DOI 10.1007/s10302-007-0286-9 BEITRAG ZUM …...len (2–4) und des fünften Metatarsale...

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FussSprungg 3 2007 M. Richter S. Zech F. Hildebrand J. Geerling K. Knobloch M. Frink Vorfußfrakturen FussSprungg 5:155–166 (2007) DOI 10.1007/s10302-007-0286-9 BEITRAG ZUM THEMENSCHWERPUNKT Eingegangen: 20. Juni 2006 Akzeptiert: 30. Juni 2006 Prof. Dr. med. Martinus Richter ( ) ) S. Zech Klinik für Unfallchirurgie Orthopädie und Fußchirurgie Klinikum Coburg Ketschendorfer Str. 33 96450 Coburg, Germany Tel. & Fax: +49-700-3877/87 2862 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.fuss-traum.de F. Hildebrand · J. Geerling · K. Knobloch M. Frink Unfallchirurgische Klinik Medizinische Hochschule Hannover Fractures of the forefoot " Summary Fractures of the forefoot comprise approximately two thirds of all foot fractures. Forefoot fractures are caused by direct impact or indirect force ef- fect. The effecting forces can range from minor repetitive stress to massive destructional forces. The clinical course in metatar- sal, toe and sesamoid fractures is typically favourable. The inci- dence of complications like infec- tion or pseudarthrosis is lower than in fractures of mid- and hindfoot. The proximal area of the fifth metatarsal and the sesa- moids are exceptions with higher pseudarthrosis rates. Posttrau- matic deformations can lead to problems in all metatarsals. Dif- ferences in structure and function of the different forefoot bones re- quire an adapted management. " Key words fracture – forefoot – metatarsal – toe – osteosynthesisdosing " Zusammenfassung Vorfußfrak- turen machen etwa die zwei Drit- tel aller Fußfrakturen aus, sie werden durch direkten Impakt oder indirekte Krafteinwirkung verursacht. Die einwirkenden Kräfte können von einfachem wiederholtem Stress bis zu kom- plexen Verletzungsmechanismen reichen. Der Heilverlauf von Frakturen der Metatarsalia, Zehen und Se- sambeine ist typischerweise gün- stiger als die der Frakturen des Mittel- und Rückfußes. Die Inzi- denz von Komplikationen wie In- fektionen oder Pseudarthrosenbil- dung ist gering. Ausnahme ist hier der proximale Schaftbereich von Metatarsale 5 und die Sesam- beine. Posttraumatische Fehlstel- lungen bei verheilten Metatarsale- frakturen können ebenfalls Prob- leme verursachen. Struktur und Funktionsunterschiede zwischen den einzelnen Bereichen erfor- dern unterschiedliches Manage- ment der Verletzungen. " Schlüsselwörter Fraktur – Vorfuß – Metatarsale – Zehe – Osteosynthese Einleitung Frakturen des Vorfußes machen etwa zwei Drittel aller Fußfrakturen aus [14, 23]. Unter den Metatarsalefrak- turen ist das Metatarsale 5 am häufigsten betroffen, gefolgt von Metatarsale 3, 2, 1 und 4 in Reihenfolge der sinkenden Häufigkeit [6]. Die Inzidenz von Stress- frakturen weicht von dieser Häufigkeitsverteilung ab [12]. Die zentralen Metatarsalia (2–4) sind davon häu- figer betroffen als Metatarsale 1 und 5 [15]. Metatarsa- lefrakturen werden durch direkten Impakt oder indi- rekte Krafteinwirkung verursacht. Die einwirkenden Kräfte können von einfachem wiederholtem Stress

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FussSprungg 3 2007

M. RichterS. ZechF. HildebrandJ. GeerlingK. KnoblochM. Frink

Vorfußfrakturen

FussSprungg 5:155–166 (2007)DOI 10.1007/s10302-007-0286-9 B E I T R AG Z U M T H E M E N S CH W E R P U N K T

Eingegangen: 20. Juni 2006Akzeptiert: 30. Juni 2006

Prof. Dr. med. Martinus Richter ())S. ZechKlinik für UnfallchirurgieOrthopädie und FußchirurgieKlinikum CoburgKetschendorfer Str. 3396450 Coburg, GermanyTel. & Fax: +49-700-3877/87 28 62E-Mail: [email protected]: http://www.fuss-traum.de

F. Hildebrand · J. Geerling · K. KnoblochM. FrinkUnfallchirurgische KlinikMedizinische Hochschule Hannover

Fractures of the forefoot

� Summary Fractures of theforefoot comprise approximatelytwo thirds of all foot fractures.Forefoot fractures are caused bydirect impact or indirect force ef-

fect. The effecting forces canrange from minor repetitivestress to massive destructionalforces.

The clinical course in metatar-sal, toe and sesamoid fractures istypically favourable. The inci-dence of complications like infec-tion or pseudarthrosis is lowerthan in fractures of mid- andhindfoot. The proximal area ofthe fifth metatarsal and the sesa-moids are exceptions with higherpseudarthrosis rates. Posttrau-matic deformations can lead toproblems in all metatarsals. Dif-ferences in structure and functionof the different forefoot bones re-quire an adapted management.

