Einführung: Das misslungene Examen - UZH8bdea33d-70ff-447f-9d24-0... · 2017. 3. 22. · Prof. G....

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Prof. G. Biaggini / Dr. D. Hofstetter Übungen im Öffentlichen Recht III (FS 2017) 1 Einführung: Das misslungene Examen X. legt im Herbst 2015 das Anwaltsexamen im Kanton B ab. Am 17. November 2015 teilt ihm die Prüfungsbehörde mit, er habe das Anwaltsexamen zum zweiten Mal nicht bestanden und werde nun definitiv abgewiesen, da er in einer der drei Prüfungen des schriftlichen Teils des Examens eine ungenügende Leistung erbracht habe. Gemäss dem Prüfungsreglement des Kantons B hätte sich X. für das Bestehen der Anwaltsprüfungen im schriftlichen Teil des Examens keine ungenügende Note erlauben dürfen. Aus dem beigelegten Notenblatt geht hervor, dass die schriftliche Klausur mit öffentlich-rechtlichen Schwerpunkten mit der Note 3.5 bewertet wurde. Nach Durchsicht der ungenügenden schriftlichen Klausur, auf der sich nur wenige hand- schriftliche Korrekturvermerke finden, verlangt X. bei der Prüfungsbehörde Einsicht in das Bewertungsraster, welches die Prüfungsexperten anlässlich der Korrektur der Klausuren ver- wendet hatten. Dies wird ihm verweigert: Variante 1: mit der Begründung, ein solches Bewertungsraster existiere nicht. Variante 2: mit der Begründung, das Bewertungsraster sei eine interne Korrekturhilfe und werde praxisgemäss nicht herausgegeben. X. ruft das kantonale Verwaltungsgericht an. Er verlangt u.a. eine Neubeurteilung seiner Klausur durch einen unabhängigen, unbefangenen, prüfungserfahrenen Sachverständigen. Mit Urteil vom 16. Januar 2017 weist das Verwaltungsgericht die Beschwerde von X. und alle darin enthaltenen Anträge ab. X. gelangt an das Bundesgericht. Frage 1: Welches Rechtsmittel steht zur Verfügung? Frage 2: Wird das Bundesgericht auf das Rechtsmittel eintreten? Frage 3: Angenommen, das Bundesgericht trete ein: Wie ist in der Sache zu entscheiden?

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  • Prof. G. Biaggini / Dr. D. Hofstetter Übungen im Öffentlichen Recht III (FS 2017)

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    Einführung: Das misslungene Examen

    X. legt im Herbst 2015 das Anwaltsexamen im Kanton B ab. Am 17. November 2015 teilt

    ihm die Prüfungsbehörde mit, er habe das Anwaltsexamen zum zweiten Mal nicht bestanden

    und werde nun definitiv abgewiesen, da er in einer der drei Prüfungen des schriftlichen Teils

    des Examens eine ungenügende Leistung erbracht habe. Gemäss dem Prüfungsreglement des

    Kantons B hätte sich X. für das Bestehen der Anwaltsprüfungen im schriftlichen Teil des

    Examens keine ungenügende Note erlauben dürfen. Aus dem beigelegten Notenblatt geht

    hervor, dass die schriftliche Klausur mit öffentlich-rechtlichen Schwerpunkten mit der Note

    3.5 bewertet wurde.

    Nach Durchsicht der ungenügenden schriftlichen Klausur, auf der sich nur wenige hand-

    schriftliche Korrekturvermerke finden, verlangt X. bei der Prüfungsbehörde Einsicht in das

    Bewertungsraster, welches die Prüfungsexperten anlässlich der Korrektur der Klausuren ver-

    wendet hatten. Dies wird ihm verweigert:

    Variante 1: mit der Begründung, ein solches Bewertungsraster existiere nicht.

    Variante 2: mit der Begründung, das Bewertungsraster sei eine interne Korrekturhilfe und

    werde praxisgemäss nicht herausgegeben.

