Die Nachhaltigkeitsleistungen deutscher Großunternehmen · Sustainalytics GmbH Frankfurt am Main...

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Sustainalytics GmbH Frankfurt am Main Februar 2012 Die Nachhaltigkeitsleistungen deutscher Großunternehmen Ergebnisse des fünften vergleichenden Nachhaltigkeitsratings der DAX® 30 – Unternehmen 2011

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Sustainalytics GmbH

Frankfurt am Main

Februar 2012

Die Nachhaltigkeitsleistungen

deutscher Großunternehmen

Ergebnisse des fünften vergleichenden

Nachhaltigkeitsratings der DAX® 30 – Unternehmen

2011

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012

Inhalt

0. Zusammenfassung 1

1. Vorwort 2

2. Die Nachhaltigkeitsleistungen der DAX 30®-Unternehmen 4

2.1 Gesamtergebnis 4

2.2 Durchschnittsbewertungen der Untersuchungsbereiche 10

2.2.1 Environment 11

2.2.2 Social 14

2.2.3 Governance 17

2.3 Deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich 22

2.4. Nachhaltigkeitsleistungen der Dax 30®-Unternehmen aus der Perspektive 24

von Fonds und Indizes

3. Methodik 26

4. Hinweise 29

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0. Zusammenfassung

Mit dem Nachhaltigkeitsrating 2011 legt Sustainalytics eine vergleichende Analyse der

Nachhaltigkeitsleistungen der 30 größten börsennotierten deutschen Unternehmen vor. Nach 2003,

2005, 2007 und 2009 bewerten wir bereits zum fünften Mal, wie nachhaltig die 30 im DAX®

gelisteten Aktiengesellschaften wirtschaften. Unsere Analyse folgt dabei dem so genannten ESG-

Ansatz, der die Untersuchungsbereiche Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance

(Unternehmensführung) umfasst. Die Ergebnisse der drei Bereiche bilden das Gesamtrating. Auf

diese Weise ist ein direkter Vergleich von Nachhaltigkeitsleistungen über Branchengrenzen hinweg

möglich, ohne sektorspezifische Besonderheiten auszuklammern.

Das aktuelle DAX 30®-Nachhaltigkeitsrating zeigt, dass der Nachholbedarf unter den deutschen

Großunternehmen erfreulicherweise abgenommen hat, sowohl in Bezug auf die

Nachhaltigkeitsleistung als auch hinsichtlich der Transparenz der Berichterstattung. Der

Durchschnittswert der Nachhaltigkeitsratings spiegelt die positive Entwicklung der DAX 30®-

Unternehmen wider. So ist das durchschnittlich erzielte Rating der DAX 30®-Unternehmen im

Vergleich zum Rating 2009 um mehr als zehn Punkte auf 70,5 deutlich gestiegen. Insgesamt erzielen

28 Unternehmen ein Gesamtrating von mehr als 60 von maximal 100 Punkten. 16 Unternehmen

übertreffen sogar die 70-Punkte-Grenze. Noch 2009 erreichten lediglich drei Unternehmen diesen

Wert. Traditionelle Vorreiter wie BMW oder Henkel können ihre Spitzenposition der Vorjahre weiter

ausbauen und übertreffen sogar die 80 Punkte-Marke. Das Mittelfeld der Unternehmen mit einer

soliden bis guten Nachhaltigkeitsleistung ist weiter angewachsen. Zwischen dem viertplatzierten

E.ON und Infineon Technologies auf Rang 22 liegen kaum mehr als zehn Punkte Abstand. Die Gruppe

der Nachzügler ist relativ klein. Mit Fresenius und Fresenius Medical Care verfehlen lediglich zwei

Unternehmen die 60 Punkte-Marke, legen aber mit über 50 Punkten eine Leistung vor, die sich im

internationalen Maßstab behaupten kann.

Auch ein internationaler Vergleich bestätigt das gute Abschneiden der deutschen Großunternehmen.

28 der 30 Aktiengesellschaften liegen teilweise deutlich über dem jeweiligen Branchendurchschnitt.

Mit Blick auf ihre Platzierung zählen viele DAX 30®-Unternehmen international zu den

Branchenbesten. Dennoch – ein Ausruhen auf ihren Anstrengungen können sich die Unternehmen

nicht leisten. Die Erwartungen der Gesellschaft und der Investoren an Großunternehmen, einen

entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten, werden weiter wachsen.

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1. Vorwort

Die Sehnsucht nach Stabilität wächst in Krisenzeiten. Transparenz und Nachhaltigkeit werden dabei

zunehmend als neue Grundpfeiler einer funktionierenden Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung von

Politikern, Wissenschaftlern und einer kritischen Öffentlichkeit eingefordert. Besonders große,

börsennotierte Unternehmen werden hier in die Verantwortung genommen. Nachhaltigkeit ist dabei

in vielen Führungsetagen jedoch nach wie vor lediglich ein Reputationsthema. Dennoch wächst die

Zahl der Unternehmen, die ihre Strategie bewusst stärker nachhaltig ausrichten. Zum einen, um

einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, aber auch, um sich im internationalen Wettbewerb

vorteilhaft zu positionieren. Viele Unternehmen haben erkannt, dass eine umweltfreundliche

Gestaltung der Produktionsprozesse Wettbewerbsvorteile bringt. Die Mehrheit der deutschen DAX

30®-Unternehmen hat ökologische und soziale Kriterien in ihre Produktion einbezogen und bietet

Produkte und Dienstleistungen an, die einen nachhaltigen Mehrwert darstellen. Die Entwicklung von

einer Vermeidung von Reputationsrisiken hin zu einer strategisch nachhaltigen Ausrichtung der

gesamten Geschäftstätigkeiten steht aber - gemessen an den bestehenden gesellschaftlichen

Herausforderungen und wirtschaftlichen Potenzialen - noch immer am Anfang.

Auch in der Finanzwelt etabliert sich das Thema zunehmend. Nachhaltige Investments sind auf dem

Weg, ihr Nischendasein mehr und mehr hinter sich zu lassen. Die Konkurrenz im Bereich spezieller

nachhaltige und ethische Anlageprodukte wächst. Zwar haben die jüngsten Finanz- und

Wirtschaftskrisen auch auf dem nachhaltigen Geldmarkt Auswirkungen gehabt. Nach Angaben des

Sustainable Business Institute (SBI) stieg die Zahl der in Deutschland, Schweiz und Österreich

zugelassenen nachhaltigen Publikumsfonds von Ende 2010 auf Ende 2011 zwar geringfügig von 354

auf 357 Fonds an, das Volumen sank jedoch von rund 34 Mrd. auf ca. 30 Mrd. Euro (vgl.

www.nachhaltiges-investment.org). Dennoch hält der Trend zu Nachhaltigen Investments an. Das

Interesse der Investoren an den Nachhaltigkeitsthemen steigt, womit gleichzeitig die Bedeutung des

Themas innerhalb der Unternehmen wächst.

Mit dem Nachhaltigkeitsrating 2011 legt Sustainalytics eine vergleichende Analyse der

Nachhaltigkeitsleistungen der wichtigsten börsennotierten deutschen Großunternehmen vor. Nach

unseren Veröffentlichungen in den Jahren 2003, 2005, 2007 und 2009 bewerten wir zum fünften

Mal, wie nachhaltig die 30 im DAX® gelisteten Aktiengesellschaften wirtschaften. Dabei vertreten wir

die Auffassung, dass auch die Leistungen von Unternehmen unterschiedlicher Branchen miteinander

verglichen werden können. Unsere Ratings spiegeln in einer Gesamtnote wider, inwieweit ein

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Unternehmen zur nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft beiträgt. Dabei

berücksichtigen wir zugleich unternehmens- und branchenspezifische Besonderheiten. Auf diese

Weise wird der direkte Vergleich von Nachhaltigkeitsleistungen über Branchengrenzen hinweg

möglich.

Sustainalytics will mit der vorliegenden Studie einmal mehr eine Momentaufnahme sowie einen

fachlichen Beitrag zur Diskussion über Unternehmensverantwortung in Deutschland leisten. Dabei

wissen wir um die Unvollkommenheiten der verfügbaren Datengrundlage und um die Problematik,

Nachhaltigkeit zu definieren und zu messen. Aus diesem Grund beteiligen wir uns gerne an der

Diskussion über Transparenz bei der Bewertung von Nachhaltigkeitsleistungen. Für Rückfragen und

Anregungen stehen wir gerne zur Verfügung. Wir wünschen eine aufschlussreiche und interessante

Lektüre.

