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Deutscher Bundestag Drucksache 14/1560 14. Wahlperiode 09. 09. 99 Sachgebiet 111 Beschlußempfehlung des Wahlprüfungsausschusses zu den gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestag eingegangenen Wahleinsprüchen A. Problem Gemäß Artikel 41 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes ist die Wahlprü- fung Sache des Bundestages. Dieser hat nach den Bestimmungen des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) auf der Grundlage von Beschluß- empfehlungen des Wahlprüfungsausschusses über die Einsprüche zur Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestag vom 27. September 1998 zu entscheiden. Insgesamt sind 110 Zuschriften eingegangen. Drei der Einspruchs- führer haben ihren Einspruch zurückgenommen, zwei weitere haben erklärt, sie hätten keinen Wahleinspruch einlegen wollen. In zwei weiteren Fällen wurden zwar Wahleinsprüche angekündigt, sie sind jedoch innerhalb der Einspruchsfrist nicht beim Bundestag einge- gangen. In einem Fall hat sich schließlich herausgestellt, daß der Einspruchsführer unter Betreuung steht; sein Betreuer hat eine Genehmigung für den Wahleinspruch nicht erteilt. Über 102 Wahleinsprüche ist zu entscheiden. B. Lösung Zurückweisung der 102 Wahleinsprüche, davon 7 wegen Unzulässigkeit, weil sie erst nach Ablauf der Ein- spruchsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Wahlprüfungsgesetz beim Bun- destag eingegangen sind (§ 6 Abs. 1a Nr. 1 WPrüfG), 2 wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 2 WPrüfG), 1 wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 1 und 2 WPrüfG), 1 wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 1 und 3 WPrüfG), 1 wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 2 und 3 WPrüfG), die übrigen wegen offensichtlicher Unbegründetheit im Sinne des § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG.

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  • Deutscher Bundestag Drucksache 14/156014. Wahlperiode

    09. 09. 99

    Sachgebiet 111

    Beschlußempfehlungdes Wahlprüfungsausschusses

    zu den gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestageingegangenen Wahleinsprüchen

    A. Problem

    Gemäß Artikel 41 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes ist die Wahlprü-fung Sache des Bundestages. Dieser hat nach den Bestimmungen desWahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) auf der Grundlage von Beschluß-empfehlungen des Wahlprüfungsausschusses über die Einsprüchezur Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestag vom27. September 1998 zu entscheiden.Insgesamt sind 110 Zuschriften eingegangen. Drei der Einspruchs-führer haben ihren Einspruch zurückgenommen, zwei weitere habenerklärt, sie hätten keinen Wahleinspruch einlegen wollen. In zweiweiteren Fällen wurden zwar Wahleinsprüche angekündigt, sie sindjedoch innerhalb der Einspruchsfrist nicht beim Bundestag einge-gangen. In einem Fall hat sich schließlich herausgestellt, daß derEinspruchsführer unter Betreuung steht; sein Betreuer hat eineGenehmigung für den Wahleinspruch nicht erteilt.Über 102 Wahleinsprüche ist zu entscheiden.

    B. Lösung

    Zurückweisung der 102 Wahleinsprüche, davon– 7 wegen Unzulässigkeit, weil sie erst nach Ablauf der Ein-

    spruchsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Wahlprüfungsgesetz beim Bun-destag eingegangen sind (§ 6 Abs. 1a Nr. 1 WPrüfG),

    – 2 wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 2 WPrüfG),– 1 wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 1 und 2 WPrüfG),– 1 wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 1 und 3 WPrüfG),– 1 wegen Unzulässigkeit (§ 6 Abs. 1a Nr. 2 und 3 WPrüfG),die übrigen wegen offensichtlicher Unbegründetheit im Sinne des § 6Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG.

  • Drucksache 14/1560 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    Offensichtlich unbegründet sind Wahleinsprüche, diea) einen Sachverhalt vortragen, der einen Fehler bei der Vorberei-

    tung und Durchführung der Wahl nicht erkennen läßt,b) die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen behaupten; im Rahmen

    des Wahlprüfungsverfahrens im Deutschen Bundestag kann einederartige Prüfung nicht erfolgen (seit der 1. Wahlperiode ständigePraxis des Deutschen Bundestages; diese Kontrolle blieb stetsdem Bundesverfassungsgericht vorbehalten),

    c) mangels ausreichender Angabe von Tatsachen nicht erkennenlassen, auf welchen Tatbestand der Einspruch gestützt wird(BVerfGE 40, 11 [30]),

    d) sich zwar auf nachprüfbare Mängel bei der Vorbereitung oderDurchführung der Wahl stützen, wobei diese Mängel jedoch an-gesichts des Stimmenverhältnisses keinen Einfluß auf die Man-datsverteilung haben können (BVerfGE 4, 370 [372 f.]).

    C. Alternativen

    Keine hinsichtlich der Ergebnisse der Entscheidungen.Der Wahlprüfungsausschuß ist jedoch allen behaupteten Wahlmän-geln nachgegangen, auch wenn sie keinen Einfluß auf die Mandats-verteilung im 14. Deutschen Bundestag hatten. Diese Art der Be-handlung soll dafür Sorge tragen, daß sich festgestellte Wahlmängelbei künftigen Wahlen soweit wie möglich nicht wiederholen.

    D. Kosten

    Keine

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1560

    Beschlußempfehlung

    Der Bundestag wolle beschließen,1. die Verfahren zu den Wahleinsprüchen 21/98, 33/98, 43/98,

    50/98, 52/98, 68/98, 87/98 und 90/98 einzustellen,2. die aus den Anlagen 1 bis 102 ersichtlichen Entscheidungen zu

    treffen,3. die Bundesregierung aufgrund der Erfahrungen in Wahlprü-

    fungsangelegenheiten um Prüfung zu bitten, ob die Wahlrechts-vorschriften dahin gehend zu ändern sind, daß� das zur Verteilung der Sitze auf die Listenverbindungen und

    Landeslisten angewandte Berechnungsverfahren nach Hare/Niemeyer (§ 6 Abs. 2, § 7 Abs. 3 Bundeswahlgesetz) durchdas Verfahren nach Sainte-Lague/Schepers ersetzt wird,

    � Stimmzettel in Wahllokalen ohne amtliche Wahlumschlägeabgegeben werden können,

    � Bleistifte nicht mehr als Schreibstifte im Sinne des § 50Abs. 2 Bundeswahlordnung zugelassen werden sollen,

    � der Zugang für Behinderte zum Wahllokal sichergestellt wird,� die Teilnahme von im Ausland lebenden Wahlberechtigten

    an der Wahl durch Verlängerung der Fristen und verbesserteInformation erleichtert wird,

    � die Wahlbenachrichtigung bei bestehendem Nachsendeauf-trag des Empfängers bei der Deutschen Post AG nicht an dieGemeindebehörde zurückgesandt, sondern dem Empfängernachgesandt wird (Änderung des Musters gemäß Anlage 3Bundeswahlordnung),

    � über die ausdrückliche Belehrung des Wahlberechtigten beider Anmeldung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 Bundeswahlord-nung durch die Meldebehörde ein Nachweis zu führen ist.

    Berlin, den 8. September 1999

    Der Wahlprüfungsausschuß

    Erika Simm Dr. Wolfgang Bötsch Anni Brandt-Elsweier Jörg van EssenVorsitzende Berichterstatter Berichterstatterin Berichterstatterund Berichterstatterin (zu den Anlagen 3–15) (zu den Anlagen 16–24, 81–83) (zu den Anlagen 25–32, 84–87)(zu den Anlagen 1 und 2)

    Manfred Grund Hans-Joachim Hacker Steffi LemkeBerichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin(zu den Anlagen 33–44, 88–90) (zu den Anlagen 45–54, 91, 92) (zu den Anlagen 55–62)

    Dr. Peter Paziorek Hans-Christian Ströbele Dieter WiefelspützBerichterstatter Berichterstatter Berichterstatter(zu den Anlagen 63–71, 93–96) (zu den Anlagen 97–99) (zu den Anlagen 72–80, 100–102)

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/1560

    Anlage 1

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 18/98 –des Herrn Andreas Röhler

    wohnhaft: Danziger Straße 219, 10407 Berlin

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit einem vom 30. Oktober 1998 datierten Schreiben,das per Fax erstmals am 5. Oktober 1998 und im un-terschriebenen Original am 14. Oktober 1998 beimWahlprüfungsausschuß eingegangen ist, hat der Ein-spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum14. Deutschen Bundestag am 27. September 1998Einspruch eingelegt.

    In der Begründung seines Wahleinspruchs beanstan-det der Einspruchsführer zwei Urteile des Landge-richts Berlin gegen zwei Redakteure und Herausge-ber. Der Einspruchsführer vertritt die Auffassung, dieVerurteilten seien „Opfer einer reinen Gesinnungsju-stiz“ geworden. Als oppositionelle Publizisten seigegen sie eine „politische Polizei und Justiz“ einge-setzt worden. Da infolge der Inhaftierung der beidenVerurteilten die Herausgabe der „oppositionellenund vergleichsweise auflagenstarken“ Berlin-Bran-denburger Zeitung sowie weiterer Publikationen un-terbunden worden sei, sei die Freiheit der Bundes-tagswahl nicht gewährleistet gewesen. Das Vorgehenvon Polizei und Justiz sei zudem von einer Reiheeklatanter Rechtsbrüche begleitet gewesen.

    Der Einspruchsführer hat außerdem beantragt, dievon ihm beanstandeten Urteile des Landgerichts Ber-lin zum Wahlprüfungsverfahren hinzuzuziehen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vortragswird auf den Akteninhalt verwiesen.

    2. Der Wahlprüfungsausschuß hat beschlossen, von ei-ner Beiziehung der vom Einspruchsführer angegriffe-nen Urteile des Landgerichts Berlin abzusehen. Er hatnach Prüfung der Sach- und Rechtslage außerdem be-schlossen, gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 des Wahlprü-fungsgesetzes (WPrüfG) von der Anberaumung eineröffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand zunehmen.

    Entscheidungsgründe

    Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim DeutschenBundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch offen-sichtlich unbegründet. Der Einspruchsführer hat einenWahlfehler durch Verletzung von Vorschriften desWahlrechts nicht dargetan.

    Das Wahlprüfungsverfahren setzt die Rüge von Mängelnbei der Anwendung der für die Wahl geltenden wahl-rechtlichen Regelungen voraus (BVerfGE 89, 243, 251).Ein solcher Wahlfehler ist hier jedoch nicht vorgetragen,da der Einspruchsführer seine Wahlanfechtung aus-schließlich auf die Beanstandung der beschriebenen Ur-teile des Landgerichts Berlin stützt. Wahlfehler könnenvon amtlichen Wahlorganen (vgl. § 8 des Bundeswahl-gesetzes – BWG) begangen werden und auch von Drit-ten, soweit sie unter Bindung an wahlgesetzliche Anfor-derungen kraft Gesetzes Aufgaben bei der Organisationeiner Wahl erfüllen. Dies ist bei Entscheidungen der Ge-richte jedoch nicht der Fall.

    Die Gerichte sind weder Wahlorgane im Sinne des Bun-deswahlgesetzes noch erfüllen sie sonst Aufgaben beider Organisation einer Wahl. Ihre Entscheidungen erge-hen vielmehr in Ausübung der rechtsprechenden Gewalt,die den Richtern in Artikel 20 Abs. 3 und Artikel 92 desGrundgesetzes ausdrücklich anvertraut ist. Gemäß Arti-kel 97 des Grundgesetzes sind die Richter unabhängigund nur dem Gesetz unterworfen.

    Entscheidungen der Gerichte unterliegen deswegen nichtder Kontrolle durch den Deutschen Bundestag; dies giltauch für das Wahlprüfungsverfahren. Sie sind – abgese-hen von der Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde –nur mit den von der jeweiligen Prozeßordnung vorgese-henen Rechtsmitteln anfechtbar; dies sind im Falle vonStrafurteilen die Berufung und die Revision unter den in§§ 312ff. und 333ff. der Strafprozeßordnung genanntenVoraussetzungen.

