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Der Seele Heimat ist der Sinn Logotherapie in Gleichnissen von Viktor E. Frankl

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  • Der Seele Heimat ist der Sinn

    Logotherapie in Gleichnissen von Viktor E. Frankl

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  • Der Seele Heimat ist der Sinn

    Logotherapie in Gleichnissen von

    Viktor E. Frankl

    Zusammengestellt und kommentiert von

    Elisabeth Lukas

    Kösel

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  • 3. Auflage 2007Copyright © 2005 Kösel-Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbH

    Umschlag: Kaselow Design, MünchenUmschlagfoto: Katharina Vesely. Mit freundlicher Genehmigung

    des Viktor Frankl Instituts, WienDruck und Bindung: Kösel, Krugzell

    Printed in GermanyISBN 978-3-466-36678-1

    www.koesel.de

    Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifizierte Papier

    Munken Premium liefert Arctic Paper Munkedals AB, Schweden.

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  • Inhalt

    . . . . . . . . Prolog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

    . . . . . . . . Geeignete Gleichnisse . . . . . . . . . . . . . . . 17

    . . . . . . . . Wer bist du, o Mensch? . . . . . . . . . . . . . . 2123 Das Flugzeug in den Lüften 25 Das offene Trinkglas 28 Die Schatten dreier Figuren 30 Sicherung und Zündkerze 32 Der Pianist und sein Klavier 34 Der Baumeister und sein Material

    . . . . . . . . Worin die Psychoanalyse irrt . . . . . . . . . . 3739 Was sieht ein Kanalräumer? 41 Gibt es den Storch? 44 Nur 26 Buchstaben? 46 Nur ein Skelett? 48 Der Fluß und das Kraftwerk 51 Der Seiltrick des Fakirs

    . . . . . . . . Die einzigartige Person . . . . . . . . . . . . . . 5355 Ein Würfelspiel 57 Schlag auf den Mund 59 Wagentyp und Fabrikmarke 61 Mehrzellige Lebewesen

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  • . . . . . . . . Wieviel Freiheit haben wir? . . . . . . . . . . . 6365 Der Boden als Sprungbrett 67 Einen Roman schreiben 69 Gespräch im Schützengraben 71 Von der Brücke springen? 73 Sabbat in Permanenz

    . . . . . . . . Der (Alp-)Traum vom Glück . . . . . . . . . . . 7577 Wo ist der Planet Erde? 79 Das gesunde Auge 81 Der zurückkehrende Bumerang 83 Nicht so gut wie Whisky? 85 Napoleons Schlachten 87 Wie die Türe aufgeht

    . . . . . . . . Seelische Fehlhaltungen . . . . . . . . . . . . . 9193 Das Kampffisch-Weibchen 95 Taube und Tausendfüßler 97 Habe Durst gehabt 99 Das Riff bei Ebbe

    101 Der gefährdete Taucher

    . . . . . . . . Professionelle Behandlung . . . . . . . . . . . . 103105 Zum Essen eingeladen? 107 Ein Spiegel mit Flecken 109 In der Wand erschlaffen 111 Der kalifornische Fluglehrer 113 Ärzte sind keine Schwimmlehrer 115 Maler oder Augenarzt?

    . . . . . . . . Das »Sinn-Organ« Gewissen . . . . . . . . . . 117119 Der Hund unter dem Bett 121 Vakatwucherung

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  • 123 Ein Schilling für den Bettler 125 Samuel versteht nicht

    . . . . . . . . Vom Sinn des Lebens . . . . . . . . . . . . . . . . 127129 Symphonie und Alpenglühen 131 Der beste Schachzug 133 Abertausende Filmszenen 137 Wanderung durch die Wüste 139 Unaufgelöster Akkord

    . . . . . . . . Weltanschauung und Wirklichkeit . . . . . . 141143 Kaleidoskop oder Fernglas? 145 Die Seele im Mikroskop? 148 A. Kinsey und der Blutdruck 150 Kettenreaktionen 152 36 wahrhaft Gerechte 154 Besondere Brückenköpfe

