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2/2004 Gerald Schlag, Die Freimaurerloge „Zum goldenen Rad“ in Eberau 1775 - 1786 94 DIE FREIMAURERLOGE „ZUM GOLDENEN RAD" IN EBERAU 1775 - 1786 Gerald Schlag Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfasste eine breite Welle freimaureri scher Gedanken und Bewegungen, die mit Begeisterung die Ideen der Auf klärung aufgenommen hatten, auch die habsburgischen Erb- und Kronlän- der. Schon im 17 Jahrhundert hatten Denker wie Francis Bacon, Rene Des- cartes, Thomas Hobbes und Gottfried Wilhelm Leibnitz sowie John Locke mit seinen Schriften „Über die Regierung" (Two treatises of government, 1690) und „Briefe über Toleranz" (Letter concerning toleration, 1687) ent sprechende Positionen vorgeprägt. Sie beeinflussten das Denken weiter gebildeter Kreise des Adels und des Bildungsbürgertums im 18. Jahrhundert, das als das eigentliche „Zeitalter der Aufklärung"1 bezeichnet werden kann. Die immer wieder aktuelle Frage des Verhältnisses von Mensch zu Gott und damit verbunden die Frage der Wertigkeit der religiösen Bekenntnisse - , von Fortschrittsglauben und Fortschrittsskepsis und vom wohltätigen Ein fluss der Wissenschaften auf die Entwicklung der Menschheit und die radi kale Infragestellung dieser Überzeugungen waren nur einige der ungemein spannungsgeladenen Themen dieser Zeit. Dazu traten politische Fragen wie die Hoffnung auf den aufgeklärten Monarchen und das Postulat der Volks souveränität. Die freie Diskussion dieser Fragen so brennend sie für die gebildeten und philosophisch denkenden Menschen war - bewegte sich auf „gefährlichem Terrain" War man sich doch bewusst, dass solche Gedanken und Diskussionen revolutionär waren und die bestehende Gesellschaftsord nung, ja das tradierte und damit „heilige" Welt- und Gottesbild ins Wanken bringen konnten. Dass man solche Diskussionen nur im vertrauten Kreis füh ren konnte, war allen, die sich daran beteiligten, klar. Nur dort, wo man 1 Anm.: Der Begriff „Aufklärung" les lumières, enlightenment, illuminismo - griff die Metaphorik des Lichts und des „Hellerwerdens" auf. Zur zentralen Pro grammidee avancierte der Begriff „Aufklärung" vor allem in Deutschland, wo er etwa von Immanuel Kant zur Charakterisierung der Epoche verwendet wurde freilich mit der Einschränkung, dass es sich noch nicht um ein „aufgeklärtes Zeit alter" handle, sondern erst um eines der „Aufklärung", also eines erst im Flusse befindlichen Vorganges. Als umfassende Bezeichnung für das „Ganze jener Gei stesbewegungen des 18. Jahrhunderts" wurde der Ausdruck von den Zeitgenos sen allerdings auch hier noch nicht verwendet, dies blieb erst den Begriffsbe stimmungen seit dem 19. Jahrhundert Vorbehalten. ©Amt der Burgenländischen Landesregierung, Landesarchiv, download unter www.zobodat.at

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2/2004 Gerald Schlag, Die Freimaurerloge „Zum goldenen Rad“ in Eberau 1775 - 1786 94

DIE FREIMAURERLOGE „ZUM GOLDENEN RAD" IN EBERAU 1775 - 1786

Gerald Schlag

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfasste eine breite Welle freimaureri­scher Gedanken und Bewegungen, die mit Begeisterung die Ideen der Auf­klärung aufgenommen hatten, auch die habsburgischen Erb- und Kronlän- der. Schon im 1 7 Jahrhundert hatten Denker wie Francis Bacon, Rene Des- cartes, Thomas Hobbes und Gottfried Wilhelm Leibnitz sowie John Locke mit seinen Schriften „Über die Regierung" (Two treatises of government, 1690) und „Briefe über Toleranz" (Letter concerning toleration, 1687) ent­sprechende Positionen vorgeprägt. Sie beeinflussten das Denken weiter gebildeter Kreise des Adels und des Bildungsbürgertums im 18. Jahrhundert, das als das eigentliche „Zeitalter der Aufklärung"1 bezeichnet werden kann. Die immer wieder aktuelle Frage des Verhältnisses von Mensch zu Gott und damit verbunden die Frage der Wertigkeit der religiösen Bekenntnisse - , von Fortschrittsglauben und Fortschrittsskepsis und vom wohltätigen Ein­fluss der Wissenschaften auf die Entwicklung der Menschheit und die radi­kale Infragestellung dieser Überzeugungen waren nur einige der ungemein spannungsgeladenen Themen dieser Zeit. Dazu traten politische Fragen wie die Hoffnung auf den aufgeklärten Monarchen und das Postulat der Volks­souveränität. Die freie Diskussion dieser Fragen so brennend sie für die gebildeten und philosophisch denkenden Menschen war - bewegte sich auf „gefährlichem Terrain" War man sich doch bewusst, dass solche Gedanken und Diskussionen revolutionär waren und die bestehende Gesellschaftsord­nung, ja das tradierte und damit „heilige" Welt- und Gottesbild ins Wanken bringen konnten. Dass man solche Diskussionen nur im vertrauten Kreis füh­ren konnte, war allen, die sich daran beteiligten, klar. Nur dort, wo man1 Anm.: Der Begriff „Aufklärung" les lumières, enlightenment, illuminismo - griff

die Metaphorik des Lichts und des „Hellerwerdens" auf. Zur zentralen Pro­grammidee avancierte der Begriff „Aufklärung" vor allem in Deutschland, wo er etwa von Immanuel Kant zur Charakterisierung der Epoche verwendet wurde freilich mit der Einschränkung, dass es sich noch nicht um ein „aufgeklärtes Zeit­alter" handle, sondern erst um eines der „Aufklärung", also eines erst im Flusse befindlichen Vorganges. Als umfassende Bezeichnung für das „Ganze jener Gei­stesbewegungen des 18. Jahrhunderts" wurde der Ausdruck von den Zeitgenos­sen allerdings auch hier noch nicht verwendet, dies blieb erst den Begriffsbe­stimmungen seit dem 19. Jahrhundert Vorbehalten.

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sicher sein konnte, dass das Gesagte vertraulich und durch Geheimhaltung geschützt war, konnte man seinen Gedanken und seiner Meinung freien Lauf lassen. Dies war einer der Hauptgründe sich in geschlossenen Zirkeln, den „Logen"2 zusammenzufinden.Bei den Zusammenkünften außerhalb staatlicher und kirchlicher Grenzen stehend schuf man sich einen privaten, diskreten Freiraum, der „ganz bewußt mit einem Geheimnis umgrenzt und zum Mysterium erhoben wurde.3 Der Abbau der Standesschranken und die Selbstbefreiung des Ein­zelmenschen durch Erkenntnis und Wissen wurde in der geschlossenen und geschützten Welt der Loge erprobt und geübt und sollte die „Brüder" befä­higen, draußen in der Welt eine bessere und menschlichere Gesellschaft und Umwelt zu schaffen. Dies war eine der wichtigsten Grundlagen all jener „Geheimgesellschaften", die man unter dem Begriff „Freimaurer" sub- summierte. Ihre Mitglieder waren Angehörige des Adels und des Militärs, wie auch Männer des Hohen und Niederen Klerus, obwohl Papst Clemens XII. bereits 1738 in seiner Enzyklika „In eminenti..." das Freimaurertum feierlich mit dem Bann belegt hatte. In ihren Reihen fand man aber auch Männer aus bürgerlichem Stand (Beamte, Wissenschaftler, Künstler und Handwerker), ja gelegentlich - im Sinne der „allgemeinen Menschenliebe" sogar aus den Kreisen der Dienerschaft der einzelnen adeligen Logenbrüder. Im vertrauten Kreis der Loge wurde die „Brüderlichkeit" der oft heterogenen gesellschaftliche Herkunft der einzelnen Mitglieder dadurch deutlich, dass zwischen ihnen alle Standesschranken aufgehoben und alle Unterschiede der Nation, Konfession und politischen Ansicht suspendiert waren. Etwas verklärend schrieb die Freimaurerschrift „Der sich selbst vertheidigende Freymäurer..."4 im Jahre 1 744: „ S o b a ld w ir v e rsa m m e lt s in d , w e rd e n w ir a lle B rü d e r . . .D e r Fürst, d e r U n te rta n , d e r E d e lm a n n u n d B ü rg e r; d e r R e ic h e u n d d e r A rm e , ist e in e r s o g u t a ls d e r a n d e re , n ic h ts u n te rs c h e id e t s ie v o n e in a n ­d e r u n d n ic h ts tren n t s ie . D ie T u g e n d m a c h t s ie a lle e in a n d e r g le ic h . . . "Die Konstitutionen5 der Logen waren geprägt von Toleranz und tiefem Humanismus, den die Freimaurer die „königliche Kunst" nannten. Sie waren

2 Die „Logen" waren Bund und Versammlungsort der Freimaurer. Der Begriff „Loge" ist eine Übersetzung des englischen „Lodge" ins Deutsche und bezeich- nete ursprünglich eine „Bauhütte", das Gebäude, das den Bauhandwerkern als Werkstatt, Aufenthalts- und Versammlungsraum diente.Binder, Dieter A.: Die diskrete Gesellschaft. Geschichte und Symbolik der Frei­maurer. - Graz 1988. S. 25Der sich selbst vertheidigende Freymäurer oder Sammlung unterschiedlicher, wohl verfaßter Schriften, welche einige Mitglieder dieses Ordens selbst zu des­sen Vertheidigung herausgegeben, nebst einer vorläufigen historischen Nachricht von dieser vortrefflichen Gesellschaft. Frankfurt 1744. S. 205