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2. Die Nachhaltigkeitsleistungen der DAX 30®-Unternehmen

Nachhaltigkeit ist zu einem Prestigethema deutscher Großunternehmen avanciert. Dies zeigt auch

unsere fünfte Studie zu den Nachhaltigkeitsleistungen der DAX 30®-Unternehmen. Alle 30

Unternehmen des deutschen Leitindexes wurden auf Basis der Daten des Jahres 2011 untersucht

(Redaktionsschluss 31.01.2012). Die Grundlage der Studie bilden die von Sustainalytics erstellten und

kontinuierlich aktualisierten Unternehmensprofile unserer Research-Datenbank, die mehr als 4.000

Unternehmen weltweit abdeckt. Die Bewertung der Nachhaltigkeitsleistungen erfolgt nach dem so

genannten ESG-Ansatz, der die Untersuchungsbereiche Environment (Umwelt), Social (Soziales) und

Governance (Unternehmensführung) umfasst. Die Gesamtbewertung der Nachhaltigkeitsleistung- die

Sustainalytics ESG-Score - resultiert dabei aus den Ergebnissen dieser drei Felder, die je nach Branche

unterschiedlich hoch in die Gesamtnote einfließen. Auf diese Weise tragen wir verschiedenen

Anforderungen der jeweiligen Branchen Rechnung.

Weitere Informationen zur Methodik der Studie sind in Kapitel 3 zu finden. Im Folgenden werden die

Ergebnisse der Gesamtwertung und der einzelnen ESG-Untersuchungsbereiche vorgestellt.

2.1. Gesamtergebnis

Deutsche Großunternehmen sind auf einem sehr nachhaltigen Weg. Das zeigt das Gesamtrating der

börsennotierten und im DAX 30® geführten Unternehmen. Die Nachhaltigkeitsleistungen liegen in

fast allen Fällen klar über dem Durchschnitt ihrer jeweiligen Branche. Sowohl in der Gesamtwertung

als auch in den einzelnen ESG-Bereichen erzielen die DAX 30®-Unternehmen mehrheitlich

überdurchschnittlich gute bis sehr gute Leistungen. Ein internationaler Vergleich bestätigt dieses

Ergebnis (siehe Kapitel 2.3).

Insgesamt erreichen 28 Unternehmen eine Gesamtnote von mehr als 60 von maximal 100 Punkten.

Lediglich zwei Unternehmen unterschreiten diese Marke, legen aber mit über 50 Punkten eine immer

noch solide Leistung vor. 16 Unternehmen übertreffen sogar die 70-Punkte-Grenze. 2009 erreichten

noch lediglich drei Unternehmen diesen Wert. Das durchschnittlich erzielte Rating der DAX 30®-

Unternehmen liegt bei 70,5 Punkten und ist damit im Vergleich zu den Durchschnittswerten anderer

Branchen oder Indizes sehr hoch, bei den Top 1.000 US-Unternehmen beträgt dieser beispielsweise

rund 55 Punkte, das Durchschnittsrating der Unternehmen des MSCI Developed Markets® 59 Punkte.

Die deutschen Großunternehmen übertreffen sogar die traditionell relativ nachhaltig ausgerichteten

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französischen Unternehmen (CAC 40: 68,7 Punkte) und österreichischen Aktiengesellschaften (ATX

20®: 57 Punkte).

Die Dax 30®-Unternehmen haben somit insgesamt ihre Nachhaltigkeitsleistungen deutlich

verbessern können. 2009 betrug das durchschnittliche Rating noch 60,1 Punkte. Die Spannbreite der

erzielten Ratings bewegt sich zwischen 54,5 (schlechtestes Ergebnis) und 83,0 (bestes Ergebnis). 15

Unternehmen liegen unter dem Durchschnittswert. Insgesamt sind die Abstände zwischen den

meisten der untersuchten Aktiengesellschaften jedoch relativ gering. Das „Mittelfeld“ der nachhaltig

gut aufgestellten Unternehmen ist groß. Insgesamt liegt die Nachhaltigkeitsleistung bei 14

Unternehmen fünf Punkte über bzw. unter dem Branchendurchschnitt. Zwischen RWE mit einem

Gesamtrating von 75,5 Punkten auf Platz 9 und Infineon Technologies mit 67,4 Punkten auf Position

22 liegen kaum mehr als acht Punkte Abstand. Selbst zwischen der Commerzbank auf Platz 28 und

Metro auf Platz 12 beträgt die Differenz weniger als zehn Punkte.

Ein Blick auf das Abschneiden der einzelnen Branchen zeigt, dass kein Zusammenhang zwischen der

Branchenzugehörigkeit und dem Ratingergebnis erkennbar ist. Zwar befinden sich mit BMW und

Volkswagen zwei Unternehmen aus der Automobilbranche unter den drei der besten Unternehmen,

Daimler hingegen rangiert im unteren Mittelfeld. Energieintensive Industrieunternehmen stehen

gemeinhin vor allem in Sachen Umweltschutz vor größeren Herausforderungen als etwa

Finanzdienstleister. Dass dies sich nicht zwangläufig negativ auf die Nachhaltigkeitsleistung auswirkt,

zeigen Beispiele wie Henkel, E.ON oder BASF, die im Rating klar besser abschneiden als etwa die

untersuchten Banken.

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54.5

57.8

62.5

63.9

64.2

64.5

64.8

64.8

67.4

67.7

68.1

68.3

68.4

69.8

70.5

70.5

70.8

71.0

72.2

72.3

73.4

73.9

75.5

76.0

76.4

77.2

77.4

77.7

79.4

81.7

83.0

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Fresenius (30)

Fresenius Medical Care (29)

Commerzbank (28)

ThyssenKrupp (27)

K+S (26)

Beiersdorf (25)

Deutsche Bank (24)

HeidelbergCement (23)

Infineon Technologies (22)

Siemens (21)

Deutsche Lufthansa (20)

Daimler (19)

MAN (18)

Allianz (17)

Bayer (16)

Durchschnitt

Deutsche Post (15)

Merck (14)

Adidas (13)

Metro (12)

Linde (11)

Deutsche Börse (10)

RWE (9)

Deutsche Telekom (8)

BASF (7)

Munich Re (6)

SAP (5)

E.ON (4)

Volkswagen (3)

Henkel (2)

BMW (1)

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Abb. 1- Nachhaltigkeitsrating der DAX 30®-Unternehmen: Gesamtergebnis

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Die beste Nachhaltigkeitsleistung erzielt der Automobilhersteller BMW. Mit einer Bewertung von 83

Punkten kann das Unternehmen seine Gesamtnote im Vergleich zu 2009 um fast neun Punkte

verbessern und seinen ersten Platz im Ranking bestätigen. Die sehr guten Leistungen in den

Untersuchungsbereichen Environment und Social haben zu diesem Ergebnis geführt. In Bezug auf

seine soziale Nachhaltigkeitsleistung hat BMW sein Rating mit 86,5 im Vergleich zu 2009 behauptet,

hinsichtlich der ökologischen Nachhaltigkeit sogar um fast zehn Punkte deutlich gesteigert. Im

Bereich Governance fällt die Leistung von BMW hingegen leicht ab. Das Unternehmen nimmt hier mit

72 Punkten einen soliden Mittelfeldplatz ein. Die Gründe für das insgesamt sehr gute Abschneiden

des Automobilherstellers liegen unter anderem in den starken Mitarbeiter-Programmen oder im

nachhaltig ausgerichteten Supply Chain Management System. Auch die Umweltfreundlichkeit seiner

Produktion konnte BMW in den vergangenen Jahren deutlich steigern. Unter anderem sticht hier das

Programm zur Verwendung Erneuerbarer Energien innerhalb der Herstellungsprozesse hervor. Auch

hat BMW klare Erfolge bei der Reduktion der CO2-Emissionen seiner Neuwagen-Flotte erzielen

können.

Kontinuität zeigt sich auch im Fall von Henkel. Im Gesamtranking erreicht der Konsumgüterhersteller

wie bereits 2009 den zweiten Platz, wobei das Unternehmen sein Rating von 73,3 auf 81,7 Punkte

deutlich steigern konnte. Vor allem Henkels soziale Nachhaltigkeitsleistung und sein

überdurchschnittliches Abschneiden in den Bereichen Governance und Environment haben zu diesem

Ergebnis beigetragen. Neben Henkels hohen Umwelt-Standards in der Lieferkette sind unter

anderem die umfassenden Mitarbeiterprogramme hier hervor zu heben.

