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Dümmersanierung Rückblick und Ausblick Wasserwirtschaft Naturschutz Landwirtschaft Tourismus

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Dümmersanierung Rückblick und AusblickWasserwirtschaft Naturschutz Landwirtschaft Tourismus

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InhaltVorwort 4

Zeitschiene 6

Wasserwirtschaft 8

Naturschutz 10

Landwirtschaft 12

Tourismus und Wassersport 14

Landentwicklung 16

Übersichtskarte zur Landentwickung 18

Dümmerkonferenz 1985 20

Wegweisende Veranstaltungen in Marl und Damme 1986 22

Sanierungskonzept 24

Gentlemen`s Agreement zwischen Landwirtschaft und Landwirtschaftsministerium 26

Interessenverbände 28

Umweltbildung und Natur erleben 30

Grenzen überwinden 32

Dümmerforum und Dümmerbeirat 34

16-Punkte-Plan zur Dümmersanierung 36

Autorenverzeichnis, Bildnachweis, Impressum 38

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Der Dümmer ist der zweitgrößte See in Niedersachsen In der aktuellen Veröffentlichung des Statistischen Bun-desamtes, in der alle großen Seen mit einer Wasserfläche von mehr als sechs Quadratkilometern aufgeführt sind, nimmt er eine Ausnahmestellung ein: es handelt sich um den flachsten großen See in ganz Deutschland mit einer maximalen Tiefe von zwei Metern, im Schnitt ist der Dümmer nur 80 Zentimeter tief Der Dümmer hat die Tendenz zur Verlandung Der Mensch hat diese Tendenz in den letzten fünf Dekaden durch diverse Eingriffe beschleunigt Hier sind zu nennen die Eindeichung des Sees in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, verbunden mit der Nut-zung des Sees als Hochwasserrückhaltebecken zum Schutz der unterhalb des Dümmers gelegenen Gebiete, und die Intensivierung der Landwirtschaft im Einzugsgebiet des Dümmers Der Dümmer ist stark eutrophiert, er weist ein Übermaß an pflanzlichen Nährstoffen auf, welche die Ökologie des Sees stark beeinträchtigen. Die früher vorhan-dene Unterwasservegetation ist nahezu verschwunden und es treten regelmäßig Algenblüten auf - zwar typisch für viele Flachseen in der norddeutschen Tiefebene, aber dennoch unangenehm insbesondere für die vielfältige Freizeit-nutzung am Dümmer

Erste Überlegungen zur Dümmersanierung begannen bereits mit der Vorlage des Dümmerbewirtschaftungsplans Mitte der 70er Jahre Dieser Plan, in dem die Funktion des Dümmers als Hochwasserrückhaltebecken geregelt wer-den sollte, wurde zunächst vom Naturschutz abgelehnt, da sich der Zustand des Sees schon damals verschlechtert hatte Daraufhin wurde ein limnologisches Gutachten beauftragt, das von der TU Berlin angefertigt und Anfang der 80er Jahre vorgelegt wurde Die seinerzeit vorgeschlagenen drei Kernelemente waren: Sanierung des Einzugs-gebietes in Bezug auf Nährstoffzufuhr, Umleitung des Bornbachs als Hauptnährstofflieferant und Errichtung einer Pflanzenkläranlage (Schilfpolder) zur Entfernung der nicht umleitbaren Nährstoffeinträge aus dem Einzugsgebiet der oberen Hunte. Von diesen Vorschlägen ist in den letzten 30 Jahren ein Teil realisiert worden: Punktquellen (Kläran-lagen) im Einzugsgebiet wurden ausgebaut, der Bornbach wurde umgeleitet. Ergänzend wurden im Naturschutz umfangreiche Maßnahmen umgesetzt, zum Beispiel im Bereich Ochsenmoor Insgesamt hat die Niedersächsische Landesregierung in die Sanierung des Dümmerraumes seit 1982 erhebliche Haushaltsmittel investiert, die sich auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag beziffern dürften Dennoch hat sich der Zustand des Sees noch nicht so weit verbessert, dass man zufrieden sein kann Die Dümmersanierung soll und muss daher fortgesetzt werden Die Landesregierung sieht hierin eine wichtige Herausforderung im Interesse der Region, aber auch vor dem Hinter-grund der Anforderungen der aktuellen Wassergesetzgebung. Diese verpflichtet uns, die Oberflächengewässer in einen guten ökologischen Zustand zu bringen, das gilt auch für die niedersächsischen Seen wie den Dümmer

Ein wichtiges Element des bisherigen Dümmersanierungskonzeptes wurde bisher noch nicht realisiert: die Errichtung des Schilfpolders Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen zur Sanierung des Einzugsgebietes im Hinblick auf diffu-se Nährstoffzuflüsse unabdingbar. Die Landesregierung wird in Kürze über weitere Maßnahmen anhand eines Rah-menentwurfes, der zurzeit aufgestellt wird, entscheiden Dabei soll überprüft werden, ob die 30 Jahre alte Planung nach heutigem Erkenntnisstand noch zielführend ist Die Landesregierung wird dabei von einem Dümmerbeirat un-terstützt, um die Kenntnisse und Anregungen der regionalen Akteure einzubeziehen

Der Dümmer ist und bleibt ein Schwerpunkt der niedersächsischen Wasserpolitik Wir blicken jetzt auf 30 Jahre Dümmersanierung zurück und hoffen sehr, dass wir nicht weitere 30 Jahre benötigen, um zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen

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Vorwort

Gert Lindemann Dr Stefan BirknerMinister für Ernährung, Landwirtschaft, Minister für Umwelt, Energie und KlimaschutzVerbraucherschutz und Landesentwicklung

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Zeitschiene

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1961: Badeverbot im Dümmer wegen mangelhaft geklärter Abwässer aus einer Entenfarm in Marl

1962: „Wissenschaftliche Dümmerkom-mission“ koordiniert naturkundliche For-schung im Dümmergebiet

1972: Konstituierende Sitzung der „Gutachterkommission zur Dümmerrein-haltung“ Wichtigstes Ergebnis: Beginn der Dümmer-Entschlammung im Dezember 1974

1982: Landesraumordnungsprogramm Nie-dersachsen legt große Teile des Sees und der Niederung als Vorranggebiet für Natur und Landschaft fest

1982: Gängige Praxis der Gewässerunter-haltung wird infrage gestellt: Grundräu-mung der Hunte zwischen Diepholz und Dümmer wird gestoppt

1983: Teile der Dümmerniederung werden EU-Vogelschutzgebiet

1983: Dümmer-Gutachten rücken ins Blick-feld der interessierten Öffentlichkeit und entwickeln Eigendynamik

1984: Landtagsfraktion der Grünen und Naturschutzverbände erarbeiten Große An-frage mit 62 Fragen zum Dümmer Medien und Öffentlichkeit horchen auf.

1985 Dümmerkonferenz in Diepholz

1986 Entwurf des Dümmersanierungskon-zeptes wird vorgestellt Landwirte fühlen sich bedroht

1987 Landeskabinett beschließt „Kon-zept zur langfristigen Sanierung des Düm-mers und seines Umlandes“

1987 Bundesrepublik fördert Flächenauf-kauf im Ochsenmoor

1987 Bau des Versuchsschilfpolders Er-folgreicher Abschluss der Versuche 1996

1988 Naturdungverwertungs-Genossen-schaft nimmt Arbeit auf und verteilt Über-schussgülle in andere Gebiete

1988 Bundesumweltminister Prof Dr Klaus Töpfer besucht das Ochsenmoor

1989 Start der Flurbereinigungen Dümmer-Süd, Diepholz Südwest, Dümmer-Schwege II

1989 Kläranlagen Bad Essen, Bohmte und Damme werden um Phosphat- und Stick-stoffelimination erweitert

1990 Kabinettsbeschluss zur Born-bachumleitung (siehe 1992, 1997, 2000, 2004, 2009)

1991 Gülle-Pilotanlage Haverbeck geht in Betrieb

1991 Land fördert Bau von Gülle-Lagunen

1992 Kläranlagen Ostercappeln, Schwag-storf und Venne werden zu Gruppenklär-anlage zusammengefasst

1992 Neuer Kabinettsbeschluss zur Bornbachumleitung

1992 Staatssekretäre aus MU und ML besuchen den Dümmer Themen: Born-bachumleitung und Fortschreibung des Dümmersanierungskonzeptes (Zweite Dümmerkonferenz).

1993 Naturschutzstation nimmt nach ei-nem Jahr Probelauf offiziell den Betrieb auf.

1993 Bau einer weiteren Schlammdeponie in Rüschendorf

1995 Europäisches Naturschutzjahr: Mi-nisterpräsident Gerhard Schröder besucht die Naturschutzstation

1995 Ochsenmoor mit gut 1000 ha wird Naturschutzgebiet

1996 Bundesumweltministerin Dr An-gela Merkel besucht Versuchsschilfpolder und Naturschutzstation

1996 Bundesrepublik engagiert sich im Os-terfeiner Moor mit einem Entwicklungsvor-haben (E+E Projekt).

1996 Anlage von Gewässerrandstreifen an der Hunte vom Mittellandkanal bis Bohmte

1997 Staatssekretäre reisen zu den The-men Umplanung der Bornbachumleitung und Planfeststellungsverfahren an

1998 Start der Flurbereinigungen Damme-Rüschendorf und Damme-Osterfeine

1998 EU-Projekt Life Natur zur Wiederver-nässung des Ochsenmoores

2000 Dümmer, Ochsenmoor und Hunte-bruch (rund 3000 ha) werden FFH-Gebiet

2000 Erneute Umplanung der Bornbachumleitung

2002 EU-Projekt Life Natur zu Wiederver-nässung der westl Dümmerniederung

2002 NATURA 2000: Neufassung der Grenzen des EU-Vogelschutzgebietes auf über 4500 ha (Ochsenmoor, See, westl. Dümmerniederung und Huntebruch)

2004 Beginn der Bauarbeiten für die Umleitung des Bornbaches (Träger: Hunte- Wasserverband und Vechtaer Wasseracht)

2007 Westliche Dümmerniederung wird mit über 1400 ha als Naturschutzgebiet ausgewiesen

2007 Das Naturschutzgebiet Hunte-bruch wird erweitert (Huntebruch und Huntebruchwiesen).

2009 Fertigstellung der Umleitung des Bornbaches

2011 Erkenntnis: Weitere Maßnahmen zur Sanierung des Dümmerraumes wer-den erforderlich, Staatssekretäre aus MU und ML präsentieren 16-Punkte-Plan im Dümmerforum

2011 Einrichtung des Dümmerbeirates zur Beteiligung der breiten Öffentlichkeit

2012 Land sagt Mittel zur Einrichtung ei-nes Schilfpoldersystems zu

2012 Rahmenentwurf zur Fortsetzung der Dümmersanierung

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Wasserwirtschaft

Die wasserwirtschaftlichen Aktivitäten in der Dümmerregion zielten bis in die 70er Jahre darauf ab, den Hochwasserschutz sicher zu stellen und die landwirtschaftli-chen Produktionsbedingungen zu verbes-sern Die Eindeichung des Sees 1953 und der Ausbau von Hunte, Lohne und Grawi-ede durch den eigens dafür gegründeten Hunte-Wasserverband führten dazu, die bis dahin üblichen mehrwöchigen Überflutun-gen (bis 10.000 Hektar) in der Dümmernie-derung zu reduzieren Daneben wurde die Entwässerung auf 25 000 Hektar Fläche verbessert Der Dümmerbewirtschaftungs-plan (1974) leitete eine Verschiebung des Arbeitsschwerpunktes ein, die mit dem landschaftspflegerischen Gutachten zum Dümmerbewirtschaftungsplan (1982) un-termauert wurde Das 1987 beschlossene „Konzept zur langfristigen Sanierung des Dümmerraumes“ beauftragt die Wasser-wirtschaft mit der Erhaltung einer offenen Wasserfläche des Sees sowie der Verbesse-rung der Gewässergüte der Oberflächen-gewässer und des Grundwassers durch das Fernhalten hochbelasteter Wasserströme, die Reduzierung diffuser Einträge und die Reinigung bestimmter Wasserströme

