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Seite: 1 1 Die klinischen EPO-Experimente von Carsten Lundby als An- lass für transdisziplinäres Arbeiten Giselher Spitzer Das klinische Epo-Experiment von Carsten Lundby und Urin-Dopingtests Am 7. Mai 2009 hat das am Institut für Sportwissenschaft beheimatete Teilpro- jekt der Humboldt Universität nach Abstimmung mit den TU-Partnern eine Auf- taktveranstaltung für das auf drei Jahre angelegte Projekt „Translating Dopingan der Alma Mater Beroliensis durchgeführt. Wir haben uns für eine klinische Studie aus der medizinischen Forschung entschieden, die keine direkte Berüh- rung zum Sport aufwies. Prof. Dr. Carsten Lundby vom Copenhagen Muscle Re- search Center hat eine vielbeachtete Untersuchung zu den Wirkungen sowie Nachweis des Peptidhormons „Erythropoietin” vorgelegt. „Epo“, so der sprechba- re Kurzname, ist nun nicht irgendeine Substanz, die zur Leistungssteigerung missbraucht wird. Im Gegenteil ist das wohl bedeutsamste Dopingmittel der letz- ten 15 Jahre. Die unabhängige Studie von Lundby erschien uns besonders geeig- net, um neben der Aneignung der naturwissenschaftlichen Aspekte die Vielfalt der angestrebten Übersetzungsleistungen zu demonstrieren. Die Ergebnisse der Auftaktveranstaltung haben darüber hinaus viele Anregungen in Richtung medizinischer und juristischer, aber auch ethischer Überlegungen ge- geben. Das HU-Teilprojekt hat deshalb einen halbtägigen Workshop unter dem Titel „Eine neue Kontrollkultur in der Dopingbekämpfung?“ konzipiert und durch- geführt. Am 9. Juli 2009 fand dann aus natur-, rechts- und sportwissenschaftli- cher Sicht eine kritische und zugleich fruchtbare Aneignung des Diskurses über verpflichtende Bluttests statt. Sie ergab sich aus der von Lundby aufgezeigten Problematik um die von ihm belegte Schwäche des Standard-Testverfahren durch Urinuntersuchung. Der Forscher, Prof. Dr. Carsten Lundby vom Copenhagen Muscle Research Center (jetzt Zürich), ist in seiner Freizeit begeisterter Radsportler im Amateurbereich und sensibel für Fragen des Dopings. Er ist aber in seinem Beruf weder mit den akkreditierten WADA-Laboren verbunden noch gar Konkurrent. Im Gegenteil ist er Nutzer, da er jährlich viele klinische Experimente mit der Wirkung des Peptid- hormons „Erythropoietin” (die gebräuchliche Abkürzung lautet „Epo“) auf Blut und Kreislauf durchführt. Hierzu bedient er sich zur Auswertung eben der WADA- akkreditierten Labore, mit denen er aufgrund ihrer Expertise Verträge über Dienstleistungen abschließt. Die Forschungsgruppe der HU hat sich aus drei Gründen heraus für Lundbys Ansatz entschieden. Lundby konnte zugleich neue naturwissenschaftliche Ergebnisse zu einem dopingrelevanten Thema als auch wichtige Hinweise zu möglichen Fehlstellen in der Dopingdetektion vorlegen. Als dritter Aspekt sind aus ethischer Sicht viele Aspekte durch die Forschungsgruppe an der TU aufzuarbeiten. Lundby selbst arbeitet in einer Forschergruppe, die wiederum mit internationalen Experten aus dem Bereich der Epo- und Doping-Forschung vernetzt sind: Bengt Saltin (DK), José AL Calbet (E), Paul Robach (F),

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Die klinischen EPO-Experimente von Carsten Lundby als An-lass für transdisziplinäres Arbeiten

Giselher Spitzer

Das klinische Epo-Experiment von Carsten Lundby und Urin-Dopingtests

Am 7. Mai 2009 hat das am Institut für Sportwissenschaft beheimatete Teilpro-jekt der Humboldt Universität nach Abstimmung mit den TU-Partnern eine Auf-taktveranstaltung für das auf drei Jahre angelegte Projekt „Translating Doping“ an der Alma Mater Beroliensis durchgeführt. Wir haben uns für eine klinische Studie aus der medizinischen Forschung entschieden, die keine direkte Berüh-rung zum Sport aufwies. Prof. Dr. Carsten Lundby vom Copenhagen Muscle Re-search Center hat eine vielbeachtete Untersuchung zu den Wirkungen sowie Nachweis des Peptidhormons „Erythropoietin” vorgelegt. „Epo“, so der sprechba-re Kurzname, ist nun nicht irgendeine Substanz, die zur Leistungssteigerung missbraucht wird. Im Gegenteil ist das wohl bedeutsamste Dopingmittel der letz-ten 15 Jahre. Die unabhängige Studie von Lundby erschien uns besonders geeig-net, um neben der Aneignung der naturwissenschaftlichen Aspekte die Vielfalt der angestrebten Übersetzungsleistungen zu demonstrieren.

Die Ergebnisse der Auftaktveranstaltung haben darüber hinaus viele Anregungen in Richtung medizinischer und juristischer, aber auch ethischer Überlegungen ge-geben. Das HU-Teilprojekt hat deshalb einen halbtägigen Workshop unter dem Titel „Eine neue Kontrollkultur in der Dopingbekämpfung?“ konzipiert und durch-geführt. Am 9. Juli 2009 fand dann aus natur-, rechts- und sportwissenschaftli-cher Sicht eine kritische und zugleich fruchtbare Aneignung des Diskurses über verpflichtende Bluttests statt. Sie ergab sich aus der von Lundby aufgezeigten Problematik um die von ihm belegte Schwäche des Standard-Testverfahren durch Urinuntersuchung.

Der Forscher, Prof. Dr. Carsten Lundby vom Copenhagen Muscle Research Center (jetzt Zürich), ist in seiner Freizeit begeisterter Radsportler im Amateurbereich und sensibel für Fragen des Dopings. Er ist aber in seinem Beruf weder mit den akkreditierten WADA-Laboren verbunden noch gar Konkurrent. Im Gegenteil ist er Nutzer, da er jährlich viele klinische Experimente mit der Wirkung des Peptid-hormons „Erythropoietin” (die gebräuchliche Abkürzung lautet „Epo“) auf Blut und Kreislauf durchführt. Hierzu bedient er sich zur Auswertung eben der WADA-akkreditierten Labore, mit denen er aufgrund ihrer Expertise Verträge über Dienstleistungen abschließt. Die Forschungsgruppe der HU hat sich aus drei Gründen heraus für Lundbys Ansatz entschieden. Lundby konnte zugleich neue naturwissenschaftliche Ergebnisse zu einem dopingrelevanten Thema als auch wichtige Hinweise zu möglichen Fehlstellen in der Dopingdetektion vorlegen. Als dritter Aspekt sind aus ethischer Sicht viele Aspekte durch die Forschungsgruppe an der TU aufzuarbeiten.