    . . . . . . . . Depression, Leid, Schuld . . . . . . . . . . . . . 157159 Figuren vom Brett fegen? 161 Der Blick auf die Staffelei 163 Die Sonne über den Wolken 165 Die Kette zerreißen 167 Das denkende Schilfrohr

    . . . . . . . . Zeit und Vergänglichkeit . . . . . . . . . . . . . 169172 Die Lötstelle im Kreis 174 Schallplatten-Wiedergabe 176 Die Strahlkraft des Radiums 177 Das Stoppelfeld und die Scheune 180 Der Abreißkalender 182 Ewiges Alluvium

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  • . . . . . . . . Glaube und Religiosität . . . . . . . . . . . . . . 185187 Papiertütenherstellung 189 Adern voll Blut 191 Das kleine und das große Feuer 193 Blick durch die Ruinen

    . . . . . . . . ... und über uns der Himmel . . . . . . . . . . . 197199 Echolotung im Ozean 201 Wolken am Himmel 203 Der Goldene Schnitt 205 Der Schmerz des Affen 207 Eines Bildes Fluchtpunkt 210 Der unsichtbare Zuschauer

    . . . . . . . . Ein Zwerg auf der Schulter . . . . . . . . . . . 211

    . . . . . . . . Über die Herausgeberin . . . . . . . . . . . . . . 215

    . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 217217 Auswahl aus den Schriften von Viktor E. Frankl218 Auswahl aus den Schriften von Elisabeth Lukas

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  • Sofern der Arzt praktiziert, geschieht Metaphysik. Viktor E. Frankl

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  • Prolog

    In der Psychotherapie gibt es viele zum Teil widersprüchliche Rich-tungen, sogenannte »Schulen«. Der praktizierende Psychothera-peut weiß über die wichtigsten Bescheid; aber einmal muß er sichfür eine oder wenigstens einige davon »entscheiden«, und dasheißt: sie zu seiner Richtung machen, zu dem, was er vertritt, undzwar nicht nur nach außen hin, seinen Klienten und Patientengegenüber, sondern auch innerlich aus voller Überzeugung. Er mußzu dem stehen, was er lehrt und empfiehlt.

    In meinem Fall fiel schon während meines Studiums die Ent-scheidung für die sogenannte »Dritte Wiener Schule der Psycho-therapie«, die von Viktor E. Frankl begründete Logotherapie. Wiesoeigentlich? Ich vermute, daß dies u. a. mit einem Ereignis aus mei-ner Kindheit zusammenhängt. Dieses Ereignis blieb rund 20 Jahrevergessen, bis es während einer Vorlesung von Viktor E. Frankl, derich als junge Studentin beiwohnte, in meinem Bewußtsein wiederauferstand.

    Es muß 1946 oder 1947 gewesen sein. Wien war zerbombt; aberdas fiel mir als damaligem Vorschulkind natürlich nicht auf. Es warsogar lustig, über die Schutthaufen zu klettern und mit »echten«Bausteinen aus altem Ziegelgemäuer zu spielen. Daß alle Müttervon der ständigen Angst geplagt wurden, wir Kinder könnten beimHerumstöbern auf eine verirrte Mine steigen, die noch in irgend-einem Bombentrichter lag und darauf wartete, bei der geringstenErschütterung hochzugehen, gehört genauso zum Couleur jenerZeit wie die Begräbnisse von Kindergartenfreundinnen von mir, diean Unterernährung und Schwäche gestorben waren.

    Meine Familie bestand aus meinen Eltern, meinen Großelternmütterlicherseits, deren Wohnung im Krieg abgebrannt war, und

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  • mir, also fünf Personen. Daß zwei Zimmer als Lebensraum dafürknapp sind, habe ich bis zu meinem Abitur nicht bemerkt. Dennmit dem Begriff »Wohnung« verband ich in Gedanken hauptsäch-lich unseren Wohnzimmertisch, an dem wir alle, wenn wir zuHause waren, zu sitzen pflegten, jeder an seinem angestammtenPlatz. Da wurde gelesen, gegessen, genäht, gebastelt, da wurdenspäter meine Hausaufgaben geschrieben, immer zwischen Tisch-decken und Abräumen, Anklecksen und Saubermachen. Da wurdeauch miteinander gesprochen – wie war das schön, das Gesprächmiteinander in Freud und Leid! –, da wurde geteilt und mit-geteilt,und niemand war je allein. Ja, der alte Tisch war unsere lebendigeWohnung; der Rest aus Betten und Schränken war nur tote Staf-fage, Hintergrundkulisse für das Herz der Familie.