DümmerentschlammungDie Beseitigung der sogenannten „schwar-zen Mudde“ aus dem Westteil des Düm-mers war einer der ersten Schritte auf dem Weg zur Dümmersanierung Die 1975 bis 1984 durchgeführten Baggerungen ziel-ten darauf ab, das Sedimentvolumen zu reduzieren Das Dümmersanierungskon-zept von 1987 sah eine Fortsetzung der Entschlammung nicht als vordringlich an, solange die Maßnahmen zur Gewässer-güteverbesserung im Einzugsgebiet nicht greifen Es sollten lediglich Grundstücke gesichert werden, um später Schlamm-deponien errichten zu können Diese Ein-schätzung wurde durch die Fortschreibung des Konzeptes dahingehend geändert, dass insbesondere zur Aufrechterhaltung der touristischen Nutzung und der offenen Wasserfläche des Sees Schlamm in der Größenordnung der geschätzten jährlichen Neubildung entnommen werden sollte In diesem Zusammenhang wurde dann auch die Dümmerschlammdeponie Rüschen-dorfer Moor errichtet beziehungsweise erweitert Insgesamt wurden dem See seit 1974 bis heute 2,12 Millionen Kubikmeter Schlamm entnommen und dafür knapp 13 Millionen Euro aufgewendet Jörg Prante

BornbachumleitungMit der im Jahre 2009 abgeschlossenen Bornbachumleitung wurde ein wesentli-cher Nährstoffeintragspfad abgestellt Bei rund 19 Prozent Anteil am Zufluss zum See lieferte er gut 55 Prozent der Gesamtphos-phatfracht Die Umleitung war favorisiert worden, nachdem alternative Möglichkei-ten zur Eliminierung von Nährstoffen, zum Beispiel auf biologischem Wege (Schilfpol-der) oder mittels Flusskläranlage (chemi-sche Fällung) aus diversen Gründen (Zeit, Kosten, fehlende Planungsdaten) aus-geschlossen werden mussten Nach der Grundsatzentscheidung legte die Landes-regierung abschließend 1992 die bauliche Ausgestaltung fest, das 1998 eingeleitete Genehmigungsverfahren musste jedoch wegen problematischer Auswirkungen auf das Ochsenmoor ausgesetzt werden und eine Anpassung der Genehmigungsunter-lagen wurde notwendig Erst 2004 konn-ten die Maßnahmenträger, der Hunte-Was-serverband und die Vechtaer Wasseracht, mit den Ausbauarbeiten beginnen Die Baukosten betrugen 10 Millionen Euro

Abwasserbehandlung, Kläranlagen und biologische Maßnahmen 1987 waren im Einzugsgebiet des Düm-mers rund 68 Prozent der Einwohner an die zentrale Abwasserbehandlung ange-

schlossen Insbesondere die Gemeinden Damme, Bohmte, Ostercappeln und Bad Essen wiesen noch erhebliche Defizite auf. Aufgrund der Einführung der Phosphat-fällung als dritte Reinigungsstufe in den Kläranlagen konnte die Phosphatfracht bis heute von rund 9 Tonnen pro Jahr auf ein Zehntel reduziert werden Bei der Entschei-dung zur Umleitung des Bornbaches zog man auch biologische Maßnahmen zur Gewässerreinigung in Betracht, die jedoch wegen fehlender Bemessungsgrundlagen und Erfahrungen über die Wirksamkeit nicht zum Tragen kamen Zur Klärung of-fener Fragen wurde von 1990 bis 1994 ein Versuchsschilfpolder an der Oberen Hunte betrieben Die Anlage hat die grundsätz-liche Eignung des Systems belegt; gleich-wohl sind Ungewissheiten geblieben, die nun im Zusammenhang mit dem 16-Punk-te-Plan (siehe Seite 36) weiterverfolgt werden

Einschränkung diffuser Nährstoffeinlagen und natur-naher GewässerausbauZur Vermeidung diffuser Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft sind an den rund 22 Kilometer langen Ausbaustrecken der Bornbachumleitung Gewässerrandstreifen von mindestens fünf Metern Breite aus-gewiesen worden Auch im weiteren Ein-

zugsgebiet der Oberen Hunte wurden bei entsprechender Verfügbarkeit Randstreifen erworben Der Ausbau von Hunte, Rand-kanal, Kreisgrenzgraben und der Umlei-tungsstrecke des Bornbaches ist naturnah ausgeführt worden Gegenwärtig wird an der Oberen Hunte durch den zuständigen Unterhaltungsverband „Obere Hunte“ eine naturnahe Umgestaltung entwurfsmäßig bearbeitet Außerdem sind unter ande-rem im Bereich Bohmte und am Wimmer Bach bereits Renaturierungen umgesetzt worden

Gewässergüteüberwachungskonzept Im Zusammenhang mit der Erstellung des Sanierungskonzeptes sind eine Vielzahl Güteparameter an den dem See zuflie-ßenden Gewässern erhoben worden, um belastbare Datengrundlagen zu erhalten Später wurden die Einzelerhebungen zu Gunsten einer kontinuierlichen Datener-fassung an der Gütemessstelle Schäferhof (Hunte) aufgegeben. Gleichzeitig ist ein umfassendes Beweissicherungsnetz sowohl für die Umleitung des Bornbaches als auch für die Schlammdeponie Rüschendorf ein-gerichtet worden Im Zusammenhang mit dem 16-Punkte-Plan findet nun eine Ver-dichtung der Datenerhebung statt Außer-dem wird die Nährstoffaustragsgefährdung modellartig betrachtet

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NaturschutzKampf um und gegen das Wasser

Naturschutzgebiete am Dümmer in der Summe mit 3.411 ha (Stand: 10. Oktober 2012)

• NSG Dümmer mit 615 Hektar (seit 1952, verändert 1961 und 2007)• NSG Hohe Sieben mit 75,28 Hektar (unverändert seit 1971)• NSG Ochsenmoor mit 1029 Hektar (seit 1995)• NSG Westliche Dümmerniederung mit 1432 Hektar (seit 2007 mit Teilgebieten vom NSG Dümmer) • NSG Huntebruch und Huntebruchwiesen (HA 204) mit 260 ha (seit 1971, erweitert 2007)

1 Diepholzer Kreiszeitung vom 11 Dezember 19402 Werner Klohn, Probleme der Raumgestaltung in der Dümmerniederung, VSAG Band 3, 1992, Seite 42

Das Leben rund um den Dümmer war früher alles andere als leicht Bis um die Jahrhundertwende konnte die Region ihre Bevölkerung nicht ernähren Noch 1940 fragte man sich angesichts riesiger Über-schwemmungen, warum all die Arbeiten, die seit Anfang des 20 Jahrhunderts im Zuge der Hunte-Melioration ausgeführt worden sind, noch immer keine Wirkung zeigen 1

Auswirkungen unterschätzt Der Kommissar für Naturdenkmalpflege in der Provinz Westfalen, Hermann Reichling, hielt 1924 die Ausweisung von Natur-schutzgebieten am Dümmer nicht für not-wendig, weil der See durch seine natürliche Lage hinreichend geschützt sei 2

RettungsversucheDie Eindeichung des Sees vor Augen, be-gannen Ende 1940 die Arbeiten für die Ausweisung eines Naturschutzgebietes am Dümmer Das erste Naturschutzgebiet Dümmer wurde im März 1952 ausgewie-sen (500 Hektar). Die Betreuung des Natur-schutzgebietes übernahm der Mellumrat mit Sitz in Oldenburg

Die großräumige Entwässerung der Düm-merniederung führte nach und nach zu ei-nem unübersehbaren Rückgang der Vielfalt von Flora und Fauna Man versuchte mit der Erweiterung des Naturschutzgebietes Dümmer (1961), zwei zusätzlichen klei-nen Naturschutzgebieten (1971) und der Wiedervernässung von Teich-, Vogelwiese und Hohen Sieben diesen Abwärtstrend aufzuhalten Das gleiche Ziel verfolgten in-ternationale Anerkennungen wie „Europa-reservat“ (1966) des Internationalen Rates für Vogelschutz oder die Aufnahme in die UNESCO-Liste der „Feuchtgebiete von In-ternationaler Bedeutung“ (Ramsar-Über-einkommen, 1976).

Der Gesetzgeber handeltWas damals drohte, lässt sich am anschau-lichsten mit einem Zitat von Walter von Sanden-Guja aus dem Diepholzer Kreis-blatt vom 28 Oktober 1960 beschreiben: „Es ist kein Unrecht, ein großes Moor zu entwässern, aber es wird zum Unrecht, wenn kein Flecken im alten Zustand erhal-ten bleibt, so daß seine gesamte Tier- und Pflanzenwelt zugrunde geht.“ Erst durch die Aufnahme der Eingriffsregelung - der Verpflichtung, Eingriffe in den Naturhaus-halt durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnah-men zu kompensieren - in das Niedersäch-sische Naturschutzgesetz im Jahr 1981, erhielt die Fachbehörde für Naturschutz die rechtlichen Voraussetzungen für ein naturschutzfachlich angemessenes Han-deln in Niedersachsen Mit dem Landes-pflegerischen Gutachten zum Dümmer-bewirtschaftungsplan (1982) von Irmgard Remmers wurden die naturschutzfachlich notwendigen Zielsetzungen erarbeitet und öffentlich gemacht Das gesellschaftspo-litische Umfeld war günstig und die Na-turschutzverbände mit ihren Protagonis-ten vor Ort, Dr Walter Unteutsch, Bernd Averbeck und Dieter Tornow, nutzten diese Zeit, um mit viel Geduld und einer nicht nachlassenden Öffentlichkeitsarbeit die Landesregierung dazu zu bewegen, das „Konzept zur langfristigen Sanierung des Dümmers und seines Umlandes“ 1987 auf den Weg zu bringen

Erfolgreich durch Flächenankauf und NaturschutzstationHeute gehören der Dümmer und weite Teile seines Umlandes mit insgesamt 4 630 Hektar zu dem Netz von Schutzgebieten, das den Erhalt der in der EU gefährdeten Lebensräume und Arten sicherstellen soll (NATURA 2000).

Der Ankauf von rund 2 700 Hektar durch die Öffentliche Hand (verbunden mit Flur-bereinigung), angestoßen durch den Land-kreis Diepholz im Ochsenmoor, war die Grundlage für eine konstruktive Zusam-menarbeit mit der Agrarstrukturverwaltung und den Landwirten vor Ort Förderpro-gramme der Europäischen Union und des Bundes wurden für den Flächenankauf ge-nutzt Dabei halfen die Landkreise Diepholz und Vechta als Maßnahmenträger mit ent-sprechenden Eigenanteilen Hinzu kamen Flächenankäufe des Landes und Ankäufe der Anliegergemeinden im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen

4 630 Hektar NATURA 2000-Flächen täu-schen jedoch darüber hinweg, dass der angestrebte Umfang von Kern- und Puf-ferzone um 1 400 Hektar verfehlt wurde Zum NATURA 2000-Gebiet gehören neben dem Grünland die gesamte Fläche des Sees (1.600 Hektar), der Naturwald Huntebruch und die Schilfflächen im Naturschutzgebiet Hohe Sieben

Die Einrichtung der Naturschutzstati-on Dümmer (1992/1993) war und ist die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz Ebenso hat sich die Kooperation mit den Naturschutzverbänden bewährt Die Bün-delung des Naturschutzsachverstandes vor Ort erleichtert die Zusammenarbeit mit den Landkreisen, Kommunen und Verbänden Die Ausstellungsdiele und das Umwelt-bildungsangebot der Kooperationspart-ner haben dazu geführt, dass die Station, zusammen mit dem Dümmer-Museum in Lembruch, vom Kultusministerium als au-ßerschulischer Lernstandort anerkannt ist

Dieter Tornow

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Mit der 1953 vollendeten Dümmereindei-chung hat sich die naturschutzfachliche und die landwirtschaftliche Situation am Dümmer sehr verändert Gleichzeitig setzte eine bis heute anhaltende Mechanisierung ein, die die Landwirtschaft grundlegend veränderte Der neue Deich war zum einen gebaut worden, um die Bürger am Dümmer vor jährlich lang anhaltenden Überschwem-mungen zu schützen und zum anderen, um der Landwirtschaft eine erhöhte Nah-rungsmittelproduktion für die Bevölkerung zu ermöglichen Der Hunger der Kriegs- und Nachkriegsjah-re war besonders bei den Städtern noch präsent Somit beschloss die Politik darüber hinaus weitere Maßnahmen Es wurden zahlreiche Sumpfflächen trockengelegt und Gräben zur Entwässerung gebaut

