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Rund um das Barock Dieses Projekt wurde gefördert durch die Europäische Union und das Land Baden-Württemberg über die Gemeinschaftsinitiative LEADER + Zeittafel Klosteranlage Neresheim 1095 Grafen von Dillingen gründen Burg Augustiner-Chorherrenstift 1106 Orden der Benediktiner übernimmt das Stift 1120 Weihe der Kirche, eine romanische Basilika 1258 Grafen von Oettingen-Wallerstein übernehmen gewaltsam die Klostervogtei – es folgt ein 500-jähriger Rechtsstreit 1510 Blütezeit unter Abt Johannes Vinsternau (bis 1529) 1647 Kloster hat nur noch vier Mönche (nach 30-jährigem Krieg) 1747 bis 1792: Bau der barocken Abteikirche (Balthasar Neumann), ein Höhepunkt europäischer Architektur 1764 Benediktinerabtei wird reichsunmittelbar mit eigenem Territorium 1770 bis 1775 Fresken von Martin Knoller (österreichischer Barockmaler) 1782 Alte (romanische) Basilika weicht Barockkirche und erweitertem Konventgebäude 1802 Abtei kommt in Besitz des Fürstenhauses Thurn und Taxis 1919 Heimatvertriebene Benediktiner aus dem Prager Kloster Emaus dürfen sich in Neresheim niederlassen. Fürst Albert von Thurn und Taxis gibt Gebäude mit Kirche ihrer alten Bestimmung zurück. Der Orden kann die Tradition fortsetzen 1920 14. Juni: Abtei durch Papst Benedikt XV. wieder eingerichtet 1966 bis 1975: Sanierung und Restaurierung der Abteikirche 1975 9. September: Wiedereröffnung mit Weihe des Hochaltares 2004 Westfassade Konventgebäude: Wiederherstellung des barocken Volutengiebels Die Abtei Neresheim Seit Jahrhunderten blickt das Kloster auf dem Ulrichsberg über die Hügel des Härtsfeldes. Das bedeutendste Bauwerk der barocken Anlage ist die Abteikirche Balthasar Neumanns. Schon im 9. Jahrhundert steht auf dem Berg eine Burg der Grafen von Dillingen. 1095 macht Graf Hartmann I. daraus ein Chorherrenstift, das 1106 durch die Benediktiner übernommen wird. 1764 wird die Abtei reichsunmittelbar. Blüte im Mittelalter und im Barock Eine Blütezeit erlebt das Kloster unter dem humanistisch geprägten Abt Johannes Vinsternau (1510 –1529). Trotz zahl- reicher Wirren im Bauernkrieg und in den beginnenden konfessionellen Auseinandersetzungen bleiben die Mönche unter ihren katholischen Schutzherren Oettingen-Wallerstein beim alten (katholischen) Glauben. Der Dreißigjährige Krieg bringt eine Zäsur: Das Kloster zählt 1647 nur noch vier Mönche. Doch Ende des 17. Jahrhunderts führt der Geist des Barock zu neuer Baublüte: Die Abteikirche ist ein Höhepunkt europäischer Barockarchitektur. 1802/03 erhalten die Fürsten von Thurn und Taxis das reichs- unmittelbare Kloster samt Territorium; Anfang des 20. Jahrhunderts können die Benediktiner die Tradition fortsetzen. 1

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Rund um das Barock

Dieses Projekt wurde gefördert durch die

Europäische Union und das Land Baden-Württemberg

über die Gemeinschaftsinitiative LEADER +

Zeittafel Klosteranlage Neresheim

1095 Grafen von Dillingen gründen Burg

Augustiner-Chorherrenstift

1106 Orden der Benediktiner übernimmt das Stift

1120 Weihe der Kirche, eine romanische Basilika

1258 Grafen von Oettingen-Wallerstein

übernehmen gewaltsam die Klostervogtei –

es folgt ein 500-jähriger Rechtsstreit

1510 Blütezeit unter Abt Johannes Vinsternau

(bis 1529)

1647 Kloster hat nur noch vier Mönche

(nach 30-jährigem Krieg)

1747 bis 1792: Bau der barocken Abteikirche

(Balthasar Neumann), ein Höhepunkt

europäischer Architektur

1764 Benediktinerabtei wird reichsunmittelbar

mit eigenem Territorium

1770 bis 1775 Fresken von Martin Knoller

(österreichischer Barockmaler)

1782 Alte (romanische) Basilika weicht

Barockkirche und erweitertem

Konventgebäude

1802 Abtei kommt in Besitz des Fürstenhauses

Thurn und Taxis

1919 Heimatvertriebene Benediktiner aus

dem Prager Kloster Emaus dürfen sich in

Neresheim niederlassen.