  • Drucksache 14/1560 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    Einer Beiziehung der vom Einspruchsführer angegriffe-nen Urteile zum Wahlprüfungsverfahren bedarf es dahernicht. Der Einspruch ist vielmehr gemäß § 6 Abs. 1aNr. 3 WPrüfG als offensichtlich unbegründet zurückzu-weisen.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset-zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 11. August 1993),der als Anlage beigefügt ist, unter den dort genann-ten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen ei-ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassungdes Deutschen Bundestages – –beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/1560

    Anlage 2

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 64/98 –des Herrn Hans-Jürgen Goetz

    wohnhaft: Gutshofstraße 28, 13465 Berlin

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit einem vom 24. Oktober 1998 datierten Schreibenhat der Einspruchsführer Einspruch gegen die Gültig-keit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestag am27. September 1998 eingelegt.

    Zur Begründung seines Einspruchs führt er aus, daßer – wie auch schon bei den Bundestagswahlen 1990und 1994 – jeweils in dem Land Berlin und im LandMecklenburg-Vorpommern gewählt habe. Als Beweisdafür hat der Einspruchsführer eine Kopie der beidenWahlbenachrichtigungen übersandt, die er je unter ei-ner Anschrift in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern erhalten hat. Durch seine Doppelwahlwiderspricht nach Auffassung des Einspruchsführersdie Wahl zum 14. Deutschen Bundestag dem Grund-gesetz und den §§ 4 und 14 des Bundeswahlgesetzes(BWG).

    Zu dem Wahleinspruch hat sowohl der zuständigeKreiswahlleiter für den Wahlkreis 251 (Berlin-Reinickendorf) als auch der Kreiswahlleiter für denWahlkreis 268 (Greifswald-Wolgast-Demmin) eineStellungnahme abgegeben.

    Der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 251 (Berlin-Reinickendorf) gibt an, daß der Einspruchsführer am17. Oktober 1989 von 0221 Waschow/Wolgast(Mecklenburg-Vorpommern) mit Hauptwohnsitznach Berlin zugezogen und seitdem in Berlin mitHauptwohnung unter verschiedenen Adressen gemel-det sei. Der Einspruchsführer sei vom 17. Oktober1989 bis 30. November 1989 in der Pretzower Str. 3,vom 1. Dezember 1989 bis 4. Dezember 1991 in derMehringerstr. 24 und seit dem 5. Dezmber 1991 inder Gutshofstr. 28 in Berlin jeweils mit Hauptwohn-sitz gemeldet gewesen. Er – der Einspruchsführer –habe am 27. September 1998 im Wahlkreis Berlin-Reinickendorf seine Stimme zur Bundestagswahl1998 persönlich abgegeben.

    Nach Angaben des Kreiswahlleiters für den Wahl-kreis 268 (Greifswald-Wolgast-Demmin) ist der Ein-

    spruchsführer am 14. April 1987 von Greifswald nachPulow, Ortsteil Waschow, Waldweg 4 zugezogen undseit diesem Zeitpunkt mit Hauptwohnsitz in Pulowgemeldet. Meldebehörde für die Gemeinde Pulow seidas Amt Ziethen, welches dem Einspruchsführer am20. November 1995 einen Personalausweis unter dergenannten Adresse in Waschow ausgestellt habe. Au-ßerdem sei der Einspruchsführer nach den Meldeun-terlagen des Amtes Ziethen seit dem 12. Dezember1991 mit einer Nebenwohnung in Berlin, Gutshof-str. 28, gemeldet. Der Kreiswahlleiter für den Wahl-kreis 268 bestätigt, daß der Einspruchsführer in derGemeinde Pulow am 27. September 1998 persönlichseine Stimme zur Wahl des 14. Deutschen Bundesta-ges abgegeben habe.

    Die Stellungnahmen der Kreiswahlleiter wurden demEinspruchsführer zur Kenntnis gegeben.

    2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung derSach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1aNr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von derAnberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-handlung Abstand zu nehmen.

    Entscheidungsgründe

    Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim DeutschenBundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch trotzfestzustellender Wahlfehler offensichtlich unbegründet.

    Ein Wahlfehler liegt darin begründet, daß der Ein-spruchsführer in verschiedenen Wahlkreisen zweimalseine Stimme zur Bundestagswahl 1998 abgegeben hat.Wahlbenachrichtigungen werden aufgrund der Eintra-gung in das Wählerverzeichnis einer Gemeinde erteilt(§ 19 Bundeswahlordnung – BWO). Die Eintragung indas Wählerverzeichnis ist gemäß § 14 Abs. 1 BWGgrundsätzlich Voraussetzung für die Ausübung desWahlrechts. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 BWO sind alleWahlberechtigten von Amts wegen in das Wählerver-

  • Drucksache 14/1560 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    zeichnis einzutragen, die am 35. Tage vor der Wahl(Stichtag) bei der Meldebehörde für eine Wohnung ge-meldet sind. Bei mehreren Wohnungen ist die für dieHauptwohnung zuständige Gemeinde für die Eintragungin das Wählerverzeichnis zuständig (§ 17 Abs. 1 Nr. 1BWO). Der Einspruchsführer war zum maßgeblichenStichtag sowohl unter der Anschrift 13465 Berlin, Guts-hofstr. 28 als auch unter der Anschrift 17440 Pulow,Ortsteil Waschow, Waldweg 4 mit Hauptwohnsitz ge-meldet. Dies hatte zur Folge, daß er von den zuständigenMeldebehörden in das jeweilige Wählerverzeichnis ein-getragen worden ist und dementsprechend auch zweiWahlbenachrichtigungen erhalten hat. Auch dies be-gründet einen Wahlfehler.

    Das Melderegister ist die Grundlage für die Erstellungdes Wählerverzeichnisses. Das Melderechtsrahmenge-setz (MRRG) regelt u.a. die Mitteilungspflichten zwi-schen den Meldebehörden, wenn sich ein Einwohner beieiner Meldebehörde angemeldet hat. Erfolgt die Daten-übermittlung zwischen den Meldebehörden gemäß § 17MRRG ordnungsgemäß, dürfte die Anmeldung einesEinwohners unter zwei verschiedenen Anschriften mitHauptwohnsitz, wie in diesem Fall geschehen, nicht vor-kommen. Dem Einspruchsführer war dieser melderecht-liche Fehler bekannt. Er hat nach eigenem Vortrag be-reits zum dritten Mal zwei Wahlbenachrichtigungen er-halten. Anstatt diesen Fehler durch entsprechende Infor-mation der Meldebehörden aufzuklären, hat er beiden Bundestagswahlen 1990, 1994 und 1998 be-wußt sein Wahlrecht zweimal durch persönliche Stimm-abgabe ausgeübt. Hierdurch hat er gegen § 14 Abs. 4

    BWG verstoßen, was zur Ungültigkeit beider Stimmenführt.

    Trotz der festgestellten Wahlfehler kann der Einspruchwegen des Abstandes der von den einzelnen Parteien inden Wahlkreisen 251 und 268 erzielten Stimmenergeb-nisse keinen Erfolg haben. Die von dem Einspruchsfüh-rer abgegebenen Stimmen wirken sich auf das Wahler-gebnis in den genannten Wahlkreisen nicht in der Weiseaus, daß sie die Mandatsverteilung im Bundestag beein-flußt haben. Nach der ständigen Rechtsprechung desBundesverfassungsgerichtes, der sich der Wahlprüfungs-ausschuß stets angeschlossen hat, können nämlich nursolche Wahlfehler erfolgreich einen Wahleinspruch be-gründen, die auf die Mandatsverteilung von Einfluß sindoder hätten sein können. Da diese Voraussetzung hiernicht erfüllt ist, ist der Einspruch gemäß § 6 Abs. 1aNr. 3 WPrüfG als offensichtlich unbegründet zurückzu-weisen.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset-zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 11. August 1993),der als Anlage beigefügt ist, unter den dort genann-ten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen ei-ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassungdes Deutschen Bundestages – –beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/1560

    Anlage 3

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 16/98 –des Herrn Volker Römer

    wohnhaft: in Berlin, obdachlos

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit Schreiben vom 2. Oktober 1998 hat Herr VolkerRömer Einspruch gegen die Wahl zum 14. DeutschenBundestag am 27. September 1998 eingelegt.

    Der Einspruchsführer, der sich selbst als „obdachlosdurch Korruption des Landeseinwohneramtes Berlin“bezeichnet, begründet seinen Einspruch im wesentli-chen damit, er sei als Obdachloser gezwungen, sichwiderrechtlich eine Postadresse zu beschaffen, um ander Bundestagswahl teilnehmen zu können. Ein Ob-dachloser müsse entweder eine Straftat begehen, umin den Besitz einer „Briefkastenanschrift“ zu kommenoder er werde bewußt von der Wahl mittels „Mani-pulationen der Wählerlisten“ ausgeschlossen. Da diemeisten Obdachlosen bei den Sozialämtern registriertseien, könne man verlangen, daß die Behörden dafürSorge tragen, daß dieser Personenkreis in die Wäh-lerlisten aufgenommen werde. Der Einspruchsführeräußert weiterhin die Ansicht, die Zahl der Obdachlo-sen im gesamten Bundesgebiet sei groß genug, umdie Zusammensetzung des Deutschen Bundestages zuverändern.

    In seiner Einspruchsschrift zählt der Einspruchsführeraußerdem die Versuche auf, die er persönlich unter-nommen habe, um an der Bundestagswahl 1998 teil-nehmen zu können. Dazu gehören Strafanträge undKlagen wegen „Wahlbetrugs“ sowie Anträge auf Er-teilung von Briefwahlunterlagen. Eine seiner Klagenhabe einen Antrag auf Briefwahl ohne „Wohnsitz“und ohne gültige Personaldokumente beinhaltet, inVerbindung mit dem Nachweis darüber, daß er am28. August 1998 zur Briefwahl in das Wählerver-zeichnis Wahlkreis 257; Wahlschein 14/5c/0121;Wählerverzeichnis Nr. 738; Wahlbezirk 05534 ein-getragen worden sei.

    Der Einspruchführer bezieht sich in der Begründungseines Einspruches auch auf einen Einspruch, den er

    1990 in einer ähnlichen Angelegenheit bereits gegendie damalige Bundestagswahl eingelegt hatte undder vom Bundestag als offensichtlich unbegründetzurückgewiesen worden ist. Dieser Vorgang beweistnach Ansicht des Einspruchsführers, daß „das Par-lament ... den durch die Einwohnermeldeämterbegangenen Wahlbetrug unter Verletzung vonArtikel 3 des Grundgesetzes mitgetragen“ habe. Erbeantragt deshalb, seinen Einspruch an das Bun-desverfassungsgericht zur Feststellung der Verlet-zung der Verfassung weiterzuleiten. Außerdem be-antragt er die Durchführung von Nachwahlen, ins-besondere an den Orten, wo konzentriert Obdach-lose leben.

    Der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 257 (Berlin-Neukölln) führt in seiner Stellungnahme zu diesemWahleinspruch aus, der Einspruchsführer habe mitSchreiben vom 17. August 1998 einen Briefwahlan-trag unter Angabe einer „Briefkastenanschrift“ beimVerwaltungsgericht Berlin gestellt. Diesem Antragsei in Absprache mit dem Landeswahlleiter am28. August 1998 entsprochen worden. Der Ein-spruchsführer sei in das Wählerverzeichnis imStimmbezirk 14/257/05534 Nr. 781 eingetragen wor-den. Der Wahlschein und die dazugehörigen Brief-wahlunterlagen seien dem Einspruchsführer an dievon ihm gewünschte Anschrift zugestellt worden.

    Ein dem Wahlprüfungsausschuß vorliegender EDV-Ausdruck aus dem Wahlinformationssystem desBezirksamtes Berlin-Neukölln bestätigt diese Anga-ben. Außerdem ist daraus ersichtlich, daß die Über-sendung der Briefwahlunterlagen am 31. August1998 erfolgte.