� Key words fracture –forefoot – metatarsal – toe –osteosynthesisdosing

� Zusammenfassung Vorfußfrak-turen machen etwa die zwei Drit-tel aller Fußfrakturen aus, siewerden durch direkten Impakt

oder indirekte Krafteinwirkungverursacht. Die einwirkendenKräfte können von einfachemwiederholtem Stress bis zu kom-plexen Verletzungsmechanismenreichen.

Der Heilverlauf von Frakturender Metatarsalia, Zehen und Se-sambeine ist typischerweise gün-stiger als die der Frakturen desMittel- und Rückfußes. Die Inzi-denz von Komplikationen wie In-fektionen oder Pseudarthrosenbil-dung ist gering. Ausnahme isthier der proximale Schaftbereichvon Metatarsale 5 und die Sesam-beine. Posttraumatische Fehlstel-lungen bei verheilten Metatarsale-frakturen können ebenfalls Prob-leme verursachen. Struktur undFunktionsunterschiede zwischenden einzelnen Bereichen erfor-dern unterschiedliches Manage-ment der Verletzungen.

� Schlüsselwörter Fraktur –Vorfuß – Metatarsale – Zehe –Osteosynthese

Einleitung

Frakturen des Vorfußes machen etwa zwei Drittel allerFußfrakturen aus [14, 23]. Unter den Metatarsalefrak-turen ist das Metatarsale 5 am häufigsten betroffen,gefolgt von Metatarsale 3, 2, 1 und 4 in Reihenfolge

der sinkenden Häufigkeit [6]. Die Inzidenz von Stress-frakturen weicht von dieser Häufigkeitsverteilung ab[12]. Die zentralen Metatarsalia (2–4) sind davon häu-figer betroffen als Metatarsale 1 und 5 [15]. Metatarsa-lefrakturen werden durch direkten Impakt oder indi-rekte Krafteinwirkung verursacht. Die einwirkendenKräfte können von einfachem wiederholtem Stress

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(z. B. Marschfaktur bei Soldaten) bis zu komplexenVerletzungsmechanismen (Lisfranc-Luxationsfrakturbei Verkehrsunfallopfern) reichen [12, 15, 17].

Der Heilverlauf von Metatarsalefrakturen ist typi-scherweise günstig [24]. Die Inzidenz von Komplika-tionen wie Infektionen oder Pseudarthrosenbildungist gering [24]. Ausnahme ist hier der proximaleSchaftbereich von Metatarsale 5 [24]. Insgesamtkönnen aber auch posttraumatische Fehlstellungenbei verheilten Frakturen Probleme verursachen [24].

Struktur und Funktionsunterschiede zwischenden einzelnen Metatarsalia führen zu unterschiedli-chem Management [11]. Deshalb sollte wie in dieserÜbersicht zwischen Frakturen des ersten, der zentra-len (2–4) und des fünften Metatarsale unterschiedenwerden. Diese Einteilung lehnt sich an historischebiomechanische Grundprinzipien d. h. dem „Drei-beinprinzip“ (Tuber calcanei, Metatarsale 1 und 5Köpfchen) und an neue biomechanische Unter-suchungen mit erheblicher Belastung im zentralenBereich (Metatarsale 2 und 3) an [25].

Frakturen der Kleinzehen haben für das normaleGehen dann eine Auswirkung wenn sie in deutlicherFehlstellung verheilen [1, 25]. Die Frakturen derKleinzehen sind überdurchschnittlich häufig mehr-fragmentär, was bei der Diagnostik und Behandlungberücksichtigt werden muss [3]. Einige Frakturtypenwerden häufiger beobachtet und können mit einembestimmten Verletzungsmechanismus assoziiert sein[3].

Frakturen der Sesambeine sind Raritäten, die abervor allem bei Dislokation nach dorsal mit Subluxationdes Metatarsophalangealgelenks und Ruptur der plan-taren Platte auch einer operative Therapie bedürfenkönnen [3, 11, 14, 15]. Eine Abgrenzung zu anlage-bedingten zweigeteilten Sesambeinen ist wichtig.

Frakturtypen

n Metatarsale

Stressfrakturen

Stressfrakturen sind die physiologische Antwort aufrepetitive Überlastung oder Verletzung [24]. Brie-haupt beschrieb 1855 erstmals Metatarsalestressfrak-turen bei Rekruten [9]. Metatarsalestressfrakturenhaben die höchste Inzidenz bei Patienten mit inten-sivster körperlicher Betätigung wie Aerobic, Ballet,Tanzen oder Laufen [7, 10]. Die klinische Unter-suchung zeigt meist punktuelle plantare Schmerzen,die belastungsabhängig sind [24]. KonventionelleRöntgenaufnahmen sind häufig wenig spezifisch.Spätere sichere Hinweise auf eine Stressfraktur sindKallusbildung (Abb. 3). Falls sich die Diagnose kli-

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Abb. 1 Gipsschuh. Der Gipsschuh bewährt sich sehr bei allen konservativenund operativen Frakturversorgungen sowie Rekonstruktionen im Mittelfuß-und Vorfußbereich. Er erlaubt die volle Beweglichkeit im OSG und minimiertdas Thrombose- und Embolierisiko bei erhaltener physiologischer Muskelpum-pe des Unterschenkels. Die Laufsohle wird am Abend abgenommen und ge-währleistet einen sauberen Gipsschuh (a und b OSG-Beweglichkeit im OSG inGipsschuh; c Gipsschuh mit Laufsohle/Segeltuchschuh)

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nisch nicht sichern lässt, kann dies auch in derFrühphase durch MRT oder Szintigraphie erfolgen.Die Behandlung erfolgt bei inkompletten Frakturendurch Ruhigstellung im Gipsschuh oder in einer Or-these mit Entlastung für 4–6 Wochen. Bei komplet-ten Frakturen ist die operative Therapie indiziert(s. u. Metatarsale 5).

