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Charles Bukowskis Gedichte spiegeln nicht geradedas Leben eines kultivierten Mitteleuropäers. Wer aberschriebe schöner über einen Typen, der sich »auf seinerabgewetzten Ledercouch zurücklehnt, die Flasche Hei-neken ansetzt, schluckt, schmatzt, am Kinn ein paarTropfen von dem stacheligen Ziegenbart abreibt«, alsder »Homer der Kloaken«, wie Karl Corino ihn nannte?Jean Genet hielt Bukowski sogar für den »größtenDichter Amerikas«. Und wenn auch in beiden Einschät-zungen ein Hauch Übertreibung mitschwingen mag,so glimmt doch in beiden mindestens ein FünkchenWahrheit.

Charles Bukowski, am 16. August 1920 in Andernachgeboren, seit dem zweiten Lebensjahr Einwohner vonLos Angeles, begann nach wechselnden Jobs als Tank-wart, Schlachthof- und Hafenarbeiter (und natürlichals Postmann) zu schreiben. Er starb am 9. März 1994in San Pedro/L. A.

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Charles Bukowski

Western Avenue

Gedichte 1955-1977

Deutsch vonCarl Weissner

Deutscher Taschenbuch Verlag

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Ungekürzte AusgabeMai 1992

3. Auflage November 2004Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG,

Münchenwww.dtv.de

0 Charles BukowskiDie Gedichte in diesem Band sind folgenden amerikanischen

Originalausgaben entnommen: >lt catches my heart in its hand<(Loujon Press, New Orleans 1963), >Crucifix in a deathhand<

(Loujon Press, New Orleans & Lyle Stuart Inc., New York 1965),>At terror street and agony way< (Black Sparrow Press, Los Angeles

1968), >The days run away like wild horses over the hills< (BlackSparrow Press, Los Angeles 1969), >Mockingbird wish me luck<(Black Sparrow Press, Los Angeles 1972), >Africa, Paris, Greece<

(Black Sparrow Press, Los Angeles 1975), >Burning in water,drowning in flame< (Black Sparrow Press, Santa Barbara 1977),>Maybe tomorrow< (Black Sparrow Press, Santa Barbara 1977).

© 1979 der deutschsprachigen Ausgabe:Zweitausendeins, Frankfurt am Main

Umschlagkonzept: Balk & BrumshagenUmschlagbild: >Hunt for the Best< (1964) von Mel Ramos

(0 VG Bild-Kunst, Bonn 2004)Gesamtherstellung: Druckerei C. H. Beck, NördlingenGedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier

Printed in Germany • ISBN 3-423-13268-X

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Inhalt

I. Gedichte 1955-1963Für Marilyn M. i 1 • Die Weltlage, aus einem Fen-ster im dritten Stock gesehen i 2 • An die Nutte, diemir meine Gedichte gestohlen hat 14 • Eintritt frei15 • Ein verregneter Tag im Los Angeles CountyMuseum 16 • Bier am Nachmittag 17 • Der Sonn-tagsmaler 18 • Ein alter Poet 20 • Das Rennen 23 -Vegas 25 • Ein angenehmer Nachmittag im Bett 28 -Schwätzer 3o • Liebe & Ruhm & Tod 31 • MeinVater 32 • Der Vogel 33 • Der Einzelgänger 35

II. Gedichte 1963-1965Kruzifix in einer Totenhand 39 • Verbraucher-Re-port 41 • Gras 43 • Bohnen mit Knoblauch 44 •Mama 45 • Maschinengewehre, Wachttürme undStechuhren 47 • Laß dich hier nicht blicken 5o -Eintopf 52 • Lilien in meinem Hirn 54 • Ein toterAußenseiter 5 7 • Wie ein Veilchen im Schnee 5 9 •Brief aus zu großer Ferne 6o • Mann in der Sonne62 • Highball-Alice 63 • Experten 65 • Ein schönerTag 7o

III. Gedichte 1965-1968K.O. 75 • Sonntagvormittag 76 • Wie ich einmal dieRegierung stürzen wollte, aber nur die Frau einesanderen zu Fall brachte 78 • Ein ausrangierter Bo-xer 81 • Klasse 83 • Ein Gutenachtkuß für die Wür-mer 8 5 • Der Blumenliebhaber 87 • Ein Nachbar 88 -Und er machte doch so einen netten Eindruck 91 -Platz für die Gassenjungen 93 • Gedanken nachdem Versetzen einer Armbanduhr 96 • Original-Brauereiabfüllung 99 • Der Geist, der sauer wurdeioo • Der Tanz der Vampire 101

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IV. Gedichte 1968-1969In Uruguay oder in der Hölle 105 • Ameisen 107 -Eine literarische Diskussion 109 - Ein Rest 112 •