Eine deutliche Steigerung im Vergleich zum letzten DAX 30®-Rating kann der Automobilhersteller

Volkswagen verbuchen. Nahm Volkswagen 2009 mit 61,8 noch einen Mittelfeld-Platz ein, gelang

dem Autobauer 2011 der Sprung in die Top 3 (79,4). Zwar sind die Leistungen des Unternehmens im

Bereich Governance lediglich durchschnittlich, dafür erweist sich Volkswagen jedoch als Vorreiter in

Sachen sozialer Nachhaltigkeit. Mit einer Social-Score von 88 Punkten erreicht hier das Unternehmen

den zweithöchsten Wert aller DAX 30®-Unternehmen. Der jüngsten Greenpeace-Kritik an der

Umweltbilanz des Unternehmens zum trotz fällt die Leistung von Volkswagen auf Basis der von

Sustainalytics gemessenen Umweltkriterien im Feld Environment gut aus (79,4). Starke Programme

zur nachhaltiger Beschaffung, ein ISO 14001 zertifiziertes Umweltmanagement-System und

vergleichsweise niedrige CO2 Emissionen seiner Flotte haben zu diesem Ergebnis beigetragen.

Die hinteren Plätze des Nachhaltigkeitsrankings belegen die Commerzbank (62,5), Fresenius Medical

Care (57,8) und Fresenius (54,4). Fresenius belegte bereits 2009 einen hinteren Rang, rutsche jedoch

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nun trotz Verbesserung der eigenen Leistung auf den letzten Rang ab, was vor allem an der

vergleichsweise verbesserungsfähigen Leistung in den Bereichen Environment und Social liegt.

MAN gelang hingegen ein deutlicher Sprung nach vorne. Von einem vorletzten Platz 2009 mit 47,4

Punkten steigerte sich das Unternehmen um mehr als 20 Punkte auf einen Mittelfeld-Rang knapp

unter dem Branchendurchschnitt. Die Einführung strikterer sozialer Standards bei der Lieferkette

sowie der Ausbau des Umweltmanagement-System haben u.a. zu dieser Verbesserung geführt.

Fresenius Medical Care konnte mit dem Aufwärts-Trend der DAX 30®-Unternehmen hingegen nicht

mithalten. Bei einer geringfügigen Leistungsverbesserung von knapp drei Punkten fiel der

Medizintechnikhersteller auf den vorletzten Rank ab. Auch bei der Commerzbank reichte eine

Steigerung des eigenen Ratings nicht aus, um mit dem Branchenschnitt mitzuhalten. Trotz eines

soliden Gesamtergebnisses von 62,5 Punkten und einem durchschnittlichen bzw. guten Abschneiden

in den Bereichen Environment und Social fällt die Bank von einem Mittelfeldplatz anno 2009 auf den

drittletzten Platz im aktuellen Ranking. Punktabzüge gab es vor allem im Bereich Governance, u.a.

aufgrund fehlender Unterzeichnung branchenspezifischer Nachhaltigkeitsstandards wie

beispielsweise den Equator Principles.

Mit dem insgesamt starken Aufwärtstrend der Nachhaltigkeitsleistungen der Mehrheit der DAX 30®-

Unternehmen konnten die Aktiengesellschaften auf den unteren Rängen somit nicht mithalten.

Allerdings schneiden die Nachzügler im internationalen Vergleich gut ab (vgl. Kapitel 2.3).

Insbesondere die Commerzbank, aber auch Fresenius Medical Care liegen beispielsweise deutlich

über dem jeweiligen Branchendurchschnitt, die Commerzbank überschreitet diesen sogar um 18,5

Punkte.

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

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Transparenz der Berichterstattung

Abb. 2 - Nachhaltigkeitsberichterstattung: Anzahl der Unternehmen mit CSR-Berichten

Nicht nur die Nachhaltigkeitsleistung, auch die Transparenz und Berichterstattung über ESG-Themen

fällt insgesamt positiv aus. So veröffentlichen fast alle DAX 30®-Unternehmen regelmäßig einen CSR-

Report. Dabei berichtet die deutliche Mehrheit der Unternehmen nach den etablierten Global

Reporting Initiative (GRI)-Richtlinien. Zwölf von 30 Unternehmen lassen ihren CSR-Bericht zudem

extern nach angesehenen Prüfungsstandards zertifizieren. Mit Fresenius Medical Care, Fresenius,

ThyssenKrupp und Infineon veröffentlichen lediglich vier Unternehmen keinen eigenen

Nachhaltigkeits- bzw. CSR-Bericht. Allerdings berichten auch diese Unternehmen über ESG-Themen,

sei es auf der Website oder im Geschäftsbericht. ThyssenKrupp veröffentlicht einen

Nachhaltigkeitsbericht für seinen Unternehmensbereich „Stahl“, will die Berichterstattung aber 2012

auf den gesamten Konzern erweitern. Die Transparenz der Berichterstattung der DAX 30®-

Unternehmen ist somit insgesamt hoch.

Das aktuelle DAX 30®-Nachhaltigkeitsrating zeigt, dass der Nachholbedarf unter den deutschen

Großunternehmen erfreulicherweise abgenommen hat, sowohl in Bezug auf die

Nachhaltigkeitsleistung als auch hinsichtlich der Transparenz der Berichterstattung. Der im

internationalen Vergleich hohe Durchschnittswert der Nachhaltigkeitsratings spricht für den

Aufwärtstrend der DAX 30®-Unternehmen. Traditionelle Vorreiter wie BMW oder Henkel können

hier ihre Spitzenposition weiter ausbauen. Das Mittelfeld der Unternehmen mit einer soliden bis

guten Nachhaltigkeitsleistung ist weiter angewachsen und relativ dicht beieinander. Zwischen dem

viertplatzierten E.ON und Infineon Technologies auf Rang 22 liegen kaum mehr als zehn Punkte

Abstand. Selbst die Unternehmen auf den unteren Rängen behaupten sich im internationalen

Maßstab.

4 3

11

12

DAX 30: Nachhaltigkeitsbericherstattung

Kein CSR-Bericht

CSR-Bericht nicht nach GRI

CSR-Bericht nach GRI

CSR-Bericht nach GRI + externzertifiziert

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2.2 Durchschnittsbewertungen der Untersuchungsbereiche

Ein Vergleich der Durchschnittsbewertungen in den einzelnen Untersuchungsbereichen ergibt ein

ausgewogenes Bild. In allen ESG-Bereichen liegt der Durchschnittswert bei knapp über 70 Punkten.

Die Unterschiede zwischen den drei Bereichen sind dabei marginal: Dem sozialen Aspekt der

Nachhaltigkeit schenken die DAX 30®-Unternehmen mit 71,6 Punkten im Schnitt zwar die größte

Bedeutung, Fragen der Governance (70,9) und der Umwelt (70,1) fallen demgegenüber jedoch kaum

ab. Ein Vergleich mit den Ergebnissen der Durchschnittswertungen 2009 zeigt, dass die untersuchten

Unternehmen in allen drei ESG-Bereichen nennenswerte Fortschritte erzielt haben. Vor zwei Jahren

lagen die Durchschnittsleistungen bei Werten um 60 Punkte. Damals wurde dem Bereich Governance

(62,5) im Vergleich zu sozialen (59,2) und Umwelt-Themen (60,0) noch der größte Stellenwert

eingeräumt.

Das aktuelle Bild bestätigt somit, dass die deutschen Großunternehmen insgesamt den drei Säulen

der Nachhaltigkeit in gleichem Maße Bedeutung schenken und ihre Leistungen deutlich verbessert

haben. Im Folgenden werden die jeweiligen ESG-Bereiche im Detail ausgeleuchtet.

Abb. 3 - Durchschnittsbewertungen der Untersuchungsbereiche

70.9

71.6

70.1

0 20 40 60 80 100

Governance

Social

Environment

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2.2.1 Environment

Was wird bewertet?

Unternehmen haben durch ihre Geschäftsaktivitäten sowohl auf Produktions- als auch auf

Produktebene einen wesentlichen Einfluss auf das ökologische Gleichgewicht. Vor allem die

Diskussionen über die Auswirkungen des Klimawandels, aber auch die jüngste Finanzkrise haben ein

Umdenken in vielen deutschen Großunternehmen angestoßen, auch wenn Reputationsgründe nach

wie vor eine wichtige Rolle für das Engagement der Unternehmen spielen. Sustainalytics prüft im

Untersuchungsbereich Environment auf drei Ebenen, inwiefern die Unternehmen ihren ökologischen

Anforderungen gerecht werden.

