DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Belastung der Bevölkerung durch Asbest · der griechischen Insel Euböa...

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Vorwort Die in der Umgangssprache als „Asbest" bezeichnete Gruppe von weltweit verbreiteten (zum Beispiel Tirol, Steiermark, Griechenland, Sibirien, Türkei und andere) in der Natur vorkommenden Mineralien (Silikate) hat ihren Namen im Griechenland der Antike bekommen (asbestos = unverbrennbar). Auch im heutigen Englisch heißt diese Substanzgruppe „Asbestos". Der griechische Geschichtsschreiber und Geograph Pausanias hat schon im Jahre 155 nach Christus über Asbest-Vorkommen auf der griechischen Insel Euböa berichtet: Asbest wurde damals zu Lampendochten verarbeitet, die zur Illumina- tion der „goldenen Lampe" der (ursprünglich römi- schen) Göttin Minerva in Athen dienten! Die biologischen und menschenpathogenen Qualitä- ten der verschiedenen Asbeste verdienen unbedingte Beachtung, wenn zum Beispiel für oder gegen die Ver- wendung beziehungsweise Entsorgung von asbesthalti- gen Materialien entschieden werden soll. Jedenfalls muß vor Auslösung eines Asbest-Alarmes zunächst geklärt sein, um welche Art von Asbest (zum Beispiel Weiß-, Blau- oder Braunasbest sowie weitere Arten oder Mi- schungen) es sich handelt und welches Risiko — nach derzeitigem Kenntnisstand — zu fürchten oder auch zu vernachlässigen ist. Eine weitere wichtige Risikominderung wird durch die am 29. Mai 1991 von der Bundesregierung verab- schiedete, noch nicht veröffentlichte, „Vierte Verord- nung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung" er- reicht. Diese Verordnung enthält ein „Verbot des Inver- kehrbringens, der Herstellung und Verwendung des krebserzeugenden Gefahrstoffes Asbest, seiner Zuberei- tungen und Erzeugnisse". Die bewährte Maxime „Vor die Therapie haben die Götter die Diagnose gesetzt" gilt in diesem Zusammen- hang auch für ärztliche Äußerungen zum Thema „As- best". Im Dezember 1988 sind an der Harvard-Universität Boston/Mass. bei einem Symposium „Über die Asbest- D5position in Gebäuden" vergleichende Zahlen über das tödliche Risiko für je 100 000 Bewohner unter den Le- bensbedingungen der technischen Zivilisation in den USA berechnet und eingehend diskutiert worden. Dabei wurden nachfolgende numerische Relationen als derzeit zutreffend angenommen: Wenn das Risiko einer tödlich endenden Gesundheitsschädigung (nach etwa 30 Jahren „Inkubationszeit") für einen Schüler in einer asbestbela- steten Schule mit 1 veranschlagt wird, dann trifft das Ri- siko, durch Lungenkrebs infolge Rauchens vorzeitig zu sterben, etwa 8800 von 100 000 Bewohnern der USA, während 1600 durch Auto-Unfall und 730 bei ihren häu- figen Flugreisen oder 290 als Fußgänger durch Ver- kehrsunfall, 75 durch tödlichen Unfall mit dem Fahrrad und 3 durch Blitzschlag vorzeitig ihr Leben verlieren würden. Diese kurze, abschätzende Zusammenfassung („Esti- mates of risk from various causes") ist in den Vereinig- ten Staaten von Amerika mit dem Hinweis erörtert wor- den, daß die Gefahr der Asbest-Belastung nicht selten zu hoch veranschlagt und dann durch irrtümliche bezie- hungsweise unnötige Entsorgung zu einem hohen Ko- stenfaktor wird. Die Wirkungen der chemischen Substanzgruppe „As- best" werden unter verschiedenartigen Gesichtspunkten bewertet. Der Schwelpunkt dieser Empfehlung liegt in der Umwelt-Perspektive und berührt die sehr wichtigen versicherungsrechtlichen Gesichtspunkte (Asbestose als Berufskrankheit) nur kursorisch, während zu den Fra- gen der Kausalität von Asbest für die Entstehung von Krebs (Bronchialkarzinom und Mesotheliom) nicht ins einzelne gehend Stellung genommen wird. Diese Gewichtung in der Behandlung des Gesamt- problems „Asbest" war in der Aufgabenstellung für den Arbeitskreis vorgegeben, weil dem Arzt durch eine wis- senschaftlich begründete Problemdarstellung die Mög- lichkeit zu einer eigenen Urteilsbildung gegeben werden sollte. Hierzu sowie zur Versachlichung der oft heftigen, eher emotionalen als sachkundigen öffentlichen Diskus- sion hat ein Experten-Gremium innerhalb des Ständigen. Arbeitskreises „Gesundheitsschäden durch Umweltein- flüsse" des Wissenschaftlichen Beirates die nachfolgen- de Empfehlung erarbeitet und ebenso wie der Vorstand der Bundesärztekammer einstimmig verabschiedet. Dr. Karsten Vilmar Prof. Dr. Klaus-Ditmar Bachmann Präsident der Bundesärztekammer Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates und des Deutschen Ärztetages der Bundesärztekammer Belastung der Bevölkerung durch Asbest Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer A-2402 (70) Dt. Ärztebl. 88, Heft 27, 4. Juli 1991

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  • DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

    Vorwort

    Die in der Umgangssprache als „Asbest" bezeichnete Gruppe von weltweit verbreiteten (zum Beispiel Tirol, Steiermark, Griechenland, Sibirien, Türkei und andere) in der Natur vorkommenden Mineralien (Silikate) hat ihren Namen im Griechenland der Antike bekommen (asbestos = unverbrennbar). Auch im heutigen Englisch heißt diese Substanzgruppe „Asbestos". Der griechische Geschichtsschreiber und Geograph Pausanias hat schon im Jahre 155 nach Christus über Asbest-Vorkommen auf der griechischen Insel Euböa berichtet: Asbest wurde damals zu Lampendochten verarbeitet, die zur Illumina-tion der „goldenen Lampe" der (ursprünglich römi-schen) Göttin Minerva in Athen dienten!

