Deutscher Anästhesiecongress 2017 Current congress · – Modul B RC 104 Anästhe-sie 3 WS 154...

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im Namen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensiv- medizin (DGAI) möchte ich Sie sehr herzlich zum 64. Deutschen Anäs- thesiecongress (DAC) 2017 nach Nürnberg einladen. Der DAC 2017 wird unter dem Motto „Personalisierte Medizin – Heraus- forderung und Chancen“ stehen. Ursprünglich wurde mit dem Schlag- wort „personalisierte Medizin“ eine individualisierte Pharmakotherapie bezeichnet, die nicht nur auf das zu behandelnde Krankheitsbild zuge- schnitten ist, sondern eine Vielzahl weiterer, patientenbezogener Fakto- ren wie Konstitution, Geschlecht, Genom und andere individuelle mole- kularbiologische Konstellationen berücksichtigt. In vielen Bereichen der Medizin, insbesondere in der Onkologie, konnten durch diesen Ansatz in den vergangenen Jahren erhebliche Therapieverbesserungen erreicht werden. Aber auch unser Fachgebiet ist „betroffen“. So kennen wir seit Langem den Patienten mit genetischer Disposition zur malignen Hyper- thermie und berücksichtigen dies bei der Auswahl unserer Anästhetika. Laufend kommen neue Erkenntnisse hinzu, die belegen, dass ein starres pharmakotherapeutisches Vorgehen nicht allen Patienten gerecht wird, sei es im Rahmen der Antibiotikatherapie auf der Intensivstation, der Schmerztherapie mit Opioiden oder auch der Begleittherapie mit Plätt- chenhemmern. Die zeitnahe Umsetzung dieses rasch anwachsenden Wissens in der klinischen Praxis stellt für unser Fachgebiet eine große Herausforderung dar. Bei allen Erfolgen der klassischen „personalisierten Medizin“ reift jedoch zunehmend auch die Überzeugung, dass sich personale Eigenschaften nicht nur auf eine molekulare Betrachtungsweise reduzieren lassen, son- dern den gesamten Menschen, seine Fähigkeit zur Reflexion und Selbst- bestimmung, sein soziales Umfeld, seine Wertevorstellungen u.v.m. um- fassen. Als eine Fachdisziplin, die wie kaum eine andere den Patienten im gesamten perioperativen Prozess (im Extremfall vom Notarztwagen über den OP und die Intensivstation bis hin zur schmerztherapeutischen oder auch palliativmedizinischen Nachbetreuung) im Auge hat, ist die Berück- sichtigung auch dieser „weichen“ Faktoren bei der Therapieplanung und -steuerung von herausragender Bedeutung. „Personalisiert“ steht hierbei für „individualisiert“ und hebt darauf ab, dass beispielsweise Leitlinien und Empfehlungen zwar für viele Patienten, aber eben nie für alle Patien- ten gleichermaßen sinnvoll und anwendbar sind. Vielmehr muss im Ein- zelfall im Sinne der Patienten von allgemeinen Standards zugunsten einer für das Individuum optimierten Medizin abgewichen werden. Sowohl die Identifikation von Konstellationen, die einer personalisierten Herangehensweise bedürfen, als auch die Auswahl des dann besten, indi- viduellen Vorgehens stellen eine große medizinische Herausforderung dar. Zahlreiche der auf dem DAC 2017 geplanten Veranstaltungen wer- den dieses Thema für die verschiedenen Säulen unseres Faches auf dem Boden der aktuellen wissenschaftlichen Literatur beleuchten und Lö- sungsstrategien aufzeigen – und damit Chancen eröffnen zum Wohle der uns anvertrauten Patienten. Ich lade Sie auch im Namen des wissenschaftlichen Komitees schon jetzt ein, sich an dieser spannenden Diskussion zu beteiligen. Nutzen Sie die Gelegenheit des Kongresses auch für den Gedankenaustausch mit Kolle- ginnen und Kollegen, Pflegekräften und der Industrie sowie für den per- sönlichen Zugewinn an aktuellstem Wissen, wie ihn so nur ein wissen- schaftlich ausgerichteter Fachkongress bieten kann. In diesem Sinne freue ich mich schon jetzt, Sie zum DAC 2017 in Nürnberg begrüßen zu dürfen. NürnbergConvention Center, NCC Ost 03.– 05. Mai 2017 Deutscher Anästhesiecongress 2017 Current congress 5 Maternal critical care Die strukturellen und organisatorischen Anforderungen an die perinatologische Versorgung nehmen kontinuierlich wei- ter zu. Zum Ausdruck kommt dies auch in Form neuer Leitlinien und Empfehlungen. 15 Nürnberg Lange Weile kommt in Nürnberg nicht auf: Neben einer wunderschönen Alt- stadt laden moderne Einkaufsstraßen zum Shopping ein. 16 Big Data in AINS Big Data ist ein hochgradig aktuelles The- ma der modernen Medizin. Insbesondere in der Anästhesiologie und Intensivmedi- zin laufen verschiedenste perioperativ ge- nerierte Daten zusammen. Die Interpre- tation der großen Datenmengen gehört zu den zukünftigen Kernkompetenzen medizinischen Personals. Bild: KH Krauskopf Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, Bild: NürnbergMesse Prof. Dr. Bernhard Zwißler Präsident der DGAI 2017/2018 und Kongresspräsident 2017

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im Namen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensiv-medizin (DGAI) möchte ich Sie sehr herzlich zum 64. Deutschen Anäs-thesiecongress (DAC) 2017 nach Nürnberg einladen.Der DAC 2017 wird unter dem Motto „Personalisierte Medizin – Heraus-forderung und Chancen“ stehen. Ursprünglich wurde mit dem Schlag-wort „personalisierte Medizin“ eine individualisierte Pharmakotherapie bezeichnet, die nicht nur auf das zu behandelnde Krankheitsbild zuge-schnitten ist, sondern eine Vielzahl weiterer, patientenbezogener Fakto-ren wie Konstitution, Geschlecht, Genom und andere individuelle mole-kularbiologische Konstellationen berücksichtigt. In vielen Bereichen der Medizin, insbesondere in der Onkologie, konnten durch diesen Ansatz in den vergangenen Jahren erhebliche Therapieverbesserungen erreicht werden. Aber auch unser Fachgebiet ist „betroffen“. So kennen wir seit Langem den Patienten mit genetischer Disposition zur malignen Hyper-thermie und berücksichtigen dies bei der Auswahl unserer Anästhetika. Laufend kommen neue Erkenntnisse hinzu, die belegen, dass ein starres pharmakotherapeutisches Vorgehen nicht allen Patienten gerecht wird, sei es im Rahmen der Antibiotikatherapie auf der Intensivstation, der Schmerztherapie mit Opioiden oder auch der Begleittherapie mit Plätt-chenhemmern. Die zeitnahe Umsetzung dieses rasch anwachsenden Wissens in der klinischen Praxis stellt für unser Fachgebiet eine große Herausforderung dar.Bei allen Erfolgen der klassischen „personalisierten Medizin“ reift jedoch zunehmend auch die Überzeugung, dass sich personale Eigenschaften nicht nur auf eine molekulare Betrachtungsweise reduzieren lassen, son-dern den gesamten Menschen, seine Fähigkeit zur Reflexion und Selbst-bestimmung, sein soziales Umfeld, seine Wertevorstellungen u.v.m. um-fassen. Als eine Fachdisziplin, die wie kaum eine andere den Patienten im gesamten perioperativen Prozess (im Extremfall vom Notarztwagen über den OP und die Intensivstation bis hin zur schmerztherapeutischen oder auch palliativmedizinischen Nachbetreuung) im Auge hat, ist die Berück-sichtigung auch dieser „weichen“ Faktoren bei der Therapieplanung und

-steuerung von herausragender Bedeutung. „Personalisiert“ steht hierbei für „individualisiert“ und hebt darauf ab, dass beispielsweise Leitlinien und Empfehlungen zwar für viele Patienten, aber eben nie für alle Patien-ten gleichermaßen sinnvoll und anwendbar sind. Vielmehr muss im Ein-zelfall im Sinne der Patienten von allgemeinen Standards zugunsten einer für das Individuum optimierten Medizin abgewichen werden.Sowohl die Identifikation von Konstellationen, die einer personalisierten Herangehensweise bedürfen, als auch die Auswahl des dann besten, indi-viduellen Vorgehens stellen eine große medizinische Herausforderung dar. Zahlreiche der auf dem DAC 2017 geplanten Veranstaltungen wer-den dieses Thema für die verschiedenen Säulen unseres Faches auf dem Boden der aktuellen wissenschaftlichen Literatur beleuchten und Lö-sungsstrategien aufzeigen – und damit Chancen eröffnen zum Wohle der uns anvertrauten Patienten.Ich lade Sie auch im Namen des wissenschaftlichen Komitees schon jetzt ein, sich an dieser spannenden Diskussion zu beteiligen. Nutzen Sie die Gelegenheit des Kongresses auch für den Gedankenaustausch mit Kolle-ginnen und Kollegen, Pflegekräften und der Industrie sowie für den per-sönlichen Zugewinn an aktuellstem Wissen, wie ihn so nur ein wissen-schaftlich ausgerichteter Fachkongress bieten kann. In diesem Sinne freue ich mich schon jetzt, Sie zum DAC 2017 in Nürnberg begrüßen zu dürfen.

NürnbergConvention Center, NCC Ost 03.–05. Mai 2017

Deutscher Anästhesiecongress 2017

Current congress

5 Maternal critical careDie strukturellen und organisatorischen Anforderungen an die perinatologische Versorgung nehmen kontinuierlich wei­ter zu. Zum Ausdruck kommt dies auch in Form neuer Leitlinien und Empfehlungen.

15 NürnbergLange Weile kommt in Nürnberg nicht auf: Neben einer wunderschönen Alt­stadt laden moderne Einkaufsstraßen zum Shopping ein.

16 Big Data in AINSBig Data ist ein hochgradig aktuelles The­ma der modernen Medizin. Insbesondere in der Anästhesiologie und Intensivmedi­zin laufen verschiedenste perioperativ ge­nerierte Daten zusammen. Die Interpre­tation der großen Datenmengen gehört zu den zukünftigen Kernkompetenzen medizinischen Personals.

Bild: KH Krauskopf

Liebe Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Damen und Herren,

Bild: NürnbergMesse

Prof. Dr. Bernhard ZwißlerPräsident der DGAI 2017/2018 und Kongresspräsident 2017

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2 Current congress | Wissenschaftliches Programm Stand bei Drucklegung

Hauptsitzungen Zukunftswerkstatt BDA/DGAI Refresher Course ePoster Freie Vorträge Thementische BDA-Veranstaltungen Pro & Con Sitzungen / Fallkonferenzen Arbeitskreise Satellitensymposien Pflegekongress Sonderveranstaltungen Workshops Workshops für Ärzte und Pflegende

Zeitplan Mittwoch, 03. Mai 2017

07.30 07.30

08.00 08.00

08.30 08.30

09.00 09.00

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10.00 10.00

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17.00 17.00

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18.00 18.00

19.00 19.00

20.00 20.00

Zeit3. OG 2. OG 1.OG Halle 7 Foyer NCC Ost ZG 1. OG

ZeitSaal Tokio

Saal Shanghai

Saal Seoul

Saal Singapur

Saal Neu-Delhi

Foyer Seoul/Shanghai

Saal St. Petersburg

Saal Istanbul

Saal Kiew

Saal Kopen hagen Saal Oslo Saal Riga Saal

StockholmSaal

Helsinki Saal Prag Saal Budapest

Saal Krakau

Saal Sydney

Saal Hongkong Saal A Saal B Saal C Saal D Raum

FürthRaum Nürnberg / Raum Erlangen

Foyer Saal Sydney

SO 101Medizi-nische Einsatz-teams

HS 101Ausbildung Notfall-medizin

HS 102DOAKs und Aggr.hemmer

HS 103End of Life

HS 104Sepsis 2017

HS 105Neues i.d. Neuroan-ästhesie

WS 141EKG für Anästhe-siologen – Teil 1

WS 142Reg.anästh. Periph.Nerv.bl. – Untere Extremität

SO 102Wiss. Vortrags-wettbewerb – Klinische Forschung

WS 143Schock-raum (Theo rie)

WV 1ZNS und volatile An-ästhetika

WS 144Atemwegs-sich. bei Kindern u. Erwachse-nen – Modul A

RC 101Intensiv-medizin 1

RT 251Kinderan-ästhesie LH-tomie

WS 145Nierenersatzverfahren – Grundlagen

PO 1.1Airway

PO 1.2Lunge und Beatmung

BDA 191Rechts-seminar

AK 101Ophth. anäs.FK 131

Kardioan-ästhesie

WS 146Neuromoni-toring

AK 101MV WS 147

Thoraxan-ästhesie

WS 148Einweisung

FK 132Schmerz-the rapie

HS 106Patienten-sicherheit

SAT 101 Bayer NOAKs auf der Notauf-nahme und Intensiv-station

SAT 102 B. BraunNormen, Leitlinien u. Empfeh-lungen in Anästh. u. Int.med.

AK 102Geschichte

HS 113Anästhe-siologie: Vorreiter in Aus- u. Weiterb.

SO 103Risiko-Auf-klärung v. Anästhesie

RC 102Anästhe-sie 1

RT 151Das autis-tische Kind

RC 103Anästhe-sie 2

WS 149Schock-raum (Simula-tor)

HS 107Techn. Verfahren

AK 102MV

WV 2Lunge und Beatmung

PO 1.4Monito-ring SO 104

Wiss. Vortrags-wett bewerb – Grund-lagenor. Forschung

WS 150Der geria-trische Patient im perioperati-ven Setting

PO 1.3Kinderan-ästh. u. Geb.hilfe

FK 133Intensiv-med. 1 WS 151

Reg.anästh. Periph.Nerv.bl. – Obere Extremität

AK 103 MV Not -fall medizin WS 152

Neuromo-nitoring (Wdh.)

HS 108Weiterbil-dungsord-nung

WS 153Atemwegs-sich. bei Kindern u. Erwachse-nen – Modul B

RC 104Anästhe-sie 3

WS 154Nierenersatzverfahren – Fortgeschrittene

HS 109Regional-anästhesie – Update

FK 134Geburtsh. Anästh.

WV 3Perioperati-ve Effekte

RC 105Intensiv-medizin 2

WS 155Schock-raum (Simula-tor) (Wdh.)

RT 152Frühgeb. im Zentral-OP

HS 110Komplexe Infektionen

HS 111Struktur-wandel im Rettungs-dienst

HS 112Transfu-sion

BDA 192Gutachter-seminar AK 104

MV Kardio-anästhesie

Hellmut-Weese-

Gedächtnis-Vorlesung

Saal Tokio 18.00 – 19.30 Uhr Kongresseröffnung

Mittwoch, 03. Mai 2017

Zeitplan

Hauptsitzungen Zukunftswerkstatt BDA/DGAI Refresher Course ePoster Freie Vorträge Thementische BDA-Veranstaltungen Pro & Con Sitzungen / Fallkonferenzen Arbeitskreise Satellitensymposien Pflegekongress Sonderveranstaltungen Workshops Workshops für Ärzte und Pflegende

Donnerstag, 04. Mai 2017

07.30 07.30

08.00 08.00

08.30 08.30

09.00 09.00

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10.00 10.00

10.30 10.30

11.00 11.00

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12.00 12.00

12.30 12.30

13.00 13.00

13.30 13.30

14.00 14.00

14.30 14.30

15.00 15.00

15.30 15.30

16.00 16.00

16.30 16.30

17.00 17.00

17.30 17.30

18.00 18.00

18.30 18.30

19.00 19.00

Zeit3. OG 2. OG 1.OG Halle 7 Foyer NCC Ost ZG 1. OG

ZeitSaal Tokio

Saal Shanghai

Saal Seoul

Saal Singapur

Saal Neu-Delhi

Foyer Seoul/Shanghai

Saal St. Petersburg

Saal Istanbul

Saal Kiew

Saal Kopen hagen Saal Oslo Saal Riga Saal

StockholmSaal

Helsinki Saal Prag Saal Budapest

Saal Krakau

Saal Sydney

Saal Hongkong Saal A Saal B Saal C Saal D Raum

FürthRaum

Nürnberg Raum

ErlangenFoyer Saal Sydney

HS 201Gerin-nungsma-nagement

HS 202Quo vadis Kinder-anästhesie

FK 231Thorax-anäst.

HS 203 Echokar-diografi e

HS 204Zuwan-derer als Patienten

WS 241Sonographie für die Intensivme-dizin

AK 201QM u. Ökonomie

HS 205Sepsis Neue Evidenz

WS 242Atemwegs-sich. bei Kindern u. Erwach-senen – Modul C

RC 201Notfall-medizin PC 221

Epidurale HS 206Neuroan-ästhesie

HS 207Cannabis

WV 4Intensiv-medizin

RC 202Anästhe-sie 4

WS 243Schock-raum (Si-mulator) (Wdh.)

PO 2.1Pharma-kologie

PO 2.2Recusita-tion und Trauma

WS 244EKG für Anästhe-siologen – Teil 2

AK 201MV

WS 245Klinische Lehre „Train the Trainer“

FK 232Intensiv-med. 2

HS 208ARDS und Weaning

SAT 201 CSL BehringTherapie von Blutungen

PC 222Analgose-dierung

HS 209Arbeitsver-dichtung

AK 202Wiss. Nachwuchs WAKWIN

AK 203Schmerz

HS 210Indiv. Medizin

SO 201Volumen-therapie

RC 203Intensiv-medizin 3

RT 252Kinderan-ästhesie Blutung

SAT 202BaxterKriterien f. d. Entschei-dung best. Anästhe-tika

FK 233Notfall-med.

AK 204Thorax-chirurgie

HS 211Neurol. Asp. Allg.anästh.

AK 205-1Extremsi-tuationen

AK 203MV RC 204

Schmerz-therapie

WS 246Atemwegs-sich. bei Kindern u. Erwach-senen – Modul D

PO 2.3Schmerz-therapie

PO 2.4Regional-anästhesie

WV 5Schmerz-therapie und Prozesse

AK 204MV

HS 212Persona-lisierte Med.

AK 205-2Intensive Care

AK 202MV

SO 202Big Data in AINS

FK 234Geburts-hilfe

HS 213Passt das Kind zur Leitlinie?

BDAMV

HS 214Kreislauf-versagen

SAT 203ViforPatient Blood Manage-ment

AK 206Zahnärztl. Anästhesie

SAT 204ratiopharmPeriop. Hypotonie u. Hämo-dynamik

SAT 205GrünenthalRelaxieren und rever-sieren

AK 205MV

RT 253Intensiv-medizin – Zurück ins Leben

SO 203Leitlinien

FK 235Kinderan-ästh.

WS 247EEG- und TCI-Steuerung

PC 223Sonogr. i. Notarzt-dienst

AK 207Lunch-meeting WAKWIN

PK 1Bewegung ist alles AK 206

MVBDA 291Workshop youngBDA

HS 215Gerin-nungsthe-rapie

PO 2.5Intensiv-medizin

PO 2.6Die prä- u. postop.Phase

HS 216Notfall-medizin b. Terrorlagen

WS 248Atemwegs-sich. bei Kindern u. Erwach-senen – Modul E

FK 236Notfall-med.