Lundby selbst arbeitet in einer Forschergruppe, die wiederum mit internationalen Experten aus dem Bereich der Epo- und Doping-Forschung vernetzt sind:

• Bengt Saltin (DK), • José AL Calbet (E), • Paul Robach (F),

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• Robert Boushel (CAN), • Maria Koskolou (GR), • Maria Lönnberg (S).

Lundby untersucht Menschen, um das Verhalten des Blutes im Sinn von biomedi-zinischer Grundlagenforschung zu bestimmen. Epo-Zuführung ist dabei ein Mittel, um die Verhältnisse besser zu verstehen. Im Vortrag werden dann auch beide Aspekte deutlich. Für die Berliner Präsentation lag dabei der Akzent auf der Do-pingwirkung und Testproblemen.

Lundbys Vortrag in Berlin war überschrieben: „Erythropoietin und Doping“. Lund-by gliederte ihn in fünf Abschnitte.

(A) Wie steigert Epo den Hämatokrit-Wert?

(B) Wie steigert Epo die sportliche Leistungsfähigkeit?

(C) WADA-Epo-Nachweisverfahren mit Hilfe von Urin.

(D) Andere Vorschläge für Test-Verfahren.

(E) „Was soll geschehen?”

Die folgende Zusammenfassung folgt der Gliederung, wobei Ergänzungen und Kommentare in Klammer zugesetzt werden (G. Sp.).

Ausschnitte aus der Diskussion greifen einige Inhalte noch einmal auf.

(A) Wie steigert Epo den Hämatokrit-Wert?

Die Arbeitsgruppe um Lundby untersuchte in diesem Fall die Auswirkungen von Epo auf das Blut und die Leistungsfähigkeit von gesunden, ausdauertrainierten Männern. Es ging nicht um Sport oder Dopingnachweistechniken, sondern es handelte sich um Grundlagenforschung.

Abb. 1: Proband mit Herzkatheter. Folie 16, Ausschnitt.

Die Studie wurde mit Freiwilligen durchgeführt. Diese erhielten für 3½ Monate Epo nach genauem Plan und unter Einhaltung aller in Dänemark geltenden Vor-schriften zum Gesundheitsschutz der Probanden injiziert. Dazu zählt beispiels-weise eine Nachsorge sowie eine finanzielle Absicherung im Falle einer durch die Experimente verursachten Schädigung. Experimente wurden vor, während und 3 Wochen nach der Zuführung des Epo durchgeführt. Die Versuchspersonen (im weiteren VP) waren sämtlich männlichen Geschlechts. Damit sollten die durch den Zyklus bei Frauen verursachten Hormonschwankungen ausgeschlossen wer-den.

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Die Injektionen erfolgten in der ersten August-Hälfte mit zunächst 10 schnell hin-tereinander folgenden sowie danach bis Mitte November in gleich bleibenden Ab-ständen 9 weitere Injektionen mit jeweils 5.000 Internationalen Einheiten („IU“) rHuEpo (durch gentechnische Verfahren gewonnenes „recombinant Human Epo“; Folie 4).

Die ersten vier Messdaten zum Hämatokrit-Wert (englisch: htc) stellen den un-beeinflussten Basiswert dar: „Base line“. Dieser Wert des Anteils roter Blutkör-perchen am Blut wird in Prozent gemessen. Er liegt wie in diesem Sample um 42 %, was für trainierte Sportler ein normaler Wert ist. Die Arbeitsgruppe um Lund-by wollte danach den Anstieg des Hämatokrit-Wertes messen.

Das Experiment führte zu einer dauerhaften Erhöhung des Hämatokrit, die sogar über die gesamte Laufzeit des Experimentes anhielt. Sie ist deutlich aus Folie 5 abzulesen. Die bedeutsame Wirkung folgt umgehend der ersten Spritze und ver-deutlicht das Missbrauchspotential dieses Peptidhormons eindrucksvoll. Zu jedem Zeitpunkt der 15 Wochen Testperiode liegt der Hämatokrit-Wert damit höher als vorher.

Dies ist aus biowissenschaftlicher Sicht bemerkenswert: Es gibt offensichtlich keinen Regelmechanismus des Körpers, der trotz Injektionen (also Überangebot an Steuerhormon zur Blutbildung) eine Normalisierung des Hämatokrit bewirken könnte.

Inwieweit im Gegenteil die später wieder körpereigene Produktion des Epo für die lebenserhaltenden und der Anpassung an die Umwelt dienenden Steuervorgänge gestört werden, war nicht Bestandteil der Studie. Lundby nimmt jedoch an, dass die relativ kurz bemessene und niedrig dosierte Zuführung von Epo das endokri-ne Systeme seiner Probanden wenig belastet hat. Bei Daueranwendung ähnlich dem Beispiel der Ratte seien wohl Schäden zu erwarten.

Abb. 2: Folie 5, Ausschnitt.

Ein weiterer Mechanismus konnte aufgedeckt werden. Der Anstieg des arteriellen Sauerstoff-Gehaltes wird von einer Reduktion des Plasmas begleitet bzw. ermög-licht: Das Blut-Plasma-Volumen nimmt unter Epo-Einfluss dauerhaft ab. Trotz dieser veränderten Zusammensetzung mit bedeutend mehr Sauerstoff bleibt das Blutvolumen interessanterweise in den 11 Wochen des Experiments unverändert (Folie 8 und 9).

Zur Bestimmung des Volumens der roten Blutkörperchen wurde die Methode verwendet, nach der die Probanden ihre Atemluft wieder einatmeten (Kohlenmo-

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noxid-Rückatmung). Dies geschah vor jeder Injektion und nach 4, 9 und 11 Wo-chen.

Abb. 3: Rückatmung von CO; im Hintergrund ist Carsten Lundby zu sehen. Folie 6, Ausschnitt.

Der Anstieg der roten Blutkörperchen im Blut wurde zum Teil auf das Ansteigen des Volumens roter Zellen zurückgeführt. Der Anstieg (Folie 7) betrug zwischen 10 % und 5 %. Ein weiter Mechanismus, wodurch Epo Sauerstoff in den Arterien bereitstellt, liegt darin, dass das Plasma-Volumen deutlich reduziert wird, wobei das Blutvolumen selbst unverändert bleibt (Folie 8 und 9).

Diese Aspekte der bei allen Versuchspersonen ähnlich verlaufenden Wirkungen führten zur Diskussion des Gesundheitsaspektes. Die Viskosität des Blutes wird um 30 % erhöht (Folie 11). Die durchschnittliche und gesundheitsgefährdende Steigerung des Blutdrucks von 96,7 mm Hg auf 102,0 ist die Folge.