    Die biologischen und menschenpathogenen Qualitä-ten der verschiedenen Asbeste verdienen unbedingte Beachtung, wenn zum Beispiel für oder gegen die Ver-wendung beziehungsweise Entsorgung von asbesthalti-gen Materialien entschieden werden soll. Jedenfalls muß vor Auslösung eines Asbest-Alarmes zunächst geklärt sein, um welche Art von Asbest (zum Beispiel Weiß-, Blau- oder Braunasbest sowie weitere Arten oder Mi-schungen) es sich handelt und welches Risiko — nach derzeitigem Kenntnisstand — zu fürchten oder auch zu vernachlässigen ist.

    Eine weitere wichtige Risikominderung wird durch die am 29. Mai 1991 von der Bundesregierung verab-schiedete, noch nicht veröffentlichte, „Vierte Verord-nung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung" er-reicht. Diese Verordnung enthält ein „Verbot des Inver-kehrbringens, der Herstellung und Verwendung des krebserzeugenden Gefahrstoffes Asbest, seiner Zuberei-tungen und Erzeugnisse".

    Die bewährte Maxime „Vor die Therapie haben die Götter die Diagnose gesetzt" gilt in diesem Zusammen-hang auch für ärztliche Äußerungen zum Thema „As-best".

    Im Dezember 1988 sind an der Harvard-Universität Boston/Mass. bei einem Symposium „Über die Asbest-D5position in Gebäuden" vergleichende Zahlen über das tödliche Risiko für je 100 000 Bewohner unter den Le-

    bensbedingungen der technischen Zivilisation in den USA berechnet und eingehend diskutiert worden. Dabei wurden nachfolgende numerische Relationen als derzeit zutreffend angenommen: Wenn das Risiko einer tödlich endenden Gesundheitsschädigung (nach etwa 30 Jahren „Inkubationszeit") für einen Schüler in einer asbestbela-steten Schule mit 1 veranschlagt wird, dann trifft das Ri-siko, durch Lungenkrebs infolge Rauchens vorzeitig zu sterben, etwa 8800 von 100 000 Bewohnern der USA, während 1600 durch Auto-Unfall und 730 bei ihren häu-figen Flugreisen oder 290 als Fußgänger durch Ver-kehrsunfall, 75 durch tödlichen Unfall mit dem Fahrrad und 3 durch Blitzschlag vorzeitig ihr Leben verlieren würden.

    Diese kurze, abschätzende Zusammenfassung („Esti-mates of risk from various causes") ist in den Vereinig-ten Staaten von Amerika mit dem Hinweis erörtert wor-den, daß die Gefahr der Asbest-Belastung nicht selten zu hoch veranschlagt und dann durch irrtümliche bezie-hungsweise unnötige Entsorgung zu einem hohen Ko-stenfaktor wird.

    Die Wirkungen der chemischen Substanzgruppe „As-best" werden unter verschiedenartigen Gesichtspunkten bewertet. Der Schwelpunkt dieser Empfehlung liegt in der Umwelt-Perspektive und berührt die sehr wichtigen versicherungsrechtlichen Gesichtspunkte (Asbestose als Berufskrankheit) nur kursorisch, während zu den Fra-gen der Kausalität von Asbest für die Entstehung von Krebs (Bronchialkarzinom und Mesotheliom) nicht ins einzelne gehend Stellung genommen wird.

    Diese Gewichtung in der Behandlung des Gesamt-problems „Asbest" war in der Aufgabenstellung für den Arbeitskreis vorgegeben, weil dem Arzt durch eine wis-senschaftlich begründete Problemdarstellung die Mög-lichkeit zu einer eigenen Urteilsbildung gegeben werden sollte. Hierzu sowie zur Versachlichung der oft heftigen, eher emotionalen als sachkundigen öffentlichen Diskus-sion hat ein Experten-Gremium innerhalb des Ständigen. Arbeitskreises „Gesundheitsschäden durch Umweltein-flüsse" des Wissenschaftlichen Beirates die nachfolgen-de Empfehlung erarbeitet und ebenso wie der Vorstand der Bundesärztekammer einstimmig verabschiedet.

    Dr. Karsten Vilmar

    Prof. Dr. Klaus-Ditmar Bachmann Präsident der Bundesärztekammer

    Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates

    und des Deutschen Ärztetages

    der Bundesärztekammer

    Belastung der Bevölkerung durch Asbest

    Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer

    A-2402 (70) Dt. Ärztebl. 88, Heft 27, 4. Juli 1991

  • AJbest wurde über lange Zeit in

    großen Mengen, insbesondere ür Bauzwecke, verwendet und

    ist, teils offensichtlich, teils versteckt, fast allgegenwärtig. Inzwischen ist durch Aufklärung erreicht worden, daß die krebsbegünstigende Wirkung der Asbestfasern allgemein bekannt ist. Deshalb löst es häufig Erschrecken aus, wenn irgendwo in öffentlichen Ge-bäuden Asbest gefunden wird. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundes-ärztekammer sieht sich daher veran-laßt, zu dieser Problematik eine klären-de Stellungnahme abzugeben. Sie soll dem Arzt zu einer besseren Risikoab-wägung verhelfen. Die Gegebenheiten in den fünf neuen Bundesländern konnten in dieser Stellungnahme noch nicht berücksichtigt werden.

