Dörfler Zur Urstofflehre des Anaximenes 1911

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    Zur Urstoffiehre des Anaximenes.

    Der dritte bedeutende und einflureiche jonische Denker stehtmit seiner Naturphilosophie zunchst dem Thaies nher als seinem unmittelbaren Vorgnger Anaximander. Denn Anaximenes setzt an denAnfang alles Werdens und Seins einen qualitativ bestimmten Stoff,nmlich die Luft, arjp oder auch TiveOjxa genannt. Aber darin ist dieEinwirkung der Lehre Anaximanders sichtbar, da Anaximenes diesemUrstoff im wesentlichen dieselben Eigenschaften zuschreibt wie derzweite Jonier seinem Urwesen, dem iteipov, nmlich die unbegrenzteAusdehnung (aTteipov) 1), die unaufhrliche Bewegung" (xEvtjgis acSco?) 2)und die Gttlichkeit (frelbv) 3). Wie bei Anaximander, so geht auch beiseinem Nachfolger Anaximenes aus dem Urstoff das Warme und dasKalte hervor; nur in der Art und Weise, wie dieser Proze vor sichgeht, unterscheiden sich die beiden Jonier. Anaximander nennt diesenProze Ausscheidung", bei Anaximenes heit er Verdichtung"(raixvwais) und Verdnnung" (dpat'wat? oder ^avwois).

    Soweit wre also Anaximenes ohneweiters aus seinem Vorgngerzu verstehen. Aber woher hat er die Anregung bekommen, die Luft(^p) als Urstoff aufstellen? Mit dem Hinweis auf die grere Beweglichkeit und Wandelbarkeit oder auf die grere Ausbreitungsfhigkeitder Luft z. B. gegenber dem Wasser kann die Frage nicht abgetansein. Denn damit ist nur die Frage nach dem Warum" der Wahl,nach der Bevorzugung dieses Stoffes, nicht aber die wichtigere Fragenach dem Woher", nach der Quelle und nach dem Ursprung der Vorstellungen, die Anaximenes seiner Urstoffiehre zugrunde gelegt hat,

    gelst.Da die Jonier sehr genaue und scharfe Naturbeobachter waren,zeigen ihre verschiedenen physikalischen Lehren und Theorien. Aberwenn schon Thaies seinen Urstoff, das Wasser, nicht aus der bloen

    Naturbeobachtung abgeleitet hatte, sondern wenn er die Anregungenzur Aufstellung seines Wasserprinzipes von der vorausgehenden undgleichzeitigen kosmogonischen und theogonischen Reflexion bekommenhat 4 ), wenn ferner Anaximander in hervorragender Weise von dieser

    ') Vgl. Frg. 1 A (H. Diels Fragmente der Vorsokratiker 1.2 S. 17, Z. 37); Frg.5A, 6A (Diels ebd. S. 18, Z. 10 ff.).

    2) Vgl. Frg. 5A, 7A (Diels a. a. 0. S. 18, Z. 14, 35).3) Vgl. Frg. 7 A (Diels, S. 18, Z. 32).4) Vgl. meinen Aufsatz: Die kosmogonischen Elemente in der Naturphilosophie

    des Thaies, Arohiv fr Geschichte der Philosophie, Bd. 25 (1912), S. 305 ff.1*

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    Richtung beeinflut ist, was liegt da nher, als der Frage nachzugehen,

    ob nicht auch Anaximenes auf kosmogonische Lehren zurckgegriffenhat, in welchen er die Luft, arjp, in mythischer Personifikation 'Atjp genannt, an den Anfang der Welt- und Gtterbildung gestellt fand ?

    Von Hesiod kann die Anregung, die Luft als Wellprinzip aufzustellen, nicht ausgegangen sein. Denn bei ihm wird a-qp nur ein einzigesMal in der Bedeutung Nebel" genannt. Dagegen scheint es eineorphische oder wenigstens der Orphik nahestehende Kosmogonie bzw.Theogonie gegeben zu haben, in der die Luft, der 'A^p, als &pyj] verwendet war. Drei Stellen aus der kosmogonischen und theogonischenLiteratur aus jener Zeit legen diese Vermutung nahe.

    Aristophanes, ein guter Kenner der Orphik, hat in mehreren seinerKomdien auf orphische Lehren angespielt 1). Eine Stelle aus denAves" hat H. Diels in seine Sammlung altbezeugter orphischer Fragmente aufgenommen*). Dort ist mit unverkennbarer Deutlichkeit auforphische Weltbildungslehren angespielt. Auch der orphische Eros ist dortgenannt, ferner das silberglnzende Weltei, Okeanos, Chaos, Nyx, Erebos,Tartaros, Uranos und Ge, die Gttin der Erde. Der vorzugsweiseorphische Charakter dieser Gottheiten und ihre Bedeutung fr die orphi-schen Theogonien und Kosmogonien steht fest. Wenn nun in diesemZusammenhang auch Arjp genannt wird, so ist das zunchst wohl eineAnspielung auf die Luftlehre des Diogenes von Apollonia, dessen Natur

    philosophie der groe Komiker auch in den Wolken" verspottet hat,Es ist aber auch zweifellos, da dieser Arjp in orphischen oder orphi-sierenden Kosmogonien eine nicht unwichtige Rolle gespielt hat. DieVerse bei Aristophanes, soweit sie hier in Betracht kommen, lauten:

    jL&oc, f(v y.od Nb "Epe'g ts uiXav Tcpxov v-od Tapxapog epg,

    Tr\ ' oS' A 7] p o5S' Opav&g ?jv ' vxL

    Hier ist auf solche orphische KosmogonienBezug genommen, vondenen die eine das Chaos, die andere die Nachtgttin Nyx, eine dritte

    den Erebos u. s. w. an den Anfang der Weltentwicklung gestellt haben.Die kosmogonische Literatur darf man sich keineswegs einheitlichdenken, sondern es traten verschiedene Dichter auf, die in Prosa undVersen dasselbe Thema, aber sehr verschieden, behandelten, wie uns dieberreste der vier bei E.Abel 3) zusammengestellten orphischen Theogonienzeigen. Die einen nahmen dieses, die anderen jenes Prinzip zum Ausgangspunkt der Gtter- und Weltenwicklung.

    Man mu zugeben, da die eine angefhrte Stelle fr sich alleinnicht ausreichen wrde, die oben angedeutete Vermutung in gebhren-

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    I

    !) Vgl. A. Dieterich, Nekyia, S. 71, 92f.: 99, 199; E. Norden, Kommentar zumVI. Buch von Vergils Aeneis, Register I, IV; E. Maass, Orpheus, Index.2} Frg. 11, S. 472.3) Orphica, Leipzig-Prag 1885.

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    der Weise zu bekrftigen. Aber zum Glck stehen uns noch zwei, be

    ziehungsweise drei andere Stellen zu Gebote, die ebenfalls beweisen,da es eine wahrscheinlich orphische Kosmogonie gegeben hat, in der

    dem 'A'/jp eine weltbildende Bolle zugeschrieben war.

    Damaskios 1) berichtet nmlich: xv 'Em|j,vSr)v 860 Tcpwxag pyac,(moHa&ai 'Aipa vod N6%xa . . . ., e&v yevvrj&^vatTdpxapov . . . . &v

    p,ix{)'vxwv aXXrjXoic; xos, da ausdem Samen des Chronos das Feuer, der Lufthauch und das Wasser

    entsprungen sei: c&spexoSTjsSs 6 Supwg Zdvxa [jiev efvao ad val Xpovovxal X^oviav iccc, xpeli; -npxag &pyc, ........ xv Xpovov %oi.fjaai hv,xo yovoo eauxo [axou] up v.a.1 tcv[aval Scop . . . . , e &v sv rcevxe\iuy_oic, Si7|ip7)|jivwv tcoXXyjv $.Xkqy

    yevsav auatTjvai9'wv,xyjV7i:vx[iu)(ov

    >taXou|j.V7jV,xaxv e i'cjwg efoteTv, Tivxzocr[xov 5). Unter TiVEjxa aber ist nichts andereszu verstehen als -qp. Denn uv0[xa und aV)p sind in der Lehre desAnaximenes identisch, wie Aetios beweist, wenn er der Anfhrung deseinen zusammenhngend erhaltenen Fragmentes von Anaximenes die

    Worte hinzufgt 0): XsyExai 8e auvwv|j,(i)? avjp val uvp,a. Eine solche

    !) Frg. 5 (Diels, S. 495).2) Ebd. Frg. 5.8) Vgl. 0. Kern, De Orphei, Epiinenidis, Phereeydis theogoniis quaestiones cri-

    tioae; 0. Gruppe in Roschers Mythol. Lexikon s. v. Orpheus" Sp. 1106, H. Diels,

    Fragmente der Vorsokratiker IT. 2, S. 4921*) Vgl. 0. Kern, a.a.O.; Th. Gomperz, Grieehische Denker I.S. 70f.5) Frg. 8A (Diels, S. 506).

    6) Frg. 2B (Diels, S. 21).

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    Kosraogonie also, in welcherdem Luftprinzip, d% oder auch rcve|j,a ge

    nannt, eine weltbildende Funktion eingerumt war, wird es gewesensein, aus der Anaximenes die Anregungen zu seiner Urstofflehre geschpft hat.

    Aberdie Luft hat, ob sie nun &-f}p oder 7ive|j,a heit, in der Orphiknicht blo eine kosmologische, sondern auch eine theologisch-eschatolo-gische Bedeutung gehabt. Trotz der stoisierenden und neuplatoniscligefrbten Berichte, die uns in dieser Hinsicht zu Gebote stehen, vermagman noch unter den Schichten der spteren Auffassung den ursprnglichen Sinn herauszuerkennen und da lt sich denn sagen, da dieLuft schon in der altorphischen Mystik, Askese und Eschatologie hn

    lich wie Wasser und Feuer als Reinigungsmittel bei der Seelen Wanderung gedacht war 1). Orpheus selbst soll den Unterweltflu Acheronmit aWjp verglichen haben, wie die Fragmente 155 und 156 bei Abel

    beweisen. 'Axepwv: cojp war auch eines von jenen beliebten etymologisierenden Wortspielen, die sich in reicher Menge in der orphischenLiteratur finden 2). Der Acheron war luftartig (dlpios). Daher bezeichnete auch Orpheus den acherusischen See als luftartig: St xai 'Opcpso?xrjv 'Axepoocjiov Xi'prjv aeptav %

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    wo es heit: cO qcSrjs ecxlv 6 noLypptpicrzonos v.a.1 TTpocyetoxaTO? drjp. Escha-

    tologisch-mythologisch sind die erwhnten aeris campi ein im Elysiumbefindlicher Hain, kosmisch gesprochen die oberste Grenze der atmosphrischen Luftschichte unter dem Mond, oder, um es mit den Wortendes Poseidonios i^bei Sext. Emp. IX. 71 f.) auszudrcken: cd tyuya,l7iup(j)5st$ ouaat ........ tv tto aeXy)VY]V oJxoat, totcov evfrdSe xs 8i& tyjveEXixpiveiav xoO depo? raXeiova Ttp? Sta[i0VY)v Xocuocvouac ^povov" 1). AuchCicero ist hier heranzuziehen, wenn er, auf Poseidonios als seinen Gewhrsmann zurckgehend,sagt: necesse est ferantur ad caelum(sc.animae)et ab iis perrumpatur et dividatur crassus hie et concretus aer, quiest terrae proximus....., in quo nubes, imbres ventique coguntur. . . .;quam regionem cum superavit animus naturamque sui similem contigitet adgnovit iunetis ex anima tenui et ex ardore solis temperato ignibusinsistit. Vergil spricht auch noch an einer anderen Stelle, nmlichAen. VI. 740 ff. von der Luterung der Seelen durch die Luft, undzwar nach derselben Gruppe theologischer Quellen 2). Der HumanistMarsilius Ficinus im 15. Jahrhundert gibt nach alten Quellen eineorphische Lehre vom Aufenthaltsort der Seelen wieder und erwhntdabei auch den Luftraum. Er sagt: Orpheus autem novem praeeipuasanimabus distribuit regiones, probis quidem vel oetavam sphaeram vel

    planetas vel aetherem sub planetis .... mediis autem a 6 r e m aquamveet terram, reprobis denique Acherontem, Cocytum, Pyriphlegethontem,ubi novies insuper Styx interfusa coreet etc. 8).

    Das alles zusammen liefert Beweis genug dafr, in welch engerBeziehung die Luft mit der Seelenwanderungslehre der Orphiker stand.Hlt man nun die eschatologische Bedeutung der Luft mit jener zusammen, die sie in einer der orphischen Kosmogonien als weltbildendesPrinzip gehabt hat, so ergibt sich, da das Luftprinzip schon in deralten Orphik bekannt war und sowohl in der Kosmologie wie auch inder Eschatologie der Orphiker eine wichtige und bedeutsame Eollegespielt hat.

    Wie Thaies und Anaximander sich an die kosmogonische Spekulation der Orphiker angeschlossen, die in der Orphik in mythologischerForm gegebenen Weltbildungslehren als echte Jonier rationalisiert undso den Schritt von der Theogonie und Theologie zur Philosophie, vomMythus zur Naturphilosophie getan haben, ebenso ist auch Anaximenesvon orphischen Weltbildungslehren ausgegangen, hat den dort als'Aifjp bezeichneten Gott, die mythische Personifikation der Luft, seinesmythischen Gewandes entkleidet und die Luft als d-^p, als konkretes

    physikalisches Prinzip, seiner Urstofflehre zugrundegelegt.

    ) Norden, a.a.O. S. 24.2) Vgl. Norden ebd. S. 31, ferner meinen Aufsatz: Die Orphik in Patons Gor-

    gias" a. a. 0. S. 206.3) Frg. 321 (Abel).

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    Von jenen Eigenschaften freilich, die Anaximeues der Luft zuschreibt, ist uns fr Arjp in der Orphik nichts berliefert. Allein es istwohl der sichere Analogieschlu erlaubt, da in jenen kosmogonischenDichtungen sei es in Poesie oder in Prosa, die den 'AVjp als ersteweltbildende Gottheit aufgestellt haben, diesem Prinzip dieselben Eigenschaften zugeteilt gewesen waren, die andere orphische Kosmogonienz. B. von Okeanos oder vom unendlichen Chaos ausgesagt haben wie:Unendlichkeit, unaufhrliche Bewegung, Gttlichkeit u. dgl.

    Das eine knnen wir heute freilich nicht mehr sagen, ob Anaxi-menes die Qualitten seines Urstoifes direkt aus einer jener Kosmo

    gonien entlehnt hat, die den 'Arjp als Weltanfang hingestellt haben,oder ob er dieselben vom OTsipov Anaximanders auf die Luft bertragenhat. Das ist aber fr den vorliegenden Zweck auch ganz gleichgiltig.Tatsache ist jedenfalls, da die Luft, das Weltprinzip des Anaximenes,ungefhr dieselben Eigenschaften aufweist wie das

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    lehrt. Im Pythagoreismus wurde der Weltproze mit aller erwnschtenDeutlichkeit als kyklischer hingestellt und diese Kyklenlehre war mitder Metempsychose sehr eng verknpft 1). Die Periodenlehre tritt dannauch bei dem von der orphischen Mystik sehr stark beeinfluten Heraklithervor 2) und nimmt bei ihm die Formulierung vom Flu der Dinge an.Spter wieder findet sie sich besonders bei Empedokles und das istgewi kein Zufall; denn auch dieser Vorsokratiker hat die strkstenAnregungen aus der orphischen Mystik empfangen,wie besonders seinexafrappi beweisen 3).

    Bereits in den ltesten kosmogonischen und theogonischen Dich

    tungen der Orphiker war der Gedanke zum Ausdruck gekommen, dadem Beginn der gegenwrtigen Weltordnung eine andere vorausgegangensein msse und dieser wieder eine andere u. s. f. ins Unendliche. DieserGedanke kam in der Ordnung" oder Reihenfolge der Gtter" zumAusdruck und dem ersten Wesen wurde die Eigenschaft der Ewigkeitzugeschrieben. Es gab keinen Anfang und kein Ende des Weltprozesses, sondern nur eine fortwhrende nderung und Wandlung derWelt, ein bestndiges Entstehen und Vergehen, einen unaufhrlichenWeltproze. In der aus der orphischen Mystik geschpften LehreHeraklits vom Kreislauf des Wassers und von der periodischen Welt

    verbrennung ist diese Anschauung klar und deutlich ausgesprochen.Auf den Zusammenhang der physikalischen Kyklenlehre mit der Seelenwanderung deutet besonders Anaximander hin 4).

    Anaximenes hat die Seele fr Luft erklrt, d. h. ihr Wesen imHauch der Luft gesucht; auch die ganze Weltordnung umspannt nachseiner Lehre Odem und Luft: 'Avatpiv7]s Epuaxpaxou McXVjchos apxVxGJv vxwv aepa dracp'/jvaxo sx yp xouxou Txvxa y^yvea^at xal efg axbvixaXtv dvaXsa&ai. 'ohv }] (Jj^X^j T 7)01'7 ; "h ^sxepa yjp oaa aoyxpaxet ^ficc?,xal Xov x6v xoajxov uve^a xal dy]p mpiiyst.WkyBiai 8k auvwv6|ji(i)s drjp xal7ive|j,a xxX 6). Und an einer anderen Stelle sagt derselbe Aetios 6):

    'Ava&^iivvj? 8k %od 'Avai^avSpogxa! 'Ava^aypag xal 'ApxeXao? &e.p&8~q xfj?t^uX^S ity cpaiv efprjxaatv. Zu dieser Stelle ber Anaximenes bildet das,was Aristoteles ausdrcklich von den Orphikern mitteilt, eine schlagendeParallele. Die Orphiker, die da uralte volkstmliche Anschauungen inihrem Sinne nher ausgestaltet haben, behaupten nmlich, da die Seele,von Winden getragen, aus dem All in den Krper eintrete, wenn dieWesen aufatmen. Toxo Se ueuov&e %al 6 ev xo% 'Opcptxot? zmai xaXoujiivotc;

    ) Vgl. Th. Gomperz, a.a.O. 1.2, S. 114ff., Rohde, Psyche IL, S. 123.2) Vgl. W. Nestle, Heraklit und die Orphiker, Philologus 64 (1905), S. 367ff.8) Vgl. 0. Kern, Empedokles und die Orphiker, Arch. f. Gesch. der Philos. I.

    (1888), S. 498 ff.*) Vgl. Anaximander Prg. 10A hei Diels (avaxoy.Xoop.evwv).5) Frg. 2B (Diels, S. 21) = Aetios I. 3, 4.) IV. 3, 2 (Diels Frg. 29 A, S. 17).

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    Xoyog cpyjacydp

    xyjv t},u X T]v ^ Y- xoi-' '^ou

    sfocevac dvauveo'vxtovj cppop,VY)VOttoxcov dvei-iwv 1). Zu dieser Aristotelesstelle haben wir auch die Erklrung

    von Philoponos, der sagt 2J: Aeyojxevocc; elnev (nmlich Aristoteles), e-rcecoY]\irj Sox.ec 'Opcpewg eFvac xd etcy), (5)? xac auxg ev x 7iepc ^cXoaocpc'a? Aeyec -axo [xev ydp efot xd S6y|jiaxa, xaxa Se cprjacv 'Ovo|i,dxpcxov ev etocjc xaxa-xscvac. Asysc ouv exec, 'xc 7} ^X^l t-*71-0 T & v ve^wv ex. xo racvxc; cpepo|jivr)dva-rcvecxacuti xv a')tov, uaxe xac o5xo? 6 Aoyoc; ou -rcepE udarj? ^u/TjgXeyec o yap rcdvxa dvaixvec x |i,(jji>)ra cpaac Se ac'vcxxea''ac xd env)

    Sc^.ev xfj? dva7iV07jsxyjv eraxrjSecoxrjXa xo Se^oiievou xyjv 4"JX^) V ocjxaxog.Scoxc 7] dvaTivoYj %a.ia[i,axa. Und Jamblichos bemerkt 4): xcve? Se xwv cpuacxv ....xyjv 4,uX^i v a7l x va,i\)6yea%-cabizb xo cbi>)(po wo^doihzc duocpacvovxacxal djjia erc' d[xcpoxepiov[y)] xv dva7tve6|i,vov depa (Jjuxyjv volu^ouctcv, wanep'AptcxoxeXyjg jxev ev xocg 'Opcpcxocj ercac cpyjac Aeyecj&ac xyjv 4*uXV sfacevat ixxo SXou dvanveovxwvVj^v cpepojj,evrjV ti xcv dv|xwv xxX. Auch Xeno-

    phanes gibt nur eine orphische Anschauung wieder, wenn er lehrt: xacV] tyoyj] uve[xa 5). Mit dieser Auffassung der Seele stimmt auch die Naturder kosmischen Windgtter berein, von denen die orphischen Fragmente, z. B. Frg. 240 bei Abel, sprechen.

    Unter diesen Umstnden unterliegt es wohl keinem Zweifel, auswelcher Anschauungsweise heraus Anaximenes geschpft hat, wenn erdie Natur und das Wesen der Seele und damit auch des Lebens in der

    Luft sieht. Ein altes und hchst zuverlssiges Zeugnis, nmlich dasdes Aristoteles selbst, erweist, da die Orphiker ganz dieselben Anschauungen vom Wesen der Seele hatten, die wir bei Anaximenes

    wiederfinden. Anaximenes hat eben, wie besonders seine Lehre vomWesen der Seele und von der Luft als Urstoff beweist, orphische Weisheit gekannt und verarbeitet, er hat an die Orphik inmannigfaltiger Weise angeknpft. Da die Orphik eine volkstmlicheNeben- und Unterstrmung neben der offiziellen Religion und neben dergangbaren Weltanschauung in der griechischen Kultur darstellt 0), so

    ') Frg. 11 bei Diels, S. 475 = Frg. 241 (Abel).2) Frg. 11 bei Diels ebd. = Frg. 241 (Abel).3) Frg. 241 (Abel).

    *) Fgt. 241 ebd.5) Vgl. meinen Aufsatz: Die Eleaten und die Orphiker, Programm des 41. Jahresberichtes des Staatsgymnasiums in Freistadt, O.-. 1911, S. 7.

    6) Vgl. Sam Wide, Griechische und rmische Religion, Einleitung in die Altertumswissenschaft, herausgegeben von A. Gercke und E. Norden II. Bd., S. 222ff.

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    liegt auch, weil Anaximenes orpliische Gedanken zu den seinigen gemacht hat, in seiner rstofflehre und in seiner Auffassung der Seeleals Luft ein volkstmlicher Zug, wie H. v. Arnim mit Recht hervorgehoben hat 1).

    Doch in dem angefhrten Anaximenes-Fragment ist noch viel mehrenthalten und ausgesprochen, als auf den ersten Blick scheinen mag.Zunchst ist es die luftartige Seele, die uns, d. h. unseren Krper zusammenhlt (p\)fxpaxBCj. Die Seele ist das einigende Band, sie ist das

    bindende Prinzip und ihr kommt auch eine bevorzugte Stellung zu.Andererseits aber schimmert hier auch die Auffassung durch, die den

    Krper als etwas Fremdartiges der Seele gegenber erscheinen lt.Die Seele ist mit dem Krper zusammengejocht,wie die Orphiker sagen,und beides zusammen, Leib und Seele, macht erst den vollen Menschenaus (^s sagt Anaximenes). Ist das richtig, so liegt in diesen Worteneben die orpliischeLehre ausgesprochen, die Krper und Seele als zweiverschiedenartige Prinzipien, wie sie im Zustande der dionysischenEkstase auftreten, miteinander verbindet und so Leib und Seele zusam-menjocht (d i^X* t owjju awk'C,eu%xcaf). Der Pythagoreer Philolaos,der diese Lehre ausspricht, beruft sich dafr ausdrcklich auf das Zeugnisder alten Theologen und Seher: |j,apTupeovxai 5s ym\ ol racXaiol %-eoXo-foi

    xe xal [AdvTC?. Diese aber sind niemand anderer als die Orphiker.Nach ihrer Lehre war ja der Krper das Grab der Seele (aG)^a:avj[Aa),wie Piaton berichtet 3).

    Wie die luftartige Seele den Menschenzusammenhlt, so umspanntOdem und Luft, wie Anaximenes sagt, die ganze Weltordnung. Mitdiesen Worten bekennt Anaximenes weiter den anthropomorphen Ursprung seines Weltprinzips. Die Welt, den Makrokosmos, erklrt erganz nach der Analogie des Mikrokosmos, des menschlichen Leibes.Er fat die Welt als ein lebendiges Wesen auf, dessen Leben darin besteht, da es atmet. Der .tem, der Odem, der Lebensgeist (uvefxa)

    ist ihm der Urgrund der Welt. Mit diesem Anthropomorphismus abersteht Anaximenes mitten in der Reihe der Mystiker, die im Menschendas Symbol, den Schlssel der Welt, in der Welt selbst aber das groeEbenbild des mikrokosmischen Menschen, den Makrokosmos sahen 4).

    Wie die menschliche Seele das Lebensprinzip des Menschen ist,so hat der Kosmos seine Lebenskraft in der Weltseele. Weltseele ?

    Klingt das nicht ganz alt- Und heuplatonisch ? Ist das nicht mindestenseine Vorwegnhme pythagoreischer Lehren? Anaximenes war ebenso

    J) Die europische Philosophie des Altertums, Kultur der Gegenwart I. 5, S. 121.

    2) Prg. 14 (Diels, S. 245).3) Vgl. Kratylos, p. 400C. Dazu meine Ausfhrungen in dem Aufsatz: Die Orphik

    in Piatons Gorgias a. a. 0.

    4) Vgl. die trefflichen Bemerkungen hei K. JoKl: Der Ursprung der Naturphilo

    sophie aus dem Geiste der Mystik, S. 41.

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    Hylozoist wie seine beiden Vorgnger, die Jonier Thaies und Anaxi-mander, die ja auch die Beseeltheit und Belebtheit des Urstoffes angenommen hatten. Und so wie jene beiden anderen Jonier diese Vorstellung vom Hylozoismus aus den Kosmogonien der Orphiker entlehnthaben, so war eben auch Anaximenes von den Weltbildungslehren derOrphiker ausgegangen und auf diesem Wege zur Aufstellung der Beseeltheit und Belebtheit des Urstoffes, zum Hylozoismus,gekommen. Nur trittbei ihm der hylozoistische Charakterseiner Kosmologie und Urstofflehrevieldeutlicher und schrfer hervor als bei den zwei anderen Joniern. Luft =

    Seele = Odem = Lebensgeist, das ist eine Formulierung, wie sie so klarund przise noch niemand vor ihm ausgesprochen hatte. Ist die Weltaus der Luft (arjp) hervorgegangen und ist die Luft jenes Element, dasdie ganze Welt umfat und zusammenhlt, so ist die Luft eben auchdie Seele, das Lebensprinzip, der Seinsgrund der Welt 1), Das ist abernicht erst spte Lehre, sondern derartige Gedanken waren mehr oderweniger deutlich schon in den Weltprinzipien der verschiedenen orphi-schen Kosmogonien ausgesprochen. Freilich ausdrcklich und ausfhrlich wurde die Lehre von der Weltseele erst spter formuliert. Schondie alten Orphiker haben sich das Urwesen, aus dem die ganze Welthervorgegangen ist, mochte es nun Nyx oder Okeanos, Chaos oderChronos heien, b'elebt und beseelt gedacht. Das Chaos, das ungeheure (Xoc, rcapov), z. B. dachten sich schon die alten Orphiker alsEi ()6v) 2). Damit ist die Belebtheit und Beseeltheit schon von selbstgegeben. Im Chaos dachte man sich das mnnliche und das weiblicheGeschlechtsprinzip (appsv und fryjXu) und die Menge der verschiedenenSamen (arcepiAaxa) vereinigt 3). Den Stoff, die Xrj, stellte man sich alsCqiov*), also belebt und beseelt (Ip^ox 0 ?) vor. 5) Der orphische

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    AT&p "Epona Xpdvog %od izvei^axa tcocvt' ex^vwae.An all den angefhrten Stellen haben wir es mit Reminiszenzen an diealte Lehre zu tun. Ein Fragment, 265 bei Abel, kann hier allerdingsnicht in Betracht kommen; denn es unterlegt dem Ausdruck TweOjjiabereits einen Sinn, in welchem er erst von den Neuplatonikern gebrauchtworden ist.

    In dem von Anaximenes angefhrten Bruchstck heit es von derLuft, da sie die ganze Weltordnung umfasse (nepyew). In dem frherangefhrten orphischen Fragment, wo es heit: xb uepixa^evov 7tve|j,a,hat jener Ausdruck vom Umfassen seine genaue Entsprechung. Auchdie Eigenschaft des Kepiiyew also scheint in der orphischen Kosmogonie,der Anaximenes folgt, angefhrt gewesen zu sein.

    Das ist aber nicht das einzige Moment, das diese Behauptung zubeweisen im stnde ist. Hippolytos sagt vom Urstoff Anaximandeisaus, da er alle Welten umfasse, iz.vxv.c, T&piiyzw xobc, xoa^ous 1). Undganz hnliches berichtet Aristoteles: Kepifyew navxa 2). Damit gibt Ana-ximander nur eine Anschauung orphischer Kosmogonienwieder, die diegleiche Eigenschaft vom eifrmigen Chaos ausgesagt haben. Frg. 38bei Abel lautet: r) uXtj naax arcep qjov xbv Tcvxa -aspiiy^ovxoc .... opavov.Sonst kam bei den Orphikern der 'AvayxTj die Aufgabe des Tispts^Eiv zu 3).brigens wird auch vom feipov Anaximanders etwas hnliches ausgesagt wie vom Tcsptttei^evos ar\p des Anaximenes. Der Urstoff Anaximanders erhlt nmlich sehr oft die Bezeichnung \moy.d\itvov i ). ein Attribut,das auch wieder in orphischen Lehren seine* Entsprechung findet 8).

    Bei Anaximenes findet sich zum erstenmal in der Sprache dervorsokratischen Philosophen der Ausdruck xoajjio; zur Bezeichnung derWelt, des Weltganzen. Nach dem, was die orphischen Fragmente 302ff.,was ferner die orphischen Hymnen 11, 1 und 34, 26 und was schlielichPiaton nach altorphischen Quellenberichtet 6), kann es kaum zweifelhaftsein, da das Wort xoqxos in der orphischen Literatur eine typische

    Bolle gespielt hat7

    ). Auch in der Bedeutung Kunstwerk der Welt",Weltganzes", Weltall" scheint es von den Orphikern gebraucht worden zu sein. In diesem Sinne und in dieser Bedeutung hat es Anaximenes wohl in der Oiphik gefunden. Es pat auch vortrefflich zu demaus orphischer Anschauung geschpften Gedankeninhalt des Fragmentes.Mit Recht sagt daher W. Nestle 8): Anaximenes ist der erste Philo-

    ') Diela Frg. IIA, S. 13f.2) Frg. 15 A, S. 14 (Diels).

    3) Vgl. Aet. Plac. I. 25 = Stob. Bkl. I. 4, bei Diels, Doxogr. Graeci, S. 321.

    *) Vgl. Frg. 9A, S. 13 (Diels); J. Neuhuser, Anaximander Milesius, S. 6ff.5) Vgl. Frg. 38 (3 mal) u. .

    6) Sympos. p. 197 B; Philebos p. 66 C = Orpheus Frg. 1B (Diels, S. 473) =Frg. 34 (Abel).

    7) Vgl. 0. Willmann, Geschichte des Idealismus L, S. 26ff., 37, 40. Diels,

    Fragmente der Vorsokratiker IL 2 (Index) s. v. xosfiog.s) Die Vorsokratiker in Auswahl, S. 25.

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    soph, der, vielleicht im Anschlu an orphische Terminologie, dieWelt ,Kosmos' nennt".

    Die Sache stellt sich also folgendermaen. Der zweite Milesiersteht mit seiner Urstofflehre und Naturphilosophie erwiesenermaen zurOrphik in naher Beziehung. Von ihr hat er die Anregungen zu seinerUrstofflehre empfangen und das eine Fragment von ihm, das im Zusammenhang erhalten ist, ist ganz von dem Geiste orphischer Mystikgetragen 1). Sein Nachfolger Anaximenes zeigt in seinen Lehren in vielfacher Beziehung eine nahe Verwandtschaft mit der NaturphilosophieAnaximanders. Wie erklrt sich diese bereinstimmung? Jedenfalls hatAnaximenes nachhaltige Einwirkungen von Anaximander empfangen.Es wre auch mglich, da Anaximenes direkt von orphischen Lehrenausgegangen ist. Im einen wie im anderen Fall ist Anaximenes vonder Orphik beeinflut, auf dem Umwege ber Anaximander indirekt,

    bei unmittelbarem Zurckgreifen auf orphische Weltbildungslehren direkt.Die Anregungen, den Urstoff in der Luft zu sehen und diese als Welt

    prinzip aufzustellen, hat Anaximenes unzweifelhaft direkt aus der Orphikerhalten. Denn dafr konnte ihm Anaximander keinen Anhaltspunkt

    bieten. Die Eigenschaften des Urstoffes aber, soweit sie allen Weltbildungsgottheiten der Orphiker gemeinsam waren, diese drfte Anaximenes von den Eigenschaften des anaximandrischen craipov abgeleitethaben, wenn es auch an sich nicht ausgeschlossen ist, da in jenerorphischen Kosmogonie,in der 'AVjp an die Spitze der Weltentwicklunggestellt war, dieselben Qualitten auch von der Luft ausgesagt waren.Aber fr diese Annahme haben wir in der vorhandenen orphischenLiteratur keinen Beweis. So ist es also am natrlichsten anzunehmen,da Anaximenes, der jedenfalls das System seines Vorgngers gekannthat, die Eigenschaften des anaximandrischen neipov aufseinen eigenen Urstoff, die Luft, bertragen hat. Eben deshalb, weil auch Anaximander dasarascpov und seine Eigenschaften aus orphischenWeltbildungslehren abgeleitet hat, stehen die von Anaximenes auf die Luft bertragenen Qualitten nicht im Widerspruch mit dem Wesen des 'Arjp; denn diesem kamenin den Kosraogonien der Orphiker jedenfalls dieselben Eigenschaften zuwie dem auf denOkeanos zurckgehenden Urstoff des Thaies, dem Wasser,und dem Xdoq neipov, dem Urstoff des Anaximander. Indirekt hat alsoauch Anaximenes die Eigenschaften seines Weltprinzips aus orphischenKosmogonien abgeleitet.

    Spter, im V. Jahrhundert, hat Diogenes von Apollonia wiederauf die Urstofflehre des Anaximenes zurckgegriffen. Wenn auch dieserspte Anhnger der altjonischen Schule ber Anaximenes insofern hin

    ausgeht, als er der Luft auch geistige Eigenschaften wie vorjat? u. dgl.J) Vgl. Diels: Ein orphischer Demeterhymnus, S. 1; ders.: ber Anaximanders

    Kosmos, Arch. f. Gesch. d. Philosophie, X. Bd., 1897, S. 235; K. Joel, a.a.O., S. 45 f.,85, 92; W. Nestle: Die Vorsokratiker in Auswahl, S. 24f.