� Gipsschuh (Abb. 1) Der Gipsschuh bietet hohe Sta-bilität bei freier Beweglichkeit im OSG. Im Gips-

schuh ist keine medikamentöse Thromboseprophyla-xe nötig. Eine Ruhigstellung im Unterschenkelgipserhöht das Thromboserisiko ohne wesentliche Stabi-litätsverbesserung im Bereich der Metatarsalia undist deshalb als obsolet anzusehen [20, 21, 25].

Köpfchenfrakturen

Köpfchenfrakturen imponieren meist durch Verk-ürzung, häufig mit Achsenabweichung oder Rotationkombiniert (Abb. 4). Der Verletzungsmechanismusist häufig ein direkter Impakt. Beim hängen bleibenan oder Tritt gegen Objekte ist eine begleitende Lu-xation im Metatarsophalangealgelenk nicht selten[15, 24]. Die geschlossene Reposition gelingt auf-grund der Einstauchung der Fragmente meist nichtund kann sogar die Fehlstellung eventueller intraar-tikulärer Fragmente vergrößern [24]. Falls die ge-schlossene Reposition bei größeren Fragmenten ge-lingt, sollte eine interne Fixation mit K-Drähten er-folgen. Die antegrade intramedulläre Einbringungder Drähte ist an den Metatarsalia generell vorteil-haft, da dabei die stabile Gelenkkapsel des Metatar-sophalangealgelenks nicht penetriert werden muss(s. u.). Bei Gelenkbeteiligung ist eventuell auch dieoffene Reposition und interne Fixierung mit Schrau-ben oder kleinen (T-)Platten bzw. Miniimplantatenindiziert [11, 24]. Die postoperative Behandlung soll-te auch für 6 Wochen im Gipsschuh unter Teilbelas-tung mit 15 kg (s. o.) erfolgen.

� Antegrade intramedulläre K-Drahtosteosynthese(Abb. 4) Die antegrade intramedulläre Einbringungder Drähte ist an den Metatarsalia generell vorteil-haft, da dabei nicht wie bei der retrograden Technikdie stabile Gelenkkapsel des Metatarsophalangealge-lenks penetriert werden muss. Dies verursacht einer-seits Probleme beim Einbringen der Drähte und an-dererseits bei liegenden Drähten Affektionen des Me-tatarsophalangealgelenks, wie Kapselreizung undschmerzhafte Bewegungseinschränkung. Die antegra-de Technik entspricht dem Prinzip der Markdrah-tung. Im Bereich der Metatarsalia ist diese Technikbei einfachen Schaft-, Hals- und extraartikulärenKöpfchenfrakturen besonders günstig anwendbar.Bei intraartikulären oder mehrfragmentären extraar-tikulären Frakturen sollte eher ein offenes Verfahrengewählt werden. Für diese Frakturen kommt die re-trograde Technik ebenfalls nicht in Frage.

Bei der antegraden Technik kommen 1,4–2,5 mmK-Drähte zum Einsatz, je nach Größe des Markraums.Es sollten prinzipiell immer 2 Drähte eingebracht wer-den, je einer von medial und lateral (am Metatarsale 5beide von lateral). Die Drähte werden etwas vorgebo-gen und mit einem T-Handgriff versehen. Dann wirddas Metatarsale am proximalen metaphysär-epiphysä-

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Abb. 2 Pflasterzügelverband

Abb. 3 Stressfraktur Metatarsale 2 im Ausheilungsstadium

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ren Übergang von dorsomedial und -lateral über eineStichinzision mit einem Bohrer eröffnet. Der Bohrersollte 0,2–0,5 mm dicker sein als der K-Draht unddie Bohrrichtung sollte schräg nach distal geneigt sein.Die Gegenkortikalis sollte nicht penetriert werden.Dann werden die Drähte eingebracht. Dank der Bie-gung gelingt die Auffädelung des distalen Fragmentssehr einfach. Die Drähte werden dann bis in dasKöpfchen vorgeschoben ohne die Kortikalis zu durch-brechen. Die Verankerung erfolgt im subchondralenspongiösen Knochen. Durch die Vorbiegung kannauch dann noch bei Köpfchen- oder Halsfrakturendurch Drehen des Drahts die Reposition verbessertwerden. Die Drähte werden dann subkutan gekürzt.

Bei isolierten Frakturen kann die antegrade Technikauch in modifizierter Oberst-Anästhesie, d. h. mit In-filtration im Bereich der Metatarsalebasis erfolgen.

Subkapitale Frakturen

Hals- oder subkapitale Frakturen sind häufig dis-loziert, meist nach plantar und lateral (s. Abb. 4) [24].Der typische Verletzungsmechanismus ist ein lateralerSchermechanismus oder ein schräger direkter Impakt[1, 17]. Bei nicht behobener erheblicher Fehlstellungkönnen schmerzhafte Kallusbildungen oder sogarPseudarthrosen auftreten [1]. Deshalb ist die geschlos-sene Reposition bei derartigen Fehlstellungen indi-

ziert. Durch Traktion unter Lokalanästhesie (modifi-zierte Oberst-Leitungsanästhesie) gelingt meist eineVerbesserung der Stellung, aber keine anatomischeReposition. Eine geringe Fehlstellung (10� Achsenkni-ckung) ist akzeptabel [2, 15, 22]. Unbedingt sollte abereine interne Fixierung mit K-Drähten erfolgen. Dieantegrade intramedulläre Einbringung der Drähte istder retrograden vorzuziehen (s. o.).