AK 209Entw.länder

ZKW 291Update OP-Ma-nagement

AK 208 MVPalliativm.

SAT 206DrägerProtektive Beatmung im OP

WS 249Zwischen-falltrai-ning am Anästh.simulator

RT 254Kinderan-ästhesie Kreißsaal

HS 217Anforde-rungen Kinderan-ästhesist

HS 220Hyperinfl . o. Immun-paralyse

SO 204AINS persona-lisiert

HS 218Risiko-faktoren

HS 219Int.med. outside the box

PK 2Schnitt-stelle OP PC 224

Hüftchir-urgie

AK 210Dt.-Russ. Anästh.

AK 211 MV Neuro-anästhesie

FK 237Allgemein-anästh. 1

DGAIMV

Donnerstag, 04. Mai 2017

ImpressumRedaktionSimone Müller (V.i.S.d.P.)Rüdigerstr. 14, 70469 StuttgartTel. 0711/[email protected] & LayoutKarl-Heinz ZobelVerantwortlich für den AnzeigenteilThieme.mediaPharmedia Anzeigen- und Verlagsservice GmbHConny Winter (Anzeigenleitung)Rüdigerstraße 14, 70469 StuttgartTel.: 0711/[email protected] gilt Anzeigenpreisliste Nr. 15, gültig seit 1.1.2017DruckGrafisches Centrum Cuno, CalbeVerlagKarl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart

HinweisGezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Eine Haftung für die Richtigkeit der Veröffentlichung können Verlag und Redaktion trotz sorgfältiger Überprüfung nicht übernehmen. Anzeigen und Fremd-beilagen stellen allein die Meinung der dort erkennbaren Auftraggeber dar.Für Angaben über Dosierungsanweisun-gen, Applikationsformen und Laborwerte kann vom Verlag keine Gewähr übernom-men werden.Die Beiträge unter der Rubrik „Forum der Industrie“ stehen nicht in Zusammenhang mit den wissenschaftlichen Inhalten der Kongress zeitung. Die Rubrik „Forum der Indus trie“ enthält Beiträge, die auf Unternehmens informationen basieren und erscheint außerhalb der Verantwor-tung des Kongresspräsidiums. Einzelne Beiträge sind ganz oder teilweise von einem Unternehmen gesponsert und separat gekennzeichnet.

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3Current congress | Wissenschaftliches Programm

Hauptsitzungen Zukunftswerkstatt BDA/DGAI Refresher Course ePoster Freie Vorträge Thementische BDA-Veranstaltungen Pro & Con Sitzungen / Fallkonferenzen Arbeitskreise Satellitensymposien Pflegekongress Sonderveranstaltungen Workshops Workshops für Ärzte und Pflegende

Zeitplan Freitag, 05. Mai 2017

07.30 07.30

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17.00 17.00

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18.00 18.00

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19.00 19.00

Zeit3. OG 2. OG 1.OG Halle 7 Foyer NCC Ost ZG 1. OG

ZeitSaal Tokio

Saal Shanghai

Saal Seoul

Saal Singapur

Saal Neu-Delhi

Foyer Seoul/Shanghai

Saal St. Petersburg

Saal Istanbul

Saal Kiew

Saal Kopen hagen Saal Oslo Saal Riga Saal

StockholmSaal

HelsinkiSaal Prag /

Saal BudapestSaal

KrakauSaal

SydneySaal

Hongkong Saal A Saal B Saal C Saal D Raum Fürth

Raum Nürnberg

RaumErlangen

Foyer Saal Sydney

HS 301Reanima-tion

PK 3Kinderan-ästhesie

HS 302Ambulante Anästhesie

HS 303Akut-schmerz-therapie

SO 301Kranken-hausstruk-turgesetz

AK 301Sono

AK 302Kinderan-ästhesie – WAKKA aktuell

PC 321Patienten-wille

SO 302Intensiv-medizin

WS 341Zwischen-falltrai-ning am Anästh.simulator (Wdh.)

FK 331Allg. anäs th. 2

AK 303Atemwegs-manag.

AK 301MV

AK 304Reg.- und gebh. Anästhe-sie

DAAFPräsidium

AK 305Stud. Lehre u. Simulator

WS 342Perkutane Tracheo-tomie

AK 303MV

SAT 301MaquetUpdate Pe-rioperatives Monitoring

PK-WS 1Reanimation 1: Basismaßnahmen

AK 302MV

AK 306Gerontoan-ästhesio-logie

PO 3.1Intraope-ratives Manage-ment

PO 3.2Prozess-analysen in AINS

FK 332Reg.anästh.

HS 304Neues in der Notfall-medizin

PK 4Komplexe Medizin-produkte

DAAFMV

AK 307Anästhesie und Recht

HS 305Mit Qualität überzeu-gen

HS 306Therapie-zielände-rung

BDA 391GOÄ-Seminar

AK 308Int.med.

AK 304MV

HS 307Sonogra-phie i. d. Intensiv-med.

PK-WS 2Schwieriger Atemweg

HS 308Geburts-hilfl iche Anästhesie

FK 333Neuroan-ästh.

WS 343Care Planning

HS 309Multior-ganversa-gen

WS 344Zwischen-falltrai-ning am Anästh.simulator (Wdh.)

AK 307 MV

RT 351Duraper-foration nach CSE

PK 5Intensiv-pfl ege und Manage-ment

SO 303Schmerz-therapie

SAT 302GrünenthalPostope-rative Schmerz-therapie

SO 30440 Jahre DAAF

SAT 303SinteticaDie allge-genw. periop. Hypotonien – Strategien u. Lösungen

PC 322Big Data Int.med.

WS 345Erwei-tertes hämody-nami-sches Mo-nitoring

HS 310Zentrale Notauf-nahme

PK 6Wärmema-nagement

HS 311Palliativ-medizin gestalten

WS 346Echokardi-ografi e und Notfall-Lungenso-nografi e

WS 348Feststellung des irre-versiblen Hirnfunk-tionsausfalls (Hirntod-diagnostik)

HS 312Hot Topics Intensivme-dizin

ZKW 391Die Unter-nehmer-berater

PK-WS 3Schwieriger Atemweg (Wdh.)

PK-WS 4Reanimation 2: Mega-Code-Training

PC 323Troponin

PK 7Integration u. Zusam-menarbeit

Programm-kommis-sionDAC 2018

WS 347Zwischen-falltrai-ning am Anästh.simulator (Wdh.)

RT 352Pitfalls Blut-druck-messung

HS 313Amb. Kinderan-ästhesie

HS 314Techniken Reg.anästh.

HS 315Sauerstoff-versorgung

HS 316Chron. Schmerz-therapie

HS 317Der Patient 65+

ZKW 392Genbasierte Therapie BDA 392

Rechts-seminar Ltd. Ärzte

HS 318Qualitäts-sicherg. Int.med.

SO 305Patienten-verfügung

PC 324Konditio-nierung

Stand bei Drucklegung

Freitag, 05. Mai 2017

Anästhesiologisch geleitete Medical Emergency TeamsImplementierung und Ergebnisqualität

Anästhesiologie hat als eines der ersten Fachgebiete einen besonderen Fokus auf Pati-entensicherheit gelegt. Der bereits 1999 veröffent-lichte Bericht „To Err is Human“ des Institute of Medicine hebt die

außergewöhnliche Reduzierung der anästhesiebedingten Morta-lität von 2 Todesfällen pro 10 000 Narkosen auf einen Todesfall pro 200 000–300 000 Narkosen hervor. Narkosen können heut-zutage als weitestgehend sicher angesehen werden. Weitet man aber den Blick auf die Pers-pektive des Patienten und den Krankenhausaufenthalt, so sind derart dramatische Verbesserun-gen der Patientensicherheit und der Behandlungsergebnisse noch weit entfernt, konstatiert Leif Saager, Ann Arbor.

Sowohl chirurgische als auch nicht operative Patienten erleiden teils schwerwiegende Komplikationen während ihrer Hospitalisierung [1]. Die Identifizierung und Initial-therapie ist häufig verzögert oder inadäquat und resultiert oft in ei-ner drastischen Verschlechterung des Patientenzustandes [2, 3]. Wir wissen jedoch, dass bis zu 80 % die-ser Patienten bereits mehrere Stunden vor dem eigentlichen ka-tastrophalen Ereignis Anzeichen zunehmender Instabilität zeigen [3, 4]. Während Anästhesiologen üblicherweise in den kranken-

hausweiten „Herzalarm“ oder das „Rea-Team“ eingebunden sind, greift das Konzept des Medical Emergency Teams (MET) oder Ra-pid Response Teams (RRT) früher.

Ziel des Medical Emergency Teams (MET)Ziel ist es, bei den ersten Anzei-chen einer möglichen Verschlech-terung des Patientenbefindens in-tensivmedizinische Expertise schnell und wo immer im Kran-kenhaus nötig zur Verfügung zu stellen. Nach initialer klinischer Einschätzung und in enger Ab-stimmung mit dem primär versor-genden Team kann der Patient entweder rasch stabilisiert und eine drastische Verschlechterung abgewendet werden, oder durch eine frühzeitige Verlegung auf In-tensiv- oder Intermediate-Care-Station eine aggressivere Behand-lungsstrategie initiiert werden.

Signifikante Reduktion von Komplikationen durch METMehrere Kohortenstudien konn-ten eine signifikante Reduktion von Herz-Kreislauf-Stillständen, postoperativen Komplikationen und Mortalität nach Implementa-tion eines MET nachweisen [5, 6]. Das Cleveland-Clinic-Healthcare-System ist mit 41 000 Angestellten und 6,5 Milliarden Dollar Jahres-umsatz eines der größten Kran-kenhäuser der USA. Das Institut für Anästhesiologie umfasst 11 kli-nische Abteilungen und erbringt > 120 000 Anästhesien und 44 000 Intensivtage pro Jahr. 2012 wurde ein 30-köpfiges interprofessionel-les, innerklinisches Kompetenz-team aus Anästhesiologen,

Krankenschwestern/-pflegern und Atemtherapeut als MET-Team un-ter anästhesiologische Leitung ge-stellt. Von initial 2258 MET-Akti-vierungen pro Jahr in 2011 gelang ein signifikanter Anstieg auf 5482 MET-Aktivierungen in 2015. Über denselben Zeitraum konnte die Anzahl an Reanimationen auf Nor-malstationen nahezu halbiert wer-den.

Die häufigsten Ursachen einer MET-AktivierungEin umfassendes elektronisches Qualitätsmanagementsystem mit klinischer Datenbank erlaubt eine detaillierte Dokumentation, Ana-lyse und Nachbearbeitung jedes einzelnen Einsatzes. Respiratori-sche Komplikationen, Aspiration, Hypovolämie und kardiogener Schock sind die häufigsten Ursa-chen einer MET-Aktivierung und spiegeln in direkter Weise anäs-thesiologische Kernkompetenzen wie schnelle klinische Einschät-zung des instabilen Patienten, Atemwegsmanagement auch un-ter widrigen Bedingungen und dif-ferenzierte Therapie zur hämody-namischen Stabilität wider.

Das höchste Aufkommen an MET-AktivierungenDas höchste Aufkommen an MET-Aktivierungen findet sich bemer-kenswerterweise nicht auf chirur-gischen, sondern auf internistisch/nephrologisch/onkologisch ausge-richteten Stationen. Damit bieten anästhesiologisch geführte METs die Gelegenheit, Kernkompeten-zen der Anästhesiologie über den OP und die Intensivstation hinaus für das Wohlergehen des Patienten einzubringen, das Fachgebiet wei-terzuentwickeln, neue Patienten-populationen zu erschließen so-wie zusätzlichen Nutzen für das Krankenhaus darzustellen.

Leif Saager, MD, MMM, FCCM, FCCPDepartment of Anesthesiology, University of Michigan, Ann Arbor

Literatur1 McGlynn EA, Asch SM, Adams J et al.

The quality of health care delivered to adults in the United States. New Engl J Med 2003; 348: 2635–4265

2 Lundberg JS, Perl TM, Wiblin T et al. Septic shock: an analysis of out-comes for patients with onset on hospital wards versus intensive care units. Crit Care Med 1998; 26: 1020–1024

3 Buist MD, Jarmolowski E, Burton PR et al. Recognising clinical instability in hospital patients before cardiac arrest or unplanned admission to intensive care. A pilot study in a ter-tiary-care hospital. Med J Aust 1999; 171: 22–25

4 Franklin C, Mathew J. Developing strategies to prevent inhospital car-diac arrest: analyzing responses of physicians and nurses in the hours before the event. Crit Care Med 1994; 22: 244–247

5 Bellomo R, Goldsmith D, Uchino S et al. Prospective controlled trial of effect of medical emergency team on postoperative morbidity and mortality rates. Crit Care Med 2004; 32: 916–921

6 Bellomo R, Goldsmith D, Uchino S et al. A prospective before-and-after trial of a medical emergency team. Med J Aust 2003; 179: 283–287

L. Saager

Mittwoch, 03. Mai 2017

Patientensicherheit im perioperativen Bereich12:00–13:30 Uhr, Saal Shanghai(13:00–13:30 Uhr: Anästhesiologisch geleitete Medical Emergency Teams – Implementierung und Ergebnis­qualität)

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4 Current congress | Highlights

Donnerstag, 04. Mai 2017

Volumentherapie in der perioperati­ven Medizin

10:00–11:30 Uhr, Saal Sydney(10:00–10:30 Uhr: Balancierte Kristal­loide – Pflicht oder nur Kür?)

M. Rehm

Volumentherapie in der perioperativen MedizinBalancierte Kristalloide – Pflicht oder nur Kür?

Über die richtige Wahl der Infusions-lösung im Rahmen der perioperativen Volumenthera-pie gab es in den letzten Jahren eine intensiv geführte Debatte. In den Fokus rückten dabei die negativen Auswirkungen ei-

ner durch die Infusion von „phy-siologischer“ Kochsalzlösung ausgelösten Hyperchloridämie auf den Säure-Basen-Haushalt und das Patientenoutcome. Der Einsatz balancierter Kristalloide mit annähernd physiologischen Elektrolytkonzentrationen sollte in diesem Zuge eine Chlorid-überladung im Körper vermei-den. Das Prinzip erscheint lo-gisch, aber wird es nach Analyse der neuesten klinischen Daten auch zur Pflicht in der periope-rativen Medizin? Diese Frage beantwortet Ihnen Prof. Markus Rehm, München.

Als einer der Pioniere in der Ent-wicklung von intravenösen Lösun-gen gilt Dr. Thomas Latta mit sei-nem Ansatz, eine Salzlösung nicht rektal, sondern wie er es nannte „direkt in die Zirkulation zu wer-fen“. Einsatzgebiet seiner Therapie war die Cholerainfektion, die zu seiner Zeit 1832 in Europa gras-sierte [1]. Als Abwandlung dieser ersten Salzlösung beschrieb Har-

tog Jakob Hamburger die „isotone“ 0,9 %ige Kochsalzlösung (NaCl), ba-sierend auf nur einem In-vitro-Versuch aus dem Jahre 1888, wel-che heute noch die wohl meistbe-nutzte Infusionslösung weltweit darstellt [1]. Seitdem entwickelten sich intravenöse Lösungen konti-nuierlich auf der Suche nach der perfekten Zusammensetzung hin zu den balancierten Kristalloiden weiter. Diese Lösungen werden aktuell in immer größerem Um-fang eingesetzt.

Das Stewart-Modell als Erklärung komplexer metabolischer StörungenEiner der treibenden Faktoren für diese Entwicklung war der Ansatz von Peter Stewart aus den 80er Jahren, der ein System von unab-hängigen Variablen mit paCO2, der gesamten Menge der schwachen Säuren (A- diese besteht aus den negativen Ladungen von Albumin und Phosphat) und der Differenz der starken Ionen (SID = Na+ + K+ – Cl- - Laktat) etablierte [2]. Dies machte die Veränderungen der ab-hängigen Variablen H+, Bikarbonat (HCO3-) und damit auch des pHs verständlich. Nimmt zum Beispiel die SID ab, da ein Überschuss an negativen Ladungen (z. B. Cl-) ent-steht, dann muss aus Gründen der Elektroneutralität HCO3- abneh-men mit dem Resultat einer Azi-dose (hyperchloräme Azidose). Auf diese Weise konnten nun auch komplexere metabolische Störun-gen des Säure-Basen-Haushalts

und auch des Elektrolytequilibri-ums erklärt werden, die bis dato durch den Gebrauch des Basen-überschusses (BE) nicht erfasst werden konnten. Das Prinzip der hyperchlorämischen Azidose ist mittlerweile allgemein anerkannt, wobei die Infusion größerer Men-gen NaCl 0,9 % durch seine unphy-siologisch hohe Chloridkonzentra-tion von 154 mEq/l im Vergleich zur Plasmakonzentration von 105 mEq/l zu einem Absinken des HCO3- führt. Zwar lässt sich der pH und der BE durch die Gabe von Natrium-Bikarbonat normalisie-ren, dies wird jedoch auf Kosten einer Hypernatriämie und persis-tierenden Hyperchloridämie er-kauft. Kurzum das Equilibrium ist gestört! Logische Schlussfolgerung ist die primäre Gabe von isotonen balancierten Elektrolytlösungen, die sich als Kür in der Infusions-therapie in ihrer Elektrolytzusam-mensetzung an die physiologi-schen Konzentrationen im Blut-plasma weiter annähern.

Ist das balancierte Kristalloid Pflicht in der perioperativen Medizin?Nach einer seit Jahren lebhaft ge-führten Diskussion, häufen sich klinische Studien, die einen Vorteil im Outcome nach Flüssigkeitsthe-rapie mit balancierten Kristallo-iden im Vergleich zur Kochsalzlö-sung sehen. So fand man heraus, dass eine Hyperchloridämie mit einer höheren Mortalität bei kri-tisch kranken Patienten assoziiert

ist [3]. Dabei scheint die Dosis eine entscheidende Rolle zu spielen, frei nach dem Motto „die Dosis macht das Gift“. Bei hohen infun-dierten Volumina (> 60 ml/kg KG in 24 h) war die Verwendung von Lö-sungen mit hohem Chloridgehalt mit einem niedrigeren Gesamt-überleben auf Intensivstationen assoziiert [4]. Ein Umdenken fin-det auch bei der nahezu dogmati-schen Verwendung der Kochsalz-lösung bei Patienten mit termina-ler Niereninsuffizienz statt. So konnte zum Beispiel bei Nieren-transplantationen gezeigt werden, dass balancierte Kristalloide mit physiologischem Kaliumgehalt zu einem stabileren pH und deshalb niedrigeren Serumkalium führen als kaliumfreie Kochsalzlösung. Denn die durch NaCl 0,9 % verur-sachte hyperchloräme Azidose be-wirkt einen erheblichen Kalium-shift aus den Zellen in den Extra-zellulärraum mit dem Resultat ei-ner Hyperkaliämie [5].

