Digitaler Zugang zur bunten Welt der Belle-Epoque€¦ · Die soziale Realität der Belle-Epoque...

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Digitaler Zugang zur bunten Welt der Belle-Epoque Zürich und die Geschichte der Photochrom Bilder Von Dominik Landwehr Winterthur, Mai 2015

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Digitaler Zugang zur bunten Welt der Belle-Epoque

Zürich und die Geschichte der Photochrom Bilder

Von Dominik Landwehr

Winterthur, Mai 2015

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Die Zürcher Zentralbibliothek besitzt die grösste Sammlungen mit Photochrom Drucken aus der

Belle-Epoque. Sie umfasst 10 000 Bilder und ist seit kurzem umfassend online zugänglich. Ebenfalls

online zugänglich sind Tausende weiterer Photochrom-Bilder in der Library of Congress sowie auf

Wikimedia Commons.

Populäre Bilder interessierten die Kultur- und

Kunstwissenschaft im zwanzigsten Jahrhundert

lange nur wenig. Das war in der Zürcher

Zentralbibliothek nicht anders. Bruno Weber, der

damalige Leiter der Graphischen Sammlung stiess

im Jahre 1974 in den unteren Schubladen eines

Magazinschrankes auf diese Drucke und begann

mit der Erforschung und Erschliessung.

Abbildung 1. Jochen Hesse, Leiter der grafischen Samm-

lung der Zentralbibliothek Zürich mit den Archivschach-

teln der Photochrom-Sammlung. Foto des Autors.

Die Bilder, so erklärt Jochen Hesse, der heutige

Leiter der Graphischen Sammlung, sind seit kurzem

vollständig digitalisiert und in den weltweit

abrufbaren Katalog der Zentralbibliothek Zürich

integriert. Die Photochrom Bilder gehören zu den

am meisten verlangten Beständen. Die

Photochrom Bilder gehören zu den am meisten

verlangten Beständen der grafischen Sammlung.

Besonders beliebt sind offenbar Bilder aus dem

Nahen Osten um 1900. Sie waren beispielsweise

kürzlich in einem Sonderheft zur Geschichte der

Bibel des deutschen Nachrichtenmagazins «Der

Spiegel» zu sehen.

Abbildung 2: Lydda um 1900. Die Stadt zwischen Jaffa

und Jerusalem liegt heute in Israel. Quelle: Wikimedia

Commons.

Die Photochroms zeigen die bunte Welt der

Jahrhundertwende, die auch Belle-Epoque genannt

wird. Im Zentrum stehen Ansichten von

touristischem Wert. Dazu gehören Bilder aus den

Alpen, klassische Stadtpanoramen, Ansichten aus

fernen Ländern oder Bilder von exotischen

Volksgruppen aus dem Kaukasus oder Nordafrika.

Abbildung 3. Innsbruck um 1900. Ein genaues Studium

der Personen zeigt die Montage. Quelle: ZB Zürich

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Abbildung 4. Gletscherbegehung. Quelle: ZB Zürich.

Abbildung 5. Frauen vom Volksstamm der Tataren im

Kaukasus. Quelle: Wikimedia Commons

Abbildung 6. Tunis Place Bab Suyka. Quelle: ZB Zürich

Abbildung 7: Genrebild aus dem Photochrom-Katalog um

1900. Quelle: ZB Zürich.

Eine kleinere Gruppe bilden Reproduktionen von

populären Kunstwerken wie etwa der

Gotthardpost von Rudolf Koller. Gelegentlich

finden sich darunter auch erotische Abbildungen.

Frivole und erotische Darstellungen wurden um

1900 vor allem als Postkarten vertrieben und

fanden reissenden Absatz.

Abbildung 8. Erotische Darstellung einer Frau aus

Algerien. Quelle: Wikimedia Commons

Die soziale Realität der Belle-Epoque mit Kriegen,

Massenarmut und Elend wurde in den

Photochromdrucken bewusst ausgeblendet, sagt

die Zürcher Kunsthistorikerin Daniela Wegmann,

die eine Dissertation zum Thema Photochrom

geschrieben hat. Stattdessen bilden die Drucke ein

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Wunschbild ab und zeigen damit ein Psychogramm

einer Epoche. Angeboten wurden die Photochrom

Drucke um die Jahrhundertwende in

unterschiedlichen Grössen.