Schaftfrakturen

Schaftfrakturen sind am häufigsten Schrägfrakturen,wenn auch alle anderen Frakturmorphologien vor-kommen. Verletzungsmechanismen sind direkter Im-pakt, Quetschverletzungen und indirekte Kraftein-wirkung. Nicht oder gering verschobene Frakturenwerden nichtoperativ mit Ruhigstellung im gespalte-nen Gipsschuh behandelt. Nach Abschwellung derWeichteile erfolgt dann die Anlage eines geschlosse-nen Gipsschuhs für 6 Wochen. Im geschlossenenGipsschuh kann voll belastet werden. Seitverschie-bungen von mehr als 3 mm oder Achsenabweichun-gen oder Rotationsfehlstellungen von mehr als 10�sind nicht mehr tolerabel und bedürfen der Reposi-tion [2, 15, 22]. Diese gelingt bei einfachen Fraktu-ren meist geschlossen. Danach folgt eine antegradeintramedulläre K-Draht-Stabilisierung (s. o., Abb. 4).Bei Schräg- oder Spiralfrakturen mit nur zwei Frag-

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Abb. 4 Dislozierte Köpfchenfrakturen der Meta-tarsale 2–4 im Rahmen eines Verkehrsunfalls, dienach beschriebener Technik mit antegrader Spick-drahtosteosynthese operativ versorgt wurden(a präoperative Röntgenaufnahmen; b post-operative Röntgenaufnahmen)

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menten und langem Frakturverlauf kann auch dieSchraubenosteosynthese eine sinnvolle Option sein(Abb. 6). Bei mehrfragmentären Frakturen ist die of-fene Reposition und interne Plattenfixierung indi-ziert (Abb. 6). Als Implantate kommen 3,5 mm Drit-telrohrplatten oder auch 2,7 mm Platten in Frage.

Basisfrakturen

Basisfrakturen sind meist Folge direkter Krafteinwir-kung. Sie sind häufig Teil einer Lisfranc-Luxations-fraktur (s. u.) [16]. Falls wirklich eine isolierte Basis-fraktur mit geringer Fehlstellung ohne Verletzungdes Lisfrancgelenks vorliegt, kann die Behandlungmeist nichtoperativ im Gipsschuh für 6 Wochen mit15 kg Teilbelastung erfolgen.

n Zehen

Frakturen in sagittaler Ebene

Diese Zehenfrakturen entstehen typischerweise durchforcierte Hyperextension oder -flektion [3]. Als wei-terer Mechanismus sind direkte Krafteinwirkung,wie z. B. bei Barotraumen zu nennen. Diese Frakturensind überdurchschnittlich häufig mehrfragmentäreoder sogar Trümmerfrakturen [1, 3, 14, 15].

Frakturen in transversaler Ebene

Abduktions-/Adduktionsmechanismen resultieren inFrakturen mit transversalem Verlauf. Die häufigsteVerletzung diese Typ ist die „Bettpfostenverletzung“der Grundphalanx der 5. Zehe, wobei beim Hängen-bleiben mit der Zehe am Bettpfosten ein forcierteAbduktion auftritt [3, 14]. Diese Frakturen ziehenhäufig in das Metatarsophalangeal- oder Interphal-angealgelenk (Abb. 9) [3, 14].

Frakturen in frontaler Ebene

Rotations- oder Inversions-/Eversionsmechanismenführen vor allem zu Frakturen mit frontalem Verlauf[3]. Diese Frakturtypen sind eher selten und beinhal-ten die Spiralfrakturen des Schafts. Dieser Frakturtypist eher instabil was die geschlossene Reposition undexterne Ruhigstellung erschweren kann [1, 3].

n Sesambeine

Stressfrakturen

Stressfrakturen der Sesambeine treten fast aus-schließlich bei Sportlern auf [14]. Die differential-diagnostische Abgrenzung zu lokaler Tendinitis,

Chondromalazie, Osteochondrose, avaskulärer Ne-krose, Arthrose, Keratose oder Sesamoiditis kannklinisch schwierig sein [14]. Deshalb ist auch hier ei-ne adäqute Röntgendiagnostik bedeutend [14].

Luxationsfrakturen

Luxationen und Luxationsfrakturen der Sesambeinestellen eine Besonderheit in Verbindung mit der dorsa-len Subluxation oder Luxation des Metatarsophalange-algelenks dar [14, 15]. Diese Verletzungen beinhaltenin der Regel eine Ruptur der sog. plantaren Platte diehiefür eine besondere Bedeutung hat (Abb. 11).