Man schuf für die Landwirtschaft ganz neue Möglichkeiten Auf der Westseite des Dümmers nutzen die landwirtschaftlichen Betriebe die erheblich verbesserte Flächenbewirtschaftung und entwickelten sich zu intensiven Veredlungs-betrieben, vorrangig durch Schweinemast,

Bullenmast oder Geflügelhaltung. Auf der Ostseite des Dümmers wurden neben der Flächenbewirtschaftung die Möglichkeiten des Tourismus wahrgenommen In der gesamten Region westlich des Düm-mers wurden in der Zeit von 1955 bis 1964 mehrere tausend Hektar durch Flurbereini-gungen zusammengelegt und das gesamte Entwässerungsnetz erfuhr eine Neuge-staltung Der Bornbach wurde durch ein komplett neu geschaffenes Flussbett ober-halb des Dümmers zur Hunte geleitet und viele andere Vorfluter mündeten sodann in den westlich des Dümmers verlaufen-den, neu entstandenen Randkanal und unterhalb des Dümmers in die Hunte Mit Hilfe einer grundlegend verbesserten Ent-wässerung entstanden ertragsverbesserte landwirtschaftliche Flächen, die nun für die Nahrungsmittelproduktion bedeutend wirt-schaftlicher nutzbar waren Gleichzeitig lösten immer größere Trakto-ren die Pferde als Zugkräfte ab und viele Grünlandflächen wurden schon im ersten Jahr nach der Flurbereinigung umgepflügt und für Getreideanbau genutzt In den ers-ten Jahren waren es noch Sommerweizen und Hafer, doch nach und nach entwi-

ckelte sich der Mais zur wirtschaftlichsten Kultur und immer mehr Wiesen wurden geackert Aus der Sicht der Landwirte war dieser Pa-radigmenwechsel sicherlich verständlich: Statt jeden Morgen und Abend mehrere Kilometer zur Wiese zu fahren, um dort Kühe mit der Hand zu melken, wurden großflächig und effektiv Futterpflanzen angebaut und zur tierischen Nahrungsmit-telproduktion genutzt und schon nach we-nigen Jahren waren aus den Niederungs-mooren Ackerstandorte geworden Wichtig ist es, hier zu erwähnen, dass die-ser Wandel politisch gewollt war Nicht nur am Dümmer wurden neue landwirtschaft-liche Rahmenbedingungen geschaffen, sondern auch im Emsland und in vielen anderen Regionen kamen große Tiefpflug- und Meliorationsmaßnahmen zum Einsatz, um weitere Flächen nutzbar machen Aus heutiger Sicht ist die kurzfristige Denk-art erstaunlich In den Nachkriegsjahren hungerte Deutschland In den 50er Jahren wurde die Landwirtschaft entsprechend angeschoben und zum Ende der 60er Jah-re entwickelte sich eine Überproduktion Mit erheblichen Subventionen musste in

der neu entstandenen Europäischen Wirt-schaftsgemeinschaft (EWG) ein sich immer höher türmender „Butterberg“ finanziert werden Die Zeit der Überproduktion war da Heute ist es vor allem aus naturschutzfach-licher Sicht bedauerlich, dass den Niede-rungsmooren keine Wertschätzung entge-gengebracht wurde Die Politik hat jedoch in den 50er Jahren diese Akzente vorge-geben Die vielen kleinen landwirtschaftli-chen Betriebe nutzten die damals gebote-ne Chance, um ihre oftmals kinderreichen Familien ausreichend ernähren zu können und ihre Existenzen zu sichern Die rasant fortschreitende Mechanisierung der Land-wirtschaft trug ein Übriges dazu bei In den folgenden Jahren hat sich der west-liche Bereich des Dümmers zu einer der veredlungsstärksten Regionen Niedersach-sens entwickelt, mit einer florierenden Wirtschaft der vor- und nachgelagerten Bereiche Nur so konnten sich die zum Teil recht kleinen landwirtschaftlichen Famili-enbetriebe ein ausreichendes Einkommen erarbeiten Eine erstaunlich positive wirt-schaftliche Entwicklung nahm ihren Lauf Ab 1987 begann das Land Niedersach-

Ausspruch von Karl-Heinz Schliep aus Marl (geb. 1932): „Wenn wir in den Kriegsjahren mit unseren Eltern per Fahrrad in die Dammer Berge zum Blau-beerenpflücken fuhren und vom heutigen Schäferhof kommend nach Rüschendorf hinein kamen, waren wir oft erschrocken über die bescheidene und ärmliche Lebensweise der kinderreichen Heuerlinge beidseits der heutigen Dielinger Straße. Wenn ich heute nach Rüschendorf fahre, sehen wir moderne Wohnhäuser und Höfe, die ihresgleichen suchen.“

Fazit: Die Menschen haben mit ihren ertragsschwachen Moor-flächen eine Chance bekommen. Das war ihr Recht und diese ha-ben sie genutzt

Eine weitere Äußerung machte in den 50er Jahren in weiser Vo-raussicht der damalige Dammer Kaufmann Franz Leiber vor Ein-leitung der Flurbereinigung der Niedermoorgebiete:

„Zieht einen hohen Zaun um die Moorgebiete und lasst nieman-den mehr hinein.“

sen vermehrt Flächen anzukaufen und die Angst vor der Unterschutzstellung (kalte Enteignung) landwirtschaftlicher Grünland-flächen wich einer immer vertrauensvoller werdenden Zusammenarbeit In mühse-liger Kleinarbeit konnte die Vorarbeit der Dümmersanierung beginnen Der landwirt-schaftliche Strukturwandel beidseitig des Dümmers setzte sich fort Betriebe, die sich zutrauten den immer härter werdenden Konkurrenzkampf in der Landwirtschaft aufzunehmen, nutzten die Möglichkeit, die nicht so ertragsfähigen Niederungsmoor-standorte am Dümmer zu verkaufen und von verkaufswilligen Landwirten besse-re Ackerflächen zu erwerben. So setzte zu dieser Zeit rund um den Dümmer ein erheblicher Flächenhandel mit anschlie-ßender Flurbereinigung ein Die von der öffentlichen Hand eingesetzten finanziel-len Mittel machten den Zukauf von mehr als 2500 Hektar naturerhaltender Fläche möglich Der Grundstücksankauf der öffentlichen Hand war der Grundstein einer sich entwi-ckelnden fairen Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft, die seitdem auf Basis von Pachtvertragsverhältnissen fortgeführt wird Peter Meyer-Hülsmann

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Landwirtschaft

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Wassersport

Die „Weiße Flotte“ ist das Herzstück des Wassertourismus am Dümmer Gegenwär-tig sind circa 1 800 Bootsliegeplätze regis-triert Die Wettfahrgemeinschaft Dümmer e V zählt 19 Segelclubs am See Jährlich finden ab Mai an jedem Wochenende Re-gatten unterschiedlicher Bootstypen statt, die alle im Regattajahrbuch verzeichnet sind Schon drei Mal fanden Weltmeister-schaften am Dümmer statt und im Jahr 2013 soll es wieder eine geben Wichtig für ein attraktives Segelsportrevier ist auch der Zustand der Hafen-Infrastruk-tur Einige Vereine haben in neue Hafen-anlagen investiert und die Stadt Damme macht Vorschläge zur Hafenentwicklung auf Basis eines städtebaulichen Entwick-lungskonzepts Diese Investitionen sichern die Qualität der Bausubstanz und schaffen ein attraktives Dümmerbild Zu Beginn der Tourismusentwicklung kannte man fast nur Paddelboote Mit der Weiterentwicklung des Freizeitvergnügens kamen Tretboote, Segelboote, Fahrgastschiffe und Elektro-boote hinzu Wichtiger Bestandteil der Nachwuchsförderung ist die Segelausbil-dung für Kinder und Erwachsene Gegen-wärtig bieten vier Segelschulen den Erwerb von Segelscheinen an Wasserstand- und Qualität sind wichtige Faktoren für Sportnutzung am Dümmer Die Beseitigung der Schlammbildung ist ein Dauerthema, das vom Land Niedersachsen bearbeitet wird Das Land entfernt jähr-lich rund 60 000 Kubikmeter und hält auf Dauer die Wasserfläche offen. Noch sind die Nährstoffbelastungen im Wasser hoch, doch Nährstoffreduzierung ist laut Gutach-ten durch einen Großschilfpolder möglich und in Planung Jährliche Klarwasserpha-sen fördern die Entwicklung der Unterwas-servegetation. Das ist gut für das „Öko-system Dümmer“ Die Vegetation entzieht dem Wasser Nährstoffe und wirkt als Filter für die Algen Experten bewerten das posi-tiv auf dem langen Weg der Seesanierung Die Kehrseite ist ein erhöhter Aufwand bei der Entkrautung der Hafenanlagen Tagestouristen, Wochenendgäste und Inlandurlauber wünschen sich vermehrt Komplettprogramme bestehend aus Frei-zeitspaß, Naturgenuss und Infotainment Sie alle lieben die Natur am Dümmer Dazu gehören die landschaftliche Schönheit und die Artenvielfalt Nutzung und Erhaltung der natürlichen Grundlagen ist die Heraus-forderung. Die Balance zu finden das ge-meinsame Ziel Detlef Tänzer

1) Werner Klohn, Probleme der Raumgestaltung in der Dümmerniederung, VSAG, Band 3, 1992

Wasserliegeplätze: 1382Landliegeplätze: 115Kleinsegelboote: 322Fahrgastschiffe: 7

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Tourismus

Das erste Aufkommen des sogenannten „Fremdenverkehrs“ kann ungefähr auf das Jahr 1850 datiert werden Zeitzeugen erzählen, dass der Verkehr auf dem See schon in der Mitte des vorigen Jahrhun-derts recht lebhaft war, und berichten von einer Besuchergruppe aus Diepholz, wo-nach 46 Personen am Himmelfahrtstag des Jahres 1886 einen Ausflug zum Dümmer machten und in drei Lembrucher Kähnen den See befuhren 1

Durch die Eröffnung der Eisenbahnlinie Hamburg-Ruhrgebiet (1873) und des Bahn-hofs Lembruch (1886) nahm der Reisever-kehr an der Ostseite des Dümmers zu und führte zu einer veränderten touristischen Gestaltung des Ufers in den Ortslagen Der entscheidende Impuls für den Besucher-verkehr und die Entwicklung der Westsei-te entstand durch die Fertigstellung der BAB 1 im Jahre 1968 als überregionalen Zubringer. Alte Quellen weisen auf die An-schaffung eigener Boote einiger Besucher ab 1911 bis 1920 und die Gründung des ersten Segelclubs im Jahre 1921 mit stei-gender Mitgliederzahl (33) bis 1926 hin.1 Der Errichtung des ersten Wochenendhau-ses 1923 in Hüde sollten bald weitere, vor allem in Lembruch, folgen Beginnend mit der touristischen Erschließung zeigten sich Nutzungskonflikte mit der Fischerei und dem Gewerbe der Binsenschneider, die durch die Einrichtung von abgegrenzten Badestellen gelöst werden sollten Die überörtliche Bedeutung des Sees wird im Raumordnungsplan für den Kreis Graf-schaft Hoya herausgehoben, da die Stadt-gebiete Bremen und Hannover zu dessen

