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Deutscher Bundestag Drucksache 14/1484 14. Wahlperiode 16. 08. 99 Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts – Strafverfahrensänderungsgesetz 1999 (StVÄG 1999) A. Zielsetzung Mit dem Gesetzentwurf soll der Rechtsprechung des Bundesver- fassungsgerichts, insbesondere dem Urteil des Bundesverfassungs- gerichts vom 15. Dezember 1983 zum Volkszählungsgesetz 1983 (BVerfGE 65, 1f.), Rechnung getragen werden. Der Entwurf soll daher für die strafprozessuale Ermittlungstätigkeit, – die Verwendung personenbezogener Informationen, die in einem Strafverfahren erhoben worden sind, sowie – die Verarbeitung personenbezogener Daten in Dateien und ihre Nutzung die verfassungsrechtlich gebotenen, im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie aus strafprozessual-systematischen Grün- den notwendigen präzisen Rechtsgrundlagen schaffen. Außerdem sollen durch den Entwurf eine Rechtsgrundlage für die Übermittlungsbefugnis der Registerbehörde zur Erteilung von Aus- künften an die Staatsanwaltschaften und das Bundeskriminalamt zur Durchführung von § 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz und ent- sprechende Anfragebefugnisse geschaffen werden. B. Lösung Der Entwurf schlägt eine Vielzahl von Einzeländerungen der Straf- prozessordnung vor, die zur Schaffung der notwendigen Rechts- grundlagen erforderlich sind, nämlich: 1. Die Fahndung, insbesondere in der Öffentlichkeit und durch Inanspruchnahme von Publikationsorganen, erhält in den §§ 131 bis 131c klare Rechtsgrundlagen. 2. § 160 wird ergänzt um das Erfordernis der Beachtung entgegen- stehender Verwendungsregelungen und Verfahrensgrundsätze.

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Deutscher Bundestag Drucksache 14/148414. Wahlperiode

16. 08. 99

Gesetzentwurfder Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts– Strafverfahrensänderungsgesetz 1999 (StVÄG 1999)

A. Zielsetzung

Mit dem Gesetzentwurf soll der Rechtsprechung des Bundesver-fassungsgerichts, insbesondere dem Urteil des Bundesverfassungs-gerichts vom 15. Dezember 1983 zum Volkszählungsgesetz 1983(BVerfGE 65, 1f.), Rechnung getragen werden.Der Entwurf soll daher für– die strafprozessuale Ermittlungstätigkeit,– die Verwendung personenbezogener Informationen, die in einem

Strafverfahren erhoben worden sind, sowie– die Verarbeitung personenbezogener Daten in Dateien und ihre

Nutzungdie verfassungsrechtlich gebotenen, im Interesse der Rechtssicherheitund Rechtsklarheit sowie aus strafprozessual-systematischen Grün-den notwendigen präzisen Rechtsgrundlagen schaffen.Außerdem sollen durch den Entwurf eine Rechtsgrundlage für dieÜbermittlungsbefugnis der Registerbehörde zur Erteilung von Aus-künften an die Staatsanwaltschaften und das Bundeskriminalamt zurDurchführung von § 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz und ent-sprechende Anfragebefugnisse geschaffen werden.

B. Lösung

Der Entwurf schlägt eine Vielzahl von Einzeländerungen der Straf-prozessordnung vor, die zur Schaffung der notwendigen Rechts-grundlagen erforderlich sind, nämlich:1. Die Fahndung, insbesondere in der Öffentlichkeit und durch

Inanspruchnahme von Publikationsorganen, erhält in den §§ 131bis 131c klare Rechtsgrundlagen.

2. § 160 wird ergänzt um das Erfordernis der Beachtung entgegen-stehender Verwendungsregelungen und Verfahrensgrundsätze.

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Drucksache 14/1484 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

3. § 161 wird zu einer Ermittlungsermächtigung ausgestaltet und§163 dieser Änderung angepasst; die Verwendung von Erkennt-nissen aus besonderen polizeirechtlichen Maßnahmen, insbeson-dere aus Wohnraumüberwachungen zur Eigensicherung eineseingesetzten Polizeibeamten auf polizeirechtlicher Grundlage, fürstrafverfahrensrechtliche Zwecke wird einengend geregelt.

4. Die Zulässigkeit der längerfristigen Observation wird in § 163fgeregelt.

5. In den §§ 474 bis 480 wird die Erteilung von Aktenauskünftenund Akteneinsicht für Gerichte, Staatsanwaltschaften, Behörden,Privatpersonen und die Übermittlung von Erkenntnissen für wis-senschaftliche Zwecke geregelt. Die Akteneinsicht nach § 147wird den Neuregelungen angepasst.

6. § 481 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Polizeibehördenpersonenbezogene Informationen, die zunächst allein für Zweckeder Strafverfolgung erhoben worden sind, auch für präventiv-polizeiliche Zwecke verwenden dürfen. Außerdem wird in § 482die Unterrichtung der Polizei über den Ausgang des Strafverfah-rens geregelt.

7. Die §§ 483 bis 491 bestimmen, unter welchen Voraussetzungenund in welchen Grenzen personenbezogene Daten, die in einemStrafverfahren erhoben worden sind, in Dateien verarbeitet undwie sie verwendet werden dürfen.

8. § 492 regelt den Auskunftsanspruch desjenigen, dessen Daten ineiner Datei gespeichert sind.

Hinzu kommen Folgeänderungen in der StPO (§§ 385, 406e, 456a,474 ff.) und im Zehnten Buch Sozialgesetzbuch (§ 78) sowie eineÄnderung des Strafgesetzbuches (§ 203 Abs. 2), des Gesetzes überdie Statistik für Bundeszwecke (§ 16 Abs. 7), des Gerichtsverfas-sungsgesetzes (§ 74c Abs. 1) und des Strafvollzugsgesetzes (§ 186).Schließlich werden die einschlägigen Regelungen zur Wohnraum-überwachung in § 16 BKAG sowie § 9 BVerfSchG und § 5 MADGunter Berücksichtigung der Vorgaben des Artikels 13 GG i.d.F. desGesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 13 GG) vom26. März 1998 geändert.Schließlich ist es Ziel des Entwurfs, durch eine Ergänzung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes Ermächtigungsgrundlagen für die Ü-bermittlung einer unbestimmten Anzahl von Auskünften aus demZentralregister durch die Registerbehörde an die für die Vorberei-tung der Entscheidung nach § 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetzzuständigen Staatsanwaltschaften sowie an das Bundeskriminalamtzu schaffen, ohne dass es eines Antrags bedarf, in dem die Personen-daten des Betroffenen spezifiziert sind.

C. AlternativenKeine

D. Kosten der öffentlichen Haushalte

I. Haushaltsausgaben ohne VollzugsaufwandHaushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand löst das Vorhaben nichtaus.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1484

II. Vollzugsaufwand

Höherer Vollzugsaufwand kann entstehen durch die verfassungs-rechtlichen und datenschutzrechtlichen Vorgaben entsprechend aus-differenzierten Regelungen insbesondere zur Aktenauskunft undAkteneinsicht sowie zur Verarbeitung und Verwendung personen-bezogener Daten, die in einem Strafverfahren erhoben worden sind,in Dateien.Insgesamt dürften die dadurch entstehenden Kosten die Haushalteder Länder jedoch nicht spürbar belasten.Ein höherer Vollzugsaufwand entsteht des weiteren bei der Register-behörde durch Programmierungsarbeiten und die Auskunfts-erteilungen; die Kosten sind derzeit nicht quantifizierbar.

E. Sonstige Kosten

Sonstige Kosten (z. B. Kosten für die Wirtschaft, Kosten für sozialeSicherungssysteme) entstehen nicht.

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Drucksache 14/1484 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bundesrepublik DeutschlandDer Bundeskanzler Bonn, den 11. August 1999

042 (121) – 430 00 – Str 161/99

An denPräsidenten desDeutschen Bundestages

Hiermit übersende ich den von der Bundesregierung beschlossenen

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts– Strafverfahrensänderungsgesetz 1999 (StVÄG 1999)

mit Begründung (Anlage 1) und Vorblatt.

Ich bitte, die Beschlussfassung des Deutschen Bundestages herbeizuführen.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Der Bundesrat hat in seiner 736. Sitzung am 19. März 1999 gemäß Artikel 76 Abs. 2 desGrundgesetzes beschlossen, zu dem Gesetzentwurf, wie aus Anlage 2 ersichtlich, Stel-lung zu nehmen.

Die Auffassung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates ist in derals Anlage 3 beigefügten Gegenäußerung dargelegt.

Für den BundeskanzlerDer Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

Karl-Heinz Funke

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/1484

Anlage 1

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts– Strafverfahrensänderungsgesetz 1999 (StVÄG 1999)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesratesdas folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekannt-machung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319),zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:

1. In § 100a Satz 1 Nr. 2 wird die Angabe „einen Ban-dendiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetz-buches)“ durch die Angabe „einen Bandendiebstahl(§ 244 Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbuches)“ ersetzt.

2. In § 110e wird die Angabe „§ 100d Abs. 2“ durchdie Angabe „§ 100d Abs. 5“ ersetzt.

3. Die Überschrift von Abschnitt 9a wird wie folgtgefasst:

„9a. Abschnitt. Weitere Maßnahmen zur Sicher-stellung der Strafverfolgung und Strafvollstre-ckung.“

4. § 131 wird in den Abschnitt 9a eingestellt und wiefolgt gefasst:

㤠131

(1) Auf Grund eines Haftbefehls oder eines Un-terbringungsbefehls können der Richter oder dieStaatsanwaltschaft und, wenn Gefahr im Verzugist, ihre Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfas-sungsgesetzes) die Ausschreibung zur Festnahmeveranlassen und Fahndungen bei einer Straftat vonerheblicher Bedeutung auch an die Öffentlichkeitrichten, wenn sie auf andere Weise erheblich weni-ger erfolgversprechend oder wesentlich erschwertwäre.

(2) Liegen die Voraussetzungen eines Haftbefehlsoder Unterbringungsbefehls vor, dessen Erlass nichtohne Gefährdung des Fahndungserfolges abgewartetwerden kann, so können die Staatsanwaltschaft undihre Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungs-gesetzes) Maßnahmen nach Absatz 1 veranlassen,wenn dies zur vorläufigen Festnahme erforderlichist. Die Entscheidung über den Erlass des Haft- oderUnterbringungsbefehls ist unverzüglich, spätestensbinnen einer Woche herbeizuführen.

(3) Der Beschuldigte ist möglichst genau zubezeichnen und soweit erforderlich zu beschreiben;eine Abbildung darf beigefügt werden. Die Tat,

deren er verdächtigt ist, Ort und Zeit ihrer Begehungsowie Umstände, die für die Ergreifung von Bedeu-tung sein können, können angegeben werden.“

5. Nach § 131 werden die folgenden §§ 131a bis 131ceingefügt:

„§ 131a (1) Die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlungeines Beschuldigten oder eines Zeugen darf ange-ordnet werden, wenn sein Aufenthalt nicht bekanntist. (2) Absatz 1 gilt auch für Ausschreibungen desBeschuldigten, soweit sie zur Sicherstellung einesFührerscheins, zur erkennungsdienstlichen Behand-lung oder zur Feststellung seiner Identität erforder-lich sind. (3) Auf Grund einer Ausschreibung zur Aufent-haltsermittlung darf auch eine Fahndung an dieÖffentlichkeit gerichtet werden, wenn die Aufent-haltsermittlung auf andere Weise erheblich wenigererfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre.Eine Fahndung an die Öffentlichkeit zur Aufent-haltsermittlung eines Beschuldigten ist nur zulässig,wenn dieser einer Straftat von erheblicher Bedeu-tung dringend verdächtigt ist. (4) § 131 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Auf-enthaltsermittlung eines Zeugen ist erkennbar zumachen, dass die gesuchte Person nicht Beschuldig-ter ist. Der Aufruf nach einem Zeugen unterbleibt,wenn überwiegende schutzwürdige Interessen desZeugen entgegenstehen. Abbildungen des Zeugendürfen nur erfolgen, soweit die Aufenthaltsermitt-lung auf andere Weise aussichtslos oder wesentlicherschwert wäre. (5) Ausschreibungen nach den Absätzen 1 und 2dürfen nur in den Fahndungshilfsmitteln der Straf-verfolgungsbehörden vorgenommen werden.

§ 131b (1) Die Veröffentlichung von Abbildungen einesBeschuldigten, der einer Straftat von erheblicherBedeutung verdächtig ist, ist auch zulässig, wenn dieAufklärung einer Straftat, insbesondere die Fest-stellung der Identität eines unbekannten Täters aufandere Weise erheblich weniger erfolgversprechendoder wesentlich erschwert wäre. (2) Die Veröffentlichung von Abbildungen einesZeugen und Hinweise auf das der Veröffentlichungzugrundeliegende Strafverfahren sind auch zulässig,wenn die Aufklärung einer Straftat, insbesondere dieFeststellung der Identität des Zeugen auf andereWeise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

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Drucksache 14/1484 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Veröffentlichung muss erkennbar machen, dassdie abgebildete Person nicht Beschuldigter ist. (3) § 131 Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2gilt entsprechend.

§ 131c Fahndungen nach § 131a Abs. 3 und § 131b dür-fen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzugauch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbe-amten (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) an-geordnet werden. Fahndungen nach § 131a Abs. 1und 2 bedürfen der Anordnung durch die Staatsan-waltschaft; bei Gefahr im Verzug dürfen sie auchdurch ihre Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfas-sungsgesetzes) angeordnet werden.“

6. § 147 wird wie folgt geändert:a) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht ent-scheidet im vorbereitenden Verfahren und nachrechtskräftigem Abschluss des Verfahrens dieStaatsanwaltschaft, im übrigen der Vorsitzende desmit der Sache befassten Gerichts. Versagt dieStaatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sieden Abschluss der Ermittlungen in den Akten ver-merkt hat, oder versagt sie die Einsicht nach Ab-satz 3, so kann gerichtliche Entscheidung nachMaßgabe des § 161a Abs. 3 Satz 2 bis 4 beantragtwerden. Diese Entscheidungen werden nicht mitGründen versehen, soweit durch deren Offenlegungder Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.“

b) Folgender Absatz 7 wird angefügt: „(7) Dem Beschuldigten, der keinen Verteidi-ger hat, können Auskünfte und Abschriften ausden Akten erteilt werden, soweit nicht der Unter-suchungszweck gefährdet werden könnte undnicht überwiegende schutzwürdige InteressenDritter entgegenstehen. Absatz 5 und § 477Abs. 5 gelten entsprechend.“

7. Dem § 160 wird folgender Absatz 4 angefügt: „(4) Eine Maßnahme ist unzulässig, soweit beson-dere bundesgesetzliche oder entsprechende landesge-setzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.“ 1)

8. § 161 wird wie folgt gefasst:

„§ 161 (1) Zu dem in § 160 Abs. 1 bis 3 bezeichnetenZweck ist die Staatsanwaltschaft befugt, von allenBehörden Auskunft zu verlangen und Ermittlungenjeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durchdie Behörden und Beamten des Polizeidienstes vor-nehmen zu lassen, soweit nicht andere gesetzlicheVorschriften ihre Befugnisse besonders regeln. DieBehörden und Beamten des Polizeidienstes sind ver-pflichtet, dem Ersuchen oder Auftrag der Staatsan-waltschaft zu genügen, und in diesem Falle befugt,von allen Behörden Auskunft zu verlangen.

––––––––––––1) Die parlamentarische Beratung des Absatzes 4 erfolgt im Lichte einer

noch durchzuführenden Abstimmung zwischen Bund und Ländern.

(2) Sind personenbezogene Informationen durcheine polizeirechtliche Maßnahme erlangt worden,die der Maßnahme nach § 98a entspricht, dürfen siezu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweitsich bei Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisseergeben, die zur Aufklärung einer in § 98a Abs. 1bezeichneten Straftat benötigt werden. Satz 1 giltentsprechend, soweit polizeirechtliche Maßnahmenden in § 100c Abs. 1 Nr. 2, § 110a genannten Maß-nahmen entsprechen.

(3) In oder aus einer Wohnung erlangte personen-bezogene Informationen aus einem Einsatz tech-nischer Mittel zur Eigensicherung im Zuge nichtoffener Ermittlungen auf polizeirechtlicher Grund-lage dürfen zu Beweiszwecken nur verwendet wer-den, soweit es sich um einen Mord oder Totschlag(§§ 211, 212 des Strafgesetzbuches), einen erpresse-rischen Menschenraub oder eine Geiselnahme(§§ 239a, 239b des Strafgesetzbuches), einen An-griff auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c desStrafgesetzbuches) oder eine der in § 100a Satz 1Nr. 4 bezeichneten Straftaten nach dem Betäu-bungsmittelgesetz handelt. Die Verwendung ist nurzulässig nach Feststellung der Rechtmäßigkeit derMaßnahme durch den Vorsitzenden einer Strafkam-mer des Landgerichts, in dessen Bezirk die anord-nende Stelle ihren Sitz hat.“

9. Dem § 163 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Zu diesem Zweck sind sie befugt, alle Behördenum Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im Verzugauch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlun-gen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht anderegesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besondersregeln.“

10. Nach § 163e wird folgender § 163f eingefügt:

㤠163f

(1) Liegen zureichende tatsächliche Anhalts-punkte dafür vor, dass eine Straftat von erheblicherBedeutung begangen worden ist, so darf eine plan-mäßig angelegte Beobachtung des Beschuldigtenangeordnet werden, die

1. durchgehend länger als 24 Stunden dauern oder

2. an mehr als zwei Tagen stattfinden

soll (längerfristige Observation).

Die Maßnahme darf nur angeordnet werden, wenndie Erforschung des Sachverhalts oder die Ermitt-lung des Aufenthaltsortes des Täters auf andereWeise erheblich weniger erfolgversprechend oderwesentlich erschwert wäre. Gegen andere Personenist die Maßnahme zulässig, wenn auf Grund be-stimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie mitdem Täter in Verbindung stehen oder eine solcheVerbindung hergestellt wird, dass die Maßnahme zurErforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlungdes Aufenthaltsortes des Täters führen wird und dies

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/1484

auf andere Weise erheblich weniger erfolgverspre-chend oder wesentlich erschwert wäre.

(2) Die Maßnahme darf auch durchgeführt wer-den, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(3) Die Maßnahme bedarf der Anordnung durchdie Staatsanwaltschaft; bei Gefahr im Verzug darfsie auch durch ihre Hilfsbeamten (§ 152 des Ge-richtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Hateiner der Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft dieAnordnung getroffen, so ist unverzüglich die staats-anwaltschaftliche Bestätigung der Anordnung zu be-antragen. Die Anordnung tritt außer Kraft, wenn sienicht binnen drei Tagen von der Staatsanwaltschaftbestätigt wird. (4) Die Anordnung ist unter Angabe der maßgeb-lichen Gründe aktenkundig zu machen und aufhöchstens einen Monat zu befristen. Die Verlänge-rung der Maßnahme bedarf einer neuen Anordnung,die nur durch den Richter getroffen werden darf.“

11. Dem § 385 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:„§ 147 Abs. 4 und 7 sowie § 477 Abs. 5 gelten ent-sprechend.“

12. § 406e wird wie folgt geändert:a) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

„Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.“b) In Absatz 4 wird Satz 2 durch folgende Sätze

ersetzt:„Gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaftnach Satz 1 kann gerichtliche Entscheidung nachMaßgabe des § 161a Abs. 3 Satz 2 bis 4 beantragtwerden. Die Entscheidung des Vorsitzenden istunanfechtbar. Diese Entscheidungen werden nichtmit Gründen versehen, soweit durch derenOffenlegung der Untersuchungszweck gefährdetwerden könnte.“

c) In Absatz 5 zweiter Halbsatz werden die Worte„Satz 1“ gestrichen.

d) Es wird folgender Absatz 6 angefügt: „(6) § 477 Abs. 5 gilt entsprechend.“

13. § 456a Abs. 2 Satz 3 wird wie folgt gefasst:„Die Vollstreckungsbehörde kann zugleich mit demAbsehen von der Vollstreckung die Nachholung fürden Fall anordnen, dass der Ausgelieferte oder Aus-gewiesene zurückkehrt, und hierzu einen Haftbefehloder einen Unterbringungsbefehl erlassen sowie dieerforderlichen Fahndungsmaßnahmen, insbesonderedie Ausschreibung zur Festnahme, veranlassen;§ 131 Abs. 3 sowie § 131a Abs. 3 gelten entspre-chend.“

14. Die Überschrift des Achten Buches wird wie folgtgefasst:

„Achtes BuchErteilung von Auskünften und Akteneinsicht,

sonstige Verwendung von Informationen fürverfahrensübergreifende Zwecke, Dateiregelungen“.

15. Der bisherigen Überschrift „Länderübergreifendesstaatsanwaltschaftliches Verfahrensregister“ werdenfolgende Abschnitte vorangestellt:

„Erster AbschnittErteilung von Auskünften und Akteneinsicht,

sonstige Verwendung von Informationen fürverfahrensübergreifende Zwecke

§ 474 (1) Gerichte, Staatsanwaltschaften und andereJustizbehörden erhalten Akteneinsicht, wenn dies fürZwecke der Rechtspflege erforderlich ist. (2) Im übrigen sind Auskünfte aus Akten an öf-fentliche Stellen zulässig, soweit1. die Auskünfte zur Feststellung, Durchsetzung o-

der zur Abwehr von Rechtsansprüchen im Zu-sammenhang mit der Straftat erforderlich sind,

2. diesen Stellen in sonstigen Fällen auf Grund einerbesonderen Vorschrift von Amts wegen perso-nenbezogene Informationen aus Strafverfahren ü-bermittelt werden dürfen oder soweit nach einerÜbermittlung von Amts wegen die Übermittlungweiterer personenbezogener Informationen zurAufgabenerfüllung erforderlich ist.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2kann Akteneinsicht gewährt werden, wenn dieErteilung von Auskünften einen unverhältnismäßi-gen Aufwand erfordern würde oder die Aktenein-sicht begehrende Stelle unter Angabe von Gründenerklärt, dass die Erteilung einer Auskunft zur Erfül-lung ihrer Aufgabe nicht ausreichen würde. (4) Unter den Voraussetzungen der Absätze 1 o-der 3 können amtlich verwahrte Beweisstückebesichtigt werden. (5) Akten können in den Fällen der Absätze 1und 3 zur Einsichtnahme übersandt werden. (6) Landesgesetzliche Regelungen, die parlamen-tarischen Ausschüssen ein Recht auf Akteneinsichteinräumen, bleiben unberührt.

§ 475 (1) Für eine Privatperson und für sonstige Stellenkann, unbeschadet der Vorschrift des § 406e, einRechtsanwalt Auskünfte aus Akten erhalten, die demGericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebungder öffentlichen Klage vorzulegen wären, soweit erhierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. Auskünftesind zu versagen, wenn der hiervon Betroffene einschutzwürdiges Interesse an der Versagung hat. (2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1kann Akteneinsicht gewährt werden, wenn dieErteilung von Auskünften einen unverhältnismäßi-gen Aufwand erfordern oder nach Darlegung dessen,der Akteneinsicht begehrt, zur Wahrnehmung desberechtigten Interesses nicht ausreichen würde. (3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2können amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigt

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Drucksache 14/1484 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

werden. Auf Antrag können dem Rechtsanwalt, so-weit Akteneinsicht gewährt wird und nicht wichtigeGründe entgegenstehen, die Akten mit Ausnahmeder Beweisstücke in seine Geschäftsräume oder sei-ne Wohnung mitgegeben werden. Die Entscheidungist nicht anfechtbar. (4) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1können auch Privatpersonen und sonstigen StellenAuskünfte aus den Akten erteilt werden.

§ 476 (1) Die Übermittlung personenbezogener Infor-mationen in Akten an Hochschulen, andere Einrich-tungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben,und öffentliche Stellen ist zulässig, soweit1. dies für die Durchführung bestimmter wissen-

schaftlicher Forschungsarbeiten erforderlich ist,2. eine Nutzung anonymisierter Informationen zu

diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymi-sierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwandverbunden ist und

3. das öffentliche Interesse an der Forschungsarbeitdas schutzwürdige Interesse des Betroffenen andem Ausschluss der Übermittlung erheblich über-wiegt.

Bei der Abwägung nach Satz 1 Nr. 3 ist im Rahmendes öffentlichen Interesses das wissenschaftlicheInteresse an dem Forschungsvorhaben besonders zuberücksichtigen. (2) Die Übermittlung der Informationen erfolgtdurch Erteilung von Auskünften, wenn hierdurch derZweck der Forschungsarbeit erreicht werden kannund die Erteilung keinen unverhältnismäßigen Auf-wand erfordert. Andernfalls kann auch Aktenein-sicht gewährt werden. Die Akten können zur Ein-sichtnahme übersandt werden. (3) Personenbezogene Informationen werden nuran solche Personen übermittelt, die Amtsträger oderfür den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtetesind oder die zur Geheimhaltung verpflichtet wordensind. § 1 Abs. 2, 3 und 4 Nr. 2 des Verpflichtungs-gesetzes findet auf die Verpflichtung zur Geheim-haltung entsprechende Anwendung. (4) Die personenbezogenen Informationen dürfennur für die Forschungsarbeit verwendet werden, fürdie sie übermittelt worden sind. Die Verwendung fürandere Forschungsarbeiten oder die Weitergaberichtet sich nach den Absätzen 1 bis 3 und bedarf derZustimmung der Stelle, die die Übermittlung derInformationen angeordnet hat.

(5) Die Informationen sind gegen unbefugteKenntnisnahme durch Dritte zu schützen. Diewissenschaftliche Forschung betreibende Stelle hatdafür zu sorgen, dass die Verwendung der personen-bezogenen Informationen räumlich und organisato-risch getrennt von der Erfüllung solcher Verwal-tungsaufgaben oder Geschäftszwecke erfolgt, für diediese Informationen gleichfalls von Bedeutung seinkönnen.

(6) Sobald der Forschungszweck es erlaubt, sinddie personenbezogenen Informationen zu anonymi-sieren. Solange dies noch nicht möglich ist, sind dieMerkmale gesondert aufzubewahren, mit denen Ein-zelangaben über persönliche oder sachliche Verhält-nisse einer bestimmten oder bestimmbaren Personzugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Ein-zelangaben nur zusammengeführt werden, soweitder Forschungszweck dies erfordert.

(7) Wer nach den Absätzen 1 bis 3 personenbezo-gene Informationen erhalten hat, darf diese nur ver-öffentlichen, wenn dies für die Darstellung von For-schungsergebnissen über Ereignisse der Zeitge-schichte unerläßlich ist. Die Veröffentlichung bedarfder Zustimmung der Stelle, die die Informationenübermittelt hat.

(8) Ist der Empfänger eine nichtöffentliche Stelle,gilt § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes mit derMaßgabe, dass die Aufsichtsbehörde die Ausführungder Vorschriften über den Datenschutz auch dannüberwacht, wenn keine hinreichenden Anhaltspunktefür eine Verletzung dieser Vorschriften vorliegenoder wenn der Empfänger die personenbezogenenInformationen nicht in Dateien verarbeitet.

§ 477 (1) Auskünfte können auch durch Überlassungvon Abschriften aus den Akten erteilt werden.

(2) Auskünfte aus Akten und Akteneinsicht sindzu versagen, wenn der Übermittlung Zwecke desStrafverfahrens oder besondere bundesgesetzlicheoder entsprechende landesgesetzliche Verwendungs-regelungen entgegenstehen. Informationen, die er-kennbar durch eine Maßnahme nach den §§ 98a,100a, 100c Abs. 1 Nr. 2 und 3, § 110a ermittelt wor-den sind, dürfen nur für Zwecke eines Strafverfah-rens, zur Abwehr von erheblichen Gefahren und fürdie Zwecke, für die eine Übermittlung nach § 18 desBundesverfassungsschutzgesetzes zulässig ist, über-mittelt werden. Eine Verwendung nach § 476 istzulässig, wenn Gegenstand der Forschung eine derin Satz 2 genannten Vorschriften ist. § 481 bleibtunberührt.

(3) In Verfahren, in denen1. der Angeklagte freigesprochen, die Eröffnung des

Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahreneingestellt wurde oder

2. die Verurteilung nicht in ein Führungszeugnis fürBehörden aufgenommen wird und seit derRechtskraft der Entscheidung mehr als zwei Jahreverstrichen sind,

dürfen Auskünfte aus den Akten und Akteneinsichtan nichtöffentliche Stellen nur gewährt werden,wenn ein rechtliches Interesse an der Kenntnis derInformation glaubhaft gemacht ist und der Beschul-digte kein schutzwürdiges Interesse an der Ver-sagung hat.

(4) Die Verantwortung für die Zulässigkeit derÜbermittlung trägt der Empfänger, soweit dieser

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/1484

eine öffentliche Stelle oder Rechtsanwalt ist. Dieübermittelnde Stelle prüft in diesem Falle nur, obdas Übermittlungsersuchen im Rahmen der Auf-gaben des Empfängers liegt, es sei denn, dass be-sonderer Anlass zu einer weitergehenden Prüfungder Zulässigkeit der Übermittlung besteht.

(5) Die nach den §§ 474, 475 erlangten personen-bezogenen Informationen dürfen nur zu dem Zweckverwendet werden, für den die Auskunft oderAkteneinsicht gewährt wurde. Eine Verwendung fürandere Zwecke ist zulässig, wenn dafür Auskunftoder Akteneinsicht gewährt werden dürfte und imFalle des § 475 die Stelle, die Auskunft oder Akten-einsicht gewährt hat, zustimmt. Wird eine Auskunftohne Einschaltung eines Rechtsanwalts erteilt, so istauf die Zweckbindung hinzuweisen.

§ 478 (1) Über die Erteilung von Auskünften und dieAkteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfah-ren und nach rechtskräftigem Abschluß des Verfah-rens die Staatsanwaltschaft, im übrigen der Vorsit-zende des mit der Sache befassten Gerichts. DieStaatsanwaltschaft ist auch nach Erhebung deröffentlichen Klage befugt, Auskünfte zu erteilen.Die Staatsanwaltschaft kann die Behörden des Poli-zeidienstes, die die Ermittlungen geführt haben oderführen, ermächtigen, in den Fällen des § 475 Akten-einsicht und Auskünfte zu erteilen. Die Übermitt-lung personenbezogener Informationen zwischenBehörden des Polizeidienstes ist ohne Entscheidungnach Satz 1 zulässig.

(2) Aus beigezogenen Akten, die nicht Aktenbe-standteil sind, dürfen Auskünfte nur erteilt werden,wenn der Antragsteller die Zustimmung der Stellenachweist, um deren Akten es sich handelt; gleichesgilt für die Akteneinsicht.

(3) In den Fällen des § 475 kann gegen die Ent-scheidung der Staatsanwaltschaft nach Absatz 1 ge-richtliche Entscheidung nach Maßgabe des § 161aAbs. 3 Satz 2 bis 4 beantragt werden. Die Entschei-dung des Vorsitzenden ist unanfechtbar. Diese Ent-scheidungen werden nicht mit Gründen versehen,soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungs-zweck gefährdet werden könnte.

§ 479

(1) Von Amts wegen dürfen personenbezogeneInformationen aus Strafverfahren Strafverfolgungs-behörden und Strafgerichten für Zwecke der Straf-verfolgung übermittelt werden, soweit diese Infor-mationen aus der Sicht der übermittelnden Stellehierfür erforderlich sind.

(2) Die Übermittlung personenbezogener Infor-mationen von Amts wegen aus einem Strafverfahrenist auch zulässig, wenn die Kenntnis der Informatio-nen aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforder-lich ist für1. die Vollstreckung von Strafen oder von Maßnah-

men im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 des Strafge-

setzbuches oder die Vollstreckung oder Durch-führung von Erziehungsmaßregeln oder Zucht-mitteln im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes,

2. den Vollzug von freiheitsentziehenden Maßnah-men,

3. Entscheidungen in Strafsachen, insbesondere überdie Strafaussetzung zur Bewährung oder derenWiderruf, in Bußgeld- oder Gnadensachen.

(3) § 477 Abs. 1, 2 und 5 sowie § 478 Abs. 1und 2 gelten entsprechend; die Verantwortung fürdie Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermit-telnde Stelle.

§ 480

Besondere gesetzliche Bestimmungen, die dieÜbermittlung personenbezogener Informationen ausStrafverfahren anordnen oder erlauben, bleibenunberührt.

§ 481

(1) Die Polizeibehörden dürfen nach Maßgabe derPolizeigesetze personenbezogene Informationen ausStrafverfahren zur Gefahrenabwehr verwenden. Zudiesem Zweck dürfen Strafverfolgungsbehörden anPolizeibehörden personenbezogene Informationenaus Strafverfahren übermitteln.

(2) Die Verwendung ist unzulässig, soweit beson-dere bundesgesetzliche oder entsprechende landes-gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenste-hen.