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später die geistigen Grundlagen für die Proklamation der Menschenrechte und fanden in den revolutionären Idealen „Freiheit, Gleichheit, Brüderlich­keit" ihren augenscheinlichsten Ausdruck. Den Weg dazu sollte die Selbst­erkenntnis und das „ständige Arbeiten an sich selbst" eröffnen, wie es Got­thold Ephraim Lessing in seinen Freimaurergesprächen „Ernst und Falk" for­mulierte: „ M a u re r ist je d e r ; d e r s e in e ig e n e s L e b e n a usb a u t, d a m it e r z u r V o lle n d u n g d e s K u n s tw e rk e s d e s g a n z e n M e n s c h h e its le b e n s b e itra g e n k ö n n e . Z u m B e ste n d e r M e n s c h h e it k a n n n ie m a n d b e itra g e n , d e r n ic h t a us s ic h se lb s t m a ch t, w as a u s ih m w e rd e n k a n n u n d s o l l . //b Dies war allerdings nur die eine Seite der Freimaurerei, die teilweise von romantischen Vorstellungen, Mythen und Mystizismen überlagert war. Dass dabei auch so manche abstruse Idee auftauchte - vor allem solche, die im Bereich der Alchimie oder Astrologie angesiedelt war - und Hochstapler und Phantasten Eingang in die eine oder andere Loge fanden, führte bei Außen­stehenden neben dem Umstand, dass man sich von „revolutionären" Gedanken an sich bedroht fühlte, zu manch harter Kritik.Vielfältige, manchmal vieldeutige Symbole und Rituale bildeten den Rah­men für die „Arbeiten", den Gesprächen und Dikussionen in der Loge. Sie entstammten aus der jüdisch-christlichen Vorstellungswelt und gingen auf die Bibel in entscheidenden Teilen auf das Alte Testament - zurück, wozu sich aber auch esoterische Elemente mit deutlichen Vorstellungen des Deismus mischten. Eine der Freimaurer-Legenden, die Herleitung des „frei­maurerischen Wissens" aus den „geheimen Lehren" der Tempelritter des Mittelalters, war dann auch der unmittelbare Anlass für den Grafen Ludwig Erdödy de Monyorokerek, auf seiner aus dem Mittelalter stammenden Stammburg Eberau eine Schlossloge zu gründen.Ludwig Graf Erdödy5 * 7 war schon in jungen Jahren wie sein älterer Bruder Ladislaus Mitglied der Freimaurerloge „De l'Union parfaite" in Varazdin geworden. Diese Loge hatte die aus Frankreich kommende „Hochgrad-Frei­

5 Konstitution auch „Alte Pflichten" (Old Charges) genannt wurde 1723 vonJames Andersen im Auftrag von John Herzog von Montague, des damaligen Großmeisters von England, niedergeschrieben. Diese „Alten Pflichten" bildeten die Basis für die manchmal aus lokalen Gründen etwas abweichenden Konstitu­tionen der einzelnen Logen, die sich nach 1 725 von England auf das europäische Festland ausbreiteten, zuerst in Frankreich und seit 1737 in Mitteleuropa; in Wien entstand die erste Freimaurerloge mit dem Namen „Aux trois canons" im Jahre 1 742.Zit. nach: Lennhoff, Eugen: Die Freimaurer. - Wien 1929. S. 17 Ludwig Graf Erdödy (1749 - 1794) war der jüngere Sohn des Grafen Nikolaus Erdödy, Obergespan des Komitates Varazdin und Militärkommandant der Stadt und Burg Varazdin. Er starb in Kohfidisch; seine Grabplatte befindet sich in der Pfarrkirche von Kirchfidisch.

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maurerei" oder „Strikte Observanz" übernommen, wo man die Theorie ver­trat, dass die Freimaurerei zur Zeit der Kreuzzüge in Palästina im Kreis des Templer-Ritterordens entstanden sei und es nun gelte, den 1312 durch König Philipp den Schönen von Frankreich vernichteten Templer-Orden bzw. des­sen Gedankengut neu aufleben zu lassen. Dabei glaubte man der Legende, dass Tempelritter, die vor der Verurteilung und Verbrennung des Großmei­sters Jacques de Molay von diesem wichtige Geheimnisse des „hohen Ordens vom heiligen Tempel Salamonis" erhalten hätten, nach Schottland geflohen seien. Dort hätte sich ihr Wissen in den Bauhütten bzw. Logen der „freien Maurer" durch vier Jahrhunderte erhalten und von Generation zu Generation als mündlich tradiertes Vermächtnis fortgepflanzt.8 Als nun Funde von mittelalterlichen Mauern im Bereich der Pfarrkirche von Eberau, die nahe beim Eberauer Wasserschloss liegt, gemacht wurden und man diese als die Reste einer Ritterburg der Templer interpretierte, entschloss sich Erdödy, hier „auf historischem Boden der Freimaurerei" eine Loge zu errichten.Über den FJergang dieser Gründung wissen wir nichts, da sich darüber keine schriftliche Quellen erhalten haben. Man darf zweifeln, ob es so etwas wie eine Gründungsurkunde in schriftlicher Form überhaupt gegeben hat. Da man aber am 20. Juli 1 785 den 10. Stiftungstag der Loge feierte, kann man annehmen, dass die Gründung im Sommer 1 775 erfolgt war. Damals wähl­te man in Anspielung auf das Wappen der Familie Erdödy (siehe dieses) den Logennamen „Zum goldenen Hirschen" und erbat von der wenige Jahre zuvor gegründeten Wiener Loge „Zum Heiligen Joseph", bei der Graf Lud­wig Erdödy Mitglied oder zumindestens oft Gast war, eine entsprechende Konstitution. Diese wurde ihr auch „interimistisch" überlassen. „Interimi­stisch" deswegen, weil die genannte Loge selbst gerade im Begriff war, sich eine neue geistige und rituelle Orientierung zu suchen, ihre bisherige Kon­stitution zu reformieren oder zu ändern und sich schließlich der „Großen Landesloge von Deutschland" zu unterstellen, bzw. dem „Zinnendorfschen System" anzuschließen.9Die „Große Landesloge von Deutschland" war 1 770 vom „Generalchirurgus und Chef des gesamten Medizinalwesens der [preußischen] Armee", Johann

Lennhoff: a.a.O. S. 120 f.Anm.: Die Freimaurer lehnten grundsätzlich „Dogmen" und „Gewissenszwang" ab und betonten das Prinzip der Toleranz, der individuellen Glaubens-, Gewis­sens- und Denkfreiheit. Dies bewirkte jedoch unweigerlich eine „bunte Fülle von Lehrarten und maurerischen Systemen", was wieder der Sehnsucht nach einem weltumspannenden, kosmopolitischen Brüderbund widersprach. Daraus folgten immer wieder Konferenzen und Reformen mit dem Ziel einer Vereinheitlichung der einzelnen Systeme.

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Wilhelm Kellner von Zinnendorf (1753 1782), gegründet worden. Dieserhatte dabei das „Schwedische System", ein protestantisch-christliches Hoch­gradsystem, als Vorbild genommen und neben den ursprünglichen drei „Johannisgraden"10 (Lehrling, Geselle und Meister) noch zwei „Andreasgra­de" oder „Schottische Grade" und vier „Kapitelgrade" hinzugefügt. Im Mittelpunkt der Lehre stand das Verhältnis zu Christus als unsichtbarem Obermeister des Ordens. Auch hier ging man von den „Geheimnissen des Templerordens" aus, was dann für die Gründung der Loge von Eberau - wie schon angedeutet - von entscheidender Bedeutung war.Als im Sommer 1776 der „eifrige Apostel des Zinnendorfschen Systems"11, Franz August Sudthausen12 nach Wien kam, um die dortigen Logen, insbe­sondere aber Kaiser Joseph II. für „seine" Freimaurerei zu gewinnen, lud ihn Erdödy auch nach Eberau ein. Sudthausen folgte der Einladung und reiste am 4. Juli 1776 in Begleitung von Johann Siegmund Kossola de Zolna13, eines weiteren Freimaurers, in das westungarische Schloss, das er wie folgt beschrieb: „Das w e itlä u fig e S c h lo s s , in e in e r E b e n e lie g e n d ', ist v ie re c k ig ; m it e in e m H o f in d e r M itte . Ü b e r d e m H a u p t-T h o r e rh e b t s ic h e in v ie r e c k i­ger, z ie m lic h h o h e r T h u rm . D a s S c h lo s s ist m it e in e m b re ite n u n d tiefen W a sse rg ra b e n u m g e b e n ; 5 0 S c h r itte d a v o r ste h t e in e h o h e u n d d ic k e R in g ­m a u e r m it n e u n v ie re c k ig e n T h ü rm e n , d e re n e in e r d a s m ittle re T h o r b ild e t. S o d a n n fo lg t w ie d e r e in b re ite r W a sse rg ra b e n , u m d e n r u n d h e ru m e in W a ll m it d a v o r b e f in d lic h e n G ra b e n ist. M a n m u ss a lso d re i T h o re u n d d re i B rü k - k e n p a s s ie re n , u m in d as S c h lo s s g e la n g e n z u k ö n n e n . E in ig e h u n d e rt S c h r it ­te d a v o n ste h t e in e a lte, vo n d e n T e m p e lh e rre n erb a u te K ir c h , a u f w e lc h e r s o w o h l, w ie a u f d e m d a ra n sto sse n d e n T h u rm d as ro th e K r e u z d e s O rd e n s z u se h e n ist. D ie K ir c h e u n d d e r T h u rm s in d , g le ic h d e r R in g m a u e r d e s S c h lo s ­ses, v o n ro th e n Z ie g e ls t e in e n erba ut. D ie e in e S e ite d e s K ir c h h o fe s (ring s u m d ie K ir c h e ) k a n n n ic h t z u B e g rä b n isse n v e rw e n d e t w e rd e n , w e il m a n g le ic h

10 Benannt nach dem Heiligen Johannes dem Täufer, der schon im Mittelalter der Schutzpatron der Bildhauergilden und deren angeschlossenen Bruderschaften war, was auch die Freimaurer übernahmen.Abafi, Ludwig: Geschichte der Freimaurerei in Österreich-Ungarn. Wien 1890- 1903. Bd. 3. S. 47Franz August Friedrich Sudthausen (gest. 1802) war ein in Hamburg lebender dänischer Husaren-Rittmeister. Meister vom Stuhl der Hamburger Loge „Golde­ne Kugel"Johann Siegmund Kossola de Zolna (Solna) war ursprünglich österreichischer Offizier, lebte dann in Hamburg, wo er seit 1771 „Meister vom Stuhl" der Loge „Zum Pelikan" war. Dann trat er im Rang eines Oberstleutnants in dänische Dienste und war Mitglied der Loge „Zu den drei brennenden Herzen" in Kopen­hagen. 1 776 kehrte er nach Wien zurück und trat in der Folgezeit der Loge „Zum goldenen Rad" in Eberau bei.