    2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung derSach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6Abs. 1a Nr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG)von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichenVerhandlung Abstand zu nehmen.

  • Drucksache 14/1560 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    Entscheidungsgründe

    Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim DeutschenBundestag eingegangen. Er ist zulässig jedoch offen-sichtlich unbegründet. Selbst wenn ein Wahlfehler vor-läge, was nicht völlig ausgeschlossen werden kann,würde er dem Einspruch mangels Einfluß auf die Sitz-verteilung im Bundestag nicht zum Erfolg verhelfen.

    Die vom Einspruchsführer behauptete Verfassungswid-rigkeit des Wahlsystems wegen Verletzung des Grund-satzes der Allgemeinheit der Wahl (Artikel 38 Abs. 1Grundgesetz) liegt nicht vor, denn der Einspruchsführergeht fehl in der Annahme, Wahlberechtigte ohne festenWohnsitz (Wohnungslose), müßten sich widerrechtlicheine sog. Briefkastenanschrift zulegen, um an der Bun-destagswahl teilnehmen zu können.

    Auch deutsche Staatsbürger ohne festen Wohnsitz besit-zen gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Bundeswahlgesetz (BWG)das Wahlrecht, sofern sie sich seit mindestens drei Mo-naten gewöhnlich in der Bundesrepublik Deutschlandaufhalten. Diese Personen können gemäß § 16 Abs. 2Nr. 1 Buchstabe b Bundeswahlordnung (BWO) ihreEintragung in das Wählerverzeichnis beantragen. DerAntrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis istgemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 BWO bei der zuständigenGemeindebehörde zu stellen, in der der Wahlberechtigteam Stichtag (35. Tag vor der Wahl) übernachtet hat. DieBeantragung hat gemäß § 18 Abs. 1 BWO schriftlich bisspätestens zum 21. Tag vor der Wahl zu erfolgen.

    Der Einspruch ist auch insoweit offensichtlich unbe-gründet, als der Einspruchsführer behauptet, Woh-nungslose würden bewußt von der Wahl mittels „Mani-pulationen der Wählerlisten“ ausgeschlossen. Dies isteine allgemeine Behauptung, die der Einspruchsführerdurch keine konkreten Fälle, außer seinem eigenen, be-legt hat. Sein Verlangen, man müsse diesen Personen-kreis aufgrund ihrer Registrierung bei den Sozialämternin die Wählerlisten aufnehmen, entspricht nicht der gel-tenden Rechtslage. Es ist nicht Sache der Sozialämter, ander Erstellung der Wählerverzeichnisse mitzuwirken. Daauch für diesen Personenkreis die Möglichkeit der Aus-übung ihres Wahlrechts – wie bereits erläutert – besteht,kann von einem generellen Ausschluß wohnungsloserMitbürger von Bundestagswahlen nicht die Rede sein.

    Ob im Falle des Einspruchsführers die Regeln des Bun-deswahlrechts korrekt angewendet worden sind, warnach dem Sachverhalt nicht eindeutig feststellbar, zumaldie Aufklärung dadurch erschwert worden ist, daß derEinspruchsführer keine Adresse angegeben hat und auchder Kreiswahlleiter des Wahlkreises 257 dem Wahlprü-fungsausschuß keine gültige Anschrift mitteilen konnte.

    Der Einspruchsführer hat nach eigenen Angaben einen„Antrag auf Briefwahlunterlagen“ am 12. August 1998beim Landeswahlleiter Berlin gestellt. Aus der Stellung-nahme des Kreiswahlleiters Berlin-Neukölln geht hervor,daß der Einspruchsführer mit Schreiben vom 17. August1998 einen Briefwahlantrag beim VerwaltungsgerichtBerlin gestellt hat. Trotz dieser widersprüchlichen Anga-ben ist es jedoch unstreitig, daß der Einspruchsführer

    einen Antrag zur Teilnahme an der Bundestagswahlmittels Briefwahl unter Angabe einer sogenannten Brief-kastenanschrift gestellt hat und daß dieser Antragschließlich auch bei der zuständigen Stelle, dem Wahl-amt des Bezirkes Neukölln von Berlin, eingegangen ist.

    Das sodann vom Bezirksamt Neukölln eingeschlageneVerfahren ist nicht in jeder Hinsicht fehlerfrei. Es hatdem Wunsch des Einspruchsführers entsprochen, indemes ihm einen Wahlschein ausstellte und diesen zusam-men mit den angeforderten Briefwahlunterlagen an dieangegebene Adresse sandte, obwohl es wußte oder hättewissen müssen, daß es sich hier um eine Scheinadresseeines Wohnungslosen handelte. Dies ergibt sich – wieaus der Stellungnahme ersichtlich – zum einen aus demAntrag des Einspruchsführers mit der ausdrücklichenBitte um Übersendung der Unterlagen an eine „Briefka-stenanschrift“ und zum anderen aus der Kenntnis, daßder Einspruchsführer seit dem 29. April 1996 über keinemelderechtliche Anschrift in Berlin verfügte. Eine Auf-klärung des Einspruchsführers über die Möglichkeit derEintragung in das Wählerverzeichnis mittels Antraghätte seinen Irrtum, man müsse zur Ausübung seinesWahlrechts über eine Anschrift verfügen, beseitigt undder Rechtslage entsprochen.

    Dennoch kann davon ausgegangen werden, daß der Ein-spruchsführer die Briefwahlunterlagen auch tatsächlichbekommen hat, weil er in seinem Einspruch im wesentli-chen alle Angaben aus dem Wahlinformationssystem desBezirksamtes zutreffend wiedergibt. Selbst wenn alsodurch das Vorgehen des Wahlamtes Fehler vorgekom-men sein sollten, hatte der Einspruchsführer die Mög-lichkeit, sein Wahlrecht durch Briefwahl auszuüben. Ober davon Gebrauch gemacht hat, ist für das Wahlprü-fungsverfahren unerheblich. Eine Veränderung desWahlergebnisses durch das Verschulden der Wahlbehör-de ist jedenfalls ausgeschlossen.

    Soweit der Einspruchsführer schließlich Nachwahlen fürObdachlose verlangt, kann dem nicht stattgegeben wer-den, weil zum einen die Möglichkeit der Teilnahme vonwohnungslosen Wahlberechtigten durch die Wahlrechts-vorschriften – wie bereits erläutert – gewährleistet ist.Zum anderen hat der Einspruchsführer eine Verletzungdieser Regelungen in einem Ausmaß, das sich auf dieZusammensetzung des Bundestages auswirken würde,nicht dargetan.

    Der Wahlprüfungsausschuß sieht sich mangels hinrei-chend bestimmtem Anfechtungsgegenstand an einer nä-heren Prüfung gehindert. Denn die Wahlprüfung findetweder von Amts wegen statt noch erfolgt sie stets in Ge-stalt einer Durchprüfung der gesamten Wahl. Vielmehrerfolgt nach § 2 Abs. 1 und 3 WPrüfG die Wahlprüfungnur auf Einspruch, der zu begründen ist. Die Begründungmuß mindestens den Tatbestand, auf den die Anfechtunggestützt wird, erkennen lassen und genügend substan-tiierte Tatsachen enthalten (BVerfGE 40, 11, 30).

    Auch dem Antrag des Einspruchsführers, seinen Ein-spruch an das Bundesverfassungsgericht zur Feststellungder Verletzung der Verfassung weiterzuleiten, kann nichtentsprochen werden. Gemäß Artikel 41 Abs. 1 Satz 1Grundgesetz ist die Wahlprüfung Sache des Bundestages.

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 – Drucksache 14/1560

    Allerdings ist er nicht befugt, Wahleinsprüche an dasBundesverfassungsgericht weiterzuleiten. Gegen die Ent-scheidung des Bundestages ist jedoch gemäß Artikel 41Abs. 2 Grundgesetz die Beschwerde an das Bundesverfas-sungsgericht zulässig. Die formellen Voraussetzungen fürdie Beschwerde sind in § 48 Bundesverfassungsgerichts-gesetz (BVerfGG) geregelt. Danach müssen der Be-schwerde eines Wahlberechtigten, dessen Einspruch vomBundestag verworfen worden ist, mindestens einhundertWahlberechtigte beitreten (§ 48 Abs. 1 und 2 BVerfGG).Der Einspruch ist deshalb gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3WPrüfG als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset-zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 11. August 1993),der als Anlage beigefügt ist, unter den dort genann-ten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen ei-ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassungdes Deutschen Bundestages – –beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

  • Drucksache 14/1560 – 12 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 13 – Drucksache 14/1560

    Anlage 4

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 17/98 –des Herrn Olaf Reinkensmeier

    wohnhaft: Wilhelmstraße 48, 10117 Berlin

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit Schreiben vom 2. Oktober 1998, welches am6. Oktober 1998 beim Bundestag eingegangen ist, hatder Einspruchsführer die Wahl zum 14. DeutschenBundestag am 27. September 1998 angefochten, weiler keine Wahlbenachrichtigung erhalten hat.

    Dem Einspruch liegt folgender Sachverhalt zugrunde:Der Einspruchsführer zog Ende August von Bonnnach Berlin um. Er meldete sich aus diesem Grundam 28. August 1998 beim Einwohnermeldeamt Bonnab und am 1. September 1998 beim Landeseinwohne-ramt Berlin an. Eine Wahlbenachrichtigung erhielt erweder in Bonn noch in Berlin, obwohl er einen Nach-sendeantrag bei der Post gestellt hatte. Da er der Mei-nung war, man könne auch ohne Wahlbenachrichti-gung im Wahllokal seine Stimme abgeben, suchte eram Tag der Bundestagswahl das seiner Ansicht nachfür ihn zuständige Wahllokal in Berlin auf. Dort wur-de ihm mitgeteilt, daß er nicht im Wählerverzeichniseingetragen sei. Der Leiter des Wahl-lokals teilte dem Einspruchsführer nach Rücksprachemit dem Landeswahlleiter mit, er könne seine Stimmenicht in Berlin abgeben. Ein nach dem 23. August1998 erfolgter Wohnsitzwechsel hätte in den Wahl-unterlagen nicht mehr berücksichtigt werden können.Der Einspruchsführer führt seine Nichteintragung indas Wählerverzeichnis in Berlin auf Versäumnisseoder Organisationsmängel der beteiligten Einwoh-nermeldeämter zurück und hat deshalb seinen Ein-spruch eingelegt.

    Die Stadt Bonn hat in ihrer Stellungnahme zu demVorgang ausgeführt, der Einspruchsführer sei in dasWählerverzeichnis des Wahlbezirks 061 unter laufen-der Nummer 1061 eingetragen worden, weil er andem für die Erstellung des Wählerverzeichnissesmaßgeblichen Stichtag (23. August 1998) noch mitHauptwohnsitz in Bonn gemeldet gewesen sei. Dieentsprechende Wahlbenachrichtigung sei ihm am25. August 1998 per Info-Post an seine Adresse inBonn zugesandt worden. Die Deutsche Post AG habe

    die Wahlbenachrichtigung mit dem Vermerk derneuen Anschrift des Einspruchsführers in Berlin andas Wahlamt Bonn zurückgesandt, weil Wahlbenach-richtigungskarten entsprechend dem amtlichen Musterin Anlage 3 zur Bundeswahlordnung (BWO) auch beibestehenden Nachsendeanträgen nicht nachzusendenseien.

    Dem Einspruchsführer sei bei seiner Abmeldung am28. August 1998 in Bonn ein Merkblatt übergebenworden, aus dem sich die bei Änderung des Wohnsit-zes für die Ausübung des Wahlrechts maßgeblichenRechtsfolgen ergäben. Danach hätte der Einspruchs-führer bis spätestens zum 6. September 1998 einenAntrag auf Aufnahme in das Wählerverzeichnis amneuen Wohnort stellen müssen, was offensichtlichnicht erfolgt sei, da die Stadt Bonn hierüber keineNachricht erhalten habe. Außerdem hätte sich derEinspruchsführer während der öffentlichen Ausle-gung der Wählerverzeichnisse in der Zeit vom 7. bis11. September 1998 über seine Eintragung bzw.Nichteintragung informieren können. Des weiterenhabe er die Möglichkeit gehabt, an der Bundestags-wahl mittels Briefwahl teilzunehmen.

    Nach der Stellungnahme des LandeseinwohneramtesBerlin erfolgte die Belehrung gemäß § 16 Abs. 3BWO ebenfalls unter Verwendung eines Merkblattes,welches in der von dem Einspruchsführer am 1. Sep-tember 1998 aufgesuchten Meldestelle an jedem Be-dienungsplatz deutlich sichtbar ausgelegt gewesensei. Außerdem seien Besucher, die ihren Wohnungs-status ändern wollten, speziell auf dieses Merkblatthingewiesen worden. Es könne jedoch nicht ganzausgeschlossen werden, daß – bedingt durch das hohePublikumsaufkommen – in einem Einzelfall der spe-zielle Hinweis unterblieben sei.

    Der Einspruchsführer hat zu der Stellungnahme derStadt Bonn folgendes vorgetragen: Er habe sich biszum Tage seines Auszuges aus der Wohnung in Bonnam 28. August 1998 dort aufgehalten. Dementspre-chend hätte ihn die Wahlbenachrichtigungskarte, die

  • Drucksache 14/1560 – 14 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    nach der Stellungnahme des Kreiswahlleiters derStadt Bonn am 25. August abgeschickt worden sei,unter Berücksichtigung der gewöhnlichen Postlauf-zeit innerhalb einer Gemeinde in dieser Zeit erreichenmüssen. Sie sei ihm trotz eines entsprechenden An-trages bei der Deutschen Post AG auch nicht nachge-sendet worden. Ein Merkblatt über die Ausübung desWahlrechts bei Änderung des Wohnsitzes habe erweder bei seiner Abmeldung in Bonn noch bei seinerAnmeldung in Berlin erhalten.

    2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung derSach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1aNr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von derAnberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-handlung Abstand zu nehmen.

    Entscheidungsgründe

    Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim DeutschenBundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch offen-sichtlich unbegründet.

    Anhand des vorgetragenen Sachverhaltes konnte nichteindeutig geklärt werden, ob hier ein Wahlfehler began-gen worden ist, weil im nachhinein nicht mehr fest-gestellt werden kann, ob der Einspruchsführer bei derseiner Anmeldung von der Meldebehörde in Berlin tat-sächlich belehrt worden ist. Sollte diese Belehrungunterblieben sein, läge ein Verstoß gegen § 16 Abs. 3Satz 3 BWO und damit ein Wahlfehler vor. Selbst wennein solcher Wahlfehler vorläge, würde dieser dem Wahl-einspruch nicht zum Erfolg verhelfen, weil ein Einflußauf die Mandatsverteilung im Bundestag angesichts derdeutlichen Stimmenabstände zwischen den einzelnenWahlbewerbern und Parteien ausgeschlossen ist. Nachständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-richts, der sich der Wahlprüfungsausschuß stets ange-schlossen hat, können nämlich nur solche Wahlfehlereinen Wahleinspruch erfolgreich begründen, die auf dieMandatsverteilung von Einfluß sind oder hätten seinkönnen. Infolgedessen scheiden alle Verstöße von vorn-herein als unerheblich aus, die die Ermittlung des Wahl-ergebnisses nicht berühren (seit BVerfGE 4, 370, [372]ständige Rechtsprechung). Selbst solche Wahlfehler, diedie Ermittlung des Wahlergebnisses betreffen, sind dannunerheblich, wenn sie angesichts des Stimmenverhältnis-ses keinen Einfluß auf die Mandatsverteilung habenkönnen.

    Der Einspruchsführer wurde gemäß § 16 Abs. 1 BWOvon Amts wegen in das für ihn zuständige Wählerver-zeichnis eingetragen, weil er am Stichtag 23. August1998 (35. Tag vor der Wahl) unter seiner Anschrift inBonn mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Verlegt einWahlberechtigter, der von Amts wegen in das Wähler-verzeichnis eingetragen worden ist, seine Wohnung undmeldet sich vor Beginn der Auslegungsfrist für dasWählerverzeichnis, hier der 7. September 1998 (gemäߧ 17 Abs. 1 Bundeswahlgesetz – BWG: 20. Tag vor derWahl), bei der Meldebehörde des Zuzugsortes an, sowird er gemäß § 16 Abs. 3 BWO nur auf Antrag in das

    Wählerverzeichnis der Zuzugsgemeinde eingetragen.Der Einspruchsführer hat einen solchen Antrag auf Ein-tragung in das Wählerverzeichnis der Zuzugsgemeindezu keiner Zeit gestellt.

    Der Wahlberechtigte ist gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 BWOüber diese Möglichkeit der Eintragung in das Wählerver-zeichnis auf Antrag bei der Anmeldung zu belehren. DieBundeswahlordnung regelt jedoch nicht, in welcherForm die Belehrung zu erfolgen hat.

    Nach den Stellungnahmen der beteiligten Meldebehör-den in Bonn und Berlin wurden Personen bei der An-und Abmeldung mit Hilfe eines Merkblattes für die Aus-übung des Wahlrechts zum 14. Deutschen Bundestag am27. September 1998 bei Änderung des Wohnortes be-lehrt. Während die Bonner Meldebehörde, die im Falledes Einspruchsführers wegen dessen Abmeldung keinerBelehrungspflicht unterlag, diesem dennoch ein Merk-blatt ausgehändigt haben will, erfolgte die Belehrung beider Berliner Meldebehörde lediglich durch die öffent-liche Auslegung eines solchen Merkblattes an den Be-dienungsschaltern. Personen, die ihren Wohnungsstatusändern wollten, seien speziell auf dieses Merkblatt hin-gewiesen worden. Ein Nachweis über die möglicherwei-se erfolgte Belehrung wurde bei beiden Behörden nichtgeführt.

    Der Einspruchsführer behauptet dagegen, er sei wederbei der Ab- noch bei der Anmeldung belehrt worden. Obdiese Belehrung erfolgt ist, konnte deshalb nicht ab-schließend geklärt werden.

    Die Nichtzulassung des Einspruchsführers zur Stimmab-gabe in dem von ihm aufgesuchten Wahllokal in Berlinam Tage der Bundestagswahl war rechtmäßig, weil erdort weder im Wählerverzeichnis eingetragen war nocheinen Wahlschein vorweisen konnte und deshalb dieformelle Wahlberechtigung gemäß § 14 Abs. 1 BWGnicht erfüllte.

    Ebenso entsprach die Nichtnachsendung der Wahlbe-nachrichtigungskarte an die neue Anschrift des Ein-spruchsführers trotz eines bestehenden Nachsendeauftra-ges den geltenden Bestimmungen. Gemäß § 19 Abs. 1BWO benachrichtigt die Gemeindebehörde die in dasWählerverzeichnis eingetragenen Wahlberechtigten mitdem Muster der Anlage 3 der BWO. Dieses Muster ent-hält über dem vorgesehenen Feld für die Anschrift denausdrücklichen Hinweis „Wenn unzustellbar, zurück.Wenn Empfänger verzogen, bitte mit neuer Anschrift zu-rück.“ Der von der Stadt Bonn verwendete Vordruckenthält in Anlehnung an das vorgegebene Muster überdem Anschriftenfeld den Aufdruck: „Nicht nachsenden,bitte mit neuer Anschrift zurück! Wenn unzustellbar, zu-rück.“ Dementsprechend hat die Deutsche Post AG nachder vorliegenden Kopie der Wahlbenachrichtigungskartean den Einspruchsführer diese mit der neuen Anschriftan die Stadt Bonn zurückgesandt.

    Dennoch kann man von einem Wahlberechtigten, der einInteresse an der Ausübung seines Wahlrechts hat, auchein gewisses Maß an Eigeninitiative verlangen. Im Falledes Einspruchsführers hätte dieser Einsicht in das Wäh-lerverzeichnis, welches gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BWGund § 21 BWO öffentlich auszulegen ist, nehmen oder

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 15 – Drucksache 14/1560

    sich bei der zuständigen Behörde seines Zuzugsortesnach den Ursachen des Ausbleibens der Wahlbenach-richtigung erkundigen können. Er hätte dann noch durchBeantragung eines Wahlscheins sein Wahlrecht durchBriefwahl ausüben können.

    Wer keine Wahlbenachrichtigung erhalten hat und den-noch keine Einsicht in das Wählerverzeichnis genommenhat, muß die aus einer eventuellen Nichteintragung indas Wählerverzeichnis resultierende Folge, z.B. keineMöglichkeit der Wahlteilnahme, tragen (vgl. W. Schrei-ber, Kommentar zum Bundeswahlgesetz, 6. Auflage,§ 14, Randnummer 5, S. 284f.).

    Dies ändert jedoch nichts daran, daß der Einspruchsfüh-rer bei seiner Anmeldung über die Folgen für die Aus-übung seines Wahlrechts hätte belehrt werden müssen.

    Der Einspruch ist gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3 WPrüfG alsoffensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset-zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 11. August 1993),der als Anlage beigefügt ist, unter den dort genann-ten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen ei-ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassungdes Deutschen Bundestages – –beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

  • Drucksache 14/1560 – 16 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 17 – Drucksache 14/1560

    Anlage 5

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 25/98 –des Herrn Werner Tank

    wohnhaft: Liebenwalder Str.10, 13347 Berlin

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit Schreiben vom 3. Oktober 1998 hat der Ein-spruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum14. Deutschen Bundestag am 27. September 1998Einspruch eingelegt.

    Der Einspruchsführer trägt zur Begründung seinesEinspruchs in umfangreichen Schriftsätzen im we-sentlichen folgendes vor:

    Weder er selbst noch seine beiden erwachsenen Kin-der hätten eine „gesetzliche“ Wahlbenachrichtigungan eine Anschrift in Berlin-Tempelhof, die er als sei-nen „gesetzlichen Hauptwohnsitz“ bezeichnet, be-kommen. Die melderechtlichen Anschriften der Kin-der seien gefälscht worden. Sein Personalausweis seiim April 1998 „abgelaufen“, der neu beantragte seiihm bis heute nicht zugestellt worden. Der Einspruch-führer gibt an, seit April 1997 obdachlos zu sein. Erhabe beim zuständigen Bezirksamt Tempelhof vonBerlin einen „Wahlantrag auf Wahlteilnahme für Ob-dachlose“ gestellt, dem offensichtlich nicht stattgege-ben worden ist. Außerdem habe er Beschwerden we-gen „urkundlichen Vergehens durch Abmeldeum-stellungen“ an das Landeseinwohneramt, den Senatorfür Inneres von Berlin, den Bundesminister desInnern und den „Alt-Bundeskanzler“ Kohl gerichtet.

    Der Einspruchsführer meint, er und seine Kinderseien der Freiheit und der ihnen zustehenden Rechtenach der Genfer Flüchtlingskonvention beraubt wor-den. Seine Tochter Gabriele sei mit „Duldung durchUnterlassen von Geschäftspersonen der Bundesrepu-blik Deutschland aus der letzten Amtsperiode desBundestages und der deutschen Strafjustiz“ von sei-ner „Ex-Frau“ in die Türkei entführt worden. Am„menschlich verwerflichsten“ sei es jedoch, daß ernach über zehn Jahren der Trennung von seiner Ehe-frau immer noch als verheiratet gelte.

    In zahlreichen der Einspruchsschrift folgendenSchreiben an den Bundestag erhebt der Einspruchs-führer weitere Vorwürfe gegen den „Staat“ allgemein

    und die Tätigkeit von Beamten vieler Behörden, dieinsgesamt seine Unzufriedenheit mit dem politischenSystem und den Beamten, die in diesem System tätigsind, ausdrücken. Es gehe ihm nicht um begründeteWahlfehler, sondern um den „grundgesetzlichen Ge-setzesbereich der Staatsverantwortungen auch vonden in den Bundestag gewählten Vertretern Deutsch-lands“.

    Der Einspruchsführer hat des weiteren beim Verwal-tungsgericht (VG) Köln im Oktober 1998 den sinn-gemäßen Antrag gestellt, das Bundesamt für Verfas-sungsschutz solle gegen den Bundestag wegen derBearbeitung seines Wahleinspruches tätig werden.Der Antrag wurde am 13. November 1998 mit derBegründung als unzulässig abgelehnt, daß der An-tragsschrift nicht einmal ansatzweise das mit demAntrag verfolgte Begehren zu entnehmen sei.

    In einem weiteren am 11. Januar 1999 an das VGKöln gestellten Antrag auf Erlaß einer einstweiligenAnordnung gegen den Deutschen Bundestag forderteder Einspruchsführer u. a. das Verbot des Umzugesder Bundesregierung von Bonn in die HauptstadtBerlin. Dieser Antrag wurde vom VG Köln durch Be-schluß vom 18. Januar 1999 als unzulässig abgelehnt,weil weder ein Anordnungsgrund noch ein Anord-nungsanspruch schlüssig dargelegt worden seien.

    Außerdem hat der Einspruchsführer diverse Anträgeauf Kostenerstattung an den Deutschen Bundestaggestellt. Am 24. Januar 1999 hat er beim Wahlprü-fungsausschuß um die Überweisung eines Geldbetra-ges für den Kauf eines kleinen Tisches und einer Pro-pangasleuchte sowie des Betrages von 3,99 DM fürbereits verbrauchte Kerzen gebeten, da er überwie-gend knieend und wegen Stromabschaltung seit dem20. Januar 1999 bei Kerzenlicht arbeite.

    In einem weiteren Schreiben des Einspruchsführersvom 23. Januar 1999 an den Bundestag, den Bundes-kanzler und die Bundesministerin der Justiz hat derEinspruchsführer die „Freigabe und Abzweigung vonvier Milliarden Deutsche Mark auf ein separates

  • Drucksache 14/1560 – 18 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    Konto“ gefordert. Dieser Betrag beinhalte die „Min-destschätzsumme der Verschuldung", die durchWahlbetrug der „alten“ Bundesregierung entstandensei, die den Vollzug der Bundestagswahl ohne die ge-setzliche Teilnahme des Einspruchsführers und seinerTöchter zugelassen habe.

    Der Einspruchsführer beantragt aufgrund der ge-nannten Verstöße die Überprüfung der Bundestags-wahl und die Durchführung von Neuwahlen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages desEinspruchsführers wird auf den Inhalt der Akten ver-wiesen.

    Der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 256 (Berlin-Tempelhof), der wegen des vom Einspruchsführerangegebenen Hauptwohnsitzes in Berlin-Tempelhofum Stellungnahme gebeten worden ist, hat zu demEinspruch erklärt, daß der Einspruchsführer seit dem28. Februar 1998 unter einer Anschrift im BezirkWedding von Berlin gemeldet sei und deshalb dasWahlamt Tempelhof für die Zusendung einer Wahl-benachrichtigung nicht zuständig gewesen sei. Imübrigen verwies der Kreiswahlleiter in seiner Stel-lungnahme zu dem Einspruch darauf, daß der Ein-spruchsführer die Möglichkeit der Einsichtnahme indas Wählerverzeichnis bei Ausbleiben der Wahlbe-nachrichtigung gehabt habe.

    Dem hält der Einspruchsführer entgegen, die vomKreiswahlleiter angegebene Adresse sei seine Ne-benwohnung gewesen. Wegen „Strafrechts- undGrundrechtsmißachtung durch den Bundesanwalt desBGH“ verfüge er in Deutschland aber über keinenHauptwohnsitz mehr. Seine Hauptwohnung sei in Ge-richtsverfahren vor dem BGH, dem EuGH und demIGH „als gestohlen gemeldet“.

    Das Landeseinwohneramt von Berlin hat jedoch dieAngaben des Kreiswahlleiters bestätigt, wonach derEinspruchsführer seit dem 28. Februar 1998 unter dervom Kreiswahlleiter angegebenen Anschrift im Ber-liner Bezirk Wedding mit Hauptwohnsitz gemeldet istund dementsprechend unter dieser Anschrift auch imWählerverzeichnis eingetragen gewesen sein müßte.Der Einspruchsführer habe zunächst diese Anschriftmit Wirkung vom 27. Februar 1998 als Nebenwoh-nung angemeldet, weil er seine bisherige Wohnung inBerlin-Tempelhof als Hauptwohnung habe beibehal-ten wollen. Ermittlungen des Landeseinwohneramteshätten jedoch ergeben, daß der Einspruchsführer dieWohnung in Berlin-Tempelhof nicht mehr bewohnthabe und auch nicht mehr habe nutzen können. Nach-dem er der Aufforderung des Landeseinwohneramtes,sich in Tempelhof abzumelden, nicht nachgekommensei, sei das Meldeverhältnis für diese Wohnung vonAmts wegen mit Wirkung vom 27. Februar 1998 be-endet worden. Die hiergegen gerichtete sog. „Be-schwerde wegen Staatsrechtsverletzungen“ des Ein-spruchsführers sei nicht als Widerspruch behandeltworden, weil eine Berichtigung des Melderegistersvon Amts wegen kein Verwaltungsakt sondern einetatsächliche Verwaltungshandlung sei, gegen die keinWiderspruch möglich sei. Der Einspruchsführer habe

    die Post des Landeseinwohneramtes in dieser Ange-legenheit mit dem Zusatz „Annahme verweigert“ zu-rückgehen lassen.

    Der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 250 (Berlin-Tiergarten-Wedding) hat zu dem Einspruch mitge-teilt, daß der Einspruchsführer für die Bundestags-wahl im Wählerverzeichnis des Wahlbezirks 047 desWahlkreises 250 unter der laufenden Nummer A 276eingetragen gewesen und ihm die Wahlbenachrichti-gungskarte auf dem ordentlichen Postweg fristgerechtzugestellt worden sei. Er habe jedoch von seinemWahlrecht keinen Gebrauch gemacht.

    Da der Einspruchsführer die Annahme diverserSchreiben des Wahlprüfungsausschusses seit März1999 verweigert hat, konnte ihm die Stellungnahmedes Kreiswahlleiters nicht mehr bekanntgegeben wer-den.

    2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung derSach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1aNr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von derAnberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-handlung Abstand zu nehmen.

    Entscheidungsgründe

    Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim DeutschenBundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch offen-sichtlich unbegründet. Ein Wahlfehler konnte anhand desumfangreichen Vortrags des Einspruchsführers nichtfestgestellt werden.

    Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 Bundeswahlordnung (BWO)sind alle Wahlberechtigten von Amts wegen in dasWählerverzeichnis einzutragen, die am 35. Tag vor derWahl (Stichtag) bei der Meldebehörde für eine Wohnunggemeldet sind. Der Einspruchsführer war am Stichtag,nämlich am 23. August 1998, unter einer Anschrift inBerlin-Wedding mit dem Status Hauptwohnung gemel-det und deshalb in das dortige Wählerverzeichnis einge-tragen. Die Wahlbenachrichtigung ist ihm ordnungsge-mäß zugestellt worden, so daß die formellen und mate-riellen Voraussetzungen für die Ausübung seines Wahl-rechts gegeben waren.

    Im übrigen besitzen auch deutsche Staatsbürger ohnefesten Wohnsitz gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Bundeswahl-gesetz (BWG) das Wahlrecht, sofern sie sich seit minde-stens drei Monaten gewöhnlich in der BundesrepublikDeutschland aufhalten. Diese Personen können gemäߧ 16 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b BWO ihre Eintragung indas Wählerverzeichnis beantragen.

    Ein Wahlberechtigter, der – wie u. a. ein Wohnungs-loser – nicht bei einer Meldebehörde gemeldet ist, mußdemnach selbst tätig werden, um sein Wahlrecht ausübenzu können. Da diese Personen ohne festen Wohnsitzüber keine postalische Anschrift verfügen, kann ihnenauch keine Wahlbenachrichtigungskarte zugestellt wer-den. Da der Einspruchsführer nach den Ermittlungen desWahlprüfungsausschusses zum maßgeblichen Zeitpunkt

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 19 – Drucksache 14/1560

    jedoch nicht obdachlos war – wie er selbst behauptet –,mußte er seine Eintragung in das Wählerverzeichnisnicht beantragen, um sein Wahlrecht ausüben zu können.

    Nach der Stellungnahme des Kreiswahlleiters des Wahl-kreises 256 (Berlin-Tempelhof) hat der Einspruchsführerdort keinen „Wahlantrag für Obdachlose“ gestellt, wie erebenfalls behauptet. Einem solchen Antrag wäre auchnicht entsprochen worden, weil der Einspruchsführer be-reits in einem Wählerverzeichnis von Amts wegen ein-getragen war.

    Soweit der Einspruchsführer die Tätigkeit von anderenBehörden, z.B. des Landes Berlin und von Strafverfol-gungsbehörden kritisiert, kann auch dieser Vortrag nichtzum Erfolg des Einspruchs führen. Er hat lediglich inallen Schreiben Tatsachen vorgetragen, die sein persön-liches Schicksal betreffen, sich aber nicht auf die Verlet-zung von Vorschriften des Wahlrechts beziehen. DasWahlprüfungsverfahren zielt aber darauf ab, festzustel-len, ob im konkreten Fall ein Verstoß gegen Wahlrechts-vorschriften vorliegt. Der Wahlprüfungsausschuß siehtsich mangels hinreichend bestimmtem Anfechtungsge-genstand an einer näheren Prüfung gehindert. Denn dieWahlprüfung findet weder von Amts wegen statt, nocherfolgt sie stets in Gestalt einer Durchprüfung der ge-samten Wahl. Vielmehr erfolgt nach § 2 Abs. 1 und 3

    WPrüfG die Wahlprüfung nur auf Einspruch, der zu be-gründen ist. Die Begründung muß mindestens den Tat-bestand, auf den die Anfechtung gestützt wird, erkennenlassen und genügend substantiierte Tatsachen enthalten(BVerfGE 40, 11, 30).

    Der Einspruch ist deshalb gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3WPrüfG als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    Die Auslagen des Einspruchsführers werden nicht er-stattet, weil ein Wahlfehler nicht festgestellt wer-den konnte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 19WPrüfG.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset-zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 11. August 1993),der als Anlage beigefügt ist, unter den dort genann-ten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen ei-ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassungdes Deutschen Bundestages – –beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

  • Drucksache 14/1560 – 20 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 21 – Drucksache 14/1560

    Anlage 6

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 36/98 –des Herrn Klaus W. A. Gombert

    wohnhaft: OT Bündigershof 02, 17291 Prenzlau

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird als unzulässig zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit Telefax vom 8. Oktober 1998 hat der Einspruchs-führer die Wahl zum 14. Deutschen Bundestag am27. September 1998 angefochten. Zur Begründungführt er aus, das Wahlrecht sei ihm weder an seinemständigen Wohnsitz in Prenzlau noch am ordnungs-gemäß mit Zweitwohnung gemeldeten Nebenwohn-sitz in Berlin eingeräumt worden. Die mit brutalerGewalt vollzogene Besitzstörung der Wohnung imeigenen Haus in Prenzlau könne allein schon wegen§ 992 BGB nicht zum Verlust des ständigen Wohn-sitzes im eigenen Haus führen.

    Die Einspruchsschrift wurde vom Einspruchsführernicht unterschrieben. Sie trägt lediglich einen Na-mensschriftzug, der offenbar mittels eines Computerseingefügt wurde und den Vermerk: „Dieses Schreibenist computererstellt und bedarf keiner eigenhändigenUnterschrift.“ Mit Schreiben vom 13. November1998 hat die Vorsitzende des Wahlprüfungsausschus-ses den Einspruchsführer aufgefordert, ein eigen-händig unterschriebenes Exemplar seines Wahlein-spruchs vorzulegen. Hierauf hat er jedoch lediglichmit einem weiteren computerunterschriebenen Tele-fax reagiert.

    2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung derSach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1aNr. 2 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von derAnberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-handlung Abstand zu nehmen.

    Entscheidungsgründe

    Der Einspruch ist unzulässig, weil er nicht dem Schrift-formerfordernis des § 2 Abs. 3 WPrüfG entspricht. ZurSchriftform gehört nämlich auch die eigenhändige Un-terschrift des Einspruchsführers. Dieses Erforderniswird durch eine computererstellte Unterschrift nicht er-füllt.

    Der Wahlprüfungsausschuß hat in der vergangenenWahlperiode die Formgerechtigkeit einer per Telefaxübermittelten Einspruchsschrift anerkannt, falls derenOriginal handschriftlich unterzeichnet wurde. Er hat sichdamit der Rechtsprechung angeschlossen, die es mittler-weile beim Bestehen prozeßrechtlicher Schriftformerfor-dernisse zuläßt, Klagen und Rechtsmittel auch per Tele-fax einzulegen. Mit dieser Rechtsprechung hat derWahlprüfungsausschuß aber das Erfordernis einer eigen-händigen Unterzeichnung des Originals stets betont(s. Drucksache 13/2800 Anlage 16).

    An dieser Auffassung hält der Wahlprüfungsausschußauch weiterhin fest. Es besteht nämlich keine Gewährdafür, daß der Absender eines Schreibens mit einer com-putererstellten oder eingescannten Unterschrift dieseauch tatsächlich selbst eingefügt hat. Dies könnte genau-so durch andere Nutzer, die einen entsprechenden Zu-gang zu dem Gerät haben, geschehen sein. Darüber hin-aus bedarf es – anders als beim Versand von einem her-kömmlichen Telefaxgerät – beim Computerfax keineskörperlichen Originalschriftstücks. Es ist keine Kopier-vorlage vorhanden, die der Absender unterschreibenkönnte. Der Text erhält erstmalig beim Ausdruck durchdas Telefaxgerät des Empfängers seine körperliche Ge-stalt. Würde auch eine solche Einspruchseinlegung zu-gelassen, wäre das Schriftformerfordernis des § 2 Abs. 3WPrüfG de facto aufgegeben.

    Es existiert bislang auch keine einheitliche Rechtspre-chung zu der Frage, ob eine computererstellte bzw. ein-gescannte Unterschrift zur Wahrung prozeßrechtlicherSchriftformerfordernisse ausreichend ist. Der Bundesge-richtshof hat vielmehr die Schriftform durch ein Com-puterfax als nicht gewahrt angesehen und die Rechts-frage wegen einer abweichenden Auffassung des Bun-dessozialgerichts dem Gemeinsamen Senat der oberstenGerichtshöfe des Bundes vorgelegt. (BGH NJW 1998,S. 3649). Eine Entscheidung des Gemeinsamen Senatsliegt noch nicht vor.

    Der Einspruch ist deshalb gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 2WPrüfG als unzulässig zurückzuweisen.

  • Drucksache 14/1560 – 22 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset-zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 11. August 1993),der als Anlage beigefügt ist, unter den dort genann-ten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen ei-ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassungdes Deutschen Bundestages – –beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 23 – Drucksache 14/1560

    Anlage 7

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 39/98 –des Herrn Peter Mahnhardt

    wohnhaft: Steintal 23a, 25997 Hörnum/Sylt

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit Schreiben vom 27. September 1998 an die Ge-meinde Hörnum (Sylt) hat der Einspruchsführer dieWahlen zum 14. Deutschen Bundestag angefochten.Der Einspruch wurde an den Bundestag weitergeleitetund ist hier am 16. Oktober 1998 eingegangen.Der Einspruchsführer trägt zur Begründung seinesEinspruchs vor, er habe sein Wahlrecht nicht ausübenkönnen, weil er in Hörnum (Sylt) nicht „mit erstemWohnsitz geführt“ werde und deshalb nicht in dasdortige Wählerverzeichnis eingetragen gewesen sei.Obwohl er am Wahltag seinen Personalausweis, dervom Amt Landschaft Sylt ausgestellt worden sei,vorgelegt habe, sei ihm die Stimmabgabe verwehrtworden. Der Einspruchsführer erklärt in seiner Ein-spruchsschrift „an Eides statt“, er sei in der Bundes-republik Deutschland an keinem anderen Ort polizei-lich gemeldet. Sein einziger Wohnsitz sei seit dem1. Januar 1971 die Anschrift Steintal 23 a in Hörnum(Sylt). Als Beweis legt er eine Kopie seines bis zum2. Juni 1998 gültigen Personalausweises mit der vonihm angegebenen Anschrift vor.Nach Auskunft des Amtes Landschaft Sylt ist derEinspruchsführer im Melderegister des die GemeindeHörnum (Sylt) verwaltenden Amtes Landschaft Syltnur mit Nebenwohnsitz gemeldet. Der Hauptwohnsitzdes Einspruchsführers sei Hamburg, Osdorfer Land-straße 267. Der bereits ungültige Personalausweis seiseinerzeit irrtümlich vom Amt Landschaft Sylt ausge-stellt worden, da zu diesem Zeitpunkt der Wohnsitzdes Einspruchsführers in Hamburg nicht bekannt ge-wesen sei. Die Meldeverhältnisse seien aber bereits1992 richtiggestellt worden.Eine dem Wahlprüfungsausschuß vorliegende Regi-sterauskunft der Meldebehörde Hamburg vom 15. Ja-nuar 1992 bestätigt die Registrierung des Einspruchs-führers unter der Hamburger Anschrift seit dem22. Januar 1987 mit Hauptwohnung, während dieGemeinde Hörnum (Sylt) lediglich als Nebenwohn-sitz eingetragen ist. Eine weiterhin vorliegende Mel-debescheinigung des Amtes Landschaft Sylt vom

    9. Oktober 1998 bestätigt ebenfalls die Registrierungdes Einspruchsführers unter der Anschrift Steintal 23in Hörnum (Sylt) als Nebenwohnung seit dem 1. Fe-bruar 1972.Die melderechtlichen Daten der Meldebehörden vonHamburg und dem Amt Landschaft Sylt wurden demEinspruchsführer mit der Bitte um Äußerung sowohlan die Anschrift seiner Hauptwohnung als auch an dieAnschrift seiner Nebenwohnung zur Kenntnis über-sandt. Der Brief an die Anschrift der HamburgerHauptwohnung wurde von der Deutschen Post AGmit dem Vermerk „Empfänger verzogen. Nachsen-dungsantrag liegt nicht vor.“ zurückgesandt. EineStellungnahme ist nicht erfolgt.

    2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung derSach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1aNr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von derAnberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-handlung Abstand zu nehmen.

    Entscheidungsgründe

    Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim DeutschenBundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch offen-sichtlich unbegründet, weil der Vortrag des Einspruchs-führers einen Wahlfehler nicht erkennen läßt. Die Nicht-eintragung des Einspruchsführers in das Wählerver-zeichnis der Gemeinde Hörnum (Sylt) entspricht deneinschlägigen wahlrechtlichen Regelungen.Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 Bundeswahlordnung (BWO)sind alle Wahlberechtigten von Amts wegen in dasWählerverzeichnis einzutragen, die am 35. Tag vor derWahl (Stichtag) bei der Meldebehörde für eine Wohnunggemeldet sind. Bei mehreren Wohnungen ist die für dieHauptwohnung zuständige Gemeinde nach § 17 Abs. 1Nr. 1 BWO für die Eintragung zuständig. Der Ein-spruchsführer war am Stichtag, nämlich am 23. August1998, unter der Anschrift Steintal 23 in 25997 Hörnum(Sylt) nur mit dem Status Nebenwohnung gemeldet unddeshalb nicht in das dortige Wählerverzeichnis einzutra-

  • Drucksache 14/1560 – 24 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    gen. Der Umstand, daß diese Adresse auf dem Personal-ausweis des Einspruchsführers vermerkt ist, ist für dieEintragung in das Wählerverzeichnis unerheblich. Ent-scheidend sind nach der Bundeswahlordnung allein dieDaten aus dem Melderegister der Gemeinden. Im vorlie-genden Fall kann darüber hinaus der Personalausweisdes Einspruchsführers auch deshalb keine Rolle spielen,weil er zum maßgeblichen Stichtag für die Eintragung indas Wählerverzeichnis nicht mehr gültig war.

    Der Einspruch ist deshalb gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3WPrüfG als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset-zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 11. August 1993),der als Anlage beigefügt ist, unter den dort genann-ten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen ei-ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassungdes Deutschen Bundestages – –beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25 – Drucksache 14/1560

    Anlage 8

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 45/98 –des Herrn Klaus-Dieter Regitz c/o Annett Regitz

    wohnhaft: Olvenstedter Straße 15, 39104 Magdeburg

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit Schreiben vom 2. Oktober 1998, welches am12. Oktober 1998 beim Bundestag eingegangen ist,hat der Einspruchsführer gegen die Gültigkeit derWahl zum 14. Deutschen Bundestag am 27. Septem-ber 1998 Einspruch eingelegt. Er rügt in seinem Ein-spruch insbesondere das Verfahren, wonach Wahlbe-rechtigte ohne festen Wohnsitz (sog. Wohnungsloseoder Nichtseßhafte) nur mittels eines Antrages unterEinhaltung bestimmter Form- und Fristerfordernissein das Wählerverzeichnis aufgenommen werden(§§ 16 bis 18 Bundeswahlordnung – BWO).

    Er selbst sei längere Zeit erwerbslos, habe mittelsRäumungsklage seine Wohnung verloren, erhaltekeine Sozialhilfe und lebe zur Zeit besuchsweise beiseiner Tochter. Dort habe er zufällig Kenntnis voneinem Informationsblatt des Wahlamtes Magdeburg„An alle Wahlberechtigten“ erhalten, welches ihn zuder Nachfrage veranlaßt habe, ob er im Wählerver-zeichnis eingetragen sei. Er habe die Auskunft erhal-ten, daß er „wegen Versäumnis unbekannt gebliebe-ner Fristen von der Wahlteilnahme ausgeschlossensei“.

    Nach einigen Bemühungen habe er – der Einspruchs-führer – schließlich am 26. September 1998 einenWahlschein erhalten, jedoch nur aufgrund einer Er-messensentscheidung des Kreiswahlamtes. Diese Er-fahrung sei für ihn zutiefst verletzend gewesen undhabe seine Zweifel an der Wirksamkeit des Rechts-staates bestärkt.

    Trotz dieser letztlich für ihn positiven Entscheidungwendet sich der Einspruchsführer dagegen, daß einWohnungsloser nur auf eigene Initiative in das Wäh-lerverzeichnis aufgenommen werde. Nach der gelten-den Rechtslage werde von diesem Personenkreis dieKenntnis des hierzu notwendigen Verfahrens ver-langt. Der Einspruchsführer bezieht sich insbesondereauf die Möglichkeit, bei unverschuldetem Versäumender Antragsfrist (§ 18 Abs. 1 BWO) gemäß § 25

    Abs. 2 Nr. 1 BWO noch einen Wahlschein zu erhal-ten. Nach Ansicht des Einspruchsführers wird durchdiese Regelung die Entscheidung über die Erteilungvon Wahlscheinen bei unverschuldeter Fristversäum-nis dem Ermessen der Wahlbehörden überlassen. DasWahlamt Magdeburg übe nach seiner Erfahrung die-ses Ermessen in einem sehr engen Rahmen aus. Diesedurch die Bundeswahlordnung ermöglichte Vorge-hensweise widerspricht nach der Auffassung des Ein-spruchsführers dem Grundsatz der Allgemeinheit derWahl. Sie führe dazu, daß „bedürftige Wählergruppenaus verständlicher Unkenntnis der Formalien und Fri-sten in ihrem aktiven Wahlrecht ... beeinträchtigt“würden.

    Der Einspruchsführer behauptet außerdem, daß Wahl-verfälschungen durch den Mißbrauch ungenutzterWahlbenachrichtigungen ermöglicht würden. DieseBehauptung führt er darauf zurück, daß das WahlamtMagdeburg bei der Stimmabgabe „in Auslegung des§ 56 Abs. 3 BWO keine Personenidentitätskontrol-len“ durchführe.

