin die Fortfuhrung zu vereinfachenund andererseits darin, diese Ergebnisse fur vielfaltige Zwecke weiterzuverarbeiten.

• Im Zusammenhang mit topographischen Vermessungen kann man folglich das digitaleGelandemodell als weitgehend unabhangigen Zahlenspeicher zur numerischen Beschrei-bung der Topographie auffassen.

• Das DGM besteht aus dem digitalen Hohenmodell und dem digitalen Landschafts-modell.

7.2 Digitales Hohenmodell

• Als digitales Hohenmodell bezeichnet man die Menge der digital gespeicherten Hohen-werte, die als Funktion der Lage der Punkte, die Hohenstruktur des Gelandes hinreichendgenau reprasentieren.

• Bei der Speicherung der Daten ist als zusatzliche Information aufzunehmen, in welcherForm die Daten vorliegen.Liegen nur die Messungsdaten vor, ist zu vermerken, in welcher Art die Vermessung(z. B. Rasteraufnahme oder Aufnahme des Gelandeprtofils) erfolgt ist, und es ist eineUberarbeitung der Messungsdaten erforderlich.Liegen bereits abgeleitete Daten vor, so konnen diese direkt weiterverarbeitet werden.

• Man nutzt dabei oft Polynome, die die Abhangigkeit der Hohe von den Lagekoordi-naten wiedergeben. Die Bestimmung der Koeffizienten dieser Polynome erfolgt uberdie aufgenommenen dreidimensionalen Koordinaten und der Auflosung des zugehorigenGleichungssystems nach der Methode der kleinsten Quadrate (Ausgleichungsrechnung).

H(X,Y ) = a00 + a10X + a01Y + a20X2 + a22XY + a02Y

2 + . . . (2)

wobei H die Hohe, X und Y die Lagekoordinaten und aij die unbekannten Koeffizientendarstellen.

7.3 Digitales Landschaftsmodell

• Das digitale Landschaftsmodell umfasst die digitale Speicherung der als Grundriss be-zeichneten Informationen.

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8 HYBRIDE VERMESSUNG 34

• Jedem Punkt wird als zusatzliche Information beigegeben, um welche Art von Punkt essich handelt.Die Speicherung dieser Information wird sinnvollerweise in der Art durchgefuhrt, wie esbei geographischen Informationssystemen vorgenommen wird. Bei der ALK und auchbei ATKIS werden die Informationen objektweise gespeichert. Das bedeutet, dass demObjekt die Information uber die Art des Objektes beigegeben ist und die zugehorigeGeometrie mit dem Objekt verknupft wird.

8 Hybride Vermessung

(Abschnitt folgt noch)

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9 KALIBRIERUNG ELEKTRONISCHER MESSYSTEME 35

9 KALIBRIERUNG ELEKTRONISCHER MESSYSTE-

ME

9.1 Kalibrierung von EDM

Grundsatzlich wird fur diesen Abschnitt auch auf die Vorlesung und die Ubung im Fach Instru-mentenkunde hingewiesen!

• Bestimmung der Nullpunktskorrektion (Additionskonstante)

– Streckenmessung in allen Kombinationen ohne Sollstrecken

– Streckenmessung in allen Kombinationen mit Sollstrecken

• Bestimmung des zyklischen Phasenfehlers

– Komparatorbank

– Vergleichsstrecke mit Sollstrecken (Verfahren nach Schwendener)

• Bestimmung der Maßstabskorrektion

– Bestimmung der Frequenzabweichung im Labor

– genugend lange Vergleichsstrecke mit Sollstrecken

9.2 Grundsatze zur Anlage von Vergleichsstrecken und zur

Durchfuhrung von Kalibrierungsmessungen

Anlage von Vergleichsstrecken

• Streckenlangen gleichmaßig uber den gesamten Meßbereich verteilen(smax >500m, damit evtl. vorhandener Maßstabsfehler signifikant mit bestimmt werdenkann)

• Langen der Teilstrecken so wahlen, daß Phasenreststucke gleichmaßig uber Feinmaßstabdes EDM verteilt sind (3m, 10m)

• Gelande etwa horizontal; leichter Durchhang in der Mitte verbessert Sichtverhaltnisse

• Punkte annahernd in einer Flucht (Streckenmessung in allen Kombinationen!)