Abbildung 9. Erotische Darstellung mit algerischen

Frauen. Quelle: Wikimedia Commons

In einem zeitgenössischen Katalog heisst es dazu:

«Photochromien werden in allen Ländern der Welt

mit Vorlieben gekauft für Erinnerungen an gehabte

Reisegenüsse, zu Geschenken jeder Art, für

Amateure und wissenschaftliche Sammlungen, für

Schul- und architektonische Zwecke, zur

Ausschmückung von Hotel-Corridors, zu Vorlagen

für Künstler…»

Abbildung 10. Idealisierte Darstellung von einer

Schiffreise. Himmel und Meer sind nachträglich ins Bild

montiert, ebenso die Personen. Quelle: ZB Zürich.

Grundlage für die bunten Photochrom Bilder

waren nicht etwas Farbfotos sondern

schwarzweisse Vorlagen. Das Photochrom

Verfahren ist ein lithografisches Druckverfahren,

das in den 1880er Jahren vom Zürcher Lithografen

Hans Jakob Schmid (1856 - 1924) entwickelt

wurde: Das Negativ wurde auf eine

lichtempfindliche Schicht auf dem Stein

aufgetragen, für jede zu druckende Farbe musste

ein neuer Stein belichtet werden. Vorbereitet

werden die Negative für die einzelnen Farben in

aufwendiger Handarbeit. Einige Bilder kommen mit

nur wenigen Farben aus, andere benötigten bis zu

zwölf Schritte. Die Zürcher Firma Photochrom, eine

Tochterfirma des Druckunternehmens Orell Füssli,

entwickelte das Verfahren zur Marktreife und

begann 1889 mit dem Verkauf von Drucken. 1895

wurde die Firma in Photoglob Zürich umgetauft,

die 2014 ihr 125 jähriges Jubiläum feiern konnte.

Abbildung 11. Der Rheinfall bei Nacht. Auch dieses Bild

dürfte stark bearbeitet worden sein. Quelle: ZB Zürich.

Das Photochrom-Verfahren fand auch in den USA

Anklang, wo das Zürcher Unternehmen Photoglob

im Jahr 1898 die Detroit Photographic Company

gründete. Die verwendeten Farben entsprangen

der Vorstellungskraft der Drucker; in vielen Fällen

wie etwa den populären Ansichten von Venedig

griffen sie auf bestehende Publikationen zurück. In

den USA wählte man ein dokumentarisches

Vorgehen: «Der Fotograf William Henry Jackson,

der gleichzeitig auch der Geschäftsleiter der

Detroit Photographic Company war, hat

ausführliche Notizen zur Farbgebung seiner Bilder

gemacht,» sagt die Kunsthistorikerin Daniela

Wegmann. Gelegentlich unterliefen den Gestaltern

Fehler bei der Farbgebung. Es braucht allerdings

ein geschultes Auge um dies heute zu erkennen.

Viele der Ansichten waren manipuliert: So wurden

etwa Personen nachträglich in Stadtansichten

eingefügt oder Gebäude versetzt um mehr Effekte

zu erzielen. Viele Farben wie etwa das Blau von

Himmel und Wasser sind stereotyp auf allen

Bildern gleich.

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Abbildung 12. Chicago River Elevators (Schleuse). Ein Bild

der Detroit Photographic Company. Quelle: Library of

Congress.

Abbildung 13: Die Cheyenne-Bergkette im US Bundes-

staat Colorado. Detroit Photographic Company. Quelle:

Library of Congress.

Abbildung 14. Auch in den USA waren Darstellungen aus

fernen Ländern beliebt, wie etwa dieses Bild des Kremls

in Moskau zeigt. Es stammt ebenfalls aus der Sammlung

der Detroit Photographic Company. Quelle: Library of

Congress.