    An so einem Abend muß es gewesen sein, als wegen Stromaus-fall die Kerzen brannten, der Wind vor den undichten Fensternheulte, was sich daran zeigte, daß die Vorhänge mit dem flackern-den Kerzenschein um die Wette schaukelten, während wir alle umden Wohnzimmertisch saßen. Doch halt, wir waren nicht komplett,mein Vater fehlte noch. Er kam spät von der Arbeit, später alssonst. Vielleicht war meine Mutter bereits etwas besorgt, denn esgab ja kein Telefon, über das er seine verzögerte Rückkehr hätteankündigen können, und die Zeiten waren unsicher. Leute wurdenaus der Not heraus wegen fünf Schillingen umgebracht ...

    An jenem besagten Abend hatte es glücklicherweise einen er-freulichen Grund, daß mein Vater spät heimkam. Er hatte etwas»organisiert«. Feierlich öffnete er seine geflickte Aktentasche undholte zwei Orangen heraus. Es waren die ersten Orangen, die ichin meinem Leben sah. Ich habe keine Ahnung, wo mein Vater sieaufgetrieben hatte; falls es in der Familie besprochen wurde, habeich nicht hingehört. Ich wollte nur eines: damit Ball spielen. Aberschnell wurde ich belehrt, daß »Bälle« solcher Art einem anderenZwecke dienen. Es kann sein, daß meine Mutter die Gelegenheitbeim Schopf ergriff, um mir eine Einführung in die Vitaminkunde

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  • zu erteilen, aber auch davon ist gewiß nichts bei mir hängengeblieben, so aufgeregt waren wir alle über das unerwarteteGeschenk.

    Danach wurde es noch feierlicher. Die Orangen wurden in dieMitte des Tisches gelegt, und während wir die Linsen- oder Brot-suppe, die es täglich als Abendessen gab, löffelten, hingen unsereBlicke an den mild glänzenden Früchten, die eine leckere Nach-speise versprachen. Wie lange hatten meine Großeltern und Elternschon Hunger gelitten und gedarbt? Sieben, acht, neun Jahre? Eswar kein Thema bei uns zu Hause, aber unausgesprochen stand eswohl in ihren mageren Gesichtern und umrandeten Augen ge-schrieben.

    Endlich war es so weit. Die Teller waren in die Küche gewandert,der Tisch war sauber abgewischt, da nahm mein Vater ein Messerund schälte die beiden Orangen behutsam, damit kein Tropfenihres kostbaren Saftes verloren ging. Nach dieser Zeremonietrennte er die einzelnen Spalten ab, zählte sie, dividierte sie durchfünf und legte vor jeden von uns das abgezählte Häufchen Oran-genspalten hin, das einem Fünftel entsprach.

    Was dann geschah, verschmolz zu jenem Erinnerungsbild, dassich tief bei mir einbrennen sollte. Zunächst herrschte Stille undjeder sah begehrlich auf sein »Häufchen« nieder. Dann beganneiner – und ich weiß nicht einmal mehr, wer – sein Häufchen miteiner schlichten Handbewegung zu dem meinigen herüberzuschie-ben. Der nächste folgte, und der nächste. Oma und Opa, Mutti undPapa schoben stillschweigend ihre abgezählten Orangenspaltenauf meinen Platz, und ich – aß sie alle auf einen Sitz. Sie schmeck-ten himmlisch, und ich machte mir als vier- oder fünfjähriges Kindnicht die geringsten Gewissensbisse daraus, der zuschauenden Fa-milie vorzuschwärmen, wie süß sie waren. Aber ich erinnere michnoch an das Lächeln auf den im Kerzenschein fleckigen und vomHunger gefurchten Gesichtern rundum; es war ein Lächeln derFreude.