Metatarsale 1

Das Metatarsale 1 ist kürzer, breiter und mobiler alsdie zentralen Metatarsalia (2–4) [11]. Es trägt unterphysiologischen Bedingungen die Hälfte des Körper-gewichts [11]. Die Verbindung zum Tarsus ist wenigerrigide als die der Metatarsalia 2 und 3. Obwohl Plan-tarflektion (über M. peroneus longus) und Dorsalex-tension (über M. tibialis anterior) im OSG biomecha-nisch auch auf das Tarsometatarsalgelenk 1 einwirken,ist die Beweglichkeit dort normalerweise limitiert[11]. M. peroneus longus wirkt im Bereich des Meta-tarsale 1 pronierend und M. tibialis anterior supinie-rend [11]. Veränderungen von Länge oder Ausrich-tung des Metatarsale 1 haben somit neben einerStörung der Kraftweiterleitung nach distal mit Fehlbe-lastung der Sesambeine oder Metatarsale 2 auch Aus-wirkungen auf Vorfußpronation und -supination.

Metatarsale 1 Frakturen entstehen meist durch di-rekten Impakt. Aufgrund der hohen Stabilität desMetatarsale 1 ist die notwendige Krafteinwirkung sogroß, dass häufig erhebliche Weichteilschäden beste-hen [11].

Aufgrund der großen Bedeutung des Metatarsale1 für die gesamte Biomechanik des Fußes sollte eineanatomische Reposition und stabile interne Fixie-rung angestrebt werden. Völlig unverschobene Frak-turen können nichtoperativ für 6 Wochen im Gips-schuh (s. o.) unter Teilbelastung mit 15 kg ruhig ge-stellt werden [24]. Bei einfachen verschobenen Frak-turen sollte aber schon die geschlossene Repositionund antegrade intramedulläre K-Draht-Fixierung er-folgen (s. o.) [24]. Als Implantate sollten K-Drähtevon 2,0–2,5 mm Dicke verwendet werden. Bei mehr-fragmentären Frakturen ist die offene Repositionund interne Plattenfixierung indiziert (Abb. 5). AlsImplantate kommen im Schaftbereich Drittelrohr-platten oder 3,5 mm LCDCP in Frage. Im metaphysä-ren Bereich sind auch T-Platten sinnvoll. Um eineNarbenbildung im Bereich der dorsalen Sehnen zu

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vermeiden sollten die Platten medial angebracht wer-den [11]. Die postoperative Behandlung sollte auchfür 6 Wochen im Gipsschuh (s. o.) erfolgen.

Metatarsale 2–4

Eine wichtige Funktion der zentralen Metatarsalia(2–4) ist die Kraftweiterleitung beim Gang [11]. Die-se Funktion ist aber nur bei anatomischer Stellungmöglich. Die Verbindung von Metatarsale 2 zum Tar-sus ist wesentlich stabiler als die der Metatarsalia 3und 4, die auch beweglicher sind [11]. Damit trägtdas Metatarsale 2 auch wesentlich mehr Last, wasdie größere Kortikalisdicke, aber auch die Häufigkeit

von Stressfrakturen erklärt (Abb. 3). Die Häufigkeitvon Stressfrakturen des Metatarsale 2 steigt weiteran, wenn das Metatarsale 1 funktionell verkürzt oderhypermobil ist, oder auch bei funktioneller Gas-trocnemiusverkürzung [11]. Die Diagnostik und Be-handlung von Stressfrakturen ist oben beschrieben.

Akute Frakturen der zentralen Metatarsalia entste-hen durch direkten Impakt oder indirekte Kraftein-wirkung [11, 24].

Unverschobene Frakturen können nichtoperativfür 6 Wochen im Gipsschuh (s. o.) unter Teilbelas-tung mit 15 kg ruhig gestellt werden. Bei einfachenverschobenen Frakturen ist die geschlossene Reposi-tion und antegrade intramedulläre K-Draht-Fixie-rung adäquat (s. o.). Als Implantate sollten K-Drähtevon 1,6–1,8 mm Dicke verwendet werden. Bei mehr-

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Abb. 5 Mehrfragmentäre Schaftfraktur Metatar-sale 1, plattenosteosynthetische Versorgung(a und b präoperative Röntgenaufnahmen;c und d intraoperative Bildverstärkeraufnahmen)

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fragmentären Frakturen ist die offene Repositionund interne Plattenfixierung indiziert. Als Implantatekommen im Schaftbereich Drittel- oder Viertelrohr-platten in Frage. Im metaphysären Bereich sind auchkleine T-Platten oder Miniimplantate sinnvoll. Diepostoperative Behandlung sollte auch für 6 Wochenim Gipsschuh unter Teilbelastung (s. o.) erfolgen.

Metatarsale 5

n Avulsionsfraktur (Abb. 6)

Die proximalen metaphysären Avulsionsfrakturen ent-stehen bei jüngeren Patienten meist beim Sport undbeim Älteren durch Stürze. Der Verletzungsmechanis-mus ist meist ein Inversionstrauma [11]. Bei der klini-schen Untersuchung besteht ein lokaler Druck-schmerz, die Diagnosesicherung erfolgt mit konven-tionellen Röntgenaufnahmen in drei Ebenen (dorso-plantar, seitlich, schräg). Meist besteht nur eine gerin-ge Verschiebung, die mit der Zeit nicht zunimmt. Diesist ein Hinweis darauf, dass die Sehne des M. peroneusbrevis nicht nur am Fragment ansetzt. Die Behand-lung beinhaltet eine schmerzorientierte Ruhigstellung,zu Beginn im Gipsschuh unter Vollbelastung und nachetwa 2 Wochen Tragen eines Schuhs mit fester Sohlebis Nachlassen der Beschwerden.