Fürst Albert von Thurn und Taxis gibt Gebäude

mit Kirche ihrer alten Bestimmung zurück.

Der Orden kann die Tradition fortsetzen

1920 14. Juni: Abtei durch Papst Benedikt XV.

wieder eingerichtet

1966 bis 1975: Sanierung und Restaurierung

der Abteikirche

1975 9. September: Wiedereröffnung mit Weihe

des Hochaltares

2004 Westfassade Konventgebäude:

Wiederherstellung des barocken

Volutengiebels

Die Abtei NeresheimSeit Jahrhunderten blickt das Kloster auf dem Ulrichsberg

über die Hügel des Härtsfeldes. Das bedeutendste Bauwerk der

barocken Anlage ist die Abteikirche Balthasar Neumanns.

Schon im 9. Jahrhundert steht auf dem Berg eine Burg der

Grafen von Dillingen. 1095 macht Graf Hartmann I. daraus ein

Chorherrenstift, das 1106 durch die Benediktiner übernommen

wird. 1764 wird die Abtei reichsunmittelbar.

Blüte im Mittelalter und im Barock Eine Blütezeit erlebt das Kloster unter dem humanistisch

geprägten Abt Johannes Vinsternau (1510 –1529). Trotz zahl-

reicher Wirren im Bauernkrieg und in den beginnenden

konfessionellen Auseinandersetzungen bleiben die Mönche

unter ihren katholischen Schutzherren Oettingen-Wallerstein

beim alten (katholischen) Glauben.

Der Dreißigjährige Krieg bringt eine Zäsur:

Das Kloster zählt 1647 nur noch vier Mönche. Doch Ende des

17. Jahrhunderts führt der Geist des Barock zu neuer Baublüte:

Die Abteikirche ist ein Höhepunkt europäischer Barockarchitektur.

1802/03 erhalten die Fürsten von Thurn und Taxis das reichs-

unmittelbare Kloster samt Territorium; Anfang des 20. Jahrhunderts

können die Benediktiner die Tradition fortsetzen.

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Rund um das Barock

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Die Klosteranlage Neresheim

Wer sind die Benediktiner ?

Ordo Sancti Benedicti auf lateinisch, abgekürzt

OSB. Die Benediktiner sind ein kontemplativ

ausgerichteter Orden innerhalb der römisch-

katholischen Kirche nach den Regeln des heiligen

Benedikt von Nursia (um 480 – 547).

Die nach diesem benannte „Regula Benedicti“

entsteht im Jahr 529 im Kloster bei Montecassino.

Der Grundsatz ist: „Ora et labora et lege“ –

bete, arbeite und lies.

Die Ordenstracht ist schwarz. Drei Gelübde legt der Mönch (oder die Nonne,

es gibt auch einen weiblichen Zweig) im Laufe

des Ordenslebens ab: „Stabilitas“ (Beständigkeit

in der Gemeinschaft), „Klösterlichen Lebens-

wandel“ und „Gehorsam“.

Der größte Teil des Tages ist dem Gebet

gewidmet oder wird in Stille, mit Meditation und

geistiger Lektüre verbracht. Daneben schafft

handwerkliche Arbeit den nötigen Ausgleich.

Den Benediktinern ist es zu danken, dass das antike Kulturerbe in Westeuropa

erhalten bleibt. Bis weit ins Mittelalter hinein

hat der Orden größte Bedeutung, vor allem

durch viele Kloster- und Kirchenbauten.

Der große Einfluss kommt aber auch von

Wissenschaft, Landwirtschaft und Handwerk –

sowie durch die Frömmigkeit der Benediktiner.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gibt es rund 40.000 Mönche und Nonnen

bzw. Schwestern, die zur benediktinischen

Ordensfamilie gehören.

1 Abteikirche

2 Hauptportal

3 Seitenportal

4 Nebeneingang

5 Eingang zu den Choremporen

(nur bei Konzerten)

6 Friedhof

7 Konventgebäude

8 Klosterpforte

9 Prälatur

10 Klosterbuchhandlung

11 Eingang zum Festsaal

des Klosterhospizes

12 Klostergaststätte

13 Toiletten

14 Klosterhospiz

15 Landwirtschaftlicher Betrieb

16 Klosterhof (keine Zufahrt)

17 Michaelsbrunnen

18 Briefkasten

19 Telefonzelle

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Der BaumeisterEr hat im Süden und Westen Deutschlands gebaut, Schlösser und

Gotteshäuser. Darunter die Wallfahrtskirchen zu Vierzehnheiligen,

das „Käppele“ in Würzburg – und die Abteikirche Neresheim.