    X. ruft das kantonale Verwaltungsgericht an. Er verlangt u.a. eine Neubeurteilung seiner

    Klausur durch einen unabhängigen, unbefangenen, prüfungserfahrenen Sachverständigen. Mit

    Urteil vom 16. Januar 2017 weist das Verwaltungsgericht die Beschwerde von X. und alle

    darin enthaltenen Anträge ab.

    X. gelangt an das Bundesgericht.

    Frage 1: Welches Rechtsmittel steht zur Verfügung?

    Frage 2: Wird das Bundesgericht auf das Rechtsmittel eintreten?

    Frage 3: Angenommen, das Bundesgericht trete ein: Wie ist in der Sache zu entscheiden?

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    Fall 1: Örtliche Sitten und Gebräuche

    A. wurde 1962 im Iran geboren. Nach seiner Flucht in die Türkei im Jahre 1987 anerkannte

    ihn die UNO als Flüchtling. 1989 gelangte er in die Schweiz. Er lebt seither, mit Ausnahme

    einiger Monate, die er im Kanton Freiburg verbrachte, in T. im Kanton X. A. ist geschieden

    und hat eine inzwischen volljährige Tochter. Er arbeitet als Taxifahrer.

    Am 3. April 2015 ersucht A. die Bürgergemeinde T. um Einbürgerung. Am 4. Dezember

    2015 erfährt die Bürgergemeinde von den zuständigen Behörden, dass die formellen Voraus-

    setzungen des Bundes und des Kantons X. erfüllt seien. Am 22. Februar 2016 findet ein Ein-

    bürgerungsgespräch vor dem Bürgerrat statt. Dieser teilt A. mit, dass sein Gesuch nur geringe

    Chancen habe, weshalb ihm nahegelegt werde, dieses zurückzuziehen. In der Folge unter-

    zeichnet A. das vorbereitete Rückzugsschreiben.

    Am 4. März 2016 teilt A. der Bürgergemeinde über seinen Rechtsvertreter mit, er sei über-

    rumpelt worden, zumal nicht angekündigt worden sei, dass es bei der Besprechung auch

    schon um die Überprüfung seines Wissens gehen werde. Er halte am Gesuch fest. Die Bür-

    gergemeinde antwortet am 21. März 2016, sie stelle der Bürgerversammlung einen negativen

    Antrag, weil die Voraussetzungen für eine Einbürgerung nicht erfüllt seien. A. hält auch da-

    nach an seinem Gesuch fest. An der Bürgerversammlung vom 19. April 2016 lehnt die Bür-

    gergemeinde das Einbürgerungsgesuch von A. mit 28 zu 0 Stimmen ab. Dieser Entscheid

    wird dem Gesuchsteller am 3. Mai 2016 eröffnet und schriftlich im Wesentlichen damit be-

    gründet, dass er keine erkennbaren sozialen Beziehungen in der Gemeinde, zu Vereinen oder

    anderen lokalen Institutionen pflege; überdies mangle es ihm an Grundlagenkenntnissen über

    die politische und gesellschaftliche Ordnung sowie am Wissen über örtliche Lebensgewohn-

    heiten, Sitten und Gebräuche. An derselben Bürgerversammlung wird hingegen die Tochter

    von A. eingebürgert.

    Frage 1: Ist der Kanton verfassungsrechtlich verpflichtet, gegen negative Einbürgerungs-

    entscheide gerichtlichen Rechtsschutz vorzusehen?