• gleiche meteorologische Bedingungen auf der gesamten Meßstrecke (moglichst Schatten)

• gleichmaßige Oberflache (moglichst Gras, kein Asphalt)

• fester Untergrund (Vermarkung der Bodenpunkte, Stativaufstellungen)besser sind Pfeiler mit Zwangszentrierung

• gute Anfahrmoglichkeit und trotzdem verkehrsarme Lage

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9 KALIBRIERUNG ELEKTRONISCHER MESSYSTEME 36

• Sollstrecken mit ubergeordneter Meßgenauigkeit(z.B. Mekometer ME 5000, geprufte Invarbander, Interferenzkomparator)

Durchfuhrung von Kalibrierungsmessungen

• Instrument austemperieren lassen

• moglichst gunstige meteorologische Verhaltnisse wahlen (bedeckt, leicht windig)bei starker Sonneneinstrahlung =⇒ Feldschirm!

• Instrumenten und Reflektorhohe >1,4m

• geeignete meteorologische Meßinstrumente (Schleuderthermometer, Barometer) verwen-den

• Instrument wegen der Frequenzabhangigkeit von der Betriebsdauer (Einlaufeffekt)wahrend der Messung nicht ausschalten

• fur gesamte Messung stets denselben Reflektor benutzenkeine Reflektoren mit exzentrischer Prismenanordnung verwenden (insbesondere im Nah-bereich)

• außerordentliche Sorgfalt beim Horizontieren und Zentrieren des Reflektors und des EDM

• exakte Anzielung!

• niemals im Modus”Schnellmessung arbeiten“

• spezielle Hinweise des Gerateherstellers beachten:

– autom. Druck- und Temperaturbestimmung ausschalten

– Maßstabsfaktor gleich 1 setzen

– Additionskonstante entsprechend Reflektortyp einstellen

◦ ggf. Ubereinstimmung der optischen und der elektronischen Achse prufen

9.3 Korrektion und Reduktion elektrooptisch gemessener Distanzen

9.3.1 Instrumentell bedingte Korrektionen

• konstanter Anteil: Additionskonstante bzw. Nullpunktskorrektion

• streckenabhangiger Anteil: von der Meßfrequenzabweichung herruhrender Maßstabsfak-tor

Die korrigierte Distanz Dkorr erhalt man nach:

Dkorr = Dgem + c + ∆D

mit: Dgem gemessene Distanzc Nullpunktskorrektion

∆D Korrektion wegen Frequenzabweichung

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9 KALIBRIERUNG ELEKTRONISCHER MESSYSTEME 37

Additionskonstante

• Ausgangspunkt der Streckenmessung liegt nicht in der Stehachse des EDM-Instrumentes(Ursache z.B.: Justierfehler der elektronischen

”Wege“ des Signals im Instrument)

• entspechend gilt dies fur den Endpunkt der Strecke am Reflektor

⇒ Summe beider Einflusse ist Additionskonstante (Nullpunktsfehler)

Normalerweise wird diese Korrektion vom Hersteller fur eine bestimmte Geratekombination aufNull gesetzt.

Frequenzabweichung

• Maßstab von EDM ist durch die Meßfrequenz (Grundfrequenz) des Gerates bestimmt

• Fehler in der Meßfrequenz wirkt sich wie ein Maßstabsfehler auses gilt:

∆D = −Dgem

∆f

f

mit: ∆D Korrektion wegen Frequenzabweichung (im Sinne einer Verbesserung)Dgem gemessene Distanz

f Meßfrequenz (der Feinmessung)∆f Frequenzabweichung (∆f = fist − fsoll)

• Bestimmend fur die”Maßstabsgenauigkeit“ eines EDM ist ist die relative Frequenzab-

weichungHerstellerangabe z.B.