Der Boom der bunten Photochrom Bilder fand mit

dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein jähes

Ende. Die Zürcher Photoglob verlagerte ihre

Geschäftstätigkeit auf den Verkauf von Postkarten,

erklärt der heutige Geschäftsleiter Gion Schneller.

Der gesamte Bestand der Photochrom-Sammlung

in der Zentralbibliothek Zürich umfasst rund 10 000

Bilder und wurde bereits im Jahre 2007

digitalisiert. Die Digitalisierung ist aber nur ein

erster Schritt. Damit ein Bild online gezeigt und

gefunden werden kann, ist auch die Erschliessung,

Beschreibung im Online-Katalog der Bibliothek

nötig, sagt Jochen Hesse. Diese Arbeit konnte erst

in den letzten Jahren geleistet werden und ist

heute abgeschlossen. Möglich gemacht wurde dies

unter anderem durch das Projekt Digitur, für das

der Zürcher Kantonsrat im Jahre 2012 den Betrag

von 9.67 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds

bewilligte.

Bis 2018 wird eine repräsentative Auswahl aus den

fünf Spezialsammlungen der Zentralbibliothek mit

einem Bezug zu Stadt oder Kanton Zürich

digitalisiert und online präsentiert. Dazu zählen

neben den Photochrom etwa Handschriftenbände

aus der frühen Neuzeit, Zürcher und Schweizer

Drucke bis 1800, Musikdrucke aus dem 16.-

18.Jahrhundert, Ansichten aus dem Kanton Zürich

und Porträts von historischen Persönlichkeiten,

Zürcher Karten und Panoramen. Bereits

abgeschlossen ist die Digitalisierung der Wickiana,

einer Sammlung von handgeschriebenen

Berichten, Drucken und Flugschriften des 16.

Jahrhunderts des Zürcher Pfarrers Johann Jakob

Wick (1522–1588), deren Bände nun auf www.e-

manuscripta.ch präsentiert werden.

Abbildung 15. Präzisionsarbeit im Digitalisierungs-

zentrum der Zentralbibliothek Zürich. Foto des Autors.

Eindrücklich sind die vielfältigen Scanner, mit

denen das Digitalisierungszentrum der

Zentralbibliothek ausgestattet ist. Es handelt sich

dabei um Hochleistungsgeräte, die manchmal

einen ganzen Raum beanspruchen und sich am

ehesten mit den Präzisionsgeräten der

Reprofotografie vergleichen lassen. Ein Teil der

Scanner verarbeitet flache Vorlagen, andere sind

auf Bücher spezialisiert. Für besonders wertvolle

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und angegriffene Bücher steht ein Spezialgerät zur

Verfügung: Damit lassen sich die Bände mit einer

kleinen Öffnung von 30 Grad abtasten. Scannen

von historischen Dokumenten mit den hohen

Ansprüchen der Zentralbibliothek ist weitgehend

Handarbeit, deshalb steht auch nur ein einziger

Scanroboter zur Verfügung. Mit dem Projekt

Digitur arbeiten im Digitalisierungszentrum derzeit

16 Spezialisten, die bis zu 1.5 Millionen Seiten pro

Jahr digitalisieren können: «Mit der heutigen

Technik bräuchten wir für den Photochrom

Bestand gerade noch zwei Monate», sagt Peter

Moerkerk, Leiter des Digitalisierungszentrums.

Digitalisierte Photochrom Bilder werden nicht nur

in der Schweiz, sondern auch in den USA

angeboten: Die Library of Congress hat rund 6000

Bilder digitalisiert, darunter befinden sich auch die

Bestände der Detroit Photographic Company.

Anders als in der ZB stehen hier auch die

hochaufgelösten tiff-Dateien zur Verfügung.

Abbildung 16. Mulberry Street New York um 1900.

Quelle: Library of Congress.

Benutzer von heute fragen immer mehr nach

hochauflösenden Daten. Die Zentralbibliothek

bietet solche Daten auch zunehmend an, ohne

Bezahlung allerdings nur im komprimierten jpg

Format. Im Digitalisierungszentrum werden alle

Dokumente in hoher Auflösung und mit einem

standardisierten Farbkeil gescannt. Um die grossen

Datenmengen zu sichern, wurde mit dem Projekt

Digitur ein zweites Rechenzentrum in Betrieb

genommen.