Einzugsbereich gezählt wurden In diesem Plan wird vorgeschlagen, Lembruch als ei-nen Mittelpunkt für den Erholungsverkehr am Dümmer zu entwickeln In heutigen Regionalen Raumordnungsprogrammen der Landkreise Vechta, Osnabrück und Die-pholz sind die Bereiche Natur, Landschaft und Erholung als Ziele der Raumordnung festgelegt 1970 gründeten der Landkreis Vechta, die Stadt Damme und die Gemeinden Holdorf, Neuenkirchen-Vörden und Steinfeld den Zweckverband „Erholungsgebiet Dammer Berge“ Der Zweckverband hat die Aufga-

be „… das Erholungsgebiet Dammer Berge mit dem Ziele zu fördern, in diesem Raum die Landschaft zu erhalten und zu pflegen, die heimische Tier- und Pflanzenwelt zu schützen und eine naturnahe Erholung zu ermöglichen “ Seit 1999 existiert die vom Zweckverband geförderte Tourist-Infor-mation „Dammer Berge“ e V in der Stadt Damme Im Jahre 1972 gründete sich der Naturpark Dümmer Im 1977 fertiggestellten „Land-schaftspflegerischen Entwicklungsplan“ beschreiben die Kapitel „Fremdenverkehr“

und „Erholungseinrichtungen“ ausführlich den Bestand und den geplanten Ausbau der touristischen Infrastruktur Die Tourist-information Lembruch entstand 1972 und seit Dezember 2003 trägt der Verband den heutigen Namen „Tourismusverband Dümmerland e V “ Er ist Interessenvertre-tung aller touristischen Belange gegenüber Politik und Verwaltung Hauptaufgabe ist die Weiterentwicklung des touristischen Gesamtangebots sowie die Verknüpfung der gewerblichen Interessen mit den An-forderungen des Gastes Gewerbliche Tou-rismusorganisationen gibt es am Dümmer

seit fast 60 Jahren Im Jahre 2003 grün-dete sich aus der LEADER-Region Diep-holzer Moorniederung die „Touristik- und Entwicklungsagentur Diepholzer Moor-niederung e V “ kurz „DümmerWeser-Land Touristik - DWL“ Mitglieder sind 14 Kommunen aus den Landkreisen Diepholz, Vechta und Nienburg sowie der LK Diep-holz DWL vereinigt kreisübergreifend das touristische Marketing am Dümmer und in den umliegenden Moor-, Heide- und Waldlandschaften

Tourismus & Wassersport

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Landentwicklung

Verfahrensname Verfahrensart Teilnehmer Größe Laufzeit

Dümmer-Süd § 1 FlurbG 895 2451 ha 1989-2010

Dümmer-Schwege II § 86 FlurbG 862 ha 1989-2007

Osterfeiner Moor § 91 FlurbG 220 1050 ha 1997-2003

Damme-Osterfeine § 86 FlurbG 200 1404 ha 1998-2011

Damme-Rüschendorf § 86 FlurbG 105 981 ha seit 1998

Diepholz-Südwest § 1 FlurbG 370 1926 ha seit 1998

Diepholz-Südost § 1 FlurbG 530 2596 ha 1980/1998-2012

Dümmer-Schwege III § 86 FlurbG 283 1578 ha seit 2005

Betrieb TribbePrinzhöfte, LK Oldenburg

Betrieb Vogt/AhlertWagenfeld

Betrieb MeyerHusstädte, LK Melle

Grenze des Flurbereinigungsgebietes

Aussiedlerhof

öffentliche Flächen

1716

Das Konzept zur langfristigen Sanierung des Dümmerraumes von 1987/1992 be-schränkte sich nicht – wie es vordergründig den Anschein haben könnte – auf wasser-wirtschaftliche Maßnahmen am Dümmer See, sondern berücksichtigte das kom-plexe Wirkungsgefüge der verschiedenen Nutzungen und Ansprüche im regionalen Kontext

Die wachsende Beanspruchung des Düm-merraumes durch Landwirtschaft, Wasser-wirtschaft, Siedlungsentwicklung, Freizeit und Erholung verlangte ein integriertes Management aller vorhandenen Landnut-zungsansprüche und den umfassenden Einsatz des Landentwicklungsinstrumen-tariums zur Unterstützung der sektoralen Fachplanungen

Im Dümmerraum hat die Landentwick-lungsverwaltung dementsprechend in den vergangenen 25 Jahren nahezu flächende-ckend Flurbereinigungsverfahren zur Um-setzung der mit dem Sanierungskonzept verbundenen Projekte durchgeführt

Die Zielsetzungen der Flurbereinigungen beinhalteten neben der Existenzsicherung der betroffenen landwirtschaftlichen Be-triebe und der Neuordnung der agrar-strukturellen Verhältnisse insbesondere das notwendige Flächenmanagement für Naturschutzprojekte und für wasserwirt-schaftliche Maßnahmen Seit 1989 wurden beziehungsweise werden acht Flurbereini-gungsverfahren durch die Ämter für Land-entwicklung in Oldenburg, Osnabrück und Sulingen durchgeführt (siehe Tabelle und umseitige Karte).

Für die Naturschutzprojekte in der west-lichen Dümmerniederung (LIFE-Natur-Projekt), im Osterfeiner Moor (E & E-Vor-haben) und im Ochsenmoor (GR-Projekt und LIFE-Natur-Projekt), aber auch für die wasserwirtschaftlichen Projekte wie der Umleitung des Bornbaches waren Flächen in erheblichem Umfang in die Hand öffent-licher Eigentümer zu überführen Von 3255 Hektar als naturschutzfachlich wertvoll aus-gewiesener Fläche (Naturschutzgegebiete, Vogelschutzgebiete) stehen nach Durch-führung der Flurbereinigungen nunmehr

2 710 Hektar im Eigentum des Landes, der Landkreise Diepholz und Vechta sowie an-derer öffentlicher Eigentümer

Um eine effiziente Landbewirtschaftung zu ermöglichen und den landwirtschaftli-chen Betrieben eine zeitgemäße Infrastruk-tur bereitzustellen, wurde neben Flächen-tausch und Landbereitstellung auch das Wegenetz unter Beachtung der umfangrei-chen Ansprüche der verschiedenen Nutzer, insbesondere von Landwirtschaft, Natur-schutz und Tourismus, ausgebaut Insge-samt wurden in den acht Flurbereinigungs-verfahren 163 Kilometer Wege, davon 109 Kilometer in schwerer oder mittelschwerer Befestigung (Bitumen/Spurbahn), mit ei-nem Finanzaufwand von rund 15 Millionen Euro hergestellt

Das Flächenmanagement für öffentliche Planungs- und Maßnahmenträger einer-seits und für landwirtschaftliche Anforde-rungen andererseits sowie die Verknüp-fung mit Landentwicklungsprojekten lässt sich am Beispiel der Flurbereinigung Düm-mer-Süd im Besonderen aufzeigen

Im Zuge des Verfahrens Dümmer-Süd er-hielten der Landkreis Diepholz und das Land Niedersachsen im Bereich des Och-senmoores 950 Hektar zugeteilt Mit Blick auf das rund 2 500 Hektar große Ver-fahrensgebiet entstanden angesichts des Flächenbedarfes erhebliche Betroffenhei-ten bei den örtlichen landwirtschaftlichen Betrieben Neben großräumigen Flächen-tauschen in Bereiche Nordrhein-Westfa-lens, der Landkreise Vechta und Osna-brück musste durch Umsiedlung von drei landwirtschaftlichen Betrieben Entlastung geschaffen werden Im Zuge der Umsied-lungen wurden mit einem Aufwand von 2,1 Millionen Euro 130 Hektar für die ver-bleibenden Betriebe freigesetzt

Mit den Betriebsumsiedlungen konnten weitere Entwicklungen in Gang gesetzt werden Mit der Verwertung der Althof-stelle Tribbe in Dielingen konnte die Be-triebserweiterung der Firma „ZF Lemförder Metall“, einem wichtigen Arbeitgeber der Region, am Standort Dielingen ermöglicht werden Darüber hinaus konnte die Orts-

entwicklung Dielingens durch Bereitstel-lung von Erweiterungsflächen für Sportan-lagen unterstützt werden

Im Zuge der touristischen und naturschutz-fachlichen Entwicklung und Erschließung des Gebietes wurde die Wegenetzplanung abgestimmt und in den Wege- und Ge-wässerplan der Flurbereinigung integriert Als Teil des Radwegekonzeptes Dümmer wurden sieben Kilometer ländliche Wege südlich des Dümmers durch die Flurberei-nigung ausgebaut und ins Radwegenetz eingebunden In diesem Zusammenhang wurden in Kooperation mit den Ämtern in Oldenburg und Osnabrück auch Brücken über die Hunte erneuert

Mit Mitteln der Landentwicklung wurde zum einen der Aufbau der Naturschutzsta-tion auf der Althofstelle des ausgesiedelten Betriebes „Vogt/Ahlert“ gefördert sowie zum anderen die Sanierung des Schäferho-fes sowie der Umbau des Alten Schafstal-les unterstützt Beide Komplexe sind heute wichtige Einrichtungen in der südlichen Dümmerniederung

Die Flurbereinigung Dümmer-Süd hat das Forum geboten, wasserwirtschaftliche, naturschutzfachliche, touristische und landwirtschaftliche Planungen und Inte-ressen zusammenzuführen Dies doku-mentiert sich zuletzt auch darin, dass mit dem Wege- und Gewässerplan planungs-rechtliche Regelungen für gewässerbauli-che Maßnahmen und Wiedervernässungs-maßnahmen zugunsten von Naturschutz und Wasserwirtschaft getroffen werden konnten

Angesichts des beispielhaften Charakters wurde das „Dümmer-Projekt“ 1997 bei Internationalen Grünen Woche (IGW)“ in Berlin einem breiten Publikum unter dem Motto „Landschaftsraum Dümmer: Regio-nale Eigenart / Attraktive Vielfalt“ vorge-stellt Unter intensiver Beteiligung örtlicher Akteure wurden die Schwerpunkte Natur – Mensch – Landwirtschaft (Freizeit und Erholung – Naturschutz – Flurbereinigung) veranschaulicht Christian Schönfelder

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Flurbereinigungsgebiete

öffentliche Flächen

1918

Flurbereinigung Damme-Osterfeine

1998 - 2011

FlurbereinigungDamme-Rüschendorf

seit 1998

FlurbereinigungDümmer- Schwege III

seit 2005

FlurbereinigungDümmer- Schwege II

1989 - 2007

FlurbereinigungDiepholz-Südwest

seit 1998

Beschleunigte ZusammenlegungOsterfeiner-Moor

1997 - 2003

FlurbereinigungDiepholz-Südost

1980-2012

FlurbereinigungDümmer-Süd1989 - 2010

Übersichtskarte zur Landentwickung

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Dümmer- konferenz 1985

28 August 1985 – Ein großer Tag für den Dümmer

Das Forum der Berufsbildenden Schulen in Diepholz war am 28 August 1985 Schau-platz der großen Dümmerkonferenz Sie diente der Unterrichtung und Meinungs-bildung der Landesregierung und wurde vom damaligen Ministerpräsidenten Dr Ernst Albrecht persönlich geleitet „Wir haben diese Form gewählt, um ein mög-lichst hohes Maß an Transparenz für die Bevölkerung der Landkreise Diepholz und Vechta (...) herstellen zu können“, so der Regierungschef

Den ganzen Vormittag wurde über das damals schwierigste Problem, nämlich der Konfliktlage der Landwirtschaft auf der einen Seite und dem Naturschutz auf der anderen Seite, diskutiert „In der Dümmer-niederung überschneiden sich die Interes-sen von Naturschutz, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft“, so formulierte es der Landesbeauftragte für Umweltschutz, Prof Dr Georg Redeker, in seinem Eingangsre-ferat diplomatisch Landwirtschaftminister Gerhard Glup wurde da schon deutlicher und benannte das Problem, das den Stein ins Rollen gebracht hatte: „Ich glaube, meine Damen und Herren, wir würden hier überhaupt nicht sitzen, wenn man die Gül-le als Dünger genutzt und diese Flächen nicht als Deponieraum benutzt hätte “ Allgemein könnte man die damalige Aus-gangslage wie folgt beschreiben: Wenn die „Nebenwirkungen“ der Tätigkeiten einzel-ner Nutzergruppen in einer Region als stö-

rend, unverhältnismäßig oder gar schädlich empfunden werden, gerät diese Region in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung Die unterschiedliche subjektive Raumbe-wertung, die unterschiedlichen Vorstellun-gen über die Region und ihre zukünftige Entwicklung wurden auf der Dümmerkon-ferenz sehr deutlich