Balthasar Neumann – Sohn eines Tuchmachers in Eger erhält 1711

den Lehrbrief der „Büchsenmeister-, Ernst- und Lustfeuerwerkerei“

und wird Geselle von Ignaz Kopp in der Gießhütte Würzburg.

Balthasar will mehr und nimmt Unterricht in Architektur. 1714 tritt er

als Fähnrich in die würzburgische Schloss-Leibkompanie ein und ist

1717 an der Eroberung Belgrads unter Prinz Eugen dabei.

1719 kommt die Wende seines Lebens: Der Fürstbischof überträgt

dem angehenden Architekten die Planung und Bauleitung der neuen

Würzburger Residenz. Mit diesem „Schloss über allen Schlössern“

wird Neumann zu einem der führenden Architekten seiner Zeit.

Balthasar Neumann – „Enkel Michelangelos“ 1747 entspricht er der Bitte des Abtes Aurelius Braisch, auf dem

Neresheimer Ulrichsberg ein neues Gotteshaus zu bauen. Von diesem

„erschütternd großartigen Bau“ sagt der große deutsche Kunst-

historiker Georg Dehio: „Die Barockarchitektur nicht nur Deutschlands,

sondern Europas hat weniges, was sich mit ihm messen kann. Der

Vater des Barock, Michelangelo, hat in Neumann einen kongenialen

Enkel gefunden …“.

Balthasar Neumann, geboren 1687 in Eger, gestorben und begraben 1753 in Würzburg. Unter den Fürstbischöfen von Schönborn wird er einer der größten Baumeister des Barock

Barock: Die Architektur

Die Stilfibel sagt über Barock (1675-1770):

„Nicht harmonische Ausgeglichenheit,

sondern höchste Steigerung aller Wirkungen

ist das Schönheitsideal …“

Pathos, Würde, AugentäuschungBarock-Bauwerke haben majestätische

Größe, würdevolles Pathos, prunkvolle

Festlichkeit. Man liebt Verschachtelungen,

wuchernde Plastik, Augentäuschungen –

vor allem in Italien. In Deutschland gibt es

weniger „Ausschweifungen“.

Spiegel machen Wände illusorisch, Deckenmalereien (Fresken) weiten den Raum

ins Unendliche … Das Kirchenschiff ist nicht

mehr rechteckig wie in Gotik und Renaissance;

es hat jetzt mehrere kreisrunde oder ovale

Räume. „Viele Nischenaltäre machen

Barockkirchen zu einem Labyrinth der Andacht“

(J. Fernau).

Barock – ein Spiegel des AbsolutismusBarock bezieht aber auch die Umgebung ein –

den Garten, Gebäude-Ensembles, auch

ganze Städte. Im Mittelpunkt das Schloss,

der Thron des Fürsten.

Große Baumeister …… kennt das deutsche Barock, wie Andreas

Schlüter (Berliner Schloss),

Fischer von Erlach (Schloss Schönbrunn, Wien),

Jakob Prandtauer (Kloster Melk),

die Brüder Asam (Kloster Weltenburg),

v. Knobelsdorff (Schloss Sanssouci),

Georg Bähr (Frauenkirche Dresden)

und natürlich Balthasar Neumann …

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Der BarockmalerMartin Knoller wird vom Vater, einem bescheidenen Dorfmaler,

in die Kunst eingeführt. Nach einer Lehre in Innsbruck kommt

Martin – auf bisher ungeklärten Wegen – in die Gefolgschaft

des großen österreichischen Malers Paul Troger (1698 – 1762).

Nach der Ausbildung an der Wiener Kunstakademie findet Knoller

in Rom seinen reifen Stil im Freundeskreis um Raphael Anton Mengs

(1728 – 1779) und Johann Joachim Winckelmann (1717 – 1768).

Ab 1765 ist er Hofmaler des österreichischen Statthalters für die

Lombardei in Mailand, Carl Graf von Firmian, der ihm auch die

Aufträge zur Ausmalung der Klosterkirche in Volders (Tirol) und der

Chorkuppel in der Benediktinerabtei Ettal vermittelt.Der Prototyp ist Rubens!

„Barocke“ Malerei ist vor allem in den

Niederlanden geradezu explodiert: Es beginnt

mit Rubens, van Dyck und Jordaens – und

endet um die Wende zum 18. Jh. mit einer

unübersehbaren Schar von Kleinmeistern.