”5 ppm“ (parts per million)= 5 · 10−6 · D

9.3.2 Atmospharisch bedingte Korrektionen

Erste Geschwindigkeitskorrektion

• Ausbreitungsgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle ist abhangig vom Medium,in dem sie sich ausbreitet

• Brechungsindex n und Brechzahl N :

n =c0

cN = (n − 1) · 106 n = N · 10−6 + 1

mit: c0 Lichtgeschwindigkeit im Vakuumc Lichtgeschwindigkeit im Medium

• n ist abhangig von Wellenlange λ, Zusammensetzung (nahezu konst.) und Zustand(abhamgig von meteorol. Parametern) der Atmosphare

• jedes EDM-Gerat nutzt vorgegebenen Wert n0 (Standardatmosphare)

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9 KALIBRIERUNG ELEKTRONISCHER MESSYSTEME 38

• Abweichungen von der Standardatmospare mussen korrigiert werden =⇒ sog.”Erste

Geschwindigkeitskorrektion“:

K1 = Dgem

(n0 − n)

nK1 ≈ Dgem(n0 − n)

mit: Dgem gemessene Distanzn0 dem Instrument zugrunde gelegter Brechungsindex (z.B. Zeiss: n0 = 1, 000255)n Brechungsindex der herrschenden Atmosphare

• korrigierte Distanz:D1 = Dgem + K1

• EDM arbeiten mit modulierten Tragerwellen =⇒ Verwendung eines Gruppenbrechungs-index (Konstante fur ein EDM, λ ist Tragerwellenlange in µm)Formel von Barrel & Sears (fur Normalatm.: T =273K, p =1013,25 hPa, 0,03% CO2):

NGr = (nGr − 1) · 106 = 287, 604 + 3 · 1, 6288

λ2+ 5 · 0, 0136

λ4

• daraus Berechnung der Brechzahl fur den tatsachlichen Luftzustand(t. . . Temperatur in ◦C, p. . . Luftdruck in hPa, e. . . Dampfdruck in hPa, α =0,003661,nGr. . . Gruppenbrechungsindex):

NL · 10−6 = (nL − 1) = 98, 7 · 10−5 (nGr − 1)

(1 + αt)p − 4, 1 · 10−8

(1 + αt)e (3)

• den Dapmfdruck e (Luftfeuchtigkeit) kann man mit einem Aspirationspsychometer1 be-stimmen:

e = E ′ − d · p(T − T ′)

mit: d Konstante (0,000662 bei Messung uber Wasser; 0,000583 bei Mssg. ub. Eis)E ′ SattigungsdampfdruckT ′ FeuchttemperaturT Trockentemperatur

log E ′ =αT ′

T ′ + β+ γ

mit: α Konstante (7,5 bei Messung uber Wasser; 9,5 bei Mssg. ub. Eis)β Konstante (237,3 bei Messung uber Wasser; 265,5 bei Mssg. ub. Eis)γ Konstante (0,7857)

Fehlerbetrachtung:

• Die Differentiation von Gleichung 3 liefert fur t = 15◦C, p = 755Torr (1Torr =1,33322 hPa) und e = 10Torr:

dnL · 106 = −1, 00dT + 0, 29dp − 0, 04de

Das bedeutet: 1◦C Temperaturanderung bedingt 1mm Korrektion auf 1 km3,4 hPa Luftdruckanderung bedingen 1mm Korrektion auf 1 km26,6 hPa Dampfdruckanderung bedingen 1mm Korrektion auf 1 km

1Es werden zwei Temperaturen bestimmt, eine mit trockenem und eine mit feuchtem Thermometer. Mes-sung uber Eis bedeutet, dass das feuchte Thermometer eingefrohren/vereist ist.