Etwas zur Selbstverbrennung der Buddhisten 114Eine klare Trennung 115 • Unterhaltung mit einerLady, die ein Glas Whisky pur schlürft ii7 - Was-sermelone 120 ' Im Zug nach Del Mar 121 ' Wenndu darauf wartest, daß der Morgen durchs Fensterkriecht wie ein Einbrecher, der dir ans Leben will123 • 18 Autos mit Männern, die sich vorstellen,was hätte sein können 125 • Hab ich dir von demschon mal erzählt? 128 • Iwan der Schreckliche 138 -Ein Bild von einem Promenadenkonzert auf einerStreichholzschachtel 140 • Kein guter Abend 143 .Jack 145 • L. Beethoven, Vorstopper 148 • Selbst-vernichtungsfanatiker 150 • Ein Fensterplatz imAbseits 15 i • Der große Macker 157 • ToterSchwan 159 • Zum Teufel mit Robert Schumanni 60 • Kommunisten 163 • Ein wertvoller Tip 164'Stierkampf 166 • Etwas mit einem Stipendium 174'Der Underground 176 • Jeder wie er kann 178 •Dichterin 180 • Das Wunder 183

V. Gedichte 1969-1972Das qualmende Auto 187 • Der größte Verliererder Welt 189 • Müllkutscher und Poet 191 • Girl imMinirock 193 • Vergnügungspavillon 195 • Ein Tagwährend der Oak-Tree-Rennwoche 196 • Regen199 • Die bunten Vögel 201 • Noch so ein lausigerZehnprozenter 204 • Dichterlesung 206' Die letz-ten Tage des Suicide Kid 208 • Schlag auf Schlag211 • Charles Soundso 213 'Story und Gedicht 215

• Mein Hauswirt und seine Alte 217 • Zuviel Lärmum nichts 219 ' Ein Anruf 221 • Diese öden Schei-ßer 222 ' Kleinigkeiten mit Folgen 224 • Der2. Weltkrieg 225 • Jeffers 239 • Überleben ist alles

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242 • Allein mit einem Flammenwerfer 245 • DerWilde 247 - Karneval 249 • Schnürsenkel 251 •Amerikanischer Matador 254 • Eine aussterbendeGattung 255 - Spätvorstellung 257 • Die Schönheitdes Schimpansen 2S9 • Klimax 261 - Die Traumfrau262 • Mehr oder weniger für Julie 264 • Ein Künst-ler 265 • Hoffen wir mal auf einen Bestseller 267Ein Fall von Haßliebe 269 • Mann und Frau imBett um 1 o Uhr abends 270 • Das Warten auf dieAntwort 273 • Ein Krach 275 • Stromausfall 277 •Die Dusche 2 79

VI. Gedichte 1 972-1 974Diesseits und jenseits vom Mittelstreifen 283 • DieMüllmänner 285 • Zoo 287 • TV 289 - Der alteHolländer 292 • Tod eines Mongoloiden 293 - Ton-leitern 295 • Hey, Dolly 296 • Sag schon, warum298 • Bis 8 auf die Bretter 299 - Briefe 301 • Diemexikanischen Girls 303 • Der Fang 305 - Undaußerdem ist die Miete zu hoch 307 • Totenbett-Blues 310 • Charles 313 • Die Ochsentour 316 •Mein Freund André 318 • Trouble mit Spain 320 •Ein nasser Abend 322 • Wir Künstler 325 • Alimen-te 328 • Charisma 331 • Laugh Literary 333 • EinPechvogel 334 • Reinfall 336 • Zäher als Cornedbeef aus der Pfanne 338

VII. Gedichte 1 974-1977Interviews 343 • Kandidatengesicht auf einemWahlplakat 346 • Solid State Marty 347 • YankeeDoodle 35o - Graue Theorie 353 • Erfolgserlebnis355 • Afrika, Paris, Griechenland 356 • Der Amts-richter 359 • Paradiesvogel 363 • Der alte Hasser366 - Sandwich 369 • Die Lebensmüden und ihrglückliches Leben 371 • Rentner 374 - Lähmung375. Heißer Monat 377 • Vielleicht morgen 379

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I. Gedichte 1955- 1963

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Für Marilyn M.