Aber der Prototyp bleibt Peter Paul Rubens

Zwischen niederländischer und französischer

Malerei etwa die Italiener Carracci und Cortona

und die ernsten Spanier Vélasquez und Murillo.

Im armen, vom Dreißigjährigen Krieg

verbrannten Deutschland war alles ruhiger,

besinnlicher: Vom Ostpreußen Willmann

bis zu den Österreichern Faistenberger – und

natürlich Martin Knoller.

Das Fresko erlebt eine neue Blüte. Seit dem alten Rom hat man dies nicht mehr

gesehen: Vor allem die Deckenmalerei schafft

die Illusion unbegrenzter Räume –

und endloser Höhen.

Aber nicht alles ist „barock“Anders und gegen die „barocke Brandung“ –

von prallen Körpern und großen Gesten – malt

eine Reihe genialer Einzelgänger: Rembrandt,

Hals, Vermeer …

Martin Knoller 1725 in Steinach/Brenner geboren, 1804 in Mailand gestorben, wo er seit 1792 Direktor der Kunstakademie ist. Sein Lebenswerk vereint Boden- ständigkeit und Internationalität. Knollers Fähigkeit, unterschiedlichste Aufgaben zu lösen, führen zu seiner „geradezu prickelnden Stellung zwischen den Stilen“.

Knollers Sternstunde in Neresheim Am 23. November 1769 kommt der Werkvertrag mit dem Reichsstift

Neresheim zustande, worin sich Knoller verpflichtet, die sieben

Kuppeln der Neresheimer Abteikirche in Freskotechnik auszumalen.

In sechs Sommern, von 1770 bis 1775, schafft der Meister sein

riesiges Hauptwerk.

„Hier kann, hier muss ich mir Ehre machen“

soll Martin Knoller bei seinem ersten Besuch erklärt haben. Seine

Deckenmalerei in Neresheim bildet zusammen mit Neumanns

Architektur ein Ensemble von europäischem Rang, das den Vergleich

mit Tiepolo in der Würzburger Residenz nicht zu scheuen braucht.

Was sich Knoller bei seinem ersten Besuch in Neresheim vornimmt,

bringt er zur Vollendung: Es wird eine Sternstunde abendländischer

Freskomalerei.

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Napoleon kämpft auf dem HärtsfeldIn den Sog der Ereignisse um die Französische Revolution wird

auch das Härtsfeld hineingerissen. Insbesondere die Schlacht von

Neresheim am 11. August 1796 erlangt traurige Berühmtheit.

Napoleon kommt ins Spiel. Was war geschehen?

Im Sommer 1796 stehen sich auf dem Härtsfeld je rund 40.000

Mann der österreichischen und französischen Kampftruppen

feindlich gegenüber. Erzherzog Karl von Österreich übernachtet am

2. August in Neresheim. Sein Gegner war der französische General

Moreau. Am 11. August ergreift Erzherzog Karl die Initiative –

der Angriff rollt.

Die Kapelle brennt, das Volk leidet Die Hauptstoßrichtung der Österreicher zielt auf Schweindorf,

Kösingen, Hofen, Dunstelkingen und Dischingen. Am heftigsten

toben die Kämpfe bei Dunstelkingen, wo die Franzosen ihre

Stellung haben. Unter dem österreichischen Granathagel versinkt

das ganze Dorf in Schutt und Asche.

Beim Rückzug der Franzosen gerät die

Kapelle Maria Buch beim Kloster samt

Mesnerhaus in Brand. Die Bevölkerung leidet

große Not und ist schweren Bedrängnissen

ausgesetzt.

Nachlese: Die Schlacht von Neresheim kennt keinen Sieger.

Dennoch hält Napoleon den Ausgang für so bedeutend, dass er

Neresheim im Triumpfbogen von Paris verewigen lässt.

Barockzeit – Krieg und Kunst

Als „Geburtstag“ des barocken Roms gilt

der 18. November 1593, an dem das vergoldete

Gipfelkreuz an der eben vollendeten Kuppel

des Petersdoms aufgerichtet wird.

Was und wie ist diese Zeit?Krieg ist leider der Normalzustand.

Der schlimmste ist der Dreißigjährige; er eröffnet

das 17. Jh. Und die napoleonischen Feldzüge

beenden das 18. und läuten das 19. Jh. ein.

Dazwischen bekriegt sich ganz Europa.

Hier ein Blick in die Zeit:1609 Rubens wird Hofmaler

1615 Die Post geht als Lehen an Fürst von

(Thurn und) Taxis

1618 Der große Krieg beginnt, er dauert bis 1648

1627 1. deutsche Oper

(„Dafne“ von Heinrich Schütz)

1642 Galilei begründet die neuzeitliche Physik

1643 Ludwig XIV., der „Sonnenkönig“ besteigt

den franz. Thron

1648 Deutschland hat noch 8 Mio Einwohner

(1618: 17 Mio)

1668 Pest ist besiegt

(sie hat seit 1348 in Europa gewütet)

1683 Deutsche wandern aus,

Türken belagern Wien

1689 Franzosen unter Mélac verwüsten die Pfalz

1714 Preußen beendet die Hexenprozesse

1749 Joh. Seb. Bach: „Die Kunst der Fuge“,

Händel: „Feuerwerksmusik“

1770 „Industrielle Revolution“ durch Dampfkraft

und Textilmaschine in ganz Europa

1789 Französische Revolution

1791 Mozart stirbt in Wien

1796 Schlacht bei Neresheim, franz. Soldaten

im Kloster Erbitterter Nahkampf und Attacke der Reiterei: Das Gefecht endet Unentschieden.

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Maria Buch, die Barock-Wallfahrt17. Jh.: Das Zeichen in der Buche

kommt von „oben“ (siehe links) –

in der bitteren Zeit nach dem auch für

das Härtsfeld verheerenden Dreißigjährigen Krieg (1618 – 48).

Und die Wallfahrtskirche bringt Trost zu Land und Leuten …

Aber so wie die Wallfahrt aus Kriegswehen des 17. Jahrhunderts –

mitten in der Barockzeit – entsteht, so soll sie durch kriegerische

Ereignisse auch wieder zerstört werden.

18. Jh.: Es ist ein Feldzug Napoleons gegen die Österreicher.

General Moreau schlägt im Kloster sein Hauptquartier auf.

Sein Kriegsvolk lagert um Maria Buch. In der Nacht vom 11. auf den

12. August 1796 verbrennen die Franzosen die Gnadenstätte mit

der alten Buche. Nach Abzug der Truppen findet Walburga Kamm,

die Tochter des Ohmenheimer Amtsboten, das Gnadenbild im

Brandschutt (Bild oben). Es ist unversehrt.

19. Jh.: Kriegswirren und die Aufhebung des Klosters Neresheim

1802 verhindern einen Wiederaufbau der Wallfahrtskirche.

Aber die Verehrung Mariens bei der ehemaligen Gnadenstätte erlischt

nie ganz. 1856 kommt es zur Errichtung einer neuen bescheidenen

Kapelle, 1890 vom heute noch bestehenden Bau abgelöst.

20. Jh.: Nach Wiedererrichtung der Benediktinerabtei 1919/1920

erwacht auch Maria Buch zu neuem Leben. Die Kapelle wird

gründlich renoviert. 1929 malen zwei Mönche aus Beuron die Kapelle

im Beuroner Stil neu aus.

21. Jh.: Maria Buch ist bis heute die Wallfahrt des Härtsfeldes

geblieben. Mögen noch viele Generationen an dieser altehrwürdigen

Gnadenstätte Hilfe und Trost erfahren.

Ein Wink von „oben“

Die Wallfahrt zur Maria in der Buche entsteht

nach den Schrecken des 30-jährigen Krieges.

Auf dem Härtsfeld herrscht bittere Not. Die

Dörfer sind verwüstet, Hunger und Krankheit

ständige Gäste. Menschen trifft man selten.

Das Pferd kniet niederIm Kloster Neresheim ist eben der Mönch

P. Meinrad Denich zum Abt gewählt worden.

Wieder einmal reitet er, wie so oft, vom Kloster

hinüber ins nahe Ohmenheim zur Seelsorge.

Bei einer Buche im freien Feld scheut plötzlich

sein Pferd, fällt sogar auf die Vorderfüße,

so als wollte es niederknien. Der Vorfall wieder-

holt sich.

Maria in der BucheAlso lässt der Abt die Buche untersuchen –

und entdeckt in zehn Fuß Höhe eine verwach-

sene Stelle: Er findet eine Tonstatuette Mariens

mit dem Kind auf dem Arm. Sie gleicht dem

Gnadenbild von Maria Einsiedeln.

Hat sie ein heimkehrender Pilger in der

Buchennische aufgestellt? Niemand weiß es.

Eine Holzkapelle für das GnadenbildAbt Meinrad deutet das Ereignis als Wink von

oben und lässt um den Baum eine Holzkapelle

errichten. Schon bald wird sie zu klein; der

Pilgerstrom wächst.