Im Bereich Operations werden die Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf Produktionsebene

für die Umwelt gemessen und die Transparenz der Berichterstattung analysiert. Hierzu zählen

beispielsweise die Themen CO2-Ausstoß, Energie- und Wasserverbrauch oder die Menge an

Gefahrstoffen, die bei der Produktion anfallen. Zudem untersucht Sustainalytics an dieser Stelle,

welche konkreten Maßnahmen zur Reduzierung der negativen Umwelteffekte ergriffen werden – sei

es die Etablierung eines Umweltmanagement-Systems oder die Verwendung Erneuerbarer Energien

im Produktionsprozess. Auf der Ebene Contractors & Supply Chain wird untersucht, ob die

Unternehmen ökologische Standards bei der Wahl ihrer Lieferanten berücksichtigen und auf welche

Weise diese Vorschriften umgesetzt und eingehalten werden. Im Bereich Products & Services

analysiert Sustainalytics, ob die Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen einen

positiven oder negativen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. So wird beispielsweise die

Implementierung eines End-of-Life-Produktmanagement abgefragt oder der CO2-Ausstoß bestimmter

Produktklassen ermittelt. Das Untersuchungsfeld Environment hat – je nach Branche – ein Gewicht

von 30 bis 45 Prozent für das Gesamtrating.

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Abb. 4: Rating im Untersuchungsfeld Environment

53.4

59.2

60.7

61.7

62.5

63.5

64.3

64.4

65.6

65.8

67.5

68.4

68.8

69.7

70.1

70.1

70.3

70.4

71.0

72.8

73.4

74.3

74.8

75.2

75.8

76.0

76.7

79.3

79.8

80.5

86.7

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

K+S (30)

Fresenius (29)

Deutsche Lufthansa (28)

Beiersdorf (27)

Daimler (26)

ThyssenKrupp (25)

Fresenius Medical Care (24)

RWE (23)

Commerzbank (22)

MAN (21)

BASF (20)

Infineon Technologies (19)

HeidelbergCement (18)

Linde (17)

Durchschnitt

E.ON (16)

Allianz (15)

Metro (14)

Deutsche Börse (13)

Adidas (12)

Munich Re (11)

Deutsche Telekom (10)

Henkel (9)

SAP (8)

Merck (7)

Deutsche Bank (6)

Bayer (5)

Volkswagen (4)

Siemens (3)

Deutsche Post (2)

BMW (1)

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Ergebnisse: Environment

Die Nachhaltigkeitsleistungen der DAX 30®-Unternehmen im Umweltbereich entsprechen

weitgehend dem Gesamtrating. Der Environment-Durchschnitt weicht mit 70,1 Punkten nur marginal

vom Durchschnitt des Gesamtratings ab. Zudem fällt auch hier das breite „Mittelfeld“ mit guten

Nachhaltigkeitsleistungen ins Auge. Dieses umfasst wie beim Gesamtbild 14 Unternehmen und reicht

von Henkel auf Rang 9 (74,8 Punkte) bis zur Commerzbank auf Platz 22 (65,6). Wie beim

Gesamtrating erzielen 16 Unternehmen eine Score von über 70 Punkten. Mit Fresenius und K+S

liegen lediglich zwei Aktiengesellschaften unterhalb der 60-Punkte-Marke.

Zu den Spitzenreitern zählt BMW. Die sehr gute Leistung (86,7 Punkte) ist vor allem auf das

konzernweit zertifizierte Umweltmanagement-System, den vergleichsweise niedrigen CO2-Ausstoß in

der Produktion sowie auf die hohen Umweltstandards für Zulieferer zurückzuführen. Auch konnte

BMW die Emissionen seiner Neuwagen-Flotte weiter reduzieren und die Umweltfreundlichkeit seiner

Produktionsprozesse erhöhen. Mit 80,5 Punkten erreicht die Deutsche Post als zweites

Unternehmen einen Wert über 80 Punkte. Die Programme zur Reduzierung der Treibhausgase

innerhalb seiner Flotte und Logistikprozesse sowie die Etablierung nachhaltiger

Beschaffungsstandards begründen das gute Abschneiden der Deutschen Post.

Das weniger überzeugende Abschneiden des letztplatzierten K+S begründet sich u.a. durch die

ungenügende Transparenz beim Thema Umweltauswirkungen der Produktion sowie durch fehlende

Programme zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Zulieferkette.

In der letzten DAX 30®-Studie rangierten in der Spitzengruppe noch vorrangig Unternehmen der

Dienstleistungsbranche. Vertreter der verarbeitenden Industrie wiesen eine schwächere

Nachhaltigkeitsleistung auf, was unter anderem auf die naturgemäß negativen Umweltauswirkungen

der ressourcen- und emissionsintensiven Produktionsprozesse zurückzuführen ist. Die aktuelle Studie

zeigt hingegen, dass der Zusammenhang zwischen Branchenzugehörigkeit und

Nachhaltigkeitsleistung nicht mehr eindeutig ist. So befinden sich mit BMW, Siemens, Bayer oder

Volkswagen Industrieunternehmen in der Spitzengruppe.

Der Nachholbedarf der DAX 30®-Unternehmen im Bereich ökologischer Nachhaltigkeit hat somit klar

abgenommen. Ausruhen auf den Leistungen sollten sich die untersuchten Unternehmen jedoch

nicht, da die Anforderungen an die Einbeziehung ökologischer Kriterien auf Produktions- und

Produktebene weiter steigen werden.

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2.2.2 Social

Was wird bewertet?

Im Rahmen des Untersuchungsfeldes Social analysiert Sustainalytics die Beziehungen der

Unternehmen zu ihren Stakeholdern wie Kunden, Zulieferern, Mitarbeitern oder Gemeinden, in

denen sie aktiv sind. Auch das philanthropische Engagement der Aktiengesellschaften fließt in die

Nachhaltigkeitsbewertung mit ein.

Im Bereich Employees prüft Sustainalytics, in welchem Maße Unternehmen ihre Mitarbeiter fördern

und deren Rechte einhalten. Unter Contractors & Supply Chain wird erfasst, ob die Unternehmen

soziale Standards bei der Auswahl ihrer Zulieferer anwenden und inwieweit deren Einhaltung

kontrolliert wird. Im Bereich Customers untersucht Sustainalytics die Kundenbeziehungen

dahingehend, ob Unternehmen relevante Qualitätsstandards einhalten oder etwa Richtlinien und

Maßnahmen zu kundenspezifischen Themen wie Datenschutz, Produktsicherheit oder

verantwortungsbewusstes Marketing verabschiedet haben. Das Untersuchungsfeld Society &

Community bezieht sich dagegen auf gesamtgesellschaftliche Fragen: Sind die Unternehmen in

Ländern tätig, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden? Haben die Unternehmen

Maßnahmen oder Programme ins Leben gerufen, um den Dialog mit den Gemeinden, in denen sie

tätig sind, zu fördern? Im Bereich Philanthropy wird das gesellschaftliche Engagement der

Unternehmen analysiert. Darüber hinaus erfasst Sustainalytics mögliche Kontroversen und Skandale,

die in die Gesamtnote mit einfließen. Wie auch der Umweltbereich hat Social branchenabhängig ein

Gewicht von 30 bis 45 Prozent auf die ESG-Score.

Ergebnisse: Social

Wie auch beim Umwelt- und Gesamtrating sind die Nachhaltigkeitsleistungen der DAX 30®-

Unternehmen im Bereich Social insgesamt positiv. Mit 71,6 Punkten erzielen die untersuchten

Aktienunternehmen hier im Schnitt den höchsten Mittelwert der drei ESG-Untersuchungsfelder.

2009 war die mittlere Social-Score noch der niedrigste der drei Werte (59,2).

Im Vergleich zum Umwelt- und Gesamtrating ergibt sich insgesamt ein leicht heterogeneres Bild.

Zwischen dem Spitzenwert und dem Nachzügler auf Rang 30 liegen mehr als 40 Punkte Abstand – der

höchste Wert der drei ESG-Bereiche. 2009 fiel die Differenz mit rund 47 Punkten sogar noch größer

aus. In der aktuellen Untersuchung erzielen 18 Unternehmen ein Rating von mehr als 70 Punkten, 15

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

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Unternehmen liegen über dem Durchschnitt und nur ein Unternehmen weist eine Social-Score von

unter 50 Punkten auf. Die Anzahl der Unternehmen, deren soziale Nachhaltigkeitsleistung sich

plus/minus fünf Punkte um den Branchendurchschnitt bewegt, ist mit elf Unternehmen geringer als

beim Gesamt- und Umweltrating. Dennoch – das breite Mittelfeld ist auch hier nicht zu verkennen

und reicht von der Deutschen Telekom auf Platz 11 (76,6) zur Deutschen Lufthansa auf Position 21

(66,5).