Bei einer Verschiebung von mehr als 5 mm,schmerzhafter Prominenz des Fragments oder denwenigen Fällen mit verzögerter Fusion ist die opera-

tive Therapie im Sinne einer Zuggurtung indiziert(Abb. 8) Die postoperative Behandlung sollte dannfür 6 Wochen im Gipsschuh erfolgen.

n Jones Fraktur

Die akute extraartikuläre Fraktur am proximalenmetaphysär-diaphysären Übergang wird als „Jones“-Fraktur bezeichnet [13]. Diese Frakturen werdenmeist durch indirekte Krafteinwirkung verursacht,und es besteht minimale Verschiebung. In diesenFällen kann eine nichtoperative Behandlung mit Ru-higstellung für 6 Wochen im Gipsschuh unter Voll-belastung erfolgen [11]. Bei Verschiebung von mehrals 5 mm oder bei verzögerter Durchbauung ist eineoperative Therapie mit Zuggurtung oder Schrauben-osteosynthese indiziert. Die Schraube kann als bikor-tikale Zugschraube (3,5 mm Kortikalisschraube) oderals intramedulläre Zugschraube (3,5–4,5 mm Spon-giosaschraube) eingebracht werden. Die operativeTherapie kann bei Sportlern großzügiger indiziertwerden. Die postoperative Behandlung kann imSchuh mit fester Sohle erfolgen.

n Stressfrakturen

Metatarsale 5-Stressfrakturen sind bei Läufern, dieihr Trainingspensum schnell steigern, häufig [11].Der „Verletzungsmechanismus“ ist die repetitive Be-lastung der lateralen Fußsäule. Diese Fehlbelastung

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Abb. 6 Metatarsale 5 Schaftfraktur nachTreppensturz mit schrägem Frakturverlauf(a und b präoperative Röntgenaufnahmen mit;c und d postoperative Röntgenaufnahmen nachSchraubenosteosynthese)

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kann auch durch Fehlstellungen wie Tibia-, Rückfuß-varus oder Vorfußadduktionsfehlstellung hervorgeru-fen oder verstärkt werden [11]. Falls entsprechendeFehlstellungen bestehen, muss eine entsprechendeKorrektur in die Therapie einbezogen werden.

Inkomplette Frakturen sollten 6 Wochen im Gips-schuh unter Entlastung ruhig gestellt werden. Frak-turen mit Sklerose oder komplette Frakturen, d. h.auch übersehene oder spät diagnostizierte Frakturensowie Stressfrakturen mit verzögerter Heilung solltenaggressiv operativ behandelt werden. Dabei kommenintramedulläre Schrauben, Schrauben oder sogarKnochentransplantationen in Frage. Wichtig ist dieabsolut stabile Versorgung. Dabei kommen bei ent-sprechend dimensionierten Knochen sogar bis zu

6,5 mm Schrauben (bei Basketballspielern) zum Ein-satz. Der Markraum wird zuvor entsprechend auf-gebohrt. Sklerosezonen im Frakturbereich solltenentfernt werden mit anschließender Spongiosatrans-plantation vom Tibiakopf oder Beckenkamm. Beientsprechender Frakturmorphologie ist auch derEinsatz von LC-Platten sinnvoll. Die postoperativeBehandlung kann im Gipsschuh mit 15 kg für 6 Wo-chen erfolgen [11].

n Schaftfrakturen (Abb. 6 und 7)

Spiralfrakturen entstehen typischerweise durch indi-rekte Krafteinwirkung bei Supinationstrauma. Direk-

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Abb. 7 Metatarsale 5 Schaftfraktur nach Supina-tionstrauma in deutlicher Fehlstellung mit mehre-ren Fragmenten (a und b präoperative Röntgen-aufnahmen; c und d postoperative Röntgenauf-nahmen nach Plattenosteosynthese)

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te Krafteinwirkung führt eher zu Querfrakturen mitfakultativer Trümmerzone.

Unverschobene Frakturen können nichtoperativfür 6 Wochen im Gipsschuh (s. o.) unter Teilbelas-tung mit 15 kg ruhig gestellt werden. Bei einfachenverschobenen Frakturen ist die geschlossene Reposi-tion und antegrade intramedulläre K-Draht-Fixie-rung adäquat (s. o.). Als Implantate sollten K-Drähtevon 1,6–1,8 mm Dicke verwendet werden. BeiSchräg- oder Spiralfrakturen mit nur zwei Fragmen-ten und langem Frakturverlauf kann auch dieSchraubenosteosynthese eine sinnvolle Option sein(Abb. 6). Bei mehrfragmentären Frakturen ist die of-fene Reposition und interne Plattenfixierung indi-ziert (Abb. 7). Als Implantate kommen 3,5 mm Drit-telrohrplatten oder auch 2,7 mm Platten in Frage.Die postoperative Behandlung kann im Gipsschuhmit 15 kg für 6 Wochen erfolgen.