Steht die „physiologische“ Kochsalzlösung vor dem Aus?Im Hinblick auf diese neuen Er-kenntnisse bleibt eigentlich nur eine Indikation, in der NaCl 0,9 % indiziert bleibt: Bei Patienten, die große Mengen an Chlorid zum Bei-spiel über den Gastrointestinal-trakt verlieren. Bei der Cholerain-fektion, für die die erste Salzlösung ursprünglich vor 185 Jahren ent-wickelt wurde, bleibt sie deshalb auch weiterhin das therapeutische

Mittel der Wahl. Für alle anderen Indikationen einer bedarfsgerech-ten Infusionstherapie ist die kon-sequente Weiterentwicklung nicht nur der Kristalloide, sondern auch der Kolloide, hin zu einem balan-cierten Gesamtkonzept eine Pflichtaufgabe für die Zukunft!

Prof. Dr. Markus RehmKlinik für Anaesthesiologie, Klinikum der Universität München

Literatur1 Awad S, Allison SP, Lobo DN. The

history of 0.9 % saline. Clin Nutr 2008; 27: 179–188

2 Stewart PA. Modern quantitative acid-base chemistry. Can J Physiol Pharmacol 1983; 61: 1444–1461

3 Boniatti MM, Cardoso PR, Castilho RK, Vieira SR. Is hyperchloremia as-sociated with mortality in critically ill patients? A prospective cohort study. J Crit Care 2011; 26: 175–179

4 Sen A, Keener CM, Sileanu FE et al. Chloride content of fluids used for large-volume resuscitation is associ-ated with reduced survival. Crit Care Med 2017; 45: e146–e53

5 O’Malley CM, Frumento RJ, Har-dy MA et al. A randomized, dou-ble-blind comparison of lactated Ringer’s solution and 0.9 % NaCl during renal transplantation. Anesth Analg 2005; 100: 1518–1524, table of contents

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K. Konstantin

Vom Trauma zur StresssituationPerioperative Besonderheiten bei Patienten mit Flüchtlingshintergrund

Im Oktober 2013 führten fast 400 tote Flüchtlinge vor der italienischen Insel Lampedusa zu großer Medienauf-merksamkeit und Betroffenheit. Im Jahr 2016 starben nach offiziellen Angaben mehr als 5000 Menschen bei dem Versuch, über

das Mittelmeer zu fliehen. Laut Angaben der Vereinten Nationen sind weltweit mehr als 60 Millio-nen Menschen auf der Flucht. Die wenigsten davon kommen nach Deutschland und werden unsere Patienten in der Anästhesie. Aus Sicht von Klaus Konstantin, Ärzte ohne Grenzen, ist es bei diesen Patienten wesentlich, sich mit der Realität der Flucht auseinanderzusetzen.

Ein Patientenkollektiv „mit Flücht-lingshintergrund“ gibt es nicht. Für eine derart heterogene Gruppe lässt sich die eine Gemeinsamkeit formulieren, dass alle die Flucht bis zu uns hinter sich haben. Wenn wir diese Patienten wenigstens et-was verstehen wollen, ist es not-

wendig, sich die Realitäten der Flucht klarzumachen. Dabei ste-hen medizinische Details nicht un-bedingt im Zentrum dessen, was für die Menschen wesentlich ist.

Der einzig mögliche Weg führt über das MittelmeerDer Landweg nach Europa ist der-zeit nahezu vollständig geschlos-sen. Der einzig mögliche Weg führt über das Mittelmeer. Im ver-gangenen Jahr konnte Ärzte ohne Grenzen mit 3 Rettungsschiffen 21 603 Menschen aus Seenot ret-ten und weitere 8669 Menschen von anderen Rettungsschiffen übernehmen. Viele müssen wegen Unterkühlung, Dehydrierung oder Verätzungen, die von der Mi-schung aus Kraftstoff und Salzwas-ser herrühren, behandelt werden.

Alarmierendes Ausmaß von Gewalt und AusbeutungAnfang 2017 kamen die meisten der über das Mittelmeer Flüchten-den über Libyen, einem Land, in dem Recht und Gesetz völlig zu-sammengebrochen sind. Hunderte Gespräche mit Flüchtlingen, die zwischen 2015 und 2016 gerettet wurden, zeigen ein alarmierendes Ausmaß von Gewalt und Ausbeu-

tung, dem Flüchtlinge und Mig-ranten in Libyen ausgesetzt sind. Viele von ihnen erzählen, dass sie selbst direkte Gewalt erlebt haben, fast alle wurden Zeugen extremer körperlicher Gewalt, von Verge-waltigung oder Mord. 50 % der Menschen, die Ärzte ohne Grenzen 2015 interviewt hat, berichteten, dass sie gegen ihren Willen von der libyschen Polizei oder anderen Behörden, von bewaffneten Grup-pen oder kriminellen Banden oft monatelang eingesperrt wurden.

Ärzte ohne Grenzen behandelt 500 Menschen pro WocheÄrzte ohne Grenzen arbeitet in 7 Internierungslagern für Geflüch-tete in der Hauptstadt Tripolis und Umgebung und behandelt rund 500 Menschen pro Woche. Die Ge-flüchteten werden dort unter un-menschlichen Bedingungen fest-gehalten: Es gibt kaum natürliches Licht oder Belüftung. Die Einrich-tungen – oft ehemalige Fabriken oder Lagerhallen – sind meist ge-fährlich überfüllt. Es gibt zu wenig Latrinen und Duschen; die Sani-täranlagen sind in schlechtem Zu-stand. Viele Patienten haben Krätze. Läuse und Flöhe sind ver-

breitet. Wir sehen Lager mit nur 0,41m2 pro Person und teilweise weniger als 1 l Wasser und nur 600–800 Kalorien täglich. Bei 3 % der behandelten Erwachsenen wurde moderate oder schwere Un-terernährung diagnostiziert. Die Patienten leiden darüber hinaus vor allem an Atemwegsinfektio-nen, Durchfall- und Hauterkran-kungen sowie Harnweginfektio-nen.

Brutale Realität der Flucht ist wesentliche BesonderheitNicht komplizierte anästhesiologi-sche Zusammenhänge, sondern die brutale Realität der Flucht und

ihrer Folgen machen die wesentli-che Besonderheit bei Patienten mit Flüchtlingshintergrund aus. Setzen wir uns mit dieser Realität als Ärzte auseinander.

Klaus KonstantinVorstandsmitglied Ärzte ohne Grenzen Deutschland

Donnerstag, 04. Mai 2017

Zuwanderer als Patienten – Herausfor­derungen in der perioperativen Phase08:00–09:30 Uhr, Saal Kiew(08:30–09:00 Uhr: Vom Trauma zur Stresssituation – perioperative Beson­derheiten bei Patienten mit Flücht­lingshintergrund)

Abb. 1 Flüchtlingslager in Libyen.Quelle: Ärzte ohne Grenzen

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5Current congress | Highlights

T. Annecke

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Maternal critical careNeue Behandlungskonzepte und Organisationsstrukturen

Die strukturellen und organisato-rischen Anfor-derungen an die perinatologische Versorgung neh-men kontinuierlich weiter zu. Zum Ausdruck kommt dies auch in Form neuer Leitlinien und Empfehlungen.

Die neuen Behandlungskonzepte und Organisationsstrukturen der „maternal critical care“ stellt Prof. Thorsten Annecke, Köln, hier vor.

Eine Entschluss-Entbindungszeit unter 20 min für Notfallkaiser-schnitte ist jederzeit einzuhalten. Ärzte und Pflegepersonal sollen darüber hinaus in der geburtshilf-lichen Anästhesie erfahren und re-gelmäßig für kritische Situationen trainiert sein. Auch müssen Kon-zepte zur primären intensivmedi-zinischen (Erst-)Versorgung kri-tisch kranker Schwangerer in allen geburtsmedizinischen Kliniken unabhängig von der Versorgungs-stufe geschaffen werden [1]. Diese Forderungen sind vor dem Hinter-grund einer optimalen Sicherheit für Mutter und Kind bei oftmals bestehender Nicht-Vorhersehbar-keit katastrophaler Verläufe sicher prinzipiell wünschenswert. Doch bleibt offen, inwiefern sie in der breiten Versorgungsrealität unter den derzeitigen Finanzierungsbe-dingungen auch tatsächlich prak-tisch umgesetzt werden können.

Konsequente Risikoaufklärung sollte selbstverständlich seinKonsequenterweise müsste hier ein gesellschaftlicher und politi-scher Wille zur weiteren Zentrali-sierung geburtshilflicher Leistun-gen in deutlich weniger, dafür aber strukturell besser aufgestellte Kli-niken folgen. Bis dahin sind alle derzeit bestehenden geburtshilfli-chen Abteilungen – unabhängig von ihrer Größe – gefordert, die Prozesse zur Versorgung von aku-ten Notfallsituationen und kriti-schen Erkrankungen im Kreißsaal weiterzuentwickeln. Eine konse-quente Risikoaufklärung in der Ge-burtshilfe, auch über ein Fehlen von erweiterten Versorgungsmög-lichkeiten, sollte zur Wahrung der Patientenautonomie bei der Ent-scheidung für oder gegen eine be-stimmte Einrichtung selbstver-ständlich sein.

Identifikation von bestehenden RisikokonstellationenDie Zahl älterer und auch schwer vorerkrankter Schwangerer nimmt in den westlichen Ländern weiter zu. Daneben erhöht die hohe Zahl an Kaiserschnittentbindungen das Risiko für Plazentationsstörungen mit nachfolgenden Blutungskom-plikationen in später folgenden Schwangerschaften. Grundvoraus-setzung zum Abwenden gefährli-cher Verläufe ist daher die Identifi-kation von bestehenden Risiko-konstellationen. Hierfür ist die rechtzeitige Vorstellung von vorer-krankten Schwangeren (z. B. kar-

dial, pulmonal, neurologisch) oder von geburtshilflich komplizierten Verläufen (z. B. Präeklampsie, Plazentationsstörungen) in einer Anästhesiesprechstunde erforder-lich. Bei Verständigungsproble-men muss auf einen professionel-len Übersetzungsservice zurück-gegriffen werden. Der im Dezem-ber 2016 erschienene „Saving lives, improving mother‘s Care“/MBRACCE-UK-Report weist noch einmal nachdrücklich auf die hohe Zahl an kardiovaskulär bedingten peripartalen Todesfällen hin [2]. Dies unterstreicht wieder einmal die Bedeutung einer sorgfältigen Anamnese, die im Verdachtsfall zur Durchführung ergänzender Untersuchungen (EKG, Biomarker, Echokadiografie) führen muss.

Auch interdisziplinäre Konzepte sind erforderlichGenauso wie beim zweiten großen perinatalen „Killer“, der Sepsis, sind neben der rechtzeitigen Dia-gnose – erleichtert durch adap-tierte „maternal early warning scores“ – auch interdisziplinäre Konzepte zur Therapie und zum Entbindungsmodus erforderlich. Interdisziplinäre Absprachen wer-den am besten bereits im Vorfeld getroffen und sollten die wichti-gen Notfallsituationen „Eklamp-sie/Präeklampsie“, „peripartale Blutung“, „Sepsis“, „Lungen- und Fruchtwasserembolie“ aber auch die „Reanimation im Kreißsaal“ beinhalten. Da die absolute Zahl kritisch kranker Schwangerer ge-ring ist, verfügen auch allgemeine operative Intensivstationen häufig

nur über eine sehr begrenzte Er-fahrung in der Behandlung dieses speziellen Patientenkollektivs. Schulungen über spezielle ge-burtshilfliche Aspekte sowie die Teilnahme an Fallkonferenzen und M+M-Besprechungen sollte für anästhesiologisch-intensivmedizi-nische Mitarbeiter und Mitarbei-terinnen ebenso selbstverständ-lich sein wie eine Schulung von Hebammen und geburtshilflichen Kollegen und Kolleginnen in not-fall- und intensivmedizinischen Themen.

Frühzeitige Verlegung bei akuter kritischer ErkrankungDarüber hinaus muss sicherge-stellt werden, dass bei allen akut auftretenden kritischen Erkran-kungen, insbesondere mit Organ-versagen und bei Hochrisikokons-tellationen wie kardiovaskulären Vorerkrankungen (angeborene Herzfehler, Klappenersatz, Ge-fäßerkrankungen), frühzeitig eine Verlegung in eine kooperierende hochspezialisierte Abteilung vor-genommen wird, die auch über die Möglichkeit zur Anwendung von Organersatzverfahren bei diesem speziellen Patientenkollektiv ver-fügt. In diesen spezialisierten Ab-teilungen sollten die Verläufe von seltenen und komplizierten Er-krankungen auch wissenschaft-lich, zum Beispiel in Form von ge-meinsamen Registern, ausgewer-tet werden. Dies ist notwendig, um eine solide Datenbasis zu schaffen, die langfristig hilft, die Behand-lungskonzepte für kritisch er-krankte Schwangere auf eine bes-

ser evidenzbasierte Grundlage zu stellen.

Prof. Dr. Thorsten Annecke, DESAKlinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Uniklinik Köln (AöR)

Literatur1 AWMF S1-Leitlinie 087–001. Emp-

fehlungen für die strukturellen Vor-aussetzungen der perinatologischen Versorgung in Deutschland

2 MBRRACE-UK. Saving lives, impro-ving mothers’care – surveillance of maternal deaths in the UK 2012–14 and lessons learned to inform ma-ternity care from the UK and Ireland confidential enquiries into maternal deaths and morbidity 2009–14. Ox-ford: National Perinatal Epidemio-logy Unit, University of Oxford 2016; 69–75

Freitag, 05. Mai 2017

Geburtshilfliche Anästhesie – neue Herausforderungen10:30–12:30 Uhr, Saal Sydney(11:50–12:10 Uhr: Maternal critical care – neue Behandlungskonzepte und Organisationsstrukturen)

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GetTogetherMittwoch, 03. Mai 2017 ab 20:00 Uhr im Foyer Saal Tokio

In gemütlicher, lockerer Atmosphäre findet im Anschluss an die Eröffnungsveranstaltung um 20:00 Uhr das diesjährige GetTogether statt.

Acoustic Nights steht für die Leichtigkeit einer perfekten Sommernacht. Gute Musik gehört einfach dazu. Acoustic Nights sorgt dafür, dass sich die Zuhörer auf Klassiker der Rock­ und Pop­Geschichte genauso freuen können wie über aktuelle Hits. Handgemachte, natürliche Arrange­ments aus Klavier, Gitarre, Bass und Percussion sind die Basis für ein in sich stimmiges Repertoire.

Für Ihr leibliches Wohl ist gesorgt.

Alle Referenten, Vorsitzende, Gäste, Aussteller und andere Teilnehmer sind herzlich eingeladen.Die Teilnahme am GetTogether ist in den Teilnahmegebühren enthalten.

Treffen „Junge Anästhesie“Donnerstag, 04. Mai 2017, 19:00 Uhr im BASEMENT 11

Feiern und diskutieren Sie in entspannter Atmosphäre über aktuelle Themen, tauschen Sie sich aus oder vernetzen Sie sich überregional mit Ärztinnen und Ärzten aus der Jungen Anästhesie.

An unseren „Speaker‘s Corner“ stehen Ihnen zudem zusätzlich Experten zu folgenden Themen zur Verfügung:

• Aktivitäten der Jungen Anästhesie• Projekte des WAKWiN• Aktivitäten des youngBDA

Für die perfekte Stimmung sorgt ein DJ!

Veranstaltungsort: Basement 11 Innere Laufer Gasse 11, 90403 NürnbergPreis: € 25,–*/Person (inkl. ges. MwSt.) (*beinhaltet Buffet/Getränke und die musikalische Umrahmung)

Anmeldungen für diesen Abend können online auf der Kongress­Homepage oder mit dem Anmelde­formular vorgenommen werden.

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6 Current congress | Highlights

U. Stamer

GeneWie beeinflussen sie die individualisierte Schmerztherapie?

Die Dosis macht das Gift! Die glei-che Menge eines Schmerzmittels kann bei einem Pa-tienten eine gute Wirkung zeigen, bei einem anderen lebensbedrohliche Nebenwirkungen hervorrufen. Hier-für spielt auch

der genetische Hintergrund des Patienten eine Rolle, konstatiert Prof. Ulrike Stamer, Bern, und berichtet hier, wie Gene die in-dividualisierte Schmerztherapie beeinflussen können.

Schmerzen werden unter ande-rem als komplexe Interaktion zwi-schen Art und Größe des Traumas, Geschlecht, psychologischen Fak-toren und genetischen Variablen bewertet. Umgebungseinflüsse wie zum Beispiel das soziale Um-feld oder ethnische und kulturelle Faktoren und ihre Interaktionen spielen ebenso eine Rolle. Neben der Suche nach den „Risikogenen“ für (starke) Schmerzen sind auch die genetisch bedingte unter-schiedliche Metabolisierung von Analgetika und Koanalgetika so-

wie die Komedikation von Bedeu-tung.

Analgetika vermitteln auch unerwünschte EffekteNeben ihren substanzspezifischen erwünschten Wirkungen vermit-teln Analgetika auch weitere uner-wünschte Effekte, die unter Um-ständen den Krankheitsverlauf ent-scheidend beeinflussen oder sogar zu einer Gefährdung des Patienten führen können. So zeigten Studien, dass durch eine individuell sehr un-terschiedliche Metabolisierung be-stimmte Patienten besonders ge-fährdet für Nebenwirkungen von Opioiden, nicht steroidalen Ent-zündungshemmern (NSAID) oder Koanalgetika sein können.

Wodurch wird die unter-schiedliche Metabolisierung beeinflusst?Die unterschiedliche Metabolisie-rung kann durch angeborene ge-netische Varianten metabolisie-render Enzyme, aber auch durch Komedikation beeinflusst werden. Viele traditionelle NSAID wie auch Coxibe werden über die Cyto-c h r o m - P 4 5 0 - ( C Y P ) - E ny z m e CYP2C9 oder auch CYP2C8 ver-stoffwechselt (Tab. 1). Die Blut-spiegel dieser Analgetika werden

entscheidend von der Aktivität dieser polymorphen Enyzme be-stimmt, mit einer bis zu 4,5-fach verlängerten Halbwertszeit (z.B. für Ibuprofen) bei Patienten mit einer genetisch bedingten niedri-gen Enzymaktivität. Diese soge-nannten „Poor Metabolizer“ zeich-nen sich durch eine sehr niedrige Metabolisierungsrate aus. Dies kann einerseits durch lang anhal-tende hohe Blutspiegel des NSAID eine längere, eventuell auch bes-sere Wirksamkeit bedeuten, ande-rerseits aber auch das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen. So werden vermehrt akute gastro-intestinale Blutungen unter einer Therapie mit NSAID bei CYPC28/9-Poor-Metabolizern gefunden.