Eine weitere Gesundheitsgefahr besteht in Veränderungen des Bewegungsappa-rates. Nicht gemessen aber aufgrund von Tierversuchen in der Literatur disku-tiert wird die Degeneration der Skelettmuskulatur nach Epo-Injektionen.

Abb. 4: Degeneration der Skelettmuskulatur einer Ratte unter Epo. Folie 13, Ausschnitt.

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(B) Wie steigert Epo die sportliche Leistungsfähigkeit?

Die Hypothese sollte geprüft werden, ob Epo die Vo2max (maximale individuelle Aerobe Leistungsfähigkeit) ausschließlich durch Steigerung der Masse roter Blut-zellen steigert. Dazu wurde in drei Phasen untersucht: Vor jeder Vergabe und nach 13 Wochen.

Die Folien 15 und 16 zeigen, mit welcher Methode die Untersuchungen stattfan-den: Es wurde mit Herzkatheter festgestellt, wie der Blutfluss beschaffen ist. Die VP wurden zunächst mit dem Fahrradergometer belastet; dann wurde nach 2 Stunden Ruhe eine Blutverdünnung (Haemodilution) mit Dextran vorgenommen. Dextrane werden üblicherweise stark verdünnter Lösung als Blutplasma-Ersatzmittel verwendet, da besonders ihr Fließverhalten (Viskosität) dem Blutserum ähnelt und die Funktion des Kreislaufs nicht negativ beeinflusst. Die Verwendung von Dextran erfolgt nicht im Sport, sondern in der Versorgung Kranker, besonders bei plötzlichem Blutverlust oder in der Notfallmedizin.

Im Ergebnis wurde festgestellt: Epo steigert den arteriellen O2-Gehalt – eine Umkehrung erfolgt durch Blut-Verdünnung mithilfe von Dextran-Infusionen.

Abb. 5: Epo steigert arteriellen O2-Gehalt –Umkehrung durch Blut-Verdünnung; vgl. Folie 18.

Die schwarze Linie in der Folie entspricht der sich aus dem Eingangstest erge-benden Erwartung, wenn ohne Epo körperliche Leistungen erbracht werden. Die viel höhere rote Linie zeigt den buchstäblich enormen Einfluss des Epo.

Die blaue Kurve zeigt dann, wie sich die Verdünnung nach der Epo-Beeinflussung auswirkt (Folien 18 und 19). Lundby schließt daraus, dass trotz Erhöhung des Sauerstoffangebots in den Arterien Blutverdünnung zum Ausgangsniveau vor Epo-Vergabe zurückführt.

Die Sauerstoff-Extraktion ist dabei immer gleich, unabhängig davon, ob Epo-Blut mehr Sauerstoff transportiert oder Blutverdünnung weniger Sauerstoff bereit-stellt (Folie 21). Die Sauerstoff-Aufnahme wird durch Epo deutlich gesteigert. Bei Blutverdünnung gibt es jedoch eine Umkehrung.

Der Nutzen für Dopingzwecke wurde von Lundby folgendermaßen erläutert. Missbrauchende Sportler führen ihre Leistung nicht durch Zuführung von Ver-dünnern in das Blut auf das Ausgangsniveau zurückführen. Sie verzichten nicht auf den leistungssteigernden Effekt, sondern nutzen ihn:

Der experimentell nachgewiesene Epo-Effekt (einer geringen Dosierung, G. Sp.) für die submaximale Leistungsfähigkeit ist sehr hoch. Die aktive Nutzung von 80 % des Maximums ist dadurch möglich! Dies ist weit mehr als beim Ungedopten.

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Es ist darauf hinzuweisen: Ausnutzung von 100 % der Leistungsfähigkeit würde totale Erschöpfung nach sich ziehen. 100 % sind ungedopt und nur durch Wil-lensleistung nicht zu erreichen. Das Epo-Doping führt jedoch näher an diese Grenzen heran, als es der regelgerecht trainierende Ausdauerathlet überhaupt könnte. Der Dopinggewinn ist also messbar. In einem anderen Zugriff ist die Er-höhung plastischer nachzuvollziehen. Ausdauersportler müssen für die Zeit des Wettkampfes möglichst hoch belastbar sein. Damit ist der sog. submaximale Be-reich berührt. Die Epo-Wirkung für diese wettkampfrelevante submaximale Leis-tungsfähigkeit liegt demnach bei einem Zuwachs von 54 %, wie von der Arbeits-gruppe bereits 2007 publiziert. Dieser experimentell und unter klinischen Bedin-gungen nachgewiesene extreme Zuwachs entscheidet damit Wettkämpfe von Epo-Abusern mit ungedopten Sportlern.

Die Epo-Wirkung für die submaximale Leistungsfähigkeit kann auf der folgenden Abbildung gezeigt werden: Die “gedopte” Gruppe konnte trotz gleicher Aus-gangswerte vor der Epo-Spritzen die Zeit bis zur Erschöpfung um 54 % verlän-gern.

Abb. 6: Epo steigert die submaximale Leistungsfähigkeit um 54 %; vgl. Folie 24-26.

Diese Epo-Wirkung auf die submaximale Leistungsfähigkeit verläuft mit steigen-dem Hämatokrit-Wert in einer nach links verschobenen und zugleich höher rei-chenden Kurve (rot gestrichelt). Die Kurve verdeutlicht zugleich, dass der Epo-Behandelte bei jedem Hämatokrit immer ein höheres Niveau als vorher ein-nimmt.

Anders gesagt: Die aus der Perspektive des Sports “gedopten” Probanden ver-längerten durch Epo in jeder Phase der Hämatokrit-Steigerung vom Normalwert bis weit über 50 % die Zeit bis zur Erschöpfung deutlich. Die untere Kurve zeigt, dass ohne Epo (also ohne Epo-Doping) kürzere Zeiten festgestellt wurden, die zudem deutlich niedriger lagen.

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Abb. 7: Epo steigert die submaximale Leistungsfähigkeit um 54 %; vgl. Folie 29.

(C) WADA-Epo-Nachweisverfahren mit Hilfe von Urin

Zweifel am aktuellen Standard-WADA-Testverfahren äußerten renommierte For-scher wie Beullens, Delanghe & Bollen (2006) im Journal “Blood” sowie Ashen-den, Varlet-Marie, Lasne & Audran (2006) in “Haematologica”. Mit F. Lasne war unter den Kritikern auch die Miterfinderin des WADA-Urintestverfahrens vertre-ten.