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a u f g e m a u e rte G e w ö lb e s tö s s f s o b a ld m a n n u r e in ig e S c h u h t ie f gräbt. V er­m u t l i c h s in d d ie s G rü fte g e w e s e n , in w e lc h e m a n d u rc h d e n in d e r K ir c h e ve rsch ü tte te n E in g a n g g e la n g t se in m o c h te . G ra f E rd ö d y hätte se in e m G a ste g e rn d e n G e fa lle n e rw ie s e n , d ie s G e w ö lb e a u frä u m e n u n d ö ffn e n z u la sse n , w e n n e r s ic h n ic h t v o r d e n „ P fa ffe n " u n d d e r N a c h re d e , d a ss e r s ic h m it G ra ­b e n u n d S u c h e n n a c h S c h ä t z e n a b g e b e , g e s c h e u t h a b e n w ü rd e . In d e r K ir ­c h e s e lb s t s in d k e in e (te m p le r isc h e n ) D e n k m ä le r m e h r; s o w ie a u c h a u f d e m S c h lo s s e n ic h t , w e il es in d e n u n g a r is c h e n K r ie g e n oft b e la g e rt u n d z u g r u n ­d e g e r ic h te t w a rd u n d v o n N e u e m w ie d e r hat a u fg e fü h rt w e rd e n m ü sse n . A u f d ie se m S c h lo s s e h a b e n s ic h d ie T e m p e lh e rre n z u le t z t in U n g a rn a ls ta p ­fere R itte r v e rth e id ig t u n d s in d d a rin e n d lic h n a c h e in e r la n g w ie r ig e n B e la ­g e ru n g u n d ta pferen V e rth e id ig u n g vo n e in e m G ra fe n E rd ö d y ü b e rw ä lt ig t w o rd e n , w e lc h e m d e r d a m a lig e K ö n ig vo n U n g a rn a u s A n e rk e n n u n g d as S c h lo s s m it d e r d a z u g e h ö r ig e n , e in e M e ile im D u r c h m e s s e r h a b e n d e n H e r r ­sc h a ft e rb - u n d e ig e n t h ü m lic h s c h e n k te . " 14Sudthausen „installierte" feierlich die neue Loge, und in den drei folgenden Tagen arbeiteten er und Kossola mit den in Eberau versammelten Herren, wobei sie sämtliche Rituale des Systems durchnahmen. Dabei wurden die beiden Grafen Ludwig Erdödy und Leopold Barbo in den dritten Kapitelgrad, andere „Brüder" in die „schottischen Grade" eingeweiht. Dieser Vorgang war in der Freimaurerei des 18. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich und hier umso leichter durchführbar, als die anwesenden Herren wahrscheinlich alle bereits Mitglieder einer anderen Loge und somit mit den Gedanken der Frei­maurerei vertraut waren.Am 11. Juli richtete man schließlich ein Schreiben an die „Große Landeslo­ge" in Berlin und teilte feierlich und offiziell mit, dass man in Eberau eine Loge mit dem Namen „Zum goldenen Hirschen" gegründet habe und künf­tighin unter dem Schutz der Großen Landesloge von Deutschland die Arbeit gesetz- und ritualgemäß fortsetzen möchte. Man erbat in die Matrikel der Großloge aufgenommen zu werden, wofür man auch bereits eine Gebühr von 18 Dukaten dem Abgesandten Sudthausen übergeben habe. Man bat weiters um die Zusendung der entsprechenden Konstitution sowie der Ritu­ale der drei Johannisgrade und verpflichtete sich in Zukunft ein Drittel der jeweiligen Aufnahmegebühren sowie einen Louisdor an „Armengeld", also für Sozialleistungen, vierteljährlich an den Groß-Schatzmeister zu senden. Für die ihnen „ z u e rz e ig e n d e , n ie z u v e rg e lte n d e b rü d e r lic h e L ie b e u n d

14 Zitiert nach: Abafi, a.a.O. S. 332 f. (Da das Deutsche Freimaurerarchiv während der Hitler-Herrschaft von der Gestapo beschlagnahmt wurde, 1945 in sowjeti­sche Hände geriet und sich jetzt wahrscheinlich in Moskau befindet, war es nicht möglich die Originalakten einzusehen, die Abafi - allerdings sprachlich bereinigt - zitiert.)

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W illf ä h r ig k e it " gelobten sie, sich jederzeit so zu betragen, „ w ie e s treu en u n d e ife rv o lle n B rü d e rn F re im a u re rn z ie m t - d e n G e s e tz e n u n d V e ro rd n u n ­g e n d e s e rh a b e n e n O rd e n s a u f d a s g e n a u e ste n a c h z u le b e n , u n d d a fü r z u so rg e n , d a ss in ih re r L o g e n ie e tw a s d a w id e r v o rg e n o m m e n w e rd e ." '5 Unter­zeichnet war das Schriftstück von den „Beamten" der Loge:

Ludwig Graf Erdödy, Stifter und Meister vom Stuhl Karl Friedrich G rafO rlik15 16, Deputierter Meister Leopold Graf Barbo, 1. Aufseher Otto Graf Waldtstein17, 2. Aufseher Anton Zistler18, Sekretär

Sudthausen, der in zwei Audienzen von Joseph II. empfangen wurde und Gelegenheit hatte, über „seine" Freimaurerei zu sprechen, gelang es übri­gens nicht, den Kaiser für den Bund zu gewinnen. Er konnte jedoch in Wien eine Provinzial-Großloge der Großen Landesloge von Deutschland installie­ren und den angesehenen und politisch einflussreichen Karl Johann Fürst Dietrichstein-Proskau19 als Provinzial-Großmeister gewinnen. Neben ihrer Mutterloge „Zum Heiligen Joseph" und anderen Wiener Logen schloss sich nun auch die Eberauer Loge dieser Provinz an.Die offizielle Bestätigung ihrer Aufnahme erhielt die Eberauer Loge jedoch erst am 9. Dezember 1 776. In Berlin hatte man offensichtlich die allgemei­ne Entwicklung in Wien und die Rückkehr Sudthausens und seinen münd­lichen Bericht abgewartet und antwortete erst nach fünf Monaten: Man freue

15 Abafi: a.a.O. S. 334Karl Friedrich GrafO rlik (Abafi nennt ihn Orlich) war K.k. Kämmerer und damals Oberst im Kürassier-Regiment Friedrich Anton Fürst FHohenzollern-Hechingen, das wahrscheinlich zu dieser Zeit in Güns seine Garnison hatte (eine sichere Erwähnung dieses Tatbestandes haben wir aus dem Jahre 1 779).Abafi nennt ihn „Otto Graf Radstein", doch dürfte es sich hier um einen Lese­oder Druckfehler handeln. - Man findet nämlich in einem gedruckten Original­dokument aus dem Jahre 1785 (Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien. Vereinsak­ten 72, E 1/85) einen Otto Graf Wandstein, der als Deputierter Meister der Loge „Zum goldenen Rad" unterschrieb.Otto Wenzel Graf Waldstein (1729 - 1790) war der jüngste Sohn von Johann Wenzel Graf Waldstein (1658 - 1731) und Maria Barbara, geb. Gräfin Pälffy, womit er mütterlicherseits ein Verwandter von Graf Ludwig Erdödy war. Anton Zistler war Musiker und Violinvirtuose in der Hofkapelle des Grafen Lud­wig Erdödy und trat als solcher 1772 in einer Akademie in Wien auf. 1777 bis 1 778 (möglicherweise auch bis 1 783) war er Musiker oder Konzertmeister (?) in Preßburg in der Kapelle des Erzbischofs von Gran, Joseph Batthyäny. (Vgl.: Sei­fert, Herbert: Die Verbindungen der Familie Erdödy zur Musik. In: Haydn-Jahr­buch. X. 1978. S. 152).

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sich, dass nun die Zahl der guten Logen durch die von Eberau vermehrt werde und habe mit Vergnügen in ihrem Schreiben „diejenigen Gesinnun­gen wahrgenommen, welche wahren Maurern geziemen." Die Große Lan­desloge habe die neue Loge in ihre Matrikeln eingetragen und übersende nun auch die Konstitution. Der Name müsse aber in „Zum goldenen Rad" abgeändert werden, da es bereits in Oldenburg im Norden Deutschlands eine Loge mit dem Namen „Zum goldenen Hirschen" gebe.Der neue Name entsprang ebenfalls dem Erdödyschen Wappen und dürfte in Berlin sicherlich durch Sudthausen, der ja dieses Wappen kannte, als pas­send ins Spiel gebracht worden sein. Das dem neuen Namen ensprechende Logen-Siegel (siehe Abbildung) zeigte ein vierspeichiges Rad, das an einer zerborstenen Säule lehnt. Darüber gelegt ist eine verknüpfte Schnur, darun­ter Werkzeuge der Maurer, wie Lot, Winkeleisen und Hammer. Links sieht man einen Globus mit einem Zirkel und darunter einen Totenkopf, rechts eine aufgeschlagene Bibel.

Abb.: Siegel der Freimauererloge „Zum goldenen Rad" in Eberau 19

19 Karl Johann Bapt. Graf (später Fürst) Dietrichstein-Proskau (1728 - 1808) K.k. Geheimrat und Oberststallmeister wurde als kaiserlicher Gesandter in Kopenha­gen Mitglied der dortigen Freimaurerloge „Zu den brennenden FHerzen", wo er auch Sudthausen kennen lernte. 1 777 wurde er, der auch schon vorher zum engen Kreis des kaiserlichen Freimaurers Franz I. Stephan gehörte und freund­schaftliche Beziehungen zu Joseph II. hatte, zum Provinzial-Großmeister der Pro- vinzial-Großloge von Österreich. Als Grandseigneur seiner Zeit, hatte er eine Vorliebe für alle Arten von Geheimbünden. Er schloss sich den Rosenkreuzern und den Asiatischen Brüdern an, scheint aber die Verwirrungen in diesen Bün­den erkannt zu haben und bemühte sich nun durch entsprechende Reformmaß­nahmen die Freimaurerei in ihrer ursprünglichen und „echten" Form in Öster­reich etablieren zu helfen. Dietrichstein gehörte der Wiener Loge „Zur gekrönten Hoffnung" an.