Nach der Mittagspause waren die Ergeb-nisse des Limnologischen Gutachtens zur Dümmersanierung von Prof Dr Wilhelm Ripl Thema der Diskussion Seine dama-ligen Aussagen haben ihre Gültigkeit bis heute nicht verloren Das von ihm vorge-schlagene Maßnahmenpaket zur Seesanie-rung konnte aber bis zum heutigen Tage noch nicht vollständig umgesetzt werden Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Zusammenhänge komplizierter sind, als auf den ersten Blick angenommen Das Diepholzer Kreisblatt formulierte es am 30 8 1985 wie folgt: „Professor Dr Ripl, der sein Dümmergutachten mit der Anlage eines Schilfpolders als Kernpunkt erläuter-te, verunsicherte den Ministerpräsidenten zunächst etwas, als er feststellte, dass die Hunte durchaus normale Phosphat- bezie-hungsweise Nitratmengen mit sich führe, weil er - zunächst - nicht darauf hingewie-sen hatte, dass auch diese Normalmen-ge beim Eintritt in ein mehr oder weniger stehendes Flachgewässer auch schon zu viel sei “

In der abschließenden Gesprächsrunde wurden Konflikte zwischen Fremdenver-kehr, Naturschutz und Landschaftspflege erörtert Ministerpräsident Albrecht war sichtlich genervt von den Diskussionen, als er bemerkte:“ (...) das betrifft nicht die Grundlage des Ganzen, was wir hier be-sprechen, sondern das sind die üblichen Fragen des rechten Maßes in der Aus-übung des Segelns, des Surfens und der anderen sportlichen Aktivitäten (...)“

In der Zusammenfassung der Diskussions-ergebnisse der Dümmerkonferenz betonte der Ministerpräsident: „Wir wollen, dass der Dümmerraum als Feuchtgebiet von in-ternationaler Bedeutung im echten Sinne des Wortes erhalten bleibt und geschützt wird. (...) Es ist klar: Wir müssen alles tun, was wir überhaupt tun können, um die Nährstofffracht des Dümmers zu verrin-gern (...). Für mich ist ziemlich deutlich, daß wir auf jeden Fall das, was uns geraten wird von den Limnologen ( ...) tun müssen, nämlich den Weg der Schilfpolder zu ge-hen (...).“

Die auf der Konferenz diskutierten Lö-sungsvorschläge (Flächenankauf, Güllever-wertung und Gülle-Export) konnten die Probleme entschärfen und heute dürfen wir festhalten, dass das Verhältnis zwi-schen Landwirtschaft und Naturschutz am Dümmer sehr gut ist Dieter Tornow

Teilnehmer an den Gesprächsrunden: Ministerpräsident Dr. Ernst Albrecht (CDU), Landesbeauftragter für Umweltschutz Prof. Dr. Georg Re-deker, Landwirtschaftsminister Glup (CDU), Kreisnaturschutzbeauftragter(Lk Diepholz) Hilmar Schoepf-fer, Kreislandwirt (Lk Vechta) Josef Höltermann, Kreislandwirt (LK Diepholz) Wilhelm Oetker, Prof. Dr. Hans-Wilhelm Windhorst (ISPA, Hochschule Vechta), Prof. Dr. Heinz Vetter (Landwirtschaftliche Unter-suchungs- und Forschungsanstalt Oldenburg, LUFA), Prof. Dr. Dr. Weber (Hochschule Vechta) , Prof. Dr. Herbert Kuntze (Nds. Landesamt für Bodenkunde), Prof. Dr. Vauk (Vogelwarte Helgoland), Andreas Helbig (Zivildienstleistender beim Deutschen Bund für Vogelschutz), Prof.Dr. Ripl (TU Berlin), Ministerialdi-rigent Gerhard M. Veh (ML), Dr. Jens Poltz (Nds. Landesamt für Wasserwirtschaft), Hans-Georg Schmidt (Verkehrs-und Verschönerungsverein Lembruch), Hans-Michael Heise (Oberkreisdirektor Lk Diepholz), Wilhelm Bitter (Oberkreisdirektor, Lk Vechta).

Presseecho am 29 August 1985:

Bildzeitung: „Albrecht rettet den Düm-mersee“

Die Hannoversche Allgemeine „Dem Dümmer fehlen die grünen Wiesen“

Die Münsterländer Tageszeitung: „Alb-recht: Landwirte sollen weiter gut leben können“

Hannoversche Neue Presse: „Millionen-programm für den Dümmer“

Neue Osnabrücker Zeitung: „Albrecht: Bis zum Jahresende Konzept für Dümmersa-nierung“

Nordwestzeitung: „ Experten fordern für Dümmer Güllestopp“

Nordwestzeitung: „Zum Konferenz-schluss große Vorsätze: Der Dümmer soll saniert werden“

Oldenburgische Volkszeitung: „Am Dümmer muß endlich Klarheit geschaf-fen werden Kernfrage: Abgrenzung der Ansprüche von Landwirtschaft und Naturschutz“

Weser-Kurier: „Viele zigmillionen Mark zur Dümmersanierung“

Diepholzer Kreisblatt: „Keine neuen Ge-setze zur Dümmerrettung nötig“ Bildzeitung, 29 08 1985

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Kommentar aus einem Leserbrief vom 15.11.1984 der OLDEN- BURGISCHEN VOLKSZEITUNG in VechtaIch halte das ökologische Gutachten zum Dümmerbewirtschaftungsplan als eine Perversion des Denkens. Wer 4800 ha wieder vernässen will, der opfert vernünftige ökonomische Interessen. Wie heißt es noch: „Wenn es dem Fuchs zu gut geht, geht er aufs Eis“. Wo sind wir denn? Etwa im Schlaraffenland? Können wir uns das überhaupt leisten 4800 ha wiederzuvernässen, von denen man sonst große Mengen Veredlungsprodukte produzieren bzw. volkswirt-schaftlich zugänglich machte? Unter großem Einsatz vergangener Generati-onen hatte man es im Osterfeiner Moor und im Ochsenmoor geschafft, übri-gens sowohl mit staatlichen Geldern als auch dem der Grundstückseigentümer, die Region zu entwässern und volkswirtschaftlich nutzbar zu machen. Soll das alles für die Katz gewesen sein?

An diesem Leserbrief wird deutlich, dass es der älteren Generation schwer gefallen ist, den Zeitwandel, der innerhalb einer Generation vom Hunger zum Wohlstand führte, zu verstehen Die heutigen Generationen haben immer ge-nug zu essen gehabt und können es sich erlauben, anders zu denken

Wegweisende Veranstaltungen

Die Dümmerkonferenz am 28 August 1985 unter der Leitung des damaligen Ministerpräsidenten Dr Ernst Albrecht brachte die Landwirtschaft in Aufruhr Das Land Niedersachsen suchte neue Lösungs-ansätze zur Sicherstellung des Naturrau-mes Dümmer Fachleute aller Richtungen wurden an den Verhandlungstisch geladen und die Landwirtschaft hatte Sorge, dass sie nicht genügend beteiligt würde Man sprach von mehreren tausend Hektar, die extensiviert werden sollten Gleichzeitig sollte in der veredlungsstarken Region um den Dümmer die Ausbringung der Gülle auf landwirtschaftliche Flächen reduziert werden Nach neuer Regelung waren maxi-mal drei Dungeinheiten je Hektar (1 DE = 7 Schweinemastplätze) vorgesehen. Naturschutz, Wasserwirtschaft, Land-wirtschaft und Erholung/Fremdenverkehr gleichzeitig auf einen Nenner zu bringen, war ein Vorhaben, das großes Verhand-lungsgeschick und Einfühlungsvermögen für Mensch, Tier und Natur erforderte Insgesamt sollten 4 200 Hektar im Düm-merraum der intensiven landwirtschaft-lichen Nutzung entnommen und nach einem Pflege- und Entwicklungskonzept bewirtschaftet werden beziehungsweise zu einem Feuchtwiesengebiet umgestaltet werden Am 28 November 1986 veranstaltete das Niedersächsische Landwirtschaftsmi-nisterium unter Federführung von Land-wirtschaftsminister Dr Burkhard Ritz mit allen betroffenen Fachbehörden vormit-tags in Marl und nachmittags in Damme eine Informationsveranstaltung zur Um-setzung des Sanierungskonzeptes in der Dümmerregion

Der Minister rief und alle kamen Die Landwirte waren emotional aufge-bracht und besonders die Bauern aus den Niederungsgebieten des Dümmers waren besorgt um die Existenz ihrer landwirt-schaftlichen Betriebe, die zum Teil mit mehr als die Hälfte der Flächen betrof-fen waren Sie wollten nicht zu Staatsdie-nern und Landschaftspflegern degradiert werden Sie bangten nicht nur um ihre Flächen, die sie möglicherweise über naturschutzrecht-liche Maßnahmen ohne wertentsprechen-dem Ausgleich verlieren würden, sondern auch um den Fortbestand ihrer Viehhal-tung, die ohne Fläche nicht mehr möglich sein sollte Die Reaktion der Bauern war verständlich Sie rüsteten zum Aufstand und kamen mit Transparenten und einer gehörigen Wut im Bauch, besonders zur Veranstaltung nach Damme Man empfand dieses Konzept als Kriegserklärung und verglich die Art und Weise der Durchsetzung der Maßnahme mit der Enteignung der landwirtschaftli-chen Flächen in der DDR Aussprüche wie „Dich hat doch der Honecker geschickt“ oder „Graugänse stehen unter Schutz – wer schützt uns“ war auf den Plakaten zu lesen Der Saal in Damme war bis zum allerletz-ten Platz gefüllt Zwischen dem Podium und dem rund 30 Meter entfernten Aus-gang kochten die Emotionen des Publi-kums und man machte sich bereits Sorgen um die Vertreter der Landesregierung Nach einer dreistündigen, heftig und laut-stark geführten Debatte war auch dem Minister klar, dass dieser Weg nicht durch-setzbar war Diese beiden Veranstaltungen

sind den vielen Betroffenen auf beiden Seiten sicherlich dauerhaft in Erinnerung geblieben Ein gemeinsamer Weg wurde gefundenIn den Monaten danach wurden Wege ge-sucht und gefunden, die früher oder später eine Akzeptanz bei den Behörden und der Landwirtschaft fanden Die Vertreter des Naturschutzes bildeten den Dümmeraus-schuss und die Landwirte gründeten einen Dümmerrat Beide Seiten bemühten sich in den Folgejahren, ihre Ziele zu verfolgen Da die Landwirtschaft nur wenig Chan-cen sah, sich grundlegend zu verwehren, wurde dem Land Niedersachsen signali-siert, Veränderungen ja, aber nur wenn die Flächen vom Land oder Bund erwor-ben werden Die Landwirtschaft verzich-tete überwiegend auf den Umbruch von Grünlandflächen und die Öffentliche Hand erwarb immer wieder Flächen, um die-se naturnah zu bewirtschaften Ein Weg der Erfolg hatte. Über weitere flankieren-de Maßnahmen wurde ein System der Gülleverwertungen aufgebaut, um den tierischen Dünger in Regionen auf land-wirtschaftlichen Flächen auszubringen, in denen es nur wenig Gülle gab Parallel durchgeführte Betroffenheits-analysen ergaben weitere Möglichkeiten, nach denen im Rahmen verschiedener Flächenumlegungsverfahren Flächen ge-tauscht werden konnten und wirtschaft-liche Vorteile für die Eigentümer genutzt wurden In nur wenigen Jahren wurde so aus miss-trauischen und verhärteten Fronten ein respektvolles Miteinander, welches man sich nach den Veranstaltungen in Marl und Damme hätte nicht vorstellen können Peter Meyer-Hülsmann

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Sanierungskonzept

Dümmersanierungskonzept Auszüge aus dem Konzept zur langfristi-gen Sanierung des Dümmerraumes vom 27 02 1987

„Die vielfältige Beanspruchung des Düm-merraumes durch Landwirtschaft, Wasser-wirtschaft, Besiedlung und Fremdenverkehr hat im Laufe der vergangenen Jahrzehnte zu einer zunehmenden Beeinträchtigung und Gefährdung der ökologischen Werte dieser Landschaft geführt. ( ... )

Um die den Schutzzielen abträglichen Ver-änderungen der Landschaft einzudämmen und soweit wie möglich wieder zurückzu-führen, sollen Sanierungsmaßnahmen für den Dümmer selbst, als auch für die um-gebende Dümmerniederung, durchgeführt werden. (...)