Dein Körper, wie im Rausch,verbrennt zu weißer Asche,auf die Vanille-Tränen fallen,dein Körper, der einmal für Männerwie eine Kerze branntein schwarzen Nächten,und deine Nacht ist jetztzu schwarz für jedes Licht;wir werden dich vergessen, ein wenig,das ist nicht nett von uns,aber lebendige Körper sind uns näher,und während die Würmernach deinen Knochen hecheln,würde ich dir so gerne sagendaß so etwas auch Bären undElefanten passiert, Tyrannenund Helden und Ameisenund Fröschen;trotzdem, du hast uns etwas gegeben,so was wie einen kleinen Sieg,und darum sage ich: gut,und keine traurigen Gedanken mehr;eine Blume, verdorrt und weggeworfen,wir vergessen, wir erinnern uns,wir warten. Kind, Kind, Kind,mit einem Lächeln hebe ich mein Glaseine ganze Gedenkminutelang.

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Die Weltlage, aus einem Fenster im dritten Stock gesehen

Ich beobachte ein Girl in einemhellgrünen Pullover, blauen Shorts,langen schwarzen Strümpfen; sie hatso eine Halskette umhängen, wenigBusen, das arme Ding, und sie siehtihre Fingernägel an, während ihrschmutzig-weißer Hund mit der Schnauzeim Gras sich um die eigene Achse dreht;eine Taube ist auch da, läuft ebenfallsim Kreis, halbtot, kaum Hirn im Kopf;und ich hier oben, in Unterhosen undmit 3 Tage alten Bartstoppeln, gieße mirein Bier ein und warte darauf, daß sichda unten etwas Literarisches oderSymphonisches tut; aber es geht weiterim Kreis und weiter, und ein abgemagerteralter Mann im letzten Winter seines Lebenskommt im Rollstuhl vorbei, geschoben voneinem Mädchen in der Uniform einerkatholischen Schule; irgendwo sinddie Alpen, irgendwo fahren jetztSchiffe übers Meer, es gibt stapelweiseWasserstoff- und Atombomben, genug,um fünfzig Welten hochzujagen und denMars dazu, aber man dreht sich im Kreis,das Girl strafft mal die linke mal dierechte Arschbacke, und die Hollywood Hillsstehen da, stehen da, voll von Besoffenenund Verrückten und Autos, in denen ausgiebiggeknutscht wird, aber es hilft nichts:che sera, sera — ihr schmutzig-weißer Hund

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kommt einfach nicht zu seinem Schiß,und nach einem letzten Blick auf ihre Nägelgeht sie mit schlingerndem Hinternzurück in ihren Hinterhof, gefolgt vonihrem Hund, den seine Verstopfung völlig kalt läßt,und mir bleibt nur noch der Blick auf eineausgesprochen unsymphonische Taube.Tja, wenn man sich das so ansieht, kriegt mandas beruhigende Gefühl, daß auchdie Bomben nie losgehen werden.

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An die Nutte, die mir meine Gedichte gestohlen hat

Manche meinen, wir sollten unserenprivaten Frust aus dem Gedichtraushalten, abstrakt bleiben,und dafür spricht schon einiges,aber Menschenskind, zwölf Gedichte weg,und ich mache nie Durchschläge, undmeine Bilder hast du auch geklaut,meine besten noch dazu, es istniederschmetternd —, willst du micham Boden zerstören, so wie all die anderen?Warum hast du nicht mein Geld genommen?Die Flittchen holen sich's fast immeraus meinen Hosen, die krank und besoffenin der Ecke schlafen.Nächstes Mal nimm meinen linken Armoder einen Fünfziger,aber nicht meine Gedichte.Ich bin zwar nicht Shakespeareaber manchmal kommt einfachnichts mehr nach, abstrakt oder sonstwie.Geld wird's immer geben, und Nutten und Säufer,bis die letzte Bombe fällt,aber, wie Gott damals sagtenach getaner Arbeit:Ich sehe, daß ich ne Menge Dichtergeschaffen habe,aber nicht so besonders vielKunst.

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Eintritt frei

Diese Schöne daauf der Haupttribünemit ihrem rot gefärbten Haarrieb ständig ihre Titten an mirund redete von Poker-Saloonsin Gardena,ich dagegen blies ihr Zigarren-qualm ins Gesichtund erzählte ihr von einer Van-Gogh-Ausstellung,die ich oben am Berggesehen hatte,und als ich sie an jenem Abendmit nach Hause nahm,sagte sie,so ein Klassepferd wie Big Redhabe sie noch nie gesehen —bis sie mich nackt sah. Der Unterschiedist nur, daß sie für Van Gogh, glaube ich,So Cents Eintrittverlangten.