    Des weiteren wendet sich der Einspruchsführer gegendie Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (VG) Mag-deburg vom 23. September 1998 und des Bundesver-fassungsgerichts (BVerfG) vom 25. September 1998.Das VG Magdeburg hatte den Antrag des Einspruchs-führers, im Wege einer einstweiligen Anordnung indas Wählerverzeichnis für die Wahl zum 14. Deut-schen Bundestag eingetragen zu werden, verworfen,weil hierfür nicht der Verwaltungsrechtsweg eröffnetsei (B 9 K 735/98).

    Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hatdas BVerfG mit der Begründung nicht zur Entschei-dung angenommen, daß Maßnahmen, die sich un-mittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, nur mitden in den Wahlvorschriften vorgesehenen Rechtsbe-helfen angefochten werden können (2 BvR 1667/98).

    Schließlich stellt der Einspruchsführer folgende An-träge: Erstens soll festgestellt werden, daß ein wohn-sitzloser, bei der jeweiligen Gemeinde mit gewöhnli-

  • Drucksache 14/1560 – 26 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    chem Aufenthaltsort gemeldeter Wahlberechtigter alsAntragsteller gemäß § 18 Abs. 1 BWO zu behandelnund in das Wählerverzeichnis ohne Zuordnung zueinem bestimmten Wahlbezirk aufzunehmen sei.

    Zweitens begehrt der Einspruchsführer die Feststel-lung, daß in seinem konkreten Fall der Verwaltungs-rechtsweg für die Eintragung in das Wählerverzeich-nis eröffnet gewesen sei und daß das Wahlamt Mag-deburg in seinem und ähnlichen Fällen die Vorschriftdes § 25 Abs. 2 Nr. 1 BWO ohne Ermessen hätte an-wenden müssen, um eine breite Wahlbeteiligung zusichern.

    Drittens bittet der Einspruchsführer um Erstattungseiner „vermeidbar verursachten Verfahrenskosten“von der Landeshauptstadt Magdeburg bzw. der Lan-deskasse Sachsen/Anhalt.

    Das Wahlamt Magdeburg hat dem Einspruchsführeranläßlich seines Antrages auf Eintragung in dasWählerverzeichnis mit Schreiben vom 22. September1998 die in Frage kommenden Vorschriften der BWO(§§ 16 bis 18, 25) erläutert und ihm mitgeteilt, daßdas Sozialamt vom Wahlamt ersucht worden sei,wohnsitzlose Personen durch entsprechende Aushän-ge auf die Möglichkeit der Eintragung in das Wähler-verzeichnis auf Antrag hinzuweisen. Da der Ein-spruchsführer am 14. April 1998 seine Wohnung ab-gemeldet habe, komme eine Eintragung in das Wäh-lerverzeichnis wegen dessen Berichtigung gemäߧ 23 Abs. 2 BWO nicht mehr in Betracht. Deshalbbliebe nur die Möglichkeit der Ausstellung einesWahlscheins gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 1 BWO, soferner die Voraussetzungen dafür nachweise. Der Ein-spruchsführer wurde darauf hingewiesen, daß dieWahlbehörden im Interesse der Gleichbehandlungaller Wahlberechtigeten angehalten seien, in solchenFällen einen strengen Maßstab anzulegen.

    Der Einspruchsführer wurde von dem Sekretariat desWahlprüfungsausschusses gebeten, die Kosten zu be-nennen, deren Erstattung er von der Stadt Magdeburgbzw. dem Land Sachsen/Anhalt begehrt. Er ist dieserBitte jedoch nicht nachgekommen.

    2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung derSach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1aNr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von derAnberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-handlung Abstand zu nehmen.

    Entscheidungsgründe

    Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim DeutschenBundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedoch offen-sichtlich unbegründet. Ein Wahlfehler konnte anhand desvorgetragenen Sachverhaltes nicht festgestellt werden.

    Auch deutsche Staatsbürger ohne festen Wohnsitz besit-zen gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Bundeswahlgesetz (BWG)das Wahlrecht, sofern sie sich seit mindestens drei Mo-naten gewöhnlich in der Bundesrepublik Deutschland

    aufhalten. Diese Personen können gemäß § 16 Abs. 2 Nr.1 Buchstabe b BWO ihre Eintragung in das Wählerver-zeichnis beantragen. Der Antrag auf Eintragung in dasWählerverzeichnis ist gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 BWO beider zuständigen Gemeindebehörde zu stellen, in der derWahlberechtigte am Stichtag (35. Tag vor der Wahl)übernachtet hat. Die Beantragung hat gemäß § 18 Abs. 1BWO schriftlich bis spätestens zum 21. Tag vor derWahl zu erfolgen. Ein Wahlberechtigter, der nicht in dasWählerverzeichnis eingetragen ist, erhält gemäß § 25Abs. 2 Nr. 1 BWO auf Antrag einen Wahlschein, wenner nachweist, daß er ohne Verschulden die Antragsfristversäumt hat. Diese Voraussetzung ist z. B. bei nach-weislich schwerer Krankheit und längerer Abwesenheiterfüllt (vgl. Schreiber, Kommentar zum Bundeswahlge-setz, 6. Auflage, § 17 Randnummer 7).

    Ein Wahlberechtigter, der – wie u. a. ein Wohnungs-loser – nicht bei einer Meldebehörde gemeldet ist, mußdemnach selbst tätig werden, um sein Wahlrecht ausübenzu können. Er muß sich, wie der Einspruchsführer richtigausführt, hierzu über die geltende Rechtslage informie-ren. Da ein Wohnsitzloser nicht über eine postalischeAnschrift verfügt, ist eine schriftliche Information diesesPersonenkreises ausgeschlossen. Das Wahlamt Magde-burg hat deshalb das Sozialamt ersucht, durch entspre-chende Aushänge wohnsitzlose Personen auf die Mög-lichkeit der Eintragung in das Wählerverzeichnis aufAntrag hinzuweisen. Im übrigen kann von mündigenStaatsbürgern verlangt werden, daß sie sich über dieVoraussetzungen der Ausübung ihrer staatsbürgerlichenRechte informieren.

    Die Ausstellung eines Wahlscheines auf Antrag gemäߧ 25 Abs. 2 Nr. 1 BWO liegt nicht, wie vom Einspruchs-führer behauptet, im Ermessen der Behörden. Es handeltsich nicht um eine „Kann-Vorschrift“, sondern es mußeine konkrete Voraussetzung für die Ausstellung desWahlscheins erfüllt sein. Der Wahlberechtigte mußnachweisen, daß er unverschuldet die Antragsfrist nach§ 18 Abs. 1 BWO versäumt hat. Im Interesse der Gleich-behandlung aller Wahlberechtigten und der Rechtssi-cherheit wird das unverschuldete Fristversäumnis nur ineinem engen Rahmen anerkannt, insbesondere bei länge-rer Krankheit oder Abwesenheit. Das Wahlamt Magde-burg hat sich korrekt und gegenüber dem Einspruchsfüh-rer kulant verhalten, indem es zu seinen Gunsten ent-schieden hat und diesem nach versäumter Antragsfristnoch einen Wahlschein ausgestellt hat. Der Antrag desEinspruchsführers, die Vorschrift des § 25 Abs. 2 Nr. 1zukünftig ohne Ermessen anzuwenden ist, entbehrt somitjeglicher Grundlage.

    Dies gilt auch für den Antrag des Einspruchsführers be-züglich der Auslegung des § 18 BWO. Jeder Wahlbe-rechtigte einschließlich der wohnsitzlosen Personen, dereinen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnisstellt, ist an das in § 18 BWO festgelegte Verfahren ge-bunden, welches Form- und Fristerfordernisse sowie Zu-ständigkeiten regelt. Eine Aufnahme in das Wählerver-zeichnis ohne Zuordnung zu einem bestimmten Wahlbe-zirk, wie vom Einspruchsführer verlangt, ist nicht mög-lich, weil ein Wählerverzeichnis gemäß § 14 Abs. 1BWO gerade für jeweils einen Wahlbezirk geführt wird.

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 27 – Drucksache 14/1560

    Verfügt der Wahlberechtigte jedoch, wie im vorliegen-den Fall, über einen Wahlschein, kann er gemäß § 14Abs. 3 Buchstabe a BWG seine Stimme in jedem belie-bigen Wahlbezirk des Wahlkreises, in dem der Wahl-schein ausgestellt worden ist, abgeben.

    Der durch Artikel 38 Abs. 1 Grundgesetz garantierteGrundsatz der Allgemeinheit der Wahl, der besagt, daßgrundsätzlich allen deutschen Staatsbürgern das aktiveWahlrecht zusteht und niemandem unberechtigt seinWahlrecht entzogen werden darf, wird durch die ge-nannten Regelungen der BWO (insbesondere §§ 18 und25) nicht verletzt. Durch die für wohnsitzlose Personengeltenden Regelungen der BWO wird diesen nicht ihrWahlrecht entzogen, sondern es wird ihnen die Aus-übung ihres Wahlrechts ermöglicht. Dem steht nicht ent-gegen, daß bestimmte Personengruppen, z.B. auch imAusland lebende Deutsche, hierfür selbst aktiv werdenmüssen. Im übrigen sieht sich der Wahlprüfungs-ausschuß nicht berufen, die Verfassungswidrigkeit vonWahlrechtsvorschriften festzustellen. Er hat diese Kon-trolle stets dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten.

    Die Behauptung des Einspruchsführers, Wahlfälschun-gen würden durch den Mißbrauch ungenutzter Wahlbe-nachrichtigungen ermöglicht, weil das Wahlamt Magde-burg bei Vorlage der Wahlbenachrichtigung nicht zu-sätzlich den Personalausweis verlangt habe, führt eben-falls nicht zum Erfolg des Einspruchs. Der Wahlprü-fungsausschuß hat keine Veranlassung, diesem Aspektweiter nachzugehen, weil der Einspruchsführer konkreteFälle hierzu nicht benannt hat. Denn die Wahlprüfungfindet weder von Amts wegen statt (Offizialprinzip),noch erfolgt sie stets in Gestalt einer Durchprüfung dergesamten Wahl (Totalitätsprinzip). Sie erfolgt vielmehrnur auf Einspruch, der zu begründen ist. Die Begründungmuß mindestens den Tatbestand, auf den die Anfechtunggestützt wird, erkennen lassen und genügend substan-tiierte Tatsachen enthalten. Ihr Umfang richtet sich alsonach dem Einspruch, durch den der Einspruchsführerden Anfechtungsgegenstand bestimmt. Der Prüfungsge-genstand ist nach dem erklärten, verständig zu würdi-genden Willen des Einspruchsführers unter Berücksich-tigung des gesamten Einspruchsvorbringens sinngemäßabzugrenzen. Aus der Begründungspflicht folgt, daß die-se Abgrenzung auch danach vorzunehmen ist, wieweitder Einspruchsführer seinen Einspruch substantiiert hat.Nur im Rahmen des so bestimmten Anfechtungsgegen-standes haben die Wahlprüfungsorgane dann den Tatbe-stand, auf den die Anfechtung gestützt wird, von Amtswegen zu erforschen und alle auftauchenden rechtser-heblichen Tatsachen zu berücksichtigen. (BVerfGE 40,11 [30]).

    Im übrigen bestimmt § 56 Abs. 3 BWO, daß ein Wählersich bei der Stimmabgabe lediglich "auf Verlangen" überseine Person auszuweisen hat, insbesondere dann, wenner seine Wahlbenachrichtigung nicht vorlegt oder aussonstigen Gründen Zweifel an seiner Identität bestehen.Nach geltendem Recht ist deshalb die Stimmabgabe imWahllokal ohne Vorlage von Ausweispapieren möglichund auch durchaus üblich.