1 Naturschutz

Dauerhafte Erhaltung der für den Natur-schutz wertvollen Bereiche des Dümmers und der Dümmerniederung mit den natur-raumspezifischen Pflanzen- und Tierarten; dazu gehört auch die Wiederherstellung von besonderen Biotopen, soweit diese er-heblich beeinträchtigt oder zerstört sind

2 Wasserwirtschaft

Erhaltung einer offenen Wasserfläche des Dümmers und die Verbesserung der Ge-wässergüte der Oberflächengewässer und des Grundwassers durch Verminderung der Nährstoffeinträge

3 Landwirtschaft

Sicherung der Existenzen der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe unter Berück-sichtigung einer an den Belangen von Na-turschutz und Wasserwirtschaft orientier-ten Bodennutzung

4 Erholung und Fremdenverkehr

Erhaltung des Dümmers und der Dümmer-niederung als Erholungsraum

Danach ist eine Lösung zu verfolgen, die einerseits den Belangen des Naturschut-zes gerecht wird, andererseits die Existen-zansprüche der Landwirtschaft und des Fremdenverkehrs sichert und dabei auch die wasserwirtschaftlichen Funktionen des Dümmerraumes berücksichtigt

( ... ) Zu ihrer Verwirklichung haben sich Naturschutz, Landwirtschaft, Wasserwirt-schaft und Fremdenverkehr zu kooperati-ver Zusammenarbeit bekannt “

Den vollständigen Wortlaut in der 1992 ak-tualisierten Fassung finden Sie im Internet auf der Seite des Hunte-Wasserverbandes: www hunte-wasserverband de Doris Kleinwächter

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Gentlemen`sAgreementStillhalteabkommen zwischen Landwirtschaft und Landwirtschaftsministerium

Die Entwicklung und der Erhalt von Feucht-wiesen mit Sumpfdotterblumen, Wiesen-schaumkraut und seltenen Wiesenvögeln rund um den Dümmer war ein zentrales naturschutzfachliches Ziel des Dümmersa-nierungskonzeptes. Nahezu alle Zielflächen befanden sich 1987 im Privatbesitz und es war praktisch unmöglich, von heute auf morgen Ersatzflächen oder Ankaufpro-gramme für 4 400 Hektar landwirtschaft-lich genutzter Flächen aus dem Boden zu stampfen

Gesamtkonzept nicht gefährdenMinisterpräsident Dr. Ernst Albrecht (CDU) hatte auf der Dümmerkonferenz 1985 das Problem benannt: „(...) es gibt einen heik-len Punkt, nämlich, daß in der Phase, wo man miteinander diskutieren muß, die Be-dingungen der Diskussion nicht verändert werden dürfen, daß heißt dort, wo das ört-liche Landvolk uns sagt, wir übernehmen die Garantie dafür, daß in der Zeit der Dis-kussion nicht weiter umgewandelt wird in Ackerland, da brauchen wir nicht mit einer einstweiligen Sicherstellung zu kommen “1

Unter Landwirtschaftsminister Dr Burk-hard Ritz (CDU) hatten sich die Landwirte im März 1987 verpflichtet, auf den für den Naturschutz vorgesehenen Flächen nichts zu verändern beziehungsweise Verände-rungen nur nach genehmigten Antrag vorzunehmen Im Gegenzug erklärte sich die Landesregierung bereit, auf eine einst-weilige Sicherstellung des Gebietes zu verzichten Dieses „Gentlemen’s Agree-ment“ wurde in einem Gespräch mit den Staatssekretären aus dem Landwirtschafts-ministerium, Uwe Bartels (SPD), und dem Umweltministerium, Peter Bulle (Grüne), am 15 April 1991 konkretisiert

Das „Gentlemen’s Agreement“ beinhaltete für die in der Kernzone liegenden Flächen nachstehende freiwillige Vereinbarungen:

• Die betroffenen Landwirte verzichten freiwillig auf die Grünlandumwandlung zum Zwecke der Ackernutzung sowie auf weitere Entwässerungsmaßnahmen und Reliefänderungen

• Soweit ein Grünlandumbruch zur Erneu-erung der Grünlandnarbe erfolgen soll, ist dies der oberen Naturschutzbehörde rechtzeitig anzumelden

• Die im Kerngebiet Ochsenmoor liegen-den Flächen werden nicht zur Gülledün-gung herangezogen

Die Einhaltung des Verzichts wird gemein-sam von den Landvolkverbänden und den Landkreisen überwacht Bei Zuwiderhand-

lungen behält sich die Landesregierung vor, das gesamte künftige Naturschutzgebiet insgesamt einstweilig sicherzustellen

Verstöße wurden konsequent geahn-det - einstweilige Sicherstellung des OchsenmooresNachdem das Tiefpflügen von Flächen im Dümmerbereich durch Anweisungen der Bezirksregierung und des Landkreises Os-nabrück gestoppt worden war, wandte sich Landwirtschafts-Staatssekretär Uwe Bartels mit einer „ernsten Mahnung“ an die Land-wirte 2 Als dann Anfang Februar 1992 drei große Wiesenflächen im Ochsenmoor mit Gülle gedüngt wurden3, war die einstwei-lige Sicherstellung des Ochsenmoores als Naturschutzgebiet am 20 Februar 1992 die absehbare Folge Praktisch gesehen war sie allerdings nur ein symbolischer Akt, denn zu diesem Zeitpunkt war bereits der größte Teil des Ochsenmoores mit finan-zieller Unterstützung des Bundes und des Landkreises Diepholz von der öffentlichen Hand aufgekauft worden Dieter Tornow

Gewichtung und Ausblick

Mit dem Abstand von 25 Jahren ist dieses „Gentlemen’s Agreement“ ein Beleg für zwei wichtige Erkenntnisse und vielleicht auch Vorbild für weitere Sanierungsschritte:

1 Die überwiegende Zahl der Land-wirte hat das Gesamtkonzept Düm-mersanierung mit den Zielrichtungen Naturschutz, Landwirtschaft, Was-serwirtschaft und Fremdenverkehr aktiv unterstützt und dabei zwischen-zeitlich auch betriebswirtschaftliche Nachteile in Kauf genommen

2 Konsequentes Regierungshandeln hat dafür gesorgt, dass heute 2 710 Hektar landwirtschaftlicher Nutzflä-chen im Besitz der öffentlichen Hand sind und das Naturschutzpotenzial der Dümmerniederung bewahrt wer-den konnte

3 Ein ähnliches Vorgehen, mit dem Ziel „Ausweisung von Wasserschutz-gebieten im Einzugsgebiet der Hun-te vor dem Dümmer“, könnte die Nährstoffbelastung des Sees deutlich verringern helfen und die Wirksam-keit des geplanten Großschilfpolders zur Reinigung der Hunte nachhaltig unterstützen

1 Wortprotokoll der Dümmerkonferenz, S 912 Oldenburgische Volkszeitung vom 6 Januar 19923 Diepholzer Kreisblatt vom 8 Februar 1992

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Vorweg ein Zitat von Karl-Heinz Schliep aus der Chronik „50 Jahre Wasser- und Bo-denverband Ochsenmoor“, das uneinge-schränkt für dieses Kapitel gilt:„Es ist sicher nicht vollständig und vielleicht aus der Sicht anderer auch nicht ganz rich-tig - ich habe die Zeit so in Erinnerung “

1984 Den Stein ins Rollen gebrachtDie Naturschutzbewegung vor Ort wird „politisch“ Mit einem Vorlauf von zwei Jahren bündeln 10 niedersächsische Natur-schutzverbände ihre Fachkompetenz im so-genannten Dümmerausschuss: Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH), Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Deutscher Bund für Vogelschutz (DBV) - heute Naturschutzbund (NABU), Landesverband Bürgerinitiative Umwelt-schutz, Mellumrat, Niedersächsischer Heimatbund (NHB), Naturschutzverband Niedersachsen (NVN), Landessportfischerei-verband, Umweltstiftung WWF, Wiehenge-birgsverband Zum Vorsitzenden wurde Dr Walter Unteutsch gewählt Auf ihn folgten Bernd Averbeck und Andreas Pawelzik Die ehrenamtliche Geschäftsführung über-nahm Dieter Tornow und später Dr Mar-kus Richter Kernanliegen des Dümmeraus-schusses war die Sanierung des Dümmers und seines Umlandes sowie eine möglichst weitgehende Ursachenbekämpfung

1987 Realisierbare Ziele formuliertKurz vor der Verabschiedung des Kon-zeptes zur langfristigen Sanierung des Dümmers und seines Umlandes im Februar 1987, wird der Dümmerrat der Landwirte gegründet Vorsitzender war erst Bernhard Schildmeyer und später Christoph Hein-rich Wielenberg Das Kernanliegen des Dümmerrates ist die Verhinderung einer einstweiligen Sicherstellung Naturschutz soll nur auf Flächen, die der Staat vorher gekauft hat und/oder auf freiwilliger Basis (Vertragsnaturschutz) stattfinden.

1992 Arbeit wird institutionalisiertDie Naturschutzstation Dümmer nimmt ihren Probebetrieb auf Der Dümmeraus-schuss bittet die BSH, den Mellumrat und den NABU, sich aktiv an der Arbeit der Naturschutzstation Dümmer zu beteiligen Um die Kooperation mit dem Land Nieder-sachsen zu vereinfachen, wurde 1993 der

Naturschutzring Dümmer e V gegründet Der Verein ist seit 1993 Kooperationspart-ner des Landes Vorsitzender ist jeweils ein Vertreter der drei Verbände nach dem Rotationsprinzip

1993 Menschen vor Ort mitnehmenDie Auseinandersetzungen über die Be-fahrensregelung auf dem See (Winter-befahrensverbot) war der Anlass für die Gründung der Interessengemeinschaft Dümmer (IG Dümmer) im November 1993. Vorsitzender ist Dr Georg Höfelmeier Das Hauptthema der IG Dümmer ist die Sanie-rung des Sees und Naturschutz mit den Menschen vor Ort Um sich an der Arbeit der Naturschutzstation Dümmer zu beteili-gen, wurde 2009 die Natur- und Umwelt-schutzvereinigung Dümmer e.V. (NUVD) gegründet Der Verein ist seit 2010 Koope-rationspartner des Landes Niedersachsen Vorsitzender ist Prof Dr Norbert Nowack

1999 Verantwortung übernommen Der Verein „Naturraum Dümmerniederung e V “ wurde gegründet, um die zukünftige Entwicklung der naturnahen Kulturland-schaft in der Dümmerniederung zu fördern und zu begleiten Er zählt zu den weni-gen Vereinen bundesweit, dem Unterneh-men, öffentliche Einrichtungen, Behörden und Organisationen des Umwelt- und Naturschutzes in einer Organisation un-ter gemeinsamen Zielen verbunden sind Gründungsmitglieder sind die Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH), die Kreissparkasse Diepholz, der Mellumrat, der Naturschutzbund Dümmer, die Samtgemeinde Lemförde, die Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz, der Unterhaltungsverband Hunte, die ZF Lem-förder Fahrtechnik AG und Co. (jetzt ZF Friedrichshafen AG). Etwas später kamen die Städte Damme und Diepholz hinzu Das Anliegen des Vereins ist die langfristige Sicherung der Landschaftspflege mit Scha-fen und die Schaffung einer Kommunika-tionsplattform (Alter Schafstall). Vorsitzen-der wurde Bernd Habersack, der 2012 von Reinhard Buhl abgelöst wurde

2006 Alle an einem TischSeit 2006 trifft sich zweimal im Jahr das so-genannte Dümmerforum (siehe Seite 34). Dieter Tornow

Zitat Dr Burkhard Ritz am 27 11 1986 in Damme:

„Meine Damen und Herren, wenn jeder glaubt nur mit seiner Überzeugung, mit seiner eige-nen Meinung hier durchzukommen und sie zum Maßstab allen Handelns bringt, dann werden wir scheitern, dann werden wir es nicht schaffen. (…) Wir leben nun mal in dieser verdammt harten Pflicht, in dieser Welt insgesamt, entweder fähig sein zu Kompromissen und damit auch zum Ausgleich oder unterzugehen “