    Asbest-Verwendung und Vorkommen in der Umwelt

    Asbest ist die Sammelbezeichnung für eine Gruppe in der Natur vorkom-mender Minerale (Silikate), die in Fa-serform auftre ten. Asbestfasern besit-zen eine gute Beständigkeit gegen Hit-ze sowie Chemikalien und sind von ho-her Zugfestigkeit. Unter den technisch verwendeten Asbestarten überwiegt mit über 90 Prozent bei weitem Chryso-til (Weißasbest) . Krokydolith (Blau-asbest), Amosit (Braunasbest) und an-dere Amphibolasbeste hatten nur ei-nen geringeren Anteil am Asbestver-brauch. Obwohl Asbest in mehreren tausend Produkten eingesetzt wurde, konzentrierte sich seine Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland Ende der 70er Jahre auf wenige Pro-duktgruppen. An erster Stelle zu nen-nen sind Asbestzementprodukte für den Hoch- und Tiefbau mit ca. 65 Pro-zent des gesamten Asbesteinsatzes von rund 160 000 t Asbest im Jahr 1980. Als weitere Produktgruppen mit einem As-bestverbrauch von seinerzeit je ca. 10 000 t Asbest pro Jahr sind die Brems- und Kupplungsbeläge sowie be-stimmte Fußbodenbeläge zu nennen; für Asbesttextilien, -dichtungen und -pappen wurden jeweils rund 5000 t Asbest pro Jahr eingesetzt (nach: 13, 14, 26).

    In den letzten Jahren ist es zu einer durchgreifenden Verschärfung der Schutzmaßnahmen für den Arbeits-platz und die Umwelt gekommen (8) . Bereits 1979 wurde der Spritzasbest verboten. Zu einem 1982 eingeleiteten freiwilligen, stufenweisen Verwen-

    dungsverzieht im Hochbau bis 1990 und im Tiefbau bis 1993 führte das Substitutionsprogramm in der Asbest-zementindustrie. Irrfolge einer stark ge-wachsenen Sensibilisierung der öffent-lichen Meinung in unserem Land und durch die genannten Maßnahmen läßt sich ein drastischer Rückgang der As-bestverwendung in den 11 alten Bun-desländern auf weniger als 10 000 t im Jahr 1991 abschätzen (20).

    In die Atmosphäre gelangende As-bestfasermengen stammen heute über-wiegend aus "Altlasten". Demgegen-über ist die Emission aus der Asbest-verarbeitung stark zurückgegangen und dürfte weiter an Bedeutung verlieren. Es handelt sich, wie die Tabelle 1 zeigt, überwiegend um diffuse, flächenhafte Emissionsquellen. Der aus der Depo-nierung von Asbestprodukten resultie-rende Anteil ist nicht bekannt.

    Atembarer Asbestfaserstaub ent-steht bei mechanischer und chemischer Beanspruchung asbesthaltiger Materia-lien. Hierzu gehören die Verarbeitung und Bearbeitung, der Verschleiß und die Abwitterung. Die besondere Kri-stallstruktur der Fasern begünstigt die Staubentstehung. Die Längsspaltung von Faserbündeln führt zu einem hohen Anteil dünner und relativ langer Fasern in der Atmosphäre, die beständig sind und kaum sedimentieren. Als kritische Faserabmessungen gelten Längen ober-halb 5 !A-m, Durchmesser unterhalb 3 !A-m und ein Verhältnis von Länge zu Durch-messer oberhalb 3 : 1 (6).

    Immissionsmessungen sind relativ aufwendig, da die Fasern im Schweb-stoffgehalt der Umweltluft nur elektro-nenmikroskopisch gezählt, vermessen und identifiziert werden können. In der Bundesrepublik wird hierzu die raster-elektronenmikroskopische Methode benutzt (17) .

    Messungen der Immissionsbela-stung durch Asbestfasern kritischer Abmessungen in den Jahren 1984 und 1989 ergaben nach M. Buck (4) (gerun-det) Jahresmittelwerte zwischen

    ~ 50* -140 F/m3 in der Umgebung von Asbestzement-platten-Anwen-dung,

    ~ 50* -150 F/m3 in städtischen Bal-lungsgebieten, dar-unter solchen mit ausgewiesener er-höhter Verkehrs-dichte,

    ~ 80 -350 F/m3 in der Umgebung von Asbestfasern verarbeitenden Fa-briken.

    A-2404 (72) Dt. Ärztebl. 88, Heft 27, 4. Juli 1991

    Zu beachten ist hierbei, daß wegen des begrenzten Auflösungsvermögens eines Rasterelektronenmikroskops der Faseranteil mit Durchmessern unter-halb 0,1 !A-m nicht analysierbar und so-mit nicht in der Tabelle enthalten ist.

    Die genannten Werte liegen somit im Bereich der Nachweisgrenze des in der Bundesrepublik verwendeten ra-sterelektronenmikroskopischen Ver-fahrens (17).

    Gesundheitsgefahren durch Asbestfaserstaub

    Eingeatmete Asbestfasern können fibrogene und/oder kanzerogene Wir-kungen entfalten. Sowohl klinische Ka-suistiken als auch umfangreiche epide-miologische Studien an Zehntausen-den asbestgefährdeter Arbeitnehmer haben eindeutig gezeigt, daß die Einat-mung von Asbestfaserstaub zu Erkran-kungen an Asbestose der Lunge und/ oder der Pleura, an Bronchialkarzinom sowie Mesotheliom des Brustfells oder Bauchfells führen kann (16) .

    Die Asbestose

    ist eine langsam fortschreitende, chronische Fibrose als Reaktion des Lungengewebes und der Pleura auf die inkorporierten Asbestfasern. Die Schwere der Erkrankung hängt von der Dauer und Intensität der Asbestfaser-staub-Einwirkung ab. Es handelt sich um eine typische Berufskrankheit (Nr. 4103 BeKV). Bei den vorstehend ange-führten umweltbedingten Asbestfaser-konzentrationen ist mit einer Asbesto-se-Erkrankung nicht zu rechnen.

    Das Bronchialkarzinom,

    die häufigste Krebsform bei Män-nern in den Industrieländern, wird in erster Linie durch Zigarettenrauchen, daneben auch durch bestimmte berufli-che Expositionen und andere Umwelt-einflüsse verursacht. Bronchialkarzino-me bei asbestbedingten Lungen- oder Pleuraveränderungen sind als Berufs-krankheit (Nr. 4104 BeKV) melde- und entschädigungspflichtig. Es ist wissen-schaftlich nicht auszuschließen, daß es auch durch die in der Umwelt vorkom-menden Asbestfaserkonzentrationen

    *) in Fällen, in denen keine Asbestfasern ge-funden wurden, ist ein rechnerischer Wert von 50 F/m3 eingesetzt worden.