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9 KALIBRIERUNG ELEKTRONISCHER MESSYSTEME 39

Zweite Geschwindigkeitskorrektion

• Annahme:Brechungsindex andert sich in den nahen Bodenschichten linear mit der Hohe

=⇒ gemittelter Brechungsindex zwischen Anfangs und Endpunkt der Strecke (aus gemittel-ten meteorolog. Param.) gilt fur Lichtkurve mit Erdradius R

• tatsachliche Lichtkurve verlauft aber wegen Refraktion tiefer (r > R)!

Erdradius R

Bahnradius r

H2

H1

• resultierende Zweite Geschwindigkeitskorrektion:

K2 = −(k − k2)D3

1

12R2D2 = D1 + K2

mit: k Refraktionskoeffizient k = R/rR Erdradius (besser: Krummungsradius im Azimut der zu messenden Strecke)

• Berechnung von R (vgl. Abschnitt ??):

R =√

MN =c

V 2=

a2

b(1 + e′2 cos2 B)

• fur Berlin kann mittlerer Wert R =6383 km angenommen werdender Refraktionskoeffizient betragt etwa k ≈ 0, 125 (Bodenabstand ≫1,4m!)In der bodennahen Luftschicht sind starke Variationen des Refraktionskoeffizientenmoglich!=⇒ daraus ergibt sich K2 = −0, 23 · 10−6 m

km(1mm auf 4 km)

In der bodennahen Luftschicht sind starke Variationen moglich!

Strahlenkrummung

• Lichtwellen breiten sich wegen der Refraktion nicht geradlinig aus

=⇒ Reduktion des Lichtbogens auf die Sehne

K3 = −k2 · D32

24R2D3 = D2 + K3

mit: k Refraktionskoeffizient k = R/rR Erdradius (besser: Krummungsradius im Azimut der zu messenden Strecke)D3 Raumsehne

• Berucksichtigung nur bei sehr großen Distanzen (> 50 km)

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9 KALIBRIERUNG ELEKTRONISCHER MESSYSTEME 40

9.3.3 Geometrische Reduktionen

Reduktion der Sehne auf das Ellipsoid

• Uberfuhrung der Lichtbogensehne D3 auf die Ellipsoidsehne D0

A: Reduktion bei bekannten Punkthohen

(Erdradius)

H2

H1

12

D3

D0

hR

D23 = (R + H1)

2 + (R + H2)2 − 2(R + H1)(R + H2) cos ϑ

cos ϑ = 1 − 2 sin2 ϑ

2sin

ϑ

2=

D0

4R2

=⇒ D0 =

D23 − (∆H2)

(1 + H1

R)(1 + H2

R)

und in der Form D0 = D3 + K0 mit der Korrektion K0:

K0 = D3

1 − (∆HD3

)2

(1 + H1

R)(1 + H2

R)− 1

B: Reduktion bei gemessenen Hohenwinkel

(Erdradius)

H2

H1

1

2

D3

h R

DM

h/2 $s

$gem*

DM = D3 cos βs

worin βs der um den halben Zentriwinkel ϑ/2und den Refraktionswinkel δ korrigierte Hohenwinkelβgem ist

βs = βgem + ϑ/2 − δ

βs ≈ βgem + 4, 34[mgon]D3 [km] cos βgem

D0 = DM(1 − HM

R + HM

)

und in der Form D0 = DM +K0 mit der KorrektionK0:

K0 = −DM · HM

R + HM

mit: D3 RaumsehneD0 Sehne auf dem EllipsoidDM Sehne auf mittlerer HoheHM mittlere Hoheβgem gemessener Hohenwinkelβs korrigierter Hohenwinkelϑ Zentriwinkelδ RefraktionswinkelR Erdradius