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    zuschreibt 1) und den Standpunkt des Anaxagoras, der einen voO? lehrte,

    mit der Lehre des Anaximenes zu vereinigen sucht, so kann man dochaus den Eigenschaften, die Diogenes der Luft zuteilt, einigermaenRckschlsse auf die Lehre des alten Joniers ziehen. Dabei wird sich

    zeigen, da die Beschaffenheit seines Urstoffes Anklnge an das aTCipovdes Anaximauder zeigt. In der Tat steht der Apolloniate dem Anaxi-mander viel nher als dem dritten Jonier, wenn er behauptet, die Luftlenkt und beherrscht alle: . . . v.cd bnb xoxoo (nml. aepog) ndvxas xcdwjspvafrca xcd izdvxiv xpaTstv 8). Die Luft ist ein Gott (freot;) 3) und einewiger und unsterblicher Krper: xcd at jj,fev toto xcd da'Scov xald-avaxov a%ia 4j. Die Eigenschaften gro, gewaltig, ewig, unsterblich

    (xcd uiya xcd layppbv xcd tSiov xe xcd cld-dvaxov) 5) erinnern mehr an dasfeeipov Anaximandersals an die Luft des Anaximenes. Das wird besondersklar, wenn man die Eigenschaften des anaximandrischen aneipov

    bercksichtigt, die Ps.-Plutarch, Hippolytos und besonders Aristotelesdiesem zuschreiben 6). Vom vog des Anaxagoras dagegen scheinendie Attribute vielwissend" (%oXkct dog, Frg. 8), allgegenwrtig", allesverwaltend", in allem vorhanden" und an allem teilhabend" (enl it&vclyZy&ca xcd itdvxa Suxxi&evcci xcd ev itccvxi evetvac . xcd 'eaxiv oSe ev 8 xi ja1}]

    p,Tsxet xoxoo Frg. 5) genommen zu sein.Wenn man also das, was Diogenes von Apollonia von der Luft

    lehrt, mit der entsprechenden Lehre des Anaximenes einerseits und mitder Lehre Anaximanders vom ofoeipav andererseits vergleicht, so ergibtsich, da die Eigenschaften des Urstoffes, wie sie Diogenes der Luftzuschreibt, mit denen des anaximandrischen dfaeipov mehr hnlichkeitzeigen als mit den Eigenschaften der Luft des Anaximenes. Anaximan-der aber war vom Xdoc, #7teipov der orphischen Kosmogonienausgegangenund so zu seinem Urstoff gelangt. Anaximenes dagegen hat, wie gezeigt worden ist, im orphischen 'Atjp das Vorbild fr sein Luftprinzipgefunden. In jener orphischen Kosmogonie, die den 'A^p an die Spitzeder Weltentwicklung stellte, waren diesem aller Wahrscheinlichkeit nachdieselben Eigenschaften zugesprochen wie in den, anderen orphischenWeltbildungslehren dem Xdoc,. Aber Anaximenes scheint sich wenigstensnach dem Sprlichen, das uns beiliefert ist, an jene orphische Kosmogonie, in welcher der 'Ayjp an der Spitze der Weltentwicklung stand,weniger eng angeschlossen zu haben als Anaximander an das orphischeChaos. Dagegen findet sich bei Diogenes von Apollonia wieder eingenaueres Zurckgreifen auf die gemeinsame Quelle, auf die Orphik.

    i) Frg. 3, 4," 5 (Diels, S. 335 f.).2) Frg. 5 ebd.

    3) Frg. 5 ebd.4) Frg. 7 (Diels, S. 339).5) Frg. 8 ebd.

    6) Frg. 10, 11, 15 A (Diels, S. 13 f.).

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    Diese Erscheinung steht nicht vereinzelt in der Geschichte der

    antiken, speziell der vorsokratischen Philosophie da. Bei den Eleatenz. B. ist ein ganz hnlicher Vorgang zu verzeichnen 1). Zenon undMelissos haben den Seinsbegriff viel konsequenter ausgebildet als Par-menides, der ihn, wie a. a. 0. gezeigt worden ist, aus dem eifrmigenChaos (Kdoc,

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    ou [iy] 'axtv 'Ayjp 6 Se icapwv dwcavtaxoTcavx' evayxvjg oloe TtayxayO uapwv.

    Dieselbe pantheistische Auffassung hatte schon die alte Orphik vonZeus, wie die Fragmente 33, 46 u. 1'23 zeigen. Aus der Orphik hattendann auch die Eleaten, zunchst Xenophanes, den pantheistisch gefatenGottesbegriff bernommen. Mag nun Diogenes direkt aus der Orphikoder auf dem Umwege ber Anaximenes, bzw. Anaximander die Anregungen zu seiner Lehre vom Urstoff und seinen Eigenschaften bekommen haben, das eine ist sicher, da, wie Zenon und Melissos ber dieLehre des Parmenides hinaus auf die Quelle der Seinslehre zurckgingenund sich viel sklavischer an sie anschlssen, der Apolloniate ebensoauch seinerseits ber Anaximenes hinaus auf dessen Quelle, die Orphik,zurckgegriffen hat. Daraus erklrt sich auch die bereinstimmungseiner Lehre mit der Anaximanders, der den Orphikern von allen dreilteren jonischen Naturphilosophen am nchsten steht, wenigstens nachdem, was von ihm berliefert ist.

    So ist denn also Diogenes von Apollonia,der sptere Vertreter derLuftlehre indirekt ein Beweis dafr, da Anaximenes die Grundgedankenfr seine Urstofflehre in letzter Linie der mythisch-kosmogonischenSpekulation der Orphiker entnommen hat.

    F r e i s t a d t, O.-., im Mai 1912. Dr. Jos. Drfler.