Atemdepression bei erhöh-ter CYP2D6-EnzymaktivitätPatienten mit einer erhöhten CYP2D6-Enzymaktivität stellen eine spezifische Risikogruppe für eine opioidinduzierte Atemde-pression unter der Medikation von Tramadol und Codein. In mehreren Case Reports wird unter anderem von Todesfällen vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern be-richtet, die unter Codein (bei uns in Kombinationspräparaten z. B. zusammen mit Paracetamol ent-

halten) eine Atemdepression erlit-ten haben. Auch eine Atemdepres-sion unter codeinhaltigem Hus-tensaft bei einem Erwachsenen ist beschrieben. Bei diesen für eine opioidinduzierte Atemdepression besonders gefährdeten Patienten handelt es sich um sogenannte CYP2D6-Ultrarapid-Metabolizer, die Codein oder auch Tramadol sehr schnell und intensiv in ihre am μ-Opioidrezeptor aktiven Me-tabolite Morphin beziehungsweise O-Demethyltramadol umwandeln. Trizyklische Antidepressiva wer-den häufig bei chronischen Schmerzen eingesetzt und unter-liegen ebenfalls einer Metabolisie-rung durch Cytochrome. Für einige Antidepressiva gibt es mittler-weile Dosierungsempfehlungen für die Behandlung von psychiatri-schen Erkrankungen abhängig vom CYP-Metabolizer-Status. Wei-tere Medikamente, die über CYP metabolisiert werden, sind Oxy-codon und Methadon sowie einige Setrone.

Varianten der Medika-mentenwirkorte können Wirkung beeinflussenEine variable Arzneimittelwirkung kann auch durch genetische Un-terschiede an anderen Angriffs-punkten der Therapie bedingt sein. Varianten der Medikamen-tenwirkorte, vor allem von Rezep-toren und Ionenkanälen, und Un-terschiede auf der Ebene der Re-

sorption und Exkretion von Phar-maka können die Arzneimittelwir-kung beeinflussen. Als ein für die Analgesie wichtiger Angriffspunkt werden unter anderem Opioidre-zeptoren, Transporterproteine und Ionenkanäle untersucht.

Intensive Forschung an Risikogenen für chro-nische SchmerzenIntensiv geforscht wird an soge-nannten Risikogenen für chroni-sche oder speziell neuropathische Schmerzen, aber auch an geneti-schen Varianten, die mit dem Auf-treten von Übelkeit und Erbrechen assoziiert sind.

Prof. Dr. Ulrike StamerKlinik für Anästhesiologie und Schmerz-therapie, Inselspital, Universitätsklinik Bern

LiteraturStamer UM, Zhang L, Stüber F. Person-alized therapy in pain management: Where do we stand? Pharmacogenom-ics 2010; 11: 843–864

Tab. 1 Einfluss von Cytochrom-P450-Polymorphismen auf die medikamentöse Therapie.

Isoenzyme betroffene Medikamente (Beispiele) potenzielle Nebenwirkungen bei veränderter Enzymaktivität

CYP2C9 WarfarinPhenytoinnicht steroidale Entzündungshemmer (NSAID; Flubiprofen, Ibuprofen, Celecoxib, Tenoxicam, Piroxicam, Lornoxicam)Tolbutamid

BlutungenAtaxiegastrointestinale Nebenwirkungen/Blutung

HypoglykämieCYP2C19 Protonenpumpen-Hemmer (Omeprazol)

Diazepam SedierungCYP2D6 trizyklische Antidepressiva

β–Blocker (Metoprolol, Timolol)Antiarrhythmika (Ajmalin, Flecainid, Mexiletin, Propafenon)Haloperidol5-HT3-Rezeptor-Antagonisten (Ondansetron, Tropisetron)Analgetika (Codein, Tramadol, Oxycodon, Methadon)

Sedierung, KardiotoxizitätÜberdosierungArrhythmienParkinsonismusmangelnde Wirkung bei Übelkeit und Erbrechenkeine/reduzierte Analgesie bzw. Überdosierung

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Freitag, 05. Mai 2017

Schmerztherapie – standardisiert oder individualisiert?12:00–13:30 Uhr, Saal Istanbul(12:00–12:30 Uhr: Gene – wie be­einflussen sie die individualisierte Schmerztherapie?)

Individualisierte Medizin„From bench to bedside“ aus der Sicht des Klinikers

Zum Thema Sepsis existieren bis dato 151 420 Publikati-onen und trotzdem erkranken allein in Deutschland je-des Jahr 150 000 Menschen an einer Sepsis. Dabei ist die Sterblichkeit der schweren Sepsis mit 30–50 % immer noch inakzeptabel hoch und steht mit 162 Todesfällen pro Tag nach dem Herzinfarkt an dritter Stelle der To-desursachen in Deutschland. Um die hohe Letalität der Sepsis zu senken, wurde das Konsortium SepsisDataNet.NRW gegründet, das Prof. Michael Adamzik, Bochum, hier näher erläutert.

Als Krankheitsbild zeigt sich die Sepsis als eine komplexe, syste-mische Reaktion des Organismus auf eine Entzündung, die durch eine ebenfalls systemisch verlau-fende Infektion oder eine Reak-tion auf pathogene Toxine hervor-gerufen wird. Biomarker oder kli-

nische Testverfahren, die dieses komplexe immunologische Syn-drom gut charakterisieren, exis-tieren nicht, sodass derzeit auch keine an den Immunstatus ange-passte kausale Therapie erfolgen kann und die Letalität sehr hoch ist.

Wesentliche Aspekte der septischen Reaktion sind unklarDes Weiteren unterliegen die zeitli-che Abfolge sowie die Stärke der inflammatorischen und antiin-flammatorischen Antwort einer großen intraindividuellen Variabi-lität, sodass heute 3 wesentliche Aspekte der septischen Reaktion unklar sind:• Welches immunologische Ver-

hältnis von Inflammation und Antiinflammation wirkt sich wie auf den Krankheitsverlauf der Sepsis aus?

• Wie kann der behandelnde Arzt die jeweilige immunolo-gische Situation des Patienten erfassen und bestimmen?

• Wie kann anhand der Erfas-sung der immunologischen Si-tuation im Verlauf der Sepsis eine entsprechend individuell angepasste Therapie durchge-führt werden?

Wichtige Fragen scheinen noch unbeantwortetTrotz intensiver molekularbiologi-scher und klinischer Forschung scheinen wichtige Fragen noch un-beantwortet. Betrachtet man bei der Suche nach Lösungsansätzen andere komplexe Krankheitsbil-der, wo eine deutliche Reduktion der Letalität erzielt werden konnte, so fällt auf, dass das Zusammen-führen von großen molekularbio-logischen und klinischen Daten-

sätzen erst den entscheidenden Hinweis für die personalisierte Therapie und damit den Erfolg ge-bracht hat. In der Sepsisforschung war man mit mehr als 150 000 Pu-blikationen ebenfalls sehr fleißig, aber die Forschung an der „bench“ war in den meisten Fällen ein loka-ler Prozess und das Zusammen-führen und Bewerten dieser mole-kularbiologischen Big Data durch die Entwicklung von intelligenten Algorithmen aus der Bioinforma-tik ist bis heute nicht erfolgt.

Sinnvoller Transfer „from bench to bedside“ muss erfolgenFür eine erfolgreiche Sepsisthera-pie muss deshalb in Zukunft ein

M. Adamzik

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Bemühungen zur Verbesserung der Prozess- und Ergeb-nisqualität in der Intensivmedizin hatten in den letzten Jahren grundsätzlich ein Thema gemein: die zuneh-mende Standardisierung der Therapie über Behand-lungsalgorithmen. Prominentestes Beispiel ist dabei nach Ansicht von Prof. Michael Bauer, Jena, sicher die „Surviving Sepsis Campaign“, die unstrittig rasche Er-folge, wenn auch keine fundamentalen Verbesserungen der Sepsistherapie erreichen konnte. Damit ging das Charakteristikum der Intensivmedizin, schnell reagieren zu müssen, bisher mit einem anderen Megatrend der modernen Medizin, der „individualisierten“ oder „per-sonalisierten“ Medizin nicht zusammen.

Personalisierte Medizin, die pass-genaue Ausrichtung der Therapie an (molekularen) Besonderheiten des individuellen Patienten, ist ein altes Anliegen der Medizin für das bisher gerade in der Intensivmedi-

zin weitgehend die Mittel fehlten. Dabei kann die individuelle Dispo-sition des Patienten den in der In-tensivmedizin typischen hochin-dividuellen Krankheitsverläufen zugrunde liegen und zum Beispiel

die Entwicklung eines Organversa-gens bei einer sonst unkompliziert verlaufenden Infektion erklären. Diese Faktoren bei der Behandlung und Prognose von Krankheiten zu berücksichtigen, erfordert nach gängigem Verständnis aufwendige molekularmedizinische Untersu-chungen, die solche Ansätze als „Kompagnon“-Diagnostik für hochelektive Therapieformen prä-destinieren.

Konzepte spielen bereits große Rolle in der OnkologieEine große Rolle spielen diese Kon-zepte daher bereits in der Onkolo-gie, wo die (epi)genetischen Zu-sammenhänge oft schon heute maßgeblich die Art der Behand-lung mitbestimmen. Dabei hat pa-rallel zum sich rasch verbessern-den Verständnis der molekularen Prozesse in der Intensivmedizin, insbesondere bei der Sepsis, eine methodische Revolution stattge-funden, die eine Erfassung mole-kularer Signaturen des Patienten am Ort des Geschehens als „Point-of-Care“-Diagnostik verfügbar ma-chen kann (Abb. 1). Diese Tests können prinzipiell Moleküle aus dem gesamten Kontinuum der Gen expression (Genom – Trans-kriptom – Proteom – Metabolom) umfassen und erlauben eine de-taillierte Klassifikation individuel-ler Reaktionsmuster von Patienten in den komplexen Syndromen und Krankheitsbildern, die das Bild

moderner Intensivstationen prä-gen. So wird nicht nur ein besseres Verständnis, sondern auch wirk-lich individuelle Therapie zum Beispiel der systemischen Entzün-dungsreaktion möglich – ohne wertvolle Zeit zu verlieren.

Konkrete Beispiele dieser EntwicklungKonkrete Bespiele dieser Entwick-lung sind neben der Erfassung der simultan auftretenden pro- und antiinflammatorischen Reaktio-nen bei systemischer Infektion insbesondere auch die charakte-ristischen Veränderungen des Stoffwechsels bei lebensbedrohli-chen Erkrankungen und in der (par)enteralen Ernährung dieser Patienten, die derzeit isoliert durch einige wenige Moleküle wie Glukose, Laktat oder Harnstoff in ihrer Komplexität abgebildet und zur Therapieplanung herangezo-gen werden müssen [1, 2]. Eine solche breitere Betrachtung des Metaboloms beim kritisch Kran-ken hinterfragt liebgewonnene Konzepte zur Pathogenese und zu Konsequenzen der Organdysfunk-tion und hilft mit, die hohe Sterb-lichkeit dieser Patienten zu erklä-ren [2].

Es eröffnen sich fundamental neue Konzepte und WegeEine konsequente Umsetzung die-ser Strategien eröffnet anderer-seits fundamental neue Therapie-

konzepte beim kritisch kranken Intensivpatienten, die zum Bei-spiel Alternativen wie die Induk-tion einer „Toleranz“ anstelle der Elimination der Erreger bei Sepsis nahelegen. Damit eröffnen sich für mittlerweile tagtäglich anzutref-fende „Horrorkeime“ auf der In-tensivstation fundamental neue Wege aus der Multiresistenzprob-lematik, die sich infolge algorith-musbasierter Ansätze mit immer früherer und liberalerer Gabe von Breitspektrumantibiotika letztlich entwickelt hat.

Prof. Dr. Michael BauerKlinik für Anästhesiologie und Intensiv-medizin, Universitätsklinikum Jena

Literatur1 Kiehntopf M, Nin N, Bauer M. Meta-

bolism, metabolome, and metabo-lomics in intensive care: Is it time to move beyond monitoring of glucose and lactate? Am J Respir Crit Care Med 2013; 187: 906–907

2 Bauer M, Kiehntopf M, Shades of yellow – monitoring nutritional needs and hepatobiliary function in the critically ill. Hepatology 2014; 60: 26–29

Genbasierte TherapieWird die Therapie individualisiert?

Freitag, 05. Mai 2017

Genbasierte Therapie 14:30–16:00 Uhr, Saal Hongkong (15:00–15:30 Uhr: Wird die Therapie individualisiert?)

M. Bauer

Abb. 1 Strategie zur Personalisierung der Entzündungsmodulation bei Sepsis.Quelle: Prof. Dr. Michael Bauer, Jena

sinnvoller Transfer „from bench to bedside“ erfolgen, indem wir kli-nische Big Data und molekularbio-logische Big Data kombinieren und individuelle Muster zur personali-sierten Medizin entwickeln. Klini-sche Big Data können wir nur durch Vernetzung und Entwick-lung von neuen bioinformatischen Strukturen erreichen. Ebenso kön-nen molekularbiologische Big Data

nur durch Vernetzung der Arbeits-gruppen und Integration von schon vorhandenem molekular-biologischen Wissen entstehen.

Das SepsisDatNet.NRWUm das Ziel zu erreichen, klinische Big Data und molekularbiologische Big Data von 1000 Patienten mit schwerer Sepsis zu verknüpfen und individuelle Muster zur perso-

nalisierten Therapie zu entwi-ckeln, wurde das Konsortium S epsisDataNet.NRW gegründet. Bei SepsisDataNet.NRW handelt es sich um ein Vorhaben, in dem die Trends der Personalisierung und Digitalisierung der Medizin zu-sammenwirken. Mustergültig kann die Transformation von „big data“ in „smart data“ vollzogen werden, dies wiederum auf dem

hochinnovativen Terrain persona-lisierter Diagnostik und Therapie-entscheidung („decision support modul“). Eine solche Vernetzung, hier als Grundlage für einen S epsis-Bioassay, Klassifikations-modelle und ein Decision-Support -Modul ist in Deutschland bisher nicht erfolgreich umgesetzt worden. Sie bildet außerdem nicht nur die Basis für dieses Projekt, sondern ist nachhaltig für weitere Forschung nutzbar und auch auf andere Erkrankungen übertragbar. SepsisDataNet.NRW bezieht Ak-teure aus den Bereichen der klini-schen Versorgung, wissenschaftli-chen Forschung, medizinische In-formatik und Bioinformatik ein. Des Weiteren sind industrielle Partner aus den Bereichen mole-kulare Diagnostik sowie webba-sierte Wissensportale und System-lösungen aktiv eingebunden. Die klinischen Partner gewährleisten durch ihre Vernetzung eine Daten-sammlung im Sinne von Big Data, die durch wissenschaftliche Daten komplettiert werden. Durch die Bioinformatik werden die Daten dann so aufbereitet, dass entspre-chende Klassifikationsmodelle entwickelt werden können. Diese sind wiederum Grundlage für die Entwicklung eines Sepsis-Bioas-say-Prototyps und eines Decision-Support-Moduls. Im Anschluss an das Projekt werden aus den entwi-ckelten Prototypen verwertbare

Produkte (Abb. 1). Mit Blick auf den gesellschaftlichen Wandel in Richtung extremer Hochleistungs-medizin im sehr frühen und e xtrem fortgeschrittenen Alter ist ein „in den Griff bekommen“ der Sepsis durch personalisierte The-rapie zwingend notwendig. Der Weg „from bench to bedside“ in der Sepsistherapie ist für alle mü-hevoll und fordert neuen Koopera-tionsgeist. Doch der Weg scheint aufgrund der vorliegenden Letali-tätsstatik, den neuen technischen Möglichkeiten und der Aussicht auf Erfolg alternativlos zu sein.

Univ.-Prof. Dr. Michael AdamzikKlinik für Anästhesiologie, Intensivme-dizin und Schmerztherapie, Universi-tätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum

Abb. 1 SepsisDataNet.NRW.Quelle: Projektkonsortium SepsisDataNet.NRW

Donnerstag, 04. Mai 2017

Individualisierte Medizin – from bench to bedside10:00–11:00 Uhr, Saal Prag(10:30–11:00 Uhr: Aus der Sicht des Klinikers)

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Nihil nocereVom Schaden übertriebener Risikoaufklärung

Primum nihil nocere, vor allem nicht schaden, diesem Grundsatz des Hippokrati-schen Eides sind wir als Ärzte verpflichtet. Und doch verursachen wir gerade durch die Risikoaufklä-rung regelhaft

das Gegenteil: nocebo, ich werde schaden. Vom Schaden übertrie-bener Aufklärung berichtet Prof. Ernil Hansen, Regensburg.

Nocebo-Effekte werden genau wie Placebo-Effekte neben einer Kon-ditionierung hauptsächlich durch eine Erwartungshaltung ausgelöst

[1]. Tausende von Studien belegen, dass Patienten auch in der Pla-cebo-Gruppe die Nebenwirkungen des Verum-Medikaments zeigen, weil sie angesprochen wurden. Andererseits sind die Nebenwir-kungen von Medikamenten und Interventionen direkt davon ab-hängig, wie man über sie aufge-klärt hat. Erektionsstörungen tra-ten nach ß-Blockern bei 8 %, 13 % oder 32 % der Patienten auf, je nachdem, ob über ein Medika-ment für ihr Herz, einen ß-Blocker oder über einen ß-Blocker mit dem seltenen Risiko für Erektions-störungen gesprochen wurde [2]. Letztlich kann durch falsches Spre-chen darüber jedes Symptom und jede Nebenwirkung auch ausgelöst werden. Eine „brutalstmögliche“ Aufklärung kann dazu führen, dass eine wichtige, wirksame Therapie verzögert oder gar verweigert wird.

Das Weglassen der Aufklärung ist keine LösungNach dem Gesetz zur Verbesse-rung der Rechte von Patientinnen und Patienten („Patientenrechte-gesetz“, PRG [3]) setzt jede Durch-führung einer medizinischen Maßnahme laut § 630d die Einwil-ligung des Patienten voraus, die wiederum nur nach Aufklärung wirksam ist. Vielmehr steht die Art und Weise der Aufklärung auf dem Prüfstand. Wesentliche Gründe für das Entstehen und die Wirksam-keit negativer Erwartungen sind die Nichterfüllung geforderter Aufklärungsbedingungen (Tab. 1): Die Aufklärung soll so rechtzeitig und verständlich erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über

die Einwilligung wohlüberlegt und vernünftig treffen kann (§ 230 e PRG).

ZeitpunktJe näher der Operationstermin rückt, umso mehr nimmt die Angst des Patienten zu und induziert als Notfallreaktion eine natürliche Trance, in der das rationale gegen-über einem symbolhaften Ver-ständnis zurücktritt und Suggesti-onen wie die negativen Worte der Risikoaufzählung stärker wirksam sind [4]. Der geforderte Mindest-abstand von 24 Stunden wird aus nicht medizinischen Gründen häufig nicht eingehalten und eine „vernünftige“ Entscheidung da-durch erschwert.

MissverständnisseEin Patient assoziiert das Wort „Herzinfarkt“ eventuell mit sei-nem Erlebnis, wie sein Nachbar im Garten zusammengebrochen ist und die Reanimation durch den Rettungsarzt erfolglos war. Herz-infarkt – Tod! Da wäre es hilfreich, zu erläutern, dass ein Herzinfarkt in einem Krankenhaus ganz an-ders abläuft: Erste Zeichen im EKG führen zur Kontrolle des Verdachts und bei Bestätigung unverzüglich zu Lyse, Stent oder Ballondilata-tion beziehungsweise zu einem Bypass. Nachweislich ist das Out-

come nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus wesentlich besser als im Garten oder Wald.

AbwägenBei der Risikoaufklärung entfällt die schwächende Wirkung auf den Patienten, wenn gleichzeitig der Nutzen der vorgeschlagenen Be-handlung angesprochen wird. Nur bei gleichzeitiger Betrachtung von Schaden und Nutzen ist ein Abwä-gen möglich. Andere positive As-pekte, die gleichzeitig mit dem Ri-siko genannt werden können, sind die Prophylaxe und die Überwa-chung, die darauf zielen, Neben-wirkungen gar nicht eintreten zu lassen oder früh zu erkennen und unverzüglich zu behandeln [5, 6].

SchutzWeil die Risikoaufklärung nach-weislich schwerwiegende Neben-wirkungen hat, muss der Patient über die Nebenwirkungen der me-dizinischen Aufklärung aufgeklärt werden, um dann die Möglichkeit zu haben, gegebenenfalls darauf ausdrücklich zu verzichten (§630e PRG). Bei Wiederholungseingrif-fen, Aufklärung durch andere Dis-ziplinen und Vorwissen des Pati-enten entbehrt die Aufklärung ei-ner Indikation und Berechtigung; die Vorkenntnisse müssen nachge-fragt werden.

BeziehungVor allem benötigt der halb- und überinformierte Patient den Bei-stand und Rat des Arztes und nicht ein ungefiltertes Abladen seines gesamten Wissens über Risiken, um ja ein Aufklärungsversäumnis zu vermeiden. Nur vermeintlich

bringt er sich damit rechtlich in Si-cherheit, denn das PRG ist kein Freibrief für die Schädigung von Patienten. Der beste Schutz vor ei-nem Aufklärungsschaden, aber auch vor einer Klage, ist ein ver-trauensvolles Arzt-Patienten-Ver-hältnis.

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Ernil Hansen, Klinik für Anästhesiologie, Universitäts-klinikum Regensburg

Literatur1 Häuser W, Hansen E, Enck P. Noce-

bophänomene in der Medizin – Be-deutung im klinischen Alltag. Dtsch Arztebl Int 2012; 109: 459–465

2 Cocco G. Erectile dysfunction after therapy with metoprolol: the Haw-thorne effect. Cardiology 2009; 112: 174–147

3 PRG 2013. Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten. Bundesgesetzblatt 2013; Teil I, Nr. 9: 277–282

4 Hansen E,·Bejenke C. Negative und positive Suggestionen in der Anäs-thesie – Verbesserte Kommunika-tion mit ängstlichen Patienten bei Operationen. Anaesthesist 2010; 59: 199–209

5 Zech N, Seemann M, Graf BM et al. Nocebowirkung durch Aufklärung. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 64–69

6 Hansen E. Aufklärungsschäden. Z Gesundheitspolitik 2014; 4: 49–59

Mittwoch, 03. Mai 2017

Risiko­Aufklärung vor Anästhesie – Schütten wir das Kind mit dem Bade aus?12:00–14:00 Uhr, Saal Sydney(12:30–12:45 Uhr: Nihil nocere – Vom Schaden übertriebener Risikoaufklä­rung)

E. Hansen

Tab. 1 Fehler, die Nocebo-Effekte fördern.

• ein später Zeitpunkt der Aufklärung• Missverständnisse• getrennte Aufklärung über Nutzen

und Risiken• mangelnder Schutz• fehlender ärztlicher Beistand

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Responder und Non-Responder in AINSHintergründe und Ausblicke aus Sicht des Pharmakologen/Anästhesisten

Die Antwort auf die Frage, welche Patienten im Bereich der perioperativen Anästhesie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin (AINS) auf eine medikamentöse The-rapie ansprechen (Responder) oder nicht ansprechen (Non-Responder) werden, sollte letztlich bestimmen, wann welches Medikament in welcher Dosierung eingesetzt wird, und ist somit von entscheidender Be-deutung, hält PD Patrick Scheiermann, München, fest. Im Zeitalter exzessiver Genom- und Proteomanalyse besteht der Wunsch, aber auch der Anspruch, jedem einzelnen Patienten die individuell beste Therapie anzubieten. Dieser personalisierte Ansatz ist verhält-

nismäßig neuartig im Vergleich zu einer Dosierung, die sich bislang praktisch ausschließlich am (Ideal-)Gewicht des Patienten orientiert und bei eingeschränkter Funktion von Niere und/oder Leber oder höherem Lebensalter entsprechend angepasst wird.

Die Pharmakogenomik beschäftigt sich mit den Veränderungen der DNA-Sequenz und der Chromoso-men und somit mit der Frage, wie Änderungen im Genom (d.h. in vie-len verschiedenen Genen) das An-

sprechen auf eine medikamentöse Therapie beeinflussen. Die Phar-makogenetik hingegen zielt auf die genetisch bedingte Variabilität im Ansprechen auf eine medikamen-töse Therapie und somit auf die

Frage, wie Unterschiede in einem einzigen Gen die individuelle Ant-wort auf eine medikamentöse The-rapie (d. h. Wirksamkeit und Toxi-zität) beeinflussen [1]. Von dieser genbasierten (Nicht-)Wirksamkeit abzugrenzen sind Situationen, in denen eine medikamentöse Thera-pie nicht oder nur unzureichend wirken kann (z. B. abgeschwächte Wirkung von Lokalanästhetika im entzündeten Gewebe).

Personalisierte Medizin überall gleich fortgeschritten?Aus pharmakologisch-anästhesio-logischer Sicht interessant – wenn auch nicht als personalisierte Me-dizin im engeren Sinne bezeichnet – ist darüber hinaus die Messung von individuellen Medikamenten-konzentrationen im Blut. Im Be-reich von AINS mehren sich Hin-weise auf eine Non-Response nach Gabe von Antibiotika durch eine möglicherweise systematische Un-terdosierung bei kritisch kranken Patienten [2] sowie explizit im Falle

eines „acute respiratory di stress syndrome“, bei dem durch die Standarddosierung unzureichende Wirkspiegel erzielt werden [3].In den vergangenen Jahren hat die Forschung im Bereich der persona-lisierten Medizin bedeutende Fortschritte gemacht, jedoch nicht in allen Feldern der Medizin im

selben Ausmaß. Die Implementie-rung einer personalisierten Medi-zin in die tägliche klinische Arbeit findet bislang nur dort statt, wo die Aussage, ob eine bestimmte medikamentöse Therapie wirk-sam sein wird, einen hohen Stel-lenwert hat, zum Beispiel in der Onkologie [4].

P. Scheiermann

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„If it were not for the great variability among individuals, medicine might well have been a science and not an art.” Sir William Osler (1849–1919)

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9Current congress | Highlights

Unterschätzte Risikofaktoren in der perioperativen PhaseEtwas erniedrigter Blutdruck

Bei nicht herzchirurgischen Engriffen tritt eine intraope-rative arterielle Hypotonie je nach Studie in 5–99 % der Fälle auf und stellt einen unabhängigen Prädiktor für das Auftreten perioperativer Komplikationen und das Versterben dar. Klinische Daten zeigen, dass eine Episo-de mit einem systolischen Blutdruck (SAP) < 80 mmHg in 41 % der Fälle auftritt. In den letzten Jahren konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass selbst kurze Phasen einer arteriellen Hypotonie mit nachhaltigen negati-ven Auswirkungen auf die Organfunktionen und das postoperative Überleben verbunden sind. Insbesondere mit zunehmendem Alter spielt dieser Sachverhalt eine

enorme Rolle, sodass in Anbetracht einer alternden und zunehmend multimorbiden Gesellschaft eine besondere anästhesiologische Her-ausforderung darin besteht, diesem Risiko mit geeigneten Maßnah-men und Überwachungsverfahren zu begegnen, konstatiert Prof. Samir G. Sakka, Köln.

Im Jahre 2005 konnte im Rahmen einer prospektiven Beobachtungs-studie bei 1064 erwachsenen Pati-enten mit einem nicht kardiochir-urgischen Eingriff in Allgemeinan-ästhesie gezeigt werden, dass das Auftreten von Komplikationen und die Ein-Jahres-Sterblichkeit mit in abnehmender Signifikanz von 3 unabhängigen Faktoren beeinflusst wird: dem Umfang der Komorbidi-tät, der Narkosetiefe und der intra-operativen systolischen Hypoten-sion (sog. „triple low“) [1].

Intraoperative Hypotension und perioperative Sterblichkeit Eine intraoperative Hypotension mit einem SAP < 80 mmHg pro Mi-nute war mit einer signifikanten

Zunahme der Sterbewahrschein-lichkeit verbunden. Diese Studie legte offen, dass das intraoperative Kreislaufmanagement weitaus mehr Einfluss auf das spätere Out-come haben kann als bis dato ver-mutet. Der Zusammenhang zwi-schen der Dauer der intraoperati-ven Hypotension und der Ein-Jah-res-Sterblichkeit konnte in einer späteren Kohortenstudie zwar nicht global bestätigt werden [2], jedoch zeigte sich, dass das Sterbe-risiko insbesondere für ältere Pati-enten zunimmt, wenn die Dauer einer intraoperativen Hypotension ausreichend lange ist (Tab. 1). Diese Autoren hielten fest, dass der Effekt auf die Ein-Jahres-Sterblich-keit Gegenstand der Diskussion bleibe und dass ein akzeptabler

niedrigster arterieller Blutdruck nicht identifiziert werden konnte.

Retrospektive Analyse von 147 000 PatientenEine retrospektive Analyse von 147 000 Patienten aus 21 Kran-kenhäusern der Schweiz erbrachte ebenfalls einen signifikanten Zu-sammenhang zwischen dem Auf-treten einer intraoperativen Hy-potension und der perioperativen Sterblichkeit [3]. Für eine intra-operative Hypotonie, definiert als Abfall des arteriellen Mitteldrucks (MAD) > 30 % für > 10 min, bestand eine erhebliche Variabilität in der Inzidenz zwischen den einzelnen Institutionen (0,6–5,2 %) bezie-hungsweise den verschiedenen operativen Fachdisziplinen (0,3–12 %). Die höchste Inzidenz fand sich bei großen thorax-, gefäß- und allgemeinchirurgischen Ein-griffen. Als die wichtigsten Risiko-faktoren für eine intraoperative Hypotension wurden das Patien-tenalter, der ASA-Status, die Kom-bination von Allgemein- und Regi-onalanästhesie, die Dauer und eine Notfallindikation der Opera-tion identifiziert (ASA: American Society of Anesthesiologists).

Bis heute keine einheitliche Definition für intraoperative HypotensionBijker et al. beschrieben, dass die Dauer eines Abfalls des MAD um 30 % vom Ausgangswert statistisch

signifikant mit dem postoperati-ven Auftreten eines ischämischen Schlaganfalls assoziiert war [4]. Die Vergleichbarkeit der verschie-denen Studienergebnisse ist aller-dings erheblich dadurch er-schwert, dass bis heute keine ein-heitliche Definition für eine intra-operative Hypotension existiert.

Es bedarf klinischer Studien zur KlärungBei Patienten aus der Gefäßchirur-gie war eine intraoperative Hypo-tension – definiert als 40 %iger Ab-fall des MAD vom Präinduktions-wert und einer kumulativen Dauer von mehr als 30 min – mit einer postoperativen Myokardschädi-gung assoziiert [5]. Ebenso konnte eine postoperative Nierenfunkti-onsstörung mit einer anhaltenden intraoperativen Hypotension und einem MAD < 55 beziehungsweise < 60 mmHg in Verbindung gebracht werden. Aus dieser Studie wurde abgeleitet, dass es klinischer Stu-dien zur Klärung bedarf, ob Inter-ventionen zur sofortigen Therapie der Hypotension und auf die Phy-siologie des individuellen Patien-ten angepasst dazu beitragen kön-nen, das Risiko einer Nierenfunkti-onsstörung zu reduzieren. Bishe-rige Daten konnten aufzeigen, dass eine umgehende Korrektur der Hypotension mithilfe von Vaso-pressoren die Sterblichkeit gegen-über einer verspäteten oder gar nicht erfolgten Therapie reduzie-ren, aber nicht normalisieren kann.

Vasokonstriktoren sollten nicht unkritisch eingesetzt werdenDaraus lässt sich schlussfolgern, dass Vasokonstriktoren zur Thera-

pie einer intraoperativen Hypo-tension nicht unkritisch eingesetzt werden sollten, sondern deren Entstehung vermieden bezie-hungsweise die zugrunde liegen-den Ursachen behoben werden sollten. Darüber hinaus bleibt es Gegenstand zukünftiger Untersu-chungen, ob und inwieweit eine kontinuierliche, möglicherweise nicht invasive Überwachung des Blutdrucks von Vorteil ist.

Prof. Dr. Samir G. SakkaKlinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Kliniken der Stadt Köln gGmbH

Literatur1 Monk TG, Saini V, Weldon BC et al.

Anesthetic management and one-year mortality after noncardiac sur-gery. Anesth Analg 2005; 100: 4–10

2 Bijker JB, van Klei WA, Vergouwe Y et al. Intraoperative hypotension and 1-year mortality after noncardiac surgery. Anesthesiology 2009; 111: 1217–1226

3 Taffé P, Sicard N, Pittet V et al. The occurrence of intra-operative hypo-tension varies between hospitals: observational analysis of more than 147,000 anaesthesia. Acta Anaes-thesiol Scand 2009; 53: 995–1005

4 Bijker JB, Persoon S, Peelen LM et al. Intraoperative hypotension and pe-rioperative ischemic stroke after ge-neral surgery: a nested case-control study. Anesthesiology 2012; 116: 658–664

5 van Waes JA, van Klei WA, Wijey-sundera DN et al. Association be-tween intraoperative hypotension and myocardial injury after vascular surgery. Anesthesiology 2016; 124: 35–44

Donnerstag, 04. Mai 2017

Unterschätzte Risikofaktoren in der perioperativen Phase 15:15–16:45 Uhr, Saal St. Petersburg (16:15–16:45 Uhr: Etwas erniedrigter Blutdruck)

S. G. Sakka

Tab. 1 Analyse der Dauer einer intraoperativen Hypotension (Blutdruck­Schwellenwert bei Patienten mit einem Alter > 46 Jahre und einer Eingriffsdauer < 221 min).

MAD-Grenzwert Dauer-Schwellen-wert [min]

Risiko-Quotient (95 %iges Konfidenzintervall) für eine Dauer > Schwellenwert

MAD < 50 mmHg 5 3,98 (2,12–7,50)MAD < 55 mmHg 21 6,42 (3,11–13,30)MAD < 60 mmHg 30 4,89 (2,66–9,00)MAD < 65 mmHg 34 3,29 (1,96–5,52)MAD < 70 mmHg 46 2,46 (1,46–4,12)MAD < 75 mmHg 55 2,28 (1,39–3,75)Grenzwerte der Dauer einer intraoperativen Hypotension in Abhängigkeit vom arteriellen Mitteldruck (MAD) und dem Risiko-Quotienten (RQ). Bei der Berechnung des RQ werden die verschiedenen Risiko-Raten zueinander in Beziehung gesetzt. Ein RQ von 1 bedeutet, dass es keinen Unterschied zwischen 2 Gruppen gibt. Liegt ein RQ > 1 vor, ist das Risiko für die beobachtete Gruppe größer. Ein RQ < 1 bedeutet, dass das Risiko für die beobachtete Gruppe geringer ist (Quelle: mod. n. [2]).

Quelle: Prof. Dr. Samir G. Sakka, Köln

Donnerstag, 04. Mai 2017

AINS personalisiert – Was kann die (Grundlagen-)Forschung beitragen?15:15–16:45 Uhr, Saal Shanghai(15:37–16:00 Uhr: „Responder“ und „Non­Responder“ in AINS – Hinter­gründe und Ausblicke aus Sicht des Pharmakologen/Anästhesisten)

Bislang gab es keine wesentliche erkennbare EntwicklungIm Bereich von AINS gibt es bis-lang keine wesentliche erkennbare Entwicklung in diesem Feld, ob-wohl sich auch hier unschwer Be-darf erkennen lässt: Im Idealfall ließe sich mithilfe einer einfachen Blutuntersuchung für jeden Pati-enten aufgrund seines pharmako-genetischen Profils vorhersagen, ob es beispielsweise zu postopera-tiver Übelkeit und Erbrechen kom-men wird, oder ob aufgrund von Polymorphismen der Cytochrom-P-(CYP-)450-Enzyme bestimmte

Medikamente (z. B. Morphin oder Antibiotika) anders dosiert wer-den sollten. Am bedeutendsten sind in diesem Zusammenhang die Isoformen CYP3A4 und CYP2D6; CYP2D6 ist unter anderem für die Metabolisierung von Codein zu Morphin verantwortlich. Bis zu 10 % der mitteleuropäischen Be-völkerung erfahren aufgrund eines Mangels an CYP2D6 („poor meta-bolizers“) keine suffiziente Analge-sie durch Codein, wiederum bis zu 10 % („ultrarapid metabolizers“) sind durch exzessive Morphinkon-zentrationen potenziell gefährdet. Obwohl diese pharmakogeneti-

sche Varianz seit Langem bekannt und der klinische Nutzen einer Identifikation der betreffenden Merkmalsträger offensichtlich ist, bestehen aktuell keine translatio-nalen Ansätze zur Einführung ent-sprechender Testsysteme [5].

Die Ansätze müssen noch erheblich ausgebaut werdenDieses Beispiel soll belegen, dass die Ansätze von personalisierter Medizin noch erheblich ausgebaut werden müssen, um Responder und Non-Responder in AINS sicher zu identifizieren.

PD Dr. med. Dr. phil. nat. Patrick ScheiermannKlinik für Anaesthesiologie, Klinikum der Universität München – Campus Großhadern

Literatur1 Lee MS, Flammer AJ, Lerman LO et

al. Personalized medicine in car-diovascular diseases. Korean Circ J 2012; 42: 583–591

2 Zander J, Dobbeler G, Nagel D et al. Piperacillin concentration in relation to therapeutic range in critically ill patients – a prospective observatio-nal study. Crit Care 2016, 20: 79

3 Taubert M, Zoller M, Maier B et al. Predictors of inadequate linezolid concentrations after standard do-sing in critically ill patients. Antimi-

crob Agents Chemother 2016; 60: 5254–5261

4 Piquette-Miller M, Grant DM. The art and science of personalized me-dicine. Clin Pharmacol Ther 2007; 81: 311–315

5 Somogyi AA, Barratt DT, Coller JK. Pharmacogenetics of opioids. Clin Pharmacol Ther 2007; 81: 429–444

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10 Current congress | Highlights

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E. Biermann

Medicolegale Relevanz von LeitlinienNoch Raum für die Kunst beim Heilen?

Nach § 630a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat die Behand-lung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein aner-kannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit

nicht etwas anderes vereinbart ist. Was das für den behandeln-den Arzt genau bedeutet, fasst Dr. Elmar Biermann, Nürnberg, hier zusammen.

Dies bedeutet, so die Begründung der Bundesregierung [1], dass „im Regelfall auf den jeweiligen Stand naturwissenschaftlicher Erkennt-nis und ärztlicher Erfahrung abzu-stellen (ist), der zur Erreichung des Behandlungszieles erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat. Maßgeblich sind soweit regel-mäßige Leitlinien, die von den wissenschaftlichen Fachgesell-schaften vorgegeben werden“. Nach der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) sind Leitlinien „systematisch entwi-ckelte, wissenschaftlich begrün-dete und praxisorientierte Ent-scheidungshilfen für die angemes-sene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Prob-lemen … Leitlinien sind Orientie-rungshilfen im Sinne von „Hand-lungs- und Entscheidungskorrido-

ren“, von denen in begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar muss“ [2].

Eine unmittelbare Verbindlichkeit sieht die Rechtsprechung kritischEiner unmittelbaren Verbindlich-keit von Leitlinien steht die Recht-sprechung kritisch gegenüber. So stellt der Bundesgerichtshof (BGH) fest: „Handlungsanweisungen in Leitlinien ärztlicher Fach-gremien oder Verbände dürfen nicht unbesehen mit dem medizinischen Standard gleichgesetzt werden … Leitlinien er-setzen kein Sachverstän-digengutachten. Zwar können sie im Einzelfall den medizinischen Stan-dard für den Zeitpunkt ihres Erlasses zutreffend beschreiben; sie können aber auch Standards ärzt-licher Behandlung fort-entwickeln oder ihrer-seits veralten.“

Der rechtliche Maßstab ist der StandardLeitlinien, aber auch sonstige Empfehlungen, Entschließungen, interdisziplinäre Vereinbarungen zwischen den Fachgebieten kön-nen diesen ärztlichen Standard in-terpretieren. Unverbindlich – im Sinne von unbeachtlich – sind diese Verlautbarungen aber kei-nesfalls. In Abhängigkeit von der fachlichen Expertise unter Berück-sichtigung des jeweiligen Evidenz-

grades und ihrer Aktualität kommt den Leitlinien durchaus eine hohe Beachtlichkeit bei der Frage zu, welche Behandlung den allgemein anerkannten Standards entspricht.

Das Recht lässt aber Raum für „die Kunst des Heilens“Denn die oben zitierte Vorschrift macht deutlich, dass die Ärzte von dem grundsätzlich zu beachten-den fachlichen Standard abwei-

chen dürfen, wenn mit dem Pati-enten anderes vereinbart wird. Damit ist allerdings nicht gemeint, wie gelegentlich behauptet wird, dass eine Behandlung unterhalb des Standards vereinbart werden kann. Es gilt vielmehr, dass die me-dizinische Behandlung „grund-sätzlich offen sein (muss) für neue Behandlungsmethoden. Mithin führt ein Abweichen des Behan-delnden vom gültigen Standard nicht notwendig zu einem Be-handlungsfehler. Entsprechendes dürfte auch dann gelten, soweit

der Behandelnde plausibel be-gründen kann, dass die Befindlich-keit seines Patienten so stark von der Regel abweicht, dass eine mo-difizierte Strategie ergriffen wer-den musste. Insofern soll dem Be-handelnden sowohl bei diagnosti-schen Verfahren als auch im The-rapiebereich ein ausreichender Beurteilungs- und Entscheidungs-spielraum verbleiben, in dessen Rahmen er zur pflichtgemäßen

Ausübung seines Er-messens verpflichtet ist“ – so die Begründung der Bundesregierung zur oben zitierten Vor-schrift.

Der Arzt muss stets prüfenAlso muss auch ein Arzt, der von einer aktuellen Leitlinie abweicht, selbst wenn diese den aktuel-len Standard richtig in-terpretiert, nicht quasi „automatisch“ mit foren-

sischen Konsequenzen rechnen, wenn er das Abweichen überzeu-gend begründen kann. Aber auch leitliniengetreues Verhalten schützt dann nicht vor Haftung, wenn die aktuellen fachlichen Standards und die Leitlinien auseinanderfallen. Was folgt daraus für den Arzt, für seine „Kunst des Heilens“? Er muss stets prüfen [1],• ob und welche Leitlinien oder

sonstigen Äußerungen der Fachgebiete es für den kon-kreten Fall gibt,

• ob die Leitlinien inhaltlich

dem aktuellen medizinischen Standard entsprechen,

• wenn ja, ob er im konkreten Fall diesen Vorgaben folgen muss oder ob es kontextbezo-gen sachliche Gründe, unter Umständen auch im Patien-tenwillen („Selbstbestim-mungsrecht“) für ein von der Leitlinien abweichendes Vor-gehen gibt,

• wie er sich im Fall „konkur-rierender“, das heißt unter-schiedlicher Leitlinien und damit eventuell unterschied-lichen Anforderungen ver-schiedener Fachgebiete ver-halten soll.

Dr. iur. Elmar BiermannJustitiar des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten (BDA), Nürnberg

Literatur1 Deutscher Bundestag. Bundes-

tagsdrucksache 17/10488 v. 15.08.2012, S. 19. Im Internet: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/104/1710488.pdf (letzter Stand: 22.02.2017)

2 Ulsenheimer K, Biermann E. Leitlini-en – medico-legale Aspekte. Anästh Intensivmed 2008; 49: 105–106

Donnerstag, 04. Mai 2017

Leitlinien – mehr Risiko als Chance im Zeitalter der Präzisionsmedizin?13:00–14:30 Uhr, Saal Shanghai(13:45–14:07 Uhr: Medicolegale Re­levanz von Leitlinien – noch Raum für die Kunst beim Heilen?)

Bild: Fotolia

Langzeitfolgen nach TransfusionGibt es Daten?

Die Transfusion von Erythrozyten-konzentraten (EK) rettet Tag für Tag Leben! EKs sind absolut elementa-rer Bestandteil der modernen Medizin. Ein bewusster Umgang mit EK-Transfusionen ist nach dem neuesten

Stand der Wissenschaft aber dennoch unabdingbar. Hier stellt Prof. Patrick Meybohm, Frankfurt am Main, Daten zu Langzeitfol-gen nach Transfusion vor.

Mehrere große retrospektive Ana-lysen zeigen beispielweise, dass sogar nach Adjustierung von allge-meinen Risikofaktoren (z. B. Diabe-tes, Niereninsuffizienz, Lungener-krankung) Patienten, die EKs er-hielten, ein unabhängig erhöhtes Risiko für postoperative Komplika-tionen haben [1, 2]. Bei kolorektal-chirurgischen Patienten mit Trans-fusion von EKs war das Risiko für ein Tumorrezidiv erhöht [3]. Ähn-

liche Beobachtungen wurden bei Patienten mit onkologischer Pan-kreaschirurgie berichtet: Hier war die 5-Jahres-Sterblichkeit bei Pati-enten, die perioperativ aufgrund von Blutungen oder anderen Um-ständen mindestens ein EK beka-men, um den Faktor 2–3 erhöht [4]. Mit Blick auf kardiovaskuläre Risikopatienten zeigte eine kürz-lich publizierte retrospektive Stu-die mit über 4000 herzchirurgi-schen Patienten, dass neben der EK-Transfusion vor allem auch eine präoperative Anämie mit ei-ner signifikant schlechteren Lang-zeitüberlebensrate assoziiert war [5].

Alleiniger Einfluss von EKs nicht zu 100 % analysierbarDa bei allen diesen Observations-studien methodisch bedingt nicht messbare Begleitfaktoren vorlie-gen können, ist der alleinige Ein-fluss von EKs nicht zu 100 % analy-sierbar. Vor diesem Hintergrund untersuchten nun verschiedene prospektive, randomisierte Stu-dien, ob ein zurückhaltendes Transfusionsmanagement mit To-

lerierung niedrigerer Zielhämo-globinwerte von 7–9 g/dl genauso sicher ist wie ein großzügigeres Transfusionsmanagement mit hö-heren Zielhämöglobinwerten bei 9–11 g/dl. Sowohl für traumatolo-gische, intensivmedizinische als auch für internistische Patienten mit gastrointestinaler Blutung gab es zwischen beiden Regimes keine signifikanten Unterschiede, sodass (zumindest bei hämodyna-misch stabilen Pat i e n te n ) das Auf-t r a n s -

fundieren auf Hämoglobinwerte > 9 g/dl mehr Blutressourcen ver-braucht, den Patienten transfusi-onsassoziierte Risiken aussetzt, medizinisch aber kein zusätzlicher Nutzen vorliegt [6–9]. Zwei grö-ßere US-amerikanische Medizin-gesellschaften (American Medical Association Physician Consortium for Performance Improvement® und The Joint Commission) sowie die „Choosing Wisely® Campaign“ haben kürzlich sogar vor dem

übermäßigen Gebrauch von Bluttransfusionen ge-

warnt [10].

Daten aus dem Bereich Herzchirurgie und akute KardiologieIm Bereich der Herz-chirurgie und akuten Kardiologie sowie bei kardiovaskulä-ren Risikopatienten sind die Ergebnisse nicht ganz so ein-deutig [11, 12]. B e i s p i e l s w e i s e

wurden in der

TITRe2-Studie 2000 herzchirurgi-sche Patienten randomisiert einer liberalen (Zielhämoglobinwerte 8,5–11 g/dl) oder einer restrikti-ven (Zielhämoglobinwerte 7,5–10 g/dl) Strategie zugeteilt. Bei li-beraler Indikation wurden mit 92 % fast doppelt so viele Patienten transfundiert wie bei restriktiver Indikation (50 %). Das Auftreten ei-ner schweren Infektion oder einer relevanten Ischämie innerhalb von 3 Monaten war primärer End-punkt und in beiden Gruppen gleich häufig. Aus einer Vielzahl von sekundären Endpunkten war jedoch die 90-Tages-Sterblichkeit (jedoch nicht die 30-Tages-Sterb-lichkeit) in der restriktiven Gruppe mit 4,2 % im Vergleich zur liberalen Gruppe mit 2,6 % leicht erhöht [12]. Im Gegensatz dazu zeigte sich in der FOCUS-Studie mit 2000 kardiovaskulären Risikopatienten 3 Jahre nach Hüftfrakturchirurgie eine tendenziell höhere 3-Jahres-Sterblichkeit in der Gruppe mit großzügigerem Transfusionsre-gime (43,2 %) im Vergleich zur Gruppe mit weniger EKs (40,8 %) [13].

P. Meybohm

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11Current congress | Highlights

A. Spickhoff

BGH-Urteil 2016Millionen Patientenverfügungen wirkungslos?

Der Bundesge-richtshof (BGH) hat 2016 mit dem BGH-Urteil zur Pa-tientenverfügung entschieden, dass Festlegungen in Patientenverfügun-gen präzise sein müssen. Welche Anforderungen nun an Patienten-

verfügungen gestellt werden, erläutert Prof. Andreas Spick-hoff, München, anhand eines Patientenfalls.

Bekanntlich eröffnet das Betreu-ungsrecht die Möglichkeit der ein-vernehmlichen Entscheidung zwi-schen Arzt und Betreuer ohne das Erfordernis einer Genehmigung durch das Betreuungsgericht auch für einen Bevollmächtigten. Aller-dings führt seine Entscheidung – im Unterschied zu derjenigen des Betreuers – nur dann zur Entbehr-lichkeit einer Genehmigung durch das Betreuungsgericht, wenn seine Vollmacht die betreffenden Maß-nahmen beziehungsweise das Nicht-Ergreifen oder die Nicht-Weiterführung von Maßnahmen ausdrücklich umfassen, und zwar in Schriftform (§ 1904 Bürgerli-ches Gesetzbuch [BGB]).

Benachteiligung des Bevollmächtigten gegenüber dem Betreuer ist fragwürdigDiese in formeller Hinsicht statu-ierte Benachteiligung des Bevoll-mächtigten gegenüber einem Be-treuer ist rechtspolitisch durchaus fragwürdig. Immerhin wird so ein Betreuer, der mit einem Patienten womöglich wenig persönlich zu tun hatte, von der gerichtlichen Kontrolle freier gestellt als ein vom Patienten zuvor persönlich be-nannter Bevollmächtigter. Die Ge-fahr eines möglichen Missbrauchs der Vollmacht, auch in Gesund-heitsangelegenheiten, lässt sich auch in Bezug auf gerichtlich be-stellte Betreuer, die im Ergebnis doch eher summarisch auf ihre Eignung hin überprüft werden, kaum als geringer einstufen. Umso schwerer wiegt, dass der Patient den Bevollmächtigten – von Be-treuungsverfügungen einmal ab-gesehen – ad personam bestimmt hat.

Der Bundesgerichtshof sieht das andersDer BGH sieht dies (auch rechtspo-litisch) indes anders. In der Ent-scheidung, die unter anderem in der Neuen Juristischen Wochen-schrift (NJW) 2016, S. 3297 veröf-fentlicht wurde, ging es um eine ältere Frau, die mehrere Hirn-

schläge erlitt, wonach sie nicht mehr kommunikationsfähig war. Noch zur Zeit der Ansprechbarkeit war ihr (offenbar ohne ihren Wi-derspruch) im Krankenhaus eine PEG-Sonde gelegt worden. Sie hatte 3 Töchter. (Nur) Die zweite wurde als Bevollmächtigte auch in Gesundheitsangelegenheiten ein-gesetzt. Erst in der letzten, notari-ell beurkundeten Bevollmächti-gung genügte die Vollmacht den eben genannten Anforderungen in Bezug auf die Beendigung lebens-erhaltender Maßnahmen. Im Übri-gen wünschte sie bei „realistischer Aussicht auf Erhaltung eines er-träglichen Lebens … ärztlichen Beistand unter Ausschöpfung der angemessenen Möglichkeiten“, je-doch das Unterbleiben lebensver-längernder Maßnahmen, „wenn medizinisch eindeutig festgestellt“ sei, dass unter anderem keine Aus-sicht auf Wiedererlangung des Be-wusstseins bestehe oder dass auf-grund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe. Die betref-fende Entscheidung sei mit der be-handelnden Ärztin abzusprechen, die „Einwendungen“ ihrer bevoll-mächtigten Vertrauensperson „be-rücksichtigen“ sollte. In der späte-ren notariellen Vollmachtsertei-lung hieße es zudem, es werde eine angemessene und insbeson-

dere schmerzlindernde Behand-lung, nicht jedoch die künstliche Lebensverlängerung durch Gerät-schaften gewünscht.

Wer stellte sich auf welche Seite?Die Bevollmächtigte und die die Betroffene behandelnde Hausärz-tin waren übereinstimmend der Auffassung, dass der Abbruch der künstlichen Ernährung nicht dem in der Patientenverfügung geäu-ßerten Willen der Betroffenen ent-spreche; die beiden anderen Töch-ter waren gegenteiliger Meinung und riefen das Betreuungsgericht an. Das Amtsgericht stellte sich auf die Seite der Bevollmächtigten, das Landgericht auf die Seite der ande-ren Töchter, der BGH wieder auf die Seite der Bevollmächtigten. Ein Eingriff in die Entscheidungen des Bevollmächtigten könne nur gebo-ten sein, „weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmäch-tigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmen-den Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevoll-mächtigten Bedenken bestehen“ (siehe BGH, Zeitschrift für das ge-samte Familienrecht [FamRZ] 2015, S. 2163 Rn. 16). Davon konnte im konkreten Fall nicht ausgegangen werden. Die Vorsor-gevollmacht dürfe nicht über ei-nen Umweg wieder entwertet werden

Was ist wichtig?Wichtig ist, dass das Gericht auch keine strikt bindende Patienten-verfügung angenommen hat. Die schriftlich fixierten Wünsche der Betroffenen bezogen sich nämlich nicht auf konkrete Behandlungs-maßnahmen, sondern benannten ganz allgemein „lebensverlän-gernde Maßnahmen“. Auch das Kriterium eines schweren Dauer-schadens des Gehirns sei „so we-nig präzise“, dass es „keinen Rück-schluss auf einen gegen konkrete Behandlungsmaßnahmen – hier die künstliche Ernährung mittels PEG-Sonde – gerichteten Willen der Betroffenen erlaubt“. Das folge ebenso wenig eindeutig aus sons-tigen Äußerungen oder dem mut-maßlichen Wille der Betroffenen.

Immerhin hatte die Betroffene der künstlichen Ernährung mittels PEG-Sonde zu der Zeit, als sie selbst noch kommunikationsfähig war, nicht widersprochen. Das be-deutet aber keineswegs, dass sol-che Handlungsanweisungen von Patienten unbeachtlich und in die-sem Sinne „unwirksam“ wären. Sie sind nur eben nicht gewisserma-ßen sklavisch zu befolgen, sondern als – je nach Konkretheit und Situ-ation – wichtige Indizien zur Er-mittlung des mutmaßlichen Wil-lens der Betroffenen.

Was ist das Fazit?Die Anforderungen an eine Vorsor-gevollmacht sind im Gesetz strikt festgelegt; daran hält sich der BGH. Ist aber die Vollmacht wirksam und erfasst auch die Entscheidung über lebenserhaltende Maßnah-men, steht dem Bevollmächtigten ein nicht unerheblicher Einschät-zungsspielraum zu, welcher ge-rade ihm durch die Vollmacht des Betroffenen eingeräumt werden kann. Der potenziellen Gefahr der Fehlausfüllung dieses Spielraums begegnen Gesetz und Judikatur mit strengen Anforderungen an die Erteilung einer solchen poten-ziell über Leben und Tod entschei-denden Vollmacht.

Prof. Dr. Andreas SpickhoffLehrstuhl für Bürgerliches Recht und Medizinrecht, Juristische Fakultät, LMU München

Freitag, 05. Mai 2017

BGH­Urteil 2016: Millionen Patienten­verfügungen wirkungslos?

15:00–16:00 Uhr, Saal A

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Mittwoch, 03. Mai 2017

Transfusion14:45–16:15 Uhr, Saal Kiew(14:45–15:07 Uhr: Langzeitfolgen nach Transfusion: gibt es Daten?)

Therapie nicht allein auf EKs fokussierenAufgrund der erwähnten kurz- und langfristigen möglichen Risiken sollte aus gesellschaftlichen, medi-zinischen und ethischen Gründen Abstand von einer allein auf EK fo-kussierten Therapie genommen werden. Vielmehr sollten Alterna-tiven im Rahmen eines Patient Blood Management angewandt werden [14].

Christoph Kempf, Prof. Dr. Dr. Kai Zacha-rowski und Prof. Dr. Patrick MeybohmKlinik für Anästhesiologie, Intensivmedi-zin und Schmerztherapie, Universitätskli-nikum Frankfurt am Main

Literatur1 Paone G, Likosky DS, Brewer R et al.

Transfusion of 1 and 2 units of red blood cells is associated with increased morbidity and mortality. Ann Tho-rac Surg 2014; 97: 87–93; discussion 93–84

2 Rohde JM, Dimcheff DE, Blumberg N et al. Health care-associated infection after red blood cell transfusion: a sys-tematic review and meta-analysis. JAMA 2014; 311: 1317–1326

3 Acheson AG, Brookes MJ, Spahn DR. Effects of allogeneic red blood cell transfusions on clinical outcomes in patients undergoing colorectal can-cer surgery: a systematic review and meta-analysis. Ann Surg 2012; 256: 235–244

4 Mavros MN, Xu L, Maqsood H et al. Perioperative blood transfusion and the prognosis of pancreatic cancer

surgery: systematic review and meta-analysis. Ann Surg Oncol 2015; 22: 4382–4391

5 von Heymann C, Kaufner L, Sander M et al. Does the severity of preoperative anemia or blood transfusion have a stronger impact on long-term survival after cardiac surgery? J Thorac Cardio-vasc Surg 2016; 152: 1412–1420

6 Carson JL, Terrin ML, Noveck H et al. Li-beral or restrictive transfusion in high-risk patients after hip surgery. N Engl J Med 2011; 365: 2453–2462

7 Galas FR, Almeida JP, Fukushima JT et al. Blood transfusion in cardiac surgery is a risk factor for increased hospital length of stay in adult patients. J Car-diothorac Surg 2013; 8: 54

8 Villanueva C, Colomo A, Bosch A et al. Transfusion strategies for acute upper gastrointestinal bleeding. N Engl J Med

2013; 368: 11–219 Holst LB, Haase N, Wetterslev J et

al. Lower versus higher hemoglobin threshold for transfusion in septic shock. N Engl J Med 2014; 371: 1381–1391

10 American Board of Internal Medicine Foundation. Choosing wisely. Im In-ternet: http://www.choosingwisely.org/doctor-patient-lists/. (Stand: 24.01.2017)

11 Carson JL, Brooks MM, Abbott JD et al. Liberal versus restrictive transfusion thresholds for patients with symp-tomatic coronary artery disease. Am Heart J 2013; 165: 964–971

12 Murphy GJ, Pike K, Rogers CA et al. Liberal or restrictive transfusion after cardiac surgery. N Engl J Med 2015; 372: 997–1008

13 Carson JL, Sieber F, Cook DR et al. Libe-

ral versus restrictive blood transfusion strategy: 3-year survival and cause of death results from the FOCUS rando-mised controlled trial. Lancet 2015; 385: 1183–1189

14 Meybohm P, Herrmann E, Steinbicker AU et al. Patient Blood Management is associated with a substantial reduc-tion of red blood cell utilization and safe for patient’s outcome. A prospec-tive, multicenter cohort study with a noninferiority design. Ann Surg 2016; 264: 203–211

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13Current congress | Highlights

Sepsis 2017Sind die neuen Definitionen in der Klinik anwendbar?

Vor etwas mehr als einem Jahr wurden die dritten Internatio-nalen Consensus-Definitionen für Sepsis und septischen Schock (SEPSIS-3) veröffentlicht [1]. Dr. Thomas Schmoch und Prof. Markus A. Weigand, Heidelberg, fassen die Neuerungen hier zusammen.

Die bisherige SEPSIS-2-Definition [2], die eine „Sepsis“ (mindestens 2 SIRS-Kriterien auf dem Boden ei-ner Infektion [Tab. 1]) von der „schweren Sepsis“ (mit manifester Organdysfunktion) und dem septi-schen Schock (Sepsis mit akutem Kreislaufversagen) unterscheidet, wurde dabei als Ganzes abge-schafft und ersetzt. Gemäß SEP-SIS-3 wird eine Sepsis in Zukunft „als eine lebensbedrohliche Or-gandysfunktion verursacht durch eine fehlgeleitete Wirtsantwort auf eine Infektion“ definiert [1]. Dabei soll eine Organdysfunktion als eine akute Verschlechterung des SOFA-Scores (Sequential Organ Failure Assessment; Tab. 2) von ≥ 2 Punkten in Folge der Infektion de-finiert werden. Als Screening-Werkzeug im Rettungs- und Not-arztdienst, in der Notaufnahme und auf der Normalstation soll der quick-SOFA (qSOFA; Tab. 3) ver-wendet werden.

Septischer Schock als Unter-form der Sepsis definiertDer septische Schock wird als eine Unterform der Sepsis definiert, „bei der die kardiozirkulatori-schen, zellulären und metaboli-schen Veränderungen tiefgreifend genug sind, um die Letalität signi-fikant zu erhöhen“ [1]. Patienten mit septischem Schock können

durch das klinische Konstrukt ei-nes Vasorpressorbedarfs (um den MAP ≥ 65 mmHg zu halten) bei gleichzeitig erhöhtem Serumlak-tat > 2 mmol/l (18 mg/dl) trotz aus-reichender Flüssigkeitssubstitu-tion identifiziert werden.

Ziel der neuen DefinitionZiel der Taskforce zur Erstellung der „neuen“ Sepsis-3-Definition war es, ein „konsistenteres und re-produzierbareres Bild der Sepsis-Inzidenz und -Prognose“ [1] zur Verfügung zu stellen. Insbeson-dere wurde dabei unter Verweis auf eine Arbeit von Kaukonen et al. [3] kritisiert, dass das Screening mithilfe der SIRS-Kriterien einen von 8 kritisch kranken Patienten nicht erkenne und die Sensitivität der SIRS-Kriterien somit nicht ausreichend sei. Auch ließen SEP-SIS-1 und SEPSIS-2 zu viel Definiti-onsspielraum, was zu hohen Varia-tionen der Letalität und der Inzi-denz des septischen Schocks um den Faktor 4 bzw. 10 zwischen unterschiedlichen Observations-studien geführt habe [1]. Die neue Definition selektiert hingegen ein Kollektiv mit konstanter Prognose in Bezug auf die Sterblichkeit. Eine Zunahme des SOFA-Scores um ≥ 2 Punkte ist mit einer Letalität von circa 10 %, die neue Definition des septischen Schocks mit einer Leta-lität von etwa 40 % vergesellschaf-tet.Tatsächlich war der SOFA-Score den SIRS-Kriterien in Bezug auf die Vorhersage der Krankenhausletali-tät in einer kürzlich veröffentlich-ten retrospektiven Kohortenana-lyse mit 184 875 Patienten deut-lich überlegen [4]. Auch der qSOFA hatte bezüglich der Sterblichkeit während des Krankenhausaufent-haltes in einer kleinen prospekti-ven multizentrischen Studie eine höhere Vorhersagegenauigkeit als die SIRS-Kriterien [5]. Während die Gesamtletalität des untersuch-ten Kollektivs von 879 Patienten bei 8 % lag, starben 24 % der Patien-ten mit einem qSOFA ≥ 2 im Laufe des beobachteten Krankenhaus-aufenthaltes, aber nur 3 % der Pa-tienten, die auf weniger als 2 Punkte im qSOFA-Score kamen.

Gleichzeitig bringt die Einführung von SEPSIS-3 jedoch eine Reihe neuer Probleme mit sich:

Diagnosezeitpunkt und SensitivitätEs ist gilt als unumstritten, dass die Zeit einer der kritischsten und gleichzeitig entscheidensten Fak-toren bei der Behandlung der Sep-sis darstellt [1]. Es erscheint daher sinnvoll, ein diagnostisches Werk-zeug zu wählen, das die Erkran-kung möglichst früh und mög-lichst sicher identifiziert. Dabei ist eine hohe Sensitivität zunächst wichtiger als eine hohe Spezifität, da eine mögliche Übertherapie, bestehend aus einer unnötigen Antibiotika- und Volumenthera-pie, im Gegensatz zu den Folgen einer verzögerten Therapie von Sepsispatienten weniger gefähr-lich erscheint. Auch im Rahmen der SEPSIS-3-Definition [1] wird deshalb unter Berufung auf die ge-nannte Studie von Kaukonen et al. [3] die mangelnde Sensitivität der SIRS-Kriterien kritisiert. Es über-rascht daher, dass SEPSIS-3 mit dem SOFA den Klinikern weltweit ein Werkzeug an die Hand gibt, das die Diagnosestellung erst zu einem Zeitpunkt zulässt, an dem die möglicherweise irreversible Organdysfunktion bereits einge-treten ist. Ein Patient mit einer neu aufgetretenen Verschlechterung des SOFA von ≥ 2 Punkten ist be-reits intensivpflichtig. Wenn das Ziel aber ist, einen Patienten vor der Intensivstationspflichtigkeit zu bewahren, werden wir in Zu-kunft an Sepsis denken müssen, bevor wir sie diagnostizieren dür-fen. Der qSOFA, den SEPSIS-3 als Screeningwerkzeug vorschlägt, scheint dazu ebenfalls nicht geeig-net. Denn ein Patient, der ≥ 2 Punkte auf dem qSOFA-Score hat, ist zu diesem Zeitpunkt auch be-reits intensivpflichtig und hat eine (trotz Therapie) erhöhte Letalität [5]. Passend dazu kommen meh-rere Studien zu dem Schluss, dass der qSOFA in Bezug auf die Spezifi-tät den SIRS-Kriterien deutlich überlegen, gleichzeitig aber in Be-zug auf die Sensitivität deutlich unterlegen ist [6–8].

Praktische Umsetzung der DiagnosestellungAuch die definitive Diagnosestel-lung mithilfe des SOFA-Scores ist in der Praxis nicht unproblema-

tisch. Für seine Berechnung wer-den neben nicht invasiv zu erhe-benden Parametern wie dem Glas-gow Coma Score (GCS) oder dem mittleren arteriellen Blutdruck auch Blutwerte (Serumbillirubin, Kreatinin und Thrombozytenzahl), die Urinausscheidung und arteri-elle Blutgase (zur Berechnung Ho-rowitzindex) benötigt. Spätestens die Bestimmung der Blutgase ist in der Regel erst auf der Intensivsta-tion möglich. Des Weiteren ist bei-spielsweise unklar, wann der GCS zu bestimmen ist. Da Patienten, die respiratorisch insuffizient wer-den oder kreislaufinstabil und hoch katecholaminpflichig sind, auf der Intensivstation früher oder später sediert und intubiert und gegebenenfalls sogar relaxiert werden, erscheint es nur sinnvoll, den GCS vor der Intubation zu er-heben. Wie mit diesem Parameter jedoch ab dem Zeitpunkt der Se-dierung umzugehen ist, bleibt fraglich.

Wie valide ist der Score bei vorbestehenden Organschäden?Auch ist unklar, wie valide der SOFA-Score bei Patienten mit vor-bestehenden Organdysfunktionen ist, die auf einer oder mehreren Achsen des SOFA-Scores keine Punkte mehr hinzugewinnen kön-nen. Schwierigkeiten bei der for-malen Diagnose der Sepsis sind beispielsweise bei Patienten nach Schädel-Hirn-Trauma zu erwarten, bei denen der GCS eingeschränkt ist und die zusätzlich eine Sepsis entwickeln. Ein ähnliches Problem stellen Patienten dar, die nach ei-ner Operation aus anderen Grün-den nicht extubiert, sondern pri-mär intubiert und beatmet auf die Intensivstation verlegt wurden. Wie ist mit Patienten mit termina-ler Niereninsuffizienz oder mit ei-ner chronisch obstruktiven Lun-generkrankung (COPD) im Endsta-dium umzugehen? Auch bei Pati-enten, die im Rahmen einer Apla-sie unter einer Thrombozytopenie leiden oder auf dem Boden einer Hepatitis oder Leberzirrhose er-höhte Bilirubinwerte haben, könnte die Diagnosestellung mit

dem SOFA-Score Probleme mit sich bringen. All diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko eine Sepsis zu entwickeln. Bis heute lie-gen jedoch keine Daten vor, wie sensitiv und valide die neue Defi-nition bei diesen Patienten ist.

Codierung der Diagnose SepsisZu guter Letzt stellt uns die neue Definition in Deutschland zumin-dest passager vor ein bürokrati-sches Problem. Seit 2007 wird die Sepsis nach ICD-10 GM „R65.0!“ codiert. Darin wird das Vorliegen einer positiven Blutkultur in Kom-bination mit 2 SIRS-Kriterien oder das Vorliegen aller 4 SIRS-Krite-rien zur Diagnose der Sepsis gefor-dert. Mit der vollständigen Ab-schaffung der alten Definition ste-hen wir somit in Deutschland zu-mindest zweitweise vor der Schwierigkeit, dass es Patienten geben wird, die zwar die neue, nicht aber die alte Sepsis-Defini-tion erfüllen. Bis zur Überarbei-tung der ICD-10 wird man also auf Hilfskonstrukte angewiesen sein, um alle septischen Patienten auch als solche codieren zu können.

ZusammenfassungInsgesamt stellt die neue Defini-tion zusammen mit dem SOFA-Score ein sinnvolles, spezifisches Werkzeug dar, das mit überschau-barem Aufwand in den Ar-beitsalltag auf Intensivstationen zu implementieren ist. Wie valide der SOFA-Sore jedoch bei Patienten mit vorbestehenden Organschäden ist, wird in zukünftigen Studien zu klären sein. Die Eignung des qSO-FAs als Screening-Werkzeug er-scheint hingegen fraglich. Auf Nicht-Intensivstationen, in Notauf-nahmen und im Notarztdienst wird ein Instrument benötigt, das möglichst sensitiv, möglichst früh im Krankheitsverlauf Alarm gibt. Dabei erscheint eine präzise Vor-hersage der Letalität sekundär. Vielmehr geht es darum, einen möglicherweise gefährlichen Krankheitsverlauf so frühzeitig zu detektieren, dass er noch thera-peutisch beeinflussbar ist. Nach den vorliegenden Studien muss für den qSOFA jedoch eine Sensitivität von lediglich etwa 50–60 % ange-nommen werden. Er bleibt damit deutlich hinter den SIRS-Kriterien mit Sensitivitätswerten von 75–98 % zurück, sodass seine flächen-deckende Einführung nicht unkri-tisch erfolgen sollte.

Dr. Thomas Schmoch und Prof. Dr. Markus A. WeigandKlinik für Anästhesiologie, Universitätskli-nikum Heidelberg, Heidelberg

LiteraturLiteratur beim Verfasser.

T. Schmoch M. A. Weigand

Tab. 2 SOFA­Score (Quelle: [9]).

0 1 2 3 4Atmung PaO2/FiO2 > 400 ≤ 400 ≤ 300 ≤ 200 und

Atemunterstützung≤ 200 und Atemunterstützung

Gerinnung Thrombozyten(x 103/mm3)

> 150 ≤ 150 ≤ 100 ≤ 50 ≤ 20

Leber Bilirubin(mg/dl)(µmol/l)

< 1,2< 20

1,2–1,920–32

2,0–5,933–101

6,0–11,9102–204

> 12,0> 204

Herz-Kreislauf Hypotension keine Hypotension MAP < 70 mmHg Dopamin ≤ 5 oder Dobutamin(unabhängig von der Dosis)

Dopamin > 5oder Adrenalin ≤ 0,1 oder Noradrenalin ≤ 0,1

Dopamin > 15oder Adrenalin > 0,1 oder Noradrenalin > 0,1

Zentrales Nerven-system

GlasgowComa Scale

15 13–14 10–12 6–9 < 6

Niere Kreatinin (mg/dl)(µmol/l)oder Urinproduktion

< 1,2< 110

1,2–1,9110–170

2,0–3,4171–299

3,5–4,9300–440oder < 500 ml/d

> 5> 440oder < 200 ml/d

Tab. 3 qSOFA (quick SOFA)­Kriterien.

• Atemfrequenz ≥ 22/min• Veränderung der Bewusstseinslage• systolischer Blutdruck ≤ 100 mmHg

Tab. 1 SIRS­Kriterien.

• Tachykardie > 90/min• Tachypnoe > 20/min oder paCO2 < 32 mmHg• Hyperthermie > 38°C oder Hypothermie < 36°C• Leukozytenzahl < 4 µl oder > 12/µl

Mittwoch, 03. Mai 2017

Sepsis 2017 – Neues und Wichtiges09:45–11:15 Uhr, Saal Sydney(09:45–10:15 Uhr: Sind die neuen Sepsis-Definitionen in der Klinik an­wendbar?)

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14 Current congress | Highlights

Rettungsdienstliche Zuweisungsstrategie 2017Immer weiter fahren?

Die erreichbar-keitsorientierte Notfallversorgung ist eine zentrale Forderung des Eckpunktepa-piers zur notfall-medizinischen Versorgung der Bevölkerung [1]. Dies meint eine möglichst kurze

Transportzeit zum Erreichen der nächsten geeigneten Klinik. Realdaten hierzu überprüfte jetzt Dr. Stephan Prückner, München, mit seinem Team am Institut für Notfallmedizin und Medizinma-nagement (INM) München, und stellt die gemachten Beobach-tungen hier vor.

Die Transportzeit ist abhängig von der räumlichen Verteilung der Krankenhäuser und ihrer Erreich-barkeit in Relation zum Einsatzort. Eine konkrete Zeitvorgabe der Transportzeit wird im Eckpunkte-papier nicht getroffen. Sie ist aber Bestandteil der Prähospitalzeit (PHZ), die für bestimmte Tracer-diagnosen wie zum Beispiel Schlaganfall, Schwerverletzte/Po-lytrauma oder ST-Hebungsinfarkt 60 min nicht überschreiten sollte [1]. Die PHZ beinhaltet außerdem

das Reaktionsintervall (vom Not-ruf bis zum Eintreffen am Notfall-ort) und die Behandlungsdauer (von der Ankunft bis zum Beginn des Transportes), die in den letzten 10 Jahren im Median circa 10 min beziehungsweise 20 min betrugen [2]. Damit würde eine PHZ von 60 min rein rechnerisch eingehal-ten werden, wenn die Transport-dauer nicht länger als 30 min be-trägt. Realdaten zeigen auch eine Zunahme der Transportdauer, im Median von 10 auf 11 min [2]. Zu-sammen mit Berichten über knappe Behandlungskapazitäten und Veränderungen der Kranken-hauslandschaft ergibt sich die Notwendigkeit, die Einhaltung dieser Planungsgröße zu überprü-fen.

Grundlage der UntersuchungDie Transportdauer ist definiert als Dauer von der Abfahrt am Notfall-ort bis zum Eintreffen am Kran-kenhaus. Grundlage der Untersu-chung waren Daten einer detail-lierten Strukturdatenbank sowie georeferenzierte Einsatzdaten der integrierten Leitstellen aller 26 bayerischen Rettungsdienstberei-che, die für die Trend- und Struk-turanalyse des Rettungsdienstes in Bayern (TRUST-Projekt) bereitge-stellt und am Institut für Notfall-medizin und Medizinmanagement

(INM) im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr und den in Bay-ern tätigen Sozialversicherungs-trägern ausgewertet werden.

Zunahme der Einlieferungen bei Notfällen um 51,1 % zwischen 2006 und 2015Zwischen 2006 und 2015 beob-achteten wir eine kontinuierliche Zunahme der Einlieferungen bei Notfällen von 51,1 % (Abb. 1). Diese Zunahme war für Einsätze mit ei-ner Transportdauer von mehr als 30 min (T > 30: 104,9 %) überpro-portional größer als für Einsätze mit kürzerer Transportdauer (T < 30: 49,5 %). Die geografische Darstellung zeigt, dass rein plane-risch eine Erreichbarkeit inner-halb von 30 min gegeben ist (Abb. 2). Berücksichtigt wurden hier nur Kliniken, die in 2015 mindestens

einen Notfall pro Woche per Ret-tungswagen zugewiesen bekamen (N = 246). Die Karte zeigt, dass die 30-min-Vorgabe in 96 % erfüllt wird. Soll die nächste geeignete Klinik ein Haus der Versorgungs-stufe II oder III sein, dann nimmt dieser Anteil aber schnell ab. Die durchschnittliche Entfernung zwi-schen Einsatzorten auf Gemeinde-teilebene und relevanten Kliniken lag nach unserer Distanzmatrix für T > 30 bei 23,1 km und T < 30 bei 8,9 km.