Zusätzlich zu den kleinen Vorschaubildern im

Bibliothekskatalog zeigt die Bibliothek immer mehr

Dokumente auch auf den schweizweiten

Digitalisierungsplattformen. So sollen die

Photochrom- Bilder im Laufe der der nächsten

Monate auf die Plattform www.e-rara.ch

übertragen werden und stehen dort für Forschung

und Lehre dann auch in höherer Auflösung zur

Verfügung. «Wer unkomprimierte Bilder zu

Publikationszwecken wünscht, muss diese aber

auch in Zukunft direkt bei der Bibliothek beziehen.

Wir möchten wissen, was mit unseren

Dokumenten geforscht wird und daran teilhaben.

In vielen Fällen können wir auch zusätzliche Hilfen

anbieten,» sagt Jochen Hesse.

Abbildung 17. Gion Schneller, der Direktor der Photoglob

Zürich, im Archiv der Firma. Foto des Autors.

Abbildung 18. Ein zeitgenössischer Photochrom-Katalog

im Archiv der Zürcher Firma Photoglob Zürich. Foto des

Autors.

Abbildung 19: Die Postkartensammlung der Firma

Photoglob Zürich. Foto des Autors.

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Auch die Firma Photoglob Zürich verfügt über ein

umfassendes Archiv mit der gesamten Photochrom

Produktion. Photoglob AG hat sämtliche

Photochroms ebenfalls digitalisiert, jedoch werden

diese in keinem Katalog gezeigt sondern nur auf

Nachfrage zusammengestellt, erklärt

Geschäftsleiter Gion Schneller. Viele alte

Photochrom Postkarten sind bei

Keystone.ch digital abrufbar. Zum 125 Jahr

Jubiläum der Firma hat er 2014 einen aufwendigen

Bildband gestalten lassen. Die Digitalisierung ist

auch am Kerngeschäft der traditionsreichen Firma

nicht spurlos vorbei gegangen: Der grösste

Ansichtskartenverlag der Schweiz produziert heute

vermehrt Klein und Kleinstserien im Digitaldruck

und kann damit auf die Bedürfnis des Marktes

schneller reagieren. Aus dem gleichen Grund

wurde die Firma per Anfang Jahr aus der Orell

Füssli AG herausgelöst. Der Geschäftssitz wurde

nach Hägendorf verlegt, wo sich mit dem

Schweizer Buchzentrum der wichtigste

Vertriebspartner der Firma befindet.

Dominik Landwehr

Die Recherchen und Gespräche wurden zwischen Januar

und April 2015 geführt. Eine gekürzte Version des Textes

erschien in der Neuen Zürcher Zeitung vom 28.Mai 2015

auf Seite 54.

Online-Version: www.nzz.ch/mehr/digital/digitaler-

zugang-zur-belle-epoque-1.18550071

Videointerview mit den drei unten abgebildeten Zürcher

Photochrom-Spezialisten, es wurde am 20.März 2015

von Dominik Landwehr in der Zentralbibliothek Zürich

aufgenommen:

https://www.youtube.com/watch?v=YudroD_QPsg

Abbildung 20. Die drei Zürcher Photochrom-Spezialisten

im Gespräch: Jochen Hesse (ZB Zürich), Daniela

Wegmann (Kunsthistorikerin), Gion Schneller (Photoglob

Zürich).

Anschrift des Autors Dominik Landwehr Migros-Genossenschafts-Bund Direktion Kultur und Soziales Postfach CH – 8031 Zürich Email: [email protected] Phone: +41 44 277 20 83, Mobile: +41 79 411 59 17 www.migros-kulturprozent.ch www.peshwar.ch - www.sternenjaeger.ch

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Bibliografie und Internet-Ressourcen

Daniela Wegmann u.a. : P.Z. Photoglob Zürich :

Jubiläumsbuch : 125 Jahre Innovation Photochrom.

Photoglob Verlag. Zürich 2014.