  • zum Bronchialkarzinom kommt. Ziga-rettenrauchen und Asbest-Einwirkung zeigen nach Beobachtungen am Ar-beitsplatz einen ausgeprägten synergi-stischen Effekt. Die Latenzzeit des be-rufsbedingten, durch Asbestfaserstaub induzierten Bronchialkarzinoms be-trägt mindestens zehn Jahre.

    Das Mesotheliom

    ist eine in der Allgemeinbevölke-rung seltene Tumorform. In der Bevöl-kerung der USA werden weniger als 0,04 Prozent aller Todesfälle hierauf zurückgeführt. In beruflich asbestge-fährdeten Personengruppen wurden dagegen bis zu 10 Prozent Todesfälle an Mesotheliom beobachtet (25, 26). Sein Auftreten steht in der Regel im Zusammenhang mit einer Asbestexpo-sition meist am Arbeitsplatz (24). Die Latenzzeit beträgt ebenfalls minde-stens zehn Jahre, im Mittel (Median-wert) 30 Jahre. Die Prognose ist trotz aller therapeutischen Anstrengungen infaust.

    Bei jedem Patienten mit der gesi-cherten Diagnose eines Mesothelioms des Brustfells oder Bauchfells sollte die ärztliche Meldung zur Feststellung einer Berufskrebserkrankung (4105 BeKV) vorgenommen werden, da in der Regel von einer berufsbedingten Erkrankung auszugehen ist (16).

    Für andere Krebslokalisationen —speziell im Bereich des Magen-Darm-Traktes, der Niere und des Rachens —lassen sich beim heutigen Wissensstand die Fragen nach ursächlichen Zusam-menhängen noch nicht eindeutig be-antworten. Mit Ausnahme des Meso-thelioms stützen sich alle epidemiologi-schen Aussagen auf Untersuchungen von Beschäftigten an Arbeitsplätzen mit überwiegend langjährigen Einwir-kungen von weit mehr als 1 Million As-bestfasern kritischer Abmessungen pro m3 Atemluft.

    Neuere Untersuchungen an Säuge-tierzellen in vitro zeigen, daß Asbestfa-sern Chromosomenveränderungen her-vorrufen können (2, 10, 11). Ein Schwellenwert für die kanzerogene Wirkung kann nicht angegeben wer-den.

    Risikoquantifizierung

    Das mit der Inhalation von Asbest-faserstäuben verbundene Risiko wird gewöhnlich an der Anzahl „kritischer Fasern" (s. o.) gemessen. Kürzere Fa-

    sern zeigen im Tierversuch eine deut-lich geringere Wirkung als längere.

    Bei den genannten Asbestfaserkon-zentrationen in der Umwelt ist ein epi-demiologischer Nachweis des Lungen-krebs- oder Mesotheliomrisikos aus methodischen Gründen nicht möglich. Nur dort, wo in der Vergangenheit über Jahrzehnte hinweg wesentlich hö-here Faserkonzentrationen außerhalb von Arbeitsplätzen vorgelegen haben, wie in der Umgebung südafrikanischer Krokydolithminen oder asbestverarbei-tender Betriebe in Hamburg, konnte bei Anwohnern ohne beruflichen As-bestkontakt eine erhöhte Mesotheli-ominzidenz nachgewiesen werden (9, 21). Eine erhöhte Bronchialkrebshäu-figkeit läßt sich allerdings auch unter diesen Bedingungen wegen der Domi-nanz des Zigarettenrauchens über an-dere Risikofaktoren in der Umwelt nicht feststellen.

    Will man zu einer Quantifizierung des aus der Umweltbelastung durch Asbestfasern resultierenden Tumorri-sikos kommen, so ist man auf Schätz-verfahren angewiesen. Sie gehen von den am Arbeitsplatz bei wesentlich mehr als tausendfach höheren Konzen-trationen beobachteten Tumorhäufig-keiten aus und extrapolieren auf die Konzentration in der Umwelt. Die da-zu nötigen Annahmen, insbesondere über den Verlauf der Dosis-Häufig-keitskurven bei kleinen Konzentratio-nen, sind so gewählt, daß das Risiko wahrscheinlich überschätzt wird. Auch Synergismen, insbesondere derjenige zwischen Asbest und Zigarettenrau-chen, sowie die besondere Gefährdung des kindlichen Organismus sind in den. folgenden Schätzwerten (Tabelle 2) be-rücksichtigt.

    Ein Mesotheliomrisiko von etwa 2 : 100 000 bei 100 Asbestfasern/m 3 be-deutet, daß unter 100 000 Personen, die über die gesamte Lebensdauer der genannten Konzentration ausgesetzt sind, im statistischen Mittel im Zeit-raum der mittleren Lebenserwartung zwei Mesotheliomfälle mehr erwartet werden als in einer nicht belasteten Be-völkerung. Bei zehnfach höherer oder niedrigerer Asbestfaserkonzentration in der Umwelt wird von einem zehn-fach höheren oder niedrigeren Tumor-risiko ausgegangen. Die Risikoabschät-zungen basieren meist auf Beobachtun-gen an Arbeitsplätzen, an denen Amphibolasbeste (Krokydolith, Arno-sit) oder Gemische dieser mit Chrysotil eingesetzt worden waren. Bei der in der Außenluft vorherrschenden Chry-sotilbelastung dürfte das Mesotheliom-risiko eher niedriger ausfallen.

    Zur Abwägung dieser Risiken wer-den in Tabelle 3 einige Unfallrisiken gegenübergestellt. Zunächst wird eine Schätzung der nach fünfjährigem Auf-enthalt von hunderttausend Schülern im 11. bis 15. Lebensjahr in Klassen-räumen mit 1000 Asbestfasern kriti-scher Abmessungen pro m 3 Atemluft zu erwartenden Mesotheliomfälle ge-geben. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß so hohe Faserkonzentrationen auch in sanierungsbedürftigen Schu-len nur selten vorlagen und daß diese Todesfälle wegen der langen Latenz-zeit überwiegend erst in höherem Al-ter auftreten würden. Vergleichbare Todesfallzahlen für den vom 11. bis 15. Lebensjahr reichenden Zeitab-schnitt sind aus den jährlichen Unfall-zahlen für diese Altersgruppe berech-net worden. Dabei sollte bei einem Vergleich nicht übersehen werden, daß die Zahl der verlorenen Lebens-jahre dieser Unfalltoten im Mittel weitaus höher liegt als bei umweltbe-dingten Krebsfällen.

    Am Arbeitsplatz stellt Asbest aller-dings die bei weitem häufigste Ursache tödlicher Berufskrebserkrankungen dar. Mehr als zwei Drittel aller in den letzten Jahren entschädigter Berufs-krebserkrankungen entfallen auf As-bestfaserstaub (26). Die jährlich ange-zeigten asbestverursachten Berufs-krebserkrankungen unseres Landes nä-hern sich der Zahl 1000, die erstmals entschädigten der Zahl 500.

    Bewertungen und Empfehlungen

    Bei der Bewertung von Gesund-heitsrisiken durch Asbest muß unter-schieden werden, ob die Belastung von Asbestzementprodukten oder soge-nannten schwach gebundenen Asbest-produkten ausgeht.

    Asbestzementprodukte

    Asbestzementprodukte sind schwe-rer als Wasser. Sie fanden im Freien meist als Dach- und Fassadenplatten, in Innenräumen als Wand- und Dek-kenverkleidungen Verwendung. Von Asbestzementprodukten in Innenräu-men gehen nach heutigem Kenntnis-stand wegen der relativ festen Einbin-dung des Asbestfaseranteils von ca. 12 Prozent in die Zementmatrix (ca. 88 Prozent) keine konkreten Gesund- heitsgefahren aus, solange sie nicht mechanisch bearbeitet werden (5). Ein

    Dt. Ärztebl. 88, Heft 27, 4. Juli 1991 (73) A-2405

  • Tabelle 2: Abschätzung der Wahrscheinlichkeit, nach lebenslangem Ein-atmen von 100 Asbestfasern kritischer Abmessungen pro m 3 Luft an einem dadurch bedingten Tumor zu sterben; Bereiche unterschiedlicher, unab hängiger Schätzungen (nach: 1)

    - Mesotheliom

    0,5 bis 2 : 100 000 (1)

    —Bronchialkarzinom: bei Zigarettenrauchern bei Nichtrauchern

    0,4 bis 2 : 100 000 (1) < 0,2 : 100 000

    generelles Sanierungsgebot für Asbest-zementprodukte läßt sich daher nicht begründen.

    Für die Außenluft bilden derzeit ver-witternde Asbestzementplatten auf Dächern und an Fassaden die größte Emissionsquelle (siehe Tabelle 1). Bela-stungskonzentrationen liegen im Jah-resmittel in der Größenordnung von 100 F/m3 und entsprechen damit dem Belastungsniveau von Ballungsgebie-ten. Im Hinblick auf die Minimierung kanzerogener Stoffe in der Umwelt ist eine emissionsarme Sanierung von Flä-chen stark verwitterter Platten in Er-wägung zu ziehen (20).

    In den Rohrnetzen der Wasserwer-ke werden auch Asbestzementrohre ein-gesetzt. Durch Korrosion können As-bestfasern aus den Rohren in das Trinkwasser übergehen. Da saures Wasser diesen Prozeß fördert, begrenzt die Trinkwasserverordnung zur Mini-mierung der Korrosion den Säuregrad auf den jeweiligen pH-Wert der Kalk-sättigung des Trinkwassers (sogenann-ter Sättigungsindex). Bei dauerhafter Einhaltung dieser Bestimmung beträgt die Faserkonzentration nicht mehr als 10 000 Fasern (länger 5 1,1,m) je Liter. Dieser Wert wird vom Bundesgesund-heitsamt als „technisch unvermeidbare, aber gesundheitlich unbedenkliche Stoffmenge" im Sinne des Lebensmit-tel- und Bedarfsgegenständegesetzes betrachtet.

    Werden die Bestimmungen der Trinkwasserverordnung zum Sätti-gungsindex nicht eingehalten oder lie-gen schwerwiegende und sanierungsbe-dürftige Beschädigungen im Asbestze-mentrohrnetz vor, so können höhere Faserkonzentrationen auftreten. Die Wasserwerke sind verpflichtet, diesem Zustand abzuhelfen.

    Falls ein Krebsrisiko nach längerem Genuß selbst eines in diesem Sinne un-zulässig mit Asbest belasteten Trink-wassers überhaupt besteht, ist es je-doch erheblich kleiner als das in Tabel-le 2 dargestellte Lebenszeitrisiko durch 100 F/m3 in der Luft. Die amerikani-sche Umweltbehörde EPA (7) hält so-

    gar Asbestkonzentrationen unter 7 Mio. Fasern (länger 10 [tm, das heißt etwa 14 Mio. Fasern länger 5µm) je Li-ter für gesundheitlich unbedenklich.

    Aus dem Wasser können die As-bestfasern beim Duschen, Wäsche-trocknen und dergleichen in die Luft gelangen. Eine Untersuchung in den Vereinigten Staaten ergab bei Konzen-trationen von 20 bis 30 Mio. Fasern al-ler Längen je Liter Trinkwasser nur ei-ne geringe Belastung der Luft mit kriti-schen Asbestfasern (22).

    Schwach gebundene Asbest-produkte

    Schwach gebundene Asbestproduk-te sind leichter als Wasser. Der be-kannteste und wichtigste Baustoff die-ser Kategorie ist der Spritzasbest. Er enthält oftmals Blauasbest (Krokydo-lith). Auch asbesthaltige sogenannte Leichtbauplatten sind hier zu nennen.

    Beim Vorhandensein schwach ge-bundener Asbestprodukte in Innenräu-men werden oftmals keine höheren As-bestfaserstaub-Konzentrationen als in der Außenluft gemessen. Bei äußeren

    Einwirkungen, wie Reparaturarbeiten, Erschütterungen und mutwilligen Be-schädigungen können jedoch unvorher-gesehen hohe, mit dem bloßen Auge nicht erkennbare Asbestfaserstaub-Konzentrationen auftreten. Eine Sa-nierungsentscheidung sollte daher nicht von Asbestfasermessungen ab-hängig gemacht werden, weil diese zu stark zufallsbedingt sind.

    Die Wahl des Sanierungsverfahrens und insbesondere die Dringlichkeit ei-ner Entsorgung etwa in Kindergärten, Schulen, Kliniken usw. muß nach den 1989 in allen Bundesländern einheit-lich in Kraft gesetzten „Richtlinien für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäu-den", den sogenannten „Asbest-Richt-linien", erfolgen (5). Sie geben konkre-te Hinweise zur Ermittlung der tatsäch-lichen Gefahr im Einzelfall und auf Abhilfemaßnahmen sowie deren Dringlichkeit. Bis zum Beginn der Sa-nierung sollten vorläufige Maßnahmen der Risikominderung ergriffen werden. Hierzu zählen unter anderem mög-lichst staubdichte, provisorische Ab-schottungen sowie die Vermeidung be-stimmter Wartungs- und Reparaturar-beiten.

    In Gebäuden, in denen besonders häufig Erschütterungen des schwach gebundenen Asbestmaterials selbst bei bestimmungsgemäßem Gebrauch zu erwarten sind, wie zum Beispiel in Sporthallen, oder in denen mit unwill-kürlicher oder mutwilliger Beschädi-gung solcher Bauteile zu rechnen ist, wie zum Beispiel in Kindergärten und. Klassenräumen, können unter be-stimmten Umständen zur Gefahrenab-wehr Nutzungseinschränkungen bis hin

    Tabelle 1: Entwicklung der Asbestfaserstaub-Emissionen 1977 bis 1988 als jeweils atembarer Faserstaubanteil (nach: 15)

    produktgebundene

    im Gebiet der Bundesrepublik Asbestfaseremissionen

    t/Jahr 1977 t/Jahr 1988

    Asbestzement-Verarbeitung max. 23

    < 1 Asbestzement-Verwitterung nicht bekannt

    100

    Bremsbelag-Abrieb

    ca. 13

    < 7 Straßendecken Abrieb

    < 10

    < 10

    anlagengebundene

    im Gebie er Bundesrepublik Asbestfaseremissionen

    t/Jahr 1977

    t/Jahr 1988

    Baustoffgroßhandlungen

    8,4

    < 1 (Schneidhändler) Herstellung von Reibbelägen

    1,8

    < 1 Herstellung von

    1,65

    < 1 Asbestzementprodukten Herstellung textiler Asbest-

    0,14

    < 0,1 produkte in Spinnereien

    A-2406 (74) Dt. Ärztebl. 88, Heft 27, 4. Juli 1991

  • Tabelle 3: Vergleich verschiedener Umweltrisiken durch Asbestfaser-staub mit Unfallrisiken

    Risikobezogene Todesfälle pro 100 000 Personen über das ganze Leben

    Risiken Quelle

    Asbestbelastung - lebenslang mit einer

    durchschnittlichen Faserbelastung von 100 F/m3

    - vom 11.-15. Lebensjahr in einer rel. hochbelasteten Schule mit 1000 Firn'

    0,5 -2 (Mesotheliom)

    0,36 ± 0,18

    tödliche Unfälle im 11.-15. Lebensjahr*) - insgesamt - nur Kfz-Unfälle - Mord, Totschlag und son-

    stige Gewalteinwirkung

    (12)

    *) Wegen des Fünfjahreszeitraumes der Angaben zum Asbestrisiko in: (12) wurden die Daten aus der Mortalitätsstatistik von 1988 mit 5 multipliziert.

    Tabelle 2

    (23)

    37 19

    3,7

    zur Schließung geboten sein. Es emp-fiehlt sich jedoch, die Verhältnismäßig-keit der zu erwartenden Risiken unter Zugrundelegung der in Tabelle 3 aufge-zeigten Daten sorgfältig abzuwägen. Würde zum Beispiel eine Grundschule mit einer durchschnittlichen Konzentra-tion von vorübergehend etwa 1000 As-bestfasern/m 3 zur letztgenannten Kate-gorie von Innenräumen zählen und ge-schlossen werden, so wäre das durch Verlängerung der Schulwege entstehen-de Risiko zusätzlicher Wegeunfälle zu bedenken. Ein nur um wenige Prozent unfallgefährlicherer Schulweg wäre dann in der Lage, die wegen der Asbest-belastung durch sofortige Schulschlie-ßung beabsichtigte Risikominderung in das Gegenteil zu verkehren.

    Der Arzt kann bei einer Risikoabwä-gung nach dem Grundsatz der Verhält-nismäßigkeit nur in Kenntnis der spezi-ellen Gegebenheiten mitwirken. Bei jeder Sanierungsmaßnahme sind die strengen Vorschriften des Arbeits- und Umweltschutzes (19) unbedingt einzu-halten, und es sollten stets nur zuverläs-sige, das heißt entsprechend ausgewie-sene Asbestentsorgungsfirmen beauf-tragt werden. Eine unqualifizierte Asbe-stentsorgung kann zu einem ungleich höheren Gesundheitsrisiko führen, als es bei den Nutzern der zu sanierenden Innenräume zu erwarten wäre.

    Spezielle Röntgen-Reihenuntersu-chungen, wie bei Arbeitnehmern der Asbestindustrie, sind für Personen, die sich einige Jahre in Gebäuden mit schwach gebundenen Asbestprodukten aufgehalten haben, aus Gründen des Strahlenschutzes nicht anzuraten.

    Bei Bauhandwerkern, Hausmei-stern und Angehörigen entsprechender Berufsgruppen, die regelmäßig oder häufiger Reparatur- und Wartungsar-beiten unter Freisetzung sichtbarer As-bestfaserstaubmengen vorgenommen haben, kann eine arbeitsmedizinische Konsultation angezeigt sein (vgl. 3).