Die Detektion durch den WADA-Epo-Urin-Test wurde in der Serie Lundbys da-durch bestimmbar, als ja alle Probanden durch das Experiment zur Grundlagen-forschung zweifelsfrei im Sportsinn “gedopt”, also unter klinischen Bedingungen mit Epo manipuliert waren. Zur Messung hatte die Forschergruppe Prüfung des Urins nach Standard-WADA-Urintest vertraglich vereinbart.

Abb. 8: Epo-Nachweis durch Testverfahren während der Anwendung durch Labo-re A und B; vgl. Folie 30-32.

Beim ersten Test ohne Epo-Einsatz lieferten beide Labore zutreffend nur negative Ergebnisse. Labor A bewertete am Ende der “Boosting”-Phase – der zweiwöchi-gen Phase, in der verstärkt Epo gespritzt wird –alle 8 Proben als “positiv”. Der Test arbeitete also seiner Bestimmung gemäß.

In der folgenden ebenfalls zweiwöchigen Phase, die mit Erhaltung des Epo-Niveaus beschrieben werden kann (“Maintenance”) sah es schlechter aus. Labor A fand nach der ersten Woche nur noch 4 Fälle und am Ende dieser Phase nur noch 2 Fälle.

In der “Post”-Phase, also nach Abschluss der Epo-Vergabe, war der Hämatokrit zwar immer noch erhöht. Labor A fand aber einige Tage nach der letzten Epo-

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Spritze nur noch 2 positive Fälle der 8 “Gedopten”. Danach konnte Labor A in den restlichen 2 Testwochen keine positiven Ergebnisse mehr feststellen. Die maximale Sauerstoffaufnahme und der Anteil an roten Blutzellen lag am Ende der Experimente noch mehr 5 % unter dem Ausgangswert. Der Hämatokrit war noch über 3 % erhöht.

(D) Alternative Test-Verfahren

Anschließend diskutierte Lundby eine Problemlösung durch Alternativen. Als ers-tes ging er auf den (Langzeit-)Blut-Pass für Athleten ein.

Häufig wird angeregt, die Gesamtmenge des Hob zu messen und Abweichungen als Doping zu bewerten. Eigene und fremde Untersuchungen zeigen jedoch, dass dies keine konstante Größe ist. Die Gesamtmenge Hämoglobin schwankt durch-schnittlich in der Versuchsgruppe um 4.6%.

Abb. 9: Epo-Nachweis durch Gesamtmenge Hb ist unsicher, da dieser um 4.6 % schwankt; vgl. Folie 36.

Auch ein Test einer französischen Mannschaft zeigte starke Schwankungen der Messwerte vor und nach Essen und / oder dem Training (Folie 37).

Trotz dieser starren Relativierung der Bestimmung der Gesamtmenge an Hämog-lobin im Köper eines Athleten im Test-Pool der NADA unterstützte Lundby die An-sätze von Prof. Dr. Walter Schmidt, Bayreuth, der genau diesen Weg mit Unter-stützung der der WADA geht und bislang ähnliche Schwankungsbreiten bestäti-gen konnte. Schmidt geht davon aus, dass – wenn nicht von der Pubertät an sys-tematisch betrogen wurde – das Hämoglobin-Profil im Blut aussagekräftige An-gaben machen dürfte.

Dieser Weg scheint aufgrund der Schwankungen aus Sicht Lundbys vergleichs-weise noch als weniger aussichtsreich, sollte aber weiter verfolgt werden.

Lundby sprach sich aufgrund seiner Experimente – die aus Sicht der Dopingde-tektion ein Neben-, ja Zufallsbefund sind – jedoch als Hauptlösungsweg den Blut-test auf EPO-Basis aus. Die Bluttests können nach Meinung Lundbys und seiner Forschergruppe den Hämatokrit zuverlässiger bestimmen als der WADA-Standard-Urintest.

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(E) „Was soll geschehen?” – Die Schere zwischen großem Dopingnutzen und geringstem Entdeckungsrisiko

Die Konklusion in Lundbys Vortrag verwies auf die dramatische Schere in der Dopingbekämpfung.

Einerseits konnte er belegen:

Epo steigert die maximale Leistung um nahezu 10 % und die submaximale Leistung um über 50%.

Diese exakt und unter klinischen Bedingungen erhobenen Werte ordnen sich in das vorhandene Wissen und die Annahmen zur Wirkung des Epo ein.

Der Wettbewerbsvorteil des Dopers ist in der kurzen Präsentation Lundbys sehr hoch und kann nach der kriminalsoziologischen „rational choice theory“, wie sie von Prof. Rössner vertreten wird. Demnach ist zu erwarten, dass jemand eine Straftat begeht, wenn der erwartete Nutzen größer ist als die angenommenen Kosten: Sollte in der subjektiven Annahme eines Rechtsbrechers das Risiko der Entdeckung geringer zu sein als eine Verhaftung und Verurteilung (ob sport-, vermögens- oder strafrechtlich), so ist keine Abschreckung zu erwarten.

Die Schere öffnet sich bereits mit dem Vortrag Lundbys dadurch, dass neben dem gesicherten Nutzen für Betrüger das Risiko der Entdeckung nachweislich äu-ßerst gering ist, wenn die Kontrolle nicht in der ersten Woche der Erhaltungsdo-sierung (“Maintenance”) erfolgt.

Die Tests in Labor A und B beweisen, dass es sehr schwer ist, mit dem Standard-WADA-Test Epo-Doping nachzuweisen, selbst wenn alle Proban-den nachweislich mit einer Wirkdosis Epo behandelt worden sind (also mit der mindestens zur Erzielung einer therapeutischen Wirkung nötigen Do-sierungen in I.U.).

Die klinischen Bedingungen zeigen nicht nur das hohe Ausmaß an Veränderun-gen der Viskosität des Blutes sondern auch das unerwartet lange Anhalten der Veränderungen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Gesundheitsstörungen einstellen, ist da-mit nach den Arbeiten der Arbeitsgruppe um Carsten Lundby höher als er-wartet.

Die Zukunft des EPO-Dopingnachweises sollte aufgrund der Befunde dieser Stu-die den Weg über das Blut und den Hämatokrit-Wert sowie in zweiter Linie über die Hämoglobin-Menge im Körper gehen.

Dies ist die Botschaft von Carsten Lundby, der zugleich mit gesicherten biomedi-zinischen Daten zeigte, dass der Urin-Test gegen Epo-Doping, wie ihn die Wada bis dahin verwendet, nur zu einem minimalen Teil den betrügerischen Epo-Missbrauch nachweisen kann.

In der überwiegenden Zahl der Fälle bleibt der Urin-Test der WADA sozusagen „blind“. Diese Aussage entspricht auch – wie dargestellt – aktuellen kritischen Äußerungen an diesem Testverfahren.