Das heterogene Bild beim vorliegenden Untersuchungsbereich wird im direkten Vergleich der

Spitzengruppe und der Nachzügler deutlich. Während fünf Unternehmen nicht über die 60-Punkte-

Marke hinauskommen, erreichen acht Unternehmen eine Social-Score von mehr als 80 Punkten.

Letzteres Ergebnis ist beachtlich. 2009 lag BMW noch als einziges Unternehmen über dieser Grenze.

Der Autobauer konnte seine soziale Nachhaltigkeitsleistung um 0,5 Punkte zwar leicht verbessern,

wird von drei Unternehmen jedoch übertroffen: Henkel (Platz 1), Volkswagen (2) und RWE (3) bilden

die Top 3 im Social Ranking. Zu den weiteren Unternehmen, die mehr als 80 Punkte erzielen, gehören

außerdem E.ON (5), Allianz (6), Daimler (7) und BASF (8). Umfassende Mitarbeiter-Programme und

ein nachhaltiges Supply Chain Management begründen mitunter das sehr gute Abschneiden der

Unternehmen. Das bestplatzierte Unternehmen Henkel - 2009 noch auf dem zweiten Rang - konnte

sein Rating um fast zwölf Punkte steigern und übertrifft dabei beinahe die 90 Punkte-Marke. Vor

allem starke Richtlinien im Bereich Mitarbeiter, Programme zu Arbeitsplatzsicherheit oder

Monitoring-Systeme zur Einhaltung der Sozialstandards in der Zulieferkette haben zu diesem Rating

geführt.

ThyssenKrupp (55,8), Fresenius Medical Care (54,9) und Fresenius (49,2) bilden demgegenüber die

Gruppe der Nachzügler. Während sich im Falle von ThyssenKrupp Kontroversen um Preisabsprachen

und Arbeitsunfälle negativ auf das Rating auswirkten, sorgten unter anderem schwache

Sozialstandards bei der Wahl von Zulieferern oder unzureichende Mitarbeiterrichtlinien für die

schwache Platzierung von Fresenius und Fresenius Medical Care.

Analog zum Umweltrating fallen im sozialen Untersuchungsfeld keine branchenspezifischen

Auffälligkeiten beim Abschneiden der Unternehmen auf.

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 16

Abb. 5: Rating im Untersuchungsfeld Social

49.2

54.9

55.8

57.7

57.8

61.6

61.9

62.6

63.0

66.5

68.0

69.0

70.3

71.4

71.5

71.6

71.9

73.8

74.1

74.5

76.6

77.2

78.2

80.6

82.0

82.7

85.2

86.5

87.0

88.0

89.5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Fresenius (30)

Fresenius Medical Care (29)

ThyssenKrupp (28)

Siemens (27)

HeidelbergCement (26)

Deutsche Post (25)

Bayer (24)

Merck (23)

Deutsche Bank (22)

Deutsche Lufthansa (21)

Infineon Technologies (20)

MAN (19)

Beiersdorf (18)

Deutsche Börse (17)

Linde (16)

Durchschnitt

Muinich Re (15)

Adidas (14)

Commerzbank (13)

K+S (12)

Deutsche Telekom (11)

Metro (10)

SAP (9)

BASF (8)

Daimler (7)

Allianz (6)

E.ON (5)

BMW (4)

RWE (3)

Volkswagen (2)

Henkel (1)

© Sustainalytics GmbH 2012

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 17

2.2.3 Governance

Was wird bewertet?

Im Untersuchungsbereich Governance werden die Themen Unternehmensführung (Corporate

Governance), Unternehmensethik (Business Ethics) und die Beziehungen des Unternehmens zu

politischen Handlungsträgern (Public Policy) bewertet. Unter Business Ethics werden vorrangig die

Aktivitäten der Unternehmen zur Verhinderung von Bestechung und Korruption untersucht und

mögliche Verwicklungen in Bestechungsfälle erfasst.

Im Bereich Corporate Governance prüft Sustainalytics, wie Unternehmen die Beziehungen zu ihren

Aktionären und den übrigen Stakeholdern gestalten. Vor allem Transparenz gilt hier als ein

wesentlicher Faktor für die Fähigkeit der Unternehmen, langfristig ein stabiles und loyales Verhältnis

zu ihren Aktionären aufzubauen. Dies wird zum Beispiel anhand der Zusammensetzung von

Geschäftsführung und Aufsichtsrat, der Vergütung des Managements oder anhand der Anreiz- und

Kontrollmechanismen untersucht. Im Bereich Public Policy stehen die Beziehungen der Unternehmen

zu Politik und öffentlicher Hand im Fokus. Hier prüft Sustainalytics, ob die Unternehmen

entsprechende Richtlinien zu Themen wie Lobbying und politische Spenden verabschiedet haben und

befolgen. Dabei werden auch Kontroversen wie etwa Spendenskandale und die Bestechung

politischer Handlungsträger erfasst.

Der Bereich Governance fließt mit einem Gesamtgewicht von 25 bis 30 Prozent in das Gesamtrating

der Unternehmen ein, wobei es auch hier branchenspezifische Unterschiede gibt.

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 18

48.3

56.5

56.7

56.9

58.7

59.2

62.4

62.5

65.0

66.9

67.0

68.4

69.0

69.3

70.9

71.9

72.0

72.0

76.8

77.2

78.1

77.4

78.8

78.9

79.7

81.7

82.1

82.5

81.1

84.8

85.8

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Commerzbank (30)

Allianz (29)

Fresenius (28)

Deutsche Bank (27)

Fresenius Medical Care (26)

Beiersdorf (25)

Siemens (24)

Daimler (23)

Infineon Technologies (22)

Metro (21)

K+S (20)

HeidelbergCement (19)

Adidas (18)

Volkswagen (17)

Durchschnitt

MAN (16)

BMW (15)

Deutsche Post (14)

Deutsche Telekom (13)

ThyssenKrupp (12)

Bayer (11)

Henkel (10)

SAP (9)

Deutsche Börse (8)

Merck (7)

RWE (6)

Linde (5)

E.ON (4)

Deutsche Lufthansa (3)

BASF (2)

Munich Re (1)

© Sustainalytics GmbH 2012

Abb. 6 - Rating im Untersuchungsfeld Governance

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 19

Ergebnisse: Governance

Die Analyse der Nachhaltigkeitsleistungen der DAX 30®-Unternehmen im Bereich Governance ergibt

ein heterogenes Bild. Mit 70,9 Punkten erzielen die untersuchten Unternehmen im Schnitt einen

hohen Mittelwert, der zwischen dem Environment- und Social-Schnitt liegt. Vor zwei Jahren betrug

dieser noch 62,8 Punkte. Im aktuellen Rating erreichen 16 Unternehmen eine Governance-Score von

mehr als 70 Punkten. Das Mittelfeld der Unternehmen mit einem Ergebnis von plus/minus über bzw.

unter dem Branchendurchschnitt ist das kleinste der drei ESG-Untersuchungsfelder. Es umfasst neun

Unternehmen von der Deutschen Telekom mit einer Governance-Score von 76,8 Punkten auf Platz

13 bis zur Metro AG mit 66,9 Punkten auf Rang 21. Die Differenz zwischen der Spitzengruppe und

den Nachzüglern ist groß. 37,8 Punkte liegen zwischen dem bestplatzierten Unternehmen, Munich

Re, und dem Schlusslicht, Commerzbank. Im Vergleich zu 2009 ist der Abstand damit um knapp fünf

Punkte angewachsen.

Der Governance-Spitzenreiter der letzten DAX 30®-Studie, RWE, hat seine Nachhaltigkeitsleistung

von 80,5 auf 81,7 leicht verbessert, musste seinen ersten Rang jedoch einbüßen. Munich RE konnte

mehr als 13 Punkte zulegen und erreicht 2011 mit einer Score von 85,8 den ersten Platz. Der

Münchener Rückversicherer überzeugt mit starken Richtlinien in den Bereichen Business Ethics und

Nachhaltiges Investment sowie durch hohe Transparenz in Fragen der Unternehmensführung. Zu der

Spitzengruppe mit einer Score von über 80 Punkten zählen des Weiteren BASF (84,8), Deutsche

Lufthansa (81,1), E.ON (82,5) und Linde (82,1). Alle Vertreter der Spitzengruppe haben umfassende

Richtlinien zur Bekämpfung der Korruption und starke Whistleblower-Programme etabliert und

berichten transparent zu Fragen der Unternehmensführung.