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9 KALIBRIERUNG ELEKTRONISCHER MESSYSTEME 41

Reduktion wegen Erdkrummung

• Erde hat gekrummte Oberflache (Ellipsoid, lokal angenahert durch Kugel)

(Erdradius)

DE

R

D0

DE = D0(1 +D2

0

24R2)

und in der Form DE = D0 + KE mit der Korrektion KE:

KE =D3

0

24R2

mit: DE Distanz auf der EllipsoidoberflacheD0 Sehne auf dem EllipsoidR Erdradius

• Anbringung dieser Reduktion erst bei Distanzen >10 km

Reduktion wegen Projektionsverzerrung

• in geodatischer Praxis (Landesvermessung) erfolgt Abbildung des Ellipsoids in die Ebene−→ Gebrauchskoordinatensysteme (Gauß-Kruger-, UTM-, Soldner-Koordinaten)

• Projektionsverzerrung fur Gauß-Kruger-Koordinaten

DPGK= DE(1 +

y2m

2R2) DPGK

= DE + KPGKKPGK

=DE · y2

m

2R2

mit: DPGKDistanz in der Gauß-Kruger-Ebene

DE Distanz auf der Ellipsoidoberflacheym Abstand vom MittelmeridianR Erdradius

Beispiel: ym = 100 km, D = 200m =⇒ Korrektion= +25mm!

• Projektionsverzerrung fur UTM-Koordinaten

DPUTM= DE · mUTM · (1 +

y2m

2R2)

DPUTM= DE + KPUTM

KPUTM= DE(mUTM(1 +

y2m

2R2) − 1)

mit: DPUTMDistanz in der UTM-Ebene

DE Distanz auf der Ellipsoidoberflacheym Abstand vom MittelmeridianR Erdradius

mUTM Maßstabsfaktor der UTM-Abbildung (0,9996; -40cm/km!)

Beispiel: ym = 100 km, D = 200m =⇒ Korrektion= -55mm!

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• Projektionsverzerrung fur Soldner-Koordinaten

DPSol= DE · (1 +

y2m · cos t

2R2)

DPSol= DE + KPSol

KPSol=

DE · y2m

2R2· cos t

mit: DPSolDistanz in der Soldner-Ebene

DE Distanz auf der Ellipsoidoberflacheym Abstand vom Koordinatenursprung in y-Richtung (Abstand von der Abzisse)R Erdradiust Richtungswinkel (Azimut) der Strecke

Beispiel: ym = 20 km, D = 200m, t = 0 gon =⇒ Korrektion= +1mm

9.4 Zur praktischen Anwendung der Reduktionsformeln

9.4.1 Vereinfachungen/Naherungen

Die Ausfuhrungen des vorangegangenen Abschnittes beruhen auf rein theoretischen Uber-legungen. In der Praxis sind Vereinfachungen moglich, insbesondere weenn EDM mittlererGenauigkeit (≥ 5 ppm) verwendet werden.

a) Bei Geraten mit Standardabweichung σ = 5 ppm kann Frequenzabweichung unberuck-sichtigt bleiben.Fur genauere Messungen sollte Kontrolle der Frequenz erfolgen.

AP-Erlaß Brandenburg:”Als Mindestesanforderung sind die Streckenmeßgerate zu

Beginn eines jeden Jahres und nach jeder Reparatur zu prufen.“

b) Auf die Bestimmung der Luftfeuchtigkeit kann wegen des geringen Einflusses beiStrecken kleiner 5 km meist verzichtet werden (bei Messg. mit Lichtwellen!). D.h. Ver-nachlassigung des letzten Gliedes in Gleichung (3):

NL · 10−6 = (nL − 1) = 98, 7 · 10−5 (nGr − 1)

(1 + αt)p

c) Korrektionen proportional D3

R2 (2. Geschwindigkeitskorrektion, Korr. wegen Strahlen- undErdkrummung) konnen naherungsweise zu einer Korrektionsformel zusammengefaßt wer-den (mit Refraktionskoeffizient k = 0, 13):

K2.Ordng = 0, 76D3

24R2

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9.4.2 Zusammenfassung der wichtigsten Korrektionen und Reduktionen

Anmerkung: theoretisch waren in allen Formeln unterschiedliche Werte fur die Strecken (Rohstrecke,Bahnkurve, Sehne,. . . ) einzusetzen. In der Praxis reicht es i.a. aus, uberall einheitlich diegemessene (abgelesene) Rohstrecke Dgem fur alle vorkommenden Streckenbezeichnungeneinzusetzen.