    Mit Urteil vom 26. Januar 2017 weist das Verwaltungsgericht des Kantons X. eine gegen die

    Ablehnung der Einbürgerung gerichtete Beschwerde von A. ab. Zur Begründung führt es im

    Wesentlichen aus, die Bürgergemeinde habe sich bei ihrer Einschätzung, A. sei nicht hinrei-

    chend sozial integriert, auf mehrere sachliche Kriterien gestützt und diese korrekt festgestellt

    und gewürdigt. Aus dem Umstand, dass seine Tochter eingebürgert worden sei, könne der

    Gesuchsteller nichts zu seinen Gunsten ableiten. Überdies vermittle der Erhebungsbericht

    vom 21. Februar 2016 den Eindruck, dass bei A. auch das Erfordernis der Vertrautheit mit

    den kantonalen und kommunalen Lebensgewohnheiten bzw. mit der politischen und gesell-

    schaftlichen Ordnung zu verneinen wäre, was aber offenbleiben könne.

    A. will vor Bundesgericht wenn immer möglich seine Einbürgerung erstreiten, zumindest aber

    die Feststellung erwirken, dass er unfair behandelt worden sei.

    Frage 2: Welches Rechtsmittel steht A. zur Verfügung?

    Frage 3: Welche Rügen sollte A. sinnvollerweise erheben?

    Frage 4: Wie stehen die Chancen, dass das Bundesgericht auf das Rechtsmittel eintritt?

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    Frage 5: Wie stehen die Chancen, dass A. in der Streitsache obsiegt?

    Hinweis: Gehen Sie davon aus, dass der Kanton X. die materiellen Einbürgerungsvorausset-

    zungen gleich umschreibt wie das Bundesrecht.

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    Fall 2: Der Wintergarten

    Y reichte am 15. März 2016 beim Gemeinderat (Exekutive) der Gemeinde W ein Baugesuch

    für die Erstellung eines Wintergartens auf seiner Parzelle Nr. 123 in der Gemeinde W ein.

    Nach entsprechender Prüfung des Baugesuchs legte der Gemeinderat dieses vom 4. April

    2016 bis zum 3. Mai 2016 öffentlich auf. Die öffentliche Auflage wurde im amtlichen Publi-

    kationsorgan der Gemeinde W angezeigt.

    Gegen das Bauvorhaben erhob X innerhalb der Auflagefrist Einwendungen. X ist Eigentümer

    der in der Gemeinde W gelegenen Parzelle Nr. 124. Die Parzelle von X grenzt unmittelbar an

    die Parzelle von Y. X beantragt die Abweisung des Baugesuchs von Y. Er macht in seinen

    Einwendungen einerseits geltend, der Wintergarten könne aufgrund seiner Dimensionen nicht

    bewilligt werden. Zudem befürchtet er, dass vom Wintergarten bzw. den sich darin aufhalten-

    den Personen störende Lärmimmissionen ausgehen und die Baubewilligung auch aus diesem

    Grund nicht erteilt werden dürfe.

    Mit Entscheid vom 27. Juni 2016 erteilte der Gemeinderat der Gemeinde W die Baubewilli-

    gung für den Wintergarten unter Bedingungen und Auflagen und wies die Einwendungen von

    X ab. Den Entscheid eröffnete der Gemeinderat sowohl Y wie auch X.

    X ist mit dem Entscheid des Gemeinderats nicht einverstanden und erhebt fristgerecht Be-

    schwerde beim zuständigen (kantonalen) Departement. Das Departement tritt auf die Be-

    schwerde nur teilweise ein. Auf die Rüge, der Wintergarten hätte aufgrund seiner Dimensio-

    nen nicht bewilligt werden dürfen, tritt es mangels eines Rechtsschutzinteresses nicht ein. Auf

    die Rüge betreffend die Lärmimmissionen tritt es zwar ein, weist diese aber als unbegründet

    ab.

    X zieht den Entscheid des Departements an das kantonale Verwaltungsgericht weiter. Dieses

    bestätigt den vorinstanzlichen Entscheid vollumfänglich und weist das Rechtsmittel ab. Den

    Entscheid des Verwaltungsgerichts nimmt X am 6. Februar 2017 in Empfang.

    Fragen:

    Frage 1: Worum handelt es sich bei einer Baubewilligung in der Terminologie des Allge-

    meinen Verwaltungsrechts? Wie charakterisieren sich Bedingungen und Aufla-

    gen?

