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DFG-Projekt „Jugendsprache im Längsschnitt“ Leitung: Prof. Dr. Norbert Dittmar www.jugendsprache–berlin.de JuSpiL – Korpus „Jugendsprache im Längsschnitt“ Datenerhebung, Dokumentation und erste Ergebnisse Daniel Steckbauer und Nils Bahlo Freie Universität Berlin

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DFG-Projekt „Jugendsprache im Längsschnitt“Leitung: Prof. Dr. Norbert Dittmarwww.jugendsprache–berlin.de

JuSpiL – Korpus „Jugendsprache im Längsschnitt“

Datenerhebung, Dokumentation und erste Ergebnisse

Daniel Steckbauer und Nils BahloFreie Universität Berlin

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Inhalt

1. Erhebung natürlicher Daten2. Technische Mittel der Dokumentation3. Transkription gesprochener Sprache4. Diskursmarker in der Jugendsprache – UND und EY

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1. Erhebung natürlicher Daten

Natürlichkeit der Daten

- Ziel: Phänomene und Strukturen der Gespräche selbst, direkt und unmittelbar zu erheben und zu dokumentieren

- zu vermeiden: reflektierende oder nachträgliche Einschätzungen, Beurteilungen oder Rekonstruktionen von Gesprächen durch die Beteiligten oder andere Personen

- Metaverfahren wie Gedächtnisprotokolle, Interviews und Fragebögen als unzureichende, im Höchstfall ergänzende Methoden anzusehen

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1. Erhebung natürlicher Daten

Natürlichkeit- Beobachterparadoxon: Gespräch soll so dokumentiert sein, dass sich die Beteiligten so verhalten, als würden sie nicht beobachtet werden- sollen spontan entstehen, und typisch / charakteristisch für die besondere Lebenswelt der Teilnehmer sein

Vollständigkeit- Gespräche sollten möglichst in Gänze und vollständig dokumentiert sein (nicht nur das kommunikative Ereignis selbst, sondern auch der jeweils funktional relevante Kontext)- zwei verschiedene Arten: Gesprächskorpus (vollständig dokumentierte Gespräche, mit Anfangs- und Beendigungsphase) vs. Ereigniskorpus

(kommunikative Ereignisse, kürzere Gesprächsequenzen)Störfreiheit

- Beobachterparadoxon: Datenerhebung selbst ein sozial-kommunikativer Vorgang, der den zu dokumentierenden Kommunikationsprozess beeinflusst und somit verändert- je genauer ein kommunikatives Geschehen dokumentiert werden soll, umso größer muss der technische Aufwand sein und umso größer ist der verändernde Einfluss auf das zu dokumentierende Ereignis

Zur Authentizität der Gespräche

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1. Erhebung natürlicher Daten

Zwei Alternativen zur Umgehung des Beobachterparadoxons:

- pseudo-offene Aufnahme(grundsätzliche Aufnahmebereitschaft wird eingeholt,Aufnahme wird ohne Ankündigung des Starts durchgeführt)

- provisorisch-verdeckte Aufnahme(nach erfolgter Aufnahme Offenlegung und nachträgliches Einholen der

Einverständniserklärung)

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2. Technische Mittel der Dokumentation

Technische Mittel der Dokumentation:

- je mehr Technik eingesetzt wird, umso besser die hergestellte Aufnahme, aber umso größer der Einfluss auf die Aufnahmesituation und umso geringer die Authentizität

- wichtig: Aufnahmen sollen so qualitativ hochwertig wie möglich sein, da eine nachträgliche Verbesserung nicht mehr möglich ist

- Entscheidung, ob Ton- oder Videoaufnahme aber: Videoaufnahmen auch für die reine verbale

Gesprächsanalyse von Vorteil (erleichtert Sprecheridentifikation, indexikalische Verweise als Interpretationshilfe, illustriert den situativen Zusammenhang)

- Miniaturisierung der Technik (Mikrophone UND Aufnahmegeräte) erleichtert die unauffällige oder verdeckte Aufnahme

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2. Technische Mittel der Dokumentation

Aufnahmetypen und KorpusdokumentationVier Typen von Gesprächsaufnahmen (Sager 2001: 1031f)