Korrektion/Reduktion Formelwegen

Abweichung der Modulationsfrequenz Kf = Dgemfsoll−fist

f

Nullpunktsfehler Kc = c

1. Geschwindigkeitskorrektion K1 = Dgem(n0 − n)

Krummungsreduktionen und 2.Geschwindigkeitskorrektion

(K2 + K3 + KE) = (1−k)2

24R2 · Dgem

Neigungs- und Hohenreduktion K0 = Dgem

(√

1−(∆HD3

)2

(1+H1

R)(1+

H2

R)− 1

)

Projektionsverzerrung; Gauß-Kruger-Abb. KPGK= Dgem·y2

m

2R2

oder UTM-Abbildung KPUTM= Dgem(m

UTM(1 + y2

m

2R2 ) − 1)

oder Soldner-Abbildung KPSol= Dgem·y2

m

2R2 · cos t

Strecke in der Abbildungsebene:DAbb = Dgem + Kf + Kc + K1 + (K2 + K3 + KE) + K0 + KPAbb

9.5 Kalibrierung von GPS-Antennen

AP-Erlaß Brandenburg:”Die Phasenzentren der Antennen fur die GPS-Empfanger sind zu

prufen, und die Ergebnisse sind nachzuweisen.“

Aktuelle Informationen unter (Stand Oktober 2009):

http://www.ngs.noaa.gov/ANTCAL/

• Antennenphasenzentrum liegt nicht in der Stehachse der Antenne−→ horizontale Exzentrizitat

• Hohe des Antennenphasenzentrums abhangig vom Hohenwinkel des beobachteten Sa-telliten

• kleine azimutale Variationen des Antennenphasenzentrums sind moglich

Bei Verwendung gleicher Antennen in kleinen Netzen und Ausrichtung der Anten-nen (i.a. nach Norden) werden Fehlereinflusse weitgehend eliminiert!

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Abbildung 7: Beispiel fur Variationen des Antennenphasenzentrums

ant_info.002 MLM-99/04/07-60

ANTENNA ID DESCRIPTION DATA SOURCE (# OF TESTS) YR/MO/DY

|AVE = # in average

[north] [ east] [ up ] | L1 Offset (mm)

[90] [85] [80] [75] [70] [65] [60] [55] [50] [45] | L1 Phase at

[40] [35] [30] [25] [20] [15] [10] [ 5] [ 0] | Elevation (mm)

[north] [ east] [ up ] | L2 Offset (mm)

[90] [85] [80] [75] [70] [65] [60] [55] [50] [45] | L2 Phase at

[40] [35] [30] [25] [20] [15] [10] [ 5] [ 0] | Elevation (mm)

JPL D/M+crT DORNE MARGOLIN T NGS ( 0) 97/10/27

0.0 0.0 110.0

0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0

0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0

0.0 0.0 128.0

0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0

0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0

• In GPS-Software konnen entsprechende (auch individuelle) Modelle berucksichtigt wer-den!

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Abbildung 8: Beispiel fur Korrektionsfile (Trimble Geomatics-Office)

;Calibrated antenna : 4000SST L1/L2 Geodetic

;Mean phase center (mm) North East Up

L1NominalOffset = -0.4 -3.7 2.4

L2NominalOffset = -1.6 0.3 5.3

Und zum Schluß: Tips fur Studenten & Berufsanfanger

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