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Dieses Siegel, für das man zwei Louisdor bezahlte, wurde gemeinsam mit dem Ritual im Frühjahr 1 777 nach Wien geschickt, von wo es erst Mitte des Jahres 1 779 nach Eberau gebracht wurde. Die Gründe für dieses Geschehen liegen im Dunkeln. Möglicherweise spielte dabei ganz einfach der Umstand eine Rolle, dass die in dem weit abgelegenen Schloss situierte Loge nur sehr unregelmäßig zusammentrat. Die Brüder der Eberauer Loge dürften in ande­ren Logen, so vor allem in Wien oder Graz am freimaurerischen Leben teil­genommen haben. Möglicherweise hat die Loge „Zum goldenen Rad" gele­gentlich auch in Wien, Ödenburg oder Güns „gearbeitet" So hören wir, dass ein gewisser Gabriel Ratonyi (Protokollist beim Personal Szvetich) 1778 in Güns aufgenommen wurde, was darauf hindeutet, dass man dort zumindest eine Zusammenkunft hatte. Auch der evangelische Prediger Karl Rackwitz dürfte dieser Loge angehört haben, bevor er sich der Preßburger Loge „Zur Sicherheit" anschloss.20Mitglieder der Loge waren in erster Linie Angehörige des westungarischen Hoch- und Mitteladels sowie deren Hofbedienstete (Herrschaftsbeamte, Kammerdiener und Musiker), sowie Offiziere der damals in den Komitaten Ödenburg, Eisenburg und Zala liegenden Truppen. So waren über ein Vier­tel der Mitglieder Offiziere. Sie gehörten vor allem dem Karabinier-Regiment Nr. 1 „Herzog Albert von Sachsen-Teschen", das 1768 bis 1778 im Öden­burger und Eisenburger Komitat untergebracht war, und dem Karabinier- Regiment Nr. 2 „Erzherzog Franz" an, von dem nicht nur der Regiments­kommandeur Oberst Moritz Graf Kavanagh, sondern mindestens sechs wei­tere höhere Offiziere (siehe Kurzbiographien in den Fußnoten) Mitglieder der Loge „Zum goldenen Rad" waren. Einzelne Brüder kamen auch aus den Kürassier-Regimentern „Friedrich Anton Fürst Hohenzollern-Hechingen", „Joseph Graf D'Ayasasa" (seit 1 779: „Heinrich Freiherr von Jacquemin") und „Prinz Friedrich August Nassau-Usingen" Eine weitere größere Gruppe bil­deten die Richter der „Tabula Districtualis Transdanubiana" (Districtual- Tafel) in Güns, die als Appelationsgericht über allen Komitatsgerichten West­ungarns stand.Am Logensitz traf man sich offensichtlich nur zu bestimmten Anlässen, zu denen der Hausherr lud und verbrachte dann mehrere Tage in Eberau, wo man sehr ausgedehnte und intensive Gespräche führte, aber auch an Jagden und verschiedenen Festivitäten teilnahm. Dies dürfte auch die Erklärung dafür sein, dass man bei einzelnen Zusammenkünften von recht zahlreichen Mitgliedern hört, dann aber wieder berichtet wurde, dass die Loge auf vier „in loco domicilierte Brüder" herabgeschmolzen sei und man weder die Ämter der „Logen-Beamten" besetzen, noch beschlussfähige Sitzungen abhalten konnte. Wir hören auch, dass 1 778 nur ein Bruder in den Meister­

20 Abafi: a.a.O. S. 288

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grad befördert und lediglich zwei Brüder neu aufgenommen wurden und im darauffolgenden Jahr 1779 überhaupt keine Rezeption erfolgte.21 Der Ausbruch des Bayrischen Erbfolgekrieges im Frühjahr 1778 hatte eine nachhaltige Wirkung auf das Logenleben. Die in Westungarn stationierten Offiziere rückten mit ihren Regimentern an die Fronten in Böhmen und Niederbayern und blieben auch nach Ende des Krieges mit ihren Truppen im Norden stehen, womit es ihnen unmöglich war, weiter am Logenleben in Eberau teilzunehmen. Zudem unterbrach der Krieg zwischen der Habsbur­germonarchie und Preußen auch alle Verbindungen der österreichischen Logen zu ihrer Mutter-Großloge in Berlin. Die Zahlungen an Berlin ein Drittel der damals nicht geringen Gebühren für die Aufnahme als Lehrling, die Beförderung zum Gesellen und die Erhebung in den Meistergrad sowie ein Anteil an den gesammelten Almosen - konnten zwei Jahre nicht geleistet werden. Als dann nach dem Friedensschluss von Teschen am 13. Mai 1 779 allmählich wieder normale Verhältnisse eintraten, waren die Rückstände zu groß und Zahlungen an das Ausland durch eine Verordnung Josef II. von 1781, die allen geistlichen und weltlichen Orden verbot, ausländische Obere anzuerkennen oder an diese Geldabgaben zu leisten, sehr erschwert. Dass gerade der König von Preußen, Friedrich II., Protektor und dessen Schwager, Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg, Großmeister der Berliner Großloge waren, belastete aus politischen Gründen die Zusammen­arbeit mit Berlin beträchtlich. So tauchte bereits 1 781 der Plan auf22, für den Bereich der habsburgischen Erb- und Kronländer eine eigene unabhängige Großloge, also eine Österreichische Große Landesloge, zu schaffen, die alle Logen innerhalb des habsburgischen Imperiums erfassen sollte. Dieser Weg sollte sich, wegen des Unterschieds der verschiedenen Systeme und der Frage der Hochgrade, als sehr schwierig erweisen. Es dauerte bis 1784, bis es endlich soweit war.Als sich der Konflikt zunehmend zuspitzte, und die Berliner Großloge im Oktober 1 783 an die ihr angehörenden sechs Logen in den österreichischen Kronländern bzw. im Königreich Ungarn23 die schriftliche Frage richtete, ob sie den mit ihr „ e in g e g a n g e n e n V e rb in d u n g e n treu z u b le ib e n g e d e n c k e n ", hüllte sich die Loge „Zum goldenen Rad" in Schweigen. Berlin sah sich daher veranlaßt, am 28. Jänner 1784 abermals zu schreiben und zu erin-21 Abafi: a.a.O. S. 337

Fischer-Colbrie, Gerald: Die Revolution von oben. In: Erbe derAufklärung. (Histor. Jahrbuch der Stadt Linz. 1998). S. 17Zur Provinzialloge von Österreich in Wien, die nach dem Zinnendorfschen Systemarbeitete, gehörten die Logen „Zur gekrönten Hoffnung" und „Zum Heiligen Joseph"in Wien, die Logen „Zu den drei Bergen" in Innsbruck, „Zur Sicherheit" in Preßburg,„Zur Freundschaft" in Varazdin und „Zum goldenen Rad" in Eberau; daneben gabes noch solche Logen in Brixen, Trient, Rovereto und Cremona.

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nern, dass man die Konstitution zurückgeben solle, wenn man sich von der Mutter-Großloge trennen wolle und fügte hinzu: „ U m A lle s z u tun u n d g ä n z ­lic h d e n V o rw u rf vo n u n s a b z u w e n d e n , a ls hätten w ir z u s c h n e ll ve rfa h re n u n d Ih n e n n ic h t g e h ö r ig e Z e i t d a z u g e la s s e n , s e tze n w ir Ih n e n je t z t d ie z w e it e , a b e r a u c h le tzte F ris t v o n 12 W o c h e n , in w e lc h e r w ir g e w is s e rw a r­ten , d a ss S ie e in e r o d e r d e r a n d e re n F o rd e ru n g e n g e n ü g e n w e rd e n . S o llte n S ie a u c h d ie s e E rw a rtu n g e n e n ttä u sc h e n n u n so h a b e n w ir g e th a n , w as P f lic h t u n d G e s e tz e v o n u n s h e is c h te n . W ir w e rd e n d a n n le id e r a n n e h m e n m ü sse n , d a ss S ie w e d e r m it u n s fe rn e r in G e m e in s c h a ft b le ib e n , n o c h u n s e r b ill ig e s A n s u c h e n , A c te n u n d C o n s t itu t io n , d ie S ie w e ite r z u b e fo lg e n d o c h n ic h t g e m e in e t, z u r ü c k z u s e n d e n , sta ttfin d en la sse n w o lle n . D a n n m ü sse n w ir so v e rfa h re n , w ie d ie G e s e tz e es u n s v o rs c h re ib e n .//24 Auf dieses Ultimatum antwortete die Eberauer Loge am 19. April 1 784 und entschuldigte sich für ihr Versäumnis mit der Begründung, dass sie die Zuschrift der Großen Landesloge vom 20. Oktober 1 783 sehr verspätet in die Hände bekommen habe. Durch den Umstand, dass ihr Sitz in Schloss Eberau sehr entlegen sei und nur wenige Mitglieder der Loge sich „in loco" befinden, wäre ein Zusammentritt der Brüder, der in solch wichtiger Ent­scheidung notwendig war, nur mit großer Mühe und unter Terminschwierig­keiten möglich gewesen. Ihre anscheinende Unfolgsamkeit möge nicht als vorsätzliche Saumseligkeit betrachtet werden. Man beteuerte „ a u f d as u n v e r b rü c h l ic h e W o rt e in e s re c h tsc h a ffe n e n F re im a u re rs" , dass man nie auf­gehört habe, der Großen Landesloge für die erwiesene „w a h rh a ft b rü d e r li­c h e Z u n e ig u n g u n d a u s n e h m e n d e B e re itw ill ig k e it in A lle m , w as ih n e n n ü t z ­lic h u n d b e fö rd e r lic h g e w e s e n , d ie so s e h r v e rs c h u ld ig te d a n k b a rste E rg e­b e n h e it b e iz u b e h a lt e n u n d es m it a lle r m ö g lic h e n F o lg s a m k e it je d e r z e it an d e n Tag z u le g e n ." Man sei eben im Begriff gewesen Ende März 1 784 end­lich eine Generalversammlung abzuhalten, als die mahnende Zuschrift ein­traf. Nun habe man beide Schreiben verlesen und nach eingehender Bera­tung den Entschluss gefasst, folgende Erklärung abzugeben: Die Brüder seien, „ in A n b e tra c h t d e r g ro ß e n E n tfe rn u n g v o m S it z d e r G ro ß e n L a n d e s lo ­g e u n d a n d e re r S c h w ie r ig k e it e n n ic h t a b g e n e ig t, d e m z u r B e se it ig u n g a lle r H in d e rn is s e g e fa sste n V o rsa tz d e r P r o v in z ia l- L o g e in W ie n b e iz u p f lic h t e n , u m d u rc h d ie V e re in ig u n g a lle r L o g e n d e s L a n d e s e in e e ig e n e G ro ß e L a n ­d e s lo g e z u e r r ic h te n " Sehnlichst wünsche man jedoch, dass dies nach der Grundverfassung des Ordens geschehe. Es solle dies mit dem freundschaft­lichen und brüderlichen Einverständnis und der Mitwirkung der Großen Landesloge in Berlin statutengemäß behandelt und durchgeführt werden, „ d a m it m a n u n te r e in e m so m ä c h t ig e n a ls th ätig en S c h u t z e ih re g e h e ilig te n A rb e ite n m it d e sto g rö sse re m Eifer, S ic h e r h e it u n d b e g lü c k te m E rfo lg e fort-