    Der Einspruch kann auch insoweit keinen Erfolg haben,als der Einspruchsführer entgegen der Beschlüsse desVG Magdeburg und des BVerfG die Feststellung der Zu-ständigkeit des Verwaltungsrechtsweges für die Eintra-gung in das Wählerverzeichnis und die Zulässigkeit derVerfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des VG be-gehrt. Gemäß § 49 BWG können Entscheidungen undMaßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahrenbeziehen, nur mit den im BWG und der BWO vorgese-henen Rechtsbehelfen sowie im Wahlprüfungsverfahrenangefochten werden. Der Verwaltungsrechtsweg ist indiesen Fällen ausgeschlossen. Die im Falle des Ein-spruchsführers getroffenen Gerichtsentscheidungen kön-nen somit nicht im Wahlprüfungsverfahren überprüftwerden.

    Die Gerichte sind weder Wahlorgane im Sinne des Bun-deswahlgesetzes noch erfüllen sie sonst Aufgaben beider Organisation einer Wahl. Ihre Entscheidungen erge-hen vielmehr in Ausübung der rechtsprechenden Gewalt,die den Richtern in Artikel 20 Abs. 3 und Artikel 92 desGrundgesetzes ausdrücklich anvertraut ist. Gemäß Arti-kel 97 des Grundgesetzes sind die Richter unabhängigund nur dem Gesetz unterworfen.

    Entscheidungen der Gerichte unterliegen deswegen nichtder Kontrolle durch den Deutschen Bundestag; dies giltauch für das Wahlprüfungsverfahren. Sie sind – abgese-hen von der Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde –nur mit den von der jeweiligen Prozeßordnung vorgese-henen Rechtsmitteln anfechtbar.

    Der Bundestag kann dem Einspruchsführer schließlichauch nicht die seiner Ansicht nach „vermeidbar verur-sachten Verfahrenskosten“ erstatten. Gemäß § 19 Abs. 1WPrüfG sind notwendige Auslagen im Wahlprüfungs-verfahren nur erstattungsfähig, wenn dem Einspruchstattgegeben oder der Einspruch nur deshalb zurückge-wiesen worden ist, weil der geltend gemachte Mangelkeinen Einfluß auf das Wahlergebnis gehabt hat. DieseVoraussetzung ist hier nicht erfüllt. Zur Erstattung vonVerfahrenskosten, die dem Einspruchsführer durch ge-richtliche Entscheidungen auferlegt worden sind, ist derBundestag nicht befugt.

    Der Einspruch ist deshalb gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3WPrüfG als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset-zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 11. August 1993),der als Anlage beigefügt ist, unter den dort genann-ten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen ei-ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassungdes Deutschen Bundestages – –beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

  • Drucksache 14/1560 – 28 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 29 – Drucksache 14/1560

    Anlage 9

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: WP 51/98 –des Herrn Hans-Jürgen Bülten c/o Uerdinger Straße 13

    wohnhaft: Fiederweg 22, 47441 Moers

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit Schreiben vom 19. Oktober, welches am22. Oktober beim Bundestag eingegangen ist, hat derEinspruchsführer gegen die Gültigkeit der Wahl zum14. Deutschen Bundestag am 27. September 1998Einspruch eingelegt.

    Er begründet seinen Einspruch in schwer verständ-lichen Ausführungen, denen sinngemäß folgenderSachverhalt zu entnehmen ist:

    Der Einspruchsführer beabsichtigte, durch seine per-sönliche Unterschrift (sog. Unterstützungsunter-schrift) den Kreiswahlvorschlag für die Partei Bibel-treuer Christen zu unterstützen. Die Stadt Moers habehierfür die notwendige Bescheinigung über das Wahl-recht des Einspruchsführers verweigert. Der Ein-spruchsführer sieht in der „vorsätzlichen amtlichenBereinigung seiner Person aus dem Register desEinwohnermeldeamtes“ einen Verstoß gegen „denSchutz des objektiven Wahlrechts“ gemäß Artikel 38und 41 Grundgesetz. Die „gewollte Ordnung der po-litischen Grundrechte“ sei von der Stadt Moers nichtbeachtet sowie die Kriterien einer objektiven demo-kratischen Willensbildung seien nachweislich beein-trächtigt worden.

    Der Einspruchsführer hat wegen der Verweigerungder Bescheinigung seiner Wahlberechtigung eineDienstaufsichtsbeschwerde gegen den Stadtdirektorder Stadt Moers eingereicht. Daraufhin wurde ihmmit Schreiben vom 30. September 1998 von der StadtMoers mitgeteilt, ihm könne das Wahlrecht nicht be-scheinigt werden, weil er zum Zeitpunkt der Unter-zeichnung der Unterstützungsunterschrift keine Woh-nung im wahlrechtlichen Sinne im Gebiet der StadtMoers innegehabt habe.

    Die Stadt Moers führt in ihrer Stellungnahme zu demEinspruch aus, die am 30. Juni 1998 von der ParteiBibeltreuer Christen für den Einspruchsführer zur Be-stätigung seines Wahlrechts für die Bundestagswahlam 27. September 1998 eingereichte Unterstützungs-

    unterschrift sei am 3. Juli 1998 unbestätigt zurückge-sandt worden, weil der Einspruchsführer nach Aus-kunft des Einwohnermeldeamtes seit dem 16. Februar1998 nach unbekannt abgemeldet worden sei. DerEinspruchsführer habe keine Beweismittel für einengewöhnlichen Aufenthalt in der Stadt Moers vorge-legt. Eine Wahlberechtigung nach § 12 Bundeswahl-gesetz (BWG) sei neben den weiteren Voraussetzun-gen jedoch nur für Personen gegeben, die seit minde-stens drei Monaten in der Bundesrepublik Deutsch-land eine Wohnung innehaben oder sich sonst ge-wöhnlich aufhalten.

    Die Stellungnahme wurde dem Einspruchsführer zurKenntnis gegeben. Er hat sich dazu nicht geäußert.

    2. Der Wahlprüfungsausschuß hat nach Prüfung derSach- und Rechtslage beschlossen, gemäß § 6 Abs. 1aNr. 3 des Wahlprüfungsgesetzes (WPrüfG) von derAnberaumung einer öffentlichen mündlichen Ver-handlung Abstand zu nehmen.

    Entscheidungsgründe

    Der Einspruch ist form- und fristgerecht beim Deut-schen Bundestag eingegangen. Er ist zulässig, jedochoffensichtlich unbegründet. Ein Wahlfehler konnte an-hand des vorgetragenen Sachverhaltes nicht festgestelltwerden.

    Die Stadt Moers hat durch die Nichtbestätigung derWahlberechtigung des Einspruchsführers auf dem Form-blatt für die Unterstützungsunterschrift nicht gegen dieVorschriften des Bundeswahlgesetzes und der Bundes-wahlordnung verstoßen.

    Kreiswahlvorschläge der in § 18 Abs. 2 BWG genanntenParteien, zu denen auch die Partei Bibeltreuer Christengehört, müssen gemäß § 20 Abs. 2 BWG u.a. von min-destens 200 Wahlberechtigten des Wahlkreises persön-lich und handschriftlich unterzeichnet sein, wobei derenWahlberechtigung zum Zeitpunkt der Unterzeichnung

  • Drucksache 14/1560 – 30 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

    gegeben sein muß und bei Einreichung des Kreiswahl-vorschlages nachzuweisen ist. Nähere Voraussetzungenfür die Erbringung von Unterstützungsunterschriften fürKreiswahlvorschläge sind in § 34 Bundeswahlordnung(BWO), insbesondere in Absatz 4 geregelt. Hierzu ge-hört auch eine Bescheinigung der Gemeindebehörde, daßder Unterzeichner der Unterstützungsunterschrift zumZeitpunkt der Unterzeichnung in dem betreffendenWahlkreis wahlberechtigt ist. Zuständig für diese Be-scheinigung ist die Gemeinde, bei der der Unterzeichnerim Wählerverzeichnis einzutragen ist (§ 34 Abs. 4 Nr. 3BWO). Abgesehen von hier nicht relevanten Sonderfäl-len sind in das Wählerverzeichnis nur diejenigen Wahl-berechtigten einzutragen, die entweder bei der Melde-behörde für eine Wohnung gemeldet sind oder sich imWahlgebiet sonst gewöhnlich aufhalten.

    Da der Einspruchsführer nach den Daten des Einwoh-nermeldeamtes seit dem 16. Februar 1998 nach unbe-kannt abgemeldet worden ist, war er am 30. Juni 1998,dem Zeitpunkt, an dem die Bescheinigung der Wahl-berechtigung für die Unterstützungsunterschrift bei derStadt Moers beantragt worden ist, nicht mehr in das dor-tige Wählerverzeichnis einzutragen. Die Stadt Moerskonnte deshalb das Wahlrecht des Einspruchsführersnicht bescheinigen.

    Der Einspruchsführer hat nicht vorgetragen, warum dieBereinigung des Melderegisters rechtswidrig gewesensein und gegen „den Schutz des objektiven Wahlrechts“in den Artikeln 38 und 41 des Grundgesetzes verstoßensoll. Der Wahlprüfungsausschuß sieht sich mangelshinreichend bestimmtem Anfechtungsgegenstand an ei-ner näheren Prüfung gehindert. Denn die Wahlprüfungfindet weder von Amts wegen statt noch erfolgt siestets in Gestalt einer Durchprüfung der gesamten Wahl.Vielmehr erfolgt nach § 2 Abs. 1 und 3 WPrüfG die

    Wahlprüfung nur auf Einspruch, der zu begründen ist.Die Begründung muß mindestens den Tatbestand, aufden die Anfechtung gestützt wird, erkennen lassen undgenügend substantiierte Tatsachen enthalten. Ihr Um-fang richtet sich also nach dem Einspruch, durch dender Einspruchsführer den Anfechtungsgegenstand be-stimmt. Der Prüfungsgegenstand ist nach dem erklär-ten, verständig zu würdigenden Willen des Einspruchs-führers unter Berücksichtigung des gesamten Ein-spruchsvorbringens sinngemäß abzugrenzen. Aus derBegründungspflicht folgt, daß diese Abgrenzung auchdanach vorzunehmen ist, wieweit der Einspruchsführerseinen Einspruch substantiiert hat. Nur im Rahmen desso bestimmten Anfechtungsgegenstandes haben dieWahlprüfungsorgane dann den Tatbestand, auf den dieAnfechtung gestützt wird, von Amts wegen zu erfor-schen und alle auftauchenden rechtserheblichen Tatsa-chen zu berücksichtigen (BVerfGE 40, 11 [30]).

    Der Einspruch ist deshalb gemäß § 6 Abs. 1a Nr. 3WPrüfG als offensichtlich unbegründet zurückzuwei-sen.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen diesen Beschluß kann gemäß § 48 des Geset-zes über das Bundesverfassungsgericht (in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 11. August 1993),der als Anlage beigefügt ist, unter den dort genann-ten Voraussetzungen Beschwerde beim Bundesver-fassungsgericht erhoben werden. Sie muß binnen ei-ner Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassungdes Deutschen Bundestages – –beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sein.

  • Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31 – Drucksache 14/1560

    Anlage 10

    Beschluß

    In der Wahlanfechtungssache – Az: 56/98 –des Herrn Hermann Witte

    wohnhaft: Ostwall 41a, 41751 Viersen

    gegen die Gültigkeit der Wahl zum 14. Deutschen Bundestagvom 27. September 1998

    hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung

    am beschlossen:

    Der Wahleinspruch wird zurückgewiesen.

    Tatbestand

    1. Mit Schreiben vom 13. Oktober 1998 an den Bun-deswahlleiter, welches am 27. Oktober 1998 beimBundestag eingegangen ist, hat der EinspruchsführerEinspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum14. Deutschen Bundestag eingelegt.

    Der Einspruchsführer begründet seinen Einspruchdamit, daß er vom „verfassungmäßigen Wahlrecht“durch die Bürgermeisterin der Stadt Viersen ausge-schlossen worden sei. Er habe vergeblich versucht,sein Wahlrecht im Wege der Verwaltungsgerichts-barkeit zu erhalten. Sein aktives und passives Wahl-recht seien bereits zur Bundestagswahl 1990 ver-nichtet worden.

    Zu dem Wahleinspruch liegt eine Stellungnahme deszuständigen Kreiswahlleiters mit zahl