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  • Wie gesagt, dieses Bild sank auf den Grund meiner Seele undruhte dort, bis es rund 20 Jahre später in einem Hörsaal der Wie-ner Universität wieder zum Leben erwachte. Zu diesem Zeitpunkthatte ich als junge Psychologiestudentin fast sämtliche Werke vonFreud, Jung, Adler, Reich und aus der Pawlowschen Schule mit stei-gendem Interesse gelesen und wußte eine Menge über die Trieb-dynamik im Menschen, über kompensierte Machtgelüste, konditio-nierte Gewohnheiten und dergleichen mehr. Da verschlug es michin eine Vorlesung von Viktor E. Frankl, einem kleinen, weißhaari-gen Professor, von dem ich bis dahin nichts gehört hatte. Er tratvor uns Studenten; und es war, als spräche er eine andere Spracheals die übrigen Psychologielehrer. Er behauptete, daß der Menschzwar einerseits ein hochentwickeltes Tier mit Trieben, Gelüsten undGewohnheiten sei, doch andererseits sich über das Animalische insich selbst erheben könne, sich selbst transzendieren könne – inder Hingabe an eine Aufgabe und in der Begegnung mit anderenMenschen. Ja, daß der Mensch in Wahrheit ganz Mensch nur dortwerde, wo er sich (trotz Trieben, Gelüsten und Gewohnheiten) frei-willig unterordnet einem von ihm erkannten Sinn, den es zu erfül-len gilt, oder einem Liebesdienst, den es zu leisten gilt, was beidesihn zugleich beglückt und erspüren läßt, wozu er auf der Welt ist.

    Der kleine, weißhaarige Professor hatte kaum zehn Minuten ge-sprochen, da tauchten vor meinem geistigen Auge der alte Tisch,die rußigen Kerzen und vier Personen auf, die einem Kind Oran-genspalten zuschieben, die sie selbst bitter benötigen ... Und plötz-lich wußte ich: der Professor hat recht! Die Selbsttranszendenz,die Fähigkeit des Menschen, in der Erfüllung eines Sinnes über sichselbst hinauszuwachsen, gibt es; mehr noch, sie ist das mensch-liche Spezifikum, das uns erst wirklich Mensch sein läßt. EinePsychologie, die dies übersieht, kennt den Menschen nicht.

    Längst sind sie alle tot, meine Großeltern und meine Eltern.Doch daß sie nicht mehr unter uns weilen, nimmt nichts von demweg, was sie getan haben. In der Ewigkeit ist die Handbewegung,

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  • mit der sie einst die Früchte ihres Lebens zu mir herübergeschobenhaben, aufgehoben wie alles andere: unverlierbar. Hätte ich ohnesie meinen Weg als Psychologin zu den Herzen meiner Mitmen-schen gefunden?

    Vielleicht.Vielleicht auch nicht.

    So wünsche ich den Leserinnen und Lesern des vorliegenden Bu-ches, daß es ihnen ähnlich ergehen möge wie mir seinerzeit imHörsaal, als ich Frankl zum ersten Mal live erlebt habe. Mögen dieausgewählten Texte auch in ihnen Erinnerungen an Augenblickewach rufen, in denen sie die ungeheure potentielle Größe desMenschen erschauen haben dürfen, und nicht nur sein ungeheuresElend.

    Elisabeth Lukas

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  • Geeignete Gleichnisse

    ��obald der Kranke seiner wesenhaften Verantwortlichkeitdurch den Psychotherapeuten sich bewußt geworden ist, wirddieser, der Arzt, etwa die Lösung folgender zwei Hauptfragendem Kranken selbst überlassen müssen: 1. Vor wem diesersich verantwortlich fühle – z. B. ob vor dem eigenen Gewis-sen, oder: vor Gott – und 2. wofür er sich verantwortlichfühle, d. h., welchen konkreten Werten er dienend sich zu-wendet, in welcher Richtung er den Sinn seines Lebens fin-det und welche Aufgaben ihn erfüllen.