Die Gruppe der Nachzügler ist hingegen die größte im Vergleich der drei ESG-Untersuchungsfelder.

Fünf Unternehmen – Beiersdorf, Fresenius Medical Care, Deutsche Bank, Fresenius und Allianz -

weisen eine Governance-Score von unter 60 Punkten auf, die Commerzbank liegt mit 48,3 Punkten

noch unterhalb der 50-Punkte-Grenze und bildet das Schlusslicht im Governance-Rating. Zwar fielen

die Veränderungen im Vergleich zu 2009 eher gering aus – so verloren Fresenius Medical Care, die

Deutsche Bank und Fresenius lediglich zwischen drei und fünf Punkten, die Commerzbank nur 0,5

Punkte, Beiersdorf konnte seine Score sogar leicht steigern. Dennoch wirkte sich der Aufwärtstrend

der Governance-Leistung der anderen DAX 30®-Unternehmen entscheidend auf die Platzierung der

Nachzügler aus. Allianz musste dabei den Fall von einem soliden Mittelfeldplatz 2009 auf die

vorletzte Position verbuchen. Die Gründe für das vergleichsweise schwache Abschneiden der

Unternehmen liegen unter anderem an der Verwicklung in Business Ethics-Kontroversen, an relativ

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 20

schwachen Governance-Richtlinien oder an der unzureichenden Verankerung von ESG-Themen auf

Vorstandsebene.

Eine beachtliche Entwicklung zeigt sich hingegen im Fall von MAN. Der Fahrzeug- und

Maschinenbaukonzern nahm 2009 mit 47,9 Punkten noch den letzten Platz im Ranking ein. Innerhalb

der vergangenen zwei Jahre konnte MAN seine Score jedoch um mehr als 23 Punkte auf 71,7 Punkte

steigern, was unter anderem auf eine Erhöhung der Transparenz der CSR-Berichterstattung und der

stärkeren Verankerung einer Nachhaltigkeitsstrategie auf Vorstandsebene oder auf die

Unterzeichnung des UN-Global Compact zurückzuführen ist. MAN ist somit ein Beispiel für die

insgesamt erfreuliche Entwicklung der Governance-Leistungen der DAX 30®-Unternehmen.

Ein Blick auf die Integration von ESG-Themen auf Vorstandsebene zeigt, dass die deutschen

Großunternehmen das Thema Nachhaltigkeit zunehmend „hoch aufhängen“. So haben 22

Unternehmen ein ESG-Komitee mit Vorstandsmitgliedern gegründet oder einem Vorstandsmitglied

mit dem Thema direkt beauftragt. Lediglich drei Unternehmen haben weder auf noch unterhalb der

Vorstandsebene entsprechende Anstrengungen unternommen, 2009 waren es noch sechs

Unternehmen.

In der deutschen Öffentlichkeit wurde zuletzt unter dem Stichwort „Frauenquote“ das Governance-

Thema Förderung von weiblichen Führungskräften kontrovers diskutiert. Nach wie vor besteht bei

deutschen Großunternehmen hier Nachholbedarf. Neun Unternehmen können keine einzige Frau im

Vorstand oder als Arbeitgebervertreterin im Aufsichtsrat vorweisen. Bei immerhin acht

Unternehmen ist zumindest eine

weibliche Führungskraft auf

Vorstandsebene zu finden, bei 13

Unternehmen sind es zwei Frauen. Keine

einzige Aktiengesellschaft hat drei

weibliche Führungskräfte im obersten

Management bzw. Aufsichtsrat. Ein Blick

nach Skandinavien führt das

Verbesserungspotenzial vor Augen: Bei 45 Prozent der hier von Sustainalytics untersuchten

Aktiengesellschaften arbeiten mindestens drei Frauen im Vorstand oder Aufsichtsrat, teilweise wie in

Norwegen durch entsprechende Gesetze gefördert.

9

8

13

DAX 30®: Frauen in Führungspositionen

Keine Frau

Eine Frau

Zwei Frauen

Abb. 7 - Weibliche Führungskräfte im Vorstand/ Aufsichtsrat (ohne Berücksichtigung von Arbeitnehmervertreterinnen)

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 21

Verbesserungspotenzial wird auch im Hinblick auf die Einbeziehung nachhaltiger Kriterien bei der

Vorstandsvergütung deutlich. Zwar werden bei den meisten DAX 30®-Unternehmen

Nachhaltigkeitsthemen auf höchster Führungsebene strategisch verankert, allerdings haben zwei

Drittel der Unternehmen keinerlei Anreize zum nachhaltigen Wirtschaften in ihren

Vergütungsrichtlinien gesetzt, bei drei Unternehmen ist dies teilweise der Fall. Sieben Unternehmen

haben hingegen messbare, nachhaltige Ziele in die Vergütungspraktiken mit einbezogen, unter

anderem BASF, Deutsche Lufthansa und RWE. So bemisst das Chemieunternehmen BASF einen Teil

der Vergütung seiner Vorstände nach der Erreichung von Emissionsreduktions-Zielen oder an

erfolgreichen Investitionen in Umweltschutzmaßnahmen. 2009 adressierten nur drei Unternehmen

das Thema, insofern ist die jüngste Entwicklung erfreulich. Dennoch haben die DAX 30®-

Unternehmen bei der Umsetzung nachhaltiger Vergütungspraktiken noch viel Luft nach oben.

Vergleicht man die einzelnen Branchen, so lässt sich wie auch im Bereich Social oder Environment

kein direkter Zusammenhang zwischen Geschäftsaktivität und Platzierung feststellen. Zwar handelt

es sich bei der Hälfte der Unternehmen auf den unteren Rängen mit weniger als 60 Punkten um

Finanzdienstleister – so sehen sich Unternehmen dieser Branche des Öfteren mit Governance-

Kontroversen konfrontiert – allerdings beweist die Münchener Rückversicherung mit ihrem ersten

Platz, dass sich sektorspezifische Faktoren nicht zwangsläufig negativ auf das Rating auswirken

müssen.

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 22

2.3 Deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich

Die gute Nachhaltigkeitsleistung der im DAX 30® gelisteten Unternehmen bestätigt sich im

internationalen Vergleich. 28 Unternehmen liegen mit ihrem Rating über dem internationalen

Durchschnitt ihrer jeweiligen Branche, 2009 waren dies noch 25 Unternehmen. Die Mehrheit der

untersuchten Aktiengesellschaften übertrifft dabei sogar die durchschnittliche Branchenbewertung

um mehr als 10 Punkte (21 Unternehmen), im Schnitt sind es 11,8 Punkte. Linde, Beiersdorf und

Bayer liegen sogar mehr als 20 Punkten über dem Mittelwert ihrer Branchen. Vor allem Linde konnte

sich deutlich steigern. Vor zwei Jahren übertraf das Gasunternehmen den Schnitt des Sektors mit nur

marginal 0,1 Punkten.

Die guten Ergebnisse der deutschen Großunternehmen im internationalen Vergleich bestätigen sich

auch beim Blick auf die Platzierungen innerhalb der jeweiligen Branchen. So ist der Erstplatzierte des

DAX 30®-Nachhaltigskeitsratings, BMW, das zweitbeste Unternehmen innerhalb der

Automobilbranche. Henkel, Platz 2 im Sustainalytics DAX-Ranking, ist das nachhaltigste

Unternehmen im Sektor Household & Personal Products. Auch Volkswagen, SAP oder die Münchener

Rückversicherung zählen zu den Branchenbesten. Die Energieunternehmen E.ON und RWE haben im

DAX®-Ranking sehr gute Platzierungen erreicht (Platz 4 bzw. 9), im internationalen Vergleich liegen

sie jedoch leicht unterhalb des Branchenschnitts.

Insgesamt zeigt der internationale Vergleich, dass sich selbst die Unternehmen, die im DAX®-Ranking

vergleichsweise schwach abschneiden, innerhalb ihrer Branchen international behaupten können.

Ein hier besonders hervorstechendes Beispiel ist die Commerzbank. Zwar liegt sie im DAX®-

Nachhaltigkeitsrating mit 62,5 Punkten auf dem drittletzten Platz, allerdings übertrifft sie die

durchschnittliche ESG-Score der Bankenbranche um mehr als 18 Punkte. Auch ThyssenKrupp kann

trotz eher mäßiger Leistung im DAX® auf internationaler Ebene Schritt halten und liegt 16 Punkte

über der mittleren Bewertung seiner Branche. Selbst das am wenigsten nachhaltige Unternehmen

Fresenius erreicht den Schnitt seiner Branche. Somit verdeutlichen die Ergebnisse des

internationalen Branchenvergleiches die überdurchschnittlichen Nachhaltigkeitsleistungen der DAX

30®-Unternehmen.