„Translating Doping – Doping übersetzen“ Gedanken aus Projektsicht: Transparenz und Gesundheitsschutz im dänischen Design

Aus Sicht des Verbundprojektes sind durch Carsten Lundbys Projekt viele Fragen zu stellen. Ob von „Epo-Abuse“ oder im selben Wortsinn verwendet von „Epo-

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Missbrauch“ zu sprechen ist? Diese Frage richtet sich an die Partner aus der Phi-losophie. Aus Sicht der Sportwissenschaft können folgende Argumente vorgetra-gen werden: Das Verdienst der Forschungsgruppe um Lundby besteht nicht nur in der biomedizinisch exakt durchgeführten und den Kenner von Dopingpraktiken beeindruckenden Steigerung der (sportlichen) Leistungsfähigkeit junger Männer im Ausdauerbereich durch EPO. Aus Sicht des Sports – dies sei hier eingefügt – hat das dänische Experiment gezeigt, dass eine Wirkung aus Sicht der Doping-Analytik noch nach Monaten festzustellen ist. Wie lange die extrem leistungsver-zerrende Wirkung der Epo-Injektionen jedoch noch anhält, hat dieses Experiment nicht gezeigt. Das ist kein Makel oder Versäumnis, da vernünftigerweise nicht das Doping, sondern die Veränderungen im Blut das wissenschaftliche Interesse bestimmt haben. Dopingbefunde waren gleichsam ein Nebenprodukt. Insofern ist begründbar, dass es sich nicht etwa um heimliche (Pro-) Dopingforschung däni-scher Provenienz unter dem Deckmäntelchen des Anti-Doping-Kampfes gehan-delt hat. Die in Folie 30 des Vortrages des Schülers des kompromisslos als Kriti-ker von Dopingpraktiken hervorgetretenen Bengt Saltin präsentierte Kurve des Leistungsabbaus lässt vermuten, dass es einige Wochen bis zur Normalisierung dauern dürfte. Die leistungsverzerrende Epo-Dopingwirkung hält als Nebener-gebnis dieser klinisch kontrollierten Studie also sehr lange an; viel länger als bis-her vermutet. Insofern wäre aus sportwissenschaftlicher Sicht eine erste Konse-quenz denkbar und könnte mit den Experten aus Analytik und Dopingrecht disku-tiert werden: Nach dem Modell einer „Schutzsperre“ wegen belegter Erhöhung des Hämatokrit-Wertes wäre dieser Zeitraum zu verlängern, um zugleich Epo-induzierte Vorteile zu minimieren.

Um im Rahmen des Projektes „Translating Doping“ die „Aneignung" dieser na-turwissenschaftlichen Studie zu optimieren, ist der Hintergrund transdisziplinär zu diskutieren. Aus Sicht der Sportwissenschaft sollten zunächst der Kontext und die Wirkungsweise des Erythropoietin bestimmt werden. Das für die Behandlung Nierenkranker entwickelte Peptidhormon „Erythropoietin” wird seit fast zwei Jahrzehnten als extrem wirksame Dopingmethode im Ausdauerbereich miss-braucht. Sein Missbrauchsnutzen wurde durch die anfangs völlig fehlende Nach-weismöglichkeit als Dopingmethode noch erhöht, zumal es gegenüber den bis dahin dominierenden Anabolika keine leistungsmindernde Gewichtserhöhung gab.

Selbst bei ärztlicher Verordnung ist das Präparat sehr teuer. Unter Schwarz-marktbedingungen fallen für einen Monat in der „Boostingphase“ des Dopings vielleicht etwa 5.000 € an. Die Verkaufszahlen legen aus Sicht der Kritiker wie Sandro Donati, Rom, nahe, dass zumindest die Mehrzahl des weltweit produzier-ten Epo für Sportbetrug missbraucht und nicht zu Heilung verwendet wird (Dona-ti 2006).

Manche Schätzungen gehen von über 90 % der Gesamtmenge an rHuEpo aus, das Dopingzwecken dient. Dies gilt neuerdings auch für ähnlich wirkende Mittel wie Cera. Es wird aufgrund seiner höheren Wirksamkeit zudem niedriger dosiert und ist deshalb noch schwerer nachweisbar als Epo.

Erstaunlicherweise liegt Epo seit der Markteinführung der genproduzierten Vari-ante wertschöpfungsmäßig seit Jahren weltweit auf einem Mittelplatz unter den 10 meistverkauften Medikamenten überhaupt – noch vor den Antibiotika! Dies, obwohl es weltweit wohl weniger als eine Million zahlungsfähiger Nierenkranke gibt. Laut Angabe der NADA Austria erzielten drei Firmen zusammen 7,9 Milliar-den US-Dollar. Eine transdisziplinäre Diskussion muss diese Rahmenbedingungen in den Blick nehmen.

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Ähnliches gilt zur Geschichte der Produktion, der Verfügbarkeit und Verwendung. Einige knappe Informationen müssen genügen: Wes gibt große Probleme bezüg-lich einer weltweit – zumindest europaweit – harmonisierten Statistik von zuge-lassenen Pharmaka. Seit den späten 1980er Jahren konnte „recombinant Human Epo“ durch gentechnische Verfahren gewonnen werden. Dieses „rHuEpo“ birgt diese Infektions-Risken nicht mehr. Es ist auf dem Schwarzmarkt zudem sehr leicht zu erwerben, deutlich billiger und auch im Internet erhältlich. Vermutlich deshalb ist der Gebrauch epidemisch angewachsen.

Die Prävalenz – also die prozentual gemessene bzw. angegebene Verwendung im Elitesport – ist aufgrund der illegalen und konspirativ betriebenen Vertrieb und Anwendung immer noch nicht aufgeklärt worden. Einigkeit besteht hingegen darüber, dass Leistungssprünge auf die Verwendung im Ausdauersport schließen lassen. Dem Epo und dem aktuellen für ähnliche Zwecke missbrauchten Präparat Cera wird im Ausdauerbereich ähnliche Bedeutung eingeräumt wie der Einfüh-rung der Anabolika im Kraftbereich.1

Die verschiedenen Wirkungsweisen sind immer noch nicht erforscht, da bisher nur Komponenten wie die Ausdauer eine Rolle gespielt haben, auch bei Lundby. Langsam, unter anderem durch Selbstversuche eines deutschen Arztes, der sich als Radamateur selber Epo injizierte, ändert sich das. Wie vermutlich bei allen Hormonen – ist eine psychische Komponente des Missbrauchs anzunehmen: Epo euphorisiert, dämpft Missempfindungen und Scherzen und aktiviert. Daher kann auch angenommen werden, dass Epo längst schon in Bereichen angewendet wird, in denen Epo für die Ausdauer keinen „Sinn” macht, wie in technisch-kompositorischen oder Kampfsportarten. Leicht detektierbare Aufputschmittel könnten so ersetzt werden. Die Annahmen gehen auf eine Auswertung der Epo-Test z. B. auf Volleyballspieler sowie die Selbstbezichtigung von Professor Dr. med. Jürgen Reul zurück, Chefarzt der Neuro-Radiologie im Kreis-Klinikum Sie-gen (FAZ vom 13. Juli 2007). Neben der Leistungs-Verbesserung um 5 % hielt Reul in seinem lesenswerten Bericht über die Motive und Folgen seines Selbst-versuchs fest:

„Ich habe das [Epo-Spritze; G. Sp.] auch gemacht, um die Gefühlslage bei solchen Manipulationen nachempfinden zu können. Man hat keinerlei Hemm-schwellen mehr. Man hat ein Gefühl, als ob man unendlich und ununterbro-chen Gas geben könnte und fühlt sich am Ziel noch nicht einmal völlig ausge-powert. Ich habe streckenweise nicht einmal verspürt, dass ich einen sehr steilen Berg hinauf fahre, das kam mir phasenweise eher wie eine Flachetappe vor. Man hat außerdem eine höhere Kampfmoral und unterschwellige Aggres-sionen.“

Die Detektion hinkte dem Phänomen hinterher.

Der „Hämatokrit-Wert“ einer Blutprobe als prozentualer Anteil der roten Blutkör-perchen (Erythrozyten) spielte in der Bekämpfung des Dopings zunächst eine wichtige Rolle: Hohe Werte führten wegen ungesunder Herzbelastung durch gleichsam „verdicktes“ Blut zu einer gesundheitlich begründeten „Schutzsperre“, also einem befristeten Ausschluss aus dem Wettkampfbetrieb.

Dies kann auch als Ausweg aus dem sportrechtlichen Dilemma verstanden wer-den, dass eine zunächst keine validierten und rechtlich akzeptierten Tests gab. Der Gedanke der befristeten Sperre als gesundheitlichen Schutz bei zu stark ver-dicktem Blut war dennoch wirkungsvoll: Der Ertappte hatte aus dem laufenden 1 Die Nachanalyse konservierter Proben auf Cera hat beweisen, dass die WADA ernsthaft um Detek-tion zu früher verwendeten Pharmaka bemüht ist.

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Wettbewerb auszuscheiden. War er ein Betrüger, konnte er nun keinen Vorteil aus der künstlichen Blutverdickung schöpfen. Dies alles geschah, ohne dass es überhaupt einen positiven Dopingtest gegeben hätte. Der Modellcharakter für künftige Anti-Dopingmaßnahmen ohne einen immanenten Rechtsweg ist intensiv und transdisziplinär zu diskutieren.

Das Ziel des direkten Epo-Nachweises als belegtem Doping mit einer naturgemäß länger dauernden Straf-Sperre wegen eines „echten“, nachgewiesenen Doping-Vergehens folgte mit Verzögerung. Die Geschichte der Detektion kann nicht nachgezeichnet werden. Hier nur soviel: Auf einen ersten Epo-Bluttest um 2000 folgte 2003 ein Epo-Urintest. Er wurde WADA-Standard und galt als sicher, wenn auch teuer. Im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 2008 führte eine Veröf-fentlichung der Arbeitsgruppe Lundbys in den Medien zu großen Zweifel am Wa-da-Testsystem. Der aktuelle WADA-Code lässt Bluttests und sogar Langzeit-Blutprofile ausdrücklich zu, um die Chancen im Anti-Doping-Kampf zu erhöhen. Wie können diese Fragen beantwortet werden: Darf Blut untersucht werden, wenn Urintests vergleichsweise unsicher sind? Wie sind die Bedingungen dafür zu definieren?

Wie unsere Forschungsgruppe die Tatsache bewertet, dass die Gruppe um Lund-by gesunde Menschen zu Forschungszwecken mit EPO – nicht zu Dopingzwe-cken – behandelt werden, ist eine wichtige und zunächst medizinethische Frage, die aber hier nicht diskutiert werden soll, denn: Im Rahmen des Aneignungsvor-ganges zu Vorgängen in der Naturwissenschaft hat uns bei Lundbys Arbeitsgrup-pe einmal interessiert, was im klinischen Experiment an körperlicher Leistungs-steigerung belegbar ist und wie gut die Dopingtests auf den Urin der zweifelsfrei „Gedopten“ anschlagen.

Beides führt zu neuen transdisziplinäre zu beantwortenden Fragen. Lundby hat eine klinisch kontrollierte Studie vorgelegt, bei der sportlich trainierte Versuchs-personen unter EPO körperliche Arbeit am Fahrradergometer leisteten. Die dafür nötigen Experimente wurden in Kooperation mit mehreren Forschern angemeldet und sie wurden von der zuständigen Ethik-Kommission der Universität geneh-migt. Unser Projekt hat diese Studie ausgewählt, weil sie einen ersten Einblick in die vielschichtigen Probleme von Dopingnachweis und -detektion sowie in die ju-ristischen und (für uns ebenfalls wichtig) die Anforderungen für die Überset-zungsleistungen der Geisteswissenschaft ergeben. Lundbys Ergebnisse können für unsere Fragestellungen so resümiert werden:

Festgestellt wurde unter klinischer Kontrolle eine buchstäblich extreme Leistungssteigerung durch gentechnisch hergestellte Peptid-Hormone; die maximale Leistungsfähigkeit konnte um 10 % und die submaximale Leis-tung für eine um 54 % verlängerte Zeitspanne ausgenutzt werden. Daraus ergibt sich: Der Vorteil eines EPO-gedopten Radrennfahrers gegenüber seinem ungedopten Konkurrenten ist augenfällig. (Dies gilt auch für die Versuchspersonen.)

Ein langes Anhalten der leistungssteigernden Wirkung dieser EPO-Dopingpraxis wird unter klinischen Bedingungen nachgewiesen, die so vorher nicht bekannt war. (Dies gilt auch für die Versuchspersonen.)

Die Untersuchung durch Herzkatheter konnte hohe medizinische Gefähr-dungspotenziale belegen, die durch das EPO verursacht werden; so steigt die Viskosität des Blutes um 30 % und belastet das Herz. (Dies gilt auch für die Versuchspersonen.)

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Lundbys Gruppe legte Probleme beim EPO-Dopingnachweis durch akkredi-tierte WADA-Testlabore offen. Das Labor, welches den WADA-Standard-Test anwendete, konnte nur in der Anfangsphase einmal alle Teilnehmer als „positiv“ bestimmen, in der folgenden Zeit sank die Detektionsrate langsam auf „0“, obwohl die Doping-Wirkung des EPO noch anhielt. Solan-ge diese Befunde nicht grundsätzlich widerlegt werden, muss das WADA-Verfahren des Urintests grundsätzlich problematisiert werden.