24 Zit. nach: Abafi: a.a.O. S. 280

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s e tze n u n d d e re in s t d ie g e se g n e te n F rü c h te d a v o n ern ten k ö n n e ." Dabei käme man aber „ a ls ä ch te F re y m a u re r a u c h n ic h t u m h in , s ic h d e n e n z u m W o h l s e in e r Staaten g e m a c h te n A n o rd n u n g e n ih re s w e ise n u n d g ro ssm ü th i- g e n L a n d e sfü rste n , d e r a lle s e in e U n te rg e b e n e n vo n fre m d e r A b h ä n g ig k e it b e fre it w isse n w il l u n d a lle a u sw ä rtig e n G e ld b e trä g e n a c h d r ü c k lic h s t v e r­bietet,, m it e h rfu rc h ts v o lle m G e h o rs a m u n te rw e rfe n . D e n n , o b s c h o n d ie w a h re M a u re re i s ic h s o w e n ig m it g e is t lic h e n a ls w e lt lic h e n o d e r p o lit is c h e n D in g e n b e sch ä ft ig t u n d k e in e n b lin d e n G e h o rs a m v o rsc h re ib t , so ist d o c h d ie se s G e s e tz e in e w ir k l ic h e u n d s o lc h e T h a tsa ch e , d e re n B e fo lg u n g d u rc h d ie h ie s ig e n a llg e m e in e n g ro sse n E in r ic h tu n g e n a u c h b e i u n se re m V erhä lt- n iss b e re c h t ig t is t ." Dennoch glaube und hoffe man zuversichtlich, dass man „ u n s e re a lte V e rb ü n d u n g u n d fre ie b rü d e r lic h e G e m e in s c h a ft k e in e s W egs a u fh e b e n m ü sse o d e r s o l le ." Man erkläre nun trotz aller Schwierigkeiten feierlich, dass man die mit Berlin eingegangene Verbindung treu weiterzu­führen gedenke und auch weiterhin die „maurerischen Arbeiten" nie nach einem anderen System als nach den von der Landesloge erhaltenen Akten der Drei Johannes-Grade fortsetzen werde. Man schloss das Schreiben mit dem Wunsch, dass die „ s o u n e rw a rte t e n tsta n d e n e n u n d z u ih re r g rö ß te n B e k ü m m e rn is s n o c h o b w a lte n d e n u n s e lig e n Irru n g e n b a ld ig st in fre u n d ­s c h a ft lic h b r ü d e r lic h e r V e rtra u lic h k e it u n d v o llk o m m e n w ie d e r h e rg e ste llte r E in ig k e it a u s g e g lic h e n , u n d s o lc h e r G e sta lt a lle u n se re a u f d e r g a n z e n O b e r ­flä c h e d e r E rd e ve rsa m m e lte u n d ze rstre u te F re im a u re r -B rü d e r in d e n S ta n d g e se tz t w e rd e n m ö g e n , m it v e re in ig te n H e r z e n u n d K rä ften z u m h e ilsa m e n , a u f d as a llg e m e in e W o h l d e r M e n s c h h e it g e rich te te n E n d z w e c k u n sre s e rh a ­b e n e n O rd e n s m itw irk e n u n d d e s a lle rh ö c h s te n B a u m e iste rs L o b u n d E h re in d e r g a n z e n W e lt a u sb re ite n z u k ö n n e n ."Unterschrieben wurde der Brief von:Meister vom Stuhl: Graf Ludwig ErdödyDeputierter Meister: Johann Siegmund Kossola de Zsolna, Oberstlieutenant1. Aufseher: Leopold de Paoly, Oberlieutenant2. Aufseher: Karl Freiherr von Inkey, Vicegespan und Abgeordneter des Somogyer ComitatsSekretär: Jakob Eysert, Geometer beim Grafen Erdödy In Berlin nahm man die Nachricht mit Wohlwollen zur Kenntnis und ermahnte die österreichischen Brüder zur Zahlung der festgelegten Gebüh­ren. Doch dazu kam es nicht mehr, denn schon am 22. April 1784 war es endlich zu einer Einigung der österreichischen Logen und zur Gründung einer eigenen, völlig selbständigen Großen Landesloge von Österreich mit dem Sitz in Wien gekommen. An deren Spitze standen wieder der Freund und Vertraute Kaiser Joseph II., Fürst Dietrichstein-Proskau, als Großmeister und als sein Stellvertreter Karl Graf (Fürst) Pällfy25. Man folgte damit nicht

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zuletzt den Absichten Joseph II., seine Länder, die zwar durch die Pragmati­sche Sanktion deutlich zusammengewachsen waren, endgültig in einen auch innenpolitisch und wirtschaftlich starken Zentralstaat umzuwandeln. Der Monarch, der zwar nicht wie sein Vater Kaiser Franz Stephan oder sein Schwager Herzog Albert von Sachsen-Teschen Angehöriger des Freimaurer­bundes war, sah in den Freimaurern in deren Reihen viele hochgebildete und fortschrittliche Männer waren mit einem gewissen Recht Verbündete für seine Reformbestrebungen. Diese Elite sollte ihre geistige und gesell­schaftliche Kraft voll in den Dienst des Staates stellen und dem eignen Vater­land im Sinne der kaiserlichen Intentionen dienen.Die Großloge wurde in mehrere Provinziallogen geteilt: Jene für Österreich mit 1 7 damals bestehenden Logen, für Böhmen mit 7 Logen, für Galizien mit 4 Logen, für Siebenbürgen mit 3 Logen und schließlich für Ungarn mit 12 Logen (später 20 Logen), zu denen auch Eberau gehörte. Die zwei in der Lombardei bestehenden Logen schlossen sich nicht an, wie auch nicht jene in den österreichischen Niederlanden (1 7 Logen), die eine eigene Großloge bildeten.25 26 Die Große Landesloge von Deutschland musste diese Entwik- klung wohl oder übel zur Kenntnis nehmen. Am 14. September 1 785 schrieb sie schließlich einen Brief an „ihre" Tochterloge „Zum goldenen Rad" und forderte diese auf, ihre Arbeit „bei der jetzigen Lage der Freimaurerei in Österreich" zu schließen und die Akten „bis zu einer günstigeren Zeit" zurückzusenden.27 Ob letzteres dann tatsächlich erfolgte, ist nicht bekannt. Die Schaffung der österreichischen Großloge brachte einen großen Schwung in die freimaurerische Bewegung, an dem auch die Loge „Zum goldenen Rad" partizipiert haben dürfte. Jedenfalls zeigte sie sich bei der Feier ihres 10-jährigen Bestehens, die am 20. Juli 1785 abgehalten wurde, in strahlendem Glanz. Aus Anlass dieses Festes wurde ein gedrucktes „ Ver­z e ic h n is s ä m m t lic h e r B rü d e r d e r s e h r e h rw ü rd ig e n St. Jo h a n n is -L o g e z u m g o ld e n e n R a d im O r ie n t z u E b e ra u in U n g a rn " aufgelegt, das sich glückli­cherweise im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien erhalten hat und uns einen genauen Einblick in die Mitgliederliste dieser Loge gibt.28 An der Spit­ze der Bruderschaft stand der „Beamten-Rat", der sich aus folgenden Herren25 Karl Graf (Fürst) Pälffy von Erdöd (1 735 - 1 81 6) war Kanzler der vereinigten unga-

risch-siebenbürgischen Hofkanzlei. 1782 erhielt er das goldene Vlies und wurde 1 807 in den Fürstenstand erhoben. 1 782 trat er in die Loge „Zur gekrönten Hoff­nung" ein und wurde 1 784 Deputierter Großmeister der Großen Landesloge vonÖsterreich wie auch Provinzialgroßmeister für Ungarn.Zörrer, Ferdinand: Die Geschichte der österreichischen Freimaurerei. In: Frei­maurer. Katalog des Historischen Museums der Stadt Wien. Wien 1992. S. 432Wald-Berlin, W.: Geschichte der inaktiv gewordenen Johannis-Logen der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland zu Berlin. Berlin 1912. S. 57 Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien. VA 72, Ungarn, f. 40-41

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zusammensetzte (die Namensschreibung und Berufsbezeichnung folgt dem Originaldokument, nähere Angaben siehe Fußnoten):Meister vom Stuhl: Ludwig Graf Erdödy, Kaiserl. Königl. Kammerherr Deputierter Meister: Johann Siegmund Kossola de Zolna, Königl. Dänischer Obristlieutenant291. Aufseher: Leopold de Paoly, Kaiserl. Königl. Obristlieutenant302. Aufseher: Carl Freyherr von Inkey, Privat Kavalier31 Sekretär: Jacob Eysert, Ingenieur bey Graf Ludwig von Erdödy Redner: Franz von Malik, Assessor bey der Günser District Tafel Schatzmeister: Laurentius Kiss, Chyrurgus bey Graf Ludwig von Erdödy Zeremonienmeister: Carl Graf Pejacsevics, Privat Kavalier32Weiters folgen im Range von Meistern:Carl Friedrich Graf von Orlik, Kaiserl. Königl. Kammerherr und Obrister beym

FJohenzollerischen Regiment33Otto Graf Waldstein, Kaiserl. Königl. Kammerherr und Major34Anton Freyherr von Lengyel, Privat Kavalier35Stephan Forsch, Kammerdiener bey Graf Ludwig Erdödy36