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Ein verregneter Tag im Los Angeles County Museum

Der Jude beugte sich nach vorn und starb,99 MGs wurden nach Frankreich verschifft, jemandsiegte im 3. Rennen, während ich mir den Propellereines einmotorigen Flugzeugs besah.Ein Mann mit einer Augenklappe kam vorbei. Esbegann zu regnen. Es regnete und regnete,und auf den Straßen stießen die Krankenwagenzusammen, und obwohl alles so langweilig war,wie sichs gehörte, genoß ich den Augenblick,wie damals in New Orleans,als ich von Candy-Stangen lebteund den Tauben zusahin einer Gasse mit einem französischen Namen,während hinter mir der Flußin den Golf mündeteund die kranken Wolken entlangzogenan einem Himmel, der ungefährzur gleichen Zeit gestorben war,als Caesar das Messer reinkriegte,und damals nahm ich mir vordaß ich mich eines Tages daranerinnern würde, wie alles war.

Ein Mann kam vorbei und hustete.Glauben Sie, es hört auf zu regnen?, fragte er.Ich gab keine Antwort. Ich betasteteden alten Propeller und hörte zu, wie dieAmeisen übers Dach rannten und überdie Kante der Welt kippten. Gehn Sie weg, sagte ich,gehn Sie weg, oder Sie kriegenArger.

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Bier am Nachmittag

Es kommt auf nichts mehr an,nur noch auf einer Matratze liegenmit billigen Träumen und einem Bier,während die Blätter sterben und die Pferde sterbenund die Zimmerwirtin in den Hausflur starrt;die runtergezogenen Jalousien mit ihrerflattrigen Musik,der letzte Mann in seiner Höhle,in einer Ewigkeit von Getriebeund Explosion;nichts als der tropfende Wasserhahn,die leere Flasche,Euphorie;deine Jugend versperrtverhunzt und glattrasiert,man hat dich Worte gelehrtund damit losgeschicktzum Sterben.

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Der Sonntagsmaler

Ich habe die letzten beiden Sonntagemit Malen verbracht; nichts Besonderes,das gebe ich euch zu, aber bei diesemTurnier gehn große Träume zu Bruch:die Ceschichte läßt die Kleider fallenund wird zur Hure, und morgensbeim Aufwachen habe ich Adler gesehenmit Flügeln wie Fensterläden;ich habe Montaigne und Phidias getroffenin den Flammen meines Papierkorbsich habe Barbaren getroffen auf den Straßen,in ihren zuckenden Schädeln balgten sich Rattenich habe boshafte Säuglinge in blauen Badewannen er-lebt,die wollten prächtige Stengel haben wie Blumen,und ich habe den einsamen Trinker gesehender auf seinen letzten toten Penny kotzte;ich habe Domenico Theotocopoulos in eiskaltenNächtenhusten hören in seinem Grab;und Gott, nicht größer als eine Hausverwalterin,das Haar rot gefärbt, hat mich gefragtwieviel Uhr es ist;ich habe das ergraute Gras von Geliebtenin meinem Spiegel gesehen, während ich mireine Zigarette ansteckte und ein Irrer dazuBeifall klatschte; Cadillacssind über meine Wände gekrochen wie Kakerlaken,Goldfische kreisen in meinem Glas, gezähmte Tiger;ja, ich habe diese Sonntage mit Malen verbracht —die graue Tretmühle, der neue Rebell; es ist wirklichentsetzlich —, ich muß meine Faust durch Chlor

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und Lösungsmittel rammen, durch Andernachund Äpfel und Säure; dabei wäre es sinnvoller,wenn ich euch einfach sagte: ich habe eineFrau bei mir, die Waffelteig anrührt und singt;und die Farbe pappt an meiner Leinwand wieKaugummi.

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Ein alter Poet

Ich würde viel lieber mit dem Fuchsdurchs Farnkraut streifen, statt mit demFoto von einer alten Spad in der Taschedem Dröhnen der Ambosse zu lauschen und dieBeine Beine Beine von Variet-Tänzerinnenhochfliegen zu sehn, die alles herzeigen,nur nicht den Schlitz. Aber genauso gutkönnte ich jetzt auch tot sein.Überall weht einen das Unglück an,und Keats ist tot,und ich bin nahe dran.Nichts ist so liederlich und verstunkenwie ein alter Poet, den Körper und Geistund Glück im Stich lassen;die Pferde laufen nur noch verkehrt,die dünne grüne Brieftasche zerfressenvom Vegas-Krebs,Schostakowitsch viel zu oft gehört,Dosenbier durch einen Strohhalm geschlürft,Mund und Mumm kaputtgeschlagen vonjüngeren Männern in Gassen.Am Fenster, am heißen Mittag,hole ich aus und verfehle eine Schmeißfliegeund falle um, schwer wie ein Donnerschlag,aber die unter mir werden wissen, was los ist:er ist entweder besoffen, oder er stirbt.Ein alter Poet, der abwesendmit dem Kopf nickt im Flur,unschuldigen Hunden eins überziehtmit seinem Krückstockund ausspuckt, was nochübrig ist von seiner Sonne.

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