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 23

-3.0

-1.1

0.2

2.3

3.5

5.8

6.3

7.2

8.7

11.4

11.5

11.6

11.6

11.8

12.2

12.8

13.3

13.7

14.2

14.4

14.6

14.9

14.9

16.0

16.1

18.0

18.1

18.5

20.5

21.6

24.9

-10 -5 0 5 10 15 20 25 30

E.ON

RWE

Fresenius

Deutsche Lufthansa

Merck

Deutsche Post

Allianz

Metro

BASF

MAN

K+S

Daimler

HeidelbergCement

Durchschnitt

Deutsche Bank

BMW

Fresenius Medical Care

Infineon Technologies

SAP

Volkswagen

Adidas

Deutsche Börse

Deutsche Telekom

ThyssenKrupp

Siemens

Henkel

Munich Re

Commerzbank

Linde

Beiersdorf

Bayer

© Sustainalytics GmbH 2012

Abb. 8 - Abweichungen der DAX 30®-Unternehmen vom internationalen Branchendurchschnitt

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 24

2.4. Nachhaltigkeitsleistungen der DAX 30®-Unternehmen aus der Perspektive von Fonds und Indizes

Auf Anfrage von Sustainalytics hat das Sustainable Business Institute (SBI),

Herausgeber der Marktplattform www.nachhaltiges-investment.org,

untersucht, in wie vielen und mit welchem Anteil die DAX 30®-Unternehmen in Nachhaltigkeitsfonds

und -indizes vertreten sind. Das Ergebnis der Analyse von 264 europäischen, nachhaltigen Aktien- und

Mischfonds, die im deutschsprachigen Markt zum Vertrieb zugelassen sind, wird im Folgenden

vorgestellt.

In den vergangenen Jahren haben institutionelle und private Investoren weltweit bei ihren

Investments immer häufiger ökologische, soziale und ethische Kriterien mit einbezogen. So ist daher

auch das Angebot von europäischen Publikumsfonds, die solche Kriterien berücksichtigen, stark

angestiegen. Das Sustainable Business Institute (SBI) geht davon aus, dass im Jahr 2011 in Europa

etwa 1.000 Publikumsfonds zugelassen waren, die ökologische, soziale oder ethische Kriterien

berücksichtigen. Bei den 1.000 Fonds handelt es sich um ca. 560 Aktien-, ca. 200 Misch-, ca. 140

Rentenfonds und 100 sonstiges Fonds wie Dachfonds, Microfinancefonds und/oder ETFs. Davon sind

insgesamt etwa 360 im deutschsprachigen Markt zum Vertrieb zugelassen.

Börsennotierte Unternehmen sind zunehmend daran interessiert, ihre Nachhaltigkeitsleistung durch

die Aufnahme in Fonds und Indizes, die ökologische, soziale und ethische Kriterien berücksichtigen,

zu bestätigen. Die Anerkennung der ESG-Performance durch nachhaltige Fonds- und Indexmanager

und Ratingagenturen sehen die Unternehmen somit als wichtiges Qualitätssignal, das auch für so

genannte konventionelle Investoren und Analysten zunehmend relevant wird. Es ergibt sich daraus

ein zusätzlicher Anreiz für börsennotierte Unternehmen, ihre Orientierung auf Nachhaltigkeit auch

professionell zu dokumentieren und zu kommunizieren. Dabei gilt tendenziell die Aufmerksamkeit

für diese zusätzliche(n) Qualitätsdimension(en) einer Aktie eher für die großen börsennotierten

Unternehmen; es sei denn, es handelt sich um spezifische Technologieunternehmen mit Fokus auf

Erneuerbare Energien oder Umwelttechnologie. Dies sind die Kernergebnisse einer vom Sustainable

Business Institute gemeinsam mit dem Deutschen Aktieninstitut (DAI) durchgeführten Studie zu

„Nachhaltigkeit und Shareholder Value aus der Sicht börsennotierter Unternehmen“.

Das Sustainable Business Institute sieht sich durch die Ergebnisse der aktuellen DAX 30®- Studie darin

bestärkt, dass die Unterstützung von ökologischer und sozialer Markttransparenz eine zentrale

Aufgabe für die Nachhaltigkeitsorientierung ist. Dazu gehört es auch, Transparenz herzustellen in

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 25

Hinblick auf die Aufnahme von Unternehmen in entsprechende Indizes oder das Portfolio eines

nachhaltigen Fonds, was als wichtige Indikatoren für die Nachhaltigkeit eines Unternehmens

anzusehen ist.

Das SBI hat auf den Stichtag 31.12.2010 analysiert, wie viele Aktien börsennotierter Unternehmen

von 264 europäischen, nachhaltigen Aktien- und Mischfonds gehalten werden, im deutschsprachigen

Markt zum Vertrieb zugelassen sind. Die exemplarische Analyse der Portfolios zeigt:

Alle DAX®-Unternehmen werden von mindestens einem nachhaltigen europäischen Fonds gehalten.

Allerdings zeigen sich erhebliche Unterschiede im Hinblick auf die Anzahl investierter Fonds und auf

den Prozentsatz gehaltener Aktien.

Die Anzahl der in DAX®-Unternehmen investierten, nachhaltigen Fonds liegt zwischen einem

Fonds und maximal 86 Fonds.

Diese Fonds halten zwischen 0,01 Prozent und 1,05 Prozent der Aktien der DAX-Unternehmen.

Insgesamt sind die Unternehmen Allianz, Deutsche Telekom, Fresenius Medical Care, Henkel,

K+S, Linde, Munich Re, SAP und Siemens die führenden Unternehmen im Hinblick auf Anzahl

investierter Fonds und Prozentsatz gehaltener Aktien.

Hinsichtlich der Aufnahme in einen Nachhaltigkeits-Index zeigen sich große Unterschiede bei den

Dax®-Unternehmen. 90 Prozent der Unternehmen sind bereits in einen der führenden 25

internationalen Nachhaltigkeits-Indizes aufgenommen worden. Allianz, Deutsche Bank, Deutsche

Telekom, Munich Re, SAP und Siemens schaffen es, in jeweils mindestens 15 dieser Indizes

aufgenommen zu sein.

Auch in der aktuellen DAX 30®-Studie erreichen die meisten der vom SBI identifizierten Unternehmen

ein gutes Nachhaltigkeitsrating, gerade auch im internationalen Vergleich. Vor allem die Aufnahme

von Henkel, SAP und Munich Re in entsprechende Nachhaltigkeits-Indizes und -fonds erweist sich

aufgrund ihres gute Abschneiden im Sustainalytics-Nachhaltigkeitsrating als begründbar. Auf

Unternehmen wie Fresenius Medical Care, K+S oder die Deutsche Bank trifft dies auf den ersten Blick

jedoch nicht zu. So schneiden diese Unternehmen im DAX 30®-Rating eher schwach bis mäßig ab.

Unter Berücksichtigung des internationalen Branchenvergleichs ist die Aufnahme in entsprechende

Fonds und Indizes allerdings plausibel.

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 26

3. Methodik

Das Unternehmensresearch von Sustainalytics zielt auf die Analyse der Nachhaltigkeits-Performance

und Governance-Performance der untersuchten Organisationen ab. Dabei erfolgt die Analyse in den

Themengebieten Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance)

und entsprechend des so genannten ESG-Ansatzes.

Während Governance die Bereiche Unternehmensführung (Corporate Governance) und

Unternehmensethik umfasst, bezieht sich der Themenkomplex „Soziales“ auf die Beziehungen der

Unternehmen zu ihren Kunden, Zulieferern und Mitarbeitern sowie zur Gesellschaft im Allgemeinen.

Auch das philanthropische und gesellschaftliche Engagement der Unternehmen wird hier

berücksichtigt. Unter der Überschrift „Umwelt“ untersucht Sustainalytics die Unternehmen in Bezug

auf ihren ökologischen Fußabdruck, nachhaltige Beschaffung und die Einbeziehung ökologischer

Faktoren bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen.