Zehen

Für normales Gehen sind gut verheilte Zehenluxatio-nen und -frakturen genauso wichtig wie für jedenanderen Bruch des Fußes. Jede Luxation im Zehen-bereich ist zügig zu reponieren, wobei eine Leitungs-anästhesie meist nicht notwendig ist [25]. Nur beiRedislokationstendenz ist die temporäre Spickdraht-fixation für 3 Wochen notwendig. Luxationen undFrakturen der kleinen Zehen werden in der Regelnach Reposition gegen ihre Nachbarn hin mit Heft-pflaster für 2–3 Wochen geschient (Abb. 2, 9) undrein funktionell behandelt. Nur bei Fraktur im Be-

reich der Grundphalangen kommt gelegentlich eineperkutane Spickdrahtfixation (Abb. 10), selten eineoffene Osteosynthese mit Schrauben oder Spickdräh-ten in Frage, insbesondere nur dann, wenn es not-wendig ist die Gelenkkongruenz wiederherzustellen[25]. Die Osteosynthese der Kleinzehen stellt abereher eine Ausnahme dar, wie auch der geringe Anteilin unserem Patientengut der Jahre 1974–2004 mit 25Osteosynthesen bei 423 Fällen mit Frakturen derKleinzehen (5,9%) zeigt. Eine möglichst genaue ana-tomische Heilung unter Berücksichtigung funktio-neller Nachbehandlung ist die Basis einer Erfolg ver-sprechenden Behandlung. Zur anatomisch korrektenHeilung, ganz besonders bei Gelenkbrüchen und zurErmöglichung der funktionellen Nachbehandlung,sind Osteosynthesen gelegentlich unumgänglich. Dieprimäre Reposition bei konservativer Behandlungund/oder Osteosynthesen können nie unter günstige-ren und risikoärmeren Bedingungen vorgenommenwerden, als unmittelbar nach dem Unfall. Ödem undBlasenbildung der Haut als Ausdruck gestörterDurchblutung verbieten oft schon wenige Stundenspäter aktives Vorgehen. Unter strenger Hochlage-rung muss dann die Abschwellung abgewartet wer-den bis dann die adäquate Reposition und Ruhigstel-lung erfolgen kann.

Sesambeine

Die Sesambeine sind in einem stabilen Kapselband-komplex eingebettet (Abb. 11) [14]. Das mediale Se-sambein ist größer als das laterale und ist wesentlichhöher belastet. Die Sesambeine sind durch ein sehrstabiles Band miteinander verbunden. Über die Se-sambeine werden die Kräfte des M. flexor hallucisbrevis und des M. abductor hallucis. Die Führung istdurch stabile Kollateralbänder gegeben. Die Präva-lenz der Zwei- oder Mehrteiligkeit für das medialeSesambein liegt bei 10% mit 25% beidseitigem Vor-kommen [14]. Die Zwei- oder Mehrteiligkeit des la-teralen Sesambeins stellt eine Rarität dar [14].

Auch aufgrund der extrem geringen Fallzahlen vonfrischen Frakturen der Sesambeine existieren keineeindeutigen Behandlungsrichtlinien [14]. Bei wenigdislozierten Frakturen und normalen Aktivitätsanfor-derungen des Patienten ist sicherlich eine nichtopera-tive Therapie mit 6 Wochen 15 kg Teilbelastung imGipsschuh die Therapie der Wahl [14]. Bei Sportlernkann auch hier eine osteosynthetische Versorgung in-diziert sein [14]. Bei dislozierten Frakturen existierenuneinheitliche Empfehlungen, die von nichtoperativerTherapie über osteosynthetischer Versorgung mitoder ohne Spongiosaanlagerung bis hin zur Entfer-nung aller Fragmente bis auf das größte reichen [14].

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Abb. 8 Metatarsale 5 Avulsionsfraktur mit Zuggurtungsosteosynthese (a prä-operative Röntgenaufnahme; b 6 Wochen postoperativ)

Page 10: DOI 10.1007/s10302-007-0286-9 BEITRAG ZUM …...len (2–4) und des fünften Metatarsale unterschieden werden. Diese Einteilung lehnt sich an historische biomechanische Grundprinzipien

Wir favorisieren bei ausreichend großen Fragmentendie Schraubenosteosynthese. Bei Pseudarthrosen zwi-schen ausreichend großen Fragmenten kann nebender Schraubenosteosynthese auch die Anlagerungvon autologer Spongiosa sinnvoll sein [4]. Bei kleine-ren Fragmenten kann im Verlauf bei Beschwerden die

Entfernung derselben sinnvoll sein. Allerdings solltedann vor allem bei hohen Aktivitätsansprüchen dieRolle der Sesambeine als „Umlenkrolle“ der Flexorenberücksichtigt werden und ggf. eine entsprechendeRekonstruktion erfolgen [14]. Die vollständige Entfer-nung von Sesambeinen sollte deshalb auch nurentzündlichen Folgezuständen in Erwägung gezogenwerden [14].

Eine spezielle Verletzung des Sesambeinkomplexesist der sog. „Turf toe“ (Turf – Kunstrasen) [5]. DieInzidenz dieser Entität stieg mit der zunehmendenVerbreitung von Mannschaftssportarten auf Kunst-rasen an. Der Verletzungsmechanismus ist eine for-cierte Hyperextension im Großzehengrundgelenkunter Belastung. Dadurch reißt im Extremfall die

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Abb. 9 Typische „Bettpfostenverletzung“ mit dislozierter Fraktur der proxi-malen Phalanx D5 mit Abduktionsfehlstellung (a klinisches Bild; b Röntgen-

aufnahmen bei initialer Diagnostik; c Röntgenaufnahmen nach Reposition).Die Ruhigstellung erfolgte mittels Pflasterzügelverband (s. Abb. 2).