1708 kann P. Prior Amandus Fischer, später

als Abt großer Bauherr vieler Kirchen auf dem

Härtsfeld, unter großem Andrang des Volkes den

Grundstein zur zweitürmigen Wallfahrtskirche

legen. Sie wird am 23. Juni 1711 eingeweiht.

Die bescheidene, im napoleonischen Krieg zerstörte Holz-Kapelle nach Wiedereinrichtung.

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Kinder ohne Alter – Darstellung eines Putto in der Abteikirche Neresheim

Parfüm oder Waschlappen ?

Es wäre ein Wunder, wenn eine Jahrhundert-

Epoche mit „barocker“ Sinnenfreude nicht auch

die wandelbare Mode kennt.

Nur: Was sich unter Perücken und Reifröcken

tut, das ist nicht immer hygienisch. Parfüm und

Puder werden jedenfalls häufiger benutzt als

Seife und Waschlappen.

Alle Länder machen die barocken Eskapaden

mit – vor allem bei der Kleidung. Zu Beginn des

17. Jh. trägt die Dame statt des steifen Reifrocks

(aus Spanien) nun weite, faltige Röcke und

Handschuhe mit Stulpen. Der Herr geht mit

Spazierstock und trägt Perücke; er pudert und

schminkt sich voller Hingabe.

Um 1700 fährt man im „Landauer“ und kennt

„Kölnisches Wasser“. Ein Dreispitz sitzt auf

der großen, lockigen Allonge-Perücke – vom

„Sonnenkönig“ Ludwig XIV. eingeführt. Sie

kostet ein Vermögen. Abends sieht Mann aus wie

Charleys Tante: Eine groteske Nachtmütze auf

dem rasierten Kopf und die Perücke auf dem

Stock. Um 1750 ist Menuett der Gesellschaftstanz;

die Dame geht im Reifrock, der Herr mit Zopf,

Dreispitz und Degen.

Und ab 1758 kann man in der „Mode- und

Galanterie-Zeitung“ (aus Erfurt) nachlesen, was

gerade en vogue ist.

Putten – Kinder ohne AlterSie heißen liebevoll Kindlein, Kindl oder Kindlen – die Putti im

Zeitalter des Barock und Rokoko. Es ist das „Urphänomen des

zeitlosen Kindes“ (Wilhelm Messerer). Wie Neugeborene leben Putten

vor, nach dem Erwachsene sich sehnen: das Paradies.

So sind sie: Meist kleine, nackte Kinder mit prallen Rundungen,

Pausbacken und Speckfältchen; oft geflügelt, in Lüften schwebend,

auf Wolken und Architekturen lagernd. Ganze Heerscharen dieser

Geschöpfe begegnen uns in Kirchen und Schlössern, in Malerei und

Bildhauerei. Die schönsten sind im Barock und Rokoko „geboren“.

Es sind „verhinderte Riesen“ Vom 15. bis 18. Jahrhundert entwickelt sich der Putto zu einem

Typus der neueren Kunst des Abendlandes. Putten haben ihren

Platz neben Heiligen und Heroen, sind deren Diener, vermitteln

Gefühle und können die Großen vertreten. Sie verkörpern als

„verhinderte Riesen“ gewichtige Inhalte. Und der Putto hat Humor.

Dank ihrer Kleinheit können Engels-Putten in Gottes Umgebung die

Größe göttlicher Majestät besser veranschaulichen als erwachsene

Engel. Gottvater kommen die Engelsputti nahe durch ihre Schönheit,

die sich mit Fröhlichkeit paart. Ja, mehr als dies:

„In der Gestalt des Engels-Putto schließt die

Schönheit mit der Reinheit und

Demut, mit der Heiterkeit und

Einfalt einen Kreis.“

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Barock: Komisch oder große Kunst?

Zuerst ist es ein Schimpfwort: Mit „barocco“ und „barueco“ – d.h. schief,

krumm – belegen spanische und portugiesische

Juweliere nicht einwandfreie Perlen.

Bizarr oder regelwidrig sei der Barockstil, das

meint man noch lange – auch große Geister.

Jacob Burkhardt findet ihn „bombastisch“,

für Winckelmann ist er nicht zum Ansehen.

Der italienische Kritiker Tomaseo nennt Barock

(1845) einen „komisch aufgeregten Stil“.

Er habe nichts Antikes und nichts Modernes.