§ 482

(1) Die Staatsanwaltschaft teilt der Polizeibehör-de, die mit der Angelegenheit befaßt war, ihr Akten-zeichen mit. (2) Sie unterrichtet die Polizeibehörde in den Fäl-len des Absatzes 1 über den Ausgang des Verfahrensdurch Mitteilung der Entscheidungsformel, der ent-scheidenden Stelle sowie des Datums und der Artder Entscheidung. Die Übersendung eines Abdrucksder Mitteilung zum Bundeszentralregister ist zuläs-sig, im Falle des Erforderns auch des Urteils odereiner mit Gründen versehenen Einstellungsentschei-dung. (3) In Verfahren gegen Unbekannt sowie bei Ver-kehrsstrafsachen, soweit sie nicht unter die §§ 142,315 bis 315c des Strafgesetzbuches fallen, wird derAusgang des Verfahrens nach Absatz 2 von Amtswegen nicht mitgeteilt. (4) Wird ein Urteil übersandt, das angefochtenworden ist, so ist anzugeben, wer Rechtsmittel ein-gelegt hat.

Zweiter AbschnittDateiregelungen

§ 483 (1) Gerichte, Strafverfolgungsbehörden ein-schließlich Vollstreckungsbehörden, Bewährungs-helfer, Aufsichtsstellen bei Führungsaufsicht und die

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Drucksache 14/1484 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Gerichtshilfe dürfen personenbezogene Daten inDateien speichern, verändern und nutzen, soweitdies für Zwecke des Strafverfahrens erforderlich ist.

(2) Die Daten dürfen auch für andere Strafverfah-ren, die internationale Rechtshilfe in Strafsachen undGnadensachen genutzt werden.

(3) Erfolgt in einer Datei der Polizei die Speiche-rung zusammen mit Daten, deren Speicherung sichnach den Polizeigesetzen richtet, so ist für die Ver-arbeitung und Nutzung personenbezogener Datenund die Rechte der Betroffenen das für die spei-chernde Stelle geltende Recht maßgeblich.

§ 484 (1) Strafverfolgungsbehörden dürfen für Zweckekünftiger Strafverfahren1. die Personendaten des Beschuldigten und, soweit

erforderlich, andere zur Identifizierung geeigneteMerkmale,

2. die zuständige Stelle und das Aktenzeichen,3. die Tatzeiten,4. die Tatvorwürfe durch Angabe der gesetzlichen

Vorschriften und die nähere Bezeichnung derStraftaten,

5. die Einleitung des Verfahrens sowie die Verfah-renserledigungen bei der Staatsanwaltschaft undbei Gericht nebst Angabe der gesetzlichen Vor-schriften

in Dateien speichern, verändern und nutzen.

(2) Weitere personenbezogene Daten von Be-schuldigten und Tatbeteiligten dürfen sie in Dateiennur speichern, verändern und nutzen, soweit dies er-forderlich ist, weil wegen der Art oder Ausführungder Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oderTatbeteiligten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zuder Annahme besteht, dass weitere Strafverfahrengegen den Beschuldigten zu führen sind. Wird derBeschuldigte rechtskräftig freigesprochen, die Er-öffnung des Hauptverfahrens gegen ihn unanfecht-bar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufigeingestellt, so ist die Speicherung, Veränderung undNutzung nach Satz 1 unzulässig, wenn sich ausden Gründen der Entscheidung ergibt, dass der Be-troffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig began-gen hat.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und dieLandesregierungen bestimmen für ihren jeweiligenGeschäftsbereich durch Rechtsverordnung das Nä-here über die Art der Daten, die nach Absatz 2 fürZwecke künftiger Strafverfahren gespeichert werdendürfen. Dies gilt nicht für Daten in Dateien, die nurvorübergehend vorgehalten und innerhalb von dreiMonaten nach ihrer Erstellung gelöscht werden. DieLandesregierungen können die Ermächtigung durchRechtsverordnung auf die zuständigen Landesmi-nisterien übertragen.

(4) Die Verwendung personenbezogener Daten,die für Zwecke künftiger Strafverfahren in Dateien

der Polizei gespeichert sind oder werden, richtetsich, ausgenommen die Verwendung für Zweckeeines Strafverfahrens, nach den Polizeigesetzen.

§ 485 Gerichte, Strafverfolgungsbehörden einschließlichVollstreckungsbehörden, Bewährungshelfer, Auf-sichtsstellen bei Führungsaufsicht und die Gerichts-hilfe dürfen personenbezogene Daten in Dateienspeichern, verändern und nutzen, soweit dies fürZwecke der Vorgangsverwaltung erforderlich ist.Eine Nutzung für die in § 483 bezeichneten Zweckeist zulässig. Eine Nutzung für die in § 484 bezeich-neten Zwecke ist zulässig, soweit die Speicherungauch nach dieser Vorschrift zulässig wäre.

§ 486

(1) Die personenbezogenen Daten können für diein den §§ 483 bis 485 genannten Stellen in gemein-samen Dateien gespeichert werden.

(2) Bei länderübergreifenden gemeinsamen Datei-en gilt für Schadensersatzansprüche eines Betroffe-nen § 7 des Bundesdatenschutzgesetzes entspre-chend.

§ 487

Werden personenbezogene Daten in Dateien ge-speichert, hat die speichernde Stelle die nach denDatenschutzgesetzen vorgeschriebenen technischenund organisatorischen Maßnahmen zu treffen.

§ 488

(1) Die nach den §§ 483 bis 485 gespeichertenDaten dürfen den zuständigen Stellen übermitteltwerden, soweit dies für die in diesen Vorschriftengenannten Zwecke, für Zwecke eines Gnadenverfah-rens oder der internationalen Rechtshilfe in Straf-sachen erforderlich ist. § 477 Abs. 2 und § 485Satz 3 gelten entsprechend.

(2) Außerdem kann Auskunft aus einer Dateierteilt werden, soweit nach den Vorschriften diesesGesetzes Akteneinsicht oder Auskunft aus denAkten gewährt werden könnte. Entsprechendes giltfür Mitteilungen nach den §§ 479 und 480.

(3) Die Verantwortung für die Zulässigkeit derÜbermittlung trägt die übermittelnde Stelle. Erfolgtdie Übermittlung auf Ersuchen des Empfängers,trägt dieser die Verantwortung. In diesem Falle prüftdie übermittelnde Stelle nur, ob das Übermittlungs-ersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängersliegt, es sei denn, dass besonderer Anlass zu einerweitergehenden Prüfung der Zulässigkeit der Über-mittlung besteht.

(4) Die nach den §§ 483 bis 485 gespeichertenDaten dürfen auch für wissenschaftliche Zweckeübermittelt werden. § 476 gilt entsprechend.

(5) Besondere gesetzliche Bestimmungen, die dieÜbermittlung von Daten aus einem Strafverfahrenanordnen oder erlauben, bleiben unberührt.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 – Drucksache 14/1484

(6) Die Daten dürfen nur zu dem Zweck verwen-det werden, für den sie übermittelt worden sind.Eine Verwendung für andere Zwecke ist zulässig,soweit die Daten auch dafür hätten übermittelt wer-den dürfen.

§ 489

(1) Die Einrichtung eines automatisierten Verfah-rens, das die Übermittlung personenbezogener Datendurch Abruf ermöglicht, ist für Übermittlungen nach§ 488 Abs. 1 zwischen den in § 483 Abs. 1 genann-ten Stellen zulässig, soweit diese Form der Daten-übermittlung unter Berücksichtigung der schutzwür-digen Interessen der Betroffenen wegen der Vielzahlder Übermittlungen oder wegen ihrer besonderenEilbedürftigkeit angemessen ist. (2) Für die Festlegung zur Einrichtung eines au-tomatisierten Abrufverfahrens gilt § 10 Abs. 2 desBundesdatenschutzgesetzes entsprechend. Diese be-darf der Zustimmung der für die speichernde und dieabrufende Stelle jeweils zuständigen Bundes- undLandesministerien. Die speichernde Stelle übersen-det die Festlegungen der Stelle, die für die Kontrolleder Einhaltung der Vorschriften über den Daten-schutz bei öffentlichen Stellen zuständig ist. (3) Die Verantwortung für die Zulässigkeit deseinzelnen Abrufs trägt der Empfänger. Die spei-chernde Stelle prüft die Zulässigkeit der Abrufe nur,wenn dazu Anlass besteht. Die speichernde Stellehat zu gewährleisten, dass die Übermittlung perso-nenbezogener Daten zumindest durch geeigneteStichprobenverfahren festgestellt und überprüft wer-den kann. Sie soll bei jedem zehnten Abruf zumin-dest den Zeitpunkt, die abgerufenen Daten, die Ken-nung der abrufenden Stelle und das Aktenzeichendes Empfängers protokollieren. Die Protokolldatendürfen nur für die Kontrolle der Zulässigkeit derAbrufe verwendet werden und sind nach zwölfMonaten zu löschen.

§ 490 (1) Personenbezogene Daten in Dateien sind zuberichtigen, wenn sie unrichtig sind.

(2) Sie sind zu löschen, wenn ihre Speicherungunzulässig ist oder sich aus Anlass einer Einzelfall-bearbeitung ergibt, dass die Kenntnis der Daten fürdie in den §§ 483, 484, 485 jeweils bezeichnetenZwecke nicht mehr erforderlich ist. Es sind ferner zulöschen1. nach § 483 gespeicherte Daten mit der Erledigung

des Verfahrens, soweit ihre Speicherung nichtnach den §§ 484, 485 zulässig ist,

2. nach § 484 gespeicherte Daten, soweit die Prü-fung nach Absatz 4 ergibt, dass die Kenntnis derDaten für den in § 484 bezeichneten Zweck nichtmehr erforderlich ist und ihre Speicherung nichtnach § 485 zulässig ist,

3. nach § 485 gespeicherte Daten, sobald ihre Spei-cherung zur Vorgangsverwaltung nicht mehrerforderlich ist.

(3) Als Erledigung des Verfahrens gilt die Erledi-gung bei der Staatsanwaltschaft oder, sofern dieöffentliche Klage erhoben wurde, bei Gericht. Isteine Strafe oder eine sonstige Sanktion angeordnetworden, ist der Abschluss der Vollstreckung oderder Erlass maßgeblich. Wird das Verfahren einge-stellt und hindert die Einstellung die Wiederaufnah-me der Verfolgung nicht, so ist das Verfahren mitEintritt der Verjährung als erledigt anzusehen. (4) Die speichernde Stelle prüft nach festgesetztenFristen, ob nach § 484 gespeicherte Daten zulöschen sind. Die Frist beträgt1. bei Beschuldigten, die zur Zeit der Tat das acht-

zehnte Lebensjahr vollendet hatten, zehn Jahre,2. bei Jugendlichen fünf Jahre,3. in den Fällen des rechtskräftigen Freispruchs, der

unanfechtbaren Ablehnung der Eröffnung desHauptverfahrens und der nicht nur vorläufigenVerfahrenseinstellung drei Jahre,

4. bei nach § 484 Abs. 1 gespeicherten Personen, diezur Tatzeit nicht strafmündig waren, zwei Jahre.

(5) Die speichernde Stelle kann in der Errich-tungsanordnung nach § 491 kürzere Prüffristenfestlegen.

(6) Werden die Daten einer Person für ein weite-res Verfahren in der Datei gespeichert, so unterbleibtdie Löschung, bis für alle Eintragungen die Lö-schungsvoraussetzungen vorliegen. Absatz 2 Satz 1bleibt unberührt.

(7) An die Stelle einer Löschung tritt eine Sper-rung, soweit1. Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwür-

dige Interessen einer betroffenen Person beein-trächtigt würden,

2. die Daten für laufende Forschungsarbeiten benö-tigt werden oder

3. eine Löschung wegen der besonderen Art derSpeicherung nicht oder nur mit unverhältnis-mäßigem Aufwand möglich ist.

Personenbezogene Daten sind ferner zu sperren, so-weit sie nur zu Zwecken der Datensicherung oderder Datenschutzkontrolle gespeichert sind. GesperrteDaten dürfen nur für den Zweck verwendet werden,für den sie gesperrt worden sind oder soweit dies zurBehebung einer bestehenden Beweisnot unerläßlichist.

(8) Stellt die speichernde Stelle fest, dass unrichti-ge, zu löschende oder zu sperrende personenbezogeneDaten übermittelt worden sind, so ist dem Empfängerdie Berichtigung, Löschung oder Sperrung mitzutei-len, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger Interes-sen des Betroffenen erforderlich ist.

(9) Anstelle der Löschung der Daten sind dieDatenträger an ein Staatsarchiv abzugeben, soweitbesondere archivrechtliche Regelungen dies vorse-hen.

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Drucksache 14/1484 – 12 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

§ 491

Die speichernde Stelle legt für jede automatisierteDatei in einer Errichtungsanordnung mindestensfest:1. die Bezeichnung der Datei,2. die Rechtsgrundlage und den Zweck der Datei,3. den Personenkreis, über den Daten in der Datei

verarbeitet werden,4. die Art der zu verarbeitenden Daten,5. die Anlieferung oder Eingabe der zu verarbeiten-

den Daten,6. die Voraussetzungen, unter denen in der Datei

verarbeitete Daten an welche Empfänger und inwelchem Verfahren übermittelt werden,

7. Prüffristen und Speicherungsdauer.

Dies gilt nicht für Dateien, die nur vorübergehendvorgehalten und innerhalb von drei Monaten nachihrer Erstellung gelöscht werden.

§ 492 (1) Dem Betroffenen ist, soweit die Erteilung oderVersagung von Auskünften in diesem Gesetz nichtbesonders geregelt ist, entsprechend § 19 des Bun-desdatenschutzgesetzes Auskunft zu erteilen. (2) Ist der Betroffene bei einer gemeinsamen Da-tei nicht in der Lage, die speichernde Stelle festzu-stellen, so kann er sich an jede beteiligte speiche-rungsberechtigte Stelle wenden. Über die Erteilungeiner Auskunft entscheidet diese im Einvernehmenmit der Stelle, die die Daten eingegeben hat.“

16. Der bisherigen Überschrift „Länderübergreifendesstaatsanwaltschaftliches Verfahrensregister“ wirddie Abschnittsbezeichnung „Dritter Abschnitt“ vor-angestellt.

17. Die bisherigen §§ 474 bis 477 werden die §§ 493bis 496.

18. § 494 wird wie folgt geändert:a) In § 494 Abs. 1 wird die Angabe „§ 474 Abs. 3

Satz 2“ durch die Angabe „§ 493 Abs. 3 Satz 2“ersetzt.

b) Absatz 4 wird wie folgt gefasst: „(4) § 493 Abs. 6 findet Anwendung.“

19. § 495 wird wie folgt geändert:a) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden durch

folgenden Absatz 3 ersetzt: „(3) § 490 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.“

b) Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 4.

Artikel 2Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch

Dem § 78 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch– Verwaltungsverfahren – (Artikel 1 des Gesetzes vom

18. August 1980, BGBl. I S. 1469), das zuletzt geän-dert worden ist durch …, wird folgender Absatz 4 ange-fügt:

„(4) Sind Sozialdaten für die Durchführung einesStrafverfahrens befugt übermittelt worden, so dürfen sienach Maßgabe einer auf Grund der §§ 476, 488 Abs. 4der Strafprozessordnung erteilten Erlaubnis für Zweckeder wissenschaftlichen Forschung verarbeitet oder ge-nutzt werden.“

Artikel 3Änderung des Strafgesetzbuches

§ 203 Abs. 2 Satz 1 des Strafgesetzbuches in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 10. März 1987 (BGBl IS. 945, 1160), das zuletzt durch … geändert worden ist,wird wie folgt geändert:

1. In Nummer 4 wird am Ende das Wort „oder“ durchein Komma ersetzt.

2. In Nummer 5 wird am Ende nach dem Komma dasWort „oder“ angefügt.

3. Nach Nummer 5 wird folgende Nummer 6 angefügt:

„6. Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrerGeheimhaltungspflicht bei der Durchführung wis-senschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grundeines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,“.

Artikel 4Änderung des Gesetzes über die Statistik

für Bundeszwecke

§ 16 Abs. 7 des Gesetzes über die Statistik für Bun-deszwecke vom 22. Januar 1987 (BGBl. I S. 462), daszuletzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt ge-ändert:

1. In Satz 1 wird hinter nach dem Wort „Geheimhal-tung“ das Wort „besonders“ gestrichen.

2. Satz 3 wird gestrichen.

Artikel 5Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

§ 74c Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes in derFassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. IS. 1077), das zuletzt durch … geändert worden ist, wirdwie folgt geändert:

1. In Nummer 5 werden die Wörter „des Computer-betruges,“ gestrichen.

2. In Nummer 6 werden nach den Wörtern „des Betru-ges,“ die Wörter „des Computerbetruges,“ eingefügt.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 13 – Drucksache 14/1484

Artikel 6Änderung des Einführungsgesetzes

zur Strafprozessordnung

Nach § 8 des Einführungsgesetzes zur Strafprozess-ordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede-rungsnummer 312-1, veröffentlichten bereinigten Fas-sung, das durch … geändert worden ist, wird folgender§ 9 angefügt:„Für Dateien, die am Tage des Inkrafttretens diesesGesetzes 2) bestehen, sind die §§ 483 bis 491 der Straf-prozessordnung erst ein Jahr nach dem Inkrafttreten 3)anzuwenden.“

Artikel 7Änderung des Einführungsgesetzes

zum Gerichtsverfassungsgesetz

§ 14 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsver-fassungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III,Gliederungsnummer 300-1, veröffentlichten bereinigtenFassung, das zuletzt durch … geändert worden ist, wirdwie folgt geändert:Die Nummern 1 bis 3 werden aufgehoben.

Artikel 8Änderung des Strafvollzugsgesetzes

§ 186 des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976(BGBl. I S. 581, 2088, 1977 I S. 436), das zuletztdurch … geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

„Auskunft und Akteneinsicht fürwissenschaftliche Zwecke

Für die Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaft-liche Zwecke gilt § 476 der Strafprozessordnung ent-sprechend.“

Artikel 9Änderung des Justizmitteilungsgesetzes

Artikel 32 des Justizmitteilungsgesetzes und Gesetzeszur Änderung kostenrechtlicher Vorschriften und andererGesetze vom 18. Juni 1997 (BGBl. I S. 1430) wird auf-gehoben.

Artikel 10Änderung des DNA-

Identitätsfeststellungsgesetzes

Nach § 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzesvom 7. September 1998 (BGBl. I S. 2646) werden fol-gende §§ 2a bis 2e eingefügt:

––––––––––––2) Sofern in Artikel 15 ein konkretes Datum eingesetzt wird, ist dieses

Datum auch in Artikel 6 einzusetzen. Sonst ist mit dem Datierungs-befehl zu arbeiten „… die am (einsetzen: Tag des Inkrafttretens die-ses Gesetzes) bestehen, …“

3) Es ist ein konkretes Datum einzufügen oder mit dem Datierungsbe-fehl zu arbeiten „ … ab dem … (einsetzen: Tag und Monat des In-krafttretens und Jahreszahl des folgenden Jahres) …“

㤠2aAntragsbefugnis zur Feststellung der Verurteilten

gemäß § 2

(1) Die Staatsanwaltschaften dürfen für Zwecke des§ 2 bis zum <einsetzen: letzter Tag des vierundzwan-zigsten auf das Inkrafttreten gemäß den Festlegungen inArtikel 15 dieses Gesetzes folgenden Monats> um Aus-künfte über die in § 2c genannten Eintragungen im Zent-ralregister und im Erziehungsregister ersuchen, ohnedass es dabei der Angabe der Personendaten der Betrof-fenen bedarf.

(2) Das Bundeskriminalamt darf zum Zweck desAbgleichs mit der Haftdatei nach § 2e um Auskünfte indem in Absatz 1 bestimmten Umfange ersuchen.

§ 2bÜbermittlungsbefugnis des Bundeszentralregisters

Die Registerbehörde darf für die in § 2a genanntenZwecke Auskünfte über die in § 2c genannten Eintra-gungen an die Staatsanwaltschaften und das Bundes-kriminalamt übermitteln.

§ 2cUmfang der Auskunft

Die Ersuchen nach § 2a und die Übermittlung nach§ 2b dürfen sich nur auf Eintragungen beziehen, die diein der Anlage aufgeführten Straftatbestände betreffen.

§ 2dVerwendung und Löschung

Die Staatsanwaltschaften dürfen die nach § 2b über-mittelten Daten nur für den in § 2a Abs. 1 genanntenZweck verwenden. Die Daten sind nach ihrer Verwen-dung unverzüglich zu löschen.

§ 2eAbgleich mit der Haftdatei

(1) Das Bundeskriminalamt darf die Registeraus-künfte nur für einen Abgleich mit den Daten der Haft-datei nach § 9 Abs. 2 des Bundeskriminalamtgesetzesverwenden um festzustellen, welche wegen einerStraftat nach § 2c abgeurteilten Straftäter in dieser Da-tei gespeichert sind. Das Bundeskriminalamt übermit-telt die Angaben in der Haftdatei und die dazugehöri-gen Registerauskünfte an das zuständige Landeskrimi-nalamt zur Vorbereitung von Maßnahmen nach § 2.Soweit das Landeskriminalamt hierfür nicht zuständigist, übermittelt es die Angaben an die hierfür zuständi-gen Stellen. Die für die Vorbereitung zuständigenStellen geben die Angaben an die zuständigen Staats-anwaltschaften für Zwecke des § 2 weiter.

(2) Das Bundeskriminalamt hat die Registerauskünfteund die Daten, die sich auf Grund des Abgleichs ergebenhaben, innerhalb von zwei Wochen nach der Übermitt-lung zu löschen. Das Bundeskriminalamt löscht alle üb-rigen Registerauskünfte unverzüglich nach dem Ab-gleich.

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Drucksache 14/1484 – 14 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

(3) Die sonstigen Empfänger dürfen die übermitteltenDaten nur für den in § 2 genannten Zweck verwenden.Die Daten sind unverzüglich zu löschen, soweit sie fürden Zweck des § 2 nicht mehr erforderlich sind.

Anlage zu § 2c

1. Bildung terroristischer Vereinigungen (§ 129a StGB),

2. sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 174StGB),

3. sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlichVerwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen inEinrichtungen (§ 174a StGB),

4. sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amts-stellung (§ 174b StGB),

5. sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Bera-tungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses(§ 174c StGB),

6. sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB),

7. schwerer sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176aStGB),

8. sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge(§ 176b StGB),

9. sexuelle Nötigung; Vergewaltigung (§ 177 StGB),

10. sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todes-folge (§ 178 StGB),

11. sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Perso-nen (§ 179 StGB),

12. Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger(§ 180 StGB),

13. Menschenhandel (§ 180b StGB),

14. schwerer Menschenhandel (§ 181 StGB),

15. sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§ 182StGB),

16. Herstellung und Verbreitung kinderpornographi-scher Schriften (§ 184 Abs. 3 StGB),

17. Mord (§ 211 StGB),

18. Totschlag (§ 212 StGB),

19. gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB),

20. Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB),

21. schwere Körperverletzung (§ 226 StGB),

22. Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB),

23. Menschenraub (§ 234 StGB),

24. Verschleppung (§ 234a StGB),

25. Entziehung Minderjähriger (§ 235 StGB),

26. Freiheitsberaubung (§ 239 StGB),

27. erpresserischer Menschenraub (§ 239a StGB),

28. Geiselnahme (§ 239b StGB),

29. besonders schwerer Fall des Diebstahls (§ 243StGB),

30. Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungs-einbruchdiebstahl (§ 244 StGB),

31. schwerer Bandendiebstahl (§ 244a StGB),

32. Raub (§ 249 StGB),

33. schwerer Raub (§ 250 StGB),

34. Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB),

35. räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB),

36. Erpressung (§ 253 StGB),

37. räuberische Erpressung (§ 255 StGB),

38. Brandstiftung (§§ 306 bis 306c StGB),

39. räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a StGB),

40. Vollrausch (§ 323a StGB),

41. Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB),

sowie entsprechende Straftaten, die zu Verurteilungendurch Gerichte der ehemaligen Deutschen Demokra-tischen Republik geführt haben.

Artikel 11Änderung des Bundeskriminalamtgesetzes

§ 16 Abs. 3 des Bundeskriminalamtgesetzes vom7. Juli 1997 (BGBl. I S. 1650) wird wie folgt gefasst:

„(3) Personenbezogene Informationen, die durch denEinsatz technischer Mittel zur Eigensicherung von nichtoffen ermittelnden Bediensteten erlangt werden, dürfenaußer für den in Absatz 1 genannten Zweck nur zurAbwehr einer sonstigen dringenden Gefahr für dieöffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinenGefahr oder einer Lebensgefahr, verwendet werden.Wurden die personenbezogenen Informationen in oderaus einer Wohnung erlangt, so ist die Verwendung fürdie in Satz 1 genannten Zwecke nur zulässig nach Fest-stellung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme durch einenVorsitzenden Richter einer Strafkammer des Land-gerichts, in dessen Bezirk das Bundeskriminalamt seinenSitz hat; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Ent-scheidung unverzüglich nachzuholen. Die Zulässigkeitder Verwendung dieser Informationen für Zwecke derStrafverfolgung richtet sich nach § 161 Abs. 3 der Straf-prozessordnung.“

Artikel 12Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes

Dem § 9 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzesvom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954), das durch§ 38 Abs. 2 des Gesetzes vom 20. April 1994 (BGBl. IS. 867) geändert worden ist, werden folgende Sätzeangefügt:

„Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 werden durch denPräsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 15 – Drucksache 14/1484

oder seinen Vertreter angeordnet. Eine richterliche Ent-scheidung ist unverzüglich nachzuholen. Zuständig istdas Amtsgericht, in dessen Bezirk das Bundesamt fürVerfassungsschutz seinen Sitz hat. Für das Verfahrengelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angele-genheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.“

Artikel 13Änderung des MAD-Gesetzes

In § 5, letzter Halbsatz, des MAD-Gesetzes vom20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2977), das durch§ 38 Abs. 3 des Gesetzes vom 20. April 1994 (BGBl. IS. 867) geändert worden ist, wird nach dem Wort „fin-det“ das Wort „entsprechende“ eingeführt.

Artikel 14Neufassung der Strafprozessordnung

Das Bundesministerium der Justiz kann den Wortlautder Strafprozessordnung in der vom Inkrafttreten diesesGesetzes an geltenden Fassung im Bundesgesetzblattbekanntmachen.

Artikel 15Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am … in Kraft.

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Drucksache 14/1484 – 16 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeines

I. Ziel des Entwurfs

1. Allgemeines

Der Entwurf verfolgt im wesentlichen das Ziel, für

a) die strafprozessuale Ermittlungstätigkeit, insbesonde-re die Fahndung und die längerfristige Observation,

b) die Verwendung von personenbezogenen Informatio-nen, die in einem Strafverfahren erhoben worden sind,sowie

c) die Verarbeitung personenbezogener Daten in Dateienund ihre Nutzung

die verfassungsrechtlich gebotenen, im Interesse derRechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie aus strafpro-zessual-systematischen Gründen notwendigen präzisenRechtsgrundlagen zu schaffen.

Der Entwurf ist eine überarbeitete Fassung des in der13. Legislaturperiode eingebrachten „Entwurfs eines Ge-setzes zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrens-rechts – Strafverfahrensänderungsgesetz 1996 – (StVÄG1996)“, Drucksache 13/9718, der der Diskontinuitätunterfallen ist. Der Entwurf trägt in vielen Punkten imText und in der Begründung der Stellungnahme desBundesrates zu dem Entwurf des StVÄG 1996 Rech-nung und berücksichtigt den Stand der Beratungen desRechtsausschusses des Deutschen Bundestages zu demvorgenannten Entwurf.

Außerdem ist Ziel des Entwurfs, eine Rechtsgrundlage indas DNA-Identitätsfeststellungsgesetz zur Erteilung vonAuskünften durch die Registerbehörde an die zuständi-gen Staatsanwaltschaften sowie das Bundeskriminalamtfür Zwecke der Durchführung des § 2 DNA-Iden-titätsfeststellungsgesetz einzustellen.

2. Einzelheiten

a) Die Strafprozessordnung enthält keine Generaler-mächtigung zum Eingriff in Individualrechtsgüter.Das Gesetz erteilt den Strafverfolgungsorganen einenumfassenden Auftrag zur Aufklärung und Verfolgungstrafbarer Handlungen (§ 152 Abs. 2, §§ 160, 163Abs. 1) und folgt im übrigen der Methode der Auf-zählung einzelner Eingriffsermächtigungen, die nachMaßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter-schiedlich ausgestaltet sind.

Daraus sowie im Hinblick auf die Rechtsprechung desBundesverfassungsgerichts ergibt sich die Notwen-digkeit, gesetzliche Grundlagen für bestimmte, ins-besondere in besonderem Maße in grundrechtlichgeschützte Positionen des einzelnen eingreifendeErmittlungsmethoden zu schaffen. Nach dem Urteil

des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember1983 zum Volkszählungsgesetz (BVerfGE 65, 1) um-fasst das durch Artikel 2 Abs. 1 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrechtden Schutz des einzelnen gegen unbegrenzte Erhe-bung und Verwendung seiner persönlichen Daten.Dieses Grundrecht gewährleistet die Befugnis deseinzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe undVerwendung seiner persönlichen Daten zu bestim-men. Beschränkungen bedürfen einer gesetzlichenGrundlage, aus der sich die Voraussetzungen und derUmfang dieser Beschränkungen für den Bürger er-kennbar ergeben. Eine solche gesetzliche Grundlagemuss dem Bestimmtheitsgrundsatz Rechnung tragen.Andererseits muss eine schwer übersehbare Fülle vonEinzelregelungen vermieden werden, die letztlichnicht der Normenklarheit dienen würde und einen an-gemessenen Ausgleich zwischen dem Grundrecht deseinzelnen und dem Allgemeininteresse erschwerenkönnte. Dies macht es notwendig, neben Detailrege-lungen auch begrenzte Generalklauseln zu schaffen.Angesichts der durch die Nutzung der automatisiertenDatenverarbeitung entstehenden Gefahren sindschließlich verfahrensrechtliche und organisatorischeVorkehrungen zu treffen, die einer Verletzung desPersönlichkeitsrechts entgegenwirken.Ziel des Entwurfs ist es, unter Berücksichtigung die-ser Erwägungen für bestimmte Bereiche des Ermitt-lungsverfahrens, insbesondere für die Fahndung unddie längerfristige Observation, klare gesetzliche Re-gelungen zu schaffen.

b) Entsprechend den vorgenannten Erwägungen ist esdes weiteren Ziel des Entwurfs, klare gesetzlicheGrundlagen zu schaffen für das Akteneinsichtsrechtund die Zulässigkeit der Verwendung von personen-bezogenen Informationen aus Strafverfahren für dieGefahrenabwehr.

c) Schließlich sind im Hinblick auf die Entscheidung desBundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983in die Strafprozessordnung allgemeine Bestimmungenfür die Verarbeitung personenbezogener Daten inDateien sowie die Zulässigkeit ihrer Nutzung aufzu-nehmen. Im Strafverfahren werden personenbezogeneErkenntnisse und Entscheidungen zunehmend unterEinsatz moderner technischer Methoden gesammeltund ausgewertet. Mit einer schrittweisen Übernahmedes bisher auf Karteien und Akten gestützten Infor-mationswesens in die automatisierte Datenverarbei-tung vollziehen die Strafverfolgungsbehörden dienotwendige Anpassung an zeitgemäße Bearbeitungs-techniken und -hilfsmittel. Die große Speicherkapa-zität und die hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit derelektronisch gestützten Datenverarbeitung ermög-lichen den Strafverfolgungsbehörden effizienter alsfrüher einen schnellen, sicheren und gezielten Zugriffauf die erforderlichen Daten. Das Informationswesen

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 17 – Drucksache 14/1484

der Strafverfolgungsbehörden gewinnt dadurch eineneue Qualität, so dass gesetzliche Regelungen überZulässigkeit und Begrenzung der Verarbeitung undNutzung personenbezogener Daten aus verfassungs-rechtlichen und strafprozessualen Gründen unerläss-lich sind.

d) Soweit dieser Entwurf datenschutzrechtliche Rege-lungen trifft, gehen diese den Datenschutzgesetzendes Bundes und der Länder als Spezialregelungen vor(vgl. § 1 Abs. 4 Bundesdatenschutzgesetz).

e) Im Bundeszentralregistergesetz besteht derzeit füreine Auswertung des Datenbestandes zu dem Zweck,Maßnahmen zur Durchführung einer gesetzlichenBestimmung zu ermöglichen, keine Rechtsgrundlage.Das BZRG geht vielmehr von der Rechtsfigur derIndividualauskunft (§§ 30 ff., 41 BZRG) aus. Ziel desEntwurfs ist es daher, eine solche Rechtsgrundlagezur Durchführung des § 2 DNA-Identitätsfeststel-lungsgesetz zu schaffen.

II. Inhalt des Entwurfs

Der Entwurf sieht im wesentlichen Rechtsgrundlagenvor für vier Problemfelder:1. in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingrei-

fende Ermittlungsmethoden,2. die Erteilung von Auskünften und Akteneinsicht so-

wie die Zulässigkeit der Verwendung von Informatio-nen aus Strafverfahren für die Gefahrenabwehr,

3. die Verarbeitung von personenbezogenen Daten inDateien und ihre Nutzung,

4. die Erteilung einer unbestimmten Anzahl von Aus-künften aus dem Bundeszentralregister an die für dieVorbereitung der Entscheidung nach § 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes i.V.m. § 81g StPO zu-ständigen Staatsanwaltschaften sowie das Bundeskri-minalamt ohne Anträge, in denen die Personendatendes Betroffenen spezifiziert sind.