Marc Walter, Sabine Arqué: An American Odyssey.

photos from the Detroit photographic company 1888-

1924. Köln:Taschen 2014.

Photochrom Bilder der Zentralbibliothek Zürich online:

www.zb.uzh.ch/aktuell/galerieaktuell/005405/

index.html.de

Webseite des Projekts Digitur der Zentralbibliothek

Zürich:

http://www.zb.uzh.ch/spezialsammlungen/digitur/

Website e-manuscripta der Schweizer Bibliotheken

www.e-manuscripta.ch

Photochrom Bilder in der US Library of Congress

http://www.loc.gov/pictures/collection/pgz/about.html

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Jochen Hesse, Leiter der grafischen Samm-lung der

Zentralbibliothek Zürich mit den Archivschach-teln der

Photochrom-Sammlung. Foto des Autors. ................................. 3

Abbildung 2: Lydda um 1900. Die Stadt zwischen Jaffa und

Jerusalem liegt heute in Israel. Quelle: Wikimedia Commons. .. 3

Abbildung 3. Innsbruck um 1900. Ein genaues Studium der

Personen zeigt die Montage. Quelle: ZB Zürich ........................ 3

Abbildung 4. Gletscherbegehung. Quelle: ZB Zürich. .................. 4

Abbildung 5. Frauen vom Volksstamm der Tataren im Kaukasus.

Quelle: Wikimedia Commons..................................................... 4

Abbildung 6. Tunis Place Bab Suyka. Quelle: ZB Zürich .............. 4

Abbildung 7: Genrebild aus dem Photochrom-Katalog um 1900.

Quelle: ZB Zürich. ....................................................................... 4

Abbildung 8. Erotische Darstellung einer Frau aus Algerien.

Quelle: Wikimedia Commons..................................................... 4

Abbildung 9. Erotische Darstellung mit algerischen Frauen.

Quelle: Wikimedia Commons..................................................... 5

Abbildung 10. Idealisierte Darstellung von einer Schiffreise.

Himmel und Meer sind nachträglich ins Bild montiert, ebenso

die Personen. Quelle: ZB Zürich. ................................................ 5

Abbildung 11. Der Rheinfall bei Nacht. Auch dieses Bild dürfte

stark bearbeitet worden sein. Quelle: ZB Zürich. ....................... 5

Abbildung 12. Chicago River Elevators (Schleuse). Ein Bild der

Detroit Photographic Company. Quelle: Library of Congress. .... 6

Abbildung 13: Die Cheyenne-Bergkette im US Bundes-staat

Colorado. Detroit Photographic Company. Quelle: Library of

Congress. ................................................................................... 6

Abbildung 14. Auch in den USA waren Darstellungen aus fernen

Ländern beliebt, wie etwa dieses Bild des Kremls in Moskau

zeigt. Es stammt ebenfalls aus der Sammlung der Detroit

Photographic Company. Quelle: Library of Congress. ................ 6

Abbildung 15. Präzisionsarbeit im Digitalisierungs-zentrum der

Zentralbibliothek Zürich. Foto des Autors. ................................. 6

Abbildung 16. Mulberry Street New York um 1900. Quelle:

Library of Congress. ................................................................... 7

Abbildung 17. Gion Schneller, der Direktor der Photoglob

Zürich, im Archiv der Firma. Foto des Autors. ............................ 7

Abbildung 18. Ein zeitgenössischer Photochrom-Katalog im

Archiv der Zürcher Firma Photoglob Zürich. Foto des Autors. ... 7

Abbildung 19: Die Postkartensammlung der Firma Photoglob

Zürich. Foto des Autors. ............................................................. 7

Abbildung 20. Die drei Zürcher Photochrom-Spezialisten im

Gespräch: Jochen Hesse (ZB Zürich), Daniela Wegmann

(Kunsthistorikerin), Gion Schneller (Photoglob Zürich). ............. 8

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Digitaler Zugang zur Welt derBelle Epoque

Die Zürcher Zentralbibliothek zeigt «Farbfotos» aus einer Zeit, als es noch keineFarbfotografie gab

Die Zürcher Zentralbibliothekbesitzt weltweit eine der grösstenSammlungen mit Fotochrom-Drucken aus der Belle Epoque.Sie ist jetzt online zugänglich.