    Die Lösung dieser Fragen bleibt auf jeden Fall dem Kran-ken selbst vorbehalten. Und wenn er, wie so viele differen-ziertere Persönlichkeiten, sein Ringen um den Sinn seinerExistenz, mit der Frage nach dem Sinn des Lebens, uns of-fenbart, so werden wir ihm vor allem bewußt machen müs-sen, daß letztlich nicht er der Fragende ist, sondern eigentlichder Befragte; daß es dem Urtatbestand der Verantwortlich-keit im Dasein mehr entspräche, wenn er, statt stets nach demSinn des Lebens zu fragen, sich selbst als Befragten erlebte,als Menschen, dem das Leben seinerseits ständig Fragen stellt,als ein Wesen hineingestellt mitten in die Fülle von Aufgaben.Lehrt doch die Psychologie, daß Sinnentnahme auf einer hö-heren Entwicklungsstufe steht als Sinngebung. Zur persön-lichen Fähigkeit jedoch, dem eigenen Leben in seiner Einzig-artigkeit und Einmaligkeit Sinn zu entnehmen, zur Fähigkeitder selbständigen Sinnfindung also, haben wir Psychothera-peuten den Kranken zu bringen.

    Was wir bisher besprochen haben, macht sozusagen denallgemeinen Teil der Logotherapie aus, der nunmehr ergän-

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    zungsbedürftig ist durch deren speziellen Teil, unter dem wiruns jene Technik vorstellen, die mit den vielfältigsten Ein-wänden des Kranken fertig wird, und jene Dialektik, die dieAuflehnung des Menschen gegen die vermeintliche Bürde desVerantwortlichseins, die Flucht vor seiner Freiheit aufhebt.Vor allem wird es unter Umständen notwendig sein, dasAufzeigen der Verantwortlichkeit als eines Grundzugesmenschlichen Daseins dem Verständnis des schlichten Men-schen näherzubringen, in einer möglichst konkretisierendenAlltagssprache, die sich in manchen Fällen nicht scheuendarf, sich geeigneter Gleichnisse zu bedienen.

    Viktor E. Frankl, Logotherapie und Existenzanalyse, S. 21/22

    ��ommentar Dieser Textausschnitt stammt aus einem Aufsatzvon Viktor E. Frankl aus dem Jahr 1938. Der damals 33jährige Arztahnte gewiß nicht, welche furchtbare Leidenszeit und »Prüfungs-zeit« seiner eigenen Verantwortlichkeit mit dem 2. Weltkrieg aufihn zukommen würde. Doch schon hatte er eine Lebensmaximeformuliert, die nicht nur für seine Patienten, sondern auch für ihnselbst durch alle Fährnisse hindurch tragend werden sollte: Wirsind nicht die Fragenden – wir sind die vom Leben her Befragten.Wir sind diejenigen, die dem Leben zu antworten haben – aufunsere beste Weise. Wir können uns die Frage, warum etwas ge-schieht, das uns nicht gefällt, sparen, denn das Leben gibt keineErklärungen ab. Was auch kommen mag, ob es uns gefällt odernicht, sind wir aufgerufen zur »Sinnentnahme«. Eine sinnvolle undverantwortbare Antwort auf die Fakten des Lebens zu geben, isthöchste Lebenskunst.

    Es ist exakt die Kunst, die das Gedankengebäude der Logothe-rapie lehren und vermitteln will. Dazu bedient sie sich, wie wir imText erfahren haben, auch geeigneter Gleichnisse. Frankl selbst hates in seinen Fachbüchern zu einer wahren Meisterschaft der Sym-

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  • bolsprache gebracht, insbesondere bei jenen Themen mit philo-sophischem Tiefgang, für die einfache Worte nicht ausreichenwürden. Wo alle Worte zu wenig wären ..., soll das Gleichnis zuuns sprechen.

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  • Wer bist du, o Mensch?

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