Abb. 10 Intrartikuläre Fraktur der Grundphalanxbasis D3 (a Röntgenaufnah-me bei initialer Diagnostik; b nach geschlossener Reposition und internerFixierung mit K-Draht)

c

a b

c d

e f

Abb. 11 Klassifikation der Luxation des Metatarsophalangealgelenks (a nor-male Anatomie; b Typ Ia; c Typ Ib; d Typ IIA; e Typ IIB; f Typ IIC; aus [14])

Page 11: DOI 10.1007/s10302-007-0286-9 BEITRAG ZUM …...len (2–4) und des fünften Metatarsale unterschieden werden. Diese Einteilung lehnt sich an historische biomechanische Grundprinzipien

plantare Platte mit resultierender dorsaler Subluxati-on oder Luxation des Großzehengrundgelenks mitfakultativer Dislokation der Sesambeine nach dorsal.Das wesentliche Ziel der Behandlung ist die Reposi-tion der Sesambeine und des Großzehengrund-gelenks. Falls dies nicht geschlossen gelingt bestehtdie Indikation zur operativen Therapie mit offenerReposition und Rekonstruktion der plantaren Platte[14]. Bei Sportlern ist die Indikation zur operativenVersorgung ggf. zur besseren Wiederherstellung derplantaren Platte großzügiger zu stellen. Der operativeZugang für die Sesambeine ist typischerweise einmedialer Zugang, ggf. als Hockeyschlägerschnitt mitdistalem Schenkel nach plantar.

Kombinationsverletzungen

So genannte Kettenverletzungen, d. h. Frakturen meh-rerer oder aller Metatarsalia sind Folge direkter Kraft-einwirkung [17, 21]. Dadurch muss immer mit einemerheblichen Weichteiltrauma gerechnet werden. Des-halb muss auch ein Kompartmentsyndrom aus-geschlossen werden. Bei entsprechendem Verdachtsollte unbedingt die Messung der Kompartmentdrü-cke mit entsprechenden Geräten (z. B. PermanentPressure Monitoring System, StrykerTM Corporation,Santa Clara, CA, USA) erfolgen. Als Grenze sehenwir eine Differenz zwischen Kompartmentdruck unddiastolischem Blutdruck von 30 mmHg, d. h. bei ge-ringerer Differenz liegt ein Kompartmentsyndromvor und es muss eine Kompartmentspaltung erfolgen[8]. Bei Kettenverletzungen sollte eine interne Stabili-sierung erfolgen. Aufgrund der Weichteilverhältnisseist ein gering invasive Verfahren mit geschlossenenReposition und interner K-Drahtfixation günstig [8].Auch hier ist die antegrade K-Draht-Osteosynthesegünstiger (s. o.). Bei entsprechenden Begleitverletzun-gen und notwendiger zeitsparender Versorgung kannim Ausnahmefall auch die einfachere und schnellereretrograde K-Draht-Osteosynthese erfolgen, evtl. auchmit teilweiser Transfixation des Lisfrancgelenks. Beigeringem Weichteilschaden oder im Intervall solltebei entsprechender Frakturmorphologie eine ange-passte Versorgung der einzelnen Metatarsalia wie beiden isolierten Verletzungen erfolgen (s. o.). Die post-

operative Behandlung kann im Gipsschuh mit 15 kgfür 6 Wochen erfolgen.

Prognose

Die Prognose isolierter Vorfußfrakturen ist günstig[24]. Luxationen und Brüche im Bereich des Lis-francgelenks sind in ihrer Bedeutung für die spätereLeistungsfähigkeit nicht zu unterschätzen [25]. Formund Funktion sind auch hier voneinander nicht zutrennen [25]. Bei Gelenkbeteiligung sind posttrau-matische Arthrosen zu erwarten mit entsprechendenBeschwerden und erforderlichen Maßnahmen [24].Die Prognose hängt auch besonders vom Ausmaßdes initialen Weichteilschadens ab. Verzögerte Kom-partmentspaltungen können zu Vorfußsteifigkeit,Kontraktion der intrinsischen Fußmuskulatur mitEntwicklung von Hammer- oder Krallenzehen, Fehl-stellungen des Vorfußes und der Metatarsaleköpfchenführen [21].

Prävention

Angesichts des typischen klinischen Verlaufs mit ho-hen Langzeitfolgen auch bei optimaler Behandlungspielt die Verletzungsprävention besonders bei Frak-turen nahe des Lisfrancgelenks eine vordringlicheRolle [18]. Aufgrund der überwiegenden Entstehungdieser Verletzungen bei Verkehrsunfällen und ins-besondere bei PKW-Insassen sollten hier präventiveMaßnahmen überprüft und ggf. modifiziert werden.Die Verbesserung der Fahrzeugsicherheit der 90erJahre führte zu geringerer Gesamtverletzungsschweretrotz steigender Unfallschwere [17]. Frakturen derFußregion treten jedoch in unveränderter Häufigkeitund Verletzungsschwere auf [17]. Diese sind meis-tens durch die Deformierung des Fußraums beiFrontalkollisionen verursacht. Unter Berücksichti-gung dieses typischen Unfallmechanismus ist dahereine Verringerung der Fußraumdeformierung zurPrävention essentiell [19]. Die Prävention von weiterdistal gelegenen Verletzungen ist auch durch festesSchuhwerk oder bei entsprechender beruflicher Ex-position durch Sicherheitsschuhe möglich [21].

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