Interessen-verbände- Nach und nach ins gemeinsame Boot

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Umweltbildung & Natur erleben

Zu dem sogenannten „Dümmer-Kleeblatt“ zählen das Dümmer-Museum in Lem-bruch, die Naturschutzstation in Hüde, die Dümmer-Vogelschau in Dümmerlohausen und der Schäferhof südlich des Sees an der Hunte Dort werden den Besuchern Natur-kunde, Vogelkunde und Kulturlandschafts-geschichte anschaulich und nachvollzieh-bar vermittelt Die Naturschutzstation und das Dümmer-Museum in Lembruch sind vom Kultus-ministerium mit der Zielrichtung „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ als außer-schulischer Lernstandort der Regionalen Umweltbildungszentren (RUZ) des Landes Niedersachsens anerkannt worden Ein um-fangreiches Programm an naturkundlichen Führungen und Mitmach-Angeboten wird vorgehalten und informative Natur-Erleb-nispfade ergänzen das Umweltbildungsan-gebot aller „Kleeblätter“ Im Dümmer-Museum kann man zum Bei-spiel aktuelle Informationen und Hinter-grundinformationen über die Wasserqua-lität im See an einem Touch-Screen PC abrufen: Wassertemperatur, Algenmen-ge im Wasser (incl. Blaualgen), Sichttiefe, Sauerstoff, pH-Wert und Leitfähigkeit Ein Teichaquarium neben dem Museum gibt Einblicke in die Unterwasserwelt eines Flachsees Unter fachlicher und pädagogischer An-leitung können Kinder, Jugendliche und interessierte Erwachsene in der von der deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) finanziell geförderten „Forschungsstation Leben im Wasser“ arbeiten wie „echte“

Forscher Ausgerüstet mit Planktonnetz, Bodengreifer, Messgeräten und Mikros-kop können die Besucher der Sache auf den Grund gehen: Plankton kennenlernen, Messwerte erfassen, Landschaft erkunden und Dümmersanierung verstehen

Die häufigste Frage am Dümmer: Warum haben wir seit Mitte der 1990er Jahre verstärkt Blaualgen im Dümmer-Wasser?Es klingt paradox, doch die Verbesserung der Reinigungsleistung der Kläranlagen im Einzugsgebiet des Dümmers hat den Blaualgen unfreiwillig die Tür geöffnet Seit Anfang der 1990er Jahre kommen sehr viel weniger Nitrate in den See, sodass das Wachstum der Grünalgen jetzt schon zu Beginn des Sommers ins Stocken gerät (Klarwasserphasen). Das ist grundsätzlich gut, denn die Grünalgen sind und waren verantwortlich für die Verschlammung des Sees und das trübe Wasser, sodass keine Unterwasserpflanzen (Makrophyten) mehr wachsen konnten Zusätzlich beschleuni-gen warme Frühjahrsmonate den Abbau von Nitraten zu Luftstickstoff Blaualgen können diese ökologische Nische nutzen Blaualgen, wie die „Grüne Spanalge“, brauchen keine Nitrate Sie können den im Wasser gelösten Stickstoff aus der Luft mithilfe von Spezialzellen (Heterocysten) zu „Stickstoff-Dünger“ umbauen Solange es noch einen Überfluss an Phosphor-Dünger im Wasser des Dümmer gibt, können die Blaualgen ungebremst wachsen Wenn es gelingt, die Zufuhr von Phosphor-Nähr-stoffen aus dem Einzugsgebiet deutlich zu reduzieren und langfristig wieder Unter-wasserpflanzen im Dümmer zum Wachsen zu bringen, dann kann die Dominanz der Blaualgen gebrochen werden Jürgen Göttke-Krogmann

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Über Jahrhunderte bildeten die großen Moore mitsamt dem See am Westrand der Diepholzer Moorniederung eine na-türliche Grenze für Kontakte zwischen der diesseits und jenseits ansässigen Be-völkerung Diese Barrierewirkung wurde durch die unterschiedliche konfessionelle Ausrichtung, die sich im 16 Jahrhundert konstituierte, verstärkt Schon vor der Markenteilung (2. Hälfte 19. Jahrhundert) waren die übergeordneten Grenzen von Nord nach Süd zudem etwa in der Mitte dieser Moore festgesetzt worden

Ein erster großer Schritt zur Überwindung dieser Grenzen war der Staatsvertrag von 1903, in dem die Länder Preußen und Oldenburg miteinander die „grenzüber-schreitende“ Regulierung der Hunte ver-einbarten Daraus ergaben sich enorme Kultivierungsmaßnahmen im Einzugsge-biet der Hunte und der Großen Aue bis hin zur Gründung des Hunte-Wasser-verbandes im Jahre 1938, der bis in die Gegenwart über die Grenzen hinweg agiert Er führte zum Beispiel die Eindei-chung des Dümmers durch und bewirk-te großflächige Meliorationen in der Dümmerniederung

Mit Gründung des Landes Niedersachsen 1948 waren diese aus den naturräumli-chen, kulturell-landsmannschaftlichen Zu-sammenhängen resultierenden Barrieren natürlich nicht sogleich überwunden Eine wichtige Voraussetzung, um Kontakte und Kooperationen aufbauen, verstärken beziehungsweise pflegen zu können, war die Verbesserung der Wege-, Straßen- und Schienenverbindungen Die größeren Viehmärkte (Stoppelmarkt, Diepholzer und Brockumer Markt) waren und sind seit je her Gelegenheiten für Kommuni-kation und Handel Dennoch brauchte es lange, bis wechselseitige Vorbehalte abgebaut werden konnten Im naturtou-ristischen Bereich wurde mit Einrichtung des „Naturpark Dümmer“ 1972 „grenz-übergreifend“ zusammengearbeitet Das „Städtequartett“ Diepholz, Vechta, Loh-ne, Damme hat schließlich in kultureller Hinsicht für Annäherung gesorgt

Das Programm der niedersächsischen Landesregierung zur Sanierung des Düm-merraumes hat hier ganz wesentlich zur „Völkerverständigung“ beigetragen Gro-ße Teile des den Dümmer umgebenden Niedermoorgrünlandes wurden mit dem Ziel einer Vernässung der Kernzonen zu Naturschutzgebieten erklärt In mehre-ren begleitenden Flurbereinigungsverfah-ren wurde ein fairer Interessensausgleich gesucht und gefunden, der nachhaltig zum Abbau bestehender Ressentiments führte In diesen Verfahren konnte auch das Gefälle der Boden-/Katasterrichtwer-te beiderseits der „Grenze“ gerichtsfest überwunden werden

Hinsichtlich der Grenzen überwinden-den Verwaltungs- und Kommunikations-strukturen ist auch die Einrichtung der Naturschutzstation Dümmer 1993 ein Meilenstein Die damaligen Bezirksregie-rungen Hannover und Weser-Ems konn-ten sich nach anfänglichen Vorbehalten genauso darauf verständigen, die Station gemeinsam zu betreiben, wie die beiden Betriebsstellen Hannover-Hildesheim und Brake-Oldenburg des heutigen Nieder-sächsischen Landesbetriebes für Wasser-wirtschaft, Küsten- und Naturschutz, die dies erfolgreich fortführen Durch die Ko-operation mit den örtlich aktiven Natur-schutzverbänden unter einem Dach wird die neue Art zu denken und zu handeln noch zusätzlich unterstrichen

Der vom ehemaligen Deichpflegehof des Hunte-Wasserverbandes zum Landschafts-pflegehof umfunktionierte „Schäferhof“ mit dem Verein Naturraum Dümmernie-derung e V als Träger ist ein ausgezeich-netes Beispiel für das Motto „Grenzen überwinden“ Im Grenzbereich von vier Landkreisen und zwei Bundesländern wird von hier wertvolles Feuchtgrün-land in den umliegenden Schutzgebieten gepflegt und darüber hinaus ein Forum für die Kommunikation zwischen unter-schiedlichen Interessen, Meinungen und Akteuren geboten So nutzt das „Düm-merforum“ seit dem Jahr 2006 diese Be-gegnungsstätte zweimal im Jahr

Jürgen Göttke-Krogmann / Irmgard Remmers

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Grenzen überwinden (Oldenburg und Hannover)

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v l n r Dieter Tornow, Wolfram van-Lessen, Wilhelm Beckmann, Christian Schönfelder, Henrich Meyer zu Vilsendorf, Maren Kreyenhagen, Gregor Korte, Ralf Gerken, Dr Marcel Holy, Ewald Spreen, Dr Gert Hahne, Rudolf

Gade, Gerd Muhle, Helmut Weiß (vorne), Bernd Lehmann, Dr. Detlef Wilcke, Jörg Prante, Hendrik Wolff, Frank Apfelstaedt (halb verdeckt), Hans-Heinrich Schuster (hinten, verdeckt), Otto Langeland, Hans-Dieter Buschan

Haben wir aus den heftigen Auseinander-setzungen am Dümmer, aus den öffent-lich ausgetragenen Kämpfen zwischen Naturschutz, Landwirtschaft und Tourismus gelernt? Offenbar kann diese Frage mit einem „Ja“ beantwortet werden

Es nutzt keinem, wenn Gäste verschreckt werden und ihren Urlaub und ihre Freizeit nicht mehr am Dümmer verbringen wollen Und es nutzt keinem, wenn einseitig die ei-genen Fachbelange so in den Vordergrund gerückt werden, dass eine Einigung nicht oder nur mit erheblicher zeitlicher Verzöge-rung möglich wird

So ist seit Gründung der Naturschutzstati-on im Ochsenmoor südlich des Dümmer im Jahre 1993 der „runde Stationstisch ent-standen Hier wurden über Jahre hinweg unter behördlichen und ehrenamtlichen Fachleuten Meinungen und Erkenntnisse ausgetauscht Zunächst unter der Obhut der Bezirksregierung Hannover, später auch zusammen mit den Fachleuten aus dem Bezirk Weser-Ems Das hatte durchaus etwas: … auf engstem Raum, die Kaffee-tasse in der Hand; es wurde diskutiert!

Mit der Auflösung der Bezirksregierungen in 2005 begann die Suche nach einer ge-eigneten Form, einem passenden Forum Hinzu kam, dass alle erkannten: Es gilt ein breiteres Spektrum an Fachthemen abzu-decken und der Kreis der Interessierten wuchs ständig

So entstand die Idee des Dümmerforums, das von nun an zweimal im Jahr auf dem Schäferhof im alten Schafstall tagen sollte Das Dümmerforum wird geleitet von Hel-mut Weiß (LGLN - Landesamt für Geoin-formation und Landentwicklung Nieder-sachsen), dem „Dümmerkoordinator“ der Niedersächsischen Landesregierung und organisiert von Jürgen Göttke-Krogmann (NLWKN – Niedersächsischer Landesbe-trieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz). Das Dümmerforum hat sich das Leitmotto gegeben: „Grenzen überwinden!“

Zweifellos war ein Höhepunkt des Düm-merforums das Erscheinen der beiden Staatssekretäre des Ministeriums für Ernäh-rung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung und des Ministeri-ums für Umwelt, Energie und Klimaschutz,

Dümmerforum und DümmerbeiratFriedrich-Otto Ripke und Dr Stefan Birkner im mit 120 Teilnehmern restlos besetzten alten Schafstall am 13 Oktober 2011

Sie verkündeten dort den sogenannten 16-Punkte-Plan (siehe Seite 36) und legten dar, wie die Vorstellungen der Ministerien bezüglich der weiteren Abläufe sind Unter anderem wurde die Bildung eines Fachbei-rats vorgeschlagen, besetzt mit behördli-chen und ehrenamtlichen Vertretern aus der Region Damit war der Dümmerbeirat geboren. Noch in der Sitzung erfolgte (et-was turbulent…) die namentliche Beset-zung des Beirats Die Leitung wurde Hel-mut Weiß (LGLN) übertragen.