29 Auf der Titelseite des Verzeichnisses wird allerdings in Form einer Unterschrift Otto Graf Waldstein als Deputierter Meister angeführt.Die gedruckte Funktionsbezeichnung „Obristlieutenant" wurde handschriftlich in „Oberlieutenant" geändert.Karl Freiherr Inkey de Pallin (1 755 - 1815) Königl. Rat und Vizegespan des Korni- tates SomogyKarl Graf Pejachevich (gest. 1815), K.k. Kämmerer, gehörte einem begüterten sla- wonisch-kroatischen Adelsgeschlecht an. Er war in zweiter Ehe mit Eleonore Grä­fin Erdödy, der einzigen Tochter des Grafen Ludwig Erdödy verheiratet. Karl Friedrich Graf Orlik von Laziska (gest. 1786), Offizier im Karabinier-Regi­ment Nr. 2 „Michael Graf Althan" Im Dez. 1 777 als Oberstleutnant zum Drago­ner-Regiment Prinz Eugen v. Savoyen versetzt, wo er bald in den Rang eines Oberst und des Regimentskommandeurs vorrückt. 1 781 wechselte er als Oberst zum Kürassier-Regiment Friedrich Anton Fürst Hohenzollern-Hechingen und wurde 1 783 dessen Regimentskommandeur. 1 786 knapp vor seinem Tod General-Major und Brigadier in Galizien.Otto Wenzel Graf Waldstein zu Arnau (1729 1790) war durch seine Mutter,Maria Barbara Gräfin Pällfy, mit Ludwig Graf Erdödy verwandt.Anton Freiherr von Lengyel, erwarb sich 1783 durch Meliorisierung und Troc­kenlegung der Sümpfe in seiner ausgedehnten Herrschaft Szigliget im Komitat Zala große Verdienste.Stephan Forsch (gest. 1787) war Kammerdiener und Musiker beim Grafen Lud­wig Erdödy. Er war bereits 1774 Mitglied der Preßburger Künstler-Societät und spielte Violine in der Kapelle des Fürsten ab 1778 zunächst in Preßburg, wo er 1 782/83 Mitglied der Loge „Zur Sicherheit" war. 1 783 begleitete er Graf Ludwig Erdödy nach Kohfidisch und wechselte zur Loge „Zum goldenen Rad"

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Philipp Graf von Starhemberg, Rittmeister vom Jakminischen Regiment37 Johannes von Szelestey, Assessor bey der Günser District Tafel38 Stephan von Szaka, Advokat in Oedenburg Franz Xaver Zoller, Uhrmacher in Oedenburg39 Joseph Graf von Fesztetics, Privat Kavalier40Franz Xaver Eder von Oedenstein, Lehrer der metallurgischen Wissenschaf­ten im ehemaligen

Theresiano41Joseph von Kenedits, Ingenieur bey dem Eisenburger Comitat42 Aloisius Graf von Szluha, Privat Kavalier43 Michael Antreich, Apotheker in Oedenburg44 Veichard Conrad Graf von Trautmansdorf, Privat Kavalier45

37 Philipp Graf Starhemberg war 1777 Rittmeister beim Kürassier-Regiment „Joseph Graf D'Ayasasa" (seit 1 779 „Heinrich Freiherr von Jacquemin"). 1 781 1 785 warer Mitglied der Loge „Zur gekrönten Hoffnung" und dann bis 1 790 bei „Zur neu­gekrönten Hoffnung" in Wien.Johann von Szelestey, Jurist und Angehöriger des alten Komitatsadels, 1771 bis 1 785 Assessor bei der Districtual-Tafel in Güns, bei der Auflösung derselben durch Joseph II. entlassen, 1790 wieder eingestellt.Franz Xaver Zoller, kam aus Baden-Baden nach Ödenburg, wo er ein Uhrmach­ergeschäft eröffnete und 1 771 das Bürgerrecht erwarb. 1 790 wurde er zum „tri- bunus plebis" gewählt. Da er in der Folge offene Sympathie für die Französische Revolution zeigte, kam er mit der Stadtverwaltung in Konflikt und dürfte Öden­burg verlassen haben.Joseph Graf Festetics von Tolna (1 758 - 1843) war ein Neffe des vertrauten Rat­gebers Maria Theresias und Präsidenten der Ungarischen Kammer, Paul Graf Festetics (1722 - 1782).Franz Xaver Eder von Ödenstein (1 734 - 1 788) trat in den Jesuitenorden ein und war ab 1782 Lehrer für Mineralogie und Naturkunde an der K .k. Theresianischen Akademie in Wien. Nach Auflösung des Jesuitenordens in Österreich 1782 wurde er Weltpriester. Am Ende seines Lebens war er Professor für metallurgische Wissenschaften in Schemnitz, wo er auch starb.Joseph von Kenedits (1 756 - 1809) studierte Vermessungswesen, Wasserbau und Architektur und arbeitete anschließend als Geometer und Kartenzeichner in den Komitaten Veszprem und Zala. Ab 1777 in Komitat Eisenburg tätig, wurde er 1798 Tafelrichter des Komitats. Er schuf zahlreiche wertvolle Landkarten und Pläne. 1 792 wurde er von Kaiser Franz II. auf Empfehlung des Primas Joseph Bat- thyäny in den Adelsstand erhoben.Alois Graf Szluha war Besitzer der Herrschaften Babolna und Salgö, sowie klei­nerer Güter im Komitat Eisenburg.Johann Michael Antreich, zog aus Krems/NÖ nach Ödenburg, wo er eine Apo­theke eröffnete, 1771 das Bürgerrecht bekam und später Mitglied des Äußeren Rates wurde.

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Johannes von Szegedy, Probst und Domherr zu Stein am Anger45 46 David von Csernell, Assessor von der Günser District Tafel47 Cajetan Freyherr von Rehbach, Rittmeister beym FJohenzollerischen Regi­ment48Fabricius Graf von Serbelony, Rittmeister beym FHohenzollerischen Regiment49Johannes Sperger, Tonkünstler bey Graf Ludwig von Erdödy50Anton Mikus, Tonkünstler bey Graf Ludwig von Erdödy51Joseph FHerzog, FHofrichter bey Graf Ludwig von ErdödyEmanuel Freyherr von Stillfried, Privat KavalierMartin Schlesinger, Tonkünstler bey Graf Ludwig von Erdödy5245 Weikhard Konrad Graf Trautmannsdorff 1 785 - 1 790 Mitglied der Loge „Verein­

igte Herzen" in Graz.Johann von Szegedy (1741 1806) stammte aus Güns, wo er auch das Gymna­sium besuchte. Anschließend studierte er in Tyrnau und in Wien (Jus) und emp­fing 1760 in Kalocsa die Priesterweihe. Hier wurde er Zeremoniär des Erzbi­schofs von Gran, Joseph Batthyäny. Ab 1769 war er Pfarrer von Rechnitz, dann Dechant, 1777 Kanonicus im Domkapitel von Steinamanger und schließlich 1 780 Domprobst. 1 791/92 war er Mitglied der Loge „Zum guten Rat" in Varazdin. David von Chernel (gest. 1808) entstammte einer protestantischen Familie, trat aber bei seiner Heirat mit einer katholischen Hofdame Maria Theresias zur katholischen Kirche über. 1 777 1 785 und dann wieder ab 1 790 war er Asses­sor bei der Distriktual-Tafel in Güns, deren Vorsitzender er 1799 wurde. Kajetan Freiherr von Rehbach entstammte einem alteingesessenen Adelsge­schlecht aus Kärnten-Krain. Als Sohn des K. k. Feldmarschall-Leutnants und Rit­ters des Maria-Theresien-Ordens, Maximilian Freiherr von Rehbach, betrat er die militärische Karriere und war 1785 Rittmeister im Kürassier-Regiment „Friedrich Anton Hohenzollern-Hechingen", das seine Garnison 1 779 in Güns und 1 787 in Steinamanger hatte.Fabricius Graf Serbelloni (gest. 1800) 1771 Rittmeister im Karabinier-Regiment Nr. 1 „Herzog Albert von Sachsen-Teschen", 1777 Major. Wechselte 1789 zum Kürassier-Regiment „Friedrich Anton Fürst Hohenzollern-Hechingen" In den Kriegen gegen Napoleon avancierte er 1793 zum Oberstleutnant und 1797 zum Oberst und Regimentskommandeur. 1800 zum Generalmajor befördert. Johannes Sperger (1750 1812), Kontrabassist und Komponist, war 1777 bis1 783 in der erzbischöflichen Kapelle in Preßburg tätig. Schon im Mai 1 783 ist er durch eine eigenhändige Widmung in Kohfidisch nachweisbar, wo er bis Sep­tember 1786 wirkte und zahlreiche Werke komponierte, darunter einen vier­stimmigen Chor zur Feier des Namenstages des Grafen im Jahr 1784 und den undatierten Freimaurerchor „Auf ihr Brüder, ergreifet gefüllte Pokale" für Sopran, Tenor und Bass mit Instrumentalbegleitung.Anton Mikus spielte in der Preßburger Kapelle des Grafen 1781 bis 1783 Violine und folgte diesem nach Kohfidisch. Nach dem Tod von Ludwig Graf Erdödy trat er, wie einige seiner Kollegen in den Dienst von Joseph Graf Erdödy, wo er wahr­scheinlich bis 1814 blieb.

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Nicolaus Mestrino, Tonkünstler bey Graf Ludwig von Erdödy Paul Torma, Secretair bey Graf Ludwig von Erdödy Im Range von Gesellen waren:Michael von Zarka, Notarius bey der Günser Districts Tafel52 53 Anton Graf Batthyäny, Privat Kavalier54 Joseph Freyherr von Ott, Privat Kavalier Im Range von Lehrlingen waren:Johannes Stradler, Rathsverwandter bey der Königl. Freystadt Güns Anton Annibal, Secretair bey Graf von Fesztetits Johannes Melany, Kammerdiener bey Graf von Fesztetits Anton von Vaida, Assessor des Eisenburger Komitats Stephan von Szanislo, Fiskal bey Graf Ludwig von Batthyäny Michael Legrath, Tonkünstler bey Graf Ludwig von Erdödy Als „Abwesende Brüder" wurden folgende Brüder (alle im Range von Mei­stern) genannt:Gottlieb Freyherr von Schmerzing, K.k. Kammerherr und Obrist bey Nassau Conrad Freyherr von Einsiedel, Obrister beym Jakminischen Regiment55 Ferdinand Graf von Laurencin, Rittmeister beym 2ten Carabinier Regiment Maximilian Freyherr von Calisch, Privat Kavalier56 Friedrich Freyherr von Calisch, Privat KavalierCarl Freyherr von De FHojer, Rittmeister beym 2ten Carabinier Regiment52 Martin Schlesinger (1751 1818), von den Zeitgenossen als Violinvirtuose

gepriesen, war Violin-Konzertmeister beim Kardinal-Erzbischofs Joseph Batthyä­ny und anschließend bis Anfang 1784 Musikdirektor beim Grafen Grassalkovics in Preßburg. Dann trat er in den Dienst von Ludwig Graf Erdödy bis kurz vor des­sen Tod im Jahre 1 793, wo er als Kammermusiker zu Graf Joseph Erdödy wech­selte und bis zu seinem Tod verblieb.Nikolaus Zarka (gest. 1828) war bis 1787 Notarius bei der Distriktualtafel in Güns. Ab 1790 Mitglied dieses Appelationsgerichtes und ab 1824 dessen Vorsit­zender.Anton Graf Batthyäny (1762 - 1828)Karl Freiherr von Einsiedl (der im Dokument genannte Vorname „Conrad" dürfte eine fehlerhafte Zuordnung sein) entstammte dem sächsischen Adel. Er diente 1777 als Oberstleutnant beim Karabinier-Regiment Nr. 1 „Herzog Albert vo Sachsen-Teschen" 1782 1789 war er Oberst und Regimentskommandeur desKürassier-Regiments „Heinrich Freiherr von Jacquemin", das 1780 - 1788 seine Garnison in Nagy Kanizsa hatte.Maximilian Freiherr von Calisch war Kaiserl. Rat und Assessor des Consistoriums der Augsburger Confession. Er war 1786 Mitglied der Loge „Zur neugekrönten Hoffnung" und dann der Loge „Zur Verschwiegenheit" in Wien, die ab 1 788 die Funktion einer Provinzialloge von Österreich der Schottischen Hochgradlogen wahrnahm. Er war ihr erster Provinzial-Großmeister. (Siehe Brauneis, Walter: Die Wiener Freimaurer unter Kaiser Leopold II. - Wien. S. 124)

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Joseph Graf von Nimpsch, Rittmeister beym 2ten Carabinier Regiment57 Carl Freyherr von Rehbach, Obrister bey Anspach58Siegfried Freyherr von Kospoth, Obrister beym 2ten Carabinier Regiment59 Leopold Graf von Herberstein, Lieutenant beym 2ten Carabininier Regiment Mauritius Graf von Kavanagh, Kaiserl. Königl. Generalmajor60 Franz Graf von Hoditz, Obrister beym 1ten Carabinier Regiment61 Joseph Graf von Klebelsberg, Rittmeister beym 2ten Carabinier Regiment Johann Balthasar Marsfeld, Rittmeister beym 2ten Carabinier Regiment Als „von der Loge abgegangen" wurden folgende Meister angeführt:Franz Graf von Secseny, K.k. Kammerherr und Königl. Komissair in demFünfkirchner Bezirk62Johannes Kretschmayer, ArchitektKarl Mak, Kaiserl. Königl. Lieutenant63Franz Kugler, Gewester Haushofmeister bey Graf Ludwig von Erdödy64

57 Joseph Graf Nimptsch (1755 - 1838) besuchte die Theresianische Militärakade­mie in Wiener Neustadt und wurde 1772 Leutnant dann Rittmeister beim Kara­binier-Regiment Nr. 2 „Erzherzog Franz" mit dem er am Türkenkrieg 1788/89 teilnahm. Im Krieg gegen Frankreich bzw. Napoleon erwarb er in den Schlach­ten an der Trebbia und bei Novi das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien- Ordens und wurde 1800 zum Generalmajor befördert. 1808 Feldmarschall-Leut­nant, 1827 General der Kavallerie.Karl Freiherr von Rehbach (Bruder von Kajetan Freiherr von Rehbach) war Oberstleutnant beim Karabinier-Regiment Nr. 2 „Michael Graf Althan" und wurde 1778 Oberst im Kürassier-Regiment „Markgraf Christian Friedrich An­spach", dessen Regimentskommandeur im Range eines Oberst er 1783 - 1790 war. Siegfried Freiherr von Kospoth. Offizier des Karabinier-Regiments Nr. 2, wo er ab 1 783 als Nachfolger von Oberst Moritz Graf Kavanagh bis 1 790 Regimentskom­mandeur war. Während des Türkenkrieges 1793 zum General ernannt.Moritz Graf Kavanagh von Ballyane (gest. 1802) Offizier im Dragoner-Regiment Graf Althan, dann als Oberstleutnant zu dem 1768 im Raum Ödenburg aufge­stellten Karabinier-Regiment Nr. 2 „Michael Graf Althan" versetzt, wo er 1773 -1783 Regimentskommandant war. 1783 General, dann Feldmarschall-Leutnant und ab 1786 Inhaber der Kürassier-Regiments Nr. 4.Franz Graf Hoditz war 1777 Major ein Jahr später Oberstleutnant im Kürassier- Regiment „Joseph Graf DWyasasa" (ab 1 779 „Heinrich Freiherr von Jacquemin")1784 - 1790 Oberst und Regimentskommandeur im Karabinier-Regiment Nr. 1 „Herzog Albert von Sachsen-Teschen" 1 790 Generalmajor.Franz Graf Szechenyi (1 754 - 1 820) wurde 1 776 Mitglied der Districtual-Tafel für Westungarn in Güns, dann Vorsitzender der Banaltafel für Kroatien und 1783 Stellvertreter des Banus von Kroatien. 1789 Obergespan des Komitats Somogy. Unsterblichen Ruhm erwarb er sich durch die Stiftung seiner umfangreichen Kunst- und Büchersammlung „an die Nation", womit er zum Begründer des Ungarischen Nationalmuseums und der Nationalbibliothek in Budapest wurde.

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Ignatius Pöckh, Doktor MedicinaeGeorg Graf von Nitzky, Kaiserl. Königl. Kammerherr und Obergespan im Veröczer Korn ¡tat63 * 65Ein „von der Loge abgegangener" Lehrling:Ignatius PleiI, Compositeur bey Ladislaus Graf von Erdödy66 Als „Dienende Brüder" wurden angeführt:Anton Dietz (Geselle), In Diensten bey Graf Ludwig von Erdödy Johannes Ruklinsky (Lehrling), In Diensten bey Graf Karl von Pejacsevics In der letzten Zeit verstarben die Meister:Karl von Sziltz, Abt zu Jaak und Domherr zu Stein am Anger67 Maximilian Takats, Secretaire bey Graf Ludwig von Erdödy Wie man auf dem abschließenden Vermerk68 über die Briefadresse der Loge ersehen kann, tagte die Loge damals schon im neu erbauten Schloss des63 Karl Mack, später Freiherr von Leiberich (1 752 - 1 828) kam als Fourier zum Kara­

binier-Regiment Nr. 2 „Michael Graf Althan", wurde 1773 Offizier und nahm im Range eines Oberleutnants (seit 1777) als Adjutant von Feldmarschall Lacy am Bayrischen Erbfolgekrieg teil. 1786 geadelt, war er Flügeladjutant Kaiser Joseph II. im Türkenkrieg 1789/90 und bewährte sich 1792/93 in den Niederlanden, wofür er zum General ernannt wurde. Er kommandierte 1798 die neapolitani­sche Armee und 1805 die österreichische Armee am Rhein, musste aber mit die­ser am 20. Okt. 1805 bei Ulm vor Napoleon kapitulieren. Wegen dieser „Schmach" wurde er 1806 von einem Kriegsgericht zu 8 Jahren Gefängnis ver­urteilt, dann von Kaiser Franz I. auf 2 Jahre begnadigt und schließlich 1819 reha­bilitiert.Bei ihm wurde handschriftlich hinzugefügt: „derzeit Polizeivertrauter in Wien" Georg Graf Niczky (gest. 1804). K. k. Kämmerer und 1779 1803 Obergespandes Komitates Veröcze in Slawonien; er wechselte vor 1 785 zur Loge „Zur Wach­samkeit" in Esseg.Ignaz Pleyel (1 757 1 831) Musiker und Komponist. 1 772 1 777 war er SchülerJoseph Haydns und im Konzert- und Opernbetrieb in Eisenstadt und Eszterhäza eingebunden, dann Kapellmeister beim Grafen Ladislaus Erdödy. 1783 zweiter, 1789 erster Kapellmeister am Straßburger Münster. 1792 ging er nach London, 1 795 nach Paris und eröffnete eine Musikalienhandlung, 1807 eine Klavierfabrik, die unter seinem Sohn Weltgeltung erlangte. Er komponierte 60 Sinfonien, mehr als 60 Streichquartette, Klaviermusik, Lieder und zwei Opern. Neueren For­schungen gemäß soll er auch der Komponist der „Marseillaise", die 1795 zur französischen Nationalhymne wurde, gewesen sein.Karl von Sziltz (1737 1785) entstammte einer adeligen Familie, sein Vater war„Supremus belli Commissarius" in Gran. Er trat 1753 in den Piaristenorden ein und wurde 1760 zum Priester geweiht. 1765 wurde er Erzieher bei der Familie des Grafen Johann Erdödy, dann Professor am Theresianum in Väc. 1 769 bis 1779 war er Hofkaplan und Erzieher bei der Familie des Ungarischen Hofkanz­lers Graf Franz Esterhazy. Er wurde später zum Probst von Rätot, 1 779 zum Titu- larabt von Jak und 1 782 zum Domherrn von Steinamanger ernannt.