    Literatur

    1. Asbestos, in: Air Quality Guidelines for Europe. WHO Regional Publications, European Series No. 23 Copenhagen (1987) 182-199

    2. Barrett, I. C.; Lamb, P. W. and Wiseman, R. W.: Multiple Mechanisms for the Car-cinogenic Effects of Asbestos and Other Mineral Fibres. Env. Hlth, Persp. 81 (1989) 81-89

    3. Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersu- chungen. Hrsg. Hauptverband der ge-werblichen Berufsgenossenschaften e. V., Alte Heerstr. 111, 5205 Sankt Augustin. Gesundheitsgefährlicher mineralischer Staub, Teil 2: Asbesthaltiger Staub. Lose-blattsammlung, Gentner Verlag, Stutt-gart, 2. Auflage, Mai 1981

    4. Buck, M.: Asbest-Immissionsbelastung durch Abwitterung, LIS-Ber. Nr. 91, Es-sen (1989) 7-17

    5. Bundesverband der Unfallversicherungs-träger der öffentlichen Hand e. V. - BA-GUV - (Hrsg.): Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden. GUV 29.17, April 1990

    6. Deutsche Forschungsgemeinschaft: Maxi-male Arbeitsplatzkonzentrationen und biologische Arbeitsstofftoleranzwerte 1989. Mitteilung XXIV der Senatskom-mission zur Prüfung gesundheitsschäd-licher Arbeitsstoffe. VCH Verlagsgesell-schaft, Weinheim 1989

    7. Environmental Protection Agency (EPA): J. Amer. Water Works Ass. 82 (1990) Nr. 2,32-52

    8. Gefahrstoffverordnung. 2. Verordnung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung. Bundesgesetzblatt 1990, Teil I vom 23. April 1990, 790-807

    9. Hain, E.: Untersuchungen über gesund-heitliche Asbestschäden in Hamburg (1969-1979). bga-Schriften 2 (1984) 110-111

    10. Jaurand, M. C.: Comparative Responses of Cultured Cell to Asbestos Fibres in Re-lation to Carcinogenicity. In: In Vitro Ef-fects of Mineral Dusts. Edited by E. G. Beck, J. Bignon. NATO ASI Series, Vol. G 3, Springer, Berlin (1985) 215-220

    11. Jaurand, M. C.: Particulate-state Carcino-genesis: A Survey of recent Studies on the Mechanisms of Action of Fibres. In: Non-occupational Exposure to Mineral Fibres. Eds: J. Bignon, J. Peto, R. Saracci. IARC Scientific Publications No. 90, Lyon (1989) 54-73

    12. Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch Nordrhein-Westfa-len 1989

    13. Lohrer, W.: Umweltbelastung durch As-best. In: Umweltbundesamt (Hrsg.): Luft-

    qualitätskriterien. Umweltbelastung durch Asbest und andere faserige Stäube. E. Schmidt-Verlag, Berlin 1980

    14. Lohrer, W. und H. J. Nantke: Asbest in der Umwelt. Staub-Reinhaltung der Luft 46 (1986) 474-482 und 519-522

    15. Lohrer, W.: Asbestemissionen in der BRD. In: M. Buck, Asbest-Immissionsbe-lastung durch Abwitterung, LIS-Ber. Nr. 91, Essen (1989) 57-61

    16. a Müller, K.-M.; Brinkmann, 0. A. und Fischer, M.: Morphologische Reaktions-muster auf faserförmige Stäube. Pneu-mologie 44 (1990) 850-854

    16. b Müller, K.-M.: Faserassoziierte pleuro-pulmonale Reaktionsmuster - Mesothe-liomregister. Arbeitsmedizin-Sozialme-dizin-Präventivmedizin 75 (1991) 61-71

    17. Norpoth, K. und Woitowitz, H.-J.: Krebs-gefährdung am Arbeitsplatz: Das asbest-verursachte Mesotheliom, eine neue Be-rufskrankheit. Dtsch. Ärztebl. 81 (1984) 2889

    18. Rödelsperger, K.; Teichert, U.; Marfels, H.; Spurny, K.; Arhelger, R. and Woito-witz, H.-J.: Measurement of Inorganic Fibrous Particulates in Ambient Air and Indoors with the Scanning Electron Mi-croscope. In: Non-Occupational Exposure to Mineral Fibres, Eds.: J. Bignon, J. Peto and R. Saracci. IARC-Scientific Publica-tions No. 90, Lyon (1989) 361-366

    19. TRGS 519: Asbest-, Abbruch-, Sanie-rungs- oder Instandsetzungsarbeiten. Bundesarbeitsblatt, Heft 9 (1990) 54-63

    20. Umweltbundesamt: Pressemitteilung vom 11. September 1990

    21. Wagner, J. C.; Sleggs, C. A. and Mar-chandt, P.: Diffuse pleural mesothelioma in the North-West Cape Province. Brit. J. industr. Med. 17 (1960) 260-271

    22. Webber, J. S., Syrotynski, S. and King, M. V.: Asbestos-Contaminated Drinking Water: Its Impact on Household Air, Env. Res. 46 (1988) 153-167

    A-2408 (76) Dt. Ärztebl. 88, Heft 27, 4. Juli 1991

  • BUNDESÄRZTEKAMMER

    Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft informiert:

    Antiarrhythmische Therapie mit ChinidiniVerapamil

    23. Weil, 1-1. and Hughes, J. M.: Asbestos as a Public Health Risk. Anh. Rev. Public Health 7 (1986) 171-192

    24. Woitowitz, H.-J.; Paur, R.; Breuer, G. und Rödelsperger, K.: Das Mesotheliom, ein Signaltumor der beruflichen Asbeststaub-gefährdung. Dtsch. med. Wschr. 109 (1984) 363-368

    25. Woitowitz, H.-J.; Lange, H.-J.; Rödelsper-ger, K.; Ulm, K.; Giesen, T.; Woitowitz, R. H. und Pache, L.: Berufskrebsstudie Asbest: Möglichkeiten und Grenzen epi-demiologischer Todesursachenforschung in der Bundesrepublik Deutschland. Dtsch. med. Wschr. 111 (1986) 490-499