C O M P A N Y

Transparenz Strategie Management Performance

Profile & Ratings

Umwelt GovernanceSoziales

Betriebsprozesse

Zulieferkette

Produkte und Dienstleistungen

Ethisches

Geschäftsgebaren

Unternehmensführung/ Governance

Beziehung zur Politik

Mitarbeiter

Zulieferkette

Kunden und Qualität

GesellschaftlichesEngagement

Philanthropie

Pro

du

kte

ESG Research Ansatz

ca. 80 Kern- und sektorspezifische Kriterien

Darüber hinaus beobachtet Sustainalytics, ob Unternehmen in Kontroversen und Skandale verwickelt

sind. Dazu zählen im Bereich „Umwelt“ vor allem negative ökologische Beeinträchtigungen – sei es

durch betriebliche Prozesse, Operationen innerhalb der Zulieferkette oder durch Produkte oder

Dienstleistungen. Im Bereich Social prüfen wir, ob Unternehmen beispielsweise in Kontroversen zu

folgenden Themen verwickelt sind: Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte, Tolerierung von Kinder-

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 27

und/oder Zwangsarbeit innerhalb der Zulieferkette, Beteiligung an Kartellen und Preisabsprachen,

Verletzung von Qualitätsstandards auf Kundenseite oder negative Auswirkungen an den Standorten,

an denen die Unternehmen tätig sind. Kontroversen, die dem Bereich Governance zugeordnet

werden, beziehen sich etwa auf Bestechung und Korruption sowie mangelnde Transparenz der

Unternehmensführung. Die Kontroversen fließen standardmäßig direkt in die Unternehmensratings

mit ein. Mit Hilfe der Sustainalytics ESG Plattform ist es zudem möglich, die Kontroversen je nach

Anlagepolitik des Investors als Ausschlusskriterien zu definieren und somit auch als Filter in einem

prinzipiengeleiteten Investmentprozess vorzuschalten.

Unsere Unternehmensanalyse basiert auf einer ausgewogenen und durchdachten Research-

Methodik und hohen Qualitätsstandards. Dabei werden rund 100 Indikatoren pro Unternehmen

erfasst. Mehr als ein Drittel der Indikatoren sind branchenspezifisch. Auf diese Weise ist es möglich,

die wesentlichen Kriterien der Nachhaltigkeitsperformance eines Unternehmens und einer Branche –

die sogenannten Key Performance Indicators – zu erfassen und zu bewerten. Im Rahmen des

Research-Prozesses nutzen unsere Nachhaltigkeitsanalysten eine große Bandbreite an Quellen, wie

etwa Unternehmensberichterstattung, Internetauftritte der Unternehmen, Datenbanken zur

Medienberichterstattung oder Informationen von Nicht-Regierungsorganisationen und staatlichen

Stellen. Um darüber hinaus eine hohe Produktqualität zu gewährleisten, stehen wir in einem aktiven

Dialog sowohl mit externen Experten als auch mit den analysierten Unternehmen selbst.

Sustainalytics verfügt zugleich über ein internes Qualitätsmanagement-System, um Konsistenz und

Qualität der Analysen sicherzustellen.

Neben dem Kontroversen-Research analysieren wir des Weiteren, ob Produkte und Dienstleistungen

der Unternehmen ethische Fragen und Konflikte hervorrufen könnten. So prüfen unsere Analysten,

ob Unternehmen in Geschäftsfeldern aktiv sind, die von relevanten Stakeholdern kritisch gesehen

werden. Dazu zählen beispielsweise Alkohol, Tabak, Glücksspiele, Rüstung, Atomkraft, Tierversuche,

Pelzproduktion, Gentechnik und Pestizidherstellung. Die Unternehmenstätigkeit in einem dieser

Felder wird jedoch nicht standardmäßig innerhalb des Nachhaltigkeitsratings berücksichtigt, sondern

unseren Kunden als gesonderte Zusatzinformation zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise können

die Investoren einzelne Unternehmen oder Geschäftsbereiche gemäß ihrer Anlagepolitik gezielt

filtern.

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 28

40%

17%

25%

5%

3%

Der Weg zum ESG Rating

Environment

Social

Governance

68

70

100

62

65 70

42

67.3

Indicator

Themes

Durchschnittlich 100

Indicators in

11 Topics -> 3 Themes

Theme Scores

Source: Sustainalytics 2010

CorporateESGScore(100 = maximum)

adjustable weights

Society and Community

Philantrophy

Customers

Contractors and Supply Chain

Raw scores (0 –100) + Adjustable Weights

Employees

TopicsIndicators

5%85

5%

35%

Topic Scoresadjustable weights

Sustainalytics ESG Score

Auf Grundlage der gesammelten Daten erstellt Sustainalytics zu jedem Unternehmen ein Rating der

Nachhaltigkeits-Performance. Die Gesamtbewertung erfolgt dabei EDV-gestützt. Zu jedem

untersuchten Kriterium wird ein Raw Score ermittelt und die Skalierungen der einzelnen Kriterien

branchenspezifisch angepasst. Die Raw Scores variieren zwischen 0 als minimal möglichem und 100

als maximal möglichem Ergebnis. Die einzelnen Raw Scores bzw. die Themenbereiche Environment,

Social und Governance fließen zugleich mit jeweils unterschiedlichem Gewicht in das Gesamtergebnis

ein. Eine Differenzierung erfolgt ebenfalls branchenspezifisch. Die maximale Punktzahl des

Gesamtratings beträgt analog zu den Raw Scores der einzelnen Indikatoren 100 Punkte. Neben dem

Rating veröffentlichen wir ferner das Ergebnis der jeweiligen ESG-Themenbereiche und das Ranking,

also die Platzierung des Unternehmens innerhalb seiner jeweiligen Branche.

Die Sustainalytics-Plattform ermöglicht zudem eine individuelle Anpassung der Gewichtungs- und

Bewertungsmethodik. Somit können unsere Kunden ihre spezifischen Anlagepolitiken in den

Ratingprozess mit einfließen lassen.

DAX 30® Nachhaltigkeitsrating 2011

© Sustainalytics GmbH 2012 29

4. Hinweise

Sustainalytics veröffentlicht die in dieser Studie enthaltenen Informationen nach bestem Gewissen und gründlicher Recherche, aber ohne Gewähr, auch bezüglich der Vollständigkeit der Angaben.

Die Ergebnisse der DAX 30®-Studie basieren auf Informationen aus Sustainalytics Profilen, die im Jahr 2011 bis heute (Stand 31.01.2012) erstellt wurden. Zu jedem späteren Zeitpunkt können sich im Rahmen laufender Aktualisierungen die Ergebnisse zu einzelnen Unternehmen und folglich auch Rangfolgen ändern.

Die Ergebnisse der DAX 30®-Studie werden mit Hilfe der Sustainalytics ESG-Plattform berechnet. Die Bewertung basiert auf den Standardkriterien und -gewichtungen von Sustainalytics für die gewählten Branchen (nach GICS-Global Industry-Group-Classification). Unterschiede in den Gewichtungen – beispielsweise in kundenindividuellen Gewichtungsmatrizen – können zu Unterschieden in den Ratingergebnissen führen.

Die Inhalte dieser Studie, insbesondere auch die enthaltenen Unternehmensbewertungen, dienen ausschließlich Informationszwecken. Die Inhalte stellen weder eine Anlageempfehlung noch eine Einladung zur Zeichnung oder ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Die Erstellung von Finanzprodukten auf Basis der Sustainalytics DAX 30®- Nachhaltigkeitsratings ist nur mit einem gesonderten Lizenzvertrag möglich.

Die Vervielfältigung und Weitergabe dieser Studie ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung von Sustainalytics nicht erlaubt.

DAX® ist eine eingetragene Marke der Deutschen Börse AG.

Die Sustainalytics GmbH (vormals scoris GmbH) ist eine Sustainable Investment Ratingagentur mit

Sitz in Frankfurt am Main und Teil der internationalen Sustainalytics-Gruppe. Sustainalytics versteht

sich als unabhängiger, innovativer Dienstleister von "Responsible Investment Services" und zählt zu

den Marktführern in Europa und Nord-Amerika. Sustainalytics ist Gründungsmitglied des Forum

Nachhaltige Geldanlagen, Mitglied von EuroSIF und Unterzeichner der United Nations Principles for

Responsible Investment (PRI). Zu den deutschen Kunden von Sustainalytics zählen unter anderem die

Bethmann Bank, BHF Bank, Commerzbank, Deutsche Börse/ Stoxx, DWS Investments, DZ Bank, KfW

Bankengruppe, ÖkoWorld, Quoniam AM oder die UmweltBank.

© 02/ 2012

Sustainalytics GmbH

Redaktion: Arne Philipp Klug

Mainzer Landstraße 211

D-60326 Frankfurt am Main

www.sustainalytics.com