Dominik Landwehr

Populäre Bilder interessierten die Kul-tur- und Kunstwissenschaft im 20. Jahr-hundert lange nur wenig. Das war in derZürcher Zentralbibliothek nicht anders.Als der Leiter der Graphischen Samm-lung 1974 in den unteren Schubladeneines Magazinschrankes Farbdruckeentdeckte, liess man sich für die Erfor-schung und Erschliessung viel Zeit. Seitkurzem, so erklärt Jochen Hesse, derheutige Leiter der Graphischen Samm-lung, seien diese Fotochrom-Bilder voll-ständig digitalisiert und im Katalog derZentralbibliothek Zürich dokumen-tiert. Sie gehören heute zu den am meis-ten verlangten Beständen.

Psychogramm einer EpocheDie Fotochrom-Bilder zeigen die bunteWelt der Jahrhundertwende, die auchBelle Epoque genannt wird. Im Zen-trum stehen Ansichten von touristi-schem Wert. Dazu gehören Bilder ausden Alpen, klassische Stadtpanoramen,Ansichten aus fernen Ländern oder Bil-der von exotischen Volksgruppen ausdem Kaukasus oder Nordafrika. Einekleinere Gruppe bilden Reproduktio-nen von populären Kunstwerken wieetwa der «Gotthardpost» von RudolfKoller. Die soziale Realität der BelleEpoque mit Kriegen, Massenarmut undElend sei in den Fotochrom-Druckenbewusst ausgeblendet worden, sagt dieZürcher Kunsthistorikerin DanielaWegmann, die eine Dissertation zumThema geschrieben hat. Stattdessen bil-den die Drucke ein Wunschbild ab undzeigen damit ein Psychogramm einerEpoche. Angeboten wurden die Foto-chrom-Drucke um die Jahrhundertwen-de in unterschiedlichen Grössen.

Grundlage für die bunten Foto-chrom-Bilder waren nicht etwa Farb-fotos, sondern schwarz-weisse Vorla-gen. Das Fotochrom-Verfahren ist einlithografisches Druckverfahren, das inden 1880er Jahren vom Zürcher Litho-grafen Hans Jakob Schmid entwickelt

wurde: Das Negativ wurde auf einelichtempfindliche Schicht auf dem Steinaufgetragen, für jede zu druckende Far-be musste ein neuer Stein belichtet wer-den. Vorbereitet wurden die Negativefür die einzelnen Farben in aufwendigerHandarbeit. Einige Bilder kamen mitnur wenigen Farben aus, andere be-nötigten bis zu zwölf Schritte. Die Zür-cher Firma Photochrom, eine Tochter-firma des Druckunternehmens OrellFüssli, entwickelte das Verfahren zurMarktreife und begann 1889 mit demVerkauf von Drucken. 1895 wurde dieFirma in Photoglob Zürich umgetauft,die 2014 ihr 125-Jahr-Jubiläum feiernkonnte.

Das Fotochrom-Verfahren fand auchin den USA Anklang, wo das ZürcherUnternehmen Photoglob im Jahr 1898die Detroit Photographic Companygründete. Die verwendeten Farben ent-sprangen der Vorstellungskraft derDrucker; in vielen Fällen wie etwa denpopulären Ansichten von Venedig grif-fen sie auf bestehende Publikationenzurück. In den USA wählte man eindokumentarisches Vorgehen: «Der Fo-tograf William Henry Jackson, dergleichzeitig auch der Geschäftsleiter derDetroit Photographic Company war,hat ausführliche Notizen zur Farb-gebung seiner Bilder gemacht», sagt dieKunsthistorikerin Daniela Wegmann.Gelegentlich unterliefen den GestalternFehler bei der Farbgebung. Es brauchtallerdings ein geschultes Auge, um diesheute zu erkennen. Viele der Ansichtenwaren manipuliert: So wurden etwa Per-sonen nachträglich in Stadtansichteneingefügt oder Gebäude versetzt, ummehr Effekte zu erzielen. Viele Farbenwie etwa das Blau von Himmel undWasser sind stereotyp auf allen Bilderngleich. Der Boom der bunten Foto-chrom-Bilder fand mit dem Ausbruchdes Ersten Weltkriegs ein jähes Ende.Die Zürcher Photoglob verlagerte ihreGeschäftstätigkeit auf den Verkauf vonPostkarten, wie der heutige Geschäfts-leiter Gion Schneller erklärt.

Leistungsfähige TechnikDer gesamte Bestand der Fotochrom-Sammlung in der Zentralbibliothek Zü-rich umfasst rund 10 000 Bilder undwurde bereits im Jahre 2007 digitalisiert.Die Digitalisierung ist aber nur ein ers-ter Schritt. Damit ein Bild online gezeigt

und gefunden werden könne, sei aucheine Beschreibung im Online-Katalogder Bibliothek nötig, sagt Jochen Hesse.Diese Arbeit konnte erst in den letztenJahren geleistet werden und ist heuteabgeschlossen. Möglich gemacht wurdedies unter anderem durch das Projekt«Digitur», für das der Zürcher Kantons-rat im Jahre 2012 den Betrag von 9,67Millionen Franken aus dem Lotterie-fonds bewilligte.

Eindrücklich sind die vielfältigenScanner, mit denen das Digitalisie-rungszentrum der Zentralbibliothekausgestattet ist. Es handelt sich dabeium Hochleistungsgeräte, die manchmaleinen ganzen Raum beanspruchen undsich am ehesten mit den Präzisionsgerä-ten der Reprofotografie vergleichen las-sen. Ein Teil der Scanner verarbeitet fla-che Vorlagen, andere sind auf Bücherspezialisiert. Für besonders wertvolleund angegriffene Bücher steht ein Spe-zialgerät zur Verfügung: Damit lassensich die Bände mit einer kleinen Öff-nung von 30 Grad abtasten. Das Scan-nen von historischen Dokumenten mitden hohen Ansprüchen der Zentral-bibliothek ist weitgehend Handarbeit,deshalb steht auch nur ein einzigerScan-Roboter zur Verfügung. Für«Digitur» arbeiten im Digitalisierungs-zentrum derzeit 16 Spezialisten, die biszu 1,5 Millionen Seiten pro Jahr digitali-sieren können: «Mit der heutigen Tech-nik brauchten wir für den Fotochrom-Bestand gerade noch zwei Monate»,sagt Peter Moerkerk, Leiter des Digi-talisierungszentrums.

Im Digitalisierungszentrum werdenalle Dokumente in hoher Auflösungund mit einem standardisierten Farbkeilgescannt. Um die grossen Datenmen-gen zu sichern, wurde ein zweitesRechenzentrum in Betrieb genommen.Zusätzlich zu den kleinen Vorschaubil-dern im Katalog zeigt die Bibliothekimmer mehr Dokumente auch auf ande-ren Plattformen. So sollen die Foto-chrom-Bilder im Laufe der nächstenMonate auf die Plattform e-rara.chübertragen werden. Dort stehen sie fürForschung und Lehre auch in höhererAuflösung zur Verfügung. «Wer unkom-primierte Bilder zu Publikationszwe-cken wünscht, muss diese aber auch inZukunft bei der Bibliothek beziehen.Wir möchten wissen, was mit unserenDokumenten geforscht wird, und daranteilhaben. In vielen Fällen können wir

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auch zusätzliche Hilfen anbieten», sagtJochen Hesse.

Die Bedürfnisse des MarktesAuch die Zürcher Photoglob AG ver-fügt über ein Fotochrom-Archiv. Digita-lisierte Bilder würden auf Nachfrage zu-gänglich gemacht, erklärt der Ge-schäftsleiter Gion Schneller. Zum Jubi-läum der Firma hat er 2014 einen auf-wendigen Bildband gestalten lassen.Die Digitalisierung ist auch am Kern-geschäft der traditionsreichen Firmanicht spurlos vorbeigegangen: Dergrösste Ansichtskartenverlag derSchweiz produziert heute vermehrtKlein- und Kleinstserien im Digital-druck und kann so auf die Bedürfnissedes Marktes schneller reagieren.