In der ersten konstituierenden Sitzung am 8 November 2011 wurde die Arbeit des Beirats unter das Motto „Verbindlichkeit und Transparenz“ gestellt Wesentliche Er-gebnisse der Beiratsberatungen sind unter anderem die folgenden Positionierungen:

• Herstellung von transparenten Abläufen (Protokolle stehen im Internet)

• Einbringung von Fach- und Ortskennt-nissen auf direktem Wege

• Klare Positionierung für Planung und Bau des Schilfpoldersystems unter Ein-beziehung der Hochwasserfrage

• Schnellstmögliche Optimierung der landwirtschaftlichen Bewirtschaf-tung (Beratung) und Verstärkung von Kontrollen

Darüber hinaus wurde zeitgleich das Spek-trum machbarer Sofortmaßnahmen zur frühzeitigen Erkennung und Minderung der unangenehmen Folgen von Blaualgen und Fischsterben intensiv diskutiert und vereinbart

Am 10 Oktober 2012 werden im „Düm-merforum EXTRA“ im Rittersaal in Lemför-de die Ergebnisse der Untersuchungen aus dem 16-Punkte-Plan durch die Staatsse-kretäre Friedrich-Otto Ripke und Ulla Ihnen (Niedersächsisches Ministerium für Um-welt, Energie und Klimaschutz) vorgestellt.

Der Dümmerbeirat – wie auch das Düm-merforum - werden die Planungen und Umsetzung der beabsichtigten Maßnah-men weiter intensiv begleiten

Weitere Informationen und FAQs unter www.lgln.de/Duemmer-Beirat

Helmut Weiß

Beiratsmitglieder

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Rahmenentwurf zur Fortsetzung der Dümmersanierung – der „16-Punkte-Plan“

Nach Fertigstellung der Bornbachumlei-tung im Jahre 2009 konnte in den Jahren 2010 und 2011 eine bedeutende Reduzie-rung der Phosphoreinträge in den Dümmer festgestellt werden Es stellte sich dabei aber heraus, dass alleine die Bornbachum-leitung in Verbindung mit den bisher durchgeführten Maßnahmen im Bereich des Naturschutzes und der Landwirtschaft nicht für eine abschließende Verbesserung der Wasserqualität im Dümmer ausrei-chend waren Daher sind weitere Maß-nahmen erforderlich Das niedersächsische Umweltministerium hat den Niedersäch-sischen Landesbetrieb für Wasserwirt-schaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Betriebsstelle Sulingen beauftragt, einen Rahmenentwurf für die Fortsetzung der Dümmersanierung bis zum Dezember 2012 zu erstellen Hierbei sollen auch die Belange der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) Berücksichtigung finden. Die we-sentlichen Aspekte sind im nachfolgenden „16-Punkte-Plan“dargestellt

Grundsätzlich sollen die Vorplanungen des StAWA Sulingen über die Errichtung eines Schilfpolders, insbesondere hinsichtlich Kosten und Realisierbarkeit überprüft und aktualisiert werden Hierbei ist besonderes Augenmerk auf den Flächenerwerb, die Errichtung, Unterhaltung und der Betrieb, sowie die Erfolgsaussichten eines Schilf-polders zu richten Des Weiteren ist zu überprüfen, ob die Errichtung mehrerer kleiner dezentraler Schilfpolder in Belas-tungsschwerpunkten effektiver ist als ein Großschilfpolder (Punkte 1, 2). In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erkennen, wo diese Belastungsschwerpunkte im Ein-zugsgebiet des Dümmers zu finden sind. Im Rahmen eines Nährstoffbilanzierungs-modells werden die Eintragspfade, ein-schließlich atmosphärischer Deposition und Einflussnahme von Dränungen untersucht. Daraus ergeben sich die Belastungsschwer-punkte im Einzugsgebiet (Punkte 7, 8, 9). In diesen Belastungsschwerpunkten kön-nen dann gezielt Maßnahmen durchge-führt werden, damit sich die Gewässerqua-lität in den Zuläufen zum Dümmer, aber auch im Dümmer selbst verbessert Das Einzugsgebiet des Dümmers ist durch landwirtschaftliche Nutzung geprägt In diesem Zusammenhang kann eine Ge-

wässerschutzberatung in diesem Bereich hilfreich sein (Punkt 14). Da bei Starkre-genereignissen und Überschwemmungen erhebliche Nährstoffeinträge von den Flä-chen in die Zuläufe der Hunte und somit in den Dümmer gelangen, ist die Schaffung von Gewässerrandstreifen (Punkt 10) und sind Extensivierungsmaßnahmen in über-schwemmungsgefährdeten Bereichen zu untersuchen (Punkt 16). Hier sollen auch insbesondere Maßnahmen zur Hochwas-serrückhaltung im Einzugsgebiet betrach-tet werden Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Gewässerqualität ist die Ausweisung von Wasserschutzgebieten (Punkt 15). Für die benannten Punkte ist zu überprüfen, in welchem Umfang erforder-liche Ausgleichzahlungen für Bewirtschaf-tungseinschränkungen entstehen Weitere Maßnahmen im Bereich der Landwirtschaft sind hier zu berücksichtigen (Punkt 12). Im Rahmen der Umsetzung der WRRL soll die Gewässerqualität mittels Gewässerent-wicklungs- und -renaturierungsmaßnah-men verbessert werden Besonders im Be-reich des Unterhaltungsverbandes „Obere Hunte“ sollen entsprechende Anstrengun-gen unternommen werden (Punkt 11). Die vorgenannten Aspekte dienen der Verbesserung der Gewässerqualität im Ein-zugsgebiet des Dümmers und somit auch dem Dümmer selbst Zur Aufrechterhal-tung der touristischen Nutzung werden re-gelmäßig Entschlammungsarbeiten durch-geführt (Punkt 4). Im Rückblick auf die vergangenen Jahre sind aber auch gezielte Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Eutrophierung im Dümmer und Vermeidung akuter Beein-trächtigungen des Fremdenverkehrs not-wendig, um einen Schaden in der Region minimal zu halten Hier sind alternative und innovative Maßnahmen zu erarbeiten (Punkt 3). Ein wichtiger Aspekt bei der Umsetzung der WRRL ist auch die Durchgängigkeit der Gewässer Bei der Errichtung eines oder mehrerer Schilfpolder ist zu über-prüfen, inwieweit dieses hier gegeben ist Eine fischereibiologische Untersuchung soll klären ob auch fischereiwirtschaftliche Maßnahmen zur Sanierung des Dümmers beitragen können (Punkt 13).

Für alle benannten Punkte sind die geneh-migungsrechtlichen Aspekte darzustellen und die daraus resultierenden Kosten zu benennen (Punkte 5, 6). Bernd Lehmann

16-Punkte-PlanI. Maßnahmen zur Restaurierung des Sees1 Überprüfung und Aktualisierung der

Vorplanung des StAWA Sulingen (1997) über die Errichtung eines Schilfpolders, insbesondere hinsichtlich Kosten und Realisierungsmöglichkeit in Bezug auf Flächenerwerb, Unterhaltung und Betrieb sowie Entsorgung anfallender Abfälle Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Schilfpolders

2 Überprüfung der Errichtung mehrerer kleiner dezentraler Schilfpolder in Belas-tungsschwerpunkten anstelle eines großen Schilfpolders

3. Darstellung und Diskussion alternativer (in-novativer) Möglichkeiten zur Bekämpfung der Eutrophierung im Dümmer und zur Vermeidung akuter Beeinträchtigungen des Fremdenverkehrs

4 Fortsetzung von Entschlammungsmaßnah-men

5 Darstellung und Einschätzung der geneh-migungsrechtlichen Aspekte

6 Kostenermittlung

II. Maßnahmen zur Sanierung des Einzugsgebiets7 Aktuelle Nährstoffbilanzierung bezogen

auf den Wasserkörper „Dümmer“, ein-schließlich der atmosphärischen Depositi-on

8. Identifizierung von lokalen Nährstoffein-tragspfaden im Einzugsgebiet der oberen Hunte unter Verwendung der im NLWKN vorliegenden Nährstoffbilanzierungsmo-delle

9 Maßnahmen zur Reduzierung des Nähr-stoffeintrags aus Dränungen

10 Schaffung von Gewässerrandstreifen in Abstimmung mit den Landkreisen Osnabrück, Diepholz und Vechta und den Unterhaltungsverbänden Überprüfung, ob und welcher Erschwernisausgleich an Gewässern dritter Ordnung zulässig ist

11. Gewässerentwicklungs- / -renaturie-rungsmaßnahmen im Bereich der Oberen Hunte

12 Weitere Maßnahmen im Bereich der Land-wirtschaft im Einzugsgebiet des Dümmers in Abstimmung mit der Landwirtschafts-kammer Niedersachsen

13 Maßnahmen im Bereich der Fischerei in Abstimmung mit der Fischereiverwaltung

14 Installierung einer Gewässerschutzbera-tung im Einzugsgebiet des Dümmers

15 Ausweisung eines Wasserschutzgebietes für besonders nährstoffgefährdete Berei-che im Dümmereinzugsgebiet (einschl. Kalkulation anfallender Ausgleichzahlun-gen für Bewirtschaftungseinschränkun-gen).

16 Extensivierungsmaßnahmen in besonders überschwemmungsgefährdeten Bereichen im Dümmereinzugsgebiet

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WasserwirtschaftJörg Prante, Dezernent, Betriebsstelle Sulingen des NLWKN

NaturschutzDieter Tornow, Naturschutzbeauftragter Landkreis Diepholz

LandwirtschaftPeter Meyer-Hülsmann, Landwirt, Verbandsvorsteher der Vechtaer Wasseracht

Tourismus und WassersportDetlef Tänzer, Fachdienstleitung Kreisentwicklung, Landkreis Diepholz

LandentwicklungChristian Schönfelder, Dezernatsleiter, Regionaldirektion Sulingen des LGLN

Dümmerkonferenz 1985Dieter Tornow, Naturschutzbeauftragter Landkreis Diepholz

Wegweisende Veranstaltungen in Marl und Damme 1986Peter Meyer-Hülsmann, Landwirt, Verbandsvorsteher der Vechtaer Wasseracht

SanierungskonzeptDoris Kleinwächter, Dezernatsleiterin, Regionaldirektion Sulingen des LGLN

Gentleman Agreement zwischen Landwirtschaft und LandwirtschaftsministeriumDieter Tornow, Naturschutzbeauftragter Landkreis Diepholz

InteressenverbändeDieter Tornow, Naturschutzbeauftragter Landkreis Diepholz

Umweltbildung und Natur erlebenJürgen Göttke-Krogmann, Betriebsstelle Hannover-Hildesheim des NLWKN, Naturschutzstation Dümmer

Grenzen überwindenJürgen Göttke-Krogmann, Betriebsstelle Hannover-Hildesheim des NLWKN, Naturschutzstation DümmerIrmgard Remmers, Dezernentin, Betriebsstelle Brake-Oldenburg des NLWKN

Dümmerforum und DümmerbeiratHelmut Weiß, Leiter der Regionaldirektion Sulingen des LGLN, Dümmerkoordinator

16-Punkte-Plan zur DümmersanierungBernd Lehmann, Leiter der Betriebsstelle Sulingen des NLWKN

Autorenverzeichnis

Herausgeber:Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft,Verbraucherschutz und LandesentwicklungCalenberger Straße 2, 30169 Hannover

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und KlimaschutzArchivstraße 2; 30169 Hannover

Fotos, Luftbilder und KartenOliver Lange, Betriebsstelle Brake-Oldenburg des NLWKNDieter Tornow, Naturschutzbeauftragter Landkreis Diepholz Jürgen Göttke-Krogmann, Betriebsstelle Hannover-Hildesheim des NLWKN, Naturschutzstation Willi Rolfes, NaturfotografBernd Vollmer, NaturfotografDümmerWeserLand Touristik ArchivLGLN Archiv

RedaktionDoris Kleinwächter, LGLN - Regionaldirektion Sulingen

GestaltungIngrid Kordes, LGLN - Regionaldirektion Sulingen

Druck: LGLN - Landesvermessung und Geobasisinformation, Hannover

Impressum

© LGLN - Regionaldirektion Sulingen, Oktober 2012

Nachdruck auch auszugsweise nur mit Genehmigung des Herausgebers

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Hannover, Oktober 2012

Herausgeber:

Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft,Verbraucherschutz und Landesentwicklung

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz