DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3)...

14
M. Richter S. Zech M. Frink J. Geerling C. Krettek Vorfußfrakturen 2.–5. Strahl FussSprungg 3:70–83 (2005) DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 Fuß 143 Eingegangen: 4. Oktober 2004 Akzeptiert: 15. November 2004 Priv.-Doz. Dr. med. Martinus Richter ( ) ) Unfallchirurgische Klinik Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover, Germany Tel.: 05 11 / 5 32-21 73 Fax: 05 11 / 5 32-21 75 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.martinusrichter.de Forefoot fractures of the 2nd–5th ray n Summary Forefoot fractures of the 2nd–5th ray comprise ap- proximately one half of all foot fractures. Metatarsal fractures are caused by direct impact or indir- ect force effect. The effecting forces can range from minor re- petitive stress to massive destruc- tional forces. The clinical courses in meta- tarsal fractures and toe fractures of the 2nd–5th ray are typically favorable. The percentage of com- plications like infection or pseud- arthrosis is low. The proximal area of the fifth metatarsal is an exception with a higher risk for pseudarthrosis. Posttraumatic de- formations can lead to problems in all metatarsals. Differences in structure and function of the dif- ferent metatarsals require an adapted management that is de- scribed in this overview. n Key words Fracture – forefoot – metarsal – toe – osteosynthesis n Zusammenfassung Vorfußfrak- turen des 2.–5. Strahls machen et- wa die Hälfte aller Fußfrakturen aus. Sie werden durch direkten Impakt oder indirekte Kraftein- wirkung verursacht. Die einwir- kenden Kräfte können von einfa- chem wiederholtem Stress bis zu komplexen Verletzungsmechanis- men reichen. Der Heilverlauf von Metatarsa- lefrakturen und Frakturen der Ze- hen des 2.–5. Strahls ist typi- scherweise günstig. Die Inzidenz von Komplikationen wie Infektio- nen oder Pseudarthrosenbildung ist gering. Ausnahme ist hier der proximale Schaftbereich von Me- tatarsale 5. Insgesamt können aber auch posttraumatische Fehl- stellungen bei verheilten Metatar- salefrakturen Probleme verursa- chen. Struktur und Funktionsun- terschiede zwischen den einzel- nen Metatarsalia führen zu unter- schiedlichem Management, das ebenfalls in dieser Übersichtsar- beit dargestellt wird. n Schlüsselwörter Fraktur – Vorfuß – Metatarsale – Zehe – Osteosynthese BEITRAG ZUM THEMENSCHWERPUNKT Einleitung Metatarsalefrakturen machen etwa ein Drittel aller Fußfrakturen aus [19]. Metatarsale 5 ist am häufigs- ten betroffen, gefolgt von Metatarsale 3, 2, 1 und 4 in Reihenfolge der sinkenden Häufigkeit [4]. Die In- zidenz von Stressfrakturen weicht von dieser Häufig- keitsverteilung ab [10]. Die zentralen Metatarsalia [2–4] sind davon häufiger betroffen als Metatarsale 1 und 5 [12]. Metatarsalefrakturen werden durch di- rekten Impakt oder indirekte Krafteinwirkung ver- ursacht. Die einwirkenden Kräfte können von ein- fachem wiederholtem Stress (z. B. Marschfraktur bei Soldaten) bis zu komplexen Verletzungsmechanis- men (Lisfranc-Luxationsfraktur bei Verkehrsunfall- opfern) reichen [10, 12, 14]. Der Heilverlauf von Metatarsalefrakturen ist typi- scherweise günstig [20]. Die Inzidenz von Komplika- tionen wie Infektionen oder Pseudarthrosenbildung ist gering [20]. Ausnahme ist hier der proximale

Transcript of DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3)...

Page 1: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

M. RichterS. ZechM. FrinkJ. GeerlingC. Krettek

Vorfußfrakturen 2.–5. Strahl

FussSprungg 3:70–83 (2005)DOI 10.1007/s10302-005-0143-7

Fuß143

Eingegangen: 4. Oktober 2004Akzeptiert: 15. November 2004

Priv.-Doz. Dr. med. Martinus Richter ())Unfallchirurgische KlinikMedizinische Hochschule HannoverCarl-Neuberg-Str. 130625 Hannover, GermanyTel.: 05 11 / 5 32-21 73Fax: 05 11 / 5 32-21 75E-Mail:[email protected]: http://www.martinusrichter.de

Forefoot fractures of the 2nd–5th ray

n Summary Forefoot fractures ofthe 2nd–5th ray comprise ap-proximately one half of all footfractures. Metatarsal fractures arecaused by direct impact or indir-ect force effect. The effectingforces can range from minor re-petitive stress to massive destruc-tional forces.

The clinical courses in meta-tarsal fractures and toe fracturesof the 2nd–5th ray are typicallyfavorable. The percentage of com-plications like infection or pseud-arthrosis is low. The proximalarea of the fifth metatarsal is anexception with a higher risk forpseudarthrosis. Posttraumatic de-formations can lead to problemsin all metatarsals. Differences instructure and function of the dif-ferent metatarsals require anadapted management that is de-scribed in this overview.

n Key words Fracture – forefoot –metarsal – toe – osteosynthesis

n Zusammenfassung Vorfußfrak-turen des 2.–5. Strahls machen et-wa die Hälfte aller Fußfrakturenaus. Sie werden durch direktenImpakt oder indirekte Kraftein-wirkung verursacht. Die einwir-kenden Kräfte können von einfa-

chem wiederholtem Stress bis zukomplexen Verletzungsmechanis-men reichen.

Der Heilverlauf von Metatarsa-lefrakturen und Frakturen der Ze-hen des 2.–5. Strahls ist typi-scherweise günstig. Die Inzidenzvon Komplikationen wie Infektio-nen oder Pseudarthrosenbildungist gering. Ausnahme ist hier derproximale Schaftbereich von Me-tatarsale 5. Insgesamt könnenaber auch posttraumatische Fehl-stellungen bei verheilten Metatar-salefrakturen Probleme verursa-chen. Struktur und Funktionsun-terschiede zwischen den einzel-nen Metatarsalia führen zu unter-schiedlichem Management, dasebenfalls in dieser Übersichtsar-beit dargestellt wird.

n Schlüsselwörter Fraktur –Vorfuß – Metatarsale – Zehe –Osteosynthese

BEITRAG ZUM THEMENSCHWERPUNKT

EinleitungMetatarsalefrakturen machen etwa ein Drittel allerFußfrakturen aus [19]. Metatarsale 5 ist am häufigs-ten betroffen, gefolgt von Metatarsale 3, 2, 1 und 4in Reihenfolge der sinkenden Häufigkeit [4]. Die In-zidenz von Stressfrakturen weicht von dieser Häufig-keitsverteilung ab [10]. Die zentralen Metatarsalia[2–4] sind davon häufiger betroffen als Metatarsale 1und 5 [12]. Metatarsalefrakturen werden durch di-

rekten Impakt oder indirekte Krafteinwirkung ver-ursacht. Die einwirkenden Kräfte können von ein-fachem wiederholtem Stress (z. B. Marschfraktur beiSoldaten) bis zu komplexen Verletzungsmechanis-men (Lisfranc-Luxationsfraktur bei Verkehrsunfall-opfern) reichen [10, 12, 14].

Der Heilverlauf von Metatarsalefrakturen ist typi-scherweise günstig [20]. Die Inzidenz von Komplika-tionen wie Infektionen oder Pseudarthrosenbildungist gering [20]. Ausnahme ist hier der proximale

Page 2: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

Schaftbereich von Metatarsale 5 [20]. Insgesamtkönnen aber auch posttraumatische Fehlstellungenbei verheilten Frakturen Probleme verursachen [20].

Struktur und Funktionsunterschiede zwischen deneinzelnen Metatarsalia führen zu unterschiedlichemManagement [9]. Deshalb sollte wie in dieser Übersichtzwischen Frakturen des ersten, der zentralen [2–4] unddes fünften Metatarsale unterschieden werden. DieseEinteilung lehnt sich an historische biomechanischeGrundprinzipien d. h. dem „Dreibeinprinzip“ (Tubercalcanei, Metatarsale-1- und 5-Köpfchen) und an neuebiomechanische Untersuchungen mit erheblicher Be-lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3)an [21].

Frakturen der Kleinzehen haben für das normaleGehen dann eine Auswirkung wenn sie in deutlicherFehlstellung verheilen [1, 21]. Die Frakturen der Klein-zehen sind überdurchschnittlich häufig mehrfragmen-tär, was bei der Diagnostik und Behandlung berück-sichtigt werden muss [3]. Einige Frakturtypen werdenhäufiger beobachtet und können mit einem bestimm-ten Verletzungsmechanismus assoziiert sein [3].

Frakturtypen

n Metatarsale

Stressfrakturen

Stressfrakturen sind die physiologische Antwort aufrepetitive Überlastung oder Verletzung [20]. Brie-haupt beschrieb 1855 erstmals Metatarsalestressfrak-turen bei Rekruten [7]. Metatarsalestressfrakturenhaben die höchste Inzidenz bei Patienten mit inten-sivster körperlicher Betätigung wie Aerobic, Ballet,Tanzen oder Laufen [5, 8]. Die klinische Unter-suchung zeigt meist punktuelle plantare Schmerzen,die belastungsabhängig sind [20]. KonventionelleRöntgenaufnahmen sind häufig wenig spezifisch.Spätere sichere Hinweise auf eine Stressfraktur sindKallusbildung (Abb. 3). Falls sich die Diagnose kli-nisch nicht sichern lässt, kann dies auch in derFrühphase durch MRT oder Szintigraphie erfolgen.Die Behandlung erfolgt bei inkompletten Frakturendurch Ruhigstellung im Gipsschuh oder in einer Or-these mit Entlastung für 4–6 Wochen. Bei komplet-ten Frakturen ist die operative Therapie indiziert(s. u. Metatarsale 5).

Gipsschuh (Abb. 1)

Der Gipsschuh bietet hohe Stabilität bei freier Be-weglichkeit im OSG. Im Gipsschuh ist keine medika-mentöse Thromboseprophylaxe nötig. Eine Ruhig-

stellung im Unterschenkelgips erhöht das Thrombo-serisiko ohne wesentliche Stabilitätsverbesserung imBereich der Metatarsalia und ist deshalb als obsoletanzusehen [21].

71M. Richter et al.Vorfußfrakturen 2.–5. Strahl

Abb. 1 Gipsschuh. Der Gipsschuh bewährt sich sehr bei allen konservativenund operativen Frakturversorgungen sowie Rekonstruktionen im Mittelfuß- undVorfußbereich. Er erlaubt die volle Beweglichkeit im OSG und minimiert dasThrombembolierisiko bei erhaltener physiologischer Muskelpumpe des Unter-schenkels. Die Laufsohle wird am Abend abgenommen und gewährleistet einensauberen Gipsschuh. (a und b: OSG-Beweglichkeit im OSG in Gipsschuh; c: An-modellieren des Gipsschuhs)

a

b

c

Page 3: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

Köpfchenfrakturen

Köpfchenfrakturen imponieren meist durch Ver-kürzung, häufig mit Achsenabweichung oder Rotati-on kombiniert (s. Abb. 4). Der Verletzungsmechanis-mus ist häufig ein direkter Impakt. Beim Hängen-bleiben an oder Tritt gegen Objekte ist eine beglei-tende Luxation im Metatarsophalangealgelenk nichtselten [20]. Die geschlossene Reposition gelingt auf-grund der Einstauchung der Fragmente meist nichtund kann sogar die Fehlstellung eventueller intraar-tikulärer Fragmente vergrößern [20]. Falls die ge-schlossene Reposition bei größeren Fragmenten ge-lingt, sollte eine interne Fixation mit K-Drähten er-folgen. Die antegrade intramedulläre Einbringungder Drähte ist an den Metatarsalia generell vorteil-haft, da dabei die stabile Gelenkkapsel des Metatar-sophalangealgelenks nicht penetriert werden muss(s. u.). Bei Gelenkbeteiligung ist eventuell auch dieoffene Reposition und interne Fixierung mit Schrau-ben oder kleinen (T-)Platten bzw. Miniimplantatenindiziert [9, 20]. Die postoperative Behandlung sollte

auch für 6 Wochen im Gipsschuh unter Teilbelastungmit 15 kg (s. o.) erfolgen.

Antegrade intramedulläre K-Drahtosteosynthese(Abb. 4)

Die antegrade intramedulläre Einbringung der Dräh-te ist an den Metatarsalia generell vorteilhaft, da da-bei nicht wie bei der retrograden Technik die stabileGelenkkapsel des Metatarsophalangealgelenks pene-triert werden muss. Dies verursacht nämlich einer-seits Probleme beim Einbringen der Drähte und an-dererseits bei liegenden Drähten Affektionen des Me-tatarsophalangealgelenks, wie Kapselreizung undschmerzhafte Bewegungseinschränkung. Die antegra-de Technik entspricht dem Prinzip der Markdrah-tung. Im Bereich der Metatarsalia ist diese Technikbei einfachen Schaft-, Hals- und extraartikulärenKöpfchenfrakturen besonders günstig anwendbar.Bei intraartikulären oder mehrfragmentären extraar-tikulären Frakturen sollte eher ein offenes Verfahrengewählt werden. Für diese Frakturen kommt die re-trograde Technik ebenfalls nicht in Frage.

Bei der antegraden Technik kommen 1,4–2,5 mmK-Drähte zum Einsatz, je nach Größe des Mark-raums. Es sollten prinzipiell immer 2 Drähte einge-bracht werden, je einer von medial und lateral (amMetatarsale 5 beide von lateral). Die Drähte werden

72 Fuß & Sprunggelenk, Band 3, Heft 2 (2005)© Steinkopff Verlag 2005

Abb. 1 d Gipsschuh mit Laufsohle/Segeltuchschuh

Abb. 2 Pflasterzügelverband

Abb. 3 Stressfraktur Metatarsale 2 im Ausheilungsstadium

Page 4: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

etwas vorgebogen und mit einem T-Handgriff ver-sehen. Dann wird das Metatarsale am proximalenmetaphysär-epiphysären Übergang von dorsomedialund -lateral über eine Stichinzision mit einem Boh-rer eröffnet. Der Bohrer sollte 0,2–0,5 mm dickersein als der K-Draht und die Bohrrichtung sollteschräg nach distal geneigt sein. Die Gegenkortikalissollte nicht penetriert werden. Dann werden dieDrähte eingebracht. Dank der Biegung gelingt dieAuffädelung des distalen Fragments sehr einfach.Die Drähte werden dann bis in das Köpfchen vor-geschoben ohne die Kortikalis zu durchbrechen. DieVerankerung erfolgt im subchondralen spongiösenKnochen. Durch die Vorbiegung kann auch dannnoch bei Köpfchen- oder Halsfrakturen durch Dre-hen des Drahts die Reposition verbessert werden.Die Drähte werden dann subkutan gekürzt.

Bei isolierten Frakturen kann die antegrade Tech-nik auch in modifizierter Oberst-Anästhesie, d. h.mit Infiltration im Bereich der Metatarsalebasis er-folgen.

Subkapitale Frakturen

Hals- oder subkapitale Frakturen sind häufig dis-loziert, meist nach plantar und lateral (s. Abb. 4)[20]. Der typische Verletzungsmechanismus ist einlateraler Schermechanismus oder ein schräger direk-ter Impakt [1, 14]. Bei nicht behobener erheblicherFehlstellung können schmerzhafte Kallusbildungenoder sogar Pseudarthrosen auftreten [1]. Deshalb istdie geschlossene Reposition bei derartigen Fehlstel-lungen indiziert. Durch Traktion unter Lokalanästhe-sie (modifizierte Oberst-Leitungsanästhesie) gelingtmeist eine Verbesserung der Stellung, aber keineanatomische Reposition. Eine geringe Fehlstellung(10�-Achsenknickung) ist akzeptabel [2, 12, 18]. Un-bedingt sollte aber eine interne Fixierung mitK-Drähten erfolgen. Die antegrade intramedulläreEinbringung der Drähte ist vorteilhaft (s. o.).

73M. Richter et al.Vorfußfrakturen 2.–5. Strahl

Abb. 4 Dislozierte Köpfchenfrakturen der Metatarsale 2–4 im Rahmen einesVerkehrsunfalls, die nach beschriebener Technik mit antegrader Spickdrahtos-teosynthese operativ versorgt wurden. a Präoperative Röntgenaufnahmen

Abb. 4 b Postoperative Röntgenaufnahmen

Page 5: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

Schaftfrakturen

Schaftfrakturen sind am häufigsten Schrägfrakturen,wenn auch alle anderen Frakturmorphologien vor-kommen. Verletzungsmechanismen sind direkter Im-pakt, Quetschverletzungen und indirekte Kraftein-wirkung. Nicht oder gering verschobene Frakturenwerden nichtoperativ mit Ruhigstellung im gespalte-nen Gipsschuh behandelt. Nach Abschwellung derWeichteile erfolgt dann die Anlage eines geschlosse-nen Gipsschuhs für 6 Wochen. Im geschlossenenGipsschuh kann voll belastet werden. Seitverschie-bungen von mehr als 3 mm oder Achsenabweichun-gen oder Rotationsfehlstellungen von mehr als 10�sind nicht mehr tolerabel und bedürfen der Reposi-tion [2, 12, 18]. Diese gelingt bei einfachen Fraktu-ren meist geschlossen. Danach folgt eine antegradeintramedulläre K-Draht-Stabilisierung (s. o., Abb. 4).

Bei Schräg- oder Spiralfrakturen mit nur zwei Frag-menten und langem Frakturverlauf kann auch dieSchraubenosteosynthese eine sinnvolle Option sein(Abb. 5). Bei mehrfragmentären Frakturen ist die of-fene Reposition und interne Plattenfixierung indi-ziert (Abb. 6). Als Implantate kommen 3,5 mm Drit-telrohrplatten oder auch 2,7 mm Platten in Frage.

Basisfrakturen

Basisfrakturen sind meist Folge direkter Krafteinwir-kung. Sie sind häufig Teil einer Lisfranc-Luxations-fraktur (s. u.) [13]. Falls wirklich eine isolierte Basis-fraktur mit geringer Fehlstellung ohne Verletzungdes Lisfrancgelenks vorliegt, kann die Behandlungmeist nichtoperativ im Gipsschuh für 6 Wochen mit15 kg Teilbelastung erfolgen.

74 Fuß & Sprunggelenk, Band 3, Heft 2 (2005)© Steinkopff Verlag 2005

Abb. 5 Metatarsale 5 Schaftfraktur nach Treppensturz mit schrägem Frakturverlauf. (a und b: präoperative Röntgenaufnahmen mit; c und d postoperativeRöntgenaufnahmen nach Schraubenosteosynthese)

a

b

c

d

Page 6: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

n Kleinzehen

Frakturen in sagittaler Ebene

Diese Zehenfrakturen entstehen typischerweise durchforcierte Hyperextension oder -flexion [3]. Als weitererMechanismus sind direkte Krafteinwirkung, wie z. B.bei Barotraumen zu nennen (Abb. 9). Diese Frakturensind überdurchschnittlich häufig mehrfragmentäreoder sogar Trümmerfrakturen [1, 3].

Frakturen in transversaler Ebene

Abduktions-/Adduktionsmechanismen resultieren inFrakturen mit transversalem Verlauf. Die häufigsteVerletzung dieses Typs ist die „Bettpfostenverlet-zung“ der Grundphalanx der 5. Zehe, wobei beim

75M. Richter et al.Vorfußfrakturen 2.–5. Strahl

Abb. 6 Metatarsale 5 Schaftfraktur nach Supinationstrauma in deutlicherFehlstellung mit mehreren Fragmenten. (a und b: präoperative Röntgenauf-nahmen)

Abb. 6 (c und d: postoperative Röntgenaufnahmen nach Plattenosteosyn-these)

a

b

c

d

Page 7: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

Hängenbleiben mit der Zehe am Bettpfosten ein for-cierte Abduktion auftritt [3]. Diese Frakturen ziehenhäufig in das Metatarsophalangeal- oder Interphal-angealgelenk (Abb. 8) [3].

Frakturen in frontaler Ebene

Rotations- oder Inversions-/Eversionsmechanismenführen vor allem zu Frakturen mit frontalem Verlauf[3]. Diese Frakturtypen sind eher selten und bein-halten die Spiralfrakturen des Schafts. Dieser Frak-turtyp ist eher instabil was die geschlossene Reposi-tion und externe Ruhigstellung erschweren kann [3].

Metatarsale 2–4

Eine wichtige Funktion der zentralen Metatarsalia(2–4) ist die Kraftweiterleitung beim Gang [9]. DieseFunktion ist aber nur bei anatomischer Stellungmöglich. Die Verbindung von Metatarsale 2 zum Tar-sus ist wesentlich stabiler als die der Metatarsalia 3und 4, die auch beweglicher sind [9]. Damit trägtdas Metatarsale 2 auch wesentlich mehr Last, wasdie größere Kortikalisdicke, aber auch die Häufigkeitvon Stressfrakturen erklärt (Abb. 3). Die Häufigkeitvon Stressfrakturen des Metatarsale 2 steigt weiteran, wenn das Metatarsale 1 funktionell verkürzt oderhypermobil ist, oder auch bei funktioneller Gas-trocnemiusverkürzung [9]. Die Diagnostik und Be-handlung von Stressfrakturen ist oben beschrieben.

76 Fuß & Sprunggelenk, Band 3, Heft 2 (2005)© Steinkopff Verlag 2005

Abb. 7 Metatarsale 5 Avulsionsfraktur mit Zuggurtungsosteosynthese. (a: prä-operative Röntgenaufnahme; b: 6 Wochen postoperativ; c: Röntgen nach 2 Jah-ren)

a

b

c

Page 8: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

Akute Frakturen der zentralen Metatarsalia entste-hen durch direkten Impakt oder indirekte Kraftein-wirkung [9, 20].

Unverschobene Frakturen können nichtoperativfür 6 Wochen im Gipsschuh (s. o.) unter Teilbelas-tung mit 15 kg ruhig gestellt werden. Bei einfachenverschobenen Frakturen ist die geschlossene Reposi-tion und antegrade intramedulläre K-Draht-Fixie-rung adäquat (s. o.). Als Implantate sollten K-Drähtevon 1,6–1,8 mm Dicke verwendet werden. Bei mehr-fragmentären Frakturen ist die offene Repositionund interne Plattenfixierung indiziert. Als Implantatekommen im Schaftbereich Drittel- oder Viertelrohr-platten in Frage. Im metaphysären Bereich sind auchkleine T-Platten oder Miniimplantate sinnvoll. Diepostoperative Behandlung sollte auch für 6 Wochenim Gipsschuh unter Teilbelastung (s. o.) erfolgen.

Metatarsale 5

n Avulsionsfraktur (Abb. 5)

Die proximalen metaphysären Avulsionsfrakturenentstehen bei jüngeren Patienten meist beim Sportund beim Älteren durch Stürze. Der Verletzungs-mechanismus ist meist ein Inversionstrauma [9]. Beider klinischen Untersuchung besteht ein lokalerDruckschmerz, die Diagnosesicherung erfolgt mitkonventionellen Röntgenaufnahmen in drei Ebenen(dorsoplantar, seitlich, schräg). Meist besteht nur ei-ne geringe Verschiebung, die mit der Zeit nicht zu-nimmt. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Sehnedes M. peroneus brevis nicht nur am Fragment an-setzt. Die Behandlung beinhaltet eine schmerzorien-tierte Ruhigstellung, zu Beginn im Gipsschuh unterVollbelastung und nach etwa 2 Wochen Tragen einesSchuhs mit fester Sohle bis Nachlassen der Be-schwerden.

Bei einer Verschiebung von mehr als 5 mm,schmerzhafter Prominenz des Fragments oder denwenigen Fällen mit verzögerter Fusion ist die opera-tive Therapie im Sinne einer Zuggurtung indiziert(Abb. 7). Die postoperative Behandlung sollte dannfür 6 Wochen im Gipsschuh erfolgen.

n Jones-Fraktur

Die akute Fraktur am proximalen metaphysär-diaphy-sären (extraartikulär) Übergang wird als „Jo-nes“-Fraktur bezeichnet [11]. Diese Frakturen werdenmeist durch indirekte Krafteinwirkung verursacht,und es besteht minimale Verschiebung. In diesen Fäl-len kann eine nichtoperative Behandlung mit Ruhig-

77M. Richter et al.Vorfußfrakturen 2.–5. Strahl

Abb. 8 Typische „Bettpfostenverletzung“ mit dislozierter Fraktur der proxi-malen Phalanx D5 mit Abduktionsfehlstellung. (a: klinisches Bild, b: Röntgen-aufnahmen bei initialer Diagnostik; c: Röntgenaufnahmen nach Reposition).Die Ruhigstellung erfolgte mittels Pflasterzügelverband (s. Abb. 2)

a

b

c

Page 9: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

stellung für 6 Wochen im Gipsschuh unter Vollbelas-tung erfolgen [9]. Bei Verschiebung von mehr als5 mm oder bei verzögerter Durchbauung ist eine ope-rative Therapie mit Zuggurtung oder Schraubenosteo-synthese indiziert. Die Schraube kann als bikortikaleZugschraube (3,5 mm Kortikalisschraube) oder alsintramedulläre Zugschraube (3,5–4,5 mm Spongiosa-schraube) eingebracht werden. Die operative Therapiekann bei Sportlern großzügiger indiziert werden. Diepostoperative Behandlung kann im Schuh mit festerSohle erfolgen.

n Stressfrakturen

Metatarsale 5-Stressfrakturen sind bei Läufern, dieihr Trainingspensum schnell steigern, häufig [9]. Der„Verletzungsmechanismus“ ist die repetitive Belas-tung der lateralen Fußsäule. Diese Fehlbelastungkann auch durch Fehlstellungen wie Tibia-, Rückfuß-varus oder Vorfußadduktionsfehlstellung hervorgeru-fen oder verstärkt werden [9]. Falls entsprechendeFehlstellungen bestehen, muss eine entsprechendeKorrektur in die Therapie einbezogen werden.

Inkomplette Frakturen sollten 6 Wochen im Gips-schuh unter Entlastung ruhig gestellt werden. Frak-turen mit Sklerose oder komplette Frakturen, d. h.auch übersehene oder spät diagnostizierte Frakturensowie Stressfrakturen mit verzögerter Heilung solltenaggressiv operativ behandelt werden. Dabei kommenintramedulläre Schrauben, Schrauben oder sogarKnochentransplantationen in Frage. Wichtig ist dieabsolut stabile Versorgung. Dabei kommen bei ent-sprechend dimensionierten Knochen sogar bis zu6,5 mm Schrauben (bei Basketballspielern) zum Ein-satz. Der Markraum wird zuvor entsprechend auf-gebohrt. Sklerosezonen im Frakturbereich solltenentfernt werden mit anschließender Spongiosatrans-plantation vom Tibiakopf oder Beckenkamm. Beientsprechender Frakturmorphologie ist auch derEinsatz von LCP-Platten sinnvoll. Die postoperativeBehandlung kann im Gipsschuh mit 15 kg für 6 Wo-chen erfolgen [9].

n Schaftfrakturen (Abb. 5 und 6)

Spiralfrakturen entstehen typischerweise durch indi-rekte Krafteinwirkung bei Supinationstraumen. Di-rekte Krafteinwirkung führt eher zur Querfrakturenmit fakultativer Trümmerzone.

Unverschobene Frakturen können nichtoperativfür 6 Wochen im Gipsschuh (s. o.) unter Teilbelas-tung mit 15 kg ruhig gestellt werden. Bei einfachenverschobenen Frakturen ist die geschlossene Reposi-tion und antegrade intramedulläre K-Draht-Fixie-

rung adäquat (s. o.). Als Implantate sollten K-Drähtevon 1,6–1,8 mm Dicke verwendet werden. BeiSchräg- oder Spiralfrakturen mit nur zwei Frag-menten und langem Frakturverlauf kann auch dieSchraubenosteosynthese eine sinnvolle Option sein(Abb. 5). Bei mehrfragmentären Frakturen ist die of-fene Reposition und interne Plattenfixierung indi-ziert (Abb. 6). Als Implantate kommen 3,5 mm Drit-telrohrplatten oder auch 2,7 mm Platten in Frage.Die postoperative Behandlung kann im Gipsschuhmit 15 kg für 6 Wochen erfolgen.

Kleinzehen

Für normales Gehen sind gut verheilte Zehenluxatio-nen und -frakturen genauso wichtig wie für jedenanderen Bruch des Fußes. Jede Luxation im Zehen-bereich ist zügig zu reponieren, wobei eine Leitungs-anästhesie meist nicht notwendig ist [21]. Nur beiRedislokationstendenz ist die temporäre Spickdraht-fixation für 3 Wochen notwendig. Luxationen undFrakturen der kleinen Zehen werden in der Regelnach Reposition gegen ihre Nachbarn hin mit Heft-

78 Fuß & Sprunggelenk, Band 3, Heft 2 (2005)© Steinkopff Verlag 2005

Abb. 9 Intraartikuläre Fraktur der Grundphalanxbasis D3. (a: Röntgenauf-nahme bei initialer Diagnostik; b: nach geschlossener Reposition und internerFixierung mit K-Draht)

a

b

Page 10: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

pflaster für 2–3 Wochen geschient (Abb. 2, 6) undrein funktionell behandelt. Nur bei Fraktur im Be-reich der Grundphalangen kommt gelegentlich eineperkutane Spickdrahtfixation (Abb. 9), selten eine of-fene Osteosynthese mit Schrauben oder Spickdrähtenin Frage, insbesondere nur dann, wenn es notwendigist die Gelenkkongruenz wiederherzustellen [21]. DieOsteosynthese der Kleinzehen stellt aber eher eineAusnahme dar, wie auch der geringe Anteil in unse-rem Patientengut der Jahre 1974–2004 mit 25 Osteo-synthesen bei 423 Fällen mit Frakturen der Kleinze-hen (5,9%) zeigt. Eine möglichst genaue anato-mische Heilung unter Berücksichtigung funktionellerNachbehandlung ist die Basis einer Erfolg verspre-chenden Behandlung. Zur anatomisch korrekten Hei-lung, ganz besonders bei Gelenkbrüchen und zurErmöglichung der funktionellen Nachbehandlung,sind Osteosynthesen gelegentlich unumgänglich. Dieprimäre Reposition bei konservativer Behandlungund/oder Osteosynthesen können nie unter günstige-ren und risikoärmeren Bedingungen vorgenommenwerden, als unmittelbar nach dem Unfall. Ödem undBlasenbildung der Haut als Ausdruck gestörterDurchblutung verbieten oft schon wenige Stundenspäter aktives Vorgehen. Unter strenger Hochlage-rung muss dann die Abschwellung abgewartet wer-den bis dann die adäquate Reposition und Ruhigstel-lung erfolgen kann.

Kombinationsverletzungen

n Frakturen (Abb. 10)

So genannte Kettenverletzungen, d. h. Frakturenmehrerer oder aller Metatarsalia sind Folge direkterKrafteinwirkung (Abb. 8) [14]. Dadurch muss immermit einem erheblichen Weichteiltrauma gerechnetwerden. Deshalb muss auch ein Kompartmentsyn-drom ausgeschlossen werden. Bei entsprechendemVerdacht sollte unbedingt die Messung der Kompart-mentdrücke mit entsprechenden Geräten (z. B. Per-manent Pressure Monitoring System, StrykerTM Co-poration, Santa Clara, CA, USA) erfolgen. Als Grenzesehen wir eine Differenz zwischen Kompartment-druck und diastolischem Blutdruck von 30 mmHg,d. h. bei geringerer Differenz liegt ein Kompartment-syndrom vor und es erfolgt eine Kompartmentspal-tung [6]. Bei Kettenverletzungen sollte eine interneStabilisierung erfolgen. Aufgrund der Weichteilver-hältnisse ist ein gering invasives [6] Verfahren mitgeschlossenen Reposition und interner K-Drahtfixa-tion günstig. Auch hier ist die antegrade K-Draht-Osteosynthese günstiger (s. o.). Bei entsprechendenBegleitverletzungen und notwendiger zeitsparender

Versorgung kann im Ausnahmefall auch die ein-fachere und schnellere retrograde K-Draht-Osteosyn-these erfolgen, evtl. auch mit teilweiser Transfixationdes Lisfrancgelenks (Abb. 11). Bei geringem Weich-teilschaden oder im Intervall sollte bei entsprechen-der Frakturmorphologie eine angepasste Versorgungder einzelnen Metatarsalia wie bei den isolierten Ver-letzungen erfolgen (s. o.). Die postoperative Behand-lung kann im Gipsschuh mit 15 kg für 6 Wochen er-folgen.

n Lisfranc-Luxationsfrakturen (Abb. 11)

Das Lisfrancgelenk hat biomechanisch eine Schlüssel-funktion zwischen Vorfuß und Mittelfuß. Es ist Zen-trum, Schaltstelle und ein wichtiger Garant der dyna-mischen (1. Strahl) und statischen (2.–5. Strahl) Stabi-lität des Längs- und Quergewölbes des Fußes [21].

Eine Lisfrancluxation oder -luxationsfraktur ist ei-ne meist einseitige, geschlossene Verletzung, diegrößtenteils bei Verkehrsunfällen und hierbei über-wiegend bei PKW-Insassen auftritt und erfahrungs-gemäß Folge einer direkten Gewalteinwirkung ist[13].

Nur 10% sind isolierte Verletzungen, etwa jeder 5.Patient ist polytraumatisiert. In 75% bestehen Be-gleitfrakturen der unteren Extremität. 25% sind rei-ne Lisfrancluxationen, 50% Lisfrancluxationsfraktu-ren und 25% kombinierte Chopart-Lisfranc-Luxati-onsfrakturen. In etwa 25% ist ein Kompartmentsyn-drom des Fußes zu erwarten [13]. Begleitfrakturender Metatarsalia liegen in etwa 50% vor [13]. Diesesind in der Hälfte der Fälle basisnah und in je einemViertel im Schaft- oder Köpfchenbereich lokalisiert[13].

Behandlungsziel ist die initiale anatomische Repo-sition und Retention um eine frühfunktionelle Reha-bilitation zu ermöglichen. Eine geschlossene Reposi-tion ist nur in wenigen Fällen mit reiner Luxationanatomisch möglich. Die offene Reposition erfolgtüber ein bis zwei dorsale Inzisionen. Als Repositi-onshilfe ist aktuell die dreidimensionale intraoperati-ve Bildgebung besonders empfehlenswert (Abb. 11).

Nach geschlossener Reposition kann bei guter Ge-lenkstabilität eine Retention mittels Gipsschuh (s. o.)erfolgen. In den meisten Fällen ist jedoch eine inter-ne Fixation mit K-Drähten erforderlich. Nach offenerReposition erfolgt eine interne Fixation mit K-Dräh-ten und/oder -Schrauben. Bei erheblicher Gelenkzer-störung sollte eine primäre teilweise oder vollständi-ge Arthrodese erfolgen, da diese bessere Ergebnisseerzielt als eine sekundäre Arthrodese [13]. Dabeimuss nicht eine komplette Gelenkversteifung erfol-gen. Die funktionellen Ergebnisse nach isolierterVersteifung der medialen oder lateralen Säule sind

79M. Richter et al.Vorfußfrakturen 2.–5. Strahl

Page 11: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

besser als nach kompletter Versteifung [17]. Dasoperative Vorgehen ist analog zur temporärenSchraubentransfixation. Abweichend hiervon musseine komplette Entknorpelung der zu versteifendenGelenke erfolgen und die Schrauben sollten als Zug-schrauben eingebracht werden. Zur Stabilitätserhö-hung kann eine Verschraubung der Cuneiformia inmediolateraler Richtung hilfreich sein. Die Schrau-ben werden üblicherweise nur bei Auftreten lokalerBeschwerden entfernt. Schraubenbruch ist ein Hin-weis auf fehlende Fusion. Nach interner Fixation An-lage eines gespaltenen Gipsschuhs, Gipsverschlussnach Abschwellung. Bei polytraumatisierten Patien-ten (ca. 20%) ist die Anlage eines Fixateur externe(Tibia, Metatarsale 1 und 4) eventuell sinnvoller, dadieser besser zur intensivmedizinischen Therapie ge-eignet ist.

Prognose

Die Prognose isolierter Metatarsaleverletzung istgünstig [20]. Bei Gelenkbeteiligung sind posttrauma-tische Arthrosen zu erwarten mit entsprechendenBeschwerden und erforderlichen Maßnahmen [20].

Bei Lisfranc-Läsionen führen alle relevanten Ge-lenkverwerfungen und/oder Verkürzungen der me-dialen bzw. lateralen Fußsäule ohne primär-rekons-truktiven Eingriff in der Regel zur posttraumati-schen Arthrose, Valgus-/Varusfehlstellung des Vor-fußes, Hemmung der Pronation bzw. Supinationund/oder der Dorsal-/Plantarflexion [13]. Bei primä-rer Knorpelzerstörung sind posttraumatische Arthro-sen relativ häufig zu sehen, die in der Regel aberbesser toleriert werden als in anderen Gelenk-abschnitten des Fußes. Dennoch können daraus re-sultierende Belastungsschmerzen eine Arthrodeseder betroffenen Gelenkabschnitte erfordern.

Die Prognose hängt auch besonders vom Ausmaßdes initialen Weichteilschadens ab. Rasche Kompart-

80 Fuß & Sprunggelenk, Band 3, Heft 2 (2005)© Steinkopff Verlag 2005

Abb. 10 Metatarsale-Kettenverletzung mit Beteiligung aller 5 Metatarsalia. Eserfolgte eine offene Reposition, da ohnehin eine Kompartmentspaltung erfor-derlich war, danach Spickdrahtosteosynthese mit temporärer Transfixation desLisfrancgelenks. Aufgrund des kritischen Gesamtzustandes des Patienten erfolg-te dieser Eingriff in großer Eile mit Akzeptanz eines nicht optimalen Reposi-tionsergebnisses. Der Patient verstarb drei Tage nach dem Eingriff. (a: präope-rative Röntgenaufnahme; b und c: postoperative Röntgenaufnahmen)

a

b

c

Page 12: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

mentspaltung, anatomische Rekonstruktion und tem-poräre stabile Transfixation lassen ein dauerhaft gu-tes Resultat erzielen. Verzögerte Kompartmentspal-tung, unzureichende konservative oder semioperativeBehandlung mit perkutaner Spickdrahtfixation ins-besondere ohne exakte Reposition der gesamten Lis-franc-Linie können Vorfußsteifigkeit, Kontraktionder intrinsischen Fußmuskulatur mit Entwicklungvon Hammerzehen, Fehlstellungen des Vorfußes und

der Metatarsaliaköpfchen zurücklassen. Darüber hi-naus können sie zu einer frühen posttraumatischenArthrose führen, die dann oftmals nur durch kor-rigierende Eingriffe beherrschbar sind.

Luxationen und Brüche im Bereich des Fußes dis-tal der Lisfranc-Reihe sind in ihrer Bedeutung fürdie spätere Leistungsfähigkeit nicht zu unterschätzen[21]. Form und Funktion sind auch hier voneinandernicht zu trennen [21].

81M. Richter et al.Vorfußfrakturen 2.–5. Strahl

Abb. 11 Homolaterale laterale Lisfranc-Luxationsfraktur 1.–5. Strahl, Meta-tarsale 3 Halsfraktur. Offene Reposition und interne K-Drahtfixation mit tem-porärer Transfixation des Lisfrancgelenks und Transfixation Metatarsale 5 auf

Metatarsale 4 und 3. Intraoperative Evaluation der Reposition und internenFixation mit dreidimensionaler Bildgebung (ISO-C-3D, Siemens AG). (a und b:präoperative Röntgenaufnahmen; c und d: postoperative Röntgenaufnahmen)

a

b

c

d

Page 13: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

PräventionAngesichts des typischen klinischen Verlaufs mit ho-hen Langzeitfolgen auch bei optimaler Behandlungspielt die Verletzungsprävention besonders bei Lis-franc-Luxationsfrakturen eine vordringliche Rolle[15]. Aufgrund der überwiegenden Entstehung dieserVerletzungen bei Verkehrsunfällen und insbesonderebei PKW-Insassen sollten hier präventive Maßnah-men überprüft und ggf. modifiziert werden. Die Ver-

besserung der Fahrzeugsicherheit der 90er Jahreführte zu geringerer Gesamtverletzungsschwere trotzsteigender Unfallschwere [14]. Frakturen der Fuß-region treten jedoch in unveränderter Häufigkeitund Verletzungsschwere auf [14]. Diese sind meis-tens durch die Deformierung des Fußraums beiFrontalkollisionen verursacht. Unter Berücksichti-gung dieses typischen Unfallmechanismus ist dahereine Verringerung der Fußraumdeformierung zurPrävention essentiell [16].

82 Fuß & Sprunggelenk, Band 3, Heft 2 (2005)© Steinkopff Verlag 2005

Abb. 11 (e und f: intraoperative dreidimensionale Bildgebung mit ISO-C-3D; g und h: postoperatives CT)

e

f

g

h

Page 14: DOI 10.1007/s10302-005-0143-7 BEITRAG ZUM …...lastung im zentralen Bereich (Metatarsale 2 und 3) an [21]. Frakturen der Kleinzehen haben für das normale Gehen dann eine Auswirkung

83M. Richter et al.Vorfußfrakturen 2.–5. Strahl

Literatur

1. Anderson LD (1977) Injuries of theforefoot. Clin Orthop (122):18–27

2. Armagan OE, Shereff MJ (2001) Inju-ries to the toes and metatarsals.Orthop Clin North Am 32(1):1–10

3. Banks AS, Downey MS, Martin DE,Miller SJ (2001) McGlamry’s compre-hensive textbook of foot and anklesurgery. 3rd ed. Lippincott Williams& Wilkins, Lippincott, Philadelphia

4. DeLee JC, Evans JP, Julian J (1983)Stress fracture of the fifth metatarsal.Am J Sports Med 11(5):349–353

5. Eisele SA, Sammarco GJ (1993) Fati-gue fractures of the foot and ankle inthe athlete. J Bone Joint Surg Am75(2):290–298

6. Fulkerson E, Razi A, Tejwani N(2003) Review: acute compartmentsyndrome of the foot. Foot Ankle Int24(2):180–187

7. Greaney RB, Gerber FH, Laughlin RL,Kmet JP, Metz CD, Kilcheski TS et al(1983) Distribution and natural his-tory of stress fractures in US Marinerecruits. Radiology 146(2):339–346

8. Gross TS, Bunch RP (1989) A me-chanical model of metatarsal stressfracture during distance running. AmJ Sports Med 17(5):669–674

9. Hansen STJ (2000) Functional recon-struction of the foot and ankle. Lip-pincott Williams & Wilkins, Philadel-phia Baltimore NewYork

10. Harper MC (1989) Metabolic bonedisease presenting as multiple recur-rent metatarsal fractures: a case re-port. Foot Ankle 9(4):207–209

11. Jones R (1902) Fracture of the baseof the fifth metatarsal. Ann Surg35:697–700

12. Myerson MS (1991) Injuries of theforefoot and toes. In: Jahss MH (ed)Disorders of the Foot. WB Saunders,Philadelphia, pp 2233–2273

13. Richter M, Thermann H, Hufner T,Krettek C (2002) Aetiology, treatmentand outcome in lisfranc joint disloca-tions and fracture dislocations. FootAnkle Surg 8:21–32

14. Richter M, Thermann H, Wipper-mann B, Otte D, Schratt HE,Tscherne H (2001) Foot fractures inrestrained front seat car occupants: along-term study over twenty-threeyears. J Orthop Trauma 15(4):287–293

15. Richter M, Wippermann B, Krettek C,Schratt E, Hufner T, Thermann H(2001) Fractures and fracture disloca-tions of the midfoot – occurence,causes and long-term results. FootAnkle Int 22(5):392–398

16. Richter M, Wippermann B, Ther-mann H, Schroeder G, Otte D, Troe-ger HD et al (2002) Plantar impactcausing midfoot fractures result inhigher forces in Chopart’s joint thanin the ankle joint. J Orthop Res20(2):222–232

17. Schratt E, Thermann H, Fröhlich S,Meier R, Richter M, Wippermann B(1999) Funktionelle Langzeitergeb-nisse nach Versteifungsoperation dertarso-metatarsalen Gelenkreihe. Her-tel P, Rehm KE (eds) 63. Jahresta-gung der Deutschen Gesellschaft fürUnfallchirurgie e. V., 17.–20. 11. 1999,Berlin, Abstracts. Hefte zu der Unfall-chirurg 275:257–258. Springer, BerlinHeidelberg New York

18. Shereff MJ (1990) Fractures of theforefoot. Instr Course Lect 39:133–140

19. Spector FC, Karlin JM, Scurran BL,Silvani SL (1984) Lesser metatarsalfractures. Incidence, management,and review. J Am Podiatry Assoc74(6):259–264

20. Walter JH, Goss LR (2001) Metatarsalfractures. In: Banks AS, Downey MS,Martin DE, Miller SJ (eds)McClamry’s Comprehensive Textbookof Foot and Ankle Surgery. LippincottWilliams & Wilkins, Philadelphia,pp 1775–1789

21. Zwipp H (1994) Chirurgie des Fußes.1st edition ed. Wien New York;Springer, Berlin Heidelberg New York