Zu 1. – Ermittlungsmethoden

a) Die derzeit nur teilweise gesetzlich (§ 131) und in denNummern 39 bis 43 der Richtlinien für das Straf- undBußgeldverfahren (RiStBV) geregelte Fahndung nachBeschuldigten und die Ermittlung von Zeugen, derenAufenthalt unbekannt ist, erhalten in den §§ 131 bis131c klare Rechtsgrundlagen. Dies bedingt eine Fol-geänderung in § 456a.

b) § 160 wird um eine Regelung ergänzt, die das Erfor-dernis der Beachtung von Verwendungsregelungen,die strafprozessualen Maßnahmen entgegenstehen,verdeutlicht.

c) § 161 wird zu einer Generalermittlungsklausel aus-gestaltet und § 163 dieser Änderung angepasst. DieStrafprozessordnung enthält neben einzelnen speziel-len Eingriffsermächtigungen für Eingriffe in grund-rechtlich besonders geschützte Bereiche keine umfas-sende Eingriffsermächtigung, die eine Befugnis zu

denjenigen Ermittlungshandlungen und -eingriffen inRechte des Bürgers gibt, die von den Einzelregelun-gen nicht erfasst werden. Eine abschließende legis-latorische Beschreibung und Regelung all diesersonstigen Ermittlungshandlungen und -eingriffe in ei-ner oder mehreren Befugnisnormen war und ist ange-sichts der sich ständig ändernden Erscheinungsformender Kriminalität und der Notwendigkeit, ihr in ange-messener Weise zu begegnen, nicht möglich. Daherkann, soweit es um weniger gewichtige Eingriffe inGrundrechte geht, auf eine Regelung in Form einerGeneralklausel nicht verzichtet werden. Eine solche –bisher fehlende – Generalklausel ist angebracht, umeine ausreichende strafprozessuale Grundlage für dieErfüllung der den Strafverfolgungsbehörden zugewie-senen Aufgaben zu schaffen.

d) Die Zulässigkeit der längerfristigen Observation, bis-her aus den §§ 161, 163 abgeleitet, wird in § 163fgeregelt.

Zu 2. – Auskünfte, Akteneinsicht, Verwendungvon Informationen aus Strafverfahrenfür Zwecke der Gefahrenabwehr

a) Der Entwurf schlägt vor, das durch das Gesetz zurÄnderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozess-ordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämp-fungsgesetz) vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3186)nach § 473 angefügte Achte Buch mit einer neuen Ü-berschrift zu versehen und in dessen Ersten Abschnittdie Erteilung von Auskünften und die Akteneinsichtzu regeln, soweit sie nicht aus systematischen Grün-den in anderen Zusammenhängen normiert sind (vgl.§§ 147, 385, 397, 406e, 433) und bisher nur auf dieNummern 182ff. RiStBV gestützt werden. Außerdemwird in einer Öffnungsklausel geregelt, unter welchenVoraussetzungen und in welchen Grenzen personen-bezogene Informationen, die in einem Strafverfahrenallein für Zwecke des Strafverfahrens erhoben wordensind, auch für die Gefahrenabwehr, also andere Erhe-bungs- und Nutzungszwecke, verwendet werden dür-fen.

b) Demgemäß werden in § 474 Voraussetzungen undGrenzen der Akteneinsicht für Gerichte, Staatsanwalt-schaften, Behörden und andere hoheitliche Aufgabenwahrnehmende Stellen bestimmt, in § 475 werden dieErteilung von Auskünften an Privatpersonen, in § 476die Übermittlung von Erkenntnissen für wissen-schaftliche Zwecke geregelt. § 477 enthält notwendi-ge Begrenzungen der Auskunftserteilung oder Akten-einsicht, §§ 478 bis 480 regeln das Verfahren. Ergän-zend werden Vorschriften des Zehnten Buches So-zialgesetzbuch, des Strafgesetzbuches und des Geset-zes über die Statistik für Bundeszwecke und desStrafvollzugsgesetzes (Artikel 2, 3, 4 und 8 des Ent-wurfs) der Regelung in § 476 angepasst.

c) Die Akteneinsicht nach § 147 StPO wird den neuerenBestimmungen zur Akteneinsicht des Verletzten(§ 406e) und den §§ 474 ff. angenähert. Außerdemsind Folgeänderungen in den §§ 385, 406e erforder-lich.

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Drucksache 14/1484 – 18 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

d) § 481 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen undin welchen Grenzen Polizeibehörden personenbezo-gene Informationen, die im Strafverfahren nicht vonvornherein multifunktional, sondern zunächst alleinfür Zwecke der Strafverfolgung erhoben worden sind,auch für die Gefahrenabwehr verwenden dürfen.Außerdem wird nunmehr in § 482 (bisher Artikel 32des Justizmitteilungsgesetzes, der durch Artikel 9aufgehoben wird) geregelt, wann und wie die Staats-anwaltschaft die Polizeibehörde, die zunächst die Er-mittlungen geführt hat (§ 163), über den Ausgang desVerfahrens zu unterrichten hat.

Zu 3. – Verarbeitung von personenbezogenen Datenin Dateien und ihre Verwendung

a) Im Zweiten Abschnitt („Dateiregelungen“) des Ach-ten Buches wird in den §§ 483 bis 492 geregelt, unterwelchen Voraussetzungen und in welchen Grenzenpersonenbezogene Daten, die in einem Strafverfahrenerhoben worden sind, für Zwecke der – auch künfti-gen – Strafverfolgung in Dateien verarbeitet und fürwelche Zwecke sie übermittelt und verwendet werdendürfen; die Vorschriften enthalten auch die insoweitnotwendigen wesentlichen Verfahrensregelungen.

b) § 483 bestimmt in einer Generalklausel die Zulässig-keit der Speicherung von Daten aus laufenden Straf-verfahren.

§ 484 – ein Kernpunkt der Dateiregelungen – lässt dieVerarbeitung der Daten aus einem Strafverfahrenauch für künftige Strafverfahren zu.

§ 485 regelt den Einsatz von Dateien für Zwecke derVorgangsverwaltung.

§ 486 lässt die Speicherung in gemeinsamen Dateienzu.

§ 487 stellt die im Falle einer Speicherung erforder-lichen technischen und organisatorischen Daten-schutzmaßnahmen sicher.

§ 488 regelt Zulässigkeit und Grenzen der Übermitt-lung von Daten, § 489 die Zulässigkeit von automati-sierten Abrufverfahren, § 490 Einzelheiten zur Be-richtigung und Löschung von Daten, § 491 die Not-wendigkeit von Errichtungsanordnungen für Dateienund ihren Mindestinhalt. § 492 begründet einen Aus-kunftsanspruch des von einer DatenspeicherungBetroffenen.

Als Folgeänderung wird die bisherige Überschrift desAchten Buches Abschnittsbezeichnung des Dritten Ab-schnitts; die §§ 474 bis 477, in denen einige Folgeände-rungen veranlasst sind, werden §§ 493 bis 496.

Zu 4. – Auskünfte aus dem Bundeszentralregisterfür Zwecke der Durchführung des § 2DNA-Identitätsfeststellungsgesetz

Nach den in das DNA-Identitätsfeststellungsgesetz ein-zustellenden §§ 2a bis 2e wird die Erteilung einer unbe-stimmten Anzahl von Auskünften aus dem Zentralregis-ter an die für die Vorbereitung der Entscheidung nach

§ 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes i.V.m. § 81gStPO zuständigen Staatsanwaltschaften sowie an dasBundeskriminalamt zulässig, ohne dass es eines Antragsbedarf, in dem die Personendaten des Betroffenen spezi-fiziert sind. Eine Übermittlung an die Staatsanwalt-schaften erfolgt deshalb, weil diese im Einzelfall zu prü-fen haben, ob für den Betroffenen eine Maßnahme nach§ 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes i.V.m. § 81gStPO in Betracht kommt. Die Befugnis der Staatsanwalt-schaften zur Einholung der Auskünfte wird durch § 2aAbs. 1 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes geregelt.Um die Registerbehörde in die Lage zu versetzen, durcheine Auswertung des Datenbestandes die betroffenenPersonen nach einheitlichen Kriterien herauszufinden, istes erforderlich, einen ausformulierten Katalog vonStraftatbeständen, bei denen möglicherweise eine späterepositive Entscheidung über eine Maßnahme nach § 2 desDNA-Identitätsfeststellungsgesetzes i.V.m. § 81g StPOin Betracht kommen könnte, vorzugeben. Außerdemwird auch eine Auskunftsbefugnis für das Bundeskrimi-nalamt geschaffen, um einen Abgleich der Auskünfte derRegisterbehörde mit der Haftdatei nach § 9 Abs. 2 desBundeskriminalamtgesetzes vornehmen und die über-mittelten und beim Abgleich angefallenen Daten an diezuständigen Stellen für Zwecke des § 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes weiterleiten zu können.

III. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die vorge-sehenen Änderungen der Strafprozessordnung ergibt sichaus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (gerichtliches Verfah-ren). Das gilt auch für die datenschutzrechtlichen Rege-lungen im Bereich des gerichtlichen Verfahrens, nämlichfür die Bestimmungen über die Erhebung, Weitergabeund Verwendung personenbezogener Daten im Bereichdes eigentlichen Gerichtsverfahrens und in seinemunmittelbaren Vorfeld, zu dem das strafprozessualeErmittlungsverfahren gehört. Soweit in §§ 474ff. Rege-lungen über die Weitergabe und Verwendung personen-bezogener Daten, die für das gerichtliche Verfahren er-hoben worden sind, für Zwecke außerhalb dieses Verfah-rens getroffen werden und dabei zugleich das Verwal-tungsverfahren von Behörden der Länder geregelt wird,besteht eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes alsAnnex zu der materiell verstandenen Materie „gericht-liches Verfahren“ in Verbindung mit Artikel 84 Abs. 1GG. Daraus ergibt sich zugleich, dass das Gesetz der Zu-stimmung des Bundesrates bedarf.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Ände-rung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch folgt aus Ar-tikel 74 Abs. 1 Nr. 12 GG in Verbindung mit Artikel 84Abs. 1 GG, für die Änderung des Strafgesetzbuches, desGerichtsverfassungsgesetzes, des Einführungsgesetzeszur Strafprozessordnung, des Einführungsgesetzes zumGerichtsverfassungsgesetz, des Strafvollzugsgesetzes, desJustizmitteilungsgesetzes und des DNA-Identitätsfest-stellungsgesetzes aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG und fürdie Änderung des Gesetzes über die Statistik für Bun-deszwecke aus Artikel 73 Nr. 11 GG. Die Gesetz-gebungskompetenz des Bundes für die Änderung desBundeskriminalamtgesetzes sowie des Bundesverfas-

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 19 – Drucksache 14/1484

sungsschutzgesetzes und des MAD-Gesetzes folgt ausArtikel 73 Nr. 10 i.V. m. Artikel 87 Abs. 1 Satz 2 GGsowie aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.

Die Notwendigkeit einer bundesgesetzlichen Regelungergibt sich aus Artikel 72 Abs. 2 GG. Es ist erforderlich,dass die Strafprozessordnung ergänzend strafverfahrens-rechtliche Regelungen gleichfalls in die Strafprozessord-nung eingestellt werden, um die Einheitlichkeit des Ver-fahrensrechts in allen Ländern zu gewährleisten unddadurch gleichzeitig die Rechtseinheit im gesamtstaat-lichen Interesse zu wahren. Dies gilt auch für verfas-sungsrechtlich erforderliche Regelungen über die Ver-wendung von Daten, um im Bundesgebiet einen einheit-lichen datenschutzrechtlichen Standard sicherzustellen.

IV. Vorprüfung nach § 22a GGO II

Die Prüfung nach § 22a GGO II hat ergeben, dass diegesetzlichen Regelungen aus den vorstehend unter A.I.2.genannten Gründen erforderlich sind.

V. Kosten und Auswirkungen auf dieGesamtwirtschaft

Verfassungsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Vor-gaben entsprechend sind insbesondere die gesetzlichenRegelungen zur Auskunftserteilung und Akteneinsichtsowie die Regelungen zur Verarbeitung und Verwen-dung von Strafverfahrensinformationen in Dateien derStrafverfolgungsbehörden und Gerichte ausdifferenziertund können dadurch zu einem höheren Vollzugsaufwandführen. Im Hinblick auf die in Bund und Ländern bereitsvollzogene und teilweise in Ausweitung befindlicheUmstellung des in der Vergangenheit auf Karteien undAkten gestützten Informationswesens in eine automati-sierte Datenverarbeitung dürften für die Haushalte desBundes und der Länder keine ins Gewicht fallendenMehrkosten entstehen.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung)

Zu Nummer 1 (§ 100a StPO)

Es handelt sich um eine durch Artikel 1 Nr. 50 des Sechs-ten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) veranlasste redaktio-nelle Anpassung.

Zu Nummer 2 (§ 110e StPO)

Es handelt sich um eine durch Artikel 2 Nr. 3 Buch-stabe b des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfungder Organisierten Kriminalität vom 4. Mai 1998 (BGBl. IS. 845) veranlasste redaktionelle Anpassung, die gleich-zeitig die Ergänzung von § 100d Abs. 5 durch Artikel 2Nr. 3 Buchstabe c des Gesetzes zur Verbesserung derBekämpfung der Organisierten Kriminalität berücksich-tigt. Damit ist klargestellt, dass auch für die Verwertungvon nach § 100c Abs. 1 Nr. 3 gewonnenen Erkenntnis-

sen des Verdeckten Ermittlers zu Beweiszwecken in an-deren Strafverfahren – entsprechend nach § 100c Abs. 1Nr. 2 gewonnenen Erkenntnissen – § 100d Abs. 5 maß-gebend ist.

Zu Nummer 3

Durch die geänderte Überschrift soll klargestellt werden,dass die §§ 131 bis 132 StPO nicht abschließend Maß-nahmen zur Sicherstellung der Strafverfolgung undStrafvollstreckung regeln. Sonstige nicht ausdrücklichim Gesetz erwähnte Maßnahmen, die, wie etwa die in-formatorische Zeugenbefragung, seit jeher zum Instru-mentarium der Strafverfolgung und Strafvollstreckunggehören, bleiben auch weiterhin zulässig; Ermächti-gungsgrundlage ist insoweit die Generalermittlungsklau-sel des § 161 Abs. 1 Satz 1 StPO. Auf die Begründungzu Nummer 8 wird verwiesen.

Zu den Nummern 4 und 5 (§§ 131 bis 131c StPO)

AllgemeinesDie bisher nur in § 131 sowie in Vorschriften derRiStBV geregelte Fahndung wird in den §§ 131 bis 131cumfassend neu geregelt. Da es sich bei der Fahndung umeine die Festnahme vorbereitende Maßnahme oder umsonstige Maßnahmen zur Sicherstellung der Strafver-folgung und Strafvollstreckung handelt, werden dieVorschriften aus systematischen Gründen in den Ab-schnitt 9a eingestellt.

§ 456a wird den genannten Vorschriften angepasst.

§ 131Die Vorschrift regelt die Ausschreibung zur Festnahmeaufgrund eines Haft- oder Unterbringungsbefehls bzw.im Vorfeld des Erlasses eines Haft- oder Unterbrin-gungsbefehls in besonders gelagerten Eilfällen.

Absatz 1 ermächtigt zur Ausschreibung zur Festnahme,wenn die Verhaftung oder Verwahrung eines flüchtigenoder sich verborgen haltenden Beschuldigten richterlichangeordnet ist. Die Vorschrift entspricht grundsätzlich§ 131 Abs. 1 der geltenden Fassung, sieht jedoch unterVerzicht auf den Begriff „Steckbrief“ die Ermächtigungzur Ausschreibung zur Festnahme vor und verzichtetneben den Voraussetzungen eines Haftbefehls oder einesUnterbringungsbefehls auf die weiteren Voraussetzun-gen der Flucht oder des Verbergens des Beschuldigten.Die neue Formulierung „Ausschreibung zur Festnahme“berücksichtigt, dass der überkommene Begriff „Steck-brief“ die heutigen differenzierten Fahndungsmethodennicht mehr adäquat kennzeichnet und trägt zugleich demGrundsatz der Subsidiarität Rechnung, da ein Steckbrief,unter dem nach allgemeiner Auffassung die an eineunbestimmte Zahl von Behörden, Stellen und Personengerichtete Aufforderung zur Fahndung nach einergesuchten Person verstanden wird, zu vermeidbarenöffentlichen Bloßstellungen führen kann. Die in derneuen Fassung gewählte allgemeinere Formulierung„Ausschreibung zur Festnahme“ umfasst sowohl denFall des bisherigen Steckbriefs, als auch, falls dies aus-reicht, weniger eingreifende Maßnahmen. Neben den

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Drucksache 14/1484 – 20 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Voraussetzungen des Vorliegens eines Haftbefehls odereines Unterbringungsbefehls wurde auf die weiterenVoraussetzungen Flucht oder Verbergen des Beschul-digten verzichtet, da die Ausschreibung zur Festnahmenach Absatz 1 nur zulässig ist, wenn aufgrund des bereitsvorliegenden Haftbefehls oder Unterbringungsbefehlsdiese Vollstreckungshandlung erforderlich ist.

Zugleich werden die Voraussetzungen, unter denen dieFahndung an die Öffentlichkeit gerichtet werden darf, in§ 131 geregelt. Dies ist zulässig bei einer Straftat von er-heblicher Bedeutung, wenn ein Fahndungserfolg durchweniger beeinträchtigende Maßnahmen erheblich weni-ger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre.

Die Anordnung einer Ausschreibung zur Festnahme istgrundsätzlich dem Richter oder der Staatsanwaltschaftvorbehalten. Beide sind mithin in Abweichung von § 36Abs. 2 Satz 1 gleichermaßen zuständig. Besteht Gefahrim Verzug, so sind auch die Hilfsbeamten der Staats-anwaltschaft zur Anordnung befugt. Diese Eilkompetenzentspricht einem Bedürfnis der Praxis. Sie wird z.B. inden Fällen Bedeutung erlangen, in denen der PolizeiAnhaltspunkte für Fluchtvorbereitungen eines mit Haft-befehl gesuchten Beschuldigten bekannt werden undSofortmaßnahmen ergriffen werden müssen.

Absatz 2 regelt die Möglichkeit der Ausschreibung zurFestnahme schon im Vorfeld des Erlasses eines Haft-befehls oder eines Unterbringungsbefehls in besondersgelagerten Eilfällen neu. Für diese Regelung besteht einpraktisches Bedürfnis, z.B. wenn bei plötzlicher Fluchteines beinahe festgenommenen Tatverdächtigen ange-sichts der Verknüpfung und Schnelligkeit modernerVerkehrsverbindungen unverzüglich überörtliche Fahn-dungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, der Haft-richter jedoch nicht sofort oder nur schwer erreichbar ist.Dem Erfordernis einer Sofortentscheidung in besondersgelagerten Eilfällen entsprechend kann die Maßnahmeeiner Ausschreibung zur Festnahme von der Staatsan-waltschaft und ihren Hilfsbeamten angeordnet werden.Die Maßnahme erfordert die Voraussetzungen einesHaftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls, mithinregelmäßig Flucht, Fluchtgefahr oder Verbergen desdringend tatverdächtigen Beschuldigten, und betont klar-stellend die Erforderlichkeit der Maßnahme zum Zweckevorläufiger Festnahme. Die Vorschrift regelt außerdemdie Notwendigkeit einer kurzfristigen Nachholung derrichterlichen Entscheidung.

Aus dem Erfordernis der Nachholung der richterlichenEntscheidung über den Erlass des Haftbefehls oder desUnterbringungsbefehls folgt, dass die Voraussetzungeneiner Ausschreibung zur Festnahme nach Absatz 2 ent-fallen, wenn der Haftbefehl oder Unterbringungsbefehlnicht binnen einer Woche ergangen ist. In diesen Fällensind die Ausschreibung zur Festnahme sowie alle auf-grund dieser Ausschreibung veranlassten Fahndungs-maßnamen unverzüglich zu beenden.

Die Vorschrift verzichtet im Gegensatz zu den Regelun-gen in § 98b Abs. 1 Satz 3, § 100b Abs. 1 Satz 3, § 100dAbs. 1 Satz 2, § 110b Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 4,§ 163d Abs. 2 Satz 3 auf eine ausdrückliche Bestimmungdes Außerkrafttretens der durch die Staatsanwaltschaft

oder ihre Hilfsbeamten angeordneten Ausschreibung zurFestnahme, wenn nicht fristgemäß Haftbefehl oderUnterbringungsbefehl ergeht. Denn anders als in denvorgenannten Bestimmungen ist im Rahmen einer Aus-schreibung zur Festnahme nach § 131 Abs. 2 nicht dierichterliche Prüfung der Voraussetzungen der Maßnahme(Vorliegen der Voraussetzungen eines Haftbefehls odereines Unterbringungsbefehls, Gefährdung des Fahn-dungserfolges, Subsidiarität) vorgesehen, sondern ledig-lich fristgebunden über den Erlass eines Haftbefehls odereines Unterbringungsbefehls zu entscheiden. Ergeht einHaftbefehl oder ein Unterbringungsbefehl, so richtet sichdie weitere Maßnahme einer Ausschreibung zur Fest-nahme nach Absatz 1. Ergeht ein Haftbefehl oder einUnterbringungsbefehl nicht fristgemäß, so ist die Vor-aussetzung der Maßnahme entfallen; die Maßnahme(Ausschreibung zur Festnahme und alle aufgrund dieserAusschreibung veranlassten Fahndungen) ist unverzüg-lich zu beenden. Die Ausschreibung zur Festnahme nachAbsatz 2 ist mithin grundsätzlich auf die Dauer vonmaximal einer Woche beschränkt. Der Erlass eines Haft-befehls oder eines Unterbringungsbefehls nach einerAusschreibung zur Festnahme nach Absatz 2 binnen derFrist von einer Woche stellt die gleichzeitige Bestäti-gung der Fortdauer der Maßnahme gemäß Absatz 1durch den Richter bzw. die Staatsanwaltschaft dar. Istdie Anordnung nach Absatz 2 durch die Hilfsbeamtender Staatsanwaltschaft getroffen worden, so bedarf es derAnordnung der Maßnahme nach Absatz 1 durch dieStaatsanwaltschaft oder den Richter; in der Regel wirdinsoweit die staatsanwaltschaftliche Bestätigung dernach Absatz 2 erfolgten Anordnung ihrer Hilfsbeamtengenügen.

Die Maßnahme ist – wie sich aus der Voraussetzung derErforderlichkeit ergibt – nur zulässig, wenn der gleicheFahndungserfolg nicht mit weniger beeinträchtigendenMitteln wie z.B. Ausschreibung zur Aufenthaltsermitt-lung, Nachforschungen bei Nachbarn, Behörden usw.erreicht werden kann. Daneben ist der Verhältnismäßig-keitsgrundsatz stets zu beachten.Absatz 3 regelt den Inhalt einer Fahndungsausschrei-bung. Eine möglichst genaue Bezeichnung des Gesuch-ten ist erforderlich, um Verwechselungen und damit eineBeschwer Nichtbeschuldigter auszuschließen. Über dieBezeichnung hinausgehende Beschreibungen der ge-suchten Person erfolgen nur, wenn nicht schon allein dieBezeichnung (Personenangaben) Verwechselungsgefah-ren ausschließt und soweit dies zu diesem Zweck gebo-ten ist. Abbildungen, die beigefügt werden dürfen, sindjegliche für eine Öffentlichkeitsfahndung geeigneteBildmaterialien; auch sog. „Phantombilder“ sind dadurcherfasst. Die in Satz 2 enthaltenen Angaben können erfol-gen, wenn sie den Fahndungserfolg unterstützen.

§ 131aDie Vorschrift regelt die Ausschreibung eines Beschul-digten oder eines Zeugen zur Aufenthaltsermittlung, so-wie die Ausschreibungen des Beschuldigten zur Sicher-stellung eines Führerscheins, zur erkennungsdienstlichenBehandlung oder zur Feststellung der Identität sowie dieVoraussetzungen einer Öffentlichkeitsfahndung.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21 – Drucksache 14/1484

Absatz 1 knüpft die Zulässigkeit einer Ausschreibungzur Aufenthaltsermittlung allein an den unbekannten,d.h. nicht ermittelten Aufenthalt eines Beschuldigtenoder eines Zeugen. Der Verzicht auf die ausdrücklicheBetonung des Grundsatzes der Vorrangigkeit wenigerbelastender Maßnahmen bedeutet jedoch nicht, dass beieiner Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung das füralle strafprozessuale Maßnahmen geltende allgemeineVerhältnismäßigkeitsprinzip unbeachtlich ist. Vielmehrist im Einzelfall abzuwägen, ob das Ziel der Ermittlungdes Aufenthaltes eines Beschuldigten oder Zeugen durchden Betroffenen weniger belastende Ermittlungen, ggf.durch einfache Nachfragen bei Meldebehörden odersonstige Erkundigungen gemäß §§ 160 ff., erreicht wer-den kann. Bei dieser Abwägung ist zu berücksichtigen,dass im Einzelfall die durch eine Ausschreibung zurAufenthaltsermittlung verursachte „Bloßstellung“ einesBeschuldigten geringer sein kann, als Nachfragen z. B.bei Nachbarn oder Arbeitskollegen, die den von derMaßnahme Betroffenen in seinem sozialen Umfeld alsBeschuldigten eines Strafverfahrens offenbaren.

Absatz 2 regelt die Zulässigkeit von Ausschreibungenzur Sicherstellung eines Führerscheins, zur erkennungs-dienstlichen Behandlung oder zur Feststellung der Iden-tität eines Beschuldigten.

Absatz 3 regelt die Zulässigkeit einer Öffentlichkeits-fahndung aufgrund einer Ausschreibung zur Aufent-haltsermittlung und knüpft die Zulässigkeit der Maß-nahme an die engeren Voraussetzungen einer Subsidia-ritätsklausel. Ausschreibungen zur Aufenthaltsermittlungdürfen danach nur dann an die Öffentlichkeit gerichtetwerden, wenn die Fahndung auf andere Weise erheblichweniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwertwäre. Eine Inanspruchnahme der Öffentlichkeitsfahn-dung ist darüber hinaus nur zulässig, wenn der Beschul-digte einer Straftat von erheblicher Bedeutung dringendverdächtig ist.

Die Vorschriften für die Öffentlichkeitsfahndung geltenunter besonderer Beachtung des Verhältnismäßigkeits-grundsatzes auch für das Internet.

Absatz 4 bestimmt, dass die inhaltlichen Vorgaben, diefür die Ausschreibung zur Festnahme gelten, auch für dieAusschreibung zur Aufenthaltsermittlung zu beachtensind. Darüber hinaus ist erkennbar zu machen, dass Aus-schreibungen nach Zeugen nicht Ausschreibungen nachBeschuldigten sind. Ausschreibungen nach Zeugen sindzudem nur zulässig, wenn dessen überwiegende schutz-würdige Interessen nicht entgegenstehen. Für Abbildun-gen gelten besondere Subsidiaritäten.

Absatz 5 beschränkt zum Schutz der von Fahndungs-maßnahmen Betroffenen Ausschreibungen zur Aufent-haltsermittlung, die allein auf die Absätze 1 und 2 ge-stützt sind und für die die Voraussetzungen für Öffent-lichkeitsfahndungen nicht vorliegen, auf Verbreitungenin Fahndungshilfsmitteln der Strafverfolgungsbehörden.

§ 131b

§ 131b regelt die Zulässigkeit einer „Aufklärungsfahn-dung“ und einer Identitätsfahndung.

Absatz 1 regelt die Zulässigkeit der Veröffentlichungvon Abbildungen eines Beschuldigten zur Aufklärungeiner Straftat und zur Identitätsfeststellung. Erfasst wirdjegliches für eine Öffentlichkeitsfahndung geeigneteBildmaterial, insbesondere wird erfasst die Zulässigkeiteiner Fahndung mittels Veröffentlichung eines Phan-tombildes eines Beschuldigten. Die Fahndungsmaßnah-me setzt den Verdacht einer Straftat von erheblicher Be-deutung voraus und knüpft die Zulässigkeit an die Sub-sidiaritätsklausel, dass andere Maßnahmen erheblichweniger erfolgversprechend wären oder den Aufklä-rungserfolg wesentlich erschweren würden.

Absatz 2 regelt die Aufklärungs- und Identitätsfeststel-lungsfahndung nach einem Zeugen. Die Zulässigkeit derMaßnahme ist zum Schutz der betroffenen Zeugen andie engere Subsidiaritätsklausel geknüpft, dass andereFahndungsmaßnahmen aussichtslos oder wesentlicherschwert wären. Auf die weitere Voraussetzung, dassGegenstand des Ermittlungsverfahrens der Verdacht ei-ner Straftat von erheblicher Bedeutung sein muss, wurdeverzichtet, da das Interesse des Beschuldigten an voll-ständiger Aufklärung im Vordergrund steht. Satz 2 be-stimmt, dass die Maßnahme deutlich machen muss, dassdie Person, nach der gefahndet wird, nicht Beschuldigterist. Dies ist geboten, da Fahndungsaufrufe mit Bildprä-sentationen die abgebildete Person im Bewusstsein derBetrachter in die Nähe des Beschuldigten rücken kön-nen.

Absatz 3 bestimmt, dass die bei einer Ausschreibung zurFestnahme geltenden Erfordernisse auch hier zu beach-ten sind.

§ 131c

Die Vorschrift regelt die Anordnungskompetenzen fürdie in den §§ 131a, 131b geregelten Maßnahmen. DieAnordnung ist bei Öffentlichkeitsfahndungen (§§ 131aAbs. 3, 131b) wegen ihrer Bedeutung und der Eingriffein die Persönlichkeitsrechte der von der Maßnahme Be-troffenen grundsätzlich dem Richter vorbehalten; derStaatsanwaltschaft und ihren Hilfsbeamten ist eine Eil-kompetenz eingeräumt. Bei Fahndungen nach § 131aAbs. 1 und 2 bedarf es einer Anordnung durch dieStaatsanwaltschaft; ihren Hilfsbeamten steht eine Eil-kompetenz zu.

Zu Nummer 6 (§ 147 StPO)

§ 147 Abs. 5

Versagt die Staatsanwaltschaft dem Verteidiger im Er-mittlungsverfahren die Akteneinsicht wegen möglicherGefährdung des Untersuchungszwecks (§ 147 Abs. 2),so hat der Verteidiger dagegen nach der derzeit nochherrschenden Meinung und wohl einheitlichen Praxiskeine Möglichkeit gerichtlicher Überprüfung.

Die gerichtsfreie Entscheidungskompetenz der Staats-anwaltschaft ist im Schrifttum zunehmender Kritik aus-gesetzt. Zudem gewährt die obergerichtliche Rechtspre-chung teilweise in den Fällen des § 147 Abs. 3 denRechtsbehelf nach § 23 EGGVG.

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Drucksache 14/1484 – 22 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Es erscheint fraglich, ob die Akteneinsicht als Voraus-setzung einer wirksamen Verteidigung, die im Einzelfallbereits auf den Gang der Ermittlungen des Staatsanwaltsoder der Polizei Einfluss zu nehmen suchen muss, alleinvon der Rechtsanwendung durch die Staatsanwaltschaftabhängen darf.

Das Opferschutzgesetz hat dem Anwalt des durch dieStraftat Verletzten ein Recht auf Akteneinsicht einge-räumt. Auch hier ist Versagungsgrund – unter anderem –die Gefährdung des Untersuchungszwecks. In diesemwie in allen anderen Versagungsfällen kann der Anwaltdes Verletzten gegen die Entscheidung der Staatsanwalt-schaft gerichtliche Entscheidung beantragen (§ 406e);der Regierungsentwurf zum Opferschutzgesetz hat dazuausgeführt, dass dies im Hinblick auf Artikel 19 Abs. 4GG geboten sei (Drucksache 10/5305, S. 18).

Künftig wird auch dem anwaltlichen Vertreter einer Pri-vatperson, die ein berechtigtes Interesse darlegt, einRecht auf Auskunftserteilung aus den Akten, hilfsweiseauf Akteneinsicht, eingeräumt sein, ebenfalls gekoppeltmit gerichtlicher Anfechtbarkeit im Falle der Versagungdurch die Staatsanwaltschaft (§§ 475, 478 Abs. 3).

Es erscheint in diesem Regelungskontext daher ange-messen, dem Verteidiger – für den Beschuldigten – dieAnrufung des Richters gegen die Versagung der Akten-einsicht zumindest dann ausdrücklich einzuräumen,wenn die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen förmlich(§ 169a) abgeschlossen sind sowie in den Fällen (§ 147Abs. 3), in denen die Beschränkung des Akteneinsichts-rechts nach § 147 Abs. 2 nicht greift. Ob und inwieweitdem Beschuldigten bzw. seinem Verteidiger eine weiter-gehende Eröffnung des Rechtsweges gegen die Ver-sagung der Akteneinsicht im Ermittlungsverfahren ein-geräumt und damit die Position der Verteidigung imErmittlungsverfahren gestärkt werden sollte, wird imGesamtzusammenhang mit einer Reform der Rechts-mittel zu prüfen sein.

Die vorgeschlagene Ergänzung des § 147 Abs. 5 lehntsich im Grundsatz der Anfechtbarkeit und in der näherenAusgestaltung, vor allem der richterlichen Zuständigkeit,an die vorerwähnten Regelungen (§ 406e Abs. 4 Satz 21. Halbsatz und § 478 Abs. 3 1. Halbsatz) an.

§ 147 Abs. 7

Der Beschuldigte selbst hat nach geltendem Recht kei-nen Anspruch, ohne Einschaltung eines VerteidigersEinsicht in die Akten seines Verfahrens zu nehmen oderAuskünfte daraus zu erhalten. Es ist aber herrschendeAnsicht, dass der Staatsanwalt – ab Anklageerhebungdas Gericht – befugt ist, dem Beschuldigten auch weit-gehende Informationen aus den Akten, die einer vollenAkteneinsicht gleichkommen können, zu gewähren,wenn davon kein Schaden für das Verfahren zu be-fürchten ist. Nicht selten dient diese Maßnahme auch ausder Sicht der Strafverfolgungsorgane gerade der Förde-rung des Verfahrens, wenn nämlich der Beschuldigte,der keinen Verteidiger wählen kann oder will und demein Verteidiger auch nicht bestellt wird, erst durch um-fassende Informationsgewährung veranlasst werdenkann, zur Sachaufklärung beizutragen. Die Praxis kann

sich dabei bislang auf Nummer 185 Abs. 4 der Richt-linien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahrenstützen. Da die Akten aber häufig Angaben über Dritteenthalten, die deren informationelles Selbstbestim-mungsrecht berühren, könnte diese Verwaltungsricht-linie im Hinblick auf die verfassungsgerichtliche Recht-sprechung in Zukunft als Grundlage für die Informa-tionsgewährung an den Beschuldigten nicht mehr ausrei-chen.

Entsprechend der unmittelbaren Informationsgewährungan den Verletzten (§ 406e Abs. 5) bzw. an Dritte (§ 475Abs. 4) ist daher die Informationsgewährung in einer Be-fugnisnorm als Kann-Vorschrift gesetzlich zu verankern,wobei im Interesse der Verfahrensökonomie allein aufden Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, abgestelltwird. Diesem wird kein unmittelbar auf Informationsge-währung gerichteter Anspruch eingeräumt, wohl aber einAnspruch auf ermessensfehlerfreie Prüfung der Erteilungvon Auskünften oder Abschriften (siehe auch § 406eAbs. 5).

Die Auskunft ist ausgeschlossen bei Gefährdung desUntersuchungszwecks und soweit überwiegende schutz-würdige Interessen Dritter entgegenstehen. Hier ist ins-besondere an die Wahrung der Intimsphäre Dritter, anden Schutz gefährdeter Zeugen und an den Schutz vonGeschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu denken.

Durch die Verweisung in Satz 2 auf Absatz 5 werden diefür das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers hinsichtlichder Entscheidungszuständigkeit und der Anfechtbarkeitder Versagungsentscheidung geltenden Regeln auf dieInformationsgewährung an den verteidigerlosen Be-schuldigten übertragen.

Eine Parallele besteht auch in der datenschutzrechtlichbegründeten Zweckbindung einer Auskunftserteilung.Deshalb ordnet Satz 2 des vorgeschlagenen neuen Ab-satzes 7 die entsprechende Anwendbarkeit des § 477Abs. 5 an.

Für die Akteneinsicht durch den Verteidiger erübrigtsich eine solche Regelung zur Zweckbindung. Sie ergibtsich aus der Aufgabe der Verteidigung und der besonde-ren Stellung des anwaltlichen Verteidigers, eines Organsder Rechtspflege, im Verfahren und orientiert sich inihrem Inhalt an diesen Kriterien.

Zu Nummer 7 (§ 160 StPO)Der neue Absatz 4 stellt klar, dass Maßnahmen unzu-lässig sind, soweit besondere bundesgesetzliche oderdiesen entsprechende landesgesetzliche Verwendungs-regelungen entgegenstehen. Absatz 4 entspricht damitder bisherigen Regelungssystematik datenschutzrechtli-cher Vorschriften bei der Kollision bereichsspezifischerRegelungen. Grundsätzlich wird der bereichsspezifi-schen Regelung (über die Verwendung der Daten) indem Gesetz, das die Erhebung der Daten regelt, der Vor-rang vor der Regelung im „Empfängergesetz“ einge-räumt.

Durch die Regelung wird nicht nur der Schutz besonde-rer Amts- und Berufsgeheimnisse, sondern u.a. auch dieBeachtung sonstiger Regelungen sichergestellt, die einen

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 23 – Drucksache 14/1484

gesteigerten Schutz personenbezogener Daten bewirkensollen. Beispielsweise können der Verwendung imStrafverfahren das Steuer- oder Sozialgeheimnis (§ 30AO, § 35 SGB I, §§ 67ff SGB X) oder sonstige Schutz-vorschriften, etwa des Bundeszentralregistergesetzes,entgegenstehen. Eine Aufzählung der einzelnen Ver-wendungsbegrenzungen würde den Gesetzestext über-lasten und bliebe dennoch notgedrungen unvollständig.Sperrwirkung kommt auch bestimmten datenschutz-rechtlich geprägten landesgesetzlichen Verwendungs-regelungen zu, die bundesgesetzlichen Verwendungs-regelungen entsprechen, wie etwa die in den Landessta-tistikgesetzen oder Kommunalabgabenordnungen sta-tuierten Geheimhaltungspflichten, die dem bundes-gesetzlichen Statistik- bzw. Steuergeheimnis entspre-chen. Die Einbeziehung beruht auf der Überlegung, dasses für den hier in Rede stehenden Schutz des Persönlich-keitsrechts nicht darauf ankommen kann, ob der Bundes-oder der Landesgesetzgeber für den jeweiligen Sach-bereich zuständig ist. Existieren zum Schutz des Persön-lichkeitsrechts besondere bundesrechtliche Verwen-dungsregelungen, wäre es z.B. nicht einsichtig, dass ent-sprechenden landesrechtlichen Regelungen, also Vor-schriften, die im gleichen Maße sensible Daten betreffen,keine Sperrwirkung beikommen soll. Aus der Verteilungder Gesetzgebungskompetenz für bestimmte Bereichezwischen Bund und Ländern, die das Verfassungsrechtunter staatsorganisationsrechtlichen Gesichtspunktenvornimmt, lassen sich keine Folgerungen für die Wertig-keit des Schutzes des Persönlichkeitsrechts ableiten.

Keiner ausdrücklichen Regelung bedarf das Gebot, eineMaßnahme nach Wegfall ihrer Voraussetzungen odernach Zweckerreichung unverzüglich zu beenden. DiesesGebot stellt eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips darund ergibt sich bereits aus den allgemeinen Grundsätzenfür die Zulässigkeit von Ermittlungsmaßnahmen.

Zu Nummer 8 (§ 161 StPO)

§ 161 Abs. 1 Satz 1 wird in eine – bisher in der Strafpro-zessordnung fehlende – Ermittlungsgeneralklausel um-gestaltet. Die Strafverfolgungsbehörden benötigen fürdie Erfüllung der ihnen durch §§ 160f. umfassend zuge-wiesenen Aufgaben eine klare, den Anforderungen derRechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genü-gende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage auch für sol-che mit einem Grundrechtseingriff verbundenen Ermitt-lungshandlungen, die weniger intensiv eingreifen unddeshalb nicht von einer speziellen Eingriffsermächtigungerfasst werden.

Die Fassung der Ermittlungsgeneralklausel orientiertsich an der Struktur des geltenden Rechts. Die Vorschrifterteilt den Strafverfolgungsbehörden ausdrücklich dieBefugnis, die zum Zweck der Strafverfolgung erforder-lichen Ermittlungshandlungen vorzunehmen, und bringtdamit den Charakter der Regelung als Eingriffsermächti-gung zum Ausdruck. Zu den Ermittlungshandlungen je-der Art zählen z.B. die Einholung von Erkundigungen imUmfeld einer gesuchten Person sowie die nicht unter§ 163f fallende, also kurzfristige Überwachung des Be-schuldigten oder einer anderen Person (z. B. kurze Beo-bachtung bei der Beseitigung von Tatspuren oder Hin-

terhergehen oder -fahren nach zufälligem Antreffen),oder der Einsatz von sog. Scheinaufkäufern zur Aufklä-rung von Betäubungsmittelstraftaten. Die Vorschrift ent-hält zugleich – wie das geltende Recht – in Satz 1 eineOrganisationsvorschrift für die Einbeziehung der Behör-den und Beamten des Polizeidienstes in die Ermitt-lungstätigkeit der Staatsanwaltschaft.

Satz 1 und 2 entsprechen im übrigen dem geltenden§ 161 StPO. Zur Klarstellung des Regelungsbereichswurde in Satz 1 die Einschränkung aufgenommen, dass§ 161 nur herangezogen werden kann, ,,soweit nicht an-dere gesetzliche Vorschriften (die) Befugnisse besondersregeln“. Bestehen für bestimmte Ermittlungsmaßnahmenbesondere Voraussetzungen (z.B. Rasterfahndung, Poli-zeiliche Beobachtung), sind diese aber im Einzelfallnicht erfüllt, so ist die Maßnahme unzulässig. Ein Rück-griff auf die Generalklausel ist nicht erlaubt. Die wört-liche Übernahme des geltenden § 161 Satz 2 entsprichtdem Bedürfnis, im sensiblen Bereich der Zusammen-arbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei erprobteFormulierungen soweit wie möglich zu übernehmen. Er-gänzt wurde die Befugnis der Behörden und Beamtendes Polizeidienstes, von allen Behörden Auskunft zuverlangen, wenn das Auskunftsbegehren auf der Grund-lage eines Ermittlungsauftrages der Staatsanwaltschaftgestellt wird.

Absatz 2 bestimmt schließlich das Verhältnis zwischender Ermittlungsgeneralklausel und begrenzenden Ver-wertungsregelungen, nämlich dass auch bei Auskunftser-suchen nach § 161 Abs. 1 die strafverfahrensrechtlichbegrenzenden Verwertungsregelungen in § 98b Abs. 3Satz 3, § 100d Abs. 5 Satz 1, § 110e ihre Wirkung ent-falten. Unberührt bleibt die gleichgerichtete Regelungdes § 100f Abs. 2.

Absatz 3 regelt die Verwertbarkeit von Erkenntnissen,die auf (landes- und bundes-)polizeirechtlicher Grund-lage durch allein zum Zwecke der Eigensicherungdurchgeführte Wohnraumüberwachungen gewonnenwerden. Die Regelung entspricht § 16 Abs. 3 Satz 2 desBundeskriminalamtsgesetzes. Ziel ist, zu vermeiden,dass insbesondere unterschiedliche landesrechtliche Re-gelungen zu einem unterschiedlichen Verwertungsum-fang für Strafverfahrenszwecke führen. Zuständig für dieÜberprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme ist dasfür den Sitz der anordnenden Stelle zuständige Landge-richt (s. auch § 73 Abs. 2 GVG).

Zu Nummer 9 (§ 163 StPO)Der neue Satz 2 – eine verfassungsrechtlich bedingteFolgeänderung zu der Änderung des § 161 Abs. 1 – isterforderlich, weil zwar § 161 Ermittlungen auch durchdie Behörden und Beamten des Polizeidienstes anspricht,es sich hierbei bisher aber nur um eine Organisations-norm für die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwalt-schaft und Polizei handelt. Da nach § 163 der Polizei dererste Zugriff zusteht, muss sie sich für die hiermit ver-bundenen Eingriffe auf eine Eingriffsbefugnis stützenkönnen.Die an die Aufgabenzuweisung nach Satz 1 anknüpfen-den Eingangsworte des Satzes 2 („Zu diesem Zweck“)

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Drucksache 14/1484 – 24 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

bringen zum Ausdruck, dass der Polizei eine strafprozes-suale Ermittlungsbefugnis eingeräumt wird. Die Befug-nis reicht – gegenüber der staatsanwaltschaftlichen Ge-neralklausel – insoweit weniger weit, als alle Behördenum Auskünfte ersucht, die Auskünfte aber nicht in allenFällen verlangt werden können. Der Polizei wird damitein Fragerecht eingeräumt. Eine strafprozessuale Ver-pflichtung zur Antwort wird hingegen nicht begründet.Im Einzelfall kann sich eine solche Pflicht der Behördeallerdings aus Spezialgesetzen, z. B. Meldegesetzen,ergeben. Die um Auskunft ersuchte Behörde hat schließ-lich bei ihrer Entscheidung den Grundsatz der Verhält-nismäßigkeit zu beachten. Bei Gefahr im Verzug (Ge-fährdung des Ermittlungserfolges) kann die Polizei auchAuskunft verlangen, besteht also eine Verpflichtung derersuchten Behörde zur Auskunfterteilung. Dies dient derSicherung des gefährdeten Ermittlungserfolges.

Auch die polizeiliche Eingriffsbefugnis wird in ihremRegelungsumfang durch gesetzlich besonders geregelteBefugnisse beschränkt. Liegen die speziellen Eingriffs-voraussetzungen nicht vor oder besitzt die Polizei für be-stimmte Ermittlungsmaßnahmen – wie z. B. für eineTelefonüberwachung nach § 100a – keine Eilkompetenz,kann sie eine solche Maßnahme im Eilfall auch nichtüber § 163 anordnen.

Selbstverständlich ist, dass die Polizei im Rahmen ihrerBefugnisse nach § 163 die in § 160 bezeichnetenErmittlungszwecke sowie die Begrenzungen des § 160Abs. 4 zu beachten hat. Die Verwertungsregelung in§ 161 Abs. 2 wirkt sich automatisch auf entsprechendeErkenntnisse aus, die der Polizei zur Verfügung stehenoder auf ein Auskunftsersuchen zugehen sollten, weil§ 161 Abs. 2 eine Verwertungsbegrenzung zu Beweis-zwecken, also in der Hauptverhandlung regelt.

Zu Nummer 10 (§ 163f StPO)

§ 163f

Die Vorschrift regelt die längerfristige Observation desBeschuldigten, die – im Unterschied zur kurzfristigenÜberwachung, die auf die §§ 161, 163 gestützt werdenkann – durchgehend länger als 24 Stunden (reine Beo-bachtungszeit) dauern oder an mehr als zwei Tagen statt-finden soll. Für den präventiv-polizeilichen Bereich istdie Maßnahme der längerfristigen Observation bereitsgeregelt; im Bund im BKAG und im BGSG, in den Län-dern in den Polizeigesetzen. Die im wesentlichengleichlautenden Regelungen bezeichnen entsprechendder vorgeschlagenen Regelung eine Observation als län-gerfristige Observation, wenn diese länger als 24 Stun-den dauert oder an mehr als zwei Tagen stattfindet (§ 23Abs. 2 Nr. 1 BKAG, § 28 Abs. 2 Nr. 1 BGSG).

Die Zulässigkeit dieser Observation ist nicht an einenbesonderen Deliktskatalog geknüpft. Eine solche Be-schränkung auf bestimmte, einzelne Straftaten wäre mitden Bedürfnissen der Strafrechtspflege und ihrer Pflichtzur effektiven Bekämpfung der Kriminalität unvereinbar.Die längerfristige Observation ist nach den Erfahrungender Praxis in nahezu allen Bereichen der erheblichenKriminalität unverzichtbar. Ein Großteil der von der

Polizei längerfristig durchgeführten Observationen be-trifft die Bekämpfung der Eigentums- und Vermögens-kriminalität, aber auch den Bereich der Straftaten gegendie sexuelle Selbstbestimmung. In diesem Zusammen-hang ist von Bedeutung, dass sich vorwiegend im Be-reich der serienmäßig begangenen Delikte das Täterver-halten in den letzten Jahren so verändert hat, dass Auf-klärungserfolge mit herkömmlichen, einfachen Ermitt-lungsmethoden kaum noch zu erzielen sind. Die planmä-ßige Überwachung hat in allen Bereichen erheblicherKriminalität eine große Bedeutung gewonnen und mussdeshalb zur Beobachtung aller schwerwiegenden Straf-taten, gleich welcher Art, möglich sein. Die Vorschriftknüpft daher die Zulässigkeit der längerfristigen Obser-vation an den Verdacht der Begehung einer „Straftat vonerheblicher Bedeutung“.

Die Zulässigkeit der längerfristigen Observation ist imübrigen an eine Subsidiaritätsklausel gebunden. Sie istnur zulässig, wenn andere, den Betroffenen wenigerbelastende Ermittlungsmaßnahmen erheblich wenigerErfolg versprechen oder zu einer wesentlichen Er-schwernis führen.

Nach Absatz 1 Satz 3 ist die längerfristige Observationvon Kontaktpersonen nur zulässig, wenn aufgrund be-stimmter Tatsachen die Annahme begründet ist, dass dieKontaktperson mit dem Täter in Verbindung steht odermit ihm in Verbindung treten wird; zudem ist diese Maß-nahme an eine besondere Subsidiaritätsklausel geknüpft:Es muss davon auszugehen sein, dass die Maßnahme zurSachverhaltsaufklärung oder Aufenthaltsortermittlung desTäters führen wird und dies auf andere Weise erheblichweniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwertwäre. Bei den Kontaktpersonen handelt es sich um Perso-nen, die nicht Beschuldigte sind, von deren Beobachtungaber zu erwarten ist, dass hierdurch wichtige Hinweise fürdie Tataufklärung gewonnen werden können. Abzugren-zen ist dieser Personenkreis von den Begleitern des Be-schuldigten, deren Personalien nach § 163e anlässlicheiner gegen den Beschuldigten gerichteten Maßnahme derausschreibenden Stelle (mit)gemeldet werden dürfen. DerUnterschied zu den hier geregelten Kontaktpersonen be-steht darin, dass bei Kontaktpersonen die fragliche Maß-nahme zielgerichtet angeordnet wird, die Kontaktpersonz. B. also zur Polizeilichen Beobachtung ausgeschriebenoder observiert wird. Als Kontaktpersonen kommen ins-besondere Personen mit engen persönlichen Verbindun-gen zu einem namentlich noch nicht bekannten oder sichverborgen haltenden Täter in Betracht. Die Erfahrungender Praxis belegen das Bedürfnis für diesen Ermittlungs-ansatz. Er muss im Hinblick auf die Pflicht der Strafver-folgungsbehörden zur effektiven Bekämpfung der Krimi-nalität bei Straftaten von erheblicher Bedeutung möglichsein.

Absatz 2 stellt klar, dass auf die Maßnahme nicht des-wegen verzichtet werden muss, weil Dritte, gegen diesich die Maßnahme nicht richtet, unvermeidbar betroffenwerden. Erfolgt z. B. die längerfristige Observation aufder Straße oder an sonstigen allgemein zugänglichenOrten, werden regelmäßig auch andere Personen von denermittelnden Beamten wahrgenommen und damit un-vermeidbar betroffen werden.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25 – Drucksache 14/1484

Absatz 3 regelt die Anordnungskompetenz. Die Maß-nahme bedarf grundsätzlich der Anordnung durch dieStaatsanwaltschaft. Auf diese Weise wird dem mit derMaßnahme verbundenen Eingriff Rechnung getragen.Um die längerfristige Observation als effektives Fahn-dungsmittel nicht leerlaufen zu lassen, ist es allerdingserforderlich, den Hilfsbeamten der Staatsanwaltschafteine Eilkompetenz einzuräumen, verbunden mit der Ver-pflichtung, in diesem Fall eine Bestätigung durch dieStaatsanwaltschaft binnen drei Tagen zu erwirken. DieEinräumung dieser Eilkompetenz der Hilfsbeamten er-scheint erforderlich, um in Einzelfällen der Gefahr vonErmittlungsdefiziten wirksam begegnen zu können.Denn die Notwendigkeit einer sofortigen Anordnung derlängerfristigen Observation kann sich sofort nach Bege-hung bzw. Entdeckung der Straftat und insbesondereauch aus dem Verlauf eines konkreten, möglicherweisezunächst auf polizeirechtliche Vorschriften gestütztenpräventiven Einsatzes heraus ergeben, während ein zu-ständiger Staatsanwalt nicht rechtzeitig erreichbar ist.

Absatz 4 ordnet (entsprechend der in § 23 Abs. 3 BKAGenthaltenen Regelung) weitere verfahrensrechtlicheSicherungen an: Die Anordnung muss unter Angabe dermaßgeblichen Gründe aktenkundig gemacht werden. DieAnordnung ist auf höchstens einen Monat zu befristen.Stellt sich im Verlauf der Durchführung der Maßnahmeheraus, dass diese Frist zu kurz bemessen war und eineFortsetzung erforderlich ist, muss eine weitere (Verlän-gerungs-)Anordnung ergehen. Diese darf nur durch denRichter getroffen werden.

Zu Nummer 11 (§ 385 StPO)

§ 385 Abs. 3 Satz 2 ist eine Folgeänderung zu § 147Abs. 7 und zu § 477 Abs. 5. Die dort geregelte Zweck-bindung soll auch für Informationen gelten, die derPrivatkläger oder gemäß § 397 Abs. 1 Satz 2 der Neben-kläger durch Akteneinsicht erhalten hat. Will der Privat-kläger (Nebenkläger) die Informationen nicht zur Ver-folgung seiner Interessen als Verletzter der Straftat bzw.Beteiligter des Strafverfahrens, zu denen auch die Ver-folgung von Ansprüchen nach § 403 gehört, sondern zusonstigen Zwecken verwenden, die nicht mit seinerStellung als Verletzter bzw. Verfahrensbeteiligter zu-sammenhängen, so hat er entsprechend § 477 Abs. 5Satz 2 hierfür die Zustimmung der Stelle einzuholen, dieAkteneinsicht gewährt hat.

Durch die Verweisung auf § 147 Abs. 4 wird klarge-stellt, dass der Anwalt des Privatklägers im Rahmen derAkteneinsicht auch die dort genannten Rechte hat.

Beantragt der Privatkläger (Nebenkläger) nicht übereinen Rechtsanwalt Akteneinsicht, sondern ersucht erselbst um eine Auskunft, die ihm entsprechend § 406eAbs. 5 erteilt werden kann, so gilt gleichfalls die in§ 477 Abs. 5 Satz 1 und 2 geregelte Zweckbindung,auf die er entsprechend § 477 Abs. 5 Satz 3 hinzuweisenist.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Begründungzu § 477 Abs. 5 verwiesen.

Zu Nummer 12 (§ 406e StPO)

Die Änderungen des § 406e sind Folgeänderungen zu§ 147 Abs. 5, § 477 Abs. 5 und § 478 Abs. 3. Wegen derEinzelheiten wird auf die Begründungen zu den jewei-ligen Vorschriften verwiesen.

Zu Nummer 13 (§ 456a StPO)

Die Neufassung von § 456a Abs. 2, der bisher in derFormulierung an § 131 der geltenden Fassung anknüpft,ist eine Anpassung an die neuen Vorschriften der Fahn-dung (§§ 131f.). Die Vollstreckungsbehörde kann unterdenselben Voraussetzungen, unter denen sie bisher zuVollstreckungszwecken einen Steckbrief erlassen durfte,eine Ausschreibung zur Festnahme oder zur Aufenthalts-ermittlung und die erforderlichen Fahndungsmaßnahmenanordnen. Die für die Ausschreibung geltenden Vor-schriften über die Bezeichnung der gesuchten Person(§ 131 Abs. 3) und über die Voraussetzungen einerÖffentlichkeitsfahndung (§ 131a Abs. 3) gelten entspre-chend.

Zu den Nummern 14 und 15 (§§ 474 bis 492 StPO)

Allgemeines

Die Überschrift des durch das Gesetz zur Änderung desStrafgesetzbuches, der Strafprozessordnung und andererGesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) vom 28. Ok-tober 1994 (BGBl. I S. 3186) neu in die Strafprozessord-nung eingefügten Achten Buches wird neu gefasst. Derbisherigen Überschrift „Länderübergreifendes staats-anwaltschaftliches Verfahrensregister“ werden die Ab-schnitte „Erteilung von Auskünften und Akteneinsicht,sonstige Verwendung von Informationen für verfahrens-übergreifende Zwecke“ und „Dateiregelungen“ vorange-stellt. Der bisherigen Überschrift wird die Abschnitts-bezeichnung „Dritter Abschnitt“ vorangestellt.

Im Ersten Abschnitt (§§ 474 bis 482) wird die Erteilungvon Auskünften und die Akteneinsicht an Gerichte,Staatsanwaltschaften, sonstige Behörden, Privatpersonenund für Zwecke wissenschaftlicher Forschung (§§ 474bis 480), die Zulässigkeit der Verwendung von perso-nenbezogenen Informationen aus einem Strafverfahrenfür die Gefahrenabwehr (§ 481) sowie die Nachberichts-pflicht an Polizeibehörden (§ 482) geregelt. Der ZweiteAbschnitt (§§ 483 bis 492) enthält Vorschriften über dieVerarbeitung von personenbezogenen Daten in Dateienund ihre weitere Verwendung.

§ 474

Die Vorschrift regelt die Gewährung von Akteneinsichtund die Erteilung von Auskünften aus Akten eines Straf-verfahrens einschließlich beigezogener Akten an amt-liche Stellen. Ziel der Gewährung von Akteneinsicht undAuskünften ist die Übermittlung von Informationen fürverfahrensexterne Zwecke. Demgemäß unterfällt z. B.die Vorlage von Akten an im Verfahren mitwirkendeStellen, übergeordnete oder untergeordnete Instanzge-richte bzw. Behörden nicht den Begrenzungen der§§ 474, 477, 478, sondern folgt ggf. speziellen Regelun-

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Drucksache 14/1484 – 26 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

gen (vgl. z. B. § 27 Abs. 3, §§ 41, 163 Abs. 2, § 306Abs. 2, §§ 320, 321, 347, 354, 355), soweit diese Stellendie Akten für die Erfüllung ihrer verfahrensbezogenenAufgaben benötigen; dazu gehört auch die Wahrneh-mung von Aufsichts-, Kontroll- und Weisungsbefugnis-sen übergeordneter Stellen.

Nach Absatz 1 erhalten Gerichte, Staatsanwaltschaftenund Justizbehörden (vgl. § 23 EGGVG) zu Zwecken derRechtspflege grundsätzlich die erforderliche Aktenein-sicht, mithin auch die strafverfolgend tätige Polizei unddie Finanzbehörden, soweit sie bei Steuerstraftaten alsErmittlungsbehörden tätig sind (§ 386 Abs. 2, § 399Abs. 1 AO). Die Einsicht wird der ersuchenden Stellejeweils für ein bestimmtes Verfahren oder einen be-stimmten Vorgang erteilt. Dadurch ergänzt die Regelungdie §§ 161, 163, soweit die Informationsübermittlungvon Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten zu Er-mittlungszwecken begehrt wird. Darüber hinaus ist nachAbsatz 1 Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie denJustizbehörden des Bundes und der Länder Aktenein-sicht zu erteilen, soweit sie funktional als Justizbehördenin sonstiger Weise im Rahmen der Rechtspflege tätigwerden; dazu gehört auch die Akteneinsicht zur Ver-folgung von Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 46 Abs. 2OWiG) sowie entsprechend § 23 EGGVG für Aufgabennach dem Bundeszentralregistergesetz und für Gnaden-sachen. Die Regelung in Absatz 1 Satz 1 verdeutlicht,dass nach dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzipdie Erforderlichkeit selbstverständliche Voraussetzungeiner jeden Akteneinsicht ist, und geht davon aus, dassdie Akteneinsicht grundsätzlich notwendig ist, ohne dassdies einer näheren Darlegung bedarf, wenn sie von dengenannten Stellen mit dieser Zweckbestimmung begehrtwird. Die Erforderlichkeit hat die Akteneinsicht begeh-rende Stelle zu prüfen. Die ersuchte Stelle kann undmuss ggf. von deren Vorliegen ausgehen, wenn eine derin Absatz 1 genannten Stellen Akteneinsicht für Zweckeder Rechtspflege begehrt. Dies gilt insbesondere, wenndie Akten aufgrund eines Beschlusses eines Gerichts fürZwecke eines anderen Verfahrens angefordert werden,zumal wenn in diesen Verfahren der Amtsermitt-lungsgrundsatz gilt und die andere Verfahrensordnungein Akteneinsichts- bzw. Auskunftsrecht gegenüber denErmittlungsbehörden normiert (z. B. § 99 Abs. 1 Satz 1VwGO oder § 86 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 120 Abs. 1SGG).

Nach Absatz 2 sollen öffentliche Stellen grundsätzlichnur Auskünfte aus Akten erhalten. Die Auskünfte kön-nen erteilt werden, soweit sie für die in Absatz 2 Nr. 1genannten Zwecke erforderlich sind oder soweit beson-dere gesetzliche Regelungen, wie etwa die durch dasJustizmitteilungsgesetz eingeführten §§ 12ff. EGGVG,Übermittlungen von Amts wegen vorsehen (Absatz 2Nr. 2).

Die Informationsübermittlung speziell an Polizeibehör-den für Zwecke der Gefahrenabwehr unterfällt nichtAbsatz 2, sondern ist in § 481 geregelt.

Absatz 3 erlaubt in den Fällen des Absatzes 2, falls dieVoraussetzungen für eine Auskunftserteilung grundsätz-lich erfüllt sind, ausnahmsweise die Gewährung vonAkteneinsicht, soweit die Erteilung von Auskünften

einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.Die Vorschrift dient damit der erforderlichen Entlastungder Justiz. Außerdem darf unter den Voraussetzungendes Absatzes 2 den dort genannten Stellen ausnahmswei-se Akteneinsicht gewährt werden, soweit unter Angabevon Gründen erklärt wird, dass die Erteilung nur vonAuskünften für die Erfüllung einer bestimmten, der ersu-chenden Stelle obliegenden Aufgabe nicht ausreichenwürde. Die über das Ersuchen entscheidende Stelle kannsich auf die begründete Erklärung der ersuchendenBehörde stützen.

Absatz 4 regelt die Zulässigkeit der Besichtigung amt-lich verwahrter Beweisstücke für den Fall, dass die Vor-aussetzungen der Absätze 1 oder 3 erfüllt sind, also z. B.eine Auskunftserteilung über die Beweisstücke zur Er-füllung der Aufgabe der ersuchenden Stelle nicht ausrei-chen würde. In allen anderen Fällen darf über die ver-wahrten Beweisstücke nur Auskunft erteilt werden.

Absatz 5 erlaubt die Übersendung von Akten zu Zwe-cken der Akteneinsicht.

Absatz 6 stellt klar, dass landesgesetzliche Regelungen,die parlamentarischen Ausschüssen ein Recht auf Akten-einsicht einräumen, unberührt bleiben. Nicht erforderlicherscheint es dagegen, auch parlamentarische Unter-suchungsausschüsse des Deutschen Bundestages als ak-teneinsichts- oder auskunftsberechtigte Stellen zu nen-nen. Gemäß Artikel 44 Abs. 2 GG sind auf Beweiserhe-bungen eines parlamentarischen Untersuchungsaus-schusses die Vorschriften über den Strafprozess sinn-gemäß anzuwenden. Mithin sind die aktenführendenStrafverfolgungsbehörden und Gerichte nach dem sinn-gemäß anzuwendenden § 474 Abs. 1 verpflichtet, Unter-suchungsausschüssen des Bundestages Akteneinsicht zugewähren.

§ 475

Die Vorschrift regelt die Informationsübermittlung anPrivate, die nicht Beschuldigte, Privatkläger, Neben-kläger, Verletzte oder Einziehungsbeteiligte sind, dennderen Akteneinsicht richtet sich nach § 147, § 385Abs. 3, § 397 Abs. 1, § 406e, § 433. Die Regelungerfasst auch Auskunftsbegehren von Angehörigen (An-gestellten) privater Einrichtungen, die für deren ZweckeAuskunft oder Akteneinsicht (z. B. Kreditinstitute, Ver-sicherungsunternehmen, Interessenschutzverbände) be-antragen. Sie betrifft laufende sowie abgeschlosseneVerfahren.

Gemäß Absatz 1 ist die Informationserteilung wie in denFällen der §§ 147, 385, 406e grundsätzlich nur übereinen Rechtsanwalt möglich. Dessen Vorschaltung dientden Interessen der Rechtspflege und soll gewährleisten,dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmungnach allen Seiten ausreichend geschützt wird, ohne dassdie Informationsmöglichkeiten unvertretbar eingeengtwürden. Private Interessen erlauben im übrigen die Aus-kunftserteilung nicht ausnahmslos, sondern nur soweitsie berechtigt sind, etwa zur Verfolgung oder Abwehrrechtlicher Ansprüche. Ein berechtigtes Interesse einesAntragstellers an einer Aktenauskunft ergibt sich auchnicht schon allein daraus, dass die Akte ihn betreffende

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 27 – Drucksache 14/1484

personenbezogene Daten enthält. Der Antragsteller hatnach Absatz 1 sein berechtigtes Interesse, also Tat-sachen, aus denen sich Grund und Umfang der benötig-ten Auskunft ergeben, darzulegen. Aus Absatz 1 („so-weit“) ergibt sich, dass Auskunft, je nach dem Inhalt derDarlegung und dem Gewicht des berechtigten Interesses,auch nur teilweise gegeben werden kann. Die Auskunftist zu versagen (Satz 2), wenn ein schutzwürdiges Inte-resse des Betroffenen vorliegt und dieses das berechtigteInteresse des Antragstellers überwiegt. § 30 AO bleibtunberührt; dies ergibt sich aus § 477 Abs. 2 Satz 1.

Zu Absatz 2 wird auf die entsprechend geltenden Aus-führungen zu § 474 Abs. 3 verwiesen.

Absatz 3 Satz 1 bestimmt, dass auch amtlich verwahrteBeweisstücke besichtigt werden können, falls die Vor-aussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind, also wenn eineAuskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwanderfordern würde oder wenn nach Darlegung dessen, derdie Besichtigung der Beweisstücke begehrt, die Ertei-lung einer Auskunft hierzu nicht zur Wahrnehmung desberechtigten Interesses ausreichen würde. Absatz 3 Satz 2entspricht im wesentlichen § 406e Abs. 3; es wirdklargestellt, dass eine Mitgabe von Akten ein Recht aufAkteneinsicht (nicht nur auf Auskunft) voraussetzt, weildie Mitgabe von Akten stets die Möglichkeit einer um-fassenden Einsichtnahme eröffnet.

Absatz 4 ermöglicht eine Auskunftserteilung an Privat-personen und sonstige Stellen.

§ 476

Die Vorschrift regelt die Informationsübermittlung fürwissenschaftliche Zwecke. Mit wissenschaftlicher For-schung, sei sie Eigen- oder Auftragsforschung, ist stetsunabhängige wissenschaftliche Forschung gemeint. Fol-geänderungen finden sich in den Artikeln 2, 3, 4 und 8dieses Entwurfs. § 30 AO bleibt unberührt; dies ergibtsich aus § 477 Abs. 2 Satz 1.

Nach Absatz 1 Satz 1 können den dort genannten Stellen(Hochschulen, andere Einrichtungen, die wissenschaftli-che Forschung betreiben, öffentliche Stellen) personen-bezogene Informationen, die in Akten enthalten sind,mitgeteilt werden, soweit ein Erfordernis für die Durch-führung einer bestimmten wissenschaftlichen Forschungs-arbeit – als Eigen- oder Auftragsforschung – dargelegtist, die Nutzung anonymisierter Daten nicht hinreichtoder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßi-gen Aufwand verbunden ist und das öffentliche Interessean der Forschungsarbeit das schutzwürdige Interesse desBetroffenen am Ausschluss der Akteneinsicht erheblichüberwiegt. Aus der Formulierung ergibt sich, dass dieStelle, die die personenbezogenen Informationen erbittet,das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für dieMitteilung der nicht-anonymisierten Informationen imeinzelnen darlegen muss. Die Darlegung der Erforder-lichkeit einer Mitteilung nicht-anonymisierter Daten istgeboten, um der zuständigen Stelle (§ 478 Abs. 1 Satz 1)die Möglichkeit zu geben, die Berechtigung des Ersu-chens sachgerecht prüfen zu können. Zur Darlegungeiner Erforderlichkeit für die Durchführung einer be-stimmten wissenschaftlichen Forschungsarbeit gehören

insbesondere die thematische Festsetzung, die Umgren-zung der benötigten Informationen sowie die Festsetzungdes Personenkreises, der das Forschungsvorhaben durch-führen und dabei Zugang zu den personenbezogenenInformationen haben soll. Für die Einsichtnahme ist fer-ner die Darlegung nötig, dass der Zweck der Forschungnicht durch die Verwendung anonymisierter Datenerreicht werden kann.Die Erlaubnis ist eine Entscheidung, die der zuständigenStelle (§ 478 Abs. 1 Satz 1) einen Ermessensspielraumbelässt. Sie kann deshalb, ohne dass es hierfür einerbesonderen gesetzlichen Regelung bedarf, in diesemRahmen die Erlaubnis mit Auflagen verbinden, die derKonkretisierung der rechtlichen Regelungen des Daten-schutzes dienen. Einzelheiten zu Art und Umfang derAuflagen können in Anlehnung an die bisherige Praxis,die bereits Auflagen kennt (vgl. Nummer 185a RiStBV)in den RiStBV geregelt werden.Als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung ist erforderlich,dass das öffentliche Interesse an dem Forschungsvorha-ben gegenüber dem schutzwürdigen Interesse des Betrof-fenen an dem Ausschluss der Akteneinsicht erheblichüberwiegt.Absatz 1 Nr. 3 stellt mithin eine Abwägung zwischendem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmungund der durch Artikel 5 Abs. 3 GG geschützten Freiheitvon Wissenschaft und Forschung dar. Grundsätzlich lie-gen die Erkenntnisse, die von dem Forschungsvorhabenzu erwarten sind, auch im öffentlichen Interesse. Nichtim öffentlichen Interesse liegen naturgemäß Forschungs-arbeiten, die methodisch unzulänglich sind, bei denender Verdacht besteht, dass sie in Wahrheit der Ausspio-nierung personenbezogener Informationen dienen sollen,oder die offensichtlich als Instrument im wirtschaftlichenKonkurrenzkampf gedacht sind.Das Gesetz erwähnt, weil selbstverständlich, nicht, dassdie Akteneinsicht usw. auch zulässig ist, wenn die Be-troffenen eingewilligt haben. Für die Abwägung nachNummer 3 ist es allerdings keine Voraussetzung, dassdie Einholung der Einwilligung unmöglich oder unzu-mutbar ist.Absatz 2 sieht vor, dass auch bei Vorliegen der Voraus-setzungen des Absatzes 1 lediglich Auskunft aus denAkten erteilt werden darf, wenn die erteilten Auskünftefür die Durchführung der Forschungsarbeit ausreichenund wenn mit der Auskunftserteilung für die auskunfts-erteilende Stelle kein unverhältnismäßiger Aufwand ver-bunden ist.Absatz 3 verpflichtet auch die Personen zur Geheimhal-tung, die nicht als Amtsträger oder als für den öffentli-chen Dienst besonders Verpflichtete bereits entsprechendeingebunden sind. Die Verpflichtung erfolgt nach der imVerpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469,547 i.V. m. dem Gesetz zur Änderung des EG-StGBv. 15. August 1974, BGBl. I S. 1942) geregelten Form.Die Ergänzung des § 203 StGB durch Artikel 3 knüpftan die Nichtbeachtung der nach Absatz 3 eingegangenenGeheimhaltungspflicht eine strafrechtliche Sanktion.Absatz 4 Satz 1 beschränkt die Zulässigkeit der Verwen-dung der übermittelten Informationen grundsätzlich auf

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Drucksache 14/1484 – 28 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

die Zwecke des Forschungsvorhabens, für das die Aus-kunft oder die Akteneinsicht gewährt wurde. Das giltauch für die personenbezogenen neuen Informationen,die der Forscher durch die Untersuchung gewonnen hat.Die Vorschrift soll eine zweckfremde Verwendung dererlangten Erkenntnisse verhindern. Die Zweckbindungbewirkt auch, dass die Verwendung für eine andere For-schungsarbeit oder die Weitergabe der Information anPersonen, auf die sich die erteilte Genehmigung nichtbezieht, unzulässig ist. Eine Verwendung der personen-bezogenen Informationen für einen anderen wissen-schaftlichen Zweck oder eine Weitergabe darf nur nachvorheriger Zustimmung der die Akteneinsicht oder dieAuskunftserteilung genehmigenden Stelle erfolgen, wo-bei diese für die Zustimmung prüft, ob auch für dieVerwendung oder die Weitergabe die Voraussetzungennach den Absätzen 1 bis 3 vorliegen. Die Zustimmungwird regelmäßig dann zu erteilen sein, wenn zwischender Forschungsarbeit, für die die personenbezogenenDaten verwendet worden sind, und der anderen For-schungsarbeit ein enger inhaltlicher Zusammenhangbesteht, es sei denn, in der Verwendung oder Weitergabeliegt ein neuer wesentlicher Eingriff in die schutzwürdi-gen Interessen des Betroffenen. Damit wird der grundge-setzlich erforderlichen Abwägung zwischen der Freiheitzweckfreier Forschung (Artikel 5 Abs. 3 GG) einerseitsund dem Persönlichkeitsschutz (Artikel 2 Abs. 1 GG)andererseits angemessen Rechnung getragen.

Absatz 5 Satz 1 bestimmt, dass die Informationen gegenunbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen sind.Hierzu gehören Vorkehrungen, die sicherstellen, dassnur die Personen, die zu dem Forschungsvorhaben gehö-ren, von den Informationen Kenntnis erlangen können.Außerdem ist gemäß Satz 2 erforderlichenfalls sicherzu-stellen, dass die Verwendung der Informationen räum-lich und organisatorisch getrennt von anderen Aufgabenoder Geschäftszwecken erfolgt.

Die Absätze 6 und 7 enthalten datenschutzrechtlicheRegelungen. Nach Absatz 6 sind Informationen zumfrühestmöglichen Zeitpunkt zu anonymisieren. Die Vor-schrift beschreibt besondere Schutzvorkehrungen, so-lange eine Anonymisierung aus Gründen des For-schungsvorhabens noch nicht möglich ist.

Absatz 7 erlaubt die Veröffentlichung personenbezoge-ner Informationen, wenn dies aus Gründen der Darstel-lung von Forschungsergebnissen über Ereignisse derZeitgeschichte unerlässlich ist. Im Hinblick auf die be-sondere Sensibilität der Daten ist außerdem die Zustim-mung der Stelle erforderlich, die diese Informationenübermittelt hat.

Lassen sich Einzelangaben, z. B. in Einzelfalldarstellun-gen, nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwandan Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten Per-son zuordnen, so können sie veröffentlicht werden, auchwenn die Voraussetzungen des Absatzes 7 nicht vorlie-gen. Auch ist eine Veröffentlichung zulässig, wenn derBetroffene eingewilligt hat.

Absatz 8 regelt die Kontrolle der Datenschutzbestim-mungen bei nicht-öffentlichen Stellen. Er erweitert dieKontrollbefugnisse der Aufsichtsbehörden nach § 38

BDSG in zweifacher Hinsicht. Sie dürfen Daten in Straf-akten prüfen, ohne dass Anhaltspunkte für eine Rechts-verletzung vorliegen müssen. Zudem besteht eine Kon-trollmöglichkeit auch dann, wenn der Empfänger die In-formationen nicht in Dateien verarbeitet.

Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens muss geprüftwerden, ob die Forschungsklausel nach § 29 des Bun-deskriminalamtgesetzes dem § 476 entsprechend anzu-passen ist.

§ 477

§ 477 fasst für die Akteneinsicht und Auskünfte (§§ 474bis 476) geltende Regelungen zusammen.

Absatz 1 stellt für alle Fälle der Auskunftserteilung (vgl.§ 474 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 475 Abs. 1, § 476 Abs. 3)klar, dass die Auskunft durch die Überlassung von Ab-schriften aus den Akten erteilt werden kann. Selbstver-ständlich ist, dass der Umfang der Abschriften, da essich nur um eine vereinfachte Form der Auskunftsertei-lung handelt, wie die Auskunft selbst auf das Erforder-liche zu beschränken ist.

Nach Absatz 2 Satz 1 sind Auskünfte aus Akten undAkteneinsicht zu versagen, wenn Zwecke des Straf-verfahrens (Strafverfolgung, Strafvollstreckung) oderbesondere bundesgesetzliche oder entsprechende landes-gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen. ZuZwecken des Strafverfahrens kann die Notwendigkeitgehören, Gefährdungen des Untersuchungszwecks oderunverhältnismäßige bzw. überflüssige Verfahrensverzö-gerungen oder Belastungen, etwa wenn die Einholungeiner Registerauskunft dem Informationsinteresse genü-gen würde, zu vermeiden.

Soweit andere Verfahrensordnungen (z. B. § 99 Abs. 1Satz 1 VwGO oder § 86 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 120Abs. 1 SGG) grundsätzlich ein Akteneinsichts- bzw.Auskunftsrecht normieren, dieses Recht ihrerseits aberwieder einschränken, wie in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO,der bestimmt, dass die Akteneinsicht oder Auskunftverweigert werden kann, wenn das Bekanntwerden desInhalts dem Wohle des Bundes oder eines deutschenLandes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgän-ge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim-gehalten werden müssen, wird diese Klausel im wesent-lichen die Fälle abdecken, in denen aus staatsanwalt-schaftlicher Sicht die Akteneinsicht wegen entgegenste-hender Zwecke des Strafverfahrens verweigert werdenmuss. Soweit darüber hinaus weitergehend Zwecke desStrafverfahrens einer Akteneinsicht entgegenstehen kön-nen, sind diese ebenfalls über § 477 Abs. 2 zu berück-sichtigen. Allerdings kann eine Versagung der Aktenein-sicht hier wohl nur bei einer schwerwiegenden Gefähr-dung des Untersuchungszwecks oder einer erheblichenzeitlichen Verzögerung des Strafverfahrens in Betrachtkommen.

Schon im Hinblick auf die allgemeine Begrenzung, dassAkteneinsicht nur soweit erforderlich gewährt werdendarf (§ 474 Abs. 2, § 475, § 476), sind die Strafverfah-rensakten so zu führen, dass ggf. Teile von Akten, z. B.Berichte der Jugendgerichtshilfe oder Sachverständigen-

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29 – Drucksache 14/1484

gutachten, besonders gekennzeichnet sind und im Falleeines grundsätzlich berechtigten Verlangens nach Akten-einsicht von den übrigen Akten ohne unverhältnismäßi-gen Aufwand getrennt werden können. Andernfalls wäredie gesamte Akte für das grundsätzlich berechtigte Ein-sichtsverlangen gesperrt.

Die Einzelheiten zur Aktenführung (etwa Anlage einesSonderheftes für besondere Teile der Akte) können inden RiStBV geregelt werden.

Absatz 2 Satz 2 schränkt die Übermittlung von Informa-tionen ein, die durch Strafverfolgungsmaßnahmen ge-wonnen wurden, die mit einem tiefgehenden Eingriff inGrundrechte verbunden sind, wie z. B. Rasterfahndung,Überwachung des Fernmeldeverkehrs, Einsatz techni-scher Mittel, akustische Wohnraumüberwachung oderEinsatz eines Verdeckten Ermittlers, wenn und soweitfür die Ermittlungsbehörden erkennbar, also ohne weite-re Nachforschungen ersichtlich ist, dass die Informatio-nen gerade und nur durch eine der genannten, besonde-ren Maßnahmen gewonnen wurden. Die Übermittlungdieser Erkenntnisse ist beschränkt auf die Abwehr einererheblichen Gefahr, die Zwecke, für die eine Übermitt-lung nach § 18 des Bundesverfassungsschutzgesetzeszulässig ist sowie die Zwecke eines – anderen – Straf-verfahrens. Unberührt bleiben die an anderen Stellender StPO getroffenen Regelungen über die Verwendungaufgrund besonderer Ermittlungsmaßnahmen erlangterErkenntnisse in anderen Strafverfahren (z. B. §§ 100bAbs. 5, 100d Abs. 5).

Durch die Regelung in Satz 3 sollen wissenschaftlicheForschungen auch in Hinblick auf die in Satz 2 genann-ten Maßnahmen, also z. B. die Telefonüberwachung,ermöglicht werden.

Satz 4 stellt schließlich klar, dass für die Verwendungpersonenbezogener Informationen aus Strafverfahrendurch die Polizei § 481 als Spezialvorschrift gilt.

Absatz 3 schränkt die Auskunftserteilung und Aktenein-sicht an nicht-öffentliche Stellen ein. In Fällen des Frei-spruchs, der Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfah-rens, der Verfahrenseinstellung oder einer nicht in dasFührungszeugnis aufzunehmenden (§ 32 Abs. 2 BZRG),seit mehr als zwei Jahren rechtskräftigen Entscheidung,setzt Akteneinsicht oder Auskunftserteilung ein glaub-haft gemachtes rechtliches Interesse an der Kenntnis unddas Fehlen eines schutzwürdigen Interesses des Betrof-fenen an der Versagung der Akteneinsicht bzw. Aus-kunftserteilung voraus.

Absatz 4 stellt die Verantwortlichkeit für die Zulässig-keit der Übermittlung klar.

Gemäß Absatz 5 dürfen personenbezogene Informatio-nen, die nach den §§ 474, 475 übermittelt worden sind,grundsätzlich nur zu dem Zweck verwendet werden, fürden die Auskunft oder Akteneinsicht nach diesen Vor-schriften gewährt wurde. Eine Verwendung für andereZwecke ist zulässig, soweit dafür Auskunft oder Akten-einsicht gewährt werden dürfe und im Falle des § 475die Stelle, die die Auskunft oder Akteneinsicht gewährthat, der beabsichtigten Verwendung für den anderenZweck zustimmt. Außerdem ist in den in Satz 3 genann-

ten Fällen einer Auskunftserteilung der Empfänger aufdie Zweckbindung hinzuweisen. Mit diesen Regelungensoll eine unzulässige zweckfremde Verwendung erlang-ter Informationen verhindert werden.

Satz 1 stellt grundsätzlich die Zweckbindung klar. Diesverpflichtet die in den §§ 474, 475 genannten Stellen,also auch Rechtsanwälte und ihre Mandanten, die Aus-künfte erhalten haben, die erlangten Erkenntnisse nur zudem Zweck zu verwenden, für den die Auskunft oderAkteneinsicht gewährt wurde.

Satz 2 erlaubt jedoch eine Verwendung auch für andereZwecke, die für den Fall der Auskunftsgewährung oderAkteneinsicht an private Stellen enger ausgestaltet ist alsfür den Fall des § 474, weil zusätzlich für die weiterge-hende Verwendung die Zustimmung der Stelle einzuho-len ist, die ursprünglich die Auskunft oder Akteneinsichtgewährt hat.

Kein Fall einer Verwendung für andere Zwecke imSinne des Satzes 2, also eine Verwendung noch imRahmen der Zweckbindung nach Satz 1 liegt vor, wenndie übermittelten personenbezogenen Informationen imBereich des Empfängers zur Wahrnehmung von Auf-sichts- und Kontrollbefugnissen, zur Rechnungsprüfung,zur Durchführung von Organisationsuntersuchungen fürdie aktenführende Stelle oder zu Ausbildungs- und Prü-fungszwecken verwendet werden (vgl. § 14 Abs. 3BDSG und die entsprechenden Regelungen in den Lan-desdatenschutzgesetzen). Eine Zweckänderung liegt z. B.auch dann nicht vor, wenn Informationen aus einemStrafverfahren einem anderen Gericht für Zwecke einesEilverfahrens übermittelt worden sind und später ineinem dem Eilverfahren nachfolgenden Hauptverfahrenverwendet werden.

Selbstverständlich ist, dass die übermittelten Informatio-nen auch dann für einen anderen Zweck verwendet wer-den dürfen, soweit eine spezialgesetzliche Regelung aus-drücklich und gerade die Verwendung von Informatio-nen aus einem Strafverfahren auch für einen bestimmtenanderen Zweck erlaubt.

Die in Satz 3 geregelte Verpflichtung, auf die Zweckbin-dung besonders hinzuweisen, wenn personenbezogeneInformationen ohne Einschaltung eines Rechtsanwaltesübermittelt worden sind, will die Beachtung der Zweck-bindung sicherstellen. Es liegt in der Natur der Sacheund bedarf daher keiner ausdrücklichen gesetzlichenRegelung, dass der Hinweis auf die Zweckbindung durchdie Auskunft gewährende Stelle zu erfolgen hat.

Keine Hinweispflicht besteht, wenn die Auskunft oderAkteneinsicht an einen Rechtsanwalt erfolgt, weil esebensowenig wie im Fall der Übermittlung von Infor-mationen an öffentliche Stellen erforderlich ist, einenals Organ der Rechtspflege tätigen Rechtsanwalt auf dieZweckbindung hinzuweisen.

Die Vorschrift regelt keine Pflicht, den Betroffenen da-von zu unterrichten, dass einer privaten Stelle (§ 475)Auskunft oder Akteneinsicht gewährt wurde. Abgesehendavon, dass eine solche Mitteilungspflicht zu einer nichtvertretbaren Belastung der Strafjustiz und in Einzelfällensogar zur Gefährdung des Untersuchungszwecks führen

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Drucksache 14/1484 – 30 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

könnte, besteht hierfür kein Bedürfnis. Denn es ist davonauszugehen, dass diejenigen, die von einer Auskunftoder Akteneinsicht gemäß § 475 betroffen werdenkönnten (im wesentlichen Beschuldigte oder durch dieStraftat Verletzte), in der Regel damit rechnen werden,dass sie betreffende Informationen aus dem Strafverfah-ren an private Stellen mit schutzwürdigen Interessenübermittelt werden könnten, zumal der Empfängerkreisschon nach § 475 eng begrenzt ist (vgl. zu § 475) und dieÜbermittlung durch § 477 Abs. 2 und 3 weiter einge-schränkt wird.

§ 478

Die Vorschrift enthält Verfahrensregelungen zur Aus-kunftserteilung aus Akten eines Strafverfahrens und zurAkteneinsicht. Sie erfasst damit auch die Verhandlungender Polizei nach § 163 Abs. 2 Satz 1.

Absatz 1 und 3 entsprechen im wesentlichen § 406eAbs. 4. Die Vereinheitlichung der Regelungen über dieZuständigkeit und die Rechtsmittelbefugnis ist sach-gerecht.

Absatz 1 Satz 1 begründet für die Entscheidung über dieAuskunftserteilung und die Gewährung der Akten-einsicht die Zuständigkeit der jeweils aktenführendenStelle. Auch wenn sich die Ermittlungsakten bei derPolizei befinden, entscheidet grundsätzlich die gemäßAbsatz 1 Satz 1 zuständige Stelle. Will die PolizeiAkteneinsicht in bei ihr befindliche Strafverfahrensaktenoder Auskünfte aus diesen erteilen, etwa für Schadenser-satzansprüche, so ist die Entscheidung der nach Absatz 1Satz 1 zuständigen Stelle herbeizuführen. Diese Rege-lung entspricht bereits geltendem Recht (§ 406e Abs. 4)und folgt insbesondere aus der Leitungsfunktion und derVerantwortung der in Absatz 1 Satz 1 genannten Stellenfür das Verfahren. Soweit und solange einer Finanzbe-hörde staatsanwaltschaftliche Befugnisse zustehen(§ 386 Abs. 1, 2 AO), ist sie nach Absatz 1 Satz 1 ent-scheidungsbefugt.

Absatz 1 Satz 1 gilt auch für die Akteneinsicht nach§ 476. Dies erscheint grundsätzlich erforderlich, weil nurdie das Verfahren führende Staatsanwaltschaft und dasGericht unter Berücksichtigung der jeweiligen Verfah-renssituation im Einzelfall beurteilen können, ob dieAkten für wissenschaftliche Zwecke im Zeitpunkt derAnforderung zur Verfügung gestellt werden können oderwichtige, gemäß §§ 476, 477 zu beachtende Gründe ent-gegenstehen. Die Regelung entspricht damit weitgehendNummer 185a Abs. 3 RiStBV. Sie schließt nicht aus,dass für wissenschaftliche Vorhaben, bei denen Aktenmehrerer Staatsanwaltschaften benötigt werden, die ge-meinschaftliche übergeordnete Behörde durch entspre-chende Berichtspflichten und Weisungen auf eine ein-heitliche Entscheidung hinwirkt; hierzu bedarf es keinerRegelung in der StPO.

Die Sätze 2 und 3 erlauben der Staatsanwaltschaft auchnach Klageerhebung Auskünfte zu erteilen und im Er-mittlungsverfahren die Polizeibehörde, bei der sich dieAkten zu Ermittlungszwecken befinden, zur Auskunfts-erteilung und Akteneinsicht an andere Strafverfolgungs-behörden und private Stellen (§ 475) zu ermächtigen.

Die Befugnis zur Ermächtigung der Polizeibehörde ent-spricht der Leitungsfunktion der Staatsanwaltschaft,dient deren Entlastung und legalisiert eine derzeit ineinigen Ländern geübte Praxis.

Satz 4 stellt die Informationsübermittlung zwischenPolizeibehörden für Zwecke der Strafverfolgung (vgl.§ 474 Abs. 1) von der Entscheidung nach Satz 1 frei.Dies dient der Vereinfachung und Beschleunigung derInformation und damit der Effektierung der Strafverfol-gung.

Absatz 2 berücksichtigt, dass die gemäß Absatz 1 zurEntscheidung berufene Stelle hinsichtlich beigezogenerAkten möglicherweise nicht hinreichend beurteilen kann,ob und welche Bedenken gegen eine Auskunftserteilungoder Einsichtsgewährung bestehen. Er stellt des weiterenklar, dass eine Zustimmung anderer Stellen zur Aus-kunftserteilung oder Akteneinsicht nur erforderlich ist,wenn und soweit deren Akten nicht Aktenbestandteilebei der Auskunft erteilenden oder Akteneinsicht gewäh-renden Behörde geworden sind. Werden etwa Verfahrenmiteinander verbunden oder aus herangezogenen AktenFotokopien gefertigt und diese dann zu den Akten desStrafverfahrens genommen, ist eine Zustimmung nichterforderlich. Die nach Absatz 1 zuständige Stelle trägtdann jedoch die Verantwortung für die Entscheidungauch bezüglich der Aktenbestandteil gewordenen Infor-mationen. Sie hat insbesondere zu prüfen, ob der Infor-mationsübermittlung aus diesen Aktenteilen besonderespezialgesetzliche Verwendungsregelungen, die etwa mitder ursprünglichen Informationserhebung zu anderenZwecken zusammenhängen, z. B. nach der AO oder demSGB, entgegenstehen. Meint die nach Absatz 1 entschei-dungsbefugte Stelle, dies nicht hinreichend beurteilen zukönnen, so ist es ihr unbenommen, die Entscheidung voneiner Zustimmung der Stelle abhängig zu machen, ausderen Akten diese Aktenteile stammen. Absatz 2 regeltferner, dass der Antragsteller sich um eine ggf. erforder-liche Zustimmung der anderen Stellen kümmern und sienachweisen muss. Hierdurch wird verhindert, dass dieJustizbehörden durch Nachfragen bei anderen Stellen mitweiterem Verwaltungsaufwand belastet werden.

Absatz 3 entspricht § 406e Abs. 4. Unberührt von derRegelung des § 478 Abs. 3 bleibt die spezielle Verfah-rensvorschrift in § 99 Abs. 2 VwGO: Die Regelung desRechtsmittels in § 478 Abs. 3 gilt nur für den Fall derAkteneinsicht oder Auskunft an Private gemäß § 475.Das Verwaltungsgericht erhält aber Akteneinsicht nach§ 474, so dass in diesen Fällen auch die spezielle Verfah-rensvorschrift des § 99 Abs. 2 VwGO heranzuziehen ist.

§ 479

Die Vorschrift regelt die Zulässigkeit der Informations-übermittlung von Amts wegen für Zwecke der Strafver-folgung (Absatz 1) und für die in Absatz 2 Nummern 1bis 3 genannten Zwecke. Der Sache nach handelt es sichum eine „Spontanauskunft“ ohne Auskunftsersuchen.Diese kann z. B. notwendig sein, wenn eine Strafverfol-gungsbehörde erkennt, dass die in einem Strafverfahrenangefallenen Erkenntnisse auch für Zwecke der Strafver-folgung in einem anderen Strafverfahren, das bei einer

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31 – Drucksache 14/1484

anderen Strafverfolgungsbehörde anhängig ist, erforder-lich sind. Mitteilungen für verfahrensbezogene und ver-fahrensinterne Zwecke, wie z. B. zur Durchführung desTäter-Opfer-Ausgleichs in anhängigen Verfahren, unter-fallen nicht § 479.

Durch Absatz 2 wird die in § 14 Abs. 1 Nr. 1 bis 3EGGVG enthaltene gleichlautende Regelung überflüssig(Artikel 7).

§ 480

Die Vorschrift stellt klar, dass besondere gesetzlicheRegelungen, die die Übermittlung personenbezogenerInformationen aus Strafverfahren zulassen, unberührtbleiben. Solche besonderen gesetzlichen Übermittlungs-regelungen, die ein Akteneinsichts- bzw. Auskunftsrechtbegründen können, finden sich z. B. in § 117b BRAO.Hierzu gehören auch die Regelungen, die eine Aus-kunftspflicht gegenüber den Rechnungshöfen statuieren(z. B. in § 95 BHO).

§ 481

§ 481 regelt, unter welchen Voraussetzungen die Poli-zeibehörden personenbezogene Informationen aus Straf-verfahren für Zwecke der Gefahrenabwehr verwendendürfen. Eine solche Öffnungsklausel ist vor dem Hinter-grund der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung erfor-derlich, weil Informationen, die ausschließlich für Zwe-cke der Strafverfolgung erhoben worden sind, bei einerNutzung für präventive Zwecke eine Zweckänderung er-fahren, auch wenn die Polizei bereits im Besitz der frag-lichen Informationen ist.

Absatz 1 gestattet in einer Generalklausel die Verwen-dung personenbezogener Informationen aus Strafverfah-ren nach Maßgabe der Polizeigesetze für Zwecke derGefahrenabwehr. Damit ist auch die vorbeugendeVerbrechensbekämpfung umfasst. Der weitgefasste, ge-nerelle Rückgriff auf die Polizeigesetze ist als grundsätz-licher Maßstab sachgerecht, weil ansonsten die effektiveErfüllung der Aufgabe Gefahrenabwehr beeinträchtigtwerden könnte. Es wäre schwer verständlich, wenn diePolizei Informationen, über die sie verfügt und die siedamit nicht noch einmal erheben muss, nicht zur Gefah-renabwehr nutzen dürfte, nur weil die Informationen ausStrafverfahren stammen. Der am Sprachgebrauch desBundesdatenschutzgesetzes ausgerichtete Begriff desVerwendens umfasst – wie dort – das Verarbeiten undNutzen der Daten.

Absatz 2 schließt die Verwendung von Repressiver-kenntnissen für präventive Zwecke für die Fälle aus, indenen besondere bundesgesetzliche oder entsprechendelandesgesetzliche Verwendungsregelungen entgegenste-hen.

§ 482

Die Vorschrift ersetzt (Artikel 9) an systematisch richti-ger Stelle die als Übergangsregelung konzipierte gleich-lautende Vorschrift des Artikels 32 des Justizmittei-lungsgesetzes.

Zu den Polizeibehörden im Sinne der Vorschrift gehörenauch die in den §§ 402, 404 AO genannten zuständigenFinanzbehörden, die Zollfahndungsämter (einschließlichdes Zollkriminalamtes gemäß § 5a Abs. 3 FVG) und diemit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Lan-desfinanzbehörden.

§ 483

§ 483 regelt die Zulässigkeit der Speicherung, des Ver-änderns und Nutzens personenbezogener Daten durchStrafverfolgungsbehörden, Gerichte und Vollstreckungs-behörden für Zwecke des Strafverfahrens.

Absatz 1 gestattet in einer Generalklausel das Speichern,Verändern und Nutzen der Daten für Zwecke des – alsoeines bestimmten – Strafverfahrens, soweit dies für dasder Speicherung zugrundeliegende Strafverfahren erfor-derlich ist. Da das Strafverfahren aus den Verfahrens-abschnitten Ermittlungsverfahren oder vorbereitendes Verfahren, Zwischenverfahren, Hauptverfahren,Rechtsmittelverfahren bis zur Rechtskraft der gericht-lichen Entscheidung und Vollstreckungsverfahren be-steht, umfasst die Zweckbestimmung der Vorschrift alleAbschnitte des Strafverfahrens. Die Vorschrift enthältkeine Ermächtigung zur Erhebung personenbezogenerInformationen. Sie setzt vielmehr eine solche Erhe-bungsbefugnis voraus, d.h., geregelt wird allein die Be-fugnis zur Speicherung, Veränderung und Nutzung vonDaten, die gestützt auf die Generalermittlungsklausel des§ 161 oder durch eine spezielle Ermittlungsmaßnahme –z. B. eine polizeiliche Beobachtung oder durch den Ein-satz technischer Mittel – erhoben worden sind. Die Ent-scheidung für eine Generalklausel und damit der Ver-zicht auf eine stark ausdifferenzierte Regelung entsprichtden Bedürfnissen der Praxis. Verzichtet wurde darauf,die verschiedenen Arten der einzelnen Dateien festzule-gen sowie durch eine Aufzählung von Datenfeldern ge-setzlich die Daten zu umschreiben, die gespeichert wer-den dürfen. Eine bewertende Bestandsaufnahme der inder staatsanwaltschaftlichen und polizeilichen Praxis ge-führten Dateien hat gezeigt, dass eine solche gesetzlicheEingrenzung, bedingt durch die Unterschiedlichkeit dermöglichen und erforderlichen Daten sowie bedingt durchdie Spannbreite der notwendigen Datenfelder, die sichwiederum regelmäßig nach den fall- bzw. deliktsspezifi-schen Bedürfnissen der speichernden Stelle richtet, nichtmöglich ist. Eine eingrenzende Festlegung der Art derDatei sowie der zu speichernden Daten ergibt sich unter-halb der Ebene einer gesetzlichen Regelung über § 491durch die Errichtungsanordnung.Die gewählten Begriffe „speichern, verändern und nut-zen“ entstammen dem Sprachgebrauch des Bundesdaten-schutzgesetzes und sind dementsprechend zu interpretie-ren. Unter Speichern ist das „Erfassen, Aufnehmen oderAufbewahren personenbezogener Daten auf einem Da-tenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oderNutzung“ zu verstehen (§ 3 Abs. 5 Nr. 1 BDSG). Verän-dern meint das „inhaltliche Umgestalten gespeicherterpersonenbezogener Daten“ (§ 3 Abs. 5 Nr. 2 BDSG).„Nutzen ist jede Verwendung personenbezogener Daten,soweit es sich nicht um Verarbeitung handelt“ (§ 3Abs. 6 BDSG).

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Drucksache 14/1484 – 32 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Bindung der Befugnis an „Zwecke des Strafverfah-rens“ stellt klar, dass die Befugnis nur für Daten, die ausdem jeweiligen Strafverfahren stammen, eingeräumtwird. Die Bindung an den Erhebungszweck bleibt dem-nach erhalten. Soweit solche Daten gespeichert werdendürfen, erfasst diese Befugnis – ohne ausdrücklicheErwähnung im Gesetz – zugleich die Zulässigkeit derautomatisierten Verarbeitung der Daten durch die spei-chernde Stelle, z. B. also die automatisierte Bearbeitungim Strafbefehlsverfahren.Aus der Befugnis zur Speicherung, Veränderung undNutzung, nur soweit dies für Zwecke des Strafverfahrenserforderlich ist, folgt, dass die Aufrechterhaltung einerSpeicherung trotz rechtskräftigen Freispruchs, unan-fechtbarer Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfah-rens oder nicht nur vorläufiger Einstellung einer beson-deren Prüfung bedarf. Nach Verfahrensabschluss werdendie Verfahren überwiegen, in denen die Erforderlichkeitder Fortdauer einer Speicherung nicht gegeben ist. ImEinzelfall kann indes die Erforderlichkeit für eine weite-re Speicherung bestehen. Sie wird z. B. zu bejahen seinbei einem rechtskräftigen Freispruch im Falle eines vonder Staatsanwaltschaft in Erwägung gezogenen Wieder-aufnahmeverfahrens (§§ 359 ff.), bei einer unanfecht-baren Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens imFalle der Erwartung neuer Tatsachen oder Beweismittel(§ 211), bei einer Einstellung im Falle der Möglichkeitder Wiederaufnahme der Ermittlungen (z. B. § 154Abs. 3, 4) usw. Bei Verfahrenseinstellungen nach § 170Abs. 2 kann die Erforderlichkeit der Fortdauer der Spei-cherung insbesondere in den Fällen bestehen, in denender Täter nicht zu ermitteln war, in denen ein genügen-der Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage nichtbejaht wurde, aber vor Ablauf der Verjährungsfrist neueBeweise erwartet werden, und in den Fällen, in denendie Möglichkeit der Klageerzwingung noch besteht(§§ 172 f.).Absatz 2 stellt klar, dass eine Nutzung der gespeichertenDaten für andere Strafverfahren zulässig ist. Einmal fürZwecke eines Strafverfahrens erhobene Daten dürfen,soweit nicht besondere Verwendungsbeschränkungenbestehen, auch für andere Strafverfahren genutzt werden.Dem trägt die Vorschrift Rechnung, indem sie ausdrück-lich klarstellt, dass die zunächst in Absatz 1 ausgespro-chene strenge Bindung an ein Strafverfahren nicht gilt,soweit es um die Nutzung der Informationen geht. Eswäre auch nicht verständlich, wenn bereits gespeicherteund damit vorhandene Informationen nicht für ein ande-res Verfahren genutzt werden dürften, etwa Informatio-nen zum persönlichen Umfeld eines Beschuldigten ineinem späteren Verfahren gegen denselben Beschuldig-ten. Eine solche Beschränkung würde zu unnötigenDoppelerhebungen und -speicherungen führen. Gleichesgilt für Gnadensachen und die internationale Rechtshilfein Strafsachen. Unberührt bleiben des weiteren die Ver-wendungs- und die Übermittlungsbefugnisse nach den§§ 481, 488.Absatz 3 bestimmt, dass sich die Verarbeitung und Nut-zung personenbezogener Daten in Dateien der Polizeiund die Rechte der Betroffenen nach dem für die spei-chernde Stelle geltenden Polizeigesetz richten, wenn inder polizeilichen Datei neben Strafverfahrensdaten auch

Daten gespeichert sind, deren Speicherung sich nach denPolizeigesetzen richtet. Diese Regelung trägt dem Um-stand Rechnung, dass der polizeiliche Datenbestandweitestgehend multifunktional (repressiv und präventivzugleich) ist und sich das einzelne Datum häufig nichteindeutig als Strafverfahrens- oder als Gefahrenabwehr-information bezeichnen lässt. Sie vermeidet außerdem insolchen Fällen einen erhöhten Verwaltungsaufwand derPolizei.

§ 484

Die Vorschrift regelt die Zulässigkeit der Speicherung,Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ausStrafverfahren für Zwecke künftiger Strafverfahren. Sieerlaubt keine Datenerhebung, sondern nur das vorsorg-liche Aufbewahren von Daten, die bereits in einemStrafverfahren für dessen Zwecke erhoben wurden. Zu-lässigkeit und Grenzen der Übermittlung und Nutzungdieser Daten für sonstige Zwecke ergeben sich – wie bei§ 483 – aus §§ 481, 488.

Absatz 1 regelt den Umfang der Daten, die gespeichert,verändert und genutzt werden dürfen, enumerativ. DerDatenumfang begrenzt die Dateien auf sog. Aktenhin-weissysteme.

Die Begriffe „speichern, verändern und nutzen“ sind imSinne der Begriffsbestimmung des Bundesdatenschutz-gesetzes zu verstehen; insoweit wird auf die Ausführun-gen zu § 483 Bezug genommen.

Absatz 2 gestattet unter einengenden Voraussetzungendie Speicherung, Veränderung und Nutzung weitererpersonenbezogener Daten von Beschuldigten und Tat-beteiligten. Über die in Absatz 1 genannten Datenhinausgehende weitere Daten von Beschuldigten undTatbeteiligten können danach für Zwecke künftigerStrafverfahren bevorratet werden, wenn Grund zu derAnnahme besteht, dass weitere Strafverfahren gegen denBeschuldigten zu führen sind, sei es, dass die Gefahreiner künftigen Straftatbegehung begründet erscheint, seies, dass Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass mit einemkünftigen Strafverfahren wegen einer bereits begangenenStraftat zu rechnen ist. Bei Bewertung dieser Frage sindneben der Persönlichkeit des Beschuldigten oder Tatbe-teiligten alle Umstände des Strafverfahrens zu berück-sichtigen, die Rückschlüsse auf ein Erfordernis einerSpeicherung personenbezogener Daten für Zweckekünftiger Strafverfahren über Absatz 1 hinausgehendzulassen. Nicht ausreichend ist, dass weitere gegen denBeschuldigten oder Tatbeteiligten zu führende Strafver-fahren nicht ausgeschlossen werden können. Vielmehrmuss positiv festgestellt werden, ob Anhaltspunkte hier-für vorliegen.

Satz 2 bestimmt, dass eine Speicherung personenbezo-gener Daten für Zwecke künftiger Strafverfahren inFällen eines rechtskräftigen Freispruchs, einer unan-fechtbaren Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfah-rens oder einer nicht nur vorläufigen Einstellung unzu-lässig ist, wenn sich aus den Gründen der Entscheidungergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nichtrechtswidrig begangen hat. Dies entspricht der auch in§ 8 Abs. 3 BKAG enthaltenen Regelung.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 33 – Drucksache 14/1484

Absatz 3 bestimmt, dass für ihren jeweiligen Geschäfts-bereich das Bundesministerium der Justiz und die Lan-desregierungen die näheren Einzelheiten durch Rechts-verordnung festlegen. Es ist dabei lediglich eine Rechts-verordnung für alle Dateien in dem jeweiligen Ge-schäftsbereich erforderlich; es bedarf nicht für jede ein-zelne Datei einer Rechtsverordnung. In der Rechtsver-ordnung sind die erforderlichen Konkretisierungen fürdie Speicherung weiterer Daten für Zwecke künftigerStrafverfahren gemäß Absatz 2 Satz 1 vorzunehmen,insbesondere das Nähere über die Art der zu speichern-den Daten festzulegen. Dies ist erforderlich, weil Absatz 2generalklauselartig gestaltet ist. Da in der gesetzlichenRegelung darauf verzichtet wurde, die verschiedenenArten der einzelnen Dateien festzulegen und durch Auf-zählung von Datenfeldern die Daten gesetzlich zu um-schreiben, die gemäß Absatz 2 Satz 1 gespeichert werdendürfen, sind diese Eingrenzungen jeweils in einerRechtsverordnung vorzunehmen. Weitere Einzelheitenkönnen außerdem in den Errichtungsanordnungen(§ 491) festgelegt werden. Satz 2 stellt klar, dass eineRechtsverordnung nicht für „flüchtige“ Dateien (§ 18Abs. 3 BDSG) erforderlich ist.

Absatz 4 regelt, dass sich die der Gefahrenabwehr die-nenden Polizeidateien und die Verwendung der darinenthaltenen personenbezogenen Informationen grund-sätzlich nach den einzelnen Polizeigesetzen der Länderrichten, bei Verwendung der Daten für Zwecke eineskonkreten Strafverfahrens jedoch die Vorschriften derStPO maßgebend sind.

§ 485

Die Vorschrift regelt die Zulässigkeit der Speicherung,Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten inDateien für Zwecke der Vorgangsverwaltung. Aus den inden Erläuterungen zu § 483 genannten Gründen verzichtetdie Vorschrift auf eine differenzierte, einzelne Daten be-zeichnende gesetzliche Regelung und lässt gemäß Satz 1eine Speicherung in dem Umfange zu, in dem diese fürZwecke der Vorgangsverwaltung erforderlich ist. Die Er-forderlichkeit stellt zugleich die Begrenzung der Zulässig-keit des Speicherungsumfanges dar.

Nach Satz 2 ist eine Nutzung der nach dieser Vorschriftfür Zwecke der Vorgangsverwaltung gespeicherten Datenüber die reine Vorgangsverwaltung hinaus auch für Zwe-cke des Strafverfahrens zulässig; für Zwecke künftigerStrafverfahren ist eine Nutzung zulässig, soweit die Spei-cherung auch nach § 484 zulässig wäre. Diese Erweite-rung der Nutzungsbefugnis über die reine Vorgangsver-waltung hinaus verfolgt den Zweck, die Stellen, die nurSpeicherungen nach § 485 vornehmen und auf zulässigeSpeicherungen nach §§ 483 und 484 verzichten, nichtschlechter zu stellen als die Stellen, die darüber hinausentsprechende Speicherungen vornehmen.

§ 486

Aus Absatz 1 ergibt sich, dass eine Speicherung derpersonenbezogenen Daten für die in den §§ 483 bis 485genannten Stellen auch in gemeinsamen Dateien zulässigist.

Für landesinterne gemeinsame Dateien gelten die jewei-ligen Landesdatenschutzgesetze. Für länderübergreifen-de Dateien ist eine Vereinbarung zwischen den betroffe-nen Ländern erforderlich.

Absatz 2 bestimmt für Schadensersatzansprüche einesBetroffenen, dass bei länderübergreifenden gemein-samen Dateien § 7 des Bundesdatenschutzgesetzes ent-sprechend gilt. Daraus folgt, dass bei gemeinsamenDateien innerhalb eines Landes auch insoweit die jewei-ligen landesrechtlichen Regelungen greifen.

§ 487

Die Vorschrift stellt sicher, dass bei einer Speicherungpersonenbezogener Daten in Dateien die aus Daten-schutzgründen erforderlichen Sicherungsvorkehrungengetroffen werden (vgl. § 9 BDSG).

§ 488

§ 488 regelt Zulässigkeit und Umfang der Übermittlungder gespeicherten Daten.

Absatz 1 gestattet die Übermittlung der nach den §§ 483,484 gespeicherten Daten sowie der nach § 485 gespei-cherten Daten, soweit dies für die in diesen Vorschriftengenannten Zwecke sowie für Zwecke eines Gnadenver-fahrens oder der internationalen Rechtshilfe in Straf-sachen erforderlich ist. Um Lücken zu vermeiden, ver-zichtet die Vorschrift auf die Benennung eines abge-schlossenen Empfängerkreises und gestattet die Über-mittlung an die „zuständigen Stellen“. Dies werden inerster Linie die in § 483 Abs. 1 genannten Stellen, dieVornahmebehörden und Bewilligungsbehörden für Zwe-cke der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen unddie Gnadenbehörden für Zwecke eines Gnadenverfah-rens sein, aber auch die Jugendgerichtshilfe. Zulässig istsomit die Übermittlung der nach §§ 483, 484 gespei-cherten Daten für bzw. in den Strafverfahren, in denendie Informationen ermittelt worden sind, und für alle an-deren Strafverfahren, zu denen auch die Vollstreckunggehört, sowie für die internationale Rechtshilfe in Straf-sachen und Gnadensachen. Die Übermittlung der nach§ 485 gespeicherten Daten ist zulässig für die Vorgangs-verwaltung, die in § 483 bezeichneten Zwecke und– soweit eine Speicherbefugnis nach § 484 besteht –auch für Zwecke künftiger Strafverfahren.

Absatz 2 bestimmt, dass eine Dateiauskunft anstelleeiner Akteneinsichtsgewährung oder Auskunftserteilungaus den Akten zulässig ist, wenn und soweit nach denVorschriften der StPO Akteneinsicht erteilt oder Aus-kunft aus den Akten gewährt werden könnte. Dies giltallgemein und damit auch für die Übermittlung vonInformationen aus Strafverfahren an Polizeibehörden zurAbwehr von Gefahren; die Vorschrift ergänzt insoweit§ 481. Voraussetzung und Rahmen einer Auskunft auseiner Datei sind identisch mit Voraussetzung und Rah-men einer Akteneinsichtsgewährung oder Auskunfts-erteilung aus den Akten.

Die Vorschrift dient der Entlastung der Justiz. Sie wirdinsbesondere in den Fällen zur Anwendung kommen, indenen eine Dateiauskunft weniger arbeitsbelastend und

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Drucksache 14/1484 – 34 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

schneller das Informationsbedürfnis des Anfragenden be-friedigen kann als die Gewährung von Akteneinsichtoder Erteilung von Auskünften aus den Akten.

Da Voraussetzung und Umfang einer Dateiauskunft i-dentisch sind mit der Akteneinsichtsgewährung oderAuskunftserteilung aus den Akten, gestattet Absatz 2keine über eine Akteneinsicht oder Aktenauskunft hi-nausgehende Auskunftserteilung. So sind z. B. Register-anfragen dahingehend, ob gegen eine bestimmte Personein Verfahren anhängig ist oder gewesen ist, nichtgestattet.

Absatz 3 stellt die Verantwortlichkeit für die Zulässig-keit der Datenübermittlung klar.

Absatz 4 klärt, dass die nach den §§ 483 bis 485 gespei-cherten Daten auch für wissenschaftliche Zwecke über-mittelt werden dürfen. § 476 ist entsprechend anwend-bar.

Absatz 5 bestimmt, dass nach spezialgesetzlichen Vor-schriften zulässige Übermittlungen, soweit diese Über-mittlungen von Daten aus einem Strafverfahren zulassen,durch die Vorschrift nicht gesperrt werden. Diese Spe-zialregelungen müssen sich ausdrücklich auf Daten ausStrafverfahren beziehen. Im übrigen ist diese strafverfah-rensrechtliche Übermittlungsregelung abschließend.

Absatz 6 enthält die notwendige Zweckbindungsrege-lung. Übermittelte Daten dürfen nur zu dem Zweck ver-wendet werden, für den sie übermittelt worden sind oderhätten übermittelt werden dürfen.

§ 489

Die Vorschrift regelt die Zulässigkeit einer Einrichtungeines automatisierten Abrufverfahrens (on-line-Verfah-ren) für die Übermittlung von Daten nach § 488 Abs. 1zwischen den in § 483 Abs. 1 genannten Stellen, also anStrafverfolgungsbehörden und Strafgerichte und, soweites sich um Übermittlungen der nach den §§ 483, 485gespeicherten Daten handelt, darüber hinaus an Vollstre-ckungsbehörden, Bewährungshelfer, Aufsichtsstellen beiFührungsaufsicht und Gerichtshilfe für die in denjeweiligen Vorschriften bezeichneten Zwecke. Die Vor-schrift legt die Voraussetzungen für die Einrichtungeines automatisierten Abrufverfahrens fest. Dieses Ver-fahren muss unter Berücksichtigung der schutzwürdigenInteressen der Betroffenen und der Erfüllung der Aufga-ben des Empfängers angemessen sein. Die Angemessen-heit kann z. B. bei einem Bedürfnis nach besondersschneller Auskunft gegeben sein sowie bei einem sehrgroßen Umfang von Übermittlungen (Massenübermitt-lungen).

Absatz 2 schreibt durch die entsprechende Anwendbar-keit des § 10 Abs. 2 BDSG vor, welche Einzelheitenüber das automatisierte Abrufverfahren vor Einrichtungfestzulegen sind.

Dies sind: Anlass und Zweck des Abrufverfahrens,Datenempfänger, Art der zu übermittelnden Daten unddie nach § 9 des BDSG erforderlichen technischen undorganisatorischen Maßnahmen, soweit diese nicht schondurch § 486 sichergestellt sind. Die schriftlichen Fest-

legungen bedürfen der Zustimmung der für die amautomatisierten Abrufverfahren Beteiligten zuständigenLandesjustizverwaltungen oder – bei Speicherung oderAbruf durch eine öffentliche Stelle des Bundes – desBundesjustizministeriums.

Absatz 3 regelt die Verantwortlichkeit für die Zulässig-keit der Abrufe im Einzelfall und stellt sicher, dass dieÜbermittlung personenbezogener Daten zumindest durchgeeignete Stichprobenverfahren festgestellt und über-prüft werden kann. Die in Satz 5 enthaltene Zweckbin-dung der Verwendung der bei den Stichproben anfallen-den Protokolldaten umfasst, also erlaubt auch die Ver-wendung zur Ahndung unbefugter Abrufe.

§ 490

Die Vorschrift regelt die Berichtigung, Löschung undSperrung von Daten in Dateien nach den §§ 483 bis 485.Sie gilt nicht, soweit sich die Verwendung nach demPolizeirecht richtet (§ 484 Abs. 4).

Absatz 1 verpflichtet die speichernde Stelle, unrichtigepersonenbezogene Daten zu berichtigen. Diese Ver-pflichtung besteht unabhängig von einem Antrag desBetroffenen, z. B. wenn sich die Unrichtigkeit anlässlicheiner Bearbeitung ergibt.

Absatz 2 bestimmt, dass in Dateien gespeicherte perso-nenbezogene Daten zu löschen sind, wenn ihre Speiche-rung unzulässig ist, oder wenn sich aus Anlass einer Ein-zelfallbearbeitung ergibt, dass die Kenntnis der Daten fürdie in den jeweiligen Vorschriften bezeichneten Spei-cherzwecke (§ 483 – für Zwecke des Strafverfahrens;§ 484 – für Zwecke künftiger Strafverfahren; § 485 – fürZwecke der Vorgangsverwaltung) nicht mehr erforder-lich ist. Satz 2 bestimmt weitere Löschungsvorausset-zungen differenziert nach dem Speicherzweck. Danachsind zu löschen in einer Strafverfahrensdatei (§ 483)gespeicherte Daten grundsätzlich mit Verfahrenserledi-gung, in einer Datei für Zwecke künftiger Strafverfahren(§ 484) gespeicherte Daten, soweit das Ergebnis der nachAbsatz 4 vorzunehmenden Prüfung ist, dass die Kenntnisder Daten für den Speicherzweck nicht mehr erforderlichist, und in einer Vorgangsverwaltungsdatei (§ 485)gespeicherte Daten nach Wegfall der Erforderlichkeit derSpeicherung.

Absatz 3 bestimmt, was als Verfahrenserledigung gilt.Satz 3 ermöglicht, die für Zwecke des Strafverfahrensgespeicherten Daten so lange verfügbar zu halten, wiedas Strafverfahren betrieben bzw. fortgesetzt werdenkann.

Absatz 4 bestimmt Aussonderungsprüffristen bei Spei-cherungen für Zwecke künftiger Strafverfahren (§ 484).

Die Fristen betragen (entsprechend der in § 32 Abs. 3BKAG enthaltenen Regelung) bei Beschuldigten, die zurTatzeit das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatten, zehnJahre, bei Jugendlichen fünf Jahre, in den Fällen desrechtskräftigen Freispruchs, der unanfechtbaren Ableh-nung der Eröffnung des Hauptverfahrens und der nichtnur vorläufigen Verfahrenseinstellung drei Jahre, bei zurTatzeit nicht Strafmündigen zwei Jahre. Die letztge-nannte Frist trifft keine Aussage über die Frage einer

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 35 – Drucksache 14/1484

grundsätzlichen Zulässigkeit einer solchen Speicherungentsprechender personenbezogener Informationen. ImRegelfall werden Speicherungen personenbezogenerInformationen von zur Tatzeit Strafunmündigen nichterforderlich und deswegen unzulässig sein. Es sind je-doch Einzelfälle nicht auszuschließen, in denen Datenvon zur Tatzeit Strafunmündigen gespeichert wordensind, etwa wenn ihr Alter im Zeitpunkt der Speicherungnicht bekannt war. Für diese Fälle ist die Aussonde-rungsprüffrist von Bedeutung.

Absatz 5 bestimmt, dass die speichernde Stelle an dieAussonderungsprüffristen insoweit nicht gebunden ist,als sie kürzere Prüffristen festlegen kann.

Absatz 6 regelt, dass eine Löschung unterbleibt, wennvor Fristablauf ein weiteres Verfahren gespeichert wird,es sei denn, eine Speicherung ist unzulässig oder dieKenntnis der Daten für den jeweiligen Zweck nicht mehrerforderlich.

Absatz 7 regelt weitere Fälle, in denen ausnahmsweiseeine Löschung der Daten unterbleibt. Die Regelung inSatz 1 Nr. 1 verfolgt das Ziel, für den Betroffenenpotentiell günstige Informationen verfügbar zu erhalten.Dieser soll davor geschützt werden, dass er durch denendgültigen Verlust von Daten oder BeweismittelnNachteile erleidet. Wann eine Beeinträchtigung schutz-würdiger Belange der betroffenen Person vorliegt, lässtsich nicht abstrakt – generell definieren. Vielmehr mussunter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfallesgeprüft werden, ob dem Betroffenen durch die LöschungNachteile entstehen. Auch soweit die Behebung einerbestehenden Beweisnot ausschließlich durch Aufrechter-haltung der Speicherung möglich ist, unterbleibt eineLöschung. Ein weiterer Fall des Unterbleibens der Lö-schung von Daten trotz Eintritts der Löschungsreife istdie Notwendigkeit zusätzlicher Nutzung der für andereZwecke gespeicherten Daten in einem bereits laufendenForschungsvorhaben (Nummer 2). Des weiteren werdendie Daten nur gesperrt, wenn eine Löschung wegen derArt der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismä-ßigem Aufwand möglich ist (Nummer 3). Sperren be-deutet das Kennzeichen gespeicherter personenbezoge-ner Daten, um ihre weitere Verarbeitung oder Nutzungauszuschließen.

Satz 2 regelt den Fall der Sperrung, wenn Daten nur zurDatensicherung oder Datenschutzkontrolle gespeichertsind.

Satz 3 enthält eine Zweckbindungsklausel.

Absatz 8 regelt eine Nachberichtspflicht. Die Mitteilungkann unterbleiben, wenn keine Anhaltspunkte bestehen,dass sie zur Wahrung schutzwürdiger Interessen desBetroffenen erforderlich ist.

Nach Absatz 9 können die Datenträger anstelle derLöschung der Daten an ein Staatsarchiv abgegeben wer-den, soweit besondere archivrechtliche Regelungen diesvorsehen. In diesen Fällen verbleiben keine Daten, ins-besondere keine Kopien bei der speichernden Stelle. DieRegelung soll ermöglichen, dass personenbezogeneDaten, die zu löschen wären, einem Staatsarchiv ange-boten werden können und, sofern ihnen z. B. bleibender

Wert im Sinne von § 3 Bundesarchivgesetz zukommt,übergeben werden können. Absatz 9 stellt somit klar,dass § 490 keine archivrechtlichen Regelungen vor-gehende Rechtsvorschrift über die Vernichtung vonUnterlagen ist.

§ 491

Die Vorschrift regelt das Erfordernis einer Errichtungs-anordnung sowie deren Inhalt durch die speicherndeStelle. Die Errichtungsanordnung dient sowohl derEigenkontrolle der Stelle, die eine Datei errichtet, alsauch der externen Kontrolle, z. B. durch den Beauftrag-ten für den Datenschutz. Sie ist im übrigen für einengeordneten Betrieb einer Datei unerlässliche Vorausset-zung.

§ 492

Absatz 1 regelt, dass die Auskunftserteilung an einenBetroffenen nach § 19 des Bundesdatenschutzgesetzeserfolgt. Der Begriff des Betroffenen richtet sich dabeinach § 3 BDSG. Die Regelung gilt nicht für Verfahrens-beteiligte und für Auskünfte und Akteneinsicht nach§ 475. Die Auskunft aus Akten wird durch die Regelungnicht berührt; sie richtet sich nach den Datenschutzgeset-zen, die allgemein einen Anspruch des Betroffenen aufAuskunft aus Akten öffentlicher Stellen vorsehen.

Nach Absatz 2 kann sich der Betroffene, sofern er beigemeinsamen Dateien die speichernde Stelle nicht fest-stellen kann, an jede an der gemeinsamen Datei betei-ligte speicherungsberechtigte Stelle wenden, die den sichaus § 19 des Bundesdatenschutzgesetzes ergebendenAuskunftspflichten im Einvernehmen mit der Stellenachkommen muss, die die Daten in die gemeinsameDatei eingegeben hat.

Zu den Nummern 16 bis 19

Insoweit handelt es sich um reine Folgeänderungen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Zehnten BuchesSozialgesetzbuch)

Durch § 78 Abs. 4 SGB X wird die Verarbeitung oderNutzung von Sozialdaten, die für ein Strafverfahrenübermittelt wurden, zu Zwecken wissenschaftlicherForschung zugelassen. Für sie gilt nicht § 75 SGB X,sondern §§ 476, 488 Abs. 4 StPO.

Zu Artikel 3 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Die vorgeschlagene Ergänzung des § 203 Abs. 2 StGBum eine neue Nummer 6 steht im Zusammenhang mit§ 476 StPO. In Zukunft soll auch strafbar sein, wer unbe-fugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm als Per-son, die aufgrund eines Gesetzes zur gewissenhaftenErfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchfüh-rung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben förmlichverpflichtet wurde, bekannt geworden ist.

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Drucksache 14/1484 – 36 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zu Artikel 4 (Änderung des Gesetzes über dieStatistik für Bundeszwecke)

Die in Artikel 4 vorgeschlagene Änderung von § 16Abs. 7 des Bundesstatistikgesetzes steht in Zusammen-hang mit § 476 StPO und Artikel 3. Im Hinblick auf dieÄnderung des § 203 Abs. 2 StGB (siehe Artikel 3) ist§ 16 Abs. 7, wie vorgeschlagen, neu zu fassen.

Zu Artikel 5 (Änderung des Gerichtsverfassungs-gesetzes)

Mit zunehmender Bedeutung und Verbreitung des Bank-automaten werden die Wirtschaftsstrafkammern ver-mehrt mit Fällen befasst, in denen Serientäter bei PKW-Aufbrüchen u.a. auch Bankomatkarten und Geheim-nummern der Geschädigten erlangt und sodann zu derenLasten an Automaten Geld abgehoben haben. Nach herr-schender Meinung erfüllt dies den Tatbestand des Com-puterbetrugs nach § 263a StGB. Nach geltendem Rechtist damit die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammernunabhängig davon begründet, ob zur Beurteilung desFalles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens er-forderlich sind. Darüber hinaus ist die Wirtschaftsstraf-kammer in solchen Fällen häufig genötigt, die gesamteEinbruchsserie zu verhandeln und abzuurteilen, auchwenn die Einwendung und der Missbrauch der Banko-matkarte nur einen Einzelakt betrifft.

Wegen der großen Bedeutung der Wirtschaftsstrafkam-mern sollten diese mit solchen Verfahren nicht belastetwerden. Der Computerbetrug sollte deshalb aus derNummer 5 des § 74c Abs. 1 herausgenommen werdenund in die Nummer 6 eingestellt werden. Dies hat zurFolge, dass die Wirtschaftsstrafkammern mit Fällen desComputerbetrugs nur dann befasst werden, „soweit zurBeurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirt-schaftslebens erforderlich sind“.

Zu Artikel 6 (Änderung des Einführungsgesetzeszur Strafprozessordnung)

Artikel 6 enthält eine Übergangsvorschrift.

Sie stellt sicher, dass die neuen Vorschriften über dieVerarbeitung von personenbezogenen Informationen inDateien (§§ 483 bis 490) und das Erfordernis einerErrichtungsanordnung (§ 491) die bereits bestehendenDateien nicht sofort mit Inkrafttreten dieses Gesetzeserfassen.

Dies ist erforderlich, um in angemessener Zeit eineAnpassung der bestehenden Dateien an die neuen Vor-schriften zu ermöglichen.

Zu Artikel 7 (Änderung des Einführungsgesetzeszum Gerichtsverfassungsgesetz)

Wegen der gleichlautenden Regelung in § 479 Abs. 2StPO sind die Nummern 1 bis 3 in § 14 Abs. 1 EGGVGaufzuheben.

Zu Artikel 8 (Änderung des Strafvollzugsgesetzes)

Der durch das 4. StVollzGÄndG v. 26. August 1998(BGBl. I S. 2461) in das Strafvollzugsgesetz eingeführteVolltext über Auskunft und Akteneinsicht für wissen-schaftliche Zwecke wird durch eine Verweisung auf diein diesem Gesetz enthaltene Regelung (§ 476 StPO)ersetzt. Die Verweisung betrifft ausschließlich den sach-lichen Regelungsgehalt des § 476 StPO, nicht auch dieZuständigkeitsregelung des § 478 StPO. Über die Aus-kunftserteilung und die Gewährung von Einsicht inVollzugsakten entscheidet die Vollzugsbehörde.

Zu Artikel 9 (Änderung des Justizmitteilungs-gesetzes)

Wegen der gleichlautenden Regelung in § 482 StPO istArtikel 32 des Justizmitteilungsgesetzes aufzuheben.

Zu Artikel 10 (Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes)

Gemäß § 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz dürfenMaßnahmen, die nach § 81g StPO zum Zwecke derIdentitätsfeststellung zulässig sind (Entnahme von Kör-perzellen/Untersuchung zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters), auch bei Personen durchgeführtwerden, die wegen einer der in § 81g StPO aufgeführtenStraftaten rechtskräftig verurteilt oder nur wegen erwie-sener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit,auf Geisteskrankheit beruhender Verhandlungsunfähig-keit oder fehlender oder nicht ausschließbar fehlenderVerantwortlichkeit (§ 3 des Jugendgerichtsgesetzes)nicht verurteilt worden sind, solange die entsprechendeEintragung im Bundeszentralregister noch nicht getilgtist (sog. Altfälle). Die Erwähnung des Bundeszentral-registers diente dabei allein dem Zweck, eine zeitlicheBegrenzung für die Zulässigkeit der Durchführung dernach § 81g StPO zulässigen Maßnahmen herbeizufüh-ren. Der Gesetzgeber ist bei der Erstellung der Regelungdavon ausgegangen, dass die Justiz- und Polizeibehördender Länder aufgrund eigener Erkenntnismöglichkeiten –z. B. aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Js-Register,der Personalakten der Justizvollzugsanstalten oder derpolizeilichen Kriminalakten – in der Lage sind, die inBetracht kommenden Verurteilten namentlich festzu-stellen.

Der Weg über eine Durchsicht der Akten und Dateienwird jedoch inzwischen als zu zeitaufwendig angesehen.Um systematisch Altfälle herauszufinden, bei denentypischerweise eine Maßnahme nach § 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz i.V.m. § 81g StPO in Be-tracht kommen kann, ist daher eine Auswertung desDatenbestandes des Bundeszentralregisters zu ermög-lichen. Die einzelnen Datensätze sollen den Staatsan-waltschaften für die Vorbereitung einer Entscheidungnach § 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz i.V.m. § 81gStPO und dem Bundeskriminalamt zum Abgleich mitder Haftdatei gemäß § 9 Abs. 2 BKAG übermittelt wer-den dürfen.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 37 – Drucksache 14/1484

Für eine solche Auswertung besteht derzeit keineRechtsgrundlage. Das BZRG geht von der Rechtsfigurder Individualauskunft (§§ 30 ff., 41 BZRG) aus. Diesesetzt einen Antrag bzw. ein Ersuchen voraus, in dem diePersonendaten einer bestimmten eingetragenen Personangegeben werden. Eine Ausnahme von der Individual-auskunft hat der Gesetzgeber allein in § 42 Abs. 2 BZRGfür wissenschaftliche Forschungsvorhaben zugelassen.Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall nicht an-wendbar.

Zu § 2a

Zu Absatz 1

Absatz 1 regelt die Antragsbefugnis der Staatsanwalt-schaften. Er sieht die Zulässigkeit des Ersuchens aufErteilung einer unbestimmten Anzahl von Auskünftenaus dem Zentralregister an die Staatsanwaltschaften zurVorbereitung einer Entscheidung über eine Maßnahmenach § 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz i.V.m. § 81gStPO vor. Es wird davon ausgegangen, dass – um Mehr-fachabfragen bezüglich derselben Abgeurteilten zu ver-meiden – die jeweilige Staatsanwaltschaft Mitteilungenüber Eintragungen nur hinsichtlich derjenigen erbittenwird, die laut der letzten Eintragung wegen einer Kata-logtat durch ein Gericht in ihrem Bezirk abgeurteilt wur-den; betrifft die letzte Eintragung nicht eine Katalogtat,so ist die vorherige Eintragung zu einer Katalogtat maß-gebend. Für das Ersuchen ist es nicht erforderlich, dassdie Personendaten des Betroffenen spezifiziert sind.

Zu Absatz 2

Absatz 2 schafft die notwendige Rechtsgrundlage für dieAnfragebefugnis des Bundeskriminalamtes zum Zweckdes Abgleichs mit der Haftdatei. Für den Umfang undden Inhalt des Ersuchens gilt Absatz 1.

Zu § 2b

§ 2b schafft die notwendige Rechtsgrundlage für dieÜbermittlungsbefugnis der Registerbehörde.

Zu § 2c

§ 81g StPO bezeichnet die in Betracht kommendenStraftaten nur beispielhaft (Straftaten von erheblicherBedeutung, insbesondere …). Um die Registerbehörde indie Lage zu versetzen, durch eine Auswertung des Da-tenbestandes die betroffenen Personen nach einheitlichenKriterien herauszufinden, ist es erforderlich, einen aus-formulierten Katalog von Straftatbeständen, bei denen essich in der Regel um Straftaten von erheblicher Bedeu-tung handeln wird, vorzugeben. Der Katalog stellt überdiesen Zweck hinaus indes keine Definition der „Straf-taten von erheblicher Bedeutung“ oder gar eine abschlie-ßende Aufzählung solcher Straftaten dar. Der Kataloggeht im wesentlichen auf eine von den Innenministerien,dem Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämternerstellte Auflistung zurück. Die genannten Straftat-bestände orientieren sich im wesentlichen an dem Kata-log des § 395 Abs. 1 StPO, ergänzt um weitere Deliktewie Raub und Erpressung. Der Katalog war um die ent-

sprechenden Straftaten, die zu Verurteilungen durchGerichte der ehemaligen Deutschen DemokratischenRepublik geführt haben, zu erweitern.

Der Katalog benennt die Straftatbestände mit der heutegültigen Norm. Es wird Aufgabe der Registerbehördesein, sicherzustellen, dass bei älteren Entscheidungenalle Verurteilungen erfasst werden, bei denen sich dieNormbezeichnung geändert hat (z. B. 176a StGB – neu –/§ 176 Abs. 3 StGB – alt –).

Zu § 2d

Die Vorschrift regelt die Zweckbindung und die Lö-schung der durch das Bundeszentralregister an dieStaatsanwaltschaften übermittelten Daten.

Zu § 2e

Die Vorschrift regelt nähere Maßgaben zum Abgleichder vom Bundeszentralregister an das Bundeskriminal-amt übermittelten Datenbestände mit der beim Bundes-kriminalamt geführten Haftdatei sowie die Weiterlei-tung, Verwendung und Löschung der übermittelten undder dabei angefallenen Daten des Abgleichs.

Zu Artikel 11 (Änderung des Bundeskriminalamt-gesetzes)

§ 16 Abs. 3 BKAG bedarf zum einen der Anpassung andie neue verfassungsrechtliche Bestimmung zur ander-weitigen Verwertbarkeit von Erkenntnissen aus in Woh-nungen durchgeführten Eigensicherungsmaßnahmen inArtikel 13 Abs. 5 des Grundgesetzes i.d.F. durch das Ge-setz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 13) vom26. März 1998 (BGBl. I S. 610), zum anderen der Homo-genisierung mit § 161 Abs. 3 E-StPO, der eine bundesein-heitliche Regelung zur Verwendbarkeit aus präventivpoli-zeilichen Eigensicherungsmaßnahmen gewonnener In-formationen im konkreten Strafverfahren einführt.

Satz 1 des neugefassten § 16 Abs. 3 BKAG regelt dieVerwendung von personenbezogenen Informationen, diegewissermaßen zufällig beim Einsatz technischer Mittelzur Eigensicherung von nicht offen ermittelnden Be-diensteten erlangt werden, zur (sonstigen) Gefahrenab-wehr. Eine solche Verwendung wird nur unter denselbenVoraussetzungen zugelassen, unter denen die Verfassungauch die gezielte Informationsgewinnung durch Einsatztechnischer Mittel in Wohnungen zum Zwecke der Ge-fahrenabwehr erlaubt (vgl. Artikel 13 Abs. 4 Satz 1 GG).Damit können die strengen verfassungsmäßigen Voraus-setzungen des Einsatzes technischer Mittel zur Informa-tionserhebung in Wohnungen nicht durch deren Einsatzzur Eigensicherung umgangen werden. Da bereits nachgeltendem Recht Restriktionen auch im Falle von Eigen-sicherungsmaßnahmen vorgesehen sind, die zwar ver-deckt, aber außerhalb von Wohnungen durchgeführtwerden, ist es zwar nicht von Verfassungs wegen gebo-ten, nichtsdestoweniger aber sinnvoll, die materiellenVoraussetzungen einheitlich festzulegen (Satz 1).

Artikel 13 Abs. 5 GG führt hinsichtlich der Verwertbar-keit von Erkenntnissen, die durch Eigensicherungsmaß-

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Drucksache 14/1484 – 38 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

nahmen in oder aus Wohnungen erlangt werden, für die(sonstige) Gefahrenabwehr grundsätzlich den Richter-vorbehalt ein; im Falle der Gefahr im Verzuge wird dersofortigen Verwertbarkeit zunächst der Vorrang gege-ben, jedoch muss die richterliche Entscheidung unver-züglich nachgeholt werden. Diese verfassungsrechtlicheVorgabe wird in Satz 2 des § 16 Abs. 3 BKAG umge-setzt. Die Zuständigkeit wird – ebenso wie in der Rege-lung des § 161 Abs. 3 E-StPO, die sich an den bisherigen§ 16 Abs. 3 Satz 2 BKAG anlehnt – dem VorsitzendenRichter einer Strafkammer des Landgerichts zugewiesen,in dessen Bereich das Bundeskriminalamt seinen Sitzhat.

Das Element der anderweitigen Verwendung vonErkenntnissen aus Eigensicherungsmaßnahmen zumZwecke der Strafverfolgung bedarf in § 16 Abs. 3BKAG keiner eigenständigen Regelung mehr, da inso-weit § 161 Abs. 3 E-StPO eine bundeseinheitliche Re-gelung für alle polizeilichen Eigensicherungsmaßnah-men bei Bund und Ländern trifft. Diesbezüglich hat esmit einer Unberührtheitsklausel sein Bewenden (Satz 3).

Zu Artikel 12 (Änderung des Bundesverfassungs-schutzgesetzes)

Die Gesetzesänderung dient der Anpassung der gesetz-lichen Befugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz(BfV) zum Einsatz technischer Mittel zur Überwachungvon Wohnungen an die nach Inkrafttreten der Neufas-sung des Artikels 13 GG bestehende Rechtslage. Danachbedarf nunmehr auch der Einsatz technischer Mittel zurÜberwachung von Wohnungen aus Gründen der Gefah-renabwehr einer richterlichen Entscheidung.

Die in § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 normierte Befugnis zumverdeckten Einsatz technischer Mittel in Wohnungen ist

ausschließlich auf Fälle bei Gefahr im Verzuge be-schränkt.

§ 9 Abs. 2 Satz 3 und 4 regeln daher entsprechendArtikel 13 Abs. 4 Satz 2 GG die Anordnung der Maß-nahme durch den Präsidenten des BfV oder durch dessenVertreter sowie die unverzügliche Nachholung der rich-terlichen Entscheidung.

§ 9 Abs. 2 Satz 5 und 6 regeln die Zuständigkeit desGerichtes und des Verfahrens in Anlehnung an gleich-lautende Bestimmungen im Polizeirecht (z. B. § 17Abs. 3 Satz 7 Polizeigesetz NW) bei gleichzeitiger Kon-zentration auf ein örtlich bestimmtes Amtsgericht ausGründen der Notwendigkeit speziellen Sachverstandesund der Geheimhaltung.

Zu Artikel 13 (Änderung des MAD-Gesetzes)

Die Anpassung erfolgt aufgrund der Änderung des § 9Abs. 2 BVerfSchG.

Zu Artikel 14 (Neufassung der Strafprozess-ordnung)

Da die Strafprozessordnung seit ihrer letzten Bekannt-machung wiederholt geändert worden ist, erscheint eineneue Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt angezeigt.Sie wird durch den vorgeschlagenen Artikel 14 ermög-licht.

Zu Artikel 15 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 39 – Drucksache 14/1484

Anlage 2

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat in seiner 736. Sitzung am 19. März1999 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Arti-kel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zunehmen:

1. Zum Gesetzentwurf insgesamtDer Bundesrat begrüßt den Entwurf zu einemStVÄG 1999, der im wesentlichen die dringendnotwendigen Rechtsgrundlagen für die Erhebung,Verwendung und Verarbeitung personenbezogenerDaten für Zwecke der Strafverfolgung schafft.

Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Entwurf zueinem StVÄG 1999 mit seiner detaillierten Rege-lungstechnik und der Einbeziehung zusätzlicherNormen, etwa zur längerfristigen Observation, überden Entwurf des Bundesrates zu einem StVÄG 1994deutlich hinaus geht und für die Länder einen erheb-lichen Mehraufwand verursachen wird.

Der Bundesrat sieht den Entwurf zu einem StVÄG1999 als grundsätzlich tragbaren Gesamtkompro-miss zwischen den Interessen des Bundes und derLänder an.

Er weist darauf hin, dass jede verfassungsrechtlichnicht zwingend gebotene Änderung des Gesetzent-wurfs, die zu mehr Aufwand führen und damit denKompromiss zu Lasten effektiver Strafverfolgungdurch die Länder verschieben werden, die Zustim-mung des Bundesrates in Frage stellen könnte.

Der Bundesrat bittet den Deutschen Bundestag, die-se Gesichtspunkte bei der Beratung des Regierungs-entwurfs zu berücksichtigen und insbesondere zu-sätzliche Belastungen von Justiz und Polizei zu ver-meiden.

2. Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungs-verfahren zu prüfen, ob und ggf. inwiefern es er-forderlich ist, die Verwendung von Lichtbildernbeschuldigter Personen (§ 81b StPO) in anderenErmittlungs- und Strafverfahren für Zwecke derWahllichtbildvorlage auf eine gesetzliche Grundlagezu stellen.

B e g r ü n d u n g

Es ist umstritten, ob personenbezogene Daten auseingestellten oder noch anhängigen Ermittlungs- undStrafverfahren für Zwecke anderer Verfahren über-mittelt und verwendet werden dürfen. Bezweifeltwird insbesondere die Tragfähigkeit von §§ 160, 163StPO. Die Verwendung edv-gestützt hergestellterBilder, die keine existente Personen darstellen, kanndie Nutzung der Bilder existenter Personen (noch)nicht ersetzen. Eine Prüfung, ggf. gesetzliche Klar-stellung erscheint deshalb geboten.

3. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 131a Abs. 2 StPO)

In Artikel 1 Nr. 5 sind in § 131a Abs. 2 nach denWörtern „erkennungsdienstlichen Behandlung“ dieWörter „ , zur Anfertigung einer DNA-Analyse“ ein-zufügen.

B e g r ü n d u n g

Damit könnte eine (wie beim BKA-Gesetz aufge-tretene) Diskussion darüber vermieden werden, obdie Anfertigung einer DNA-Analyse eine erken-nungsdienstliche Behandlung ist.

4. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 131a Abs. 3 Satz 1, 2und Abs. 4 Satz 3 StPO)

In Artikel 1 Nr. 5 ist § 131a wie folgt zu ändern:

a) Absatz 3 ist wie folgt zu ändern:

aa) In Satz 1 sind die Wörter „Fahndung an dieÖffentlichkeit gerichtet“ durch die Wörter„Öffentlichkeitsfahndung durchgeführt“ zuersetzen.

bb) In Satz 2 sind die Wörter „Fahndung an dieÖffentlichkeit“ durch das Wort „Öffentlich-keitsfahndung“ zu ersetzen.

b) In Absatz 4 Satz 3 sind die Wörter „Der Aufruf“durch die Wörter „Die Öffentlichkeitsfahndung“zu ersetzen.

B e g r ü n d u n g

Das Wort „Aufruf“ wurde auf Vorschlag des Bun-desrates zum StVÄG 1996 durch das Wort „Fahn-dung“ ersetzt. Die jetzige Formulierung („Fahndungan die Öffentlichkeit“) ist ungebräuchlich und solltedurch den technischen Begriff „Öffentlichkeitsfahn-dung“ ersetzt werden. Das gleiche gilt für den Beg-riff „Aufruf“ in Absatz 4 Satz 3.

5. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 131a Abs. 5 StPO)

In Artikel 1 Nr. 5 ist § 131a Abs. 5 zu streichen.

B e g r ü n d u n g

Anderenfalls wären gesetzlich zugelassene Hilfs-mittel, wie z. B. Suchvermerke, im Ausländerzent-ralregister ausgeschlossen.

6. Zu Artikel 1 Nr. 7 (§ 160 Abs. 4 StPO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungs-verfahren zu prüfen, ob über die in der Begründungzu § 160 Abs. 4 StPO beispielhaft genannten gesetz-lichen Regelungen hinaus auch die Polizeigesetzeder Länder „entsprechende landesgesetzliche Ver-wendungsregelungen“ beinhalten.

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Drucksache 14/1484 – 40 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

B e g r ü n d u n gDie Polizeigesetze der Länder – so etwa das Nieder-sächsische Gefahrenabwehrgesetz – enthalten eineReihe von Regelungen zum Schutz des Persönlich-keitsrechts. So sind etwa Daten, die ausschließlichzur befristeten Dokumentation, zu Zwecken der Da-tenschutzkontrolle oder auf Grund einer beschränk-ten Einwilligung der betroffenen Personen erhobenworden sind, nur zur Aufklärung einer der in § 100aStPO genannten Straftaten oder solcher Straftaten,die sich gegen Leib oder Leben oder gegen die sexu-elle Selbstbestimmung richten zu verwenden (§ 39Abs. 2 NGefAG). Wenn Ziel des neuen § 160 Abs. 4StPO der Schutz der Persönlichkeit unabhängig vonder Verteilung der Gesetzgebungskompetenz ist,müssen auch die landespolizeilichen Verwendungs-regelungen einer Maßnahme nach § 160 StPO ent-gegenstehen können.

7. Zu Artikel 1 Nr. 9 (§ 163 Abs. 1 StPO)In Artikel 1 Nr. 9 sind in § 163 Abs. 1 die Wörter„alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Ge-fahr im Verzug auch, die Auskunft zu verlangen“durch die Wörter „von allen Behörden Auskunft zuverlangen“ zu ersetzen.Als F o l g esind in Artikel 1 Nr. 8 in § 161 Abs. 1 Satz 2 dieWörter „ , und in diesem Falle befugt, von allen Be-hörden Auskunft zu verlangen“ zu streichen.

B e g r ü n d u n gNach § 163 Abs. 1 Satz 1 StPO ist die Polizei be-rechtigt, alle keinen Aufschub gestattenden Anord-nungen zu treffen. Wenn hierfür das Einholen vonAuskünften notwendig ist, sollte die Polizei unein-geschränkt berechtigt sein, entsprechende Auskünfteauch zu verlangen. Damit werden zugleich prakti-sche Probleme vermieden, die entstehen, wenn dieGefahr im Verzug streitig sein sollte.Als Folge der dem § 163 Abs. 1 StPO-E anzufügen-den Formulierung erübrigt sich der im Regierungs-entwurf in § 161 Abs. 1 Satz 2 vorgesehene zweiteHalbsatz.

8. Zu Artikel 1 (§§ 163 ff. StPO)Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungs-verfahren zu prüfen, inwieweit der Polizei auf Wei-sung oder Ersuchen der Staatsanwaltschaft – ge-nerell oder im Einzelfall – das Recht eingeräumtwerden kann, Zeugen verpflichtend zu laden, u. U.verbunden mit einem Vorführrecht und der Ver-pflichtung der Zeugen, vor der Polizei auszusagen.

B e g r ü n d u n gMit Blick auf die Effizienz der Verfahrensgestaltungmuss geprüft werden, inwieweit die Polizei berech-tigt sein soll, Zeugen verpflichtend zu laden, u. U.verbunden mit einem Vorführrecht und der Ver-pflichtung der Zeugen auszusagen. Ein solches Re-gelungsmodell ist komplex, etwa auch im Blick auf

die Fragen der Zeugenentschädigung, aber auch we-gen der Geltung der Vorschriften, die bislang nur beider staatsanwaltschaftlichen Vernehmung bedeutsamsind. Gleichwohl erscheint ein derart flexibler An-satz weiterführend. Die Verfahrensherrschaft derStaatsanwaltschaft wird nicht berührt, weil diesesRecht der Polizei nur auf Weisung oder Ersuchender Staatsanwaltschaft gegeben werden soll, wobeidie Weisung oder das Ersuchen allgemein oder fürden Einzelfall erklärt werden kann.

9. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 163f Abs. 1 Satz 1Nr. 2 StPO)

In Artikel 1 Nr. 10 ist in § 163f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2das Wort „zwei“ durch das Wort „sieben“ zu er-setzen.

B e g r ü n d u n g§ 163f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO-E führt dazu, dassfast alle Observationen als „längerfristige“ Observa-tionen anzusehen wären.Der überwiegende Anteil der Observationen mussan mehr als zwei Tagen stattfinden, um überhauptetwas Verfahrensrelevantes feststellen zu können.Eine Observation, die nur einige Tage stattfindet,ohne durchgehend länger als 24 Stunden durchge-führt zu werden, stellt keinen so wesentlichenRechtseingriff dar, um eine solch einschränkendeVorschrift erforderlich zu machen. Die Forderung,den Zeitraum auf sieben Tage zu erweitern, ist prak-tikabel und entspricht den Vorschriften in mehrerenLändern.

10. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 163f Abs. 1 Satz 2 StPO)In Artikel 1 Nr. 10 ist in § 163f Abs. 1 Satz 2 dasWort „Täters“ durch das Wort „Beschuldigten“ zuersetzen.

B e g r ü n d u n gNotwendige redaktionelle Angleichung an § 163fAbs. 1 Satz 1 StPO.

11. Zu Artikel 1 Nr. 12 Buchstabe c (§ 406e Abs. 5StPO)

Artikel 1 Nr. 12 Buchstabe c ist wie folgt zu fassen:,c) In Absatz 5 zweiter Halbsatz werden die Wörter

„Satz 1“ durch die Wörter „sowie § 478 Abs. 1Satz 3“ ersetzt.‘

B e g r ü n d u n gBei Auskunftsbegehren Verletzter besteht ein prakti-sches Bedürfnis, die die Ermittlungen führende oderdamit befasst gewesene Polizeidienststelle im Ein-zelfall oder generell für bestimmte Fallgruppen zuAuskünften zu ermächtigen. Dem soll – da der Ent-wurf an § 406e Abs. 4 Satz 1 StPO festhält – soRechnung getragen werden, wie es der Entwurf inBezug auf entsprechende Begehren anderer Perso-nen und sonstiger Stellen vorsieht (vgl. Artikel 1Nr. 15 – § 478 Abs. 1 Satz 3 StPO –).

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 41 – Drucksache 14/1484

12. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 474 Abs. 2 StPO)

In Artikel 1 Nr. 15 ist § 474 Abs. 2 wie folgt zufassen:

„(2) Im übrigen können öffentlichen Stellen Aus-künfte aus Akten erteilt werden, soweit dies zurErfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegendenAufgaben erforderlich ist und das Interesse ander Verwendung der übermittelten Daten das In-teresse des Betroffenen an der Geheimhaltung über-wiegt.“

B e g r ü n d u n gDie Regelung im Entwurf ist zu perfektionistisch.Sie birgt die Gefahr von Lücken. So wird der Fallnicht erfasst, dass Gefahren für das Gemeinwohlverhindert werden müssen, es hierzu aber an einer„besonderen“ Vorschrift im Sinne der Regelungfehlt. Dies ist nicht hinnehmbar. Die Zweckbindung,die das Bundesverfassungsgericht fordert, wirddurch den Bezug auf die jeweiligen Aufgaben aus-reichend gewährleistet.

13. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 476 Abs. 8 StPO)

In Artikel 1 Nr. 15 ist § 476 Abs. 8 wie folgt zufassen:

„(8) Ist der Empfänger eine nichtöffentliche Stelle,finden die Vorschriften des Dritten Abschnitts desBundesdatenschutzgesetzes auch Anwendung, wenndie Daten nicht in oder aus Dateien verarbeitetwerden.“

B e g r ü n d u n gDen Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich hatder Bundesgesetzgeber im Dritten Abschnitt desBundesdatenschutzgesetzes geregelt. Allerdings fin-det das BDSG nur Anwendung, soweit personen-bezogene Daten in oder aus Dateien verarbeitetwerden. Für die aktenmäßige Verarbeitung fändedas BDSG keine Anwendung, so dass diese keinerKontrolle nach § 38 BDSG unterläge und miss-bräuchliche Datennutzungen nicht mit Strafe bedrohtwären. Im Hinblick auf die besondere Sensitivitätder Daten wird mit dem neu gefassten Absatz 8 eineRegelung aufgenommen, die sicherstellt, dass dasBDSG auch zur Anwendung kommt, wenn dieübermittelten Daten beim Empfänger nicht in oderaus Dateien verarbeitet werden. Darüber hinaus wirddamit erreicht, dass, anders als beim Regierungs-entwurf, auch die Strafvorschriften des BDSG, mitdenen einer missbräuchlichen Nutzung personen-bezogener Daten vorgebeugt werden soll, zur An-wendung kommen.

Einer Regelung, dass eine Kontrolle durch die Auf-sichtsbehörde nach § 38 BDSG auch durchgeführtwerden kann, wenn kein Anlass für einen Verstoßgegen datenschutzrechtliche Bestimmungen vorliegt,bedarf es nicht, weil der Bundesgesetzgeber nachder EG-Datenschutzrichtlinie gehalten ist, für dennichtöffentlichen Bereich generell eine anlassunab-hängige Kontrolle vorzusehen.

14. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 478 Abs. 1 Satz 4 StPO)In Artikel 1 Nr. 15 ist in § 478 Abs. 1 Satz 4 wiefolgt zu fassen:„Die Übermittlung personenbezogener Daten zwi-schen Behörden des Polizeidienstes oder eine ent-sprechende Akteneinsicht sind ohne Entscheidungnach Satz 1 zulässig.“

B e g r ü n d u n gDie im Entwurf vorgesehene Formulierung lässtoffen, ob die Polizeibehörden, neben der Erteilungvon Auskünften, einander auch Akteneinsicht ge-währen dürfen. Aus praktischen Gründen muss diesjedoch zulässig sein.Die Klarstellung ist durch die Änderung gewähr-leistet.

15. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 478 Abs. 3 Satz 4 – neu –StPO)

In Artikel 1 Nr. 15 ist dem § 478 Abs. 3 folgenderSatz anzufügen:„Gegen eine Entscheidung der Polizei kann Be-schwerde bei der Staatsanwaltschaft eingelegt wer-den.“

B e g r ü n d u n gDie Entscheidung über Auskunftserteilung undAkteneinsicht in den Fällen des § 475 trifft die Poli-zei, wenn sie von der Staatsanwaltschaft dazu er-mächtigt worden ist (§ 478 Abs. 1 Satz 3 StPO-E).Die Regelung der Rechtsmittel in Absatz 3 berück-sichtigt diesen Fall jedoch nicht. Es ist daher inso-weit nach wie vor offen, ob § 161a StPO analog oder§ 23 EGGVG anwendbar ist. Auch könnte man dieAuffassung vertreten, dass das Land im Prozess vonder Polizeibehörde zu vertreten wäre, die die Ent-scheidung getroffen hat. Daher erscheint es erfor-derlich, für diese Fälle eine Beschwerde zur Staats-anwaltschaft vorzuschalten.

16. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 481 Abs. 1 Satz 1 und 2StPO)

In Artikel 1 Nr. 15 ist § 481 Abs. 1 wie folgt zuändern:a) In Satz 1 sind die Wörter „zur Gefahrenabwehr“

zu streichen.b) In Satz 2 sind die Wörter „Zu diesem Zweck“

durch die Wörter „Zu den dort genanntenZwecken“ zu ersetzen.

B e g r ü n d u n gDie Regelung im Entwurf ist zu eng gefasst, weil inden Polizeigesetzen nicht nur die Gefahrenabwehrim engen Sinn angesprochen ist.So darf die Polizei personenbezogene Informationenauch zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten,zum Schutz privater Rechte, zur Erfüllung von durchandere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgabenoder zur Vollzugshilfe erheben und verarbeiten.

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Drucksache 14/1484 – 42 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Die Klarstellung ist durch die offenere Formulierunggewährleistet.

17. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 484 Abs. 4 StPO)In Artikel 1 Nr. 15 ist § 484 Abs. 4 wie folgt zufassen: „(4) Die Verarbeitung und Nutzung personenbe-zogener Daten, die für Zwecke des Polizeirechts inDateien der Polizei gespeichert sind oder werden,richten sich, ausgenommen für Zwecke eines Straf-verfahrens, nach den Polizeigesetzen.“

B e g r ü n d u n gDie Änderung dient der Klarstellung und erfolgt imSinne eines einheitlichen Sprachgebrauchs und derBegründung zu § 484 Abs. 4 StPO-E in Anlehnungan die Begrifflichkeiten in § 483 Abs. 3 StPO-E unddie Begriffsdefinitionen in §§ 3 und 4 des Bundes-datenschutzgesetzes.

18. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 485 Satz 4 – neu – StPO)In Artikel 1 Nr. 15 ist dem § 485 folgender Satz an-zufügen:„§ 483 Abs. 3 ist entsprechend anwendbar.“

B e g r ü n d u n gDie Polizeibehörden speichern Vorgangsverwaltungs-daten in der Regel in einer einzigen Datei, ohne dassnach der Zweckbestimmung des Vorgangs unter-schieden wird. Dies wäre nicht mehr möglich, wennfür die Daten unterschiedliche Verfahrensvorschrif-ten gelten und würde daher einen erheblichen Ver-waltungsaufwand nach sich ziehen.

19. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 487 StPO)In Artikel 1 Nr. 15 ist § 487 zu streichen.

B e g r ü n d u n gEiner bereichsspezifischen Regelung, dass die spei-chernde Stelle die erforderlichen technischen undorganisatorischen Maßnahmen zu treffen hat, bedarfes nicht; sie ergibt sich für die speichernden Stellendes Bundes und der Länder bereits aus dem BDSGbzw. den Landesdatenschutzgesetzen. Da die be-reichsspezifischen Regelungen der StPO nicht ab-schließend sind (vgl. Begründung) und im übrigendas BDSG und die Landesdatenschutzgesetze zurAnwendung kommen sollen, ist die Vorschrift ent-behrlich und sollte gestrichen werden.

20. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 488 Abs. 2 Satz 2 StPO)In Artikel 1 Nr. 15 ist in § 488 Abs. 2 Satz 2 die An-gabe „§§ 479 und 480“ durch die Angabe „§§ 479,480 und 481 Abs. 1 Satz 2“ zu ersetzen.

B e g r ü n d u n gDie Einfügung des § 481 Abs. 1 Satz 2 StPO-Ein § 488 Abs. 2 Satz 2 StPO-E ist notwendig, umsicherzustellen, dass auf der Grundlage eines elekt-ronischen Datenaustausches die Polizei die von der

Staatsanwaltschaft überspielten Daten nicht nur fürZwecke des Strafverfahrens nach § 483 Abs. 1StPO-E, sondern auch zur polizeilichen Aufgaben-erfüllung nach § 481 Abs. 1 Satz 2 StPO-E verwen-den kann. Zwar findet ein solcher elektronischerDatenaustausch zwischen Polizei und Justiz bishernicht statt, die Strafprozessordnung sollte aber denModernisierungsbemühungen der Justiz im Verhält-nis zur Schnittstelle Polizei Rechnung tragen.

21. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 489 Abs. 3 Satz 4 StPO)In Artikel 1 Nr. 15 ist in § 489 Abs. 3 Satz 4 nachdem Wort „Empfängers“ das Wort „zu“ zu streichen.

B e g r ü n d u n gBeseitigung eines Redaktionsversehens.

22. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 490 Abs. 7 Satz 2 StPO)In Artikel 1 Nr. 15 sind in § 490 Abs. 7 Satz 2 dieWörter „Personenbezogene Daten sind ferner zusperren“ durch die Wörter „Personenbezogene Datensind gesperrt“ zu ersetzen.

B e g r ü n d u n g§ 490 Abs. 7 Satz 2 StPO-E schreibt vor, Daten zusperren, soweit sie nur zu Zwecken der Datensiche-rung oder der Schutzkontrolle gespeichert sind. Dadie Protokolldaten für das gesamte System in einerDatei gespeichert werden, müsste der gesamte Pro-tokollbestand, auch soweit er nicht der StPO unter-liegt, gesperrt werden.Dies würde einen erheblich höheren Verwaltungs-aufwand bedeuten.

23. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 490 Abs. 7 Satz 3 StPO)In Artikel 1 Nr. 15 ist § 490 Abs. 7 Satz 3 wie folgtzu fassen:„Gesperrte Daten dürfen nur zu den in Satz 1 Nr. 2und Satz 2 genannten Zwecken verwendet werdenoder soweit dies zur Behebung einer Beweisnot er-forderlich ist.“

B e g r ü n d u n gKlarstellung des Gewollten.

24. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 492 StPO)Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungs-verfahren zu prüfen, wie sichergestellt werden kann,dass Auskünfte aus Akten an Nicht-Verfahrensbetei-ligte auch aus ermittlungstaktischen Gründen, ins-besondere wegen Gefährdung des Untersuchungs-zwecks, verweigert werden dürfen.

B e g r ü n d u n g§ 492 StPO enthält keine Regelung zur Auskunfts-erteilung aus Akten an Nicht-Verfahrensbeteiligte.In der Begründung wird insoweit auf die „Daten-schutzgesetze“ verwiesen, die „allgemein einen An-spruch des Betroffenen auf Auskunft aus Akten vor-sehen“.

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 43 – Drucksache 14/1484

Soweit damit das Bundesdatenschutzgesetz gemeintist, kann bzw. muss gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 undAbs. 4 BDSG die Auskunft an Nicht-Verfahrens-beteiligte in bestimmten Fällen verweigert werden.Die dort genannten Verweigerungsgründe erfassenaber nicht – zumindest nicht ausdrücklich – den Fallentgegenstehender ermittlungstaktischer Erwägun-gen. Bereits der Bundesratsentwurf eines StVÄG1994 (BT-Drs. 13/194) hatte mit § 486 Abs. 2 StPOebenso wie die Stellungnahme des Bundesrateszum StVÄG 1996 (BT-Drs. 13/9718, S. 46 und 47)ein entsprechendes Auskunftsverweigerungsrechtgefordert.