Heute ist man sich einig: Große Kunst! Erst seit etwa 1890 gilt: Barock ist ein großer,

einheitlicher Kunststil. Mehr als hundert Jahre

lang drückt er Europa seinen Stempel auf.

Hat er also den Völkern gefallen? Nicht ganz,

denn er ist eine Begleiterscheinung der

absoluten Machthaber. Barock – das ist ihre

prächtig-beeindruckende Kulisse.

Die Oper ist ein typisches Kind dieser Zeit.

Auch die geometrisch gegliederten, kunstvollen

Gärten, in denen Natur fast „mathematisch“

daherkommt.

Aber wer hat ihn „erfunden“?

Als Vater des Barock gilt Michelangelo, der Baumeister. Seine Petersdom-Kuppel hat

bereits barocken Charakter. Sicher ist:

Der Ur-Barock ist römisch – malerisch, aber

auch konfus. Doch je weiter er nach Norden

vordringt, desto klarer werden seine Formen.

In der Musik am besten erkennbar bei Bach

und Händel.

„Himmelreich des Barock“Willkommen im Barock ist ein majestätischer, triumphaler Stil. Und ein neues

Lebensgefühl. Gegenüber den klaren Formen der Renaissance wird

zwischen 1600 und 1780 vieles dynamisch-bewegt und schwellend.

Räume werden unterteilt, durch Effekte belebt und phantasievoll

ausgestaltet. Grenzen verwischen. Unendliches rückt näher und

Figuren erscheinen pathetisch bewegt.

So erhält die Kunstlandschaft Schwabens ihr heutiges Gesicht.

„Himmelreich des Barock“ wird die Landschaft von Schwäbischer Alb,

Allgäu und Bodensee heute noch genannt.

Der Siegeszug des Barock beginnt nach den Schrecknissen

des 30-jährigen Krieges. Es gilt, die verwüsteten Kirchen, Klöster und

Kapellen, Bürgerhäuser und Schlösser wieder instand zu setzen.

In Neresheim beginnt die Barockisierung des Klosters ab 1694.

Um 1700 erfasst die barocke Bauwelle den ganzen deutschen Süden.

Der Beginn: Von Rom und Italien aus hat sich diese Kunstperiode

im 17. und 18. Jahrhundert in fast ganz Europa ausgebreitet.

Barock findet sich in Architektur und Bildhauerei, Malerei und

Ornamentik wieder.

Das Ende: Etwa 1715 bis 1730 leitet der Régence-Stil mit Pilastern

und Bandelwerk zum Rokoko („rocaille“ – Muschelwerk) über, das die

Barockzeit dekorativ-verspielt ausklingen lässt.

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Stadt und BarockMenschen siedeln schon sehr lange hier: Eine Alamannensiedlung

besteht seit Mitte des 5. Jahrhunderts nach Christus. Gefördert

durch das Kloster und die Grafen von Oettingen-Wallerstein erfolgt

der Ausbau zur Stadt zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert

mit Jahrmärkten, Schranne und Gerichtssitz. Der Ort wird

Verwaltungsmittelpunkt des gleichnamigen Amtes. Die meisten,

heute noch sichtbaren Bauten, entstehen danach. Das Barock hat

auch hier beachtliche Kunstspuren hinterlassen.

Aber schauen Sie selbst:

Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt, 1465 erbaut,

barocke Deckengemälde und

Stuckaturen

Pfarrhaus

1733 erbaut, Dekanatssitz

(Deckengemälde von

Johann Michael Zink „Mönche

bei der Weinlese“, links)

Friedhofskirche Neresheim

1597, früher gotisch –

Deckengemälde von

Joh. Baptist Zink um 1716

Rathaus

1405 nach Stadtbrand neu gebaut, unterer Teil als Schranne

genutzt; Abbruch und Neubau 1765 – 1767, 1867 Kauf durch

ev. Kirchengemeinde, 1893 Glockentürmchen; 1913 Rückkauf

durch Stadt

Härtsfeld-Museum (ehemaliges Vogthaus)

1531 Brand, 1766 Umbau und Sanierung, 1806 Verkauf an

Privateigentümer, 1965 – 1970 Umwandlung in ein Museum

Auch die Stadtteile glänzen mit barock ausgestatteten Kirchen,

z. B. die Pfarrkirche St. Sola Kösingen, St. Elisabeth Ohmenheim, St.

Otmar Elchingen, St. Mauritius und Georg Dorfmerkingen oder der

hochbarocke Altar von St. Ulrich in Dehlingen.