Diese Befunde dienen der Vergegenwärtigung des aktuellen Wissensbestandes: Es gibt neue Ergebnisse, die übersetzt und transdisziplinär diskutiert werden.

Eine weitere Frage lautet: Was ist bei Lundbys Arbeitsweise anders ist als im Do-pingbereich, in dem Peptidhormone wie EPO oder CERA offensichtlich eine leis-tungsbestimmende Rolle einnehmen. Hier können von Seiten der Sportwissen-schaft Impulse gegeben werden, jeweils kontrastiert mit üblichen Dopingtatbe-ständen.

Vielleicht der wichtigste Aspekt ist der Gesundheitsschutz in Lundbys Design. Soweit bekannt, kümmern sich Dopingverantwortliche gerade nicht um die seeli-schen und gesundheitlichen Folgen bzw. die Langzeitfolgen ihres Tuns. Im Ge-genteil halten verantwortliche Doping-Täter das Wissen um mögliche Risiken aus nahe liegenden Gründen zurück (und stehen in der Regel heute nicht zu ihrer moralischen und juristischen Verantwortung). Auch hat man dort noch nicht von freiwilligen Entschädigungs- oder gar Rentenzahlungen an geschädigte Sportle-rinnen und Sportler gehört. (Mädchen und Frauen sind durch Vergabe männlicher Sexualhormone generell besonders betroffen.) Die Verstrickung in Dopingprakti-ken wird sogar – wie bei einem Straftäter vor Gericht – meist geleugnet. Es wird gelogen. Ausgerechnet im Sport als einem gesellschaftlichen Subsystem, das Verantwortung für Heranwachsende übernimmt, ist dies in dopingaffinen Berei-chen festzustellen. Die einfache soziologische Erklärung, dass es sich um eine regelhafte Abweichung von der Regel handelt, hilft dann nicht weiter. Menschen werden durch Doping schließlich nachweislich gesundheitlich und psychisch ge-schädigt.

An dieser Stelle ist an ein mit Mitteln der Bundes-Stiftung „Aufarbeitung des DDR-Unrechts“ finanzierten Dokumentationsprojekts über die DDR-Opfer im Hochleistungssport zu erinnern, das von der HU-Sportwissenschaft durchgeführt worden ist. Gefragt wurde auch nach dem Gesundheitszustand. Einige Ergebnisse für die Schäden der ehemaligen Sportler und sogar ihrer Kinder als Opfer der zweiten Generation finden Sie im Anhang (dazu detailliert: Spitzer 2006).

Im Gegensatz zu Dopingpraktiken findet Lundbys Arbeit als Kontrast zu diesen DDR-Zwangsdopingpraktiken eben nicht im Dunkeln oder in verschwiegenen Zir-keln rechtbrechender Sportler statt. Sie ordnet sich in die dänischen Regeln für klinische Studien ein:

Die Ergebnisse der Studien gehen in die wissenschaftliche Diskussion der Naturwissenschaften ein, die der wissenschaftlichen Wahrheit verpflichtet ist. Sie sind im besten Sinne „öffentlich“ zugänglich. Dies geschieht sowohl auf der „Vorderbühne“ der medizinisch-biologischen Zusammenhänge, dem eigentlichen Zweck, als auch in der Sphäre des eigentlich Unerwarte-ten. Hier geht es um methodologische Probleme bei der Messung der Pa-rameter im Blut wie im Urin. Der aus ökonomischen Gründen für die Expe-rimente der Medizin eingesetzte Standard-WADA-Test offenbarte dabei die erwähnten Schwächen in der Detektion

Die Probanden wurden über mögliche Gesundheitsrisiken aufgeklärt.

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Sie wurden medizinisch exakt überprüft und ihr Zustand verfolgt und do-kumentiert.

Die Probanden sind gesundheitlich bestmöglich geschützt und erhalten ei-nen mit unserer Lebensversicherung vergleichbaren Risikoschutz, falls es langfristig zu einer Erkrankung kommt.

Ehemalige Probanden haben Rechte auf gesundheitliche Betreuung und auf fachkundige Analysen ihres Zustandes.

Ganz gleich, wie kritisch Leserin und Leser die oben vorgestellten dänischen Ar-beiten beurteilen mag: bildkräftig wird der Unterschied zu kriminellen Doping-praktiken in Vergangenheit und Gegenwart illustriert.

Trotzdem müssen wir in der Phase der Verständigung über Rahmen und Grenzen einer disziplinübergreifenden Dopingdiskussion wichtige Fragen beantworten:

Wie kann der wissenschaftstheoretische Hintergrund bestimmt werden und welche ethischen Probleme sind im Design zu sehen?

Darf man gesunde Menschen zu einem „guten“ Zweck absichtlich dopen und so aktuellen oder zukünftigen Gefahren aussetzen?

Wer trägt die Verantwortung für Schäden, die vielleicht erst in später Zu-kunft eintreten können, vielleicht durch Störungen in der Blutbildung oder Nierenversagen oder durch die angenommene psychoaktive Wirkung des EPO?

Darf ein Wissenschaftler zur Bekämpfung des Dopings Versuchspersonen solchen Gefahren aussetzen, selbst wenn die Ethik-Kommission dies ge-nehmigt hat und die Aktiven „aufgeklärt“ und einverstanden sind?

Dürfen wir solche Ergebnisse überhaupt nutzen, falls wir davon überzeugt sind, dass die zugrunde liegenden Forschungen nicht hätten stattfinden sollen?

Wir können das Ergebnis nicht vorweg nehmen, denn es muss ergebnisoffen dis-kutiert werden, was Carsten Lundby in der Tradition seines Institutes erforscht und ausgewertet hat.

Auf jeden Fall ist nach Abschluss der internen Diskussion eine Öffnung nötig: Letztlich beweist Lundby mit seiner Studie, dass die klassischen Urintests im Fall des EPO an ihre Grenzen gestoßen sein könnten. Er sieht die Zukunft – wie viele andere auch – in den Blutanalysen sowie in der Analyse von Langzeit-Blutprofilen, wie es das HU-Projekt mit Experten diskutiert. Die Frage nach Ablö-sung der Urin- durch Bluttests wurde bereits vor über zehn Jahren gestellt (Vie-weg, Kühl & Tettinger 1996). Der aktuelle WADA-Code gibt hier keine Richtung vor, ermöglicht aber erstmals und definitiv sowohl Bluttests als auch Langzeit-profile zum Nachweis von Doping. Dort heißt es im Abschnitt 3.2 im Kommentar:

„3.2 Methods of Establishing Facts and Presumptions

Facts related to anti-doping rule violations may be established by any reliable means, including admissions. The following rules of proof shall be applicable in doping cases:

[Comment to Article 3.2: For example, an Anti-Doping Organization may es-tablish an anti-doping rule violation under Article 2.2 (Use or Attempted Use of a Prohibited Substance or Prohibited Method) based on the Athlete’s admis-sions, the credible testimony of third Persons, reliable documentary evidence, reliable analytical data from either an A or B Sample as provided in the Com-

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ments to Article 2.2, or conclusions drawn from the profile of a series of the Athlete’s blood or urine Samples.]“

(http://www.wada-ama.org/en/dynamic.ch2page/Category.id=264.)

Im Kapitel 6 wird sogar gar nicht mehr nach Blut und Urin nicht unterschieden:

„6.2 Purpose of Collection and Analysis of Samples

WADA contracts with each interested IF. Tests are conducted by WADA-appointed authorized sample collection authorities, and performed in accor-dance with the regulations of the relevant IF and the International Standard for Testing. Urine and blood samples are transported to WADA-accredited laboratories for analysis, and all analytical results are sent simultaneously to both the IFs and WADA.“

(http://www.wada-ama.org/en/dynamic.ch2/pageCategory.id=264.)

Die naturwissenschaftliche Diskussion um die Vor- und Nachteile des EPO-Nachweises über Urin hat gerade eingesetzt, auch durch Lundby. Sogar die Er-finderin des Standard-WADA-EPO-Tests auf Urin-Basis (Isoelectric focusing test IEF; Lasne et al., 2000) hat sich inzwischen kritisch geäußert (Ashenden, Varlet-Marie, Lasne & Audran, 2006).

Wir können aber die zielgruppenspezifische Übertragung der gewonnenen Resul-tate vornehmen, also unsere interdisziplinären und transdisziplinären For-schungsergebnisse zur Zulässigkeit von Forschungen, zur Nutzung ihrer Ergeb-nisse und zur Suche nach besseren Wegen und zum Interessenausgleich bereit-stellen.2 Differenzierte transdisziplinäre Analysen werden erwartet.

2 Nachzulesen und zu hören sind Ausschnitte und Interviews mit Lundby im Podcast des D-Radio.de als Kurzbericht sowie als 25-minütiges „Sportgespräch“ mit den Fragestellern Herbert Fischer-Solms, stv. Leiter der Red. Sport im Deutschland-Radio und Jens Weinreich, Free lancer und ständiger Ko-lumnist in deutschsprachigen Qualitätszeitungen, dessen sportpolitischer und sportjournalistischer Blog auch sehr beachtet wird.

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Trends zu Doping-Schäden bei 52 ehemaligen Hochleistungs-sportlern und ihren Kindern (Spitzer 2006):

Bei Geschwistern dieser ohne Mitwissen gedopten Sportlerinnen und Sportler, die keinen Hochleistungssport betrieben haben, sind die Erkrankungen mehrheitlich nicht auffindbar (nein: 42, ja: 8). Die Schäden dürften also auf den Hochleistungssport unter Dopingbe-dingungen zurückgehen. Die Schäden bei den Kindern der Leistungssportler sind zahlreicher als bei den Kindern der Geschwister Status als Hochleistungssportler: An Olympischen Spielen nahmen 14 Befragte teil, also war mehr als jeder vierte Geschä-digte war Olympiakandidat oder Olympiateilnehmer mit und ohne Medaillengewinn. Alter der Dopingopfer bei der ersten Vergabe: Der Medianwert liegt in der Altersgruppe 14 bis 15 Jahre. Das bedeutet: Die Hälfte aller Kinder ist zwischen bis einschließlich dem 14 Lebensjahr zum ersten Mal gedopt worden.

Begründung für die Vergabe dieser Medikamente: 1. „Vitamine und Mineralien“ (41 Gesprächspartner).

2. „Hilfe bei Training und Regeneration“ (37 Gesprächspartner).

3. „Medikamente zur Therapie von Erkrankungen“ (8 Befragte )

Auswahl von Erkrankungen der 52 Gesprächspartner (Mehrfachnennungen möglich): Skeletterkrankungen 48 Gesprächspartner

Bänder im Bewegungsapparat 22

Psychische Erkrankungen 32

Essstörungen 12

Bulimie 6 – in der Stichprobe gab es 24 Frauen, also war jede vierte Frau davon betrof-fen.

Krebs 13 (jeder vierte).

Gynäkologische Erkrankungen 12 – in der Stichprobe gab es 24 Frauen, also war die Hälfte der Frauen geschädigt.

Virilisierungserscheinungen der Frauen 10

Andrologische (Männer-) Erkrankungen 8 – mehr als Viertel der Männer.

Gynäkomastie (Herausbildung einer weiblichen Brust beim Mann) 3

Entzündungen 18

Kreislauf 18

Herz 12

Häufiger Kopfschmerz / Migräne 9

Leber 9

Stoffwechselstörungen 8

Magen 8

Lunge 7 Selbstschädigung /Suizid:

In der Stichprobe von 52 Dopinggeschädigten befinden sich 20 Personen in schweren Ge-fahr befinden, sich selbst zu schädigen – mehr als ein Drittel der Gruppe (Selbstschädi-gung ist bereits einmal erfolgt: 15 Gesprächspartner;)

Geschlechtliche Identität:

Das Selbstbild der Sportlerinnen mit männlich wirkender äußerer Erscheinung wurde in erheblichem Ausmaß beeinträchtigt. Dieser Verlust an positiver weibli-

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cher Identität reicht bis in die Gegenwart und hält leider an, da sich die Merkmale nicht mehr.

Überzufällig viele Früh- oder Totgeburten:

perinatale Sterblichkeit: 6 von 42 dopinggeschädigte Eltern hatten zusammen 15 Fehlgeburten (32-mal mehr Fehlgeburten als es in der Normalbevölkerung Ost-deutschland zu erwarten).

In der Stichprobe 3 Kinder tot geboren.

Die überlebenden Kinder von Geschädigten als weitere Opfergruppe:

Mehr als jedes vierte Kind leidet an Allergien.

Jedes vierte Kind litt an Hauterkrankungen unter Einschluss von Neurodermitis.

Etwas weniger als jedes vierte Kind litt an Lungenkrankheiten.

Jedes zehnte Kind hat Verkrüppelungen der Glieder zu ertragen.

Mehr als jedes siebzehnte Kind litt an geistigen Behinderungen.

Jedes siebte Kind von Dopinggeschädigten hat Störungen der Psyche.

Die Kinder der weiblichen Dopingopfer sind erheblich häufiger und außerdem mehrfach erkrankt oder geschädigt als Kinder der männlichen gedopten Sportler.

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Web sites: http://www.dshs-koeln.de/biochemie/rubriken/08_analytik/08_epo.html; Copyright Insti-tut für Biochemie der DSHS Köln, letztes Update 18.2.2002; letzter Zugriff: 8.7.2009).

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