- statische Aufnahme:- Interaktionspartner und Aufnahmeapparatur sind stationär

- punktuelle Aufnahme:- aus einer stationären größeren Gruppe werden verschiedene Subgruppen mit einer mobilen Aufnahmeapparatur aufgenommen

- konspektive Aufnahme:- eine mobile Gruppe wird von einer stationären Aufnahmeapparatur aufgenommen (z.B. Überwachungskamera)

- dynamische Aufnahme- mobile Gruppe wird mit mobiler Aufnahmeapparatur aufgenommen

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2. Technische Mittel der Dokumentation

Software für die computergestützte Aufbereitung der Daten

- EXMARaLDA (Thomas Schmidt, Uni Hamburg)http://www1.uni-hamburg.de/exmaralda/

- ELAN (MPI Nimwegen)http://www.mpi.nl/tools/elan.html

- PRAAT (Institut für Phonetik, Uni Amsterdam)http://www.fon.hum.uva.nl/praat/

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3. Transkription gesprochener Sprache

- jede Entscheidung für ein bestimmtes Layout bzw. für eine bestimmte Transkriptionskonvention impliziert zugrundeliegende Interessen und eine zugrundeliegende Theorie

Transkription ist ein theoriegeleiteter Prozess der Datenkonstruktion (Selting 2001: 1059)

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3. Transkription gesprochener Sprache

Korpus „Jugendsprache“:

- Verwendung des Gesprächsanalytischen Transkriptionssystems GAT (Selting et al. 1998)

- Softwaregestützte, XML-basierte Transkription mit EXMARaLDA (Partiturschreibweise)

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3. Transkription gesprochener Sprache

Zeilenschreibweise (GAT)

Beispiel aus: Selting et al. 1998, Basistranskript „Der widerliche Kerl“

- jeder Redebeitrag ohne Simultansprechen beginnt in einer neuen Zeile- das Untereinander der Zeilen bildet ikonisch das Nacheinander der Sprecherbeiträge ab rückt die Sequentialität in den Vordergrund

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3. Transkription gesprochener Sprache

Partiturschreibweise (Export aus EXMARaLDA)

- jedem Sprecher ist eine Zeile in der Partitur zugeordnet- gesamte Partitur wird fortlaufend weitergeführt stellt ikonisch die Gleichzeitigkeit der Gesprächsbeiträge der Teilnehmer dar

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- Transkription als Annäherung an die zu untersuchenden Daten

- intensive Beschäftigung mit dem Material führt zu Ideen und Hypothesen (direkt am Material)

- Transkription als wichtiger und produktiver Teil der Forschung

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4. Diskursmarker in der Jugendsprache

Das-Jugendsprache-im-Längsschnitt-Korpus

- Von 2005 bis 2008 Sprachaufnahmen im Zeltlager der DSJ- Ein Freundeskreis von Jungen und Mädchen aus Berlin- ca. 150 Stunden Gesprächsaufnahmen:

Verdeckte Aufnahmen in den Zelten, in verschiedenen Situationen am Tage, Spontan-aufnahmen, Handygespräche mittels Software,Fotografien von Briefen und Grüßen

- Die Technik/Methodik in den Jahren 2005 - 2008

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4. Diskursmarker in der Jugendsprache

DefinitionGünthner und Auer (2003)

Diskursmarker sind:- topologisch durch ihre „periphere“ syntaktische Stellung gekennzeichnet.- selbständige Syntagmen, voran- oder nachgestellt- optional- DM erfüllen eine Reihe von unterschiedlichen diskursbezogenen Funktionen.- DM können prosodisch selbständig sein.- DM sind teilweise homophon mit Adverbien, Konjunktionen etc., unterscheiden sich aber im Bezug auf ihre syntaktische Rolle.

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4. Diskursmarker in der JugendspracheBeispiele der „herkömmlichen“ Diskursmarker

UND

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4. Diskursmarker in der Jugendsprache

Beispiele jugendsprachlicher Diskursmarker

EY

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Diskrusmarker in der Jugendsprache

Intonation: ey man

Time (s)0 2.133

Pitc

h (H

z)

125

5000.566429033

eyman-praatkomplett IntonationOriginal

ey man <<acc> geht mal von hinta unsa:m ZELT weg;>

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!