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Grafen Ludwig Erdödy in Kohfidisch, das Johann Matthias Korabinsky in sei­nem berühmten Werk „Geographisch-Historisches und Produkten Lexikon von Ungarn" (Preßburg 1 786) als „ n e u e rb a u e t... 4 2 K la fte r in d e r L ä n g e u n d 3 Etagen h o c h , n a c h d e m n e u e ste n G e s c h m a c k , p rä c h t ig g e m a h lt u n d ta p e ­z ie r t u n d m it k o stb a re n M o e b e ln v e rs e h e n " beschreibt. Wie oft man in der nachfolgenden Zeit hier zusammenkam, ist auf Grund der fehlenden Nach­richten nicht bekannt. Uns ist lediglich ein Schreiben vom 6. November 1785 bekannt, das die Führung der Loge uzw. der Meister vom Stuhl, Graf Erdödy, sein Deputierter Meister, Graf Waldstein, und der Sekretär der Loge, Jakob Eysert, unterschrieb und an den Großmeister Fürst Dietrichstein-Pro- skau schickte.68 69 Hier hieß es: „ D ie e rh a b e n ste u n se re r m a u re r is c h e n V er­p f l ic h tu n g e n , V e ru n g lü c k te z u retten, flö ß te u n s d as b rü d e r lic h e Z u tra u e n e in , d e n H o c h w ü r d ig e n G ro ß m e is te r u n d a lle e in z e ln e n M itg lie d e r d e r S e h r e h rw ü rd ig e n L o g e , w e lc h e S ie z u re g ie re n h a b e n , fü r u n se re n d ü rftig e n M it­b ru d e r Jo h a n n e s v o n S ze le sty , M it le id u n d U n te rs tü tzu n g z u erb itten . D ie s e r M a n n , d e r se it s e in e r Ju g e n d s ic h d e m a lle rh ö c h s te n D ie n s t g e w id m e t u n d le t z t lic h a ls A s s e s s o r b e i d e r G ü n s e r D is tr ic tu a l-T a fe l a n g e ste llt w ar; n u n a b e r b e i d e r n e u e n R e g u la t io n s e in e r M a jestä t a lle r D ic a s te r ie n o h n e P e n ­s io n a lle rg n ä d ig st e n tla sse n w o rd e n . A u c h d u rc h d re im a lig e b e k a n n te F e u ­e rsb ru n st d e r S ta d t G ü n ß u n d n o c h a n d e re w id r ig e Z u f ä l le in S c h u ld e n v e r­fa lle n , fo lg lic h w id e r s e in V e rs c h u ld e n in m ü h s e lig e u n d d ü rftig e U m stä n d e g e ra te n ist. G a n z v e r z a g e n d o h n e A u s s ic h t e in ig e r R e ttu n g , n a h m e r in d ie ­s e r s c h a u d e rn d e n La g e s e in e Z u f lu c h t z u u n s, se in e n B rü d e rn , u n d le c h z te u m H ilfe . U n s e re L o g e ist z u a rm u n d w ir z u u n v e rm ö g e n d ih m s e in e b e trü b te n U m stä n d e le id l ic h e r z u m a c h e n . W ir e rs u c h e n a lso s e h n lic h s t je d e n g e fü h lv o lle n M au rer, d ie s e m m it B e ih ilfe z u b e g lü c k e n . D e r h ö c h ste B a u m e is te r d e s W e lta lls w o lle je d e m s e in e r g ü tig e n W o h ltä te r se g n e n . W ir a b e r e m p fe h le n u n s d e r fe rn e n b rü d e r lic h e n L ie b e , u n d g e h ö re n m it a lle r m ö g lic h e r A c h t u n g H o c h w ü r d ig e r G ro ß m e is te r L u d w ig G ra f E rd ö d y Ja c o b Eysert, Secr.O tto G r a f W a ld ste in 06.11.5785"

Der Aufschwung der Freimaurerei im „josephmischen Österreich" war aber nicht nur durch eine große Zahl von Logen-Neugründungen geprägt, son­dern auch durch abenteuerliche, ja skurrile Nebenerscheinungen, die dann durch einzelne Skandale ans Tageslicht gebracht, die Freimaurerei in der

68 Es heißt hier: „Die an uns erlassende Schreiben ersuchen wir Sie unter folgender Aufschrift einzusenden: A Monsieur le Comte Louis d' Erdödi, Chambelain actuel de Sa. Mste. Imp. Royal Apostol. pr. Vien, Oedenbourg, Güns ä Fidisch."Archiv der Großloge von Österreich, Wien. Aktennummer 65a/2

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öffentlichen Meinung ins schiefe Licht setzten. Wie stark der Hang zu Mysti­zismus, Wunderglauben und Geheimniskrämerei die zwar „aufgeklärte", aber der Aufklärung bereits wieder überdrüssige Gesellschaft prägte und die verschiedensten esoterischen Strömungen mit ihren theosophischen, aber auch alchimistischen oder okkulten Weisheitslehren und Praktiken bereits erfasst hatte, schildert Henriette Louise Baronin Oberkirch in ihren berühm­ten Memoiren: „Das E n d e d e s 18. Ja h rh u n d e rts ist g e k e n n z e ic h n e t d u rc h e in e g e ra d e z u u n b e g re if lic h e n C h a ra k te r d e r V o rlie b e fü r d as W u n d e rb a ­r e .. .S ic h e r lic h w a re n n ie m a ls z u v o r d ie R o s e n k re u z e r ; d ie G e h e im m e is te r ; d ie P ro p h e te n u n d je n e , d ie s ic h ih n e n a n s c h lo s s e n , so z a h lr e ic h u n d se lb s t b e i d e n e rn ste re n M e n s c h e n b e a ch te t. D ie G e s p rä c h e d re h te n s ic h fast n u r n o c h u m A lc h im ie , M e s m e r is m u s u n d G e is te re rs c h e in u n g e n ." Ähnlich schrieb auch August Friedrich Goue in seiner Schrift „Über das Ganze der Maurerey": „ H ie r in W ie n f in d e st d u L o g e n vo n d e r str ik te n , d e r la ten [d .h . g e m ä ß ig te n ] u n d d e r b e r l in e r is c h e n O b s e r v a n z , p ra k t is c h e , c h e m is c h e , m a g is c h e . . .D u m u ß t w isse n , d a ss in W ie n d a ra u f g e se h e n w ird , o b m a n vo n C h e m ie z u re d e n w e iß . Je d e r M e n s c h v o n g u te m T o n e h at s e in L a b o ra to r iu m u n d s e in e a lc h im is t is c h e B ib lio t h e k ." Auch Leopold Alois Hoffmann meinte 1 786 in einem der „Briefe eines Biedermannes an einen Biedermann ueber die Freymaurer in Wien", „d a ss es in je d e r L o g e G o ld m a c h e r ; G e is te s b e ­s c h w ö re r u n d so g a r S c h a tz g rä b e r g ie b t ...E s g ie b t a b e r n ic h t b lo s T h o re n , s o n d e rn a u c h B e trü g e r u n te r ih n e n , d ie ic h fast w ir k l ic h e G o ld m a c h e r n e n ­n e n m ö c h te , w e il s ie s ic h a u f K o ste n d e r L e ic h tg lä u b ig e n z u b e re ic h e rn w is ­se n . //7°Das Unbehagen über diese Entwicklung brachte es mit sich, dass eine Grup­pe von besonnenen Männern um den Großmeister Fürst Dietrichstein-Pro- skau nach einer Reform und Einigung der in jeder Richtung ausufernden Logen drängte. Dies griff dann auch Kaiser Joseph II. auf, dem schon länger geheime Treffen nationaler Gruppen unter dem Deckmantel der Freimaure­rei insbesondere in den Niederlanden, Böhmen und Ungarn ein Dorn im Auge waren. Die Freimaurerei sollte überblickbar und überwachbar sein und von Leuten geführt werden, die dem Kaiserhaus und seinen Intentionen unbedingt loyal folgten. So erließ er am 11. Dezember 1 785 ein „allerhöch­stes Handbillet", das die Freimaurerei in seinem Staat neu organisieren soll­te und das in den nächsten Wochen - als Zirkular der einzelnen Landesre­gierungen verbreitet Gesetzeskraft erlangte. „Da n ic h ts o h n e e in e r g e w is ­se n O rd n u n g u n d L e itu n g in e in e m w o h lg e o rd n e te n Staate b e ste h e n s o l l" u n d „ V e rs a m m lu n g e n , w e n n s ic h s e lb s t ü b e rla sse n u n d u n te r k e in e r L e itu n g s in d , in A u s s c h w e ifu n g e n a usa rten , d ie fü r d ie R e lig io n , O rd n u n g u n d S it ­te n .. .v e rd e rb lic h se y n k ö n n e n " habe er sich so schrieb Joseph II. ent-70 Vgl.: Brauneis, Walter: Die Wiener Freimaurer unter Kaiser Leopold II. S. 118

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schlossen, eine Freimaurerordnung zu erlassen, vor allem um „ G a u k e le y e n " und „ G e ld s c h n e y d e r e i" zu verhindern. Der Kaiser anerkannte zwar, „ d a ss v o n d ie s e n F re y m ä u re rv e rsa m m lu n g e n d e n n o c h w ir k lic h e in ig e s G u te s fü r d e n N ä c h s te n , fü r d ie A rm u th u n d d ie E rz ie h u n g s c h o n ist g e le is te t w o rd e n " , meinte aber, dass es notwendig sei, die Zahl der Logen drastisch zu beschränken und auf die Hauptstädte der einzelnen Provinzen und Länder zu konzentrieren, wobei sie unter staatliche Oberaufsicht gestellt werden sollten. Es sollte aber „ in k e in e r K re is s t a d t . .n o c h w e n ig e r a u f d e m L a n d e , o d e r b e i e in e m P a rt ik u lie r a u f se in e m S c h lo s s e gestattet s e y n , d e rg le ic h e n F re y m ä u re rg e se llsc h a fte n h in fü ro a b z u h a lte n ." Zuwiderhandelnde wurden mit Strafen bedroht „ d e r a u f d ie H a z a r d s p ie le p a te n tm ä ß ig b e ste h e t."Damit war automatisch bald nach Jahresbeginn 1786 das Ende für die Loge „Zum goldenen Rad" gekommen. Die meisten ihrer Mitglieder dürften sich damit abgefunden haben. Nur einzelne, wie Philipp Graf Starhemberg, der noch 1 790 als Mitglied der Wiener Loge „Zur neugekrönten Hoffnung" aufscheint, fanden den Weg in die neuen Logen der Hauptstädte des Rei­ches. In Ungarn gab es in weiterer Folge nur mehr Logen in Buda, Pest, Agram (Zagreb) und Karlstadt (Karlovac).

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