25. Zu Artikel 9a – neu – (Änderung desAusländergesetzes)

Nach Artikel 9 ist folgender Artikel 9a einzufügen:,Artikel 9a

Änderung des Ausländergesetzes § 76 Abs. 4 Satz 3 des Ausländergesetzes vom9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354), das zuletzt durch …(BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgtgefasst:„Satz 1 gilt nicht für Verfahren wegen einer Ord-nungswidrigkeit, die höchstens mit einer Geldbußein der in § 17 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungs-widrigkeiten bestimmten Höhe geahndet werdenkann.“ ‘

B e g r ü n d u n gEs ist erforderlich, eine versehentlich unterbliebeneFolgeänderung zu einer Änderung des Gesetzes überOrdnungswidrigkeiten nachzuholen, um die Zahlder Datenübermittlungen von Bußgeldbehörden und-gerichten an Ausländerbehörden auf das sachlichegebotene Maß zu beschränken.Nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AuslG haben u. a. die fürdie Einleitung und Durchführung eines Bußgeld-verfahrens zuständigen Stellen die zuständige Aus-länderbehörde unverzüglich über die Einleitung desVerfahrens sowie die Verfahrenserledigungen beider für die Verfolgung und Ahndung zuständigenVerwaltungsbehörde, bei der Staatsanwaltschaft undbei Gericht zu unterrichten. § 76 Abs. 4 Satz 3AuslG nimmt bestimmte Fälle von dieser Pflicht zuUnterrichtungen in Bußgeldsachen aus. Sinn dieserBestimmung ist es, geringfügige Verstöße gegenRechtsvorschriften auszuklammern, die eine Aus-weisung nicht rechtfertigen (vgl. §§ 45, 46 Nr. 2AuslG). Abgestellt wird bislang auf eine Obergrenzeder Bußgeldandrohung (1 000 DM). Damit warendie Ordnungswidrigkeiten erfasst, deren Bußgeld-androhung sich nach § 17 Abs. 1 OWiG a. F. rich-tete. Als dort die Höchstgrenze mit Wirkung vom1. März 1998 auf 2 000 DM angehoben wurde (Ar-tikel 1 Nr. 1, Artikel 7 des Gesetzes zur Änderungdes OWiG und anderer Gesetze vom 28. Januar1998, BGBl. I S. 156, 340), war nicht beabsichtigt,diese Ordnungswidrigkeiten, zu denen insbesonderedie Verkehrsordnungswidrigkeiten nach § 24 StVGgehören, aus dem Kreis der geringfügigen Verstöße

i. S. v. § 46 Nr. 2 AuslG herauszuheben. Vielmehrist versehentlich eine Folgeänderung in § 76 Abs. 4Satz 3 AuslG unterblieben.Sie ist nun nachzuholen. Dabei empfiehlt es sich, dieAngabe eines Geldbetrages durch eine Verweisungauf § 17 Abs. 1 OWiG zu ersetzen und dadurch dasVerhältnis der Normen zueinander für die Zukunftfestzuschreiben sowie durch die Verwendung desWortes „Geldbuße“ anstelle des Wortes „Bußgeld“die Gesetzesterminologie zu vereinheitlichen.

26. Zu Artikel 10 (§ 2 Abs. 2 und 3 – neu –DNA-Identitätsfeststellungsgesetz)

Artikel 10 ist wie folgt zu fassen:,Zu Artikel 10

Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes Das DNA-Identitätsfeststellungsgesetz vom 7. Sep-tember 1998 (BGBl. I S. 2646) wird wie folgt ge-ändert:1. § 2 wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.b) Folgende Absätze 2 und 3 werden angefügt:

„(2) Für Maßnahmen nach Absatz 1 geltendie § 81a Abs. 2, §§ 81f und 162 Abs. 1 derStrafprozessordnung entsprechend. (3) §§ 131a und 131c der Strafprozessord-nung gelten entsprechend.“

2. . . . ‘

B e g r ü n d u n gZu Absatz 2 – neu –Durch die Ergänzung des § 2 DNA-Identitätsfest-stellungsgesetz wird klargestellt, dass auch beirechtskräftig Verurteilten für die Entnahme undUntersuchung von Körperzellen als Maßnahmen derDNA-Analytik der Richtervorbehalt gilt und derErmittlungsrichter zuständig ist.Nach § 81a Abs. 2 StPO ist die Anordnung einerkörperlichen Untersuchung des Beschuldigten durchden Richter, bei Gefährdung des Untersuchungser-folges durch Verzögerung auch durch die Staatsan-waltschaft und ihre Hilfsbeamten zu treffen.§ 81f StPO regelt die richterliche Anordnungskom-petenz für die molekulargenetische Untersuchungnach § 81e StPO. Zuständiger Richter ist in beidenFällen gemäß § 162 Abs. 1 StPO bis zur Erhebungder öffentlichen Klage der Ermittlungsrichter.Während durch Bezugnahme auf § 81a Abs. 2 und§ 81f StPO in § 81g Abs. 3 StPO, eingefügt durch§ 1 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes vom7. September 1998 (BGBl. I S. 2646), für die sog.Neufälle klargestellt ist, dass für die Entnahme- undUntersuchungsanordnung von Körperzellen zurErstellung eines DNA-Identifizierungsmusters derErmittlungsrichter zuständig ist (vgl. Senge, NJW1999, 253, 255), fehlt eine entsprechende Regelung

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Drucksache 14/1484 – 44 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

für die in § 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgeset-zes geregelte Entnahme und Untersuchung von Kör-perzellen bei rechtskräftig Verurteilten.Nach dem Willen des Gesetzgebers war auch für § 2DNA-Identitätsfeststellungsgesetz der Richtervorbe-halt gewollt; dies ergibt sich aus der amtlichen Be-gründung des Gesetzentwurfs vom 26. Mai 1998, inder es heißt:

„Die Bezugnahme auf Maßnahmen nach § 81g derStrafprozessordnung schließt selbstverständlichein, dass auch in den Fällen, des § 2 die in der-jenigen Vorschrift festgelegten Regelungen gel-ten.“ (BT-Drs. 13/10791 S. 5),

sowie der Beschlussempfehlung und dem Berichtdes Rechtsausschusses des Deutschen Bundestagesvom 22. Juni 1998, in der die letztlich Gesetz ge-wordene Änderung des ersten Halbsatzes des § 2DNA-Identitätsfeststellungsgesetz damit begründetworden ist, hierdurch solle verdeutlicht werden, dassauch in den Fällen der rechtskräftig Verurteilten dieVoraussetzungen des § 81g StPO vorliegen müssen(vgl. BT-Drs. 13/11116 S. 7).Gestützt vor allem auf diesen in den amtlichenBegründungen zum Ausdruck gekommenen gesetz-geberischen Willen sowie darauf, dass es sich beider DNA-Analytik um eine Maßnahme der Vorsorgefür künftige Strafverfolgung handelt, hat die Recht-sprechung in zahlreichen Fällen für die Entnahme-und Untersuchungsanordnung bei rechtskräftig Ver-urteilten den Richtervorbehalt und die Zuständigkeitdes Ermittlungsrichters angenommen (vgl. OLGZweibrücken, Beschluss vom 6. November 1998– 1 Ws 556/98 – in: StV 99, 9 und NJW 99, 300;LG Karlsruhe, Beschluss vom 20. Oktober 1998– 1 AK 20/98 – in: NJW 99, 301; AG Bad Kreuz-nach, Beschluss vom 28. September 1998– 4 Gs 922/98 in: NJW 99, 303). In allen Entschei-dungen wird allerdings darauf hingewiesen, dasseine klare Verfahrens- und Zuständigkeitsregelungfür die sog. Altfälle in § 2 DNA-Identitätsfest-stellungsgesetz fehle.Die Unklarheiten haben auch zu abweichenden, ins-besondere eine Zuständigkeit des Ermittlungsrich-ters verneinenden Entscheidungen geführt (vgl. LGBerlin, Beschluss vom 6. November 1998 –545 Qs 12/98 – in: NJW 99, 302; AG Landaui. d. Pf., Beschluss vom 21. September 1998 –Gs 822/98 – in: NJW 99, 303; vgl. auch Anmerkungvon RiAG Kamann zur Entscheidung des OLGZweibrücken vom 6. November 1998 in: StV 99, 10,der für eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungs-kammer und entsprechender Ergänzung von § 462aStPO plädiert). Das Landgericht Münster hat z. B. inmehreren unanfechtbaren Entscheidungen auf dieBeschwerde betroffener Verurteilter die die Ent-nahme und Untersuchung von Körperzellen anord-nenden Beschlüsse des Ermittlungsrichters beimAmtsgericht mit der Begründung aufgehoben, esfehle an einer gesetzlichen Grundlage für eine Ent-scheidung des Ermittlungsrichters beim Amtsgericht(vgl. LG Münster, Beschluss vom 18. Januar 1998 –

2 Qs 79/98; LG Münster, Beschluss vom 21. Januar1999 – 2 Qs 4/99). Weder enthalte der Text des § 2DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes eine Regelungder Anordnungskompetenz und des Verfahrens fürEntnahme und Untersuchung von Körperzellen derDNA-Analytik bei Verurteilten, noch ergebe eineAuslegung der Vorschrift, die der Gefahrenabwehrdiene und keine ausdrückliche Zuweisung an denErmittlungsrichter enthalte, eine Zuständigkeit desErmittlungsrichters. Auch sei der Wille des Gesetz-gebers angesichts der sich aus den Beratungen desRechtsausschusses ergebenden und Gesetz gewor-denen Fassung des § 2 DNA-Identitätsfeststellungs-gesetzes gerade darauf gerichtet gewesen, von derBezugnahme im ersten Halbsatz Verfahrensregelun-gen nicht zu erfassen. Auch eine Auslegung derVorschrift ergebe nicht, dass insoweit ausschließlichdem Ermittlungsrichter die Entscheidungsbefugniszugewiesen sei und zwar auch dann, wenn Fälle des§ 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes zu prüfenseien; damit werde nämlich hinsichtlich der Maß-nahmen nach § 81g StPO eine Rechtswegzuweisungvorgenommen, die atypisch den ordentlichen Rechts-weg eröffne, obwohl es sich um Maßnahmen derGefahrenabwehr handele, wie sie bereits in § 81bStPO (Erkennungsdienst) geregelt waren. Wenn nunaber nicht einmal der je nach Verfahrensstand unter-schiedlich bestimmte Richter der StPO, sondern inallen Fällen der Ermittlungsrichter für erkennungs-dienstliche Maßnahmen zuständig sein solle, müsseim Hinblick auf die erheblichen Eingriffe in dieGrundrechte der jeweils betroffenen Person jeden-falls für die Fälle des § 2 DNA-Identitätsfest-stellungsgesetzes erwartet werden, dass dies durcheine eindeutige Regelung der verfahrensrechtlichenAbläufe bestimmt werde.

Vor diesem Hintergrund erscheint eine klarstellendeRegelung durch die beantragte Ergänzung des § 2DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes angebracht. Bis-her haben sich die Entnahme- und Untersuchungs-anordnungen nach § 2 des DNA-Identitätsfeststel-lungsgesetzes auf gegenwärtig in die Justizvollzugs-anstalten der Länder einsitzende Verurteilte be-schränkt. Mit der nunmehr beabsichtigten Auswer-tung des Datenbestandes des Bundeszentralregisters,um Altfälle herauszufinden, bei denen typischer-weise eine Maßnahme nach § 2 DNA-Identitätsfest-stellungsgesetz in Betracht kommen kann, wird sichdie Zahl der von Maßnahmen nach § 2 DNA-Identi-tätsfeststellungsgesetz betroffenen Personen deutlicherhöhen. Maßnahmen der DNA-Analytik werdennicht nur – wie bei den nach Inkrafttreten desDNA-Identitätsfeststellungsgesetzes von allen Lan-desjustizverwaltungen getroffenen Eilmaßnahmen –Verurteilte betreffen, die wegen der Anlasstat ge-genwärtig eine Freiheitsstrafe verbüßen oder unterBewährung stehen. Es wird vielmehr eine nichtunbeträchtliche Zahl von Personen betroffen sein,die die für die Anlasstat verhängte Freiheitsstrafeentweder vollständig verbüßt haben oder denen diewegen der Anlasstat verhängte Freiheitsstrafe, derenVollstreckung insgesamt oder nach Verbüßung eines

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 45 – Drucksache 14/1484

Teiles der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wordenist, nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen wor-den ist, oder die wegen anderer als der Anlasstat ge-genwärtig unter Bewährung stehen. Eine klare Ver-fahrens- und Zuständigkeitsregelung für diese Fällewird, da damit zumindest Streitpunkte hinsichtlichdes Richtervorbehaltes und der Zuständigkeit desErmittlungsrichters ausgeschlossen werden, den Ar-beitsaufwand bei Staatsanwaltschaften und Gerich-ten deutlich vermindern.

Zu Absatz 3 – neu –§ 131a StPO regelt die Ausschreibung zur Auf-enthaltsermittlung eines Beschuldigten oder einesZeugen. Nach dem Wortlaut sind damit die „Ver-urteilten“ bzw. die diesen gleichgestellten Personen“i. S. v. § 2 DNA-IFG nicht erfasst, da sie nichtaktuelle Beschuldigte eines konkreten Ermittlungs-verfahrens sind, aber auch keine Zeugen. Der Erlasseines Vollstreckungshaftbefehls und eine Fahndungs-maßnahme nach § 457 Abs. 1, § 131 StPO i. V. m.§ 34 StVollstrO kommt ebenfalls nicht in Betracht,da die Aufenthaltsermittlung nicht zur Vorbereitungder Vollstreckung einer rechtskräftig verhängtenStrafe dient. Andererseits kann es durchaus erforder-lich sein, den Aufenthalt eines „Verurteilten i. S. v.§ 2 DNA-IFG“ zu ermitteln, gerade wenn seineEintragung im Bundeszentralregister schon langezurückliegt und er unbekannt verzogen oder aussonstigen Gründen nicht auffindbar ist. Um dies zuermöglichen, sollte § 2 DNA-IFG um einen Absatzergänzt werden, in welchem § 131a StPO und dieAnordnungsnorm des § 131c StPO für entsprechendanwendbar erklärt werden.Die Regelungen der Polizeigesetze des Bundes undder Länder bleiben davon unberührt.

27. Zu Artikel 11 (§ 16 Abs. 3 Satz 1Bundeskriminalamtgesetz)

In Artikel 11 § 16 Abs. 3 Satz 1 sind die Wörter„Abwehr einer sonstigen dringenden Gefahr für dieöffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinenGefahr oder einer Lebensgefahr,“ durch das Wort„Gefahrenabwehr“ zu ersetzen.

Begründung

Artikel 13 Abs. 5 Satz 2 des Grundgesetzes erlaubtdie Verwendung mittels Personenschutzsender in derWohnung erlangter Erkenntnis allgemein zur Gefah-renabwehr, ohne dass die Gefahr an die in Artikel 13Abs. 4 des Grundgesetzes genannten Voraussetzun-gen geknüpft wäre. Der Grundgesetzgeber trägthierdurch den Gesichtspunkt Rechnung, dass derEinsatz eines Personenschutzsenders, bei dem sichder Polizeibeamte zwar unter Vortäuschung seinerIdentität, jedoch mit Zustimmung des Wohnungs-inhabers in der Wohnung aufhält, einen geringerenEingriff in Artikel 13 des Grundgesetzes darstellt,als die technische Wohnraumüberwachung ohneKenntnis des Wohnungsinhabers.

Der Verfassungsgeber hat somit bewusst für dietechnische Wohnraumüberwachung einen strengerenMaßstab angelegt, als für die Verwertung aus demEinsatz von Personenschutzsendern in Wohnungengewonnener Erkenntnisse. Für die Angleichung derVoraussetzungen für die Verwertung mit Personen-schutzsender gewonnener Erkenntnisse an diestrengen Voraussetzungen für die Wohnraumüber-wachung nach Artikel 13 Abs. 4 des Grundgesetzesentsprechend der beabsichtigten Neuregelungen des§ 16 Abs. 3 des Bundeskriminalamtgesetzes bestehtdaher kein Anlass.

28. Zu Artikel 15 (Inkrafttreten)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungs-verfahren zu prüfen, ob es einer über Artikel 6 hi-nausgehenden Vorlaufzeit bedarf.

B e g r ü n d u n g

Erforderlich sein kann dies etwa mit Blick auf dieneuen Vorschriften zur Fahndung und zur länger-fristigen Observation, aber auch mit Blick darauf,dass die Regelungen zur Akteneinsicht praktisch be-deutsam sind und es nicht möglich erscheint, dassdie Praxis am Tag nach der Verkündung im Bundes-gesetzblatt umfassend nach dem Recht, das danngilt, verfährt.

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Drucksache 14/1484 – 46 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Anlage 3

Gegenäußerung der Bundesregierung

Zu Nummer 1 (zum Gesetzentwurf insgesamt)

Auch die Bundesregierung betont, dass es sich bei demGesetzentwurf um einen Kompromiss zwischen den In-teressen von Bund und Ländern sowie den Interessenvon Strafverfolgung und Datenschutz handelt, der – auchim Hinblick auf die Dringlichkeit des Vorhabens – nichtmehr in Frage gestellt werden sollte. Insoweit vermagdie Bundesregierung im folgenden Änderungsvorschlä-gen in der Stellungnahme des Bundesrates auch nur in-soweit näher zu treten, als diese aus fachlichen Gründenunverzichtbar sind.

Zu Nummer 2 (zu Artikel 1;Änderung der Strafprozessordnung)

Eine Lösung des aufgezeigten Problems kann nach Auf-fassung der Bundesregierung in erster Linie durch denEinsatz von computerverfremdeten Bildern erzielt wer-den. Dazu bedarf es keiner Gesetzesänderung.

Zu Nummer 3 (zu Artikel 1 Nr. 5; § 131a Abs. 2 StPO)

Die Bundesregierung neigt nach erneuter Prüfung zu derAuffassung, dass es der Regelung des § 131a Abs. 2 StPOnicht bedarf, da die insoweit genannten Fälle wie auchdas vom Bundesrat vorgetragene Anliegen bereits von§ 131a Abs. 1 StPO abgedeckt sein dürften. Sie wirdaber im weiteren Gesetzgebungsverfahren insbesondereprüfen, inwieweit eine dem § 131a Abs. 2 entsprechendeRegelung – ggf. an anderer Stelle – erforderlich ist, uminsbesondere die im Vollstreckungsverfahren erfolgendeAusschreibung zur Sicherstellung von Führerscheinen zuermöglichen.

Zu Nummer 4 (zu Artikel 1 Nr. 5; § 131a Abs. 3Satz 1, 2 und Abs. 4 Satz 3 StPO)

Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag in Num-mer 4a der Stellungnahme des Bundesrates zu. Den Vor-schlag in Nummer 4b der Stellungnahme wird die Bun-desregierung prüfen.

Zu Nummer 5 (zu Artikel 1 Nr. 5; § 131a Abs. 5 StPO)

Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

Die Bundesregierung weist darauf hin, dass nach Num-mer 40 der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfah-ren (RiStBV) zu den Fahndungshilfsmitteln der Strafver-folgungsbehörden auch das Ausländerzentralregister unddas Bundeszentralregister gehören.

Zu Nummer 6 (zu Artikel 1 Nr. 7; § 160 Abs. 4 StPO)

Einer strafprozessualen Maßnahme entgegenstehendelandesgesetzliche Verwendungsregelungen können dannzur Unzulässigkeit der Maßnahme führen, wenn diese

bundesgesetzlichen Verwendungsregelungen entspre-chen. Diese Regelung will sicherstellen, dass der Schutzdes Persönlichkeitsrechts unabhängig von der Verteilungder Gesetzgebungskompetenz für bestimmte Bereichezwischen Bund und Ländern gewährleistet wird. Nursoweit die Polizeigesetze der Länder bundesgesetzlichenVerwendungsregelungen entsprechende Verwendungs-regelungen beinhalten, sind diese mithin im Rahmen derPrüfung der Zulässigkeit einer Maßnahme zu beachten.Damit wird die Bundeseinheitlichkeit der Strafverfol-gung gewährleistet.

Zu Nummer 7 (zu Artikel 1 Nr. 9; § 163 Abs. 1 StPO)

Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

Die Umgestaltung der bisher lediglich als Organisations-norm verstandenen Vorschrift in eine strafprozessualeErmittlungsbefugnis ist nur in dem Umfang veranlasst,in dem der Polizei der erste Zugriff zusteht. Zur Siche-rung des gefährdeten Ermittlungserfolges ist es ausrei-chend, der Polizei bei Gefahr im Verzug das Recht ein-zuräumen, auch Auskunft zu verlangen, also insoweiteine Verpflichtung der ersuchten Behörde zur Aus-kunftserteilung zu bestimmen. Auf Satz 2 der Gegen-äußerung zu Nummer 8 wird im übrigen Bezug genom-men.

Zu Nummer 8 (zu Artikel 1; §§ 163 ff. StPO)

Die Bundesregierung weist hierzu darauf hin, dass dieFrage der Einführung einer Erscheinenspflicht von Zeu-gen bei der Polizei von den Landesjustizverwaltungen inden letzten Jahren mehrfach geprüft und – aus Sicht derBundesregierung zutreffend – mehrheitlich nicht befür-wortet wurde, da ein so schwerwiegender Eingriff wiedie Vorführung eines Zeugen nicht ohne Mitwirkungeines Justizorgans erfolgen dürfe. Die Bundesregierungweist darüber hinaus darauf hin, dass diese Frage dasgrundsätzliche Verhältnis von Staatsanwaltschaft undPolizei betrifft, das aufgrund eines Beschlusses dergemeinsamen Konferenz der Innenministerinnen und-minister und der Justizministerinnen und -minister vom25. Februar 1999 durch den Strafrechtsausschuss derJustizministerkonferenz und den Arbeitskreis II derInnenministerkonferenz geprüft werden soll.

Zu Nummer 9 (zu Artikel 1 Nr. 10; § 163f Abs. 1 Satz 1Nr. 2 StPO)

Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

Die Bundesregierung weist hierzu darauf hin, dass be-reits in § 28 Abs. 2 Nr. 1 des Bundesgrenzschutzgeset-zes, § 23 Abs. 2 Nr. 1 des Bundeskriminalamtgesetzessowie in Länderpolizeigesetzen, wie denen von Bayernund Nordrhein-Westfalen, gleichlautende Regelungen indem Sinne vorliegen, dass auch dort eine an mehr als

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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 47 – Drucksache 14/1484

zwei Tagen stattfindende Observation als längerfristigeObservation bezeichnet wird. Abgesehen von dem Ge-sichtspunkt des Schutzes des Persönlichkeitsrechtes desBetroffenen, der für eine Qualifikation einer mehr als anzwei Tagen stattfindenden Beobachtung als längerfris-tige Observation spricht, gebietet auch der Grundsatzbundeseinheitlicher Regelungen den Vorschlag im Ge-setzentwurf der Bundesregierung.

Zu Nummer 10 (zu Artikel 1 Nr. 10; § 163f Abs. 1Satz 2 StPO)

Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

Die Verwendung des Begriffes des „Beschuldigten“– wie vom Bundesrat vorgeschlagen – ist nicht sachge-recht, da „Täter“ im Sinne der Vorschrift nicht nur der„Beschuldigte“ im Sinne des formellen Beschuldigten-begriffes der Strafprozessordnung ist. Die Vorschrift ent-spricht darüber hinaus anderen Subsidiaritätsklauseln inder Strafprozessordnung wie § 98a Abs. 1 (Rasterfahn-dung), § 100c Abs. 1 (Einsatz technischer Mittel) und§ 163e (Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung).

Zu Nummer 11 (zu Artikel 1 Nr. 12 Buchstabe c;§ 406e Abs. 5 StPO)

Die Bundesregierung wird die Frage im weiteren Verlaufdes Gesetzgebungsverfahrens prüfen.

Zu Nummer 12 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 474 Abs. 2 StPO)

Die Bundesregierung wird prüfen, wie dem Anliegen desBundesrates unter Berücksichtigung der neueren Recht-sprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung ge-tragen werden kann.

Zu Nummer 13 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 476 Abs. 8 StPO)

Die Bundesregierung erhebt gegen den Vorschlag keineBedenken. Sie teilt allerdings nicht die Auffassung desBundesrates, dass der Vorschlag eine Strafbewehrungnach den Strafvorschriften des Bundesdatenschutzgeset-zes zur Folge hat. Die – im 5. Abschnitt des Bundesda-tenschutzgesetzes enthaltene – Strafvorschrift des § 43betrifft nur nach dem Bundesdatenschutzgesetz ge-schützte personenbezogene Daten.

Zu Nummer 14 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 478 Abs. 1 StPO)

Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

Die in § 478 Abs. 1 Satz 4 StPO geregelte Befugnis zurInformationsübermittlung zwischen Polizeibehörden, dieder Vereinfachung und Beschleunigung des Informa-tionsflusses und damit der Effektivierung der Strafver-folgung dient, ist nicht auf Auskunftserteilungen be-schränkt. § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO regelt die Entschei-dungszuständigkeit für Auskunftserteilung und Akten-einsicht. Der Begriff der Übermittlung in Satz 4 decktmithin sowohl die Erteilung von Auskünften als auch dieGewährung von Akteneinsicht ab.

Der vorgeschlagenen Ergänzung bedarf es nicht.

Zu Nummer 15 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 478 Abs. 3Satz 4 – neu – StPO)

Dem Vorschlag wird grundsätzlich zugestimmt.Die Bundesregierung wird im weiteren Gesetzgebungs-verfahren prüfen, ob dem Anliegen dadurch besserRechnung getragen werden kann, daß in § 478 Abs. 1folgender neuer Satz 4 eingefügt wird:„Gegen deren Entscheidung kann die Entscheidung derStaatsanwaltschaft eingeholt werden.“

Zu Nummer 16 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 481 Abs. 1Satz 1 und 2 StPO)

Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.Auf eine Zweckbindung kann nach Auffassung der Bun-desregierung nicht verzichtet werden. Die als General-klausel ausgestaltete Befugnis zur Verwendung perso-nenbezogener Informationen aus Strafverfahren nachMaßgabe der Polizeigesetze zur Gefahrenabwehr be-schränkt die Verwendung nicht auf konkrete Gefahrenund umfasst auch die vorbeugende Verbrechensbekämp-fung. Der Gesetzentwurf entspricht dem Beratungsstandim Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zumStrafverfahrensänderungsgesetz 1996 aus der letzten Le-gislaturperiode.

Zu Nummer 17 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 484 Abs. 4 StPO)Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

Die Speicherung personenbezogener Daten für Zweckedes Polizeirechts ist weder Regelungsgegenstand desGesetzentwurfs insgesamt noch des § 484 StPO im Be-sonderen. § 484 StPO enthält – nur – Dateiregelungenfür Zwecke künftiger Strafverfahren.

Zu Nummer 18 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 485 Satz 4– neu – StPO)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

Zu Nummer 19 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 487 StPO)Die Bundesregierung erhebt gegen den Vorschlag keineBedenken.

Zu Nummer 20 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 488 Abs. 2Satz 2 StPO)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

Zu Nummer 21 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 489 Abs. 3Satz 4 StPO)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

Zu Nummer 22 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 490 Abs. 7Satz 2 StPO)

Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

Nach § 3 Abs. 5 Nr. 4 des Bundesdatenschutzgesetzes istSperren „das Kennzeichnen gespeicherter personenbezo-gener Daten, …“. Der Vorschlag läuft darauf hinaus, dass

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Drucksache 14/1484 – 48 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

die zu sperrenden Daten nicht gekennzeichnet werdenund dass der besondere Schutz durch die Kennzeichnungentfällt. Eine Sperrung kraft Gesetzes ohne Kennzeich-nen ist dem Datenschutzrecht fremd und ist nicht mehrals ein rein materielles Verwendungsverbot.

Zu Nummer 23 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 490 Abs. 7Satz 3 StPO)

Die Bundesregierung erhebt gegen den Vorschlag zwarkeine Bedenken. Sie vermag aber gegenüber dem Gesetz-entwurf keinen Zugewinn an Klarstellung zu erkennen. Sieweist darüber hinaus darauf hin, dass bereits in § 32 Abs. 2Satz 3 des Bundeskriminalamtgesetzes eine dem Gesetz-entwurf entsprechende Formulierung verwendet wird.

Zu Nummer 24 (zu Artikel 1 Nr. 15; § 492 StPO)

§ 492 Abs. 1 StPO regelt nur die Auskunftsrechte desvon einer Speicherung in Dateien Betroffenen. Die Vor-schrift trifft keine Aussage über das Auskunftsrecht zuAktenspeicherungen. Hierfür gelten vielmehr die allge-meinen Datenschutzgesetze. Das heißt, insoweit geltenfür den Bereich des Bundes § 19 des Bundesdaten-schutzgesetzes und für den Bereich der Länderjustiz dieLandesdatenschutzgesetze.

Dem Anliegen des Bundesrates trägt § 19 Abs. 4 Nr. 1des Bundesdatenschutzgesetzes hinreichend Rechnung.Nach dieser Vorschrift unterbleibt die Auskunftsertei-lung, soweit die Auskunft die ordnungsgemäße Erfül-lung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle lie-genden Aufgaben gefährden würde. Hierzu zählt aucheine Gefährdung des Untersuchungszweckes.

Zu Nummer 25 (zu Artikel 9a – neu –;Änderung des Ausländergesetzes)

Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag, § 76Abs. 4 Satz 3 AuslG durch eine Verweisung auf § 17Abs. 1 OWiG zu ergänzen, nicht zu.

Zwar ist zuzugeben, dass durch die Anhebung derHöchstgrenze der Bußgeldandrohung in § 17 Abs. 1 OWiGauf DM 2 000,00 eine Prüfung der Regelung in § 76Abs. 4 Satz 3 AuslG erforderlich ist. Aufgrund der un-terschiedlichen Regelungsmaterien – insoweit ist eineFolgeänderung nicht versehentlich unterblieben – undder ausländerrechtlichen Auswirkungen sollte die Prü-fung jedoch einer eigenständigen Änderung des Auslän-dergesetzes vorbehalten bleiben.

Zweck der Regelungen in § 76 Abs. 4 AuslG ist es, denVorrang des staatlichen Strafverfolgungsanspruchs imallgemeinen dadurch zu sichern, dass die Ausländer-behörde aufgrund der Kenntnis über die Einleitung einesStraf- oder Bußgeldverfahrens die anstehende Entschei-dung über eine Aufenthaltsgenehmigung aussetzen kann(§ 67 Abs. 2 AuslG; Drucksache 11/6321, S. 82 f.). DieseNotwendigkeit wird bei geringfügigen Verstößen, diemit einer Geldbuße bis zu DM 1 000,00 geahndet wer-den können, nicht gesehen. § 76 Abs. 4 Satz 3 AuslG

schließt daher in diesen Fälllen eine Meldepflicht an dieAusländerbehörden aus. Zweck der Regelung in § 76Abs. 4 Satz 3 AuslG ist es damit nicht, durch die nichterfolgende Datenübermittlung bestimmte Verstöße aus-zuklammern, die eine Ausweisung nicht rechtfertigen.Erhält die Ausländerbehörde auf andere Weise Kenntnisvon diesen Verstößen, kann sie diese Umstände in diePrüfung ihrer ausländerrechtlichen Entscheidung miteinbeziehen.

Vor diesem Regelungshintergrund handelt es sich bei dervorgeschlagenen Verweisung auf § 17 Abs. 1 OWiG zu-dem aus Sicht der Bundesregierung um eine unzulässigedynamische Verweisung. Eine abstrakt-generelle Ver-weisung auf § 17 Abs. 1 OWiG trägt im übrigen nichtzur Rechtsklarheit für die meldepflichtigen Stellen bei.

Zu Nummer 26 (zu Artikel 10; § 2 Abs. 2 und 3– neu – DNA-Identitätsfeststellungs-gesetz)

Die Vorschläge zur Änderung des DNA-Identitäts-feststellungsgesetzes in Artikel 10 des Gesetzentwurfssind mittlerweile in einem eigenständigen Gesetzge-bungsvorhaben, dem Gesetz zur Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes, realisiert worden. DiesesGesetz ist am 12. Juni 1999 in Kraft getreten (BGBl. IS 1242, 1243).

Zu Nummer 27 (zu Artikel 11; § 16 Abs. 3 Satz 1Bundeskriminalamtgesetz)

Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.

Die vom Bundesrat beabsichtigte Öffnung der Verwen-dung von im Zuge von Eigensicherungsmaßnahmen ge-wonnenen Erkenntnissen für den gesamten Bereich derGefahrenabwehr geht zu weit. Die Bundesregierung hatsich bewusst an die einschränkende Formulierung desArtikels 13 Abs. 4 GG angelehnt.

Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat im Hinblickauf die grundsätzliche Normierung der Eigensiche-rungsmaßnahmen in Wohnungen durch Artikel 13Abs. 5 GG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Grund-gesetzes (Artikel 13) vom 16. März 1998 (BGBl. IS. 610) sehr wohl zum Ausdruck gebracht, dass er davonausgeht, dass „die Verwertung mit Rücksicht insbeson-dere auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur inengen Grenzen erfolgen [darf], die zumindest denen ent-sprechen, die für die Verwertung der nach den Absät-zen 3 oder 4 gewonnenen Erkenntnisse gelten“ (Berichtdes Rechtsausschusses [6. Ausschuss] des Bundestagesvom 15. Januar 1999, Drucksache 13/9660, S. 8).

Zu Nummer 28 (zu Artikel 15; Inkrafttreten)

Die Bundesregierung wird die Frage im weiteren Ge-setzgebungsverfahren prüfen. Sie weist allerdings bereitsjetzt darauf hin, dass im Hinblick auf die vom Bundesratherangezogenen Vorschriften eine längere Vorlaufzeitals höchstens ein Monat nicht erforderlich sein dürfte.

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ISSN 0722-8333