    Frage 2: Was sind Einwendungen in verwaltungsprozessrechtlicher Hinsicht und welcher

    Zweck wird damit verfolgt?

    Frage 3: Welches Rechtsmittel kann X gegen den Entscheid des kantonalen Verwaltungs-

    gerichts erheben? Bis wann hätte er seine Rechtsschrift spätestens einzureichen?

    Frage 4: Wird die angerufene Rechtsmittelbehörde auf das Rechtsmittel eintreten?

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    Relevante Rechtsnormen:

    Bundesgesetz über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700)

    Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG: «Es [das kantonale Recht] gewährleistet die Legitimation [gegen Verfügungen betref-

    fend die Raumplanung] mindestens im gleichen Umfang wie für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Ange-

    legenheiten an das Bundesgericht.»

    Auszug aus dem kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRPG)

    § 42 Abs. 1 lit. a VRPG: «Zur Beschwerde ist befugt, wer ein schutzwürdiges eigenes Interesse an der Aufhe-

    bung oder der Änderung des Entscheids hat.»

    Auszug aus dem kantonalen Baugesetz (BauG)

    § 4 Abs. 1 und 2 BauG: «1Soweit dieses Gesetz keine besonderen Vorschriften enthält, gelten für das Verfahren

    und für den Rechtsschutz die Bestimmungen der Gesetzgebung über die Verwaltungsrechtspflege.»

    «2Einwendungen können erhoben werden, bevor der erstinstanzliche Entscheid ergeht. Sie sind schriftlich einzu-

    reichen und haben einen Antrag und eine Begründung zu enthalten. Wer es unterlässt, Einwendungen zu erhe-

    ben, obwohl Anlass dazu bestanden hätte, kann den ergehenden Entscheid nicht anfechten. Vorbehalten bleiben

    Bestimmungen über die Wiederherstellung bei unverschuldeter Säumnis.»

    § 60 Abs. 2 BauG: «Der Gemeinderat veröffentlicht das Baugesuch und legt es während 30 Tagen öffentlich auf.

    Einwendungen sind innerhalb der Auflagefrist zu erheben.»

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    Fall 3: Gänsesäger und Graureiher

    Die Vereinigung „Schweizer Vogelschutz SVS / BirdLife Schweiz“ setzt sich im Kanton Y

    für den Schutz der Gänsesäger und Graureiher ein. Der SVS möchte rechtzeitig über allfällige

    Abschussanordnungen informiert werden, damit er sich gegebenenfalls mit Beschwerde da-

    gegen zur Wehr setzen kann. Deshalb stellt der SVS bei der zuständigen kantonalen Behörde

    (Jagdinspektorat) das Gesuch, es sei mittels anfechtbarer Verfügung festzustellen, dass in

    Anwendung bestimmter Vorschriften des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1986 über die Jagd

    und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz; JSG; SR 922.0) ergehende

    Abschussanordnungen des Jagdinspektorats ihr in Form von beschwerdefähigen Verfügungen

    zu eröffnen seien.

    Das Jagdinspektorat erlässt daraufhin eine Verfügung folgenden Inhalts:

    1. Es wird festgestellt, dass Regulationsmassnahmen nach Art. 12 Abs. 4 JSG sowie Anordnungen

    von mehreren geplanten Einzelabschüssen von geschützten Vogelarten nach Art. 12 Abs. 2 JSG,

    insbesondere im Rahmen von Schutzprojekten – z.B. zum Artenschutz bedrohter Fischarten – dem

    SVS beschwerdefähig zu eröffnen sind.

    2. Im Übrigen wird das Gesuch des SVS abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dies

    bedeutet insbesondere, dass die Anordnung ad hoc getroffener Einzelmassnahmen gemäss Art. 12

    Abs. 2 JSG gegen geschützte, schadenstiftende Vogelarten nicht zu eröffnen ist, solange eine Gren-

    ze von 10% der lokalen Population nicht überschritten wird.

    Der SVS möchte erwirken, dass die Eröffnungspflicht auch Anordnungen betreffend Einzel-

    abschüsse von Graureihern und Gänsesägern erfasst, und beschreitet den kantonalen Rechts-

    weg. Das Verwaltungsgericht weist die Beschwerde des SVS ab, soweit es darauf eintritt. Zur

    Begründung führt es aus, dass eine Abschussanordnung, die mindestens 10 Prozent der Popu-

    lation betreffe, zwar in Anwendung der Verwaltungspraxis des Bundesamtes für Umwelt

    (BAFU) als (durch anfechtbare Verfügung zu erlassende) Regulierungsmassnahme (Art. 12

    Abs. 4 Jagdgesetz) zu qualifizieren sei. Bei Abschussanordnungen für weniger als 10 Prozent

    der Population (Einzelmassnahmen i.S.v. Art. 12 Abs. 2 JSG) fehlten hingegen sowohl die

    Strukturmerkmale einer Verfügung als auch das Rechtsschutzbedürfnis. Da keine anfechtbare

    Verfügung ergehen müsse, bestehe auch kein Verbandsbeschwerderecht.

    Der SVS ist mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht einverstanden und gelangt mit Be-

    schwerde an das Bundesgericht. Der SVS ist der Meinung, im Interesse des Artenschutzes

    müsse ihm das Verbandsbeschwerderecht auch bei Anordnungen zum Abschuss geschützter

    Vögel, die weniger als 10 Prozent der lokalen Population betreffen, offenstehen; dies selbst

    dann, wenn man die Abschussordnung nicht als Verfügung einstufe.

    Frage 1: Wie sind die Abschussanordnungen des kantonalen Jagdinspektorats nach den

    anerkannten Regeln und Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts recht-

    lich zu qualifizieren?

    Frage 2: Wie hat das Bundesgericht vorliegend zu entscheiden?

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    Frage 3: Angenommen, die Verfügungsqualität der Abschussanordnung werde vom Bun-

    desgericht verneint. Welche Möglichkeiten hätte der SVS, gegen Einzelmassnah-

    men vorzugehen?

    Hinweis: Gehen Sie davon aus, dass es sich beim SVS um eine Organisation handelt, welche vom Bundesrat

    i.S.v. Art. Art. 12 Abs. 3 NHG als zur Beschwerde berechtigt bezeichnet wurde.

    Relevante Rechtsnormen:

    Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG, SR 451), Auszug

    1. Abschnitt: Naturschutz, Heimatschutz und Denkmalpflege bei Erfüllung von Bundesaufgaben

    Art. 12 Beschwerderecht der Gemeinden und der Organisationen

    1 Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu:

    a. den Gemeinden;

    b. den Organisationen, die sich dem Naturschutz, dem Heimatschutz, der Denkmalpflege oder verwandten Zielen

    widmen, unter folgenden Voraussetzungen:

    1. Die Organisation ist gesamtschweizerisch tätig.

    2. Sie verfolgt rein ideelle Zwecke; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen der Erreichung der ideellen

    Zwecke dienen. 2

    Das Beschwerderecht steht den Organisationen nur für Rügen in Rechtsbereichen zu, die seit mindestens zehn

    Jahren Gegenstand ihres statutarischen Zwecks bilden. 3Der Bundesrat bezeichnet die zur Beschwerde berechtigten Organisationen.

    4Zuständig für die Beschwerdeerhebung ist das oberste Exekutivorgan der Organisation.

    5Die Organisationen können ihre rechtlich selbständigen kantonalen und überkantonalen Unterorganisationen für

    deren örtliches Tätigkeitsgebiet generell zur Erhebung von Einsprachen und im Einzelfall zur Erhebung von

    Beschwerden ermächtigen.

    Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel vom 20. Juni 1986 (JSG,

    SR 922.0), Auszug

    Art. 12 Verhütung von Wildschaden

    1 Die Kantone treffen Massnahmen zur Verhütung von Wildschaden.

    2 Sie können jederzeit Massnahmen gegen einzelne geschützte oder jagdbare Tiere, die erheblichen Schaden

    anrichten, anordnen oder erlauben. Mit der Durchführung dieser Massnahmen dürfen sie nur Jagdberechtigte und

    Aufsichtsorgane beauftragen.

    2bis Der Bundesrat kann geschützte Tierarten bezeichnen, bei denen das Bundesamt die Massnahmen nach Absatz

    2 anordnet.

    3 Die Kantone bestimmen, welche Selbsthilfemassnahmen gegen jagdbare Tiere zum Schutze von Haustieren,

    Liegenschaften und landwirtschaftlichen Kulturen zulässig sind. Der Bundesrat bezeichnet die geschützten Tier-

    arten, gegen die solche Selbsthilfemassnahmen ergriffen werden dürfen.

    4 Weist eine geschützte Tierart einen zu hohen Bestand auf und entsteht dadurch grosser Schaden oder eine er-

    hebliche Gefährdung, so können die Kantone mit vorheriger Zustimmung des Departements Massnahmen zur

    Verringerung des Bestandes treffen.

    5 Der Bund fördert und koordiniert die Massnahmen der Kantone zur Verhütung von Wildschaden, der durch

    Grossraubtiere an Nutztieren verursacht wird.

    https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19860156/index.html#a12

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    Urteilsanalyse: Das verpasste Champions-League-Spiel FCB gegen FCB

    Lesen Sie bitte die beiden folgenden Urteile:

    Bundesverwaltungsgericht, Urteil C-8376/2010, vom 19. Februar 2013

    Bundesgericht, Urteil 1C_370/2013, vom 14. Oktober 2013

    Beantworten Sie dazu die folgenden Fragen:

    A. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

    1. Welcher Sachverhalt und welche Prozessgeschichte liegen dem Urteil zugrunde?

    2. Warum wurde der Verfügung des BAP die aufschiebende Wirkung entzogen? In welcher

    Form hat das Bundesverwaltungsgericht zur Frage der aufschiebenden Wirkung Stellung

    genommen?

    3. Welche Rechtsbegehren hat X gestellt und welche Rügen hat er erhoben?

    4. Welche Fragen hat das Bundesverwaltungsgericht bei der Prüfung der Prozessvorausset-

    zungen vertieft untersucht?

    5. Der Beschwerdeführer wurde vor Erlass der Verfügung nicht angehört. Warum hat das

    Gericht dennoch auf die Prüfung der Gehörsverletzung verzichtet?

    6. Wie ordnet das Gericht die verfügte Massnahme ins System der verwaltungsrechtlichen

    Massnahmen ein?

    7. Liegt laut Bundesverwaltungsgericht ein schwerer oder ein leichter Eingriff in die Garan-

    tien gemäss Art. 10 Abs. 2 BV bzw. Art. 24 BV vor?

    8. Erachtet das Gericht die Anforderungen an eine genügende gesetzliche Grundlage als

    erfüllt?

    9. Warum sieht das Gericht die Verhältnismässigkeit der Massnahme als gegeben an?

    10. Der Beschwerdeführer rügt, das BAP habe den Grundsatz von Treu und Glauben sowie

    der Rechtsweggarantie verletzt, indem die Verfügung so spät zugestellt worden sei, dass

    die Beschwerde faktisch obsolet geworden sei. Wie stellt sich das Gericht zu diesen Rü-

    gen?

    11. In E. 9 führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass „die angefochtene Verfügung Bun-

    desrecht nicht verletzt und den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig fest-

    stellt; sie ist auch angemessen (vgl. Art. 49 VwVG)“. In welchen Erwägungen hat das

    Gericht eine Angemessenheitsprüfung vorgenommen?