Zunahme von Einsätzen mit Transportzeiten über 30 minWir stellen eine Zunahme von Ein-sätzen mit Transportzeiten über 30 min fest. Die planerische E rreichbarkeit von notfallversor-genden Kliniken innerhalb von 30 min ist gegeben, solange die Versorgungsstufe unberücksich-

tigt bleibt. Die Tatsache, dass bei längerer Transportdauer größere Distanzen überwunden werden, lässt vermuten, dass die Dauer nicht allein durch eine veränderte Erreichbarkeit wie zum Beispiel vermehrtes Verkehrsaufkommen erklärbar ist. Die Eignung der Kli-nik ist auch abhängig von ihrer fachlichen Ausrichtung und der vermuteten Dia gnose. Es kann sein, dass deshalb Zuweisungen in spezialisierte Kliniken höherer Versorgungsstufen in Kauf genom-men werden, die weiter auseinan-der liegen. Vielleicht war die nächste geeignete Klinik auch nicht aufnahmebereit. Leider kön-nen unsere Daten keine Antworten auf diese Fragen liefern. Die Ver-längerung könnte auch Folge von Klinikschließungen sein. Derzeit scheinen solche tiefgreifenden Veränderungen der Krankenhaus-landschaft aber bisher nicht voll-zogen. Aktuell werden am INM Daten gesammelt, die hierzu wei-tere Einsichten versprechen.

Dr. Stephan Prückner, Chris Gehring, Annette Gattinger, Dr. Heiko TrentzschInstitut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), Klinikum der Universität München

Literatur1 Fischer M, Kehrberger E, Marung H

et al. Eckpunktepapier 2016 zur not-fallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in der Prähospitalphase und in der Klinik. Notfall + Rettungs-medizin 2016; 19: 387–395

2 Bielmeier S, Veser F, Gross S et al. Rettungsdienstbericht Bayern 2016, 2016. Im Internet: http://www.inm-online.de/images/stories/pdf/Ret-tungsdienstbericht_Bayern_2016.pdf (letzter Zugriff: 13.2.2017)

Mittwoch, 03. Mai 2017

Strukturwandel im Rettungsdienst14:45–16:15 Uhr, Saal Istanbul(14:45–15:07 Uhr: Rettungsdienstliche Zuweisungsstrategie 2017 – immer weiter fahren?)

S. Prückner

Abb. 1 Entwicklung der Transportdauer bei Notfällen in Bayern 2006–2015.Quelle: Dr. Stephan Prückner, München

Abb. 2 Transportdauer zur nächstgelegenen Klinik mit Notaufnahme.Quelle: Dr. Stephan Prückner, München

Neues Antibiotikum gegen multiresistente gramnegative Erreger

Seit dem 01. März 2017 steht das Antibiotikum Ceftazidim-Avibac-tam (Zavicefta™) auf dem deut-schen Markt zur Verfügung. Cefta-zidim-Avibactam ist zur Behand-lung von erwachsenen Patienten mit komplizierten intraabdominel-len Infektionen (cIAI), komplizier-ten Harnwegsinfektionen (cUTI), einschließlich Pyelonephritis und nosokomialen Pneumonien (HAP) – darunter auch beatmungs-assoziierte Pneumonien (VAP) – zugelassen. Darüber hinaus ist das Antibiotikum auch zur Behandlung von Infektionen mit aeroben gram-negativen Erregern bei erwachse-

nen Patienten mit begrenzten Be-handlungsoptionen indiziert [1].Ceftazidim-Avibactam erhielt im Juni 2016 die europäische Zulas-sung. Deutschland ist das erste Land in der EU, in dem Ceftazidim-Avibactam nun eingeführt wurde. Bei diesem Antibiotikum handelt es sich um die neue Kombination aus dem bewährten Cephalospo-rin Ceftazidim und dem innovati-ven β-Laktamase-Inhibitor Avi-bactam. Ceftazidim ist ein Cepha-losporin der Gruppe 3b, welches daher auch eine Wirksamkeit ge-gen Pseudomonas aeruginosa auf-weist. Avibactam ist der erste

Nicht-β-Laktam β-Laktamase-Inhibitor; die Substanzen dieser Klasse werden auch als Diazabicy-clooctane (DABCO) bezeichnet. Sie besitzen anstelle eines β-Laktam-Ringes eine veränderte chemische Struktur, die es ihnen ermöglicht, reversibel zu binden. Im Gegensatz zu herkömmlichen β-Laktamase-Inhibitoren wie Tazobactam wirkt Avibactam gegen ein erweitertes Spektrum von β-Laktamasen. So inhibiert es β-Laktamasen der Ambler Klassen A, C und teilweise D. Dies schließt unter anderem ESBL („extended spectrum beta-lactamases“), Carbapenemasen,

wie KPC und OXA-48 sowie AmpC-Enzyme ein [1].Allgemein ist eine zunehmende Resistenzbildung vor allem gegen-über Carbapenemen zu verzeich-nen [2]. Insbesondere durch En-terobacteriaceae und Pseudomo-nas aeruginosa verursachte Infek-tionen sind schwierig zu therapie-ren. Die Erfassung der häufigsten Carbapenemasen KPC und OXA-48 durch Avibactam ermöglicht Cef-tazidim eine bessere Wirksamkeit gegen diese Erreger zu entfalten [3].Im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen des Antibiotic Ste-

wardships stellt das neue Antibio-tikum einen entscheidenden Bei-trag zur antibiotischen Vielfalt dar.

Literatur1 Fachinformation Zavicefta™, Stand:

Juni, 20162 European Centre for Disease Pre-

vention and Control. Im Internet: http://atlas.ecdc.europa.eu/ (letzter Stand: Januar 2017)

3 Zhanel GG et al. Drugs 2013; 73: 159–177

Quelle: nach einer Pressemitteilung der Pfizer Deutschland GmbH, Berlin

Forum der Industrie

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15Current congress | Highlights

Nürnberg

Sehenswertes

Germanisches NationalmuseumDie hochspezialisierte Vielfalt des Nürnber-ger Handwerks ist bekannt. Einen Eindruck davon bekommt man im Germanischen N ationalmuseum in der Kartäusergasse 1. Das Museum ist das größte kulturgeschicht-liche Museum des deutschsprachigen Raums von der Frühzeit bis zur unmittelba-ren Gegenwart. Über 25 000 dauerhaft aus-gestellte Originale ermöglichen eine Zeit-reise vom steinzeitlichen Faustkeil über mittelalterliche Skulpturen bis hin zum Selbstbildnis von Ernst Ludwig Kirchner.

LorenzkircheDie Lorenzkirche der Südstadt sollte als zweite Bürgerkirche St. Sebald in nichts nachstehen. Gerade als die spätromanische Sebalduskirche vollendet war, wurde St. Lo-renz im modernen Stil der Gotik geplant und ab circa 1260 in der kurzen Zeit von 100 Jahren gebaut. In die über 700 Jahre

alte Kirche kommen jährlich etwa 750 000 Besucher.

RathausNördlich des Hauptmarktes befindet sich das Rathaus (Möglichkeit zur Besichtigung des mittelalterlichen Lochgefängnisses), ein Renaissancebau, der, nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut, das Selbstbewusstsein der Nürnberger stolz do-kumentiert. Es gehört als eine der Sehens-würdigkeiten der Stadt zur Historischen Meile Nürnbergs.

Dürers WohnhausIn der Albrecht-Dürer-Straße 39 findet man Dürers Wohnhaus. Ein Rundgang durch das 4-stöckige Gebäude führt durch das Leben, das Werk und die künstlerischen Techniken Albrecht Dürers (1471–1528), Deutschlands berühmtester Maler. Ab 1509 wohnte und arbeitete Dürer fast 20 Jahre lang in dem mächtigen Fachwerkhaus. Das Haus ist heute ein Museum und gehört gemeinsam

mit der Graphischen Sammlung zum Ver-bund der Museen der Stadt Nürnberg.

KaiserburgNürnberg-Besucher sollten nicht versäu-men, die imposant über der Altstadt thro-nende und 1050 erstmals erwähnte Kaiser-burg, das Wahrzeichen Nürnbergs, zu be-sichtigen. Seit dem Mittelalter repräsentiert ihre Silhouette Macht und Bedeutung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Na-tion und die herausragende Rolle der Reichs-stadt Nürnberg. Von ihrer Freiung sowie vom Sinwellturm genießt der Besucher ei-nen atemberaubenden Blick über die Alt-stadt.

Eisenbahnstrecke Nürnberg–FürthMit der Einweihung der ersten Eisenbahn-strecke von Nürnberg nach Fürth 1835 be-gann ein industrieller Aufschwung für die ganze Region. Motor war die Maschinen-bau- und Elektroindustrie. Daneben ist die Nürnberger Spielwaren- und Bleistifther-stellung in der ganzen Welt bekannt.

Dokumentationszentrum ReichsparteitagsgeländeDas im Jahr 2001 eröffnete Dokumentati-onszentrum Reichsparteitagsgelände (Bay-ernstraße 110) informiert über die Ge-schichte des Geländes und die menschen-verachtende Machtausübung der Nazis.

FrauenkircheDirekt am Hauptmarkt befindet sich die Frauenkirche. Sie ist die erste Hallenkirche Frankens und wurde 1358 geweiht. Die goti-sche Frauenkirche an der Ostseite des Hauptmarktes gehört zu den 3 bedeutends-ten Kirchen Nürnbergs. Weltberühmt sind ihr Balkon, auf dem alljährlich der Christ-kindlesmarkt eröffnet wird, sowie die Kunstuhr mit dem „Männleinlaufen“. Täg-lich um 12 Uhr findet das Glockenspiel statt, das bei Touristen besonders beliebt ist.

Genießenswertes

Restaurant BurgwächterAm Ölberg 10, 90403 Nürnberg Tel.: 0911/222126 Öffnungszeiten: tägl. ab 11:00 Uhr

Nassauer KellerKarolinenstr. 2–4 90402 Nürnberg Tel.: 0911/225967 Öffnungszeiten: Mo–Fr 12:00–23:00 Uhr, Sa 11:30–23:00 Uhr, durchgehend warme Küche bis 22:00 Uhr, So Ruhetag

Zum Albrecht Dürer HausObere Schmiedgasse 58 90403 Nürnberg Tel.: 0911/21144940 Öffnungszeiten: Di–So 11:00–23:00 Uhr, Mo Ruhetag, warme Küche 12:00–21:30 Uhr

Restaurant BarfüßerHallplatz 2, 90402 Nürnberg Tel.: 0911/204242 Öffnungszeiten: tägl. 11:00–01:00 Uhr, warme Küche bis 22:00 Uhr

Bratwurst-RösleinRathausplatz 6, 90402 Nürnberg Tel.: 0911/214860 Öffnungszeiten: tägl. 10:30–23:30 Uhr, warme Küche 11:00–22:30 Uhr

DelphiInnere Laufer Gasse 22,90403 Nürnberg Tel.: 0911/209531 Öffnungszeiten: Warme Küche: 11:30–14:30 Uhr u. 17:00–24:00 Uhr (kein Ruhetag)

Padelle d‘ItaliaTheatergasse 17, 90402 Nürnberg Tel.: 0911/2742130 Öffnungszeiten: Mo–Do 11:30–14:30 Uhr u. 17:30–23:30 Uhr, Fr–Sa 11:30–23:00 Uhr, So Ruhetag

Erlebenswertes

Götz Frittrang „Götzseidank“(Kabarett)05.05.2017, 20:00 Uhrnürnberger burgtheaterFüll 13

Mit Agnes Dürer durchs Albrecht-Dürer-Haus04.05.2017, 18:00 Uhr(Kostümführung in historischem Gewand)Albrecht­Dürer­HausAlbrecht­Dürer­Str. 39

„Der Herzerlfresser“ von Ferdninand Schmalz(Schauspiel/Eigenproduktion)03., 04. + 05.05.2017, 20:00 UhrGostner HoftheaterAustr. 70

Lange Weile! – Aus dem Leben einer Ameise(Theater)03. + 04.05.2017, 19:30 UhrKünstlerhaus im KunstKulturQuartier – FestsaalKönigstr. 93

9. Meisterkonzert –Hilary Hahn (Violine) Leonard Slatkin (Dirigent)(Orchestre National de Lyon)03.05.2017, 20:00–22:00 UhrMeistersingerhalle – Großer SaalMünchner Str. 21

Römische Trilogie (UA)(Schauspiel nach „Coriolan“, „Julius Cäsar“ und „Antonius und Cleopatra“ von William Shakes­peare)05.05.2017, 19:00 UhrStaatstheater Nürnberg – SchauspielhausRichard­Wagner­Platz 2–10

Dokumentationszentrum Reichsparteigelände Germanisches Nationalmuseum

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Frauenkirche

Tagungsort: NürnbergConvention Center, NCC OstEingang NCC OstMessezentrum90471 Nürnberg

Anreise mit der Deutschen BahnNürnberg als Knotenpunkt im europäischen Schnellbahnnetz ist im Einstunden­Takt per ICE, EC und IC zu erreichen. Mit der U­Bahn ist das NürnbergConvention Center in nur 8 min zu erreichen.

Anreise mit dem ÖPNVDas NCC ist per U­Bahn mit dem Hauptbahnhof (8 min, Linien U1 und U11) und auch mit dem Flughafen (20 min, Linie U1/U11 bis Hauptbahn­hof und weiter mit Linie U2) verbunden. Der U­Bahnhof „Messe“ liegt direkt am Eingang „Mitte“. An der U­Bahn­Station „Messe“ steht für Sie ein Busschuttle zur Verfügung, der Sie zur Halle 7a bringen wird.

Busshuttle FahrplanMittwoch, 03. Mai 2017, 07:30–23:30 UhrDonnerstag, 04. Mai 2017, 06:30–19:30 UhrFreitag, 05. Mai 2017, 06:30–18:00 Uhr

Anreise mit dem AutoBei der Anreise mit dem Auto haben Sie kurze und schnelle Wege zum Messezentrum (direkte und schnelle Anbindung an 4 Autobahnen, gute Aus­schilderung aus allen Richtungen).

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16 Current congress | Highlights

L. C. Hinske

Big Data in AINSVon Registern, Datenbanken und PDMS

Big Data ist ein hochgradig aktuelles Thema der moder-nen Medizin, das große Möglichkeiten eröffnet, aber auch hohe Anforderungen an die Arbeitsweise stellen wird. Insbesondere in der Anästhesiologie und Intensiv-medizin laufen verschiedenste perioperativ generierte Daten zusammen. Die Interpretation dieser großen Datenmengen gehört aus Sicht von Dr. Ludwig Christian Hinske, München, dementsprechend zu den zukünfti-gen Kernkompetenzen medizinischen Personals.

Big Data – der Begriff steht für mo-derne Technologie und bezeichnet den Umgang und die Analyse gro-ßer Mengen verschiedenartiger Daten. Insbesondere die Medizin ist von den neuen Möglichkeiten, aber auch von den Herausforde-

rungen betroffen. Tatsächlich gibt es bereits viele Bereiche, in denen Big Data eine sehr wichtige Rolle spielt.

In vielen Bereichen spielt Big Data eine wichtige RolleDie Auswertung und Analyse geno-mischer Sequenzdaten beispiels-weise ist mittlerweile Standard zur Therapieplanung diverser Malig-nome [1]. Zudem liefern bildge-bende Verfahren immer genauere und hochauflösendere Bilder, In-tensivstationen werden zuneh-mend mit Patientendatenmanage-mentsystemen (PDMS) ausgestattet und auch intraoperativ erzeugte

Daten digital gespeichert. Das be-kannteste Beispiel aus der Intensiv-medizin ist die MIMIC-III-Intensiv-Datenbank. Diese enthält anonymi-sierte klinische Daten wie Labor-werte, Medikamente, Bilanzie-rungsdaten, Arzt- und Pflegeproto-kolle, Konsile, aber auch hochauflösende, arteriell gemes-sene Blutdruckwerte für viele tau-send Patienten des Beth Israel Dea-coness Medical Center in Boston [2].

Durch Datenfülle eröffnen sich neue MöglichkeitenDie Möglichkeiten, die sich aus ei-ner solchen Datenfülle ergeben, er-lauben uns die Beantwortung von Fragestellungen, die bisher kaum oder nur mit immensem Aufwand bearbeitet werden konnten. Große klinische Register ermöglichen bei-spielsweise die Untersuchung sel-tener Nebenwirkungen und kom-plexer Interaktionen zwischen Me-dikamenten, die Entwicklung von Behandlungspfaden für spezielle Patientengruppen oder personali-sierte Therapiestrategien wie bei-spielsweise in der Sepsis.

Es gibt jedoch noch einige Fragen zu beantwortenWohin mit den Datenmengen? Wie muss mit dem Thema Daten-schutz umgegangen werden? Und vor allem: Wer soll diese Daten wie analysieren? Laut Prognosen betragen die von einem Patienten in dessen Leben generierten klini-schen Daten circa 0,4 Terabyte, ge-nomische Daten circa 6 Terabyte und sonstige Daten circa 1100 Tera byte. Vermutlich wird sich in bereits 3 Jahren die Menge an Pati-entendaten alle 73 Tage verdop-peln. Damit sieht sich ein Arzt in naher Zukunft mehr Daten gegen-über als ein Finanzspezialist [3]. Um die Möglichkeiten von den von uns erzeugten großen Datenmen-gen daher sinnvoll nutzen zu kön-nen, werden strukturelle Ände-rungen notwendig werden. Inter-disziplinäre Zusammenarbeit von Ärzten, Statistikern und Informati-kern wird die Grundvoraussetzung für die sogenannte „Closed-loop“-Medizin, die aus den großen, in der klinischen Routine erhobenen Datenmengen möglichst optimale, auf den Patienten abgestimmte d iagnostische und therapeutische Konzepte generiert [4].

Dr. Ludwig Christian HinskeKlinik für Anaesthesiologie, LMU München

Literatur1 Schmidt C. Cancer: Reshaping the

cancer clinic. Nature 2015; 527: S10–11

2 Johnson AE, Pollard TJ, Shen L et al. MIMIC-III, a freely accessible critical care database. Sci Data 2016; 3: 160035

3 [No authors listed]. The power of big data must be harnessed for me-dical progress. Nature 2016; 539: 467–468

4 Celi LA, Mark RG, Stone DJ et al. “Big data” in the intensive care unit. Clo-sing the data loop. Am J Respir Crit Care Med 2013; 187: 1157–1160

„The temptation to form premature theories upon insufficient data is the bane of our profession“ (Sherlock Holmes, The Valley of Fear, Sir Conan Arthur Doyle, Oktober 1914)

Donnerstag, 04. Mai 2017

„Big Data“ in AINS – Wo wollen wir hin und was müssen wir dafür tun?11:30–13:00 Uhr, Saal Helsinki(12:15–12:37 Uhr: Technische und methodische Optionen – Von Regis­tern, Datenbanken und PDMS)

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