    26. Woitowitz, H.-J.; Lange, H.-J.; Ulm, K.; Rödelsperger, K.; Woitowitz, R. H. und Pache, L.: Asbestbedingte Tumoren bei Arbeitnehmern in der Bundesrepublik Deutschland. Staub-Reinhalt. Luft 48 (1988) 307-315

    Mitglieder des Arbeitskreises des Wissenschaftlichen Beirates „Belastung der Bevölkerung durch Asbest"

    Dr. S. Dobbertin, Wissenschaftlicher Direktor, Leiter des Fachgebietes I. 3.4, „Wir-kung auf den Menschen" Umweltbun-desamt, W-1000 Berlin 33

    Prof. Dr. H. Eckel Präsident der Ärztekammer Nieder-sachsen, W-3000 Hannover 1

    Prof. Dr. M. Fischer Institut für Wasser-, Boden- und Luft-hygiene des Bundesgesundheitsamtes, W-1000 Berlin 33

    Prof. Dr. K.-H. Friedrichs Wissenschaftlicher Abteilungsleiter im Med. Institut für Umwelthygiene der Universität Düsseldorf, W-4000 Düs-seldorf

    Prof. Dr. G. Lehnert Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Erlan-gen, W-8520 Erlangen

    Priv.-Doz. Dr. H. Muhle Leiter der Abt. Inhalationsforschung im Fraunhofer Institut für Toxikologie und Aerosolforschung, W-3000 Hanno-ver 61

    Prof. Dr. F. Pott Wissenschaftlicher Abteilungsleiter im

    Medizinischen Institut für Umwelthy-giene der Universität Düsseldorf, W-4000 Düsseldorf

    Prof. Dr. R. Schiele Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Poliklinik für Berufskrankheiten der Universität Erlangen, W-8520 Erlan-gen

    Prof. Dr. H.-W. Schlipköter (federführend) Direktor des Medizinischen Instituts für Umwelthygiene und des Instituts für Hygiene der Universität Düssel-dorf, W-4000 Düsseldorf

    Prof. Dr. H.-J. Woitowitz Leiter des Instituts und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Zentrum für Ökologie, W-6300 Gießen

    Korrespondenzanschrift:

    Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer Herbert-Lewin-Straße 1 W-5000 Köln 41

    Widersprüchliche Informationen bezüglich einer antiarrhythmischen Therapie mit der fixen Kombination Chinidin/Verapamil haben zu einer Verunsicherung der Ärzte und insbe-sondere der Patienten geführt. Die Arz-neimittelkommission der deutschen Ärzteschaft weist deshalb darauf hin, daß bei bestehender Indikation für die kombinierte Anwendung von Chinidin und Verapamil prinzipiell die Möglich-keit besteht, die Therapie mit einer freien, individuell eingestellten Kombi-nation beider Arzneistoffe fortzuführen.

    1. Empfohlene Indikationen: Aus praktischen Erfahrungen mit

    dem Arzneistoff Chinidin ergibt sich die Notwendigkeit einer strengen Indi-kationsstellung und sorgfältigen Über-wachung der Patienten. Die kombinier-te Anwendung von Chinidin und Vera-pamil kann bei atrialen Tachyarrhyth-mien in Betracht kommen. Dabei ist zu beachten, daß eine bestehende Herzin-suffizienz adäquat behandelt werden sollte und daß bei erheblicher Vergrö-ßerung des Vorhofs ein Rhythmisie-rungsversuch meist nicht erfolgreich ist.

    2. Fortführung einer bisher mit der fi-xen Kombination Chinidin/Verapamil durchgeführten Therapie:

    Es sollte geklärt werden, ob der Er-folg einer antiarrhythmischen Therapie mit einem Monopräparat erreicht wer-den kann.

    Wenn die Notwendigkeit einer kombinierten Anwendung von Chini-din und Verapamil gegeben ist, kann dies auch durch eine freie Kombination dieser Substanzen erfolgen. Handels-präparate siehe unten. Bei retardierten Zubereitungen muß die Therapie zu Beginn besonders sorgfältig überwacht werden.

    Allgemeine Dosierungsempfehlun-gen für Chinidin/Verapamil bei nach-gewiesenen Indikationen, wenn sie für den Einzelfall kombiniert werden müs-sen:

    Verapamil: 2-3 x 80 mg (ggf. 1-2 x 120 mg Verapamil retard)

    Chinidin (Chinidin-Base): Erhal-tungsdosis 2-3 x 160 mg

    Hinweis: Die Bioverfügbarkeiten von Chinidin und Verapamil unterliegen er-heblichen individuellen Schwankungen;

    dies ist das Hauptproblem für eine ange-paßte Dosierung bei einer fixen Kombina-tion dieser Arzneistoffe. Zusätzlich muß eine Wechselwirkung zwischen beiden Antiarrhythmika in Betracht gezogen wer-den, die eine Reduzierung der Chinidin-dosis notwendig machen kann.

    Handelspräparate: a) Verapamil Eine Vielzahl von Handelspräpara-

    ten auf dem Markt.

    b) Chinidin Entspricht Chinidin-Base:

    Chinidin-Duriles®

    164 mg (Retard-Präparat) (250 mg Chinidinhydrogen- sulfat x 4 H2O Chinidin sulfuricum

    83 bzw. „Buchler"®

    166 mg (100 mg bzw. 200 mg Chinidinsulfat x 2 H2O Galactoquin®

    180 mg (300 mg Chinidin- polygalacturonat) Optochinidin®

    192 mg retard (250 mg Chinidinhydrogen- sulfat, wasserfrei) zum Vergleich: die einzige auf dem deutschen Markt befindliche fixe Kombinati- on (Cordichin®) enthält: ca. 250 mg Chinidin- 160 mg hydrogensulfat x 4 H 2O 80 mg Verapamil—HC1

    Dt. Ärztebl. 88, Heft 27, 4. Juli 1991 (77) A-2409