Neresheim – eine Stadt macht Geschichte

um 450 Alamannische Siedlung (Grabfunde)

1095 als Eigengut des Klosters genannt

1298 Neresheim als oppidum bezeichnet

1343 Neresheim ist marckht,

es gibt sechs große Jahrmärkte

1350 In Schenkungsurkunde steht „Stadt“

1405 Stadt brennt fast ganz nieder

1524/25 Bauernkriegs-Unruhen

1634 5./6. Sep „Blutnacht von Neresheim“

(nach Schlacht von Nördlingen),

30-jähriger Krieg 1618 – 48

1764 Kloster wird reichsunmittelbar –

Stadt bleibt bei Oettingen-Wallerstein

1806 – 10 Neresheim wird bayerisch

1811 ... über Gebietstausch an Württemberg,

Neresheim jetzt Oberamtsstadt

1901 Härtsfeldbahn Aalen-Dischingen

1938 Oberamt Neresheim aufgelöst

1971 – 75 Verwaltungsreform: Kösingen,

Schweindorf, Dorfmerkingen, Elchingen,

Ohmenheim werden Stadtteile

2003 Härtsfeld-Sportarena eingeweiht

2004 Am Benedikt Maria Werkmeister Gymnasium

ist jetzt Abitur möglich

heute Staatl. anerkannter Erholungsort,

8.300 Einwohner, Unterzentrum,

118 km2 Gemarkungsfläche

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Page 10: Die Abtei Neresheim - · PDF fileRund um das Barock Dieses Projekt wurde gefördert durch die Europäische Union und das Land Baden-Württemberg über die Gemeinschaftsinitiative LEADER

Rund um das Barock

Dieses Projekt wurde gefördert durch die

Europäische Union und das Land Baden-Württemberg

über die Gemeinschaftsinitiative LEADER +

Der Himmel auf ErdenSchauen Sie zu den Kuppelgemälden und Deckenfresken der

Barockkirche. Dort wird die Architektur überlistet – das barocke

Deckenfresko weitet den realen Raum ins Unendliche.

Zauberei: Der Himmel öffnet sich Der Maler reißt das Gewölbe optisch auf; der Himmel öffnet sich,

wird von Heiligen und Historiengestalten bevölkert – auch von

„Allegorien“ (griechisch: anders reden). Die Allegorie lässt

Begriffe als Personen auftreten: die Jahreszeiten, die Tugenden,

die Laster …

Das sind die Inhalte: Verherrlichung und Anbetung, Himmelfahrt

und Martyrium, Kampf des Lichtes gegen die Finsternis …

Die Wirkung ist beabsichtigt: Alles wird zur „Raum-Musik“, die

sich dem Besucher der Kirchen als erhabenes Te Deum mitteilt.

Kühne Träume einer absolutistischen Welt, Empfangsäle Gottes –

und ein Himmel voller Gnaden. Auch für die Unzulänglicheit des

sterblichen Menschen: Der „Himmel auf Erden“.

Das barocke Deckenfresko

Freskomalerei ist Wandmalerei auf frischem

Kalkputz aufgetragen. Die Farben, mit Wasser

angerührt, ziehen in den Kalk ein, verbinden sich

mit ihm unlöslich und blättern nicht ab.

„Fresco“ ist italienisch und heißt frisch. Der Maler muss sehr schnell arbeiten, solange

der Kalk feucht ist. Das währt nicht länger

als einen Tag. Deshalb wird täglich nur so viel

Kalkmörtel angetragen, dass dieses Tagespensum

vom Maler bewältigt wird.

Die Hand des Malers muss sicher sein. Denn der nasse Kalk schluckt die Farben

sofort; ändern ist kaum möglich.

Mehrfaches Übermalen mit frischer Farbe aber

„ist eine Sudelei“, sagt eine alte Malanweisung.

Die Maler zeichnen ihre Entwürfe auf sog.

Kartons, legen diese auf den Verputz und

übertragen die Umrisse auf die Wand.

Wichtig: Die Farbe muss dunkler genommen

werden, denn sie hellt auf, wenn sie trocknet.

Die Leistung der Maler ist enorm. Heben Sie den Kopf, schauen Sie zu den

Kuppelgemälden und Deckenfresken der

Barockkirche. Hier oben waren sie auf Gerüsten

pinselnah der Mörtelschicht. Dabei müssen

sie stets die Wirkung von unten – 20, 30 Meter

tiefer – im Auge haben. Am Feierabend haben

die Fresken-Zauberer dann steife Glieder … „Die Auferstehung“ Kuppelfresko in der Abteikirche Neresheim von Martin Knoller (1771)

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