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    B. Urteil des Bundesgerichts

    1. Sachverhalt und Prozessgeschichte sind im Vergleich zum Urteil des Bundesverwal-

    tungsgerichts deutlich kürzer dargestellt. Warum?

    2. Welche Rechtsbegehren hat X gestellt? Erachtet das Gericht diese Begehren als zulässig?

    3. Welche Rügen hat X erhoben? Welche Rügen sind neu? Setzt sich das Gericht materiell

    mit diesen Rügen auseinander?

    4. Was ist Sinn und Zweck von E. 3?

    5. Nimmt das Bundesgericht in E. 4 eine Rechts- oder eine Sachverhaltskontrolle vor?

    6. Warum stellt das Bundesgericht die Verfassungsverletzung durch die Vorinstanz in

    Ziff. 1 des Dispositivs förmlich fest?

    7. Warum hebt das Bundesgericht Dispositiv-Ziffer 2 des Urteils des Bundesverwaltungsge-

    richts förmlich auf?

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    Fall 4: Die ungenügende Masterarbeit

    A studierte vom Wintersemester 2009/2010 bis zum Frühjahrssemester 2015 Rechtswissen-

    schaften an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich. Im Sommersemes-

    ter 2014 verfasste sie ihre Masterarbeit. Diese reichte sie Prof. X zur Korrektur ein. Prof. X

    wies die Arbeit aufgrund formeller und inhaltlicher Mängel zur Überarbeitung zurück. A gab

    sodann eine überarbeitete Fassung ihrer Masterarbeit ab, welche von Prof. X ungelesen mit

    der Note 4.0 bewertet wurde.

    A hält das Vorgehen von Prof. X für unzulässig und sucht Rat bei Ihnen. Sie ist der Auffas-

    sung, dass ihre (überarbeitete) Arbeit mindestens mit der Note 4.5, eher aber mit der Note 5.0

    hätte bewertet werden müssen. A erklärt Ihnen auf Nachfrage, dass sich ihr Gesamtnoten-

    schnitt im Masterzeugnis bei einer Bewertung der Masterarbeit mit der Note 5.0 im Vergleich

    zur Bewertung mit der Note 4.0 von 4.73 auf 4.93 verbessert hätte.

    Fragen:

    Frage 1: Wie gestaltet sich der Rechtsmittelweg, um gegen die Bewertung der Masterarbeit

    vorzugehen? Prüfen Sie den gesamten innerstaatlichen Instanzenzug, dies aber

    ausschliesslich mit Blick auf das Anfechtungsobjekt.

    Frage 2: Werden die angerufenen Rechtsmittelinstanzen auf das/die von A erhobene/n

    Rechtsmittel eintreten?

    Frage 3: Wie beurteilen Sie das Vorgehen von Prof. X in materieller Hinsicht, die überar-

    beitete Version der Masterarbeit ungelesen mit der Note 4.0 zu bewerten?

    Relevante Rechtsnormen (bitte in die Übungsstunde mitbringen):

    Universitätsgesetz des Kantons Zürich vom 15. März 1998 (UniG; LS 415.11)

    Rahmenverordnung über den Bachelor- und Masterstudiengang sowie Nebenfachstudien-

    programme an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich vom 20. Au-

    gust 2012 (LS 415.415.1)

    Verordnung über die Promotion zur Doktorin / zum Doktor der Rechtswissenschaft

    (Dr. iur.) an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich (LS 415.413)

    Verordnung über Organisation und Verfahren der Rekurskommission der Zürcher Hoch-

    schulen vom 19. Oktober 1998 (LS 415.111.7)

    Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2)

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    Fall 5: „Ja zur Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug“

    Die Initiative „Ja zur Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug“ wird am 20. November 2012

    zur Vorprüfung bei der Justizdirektion des Kantons X eingereicht. Die Initiative hat folgenden

    Wortlaut:

    Das Gesetz über das Gesundheitswesen vom 4. November 1962 (Gesundheitsgesetz) ist folgendermassen

    zu ändern:

    § 17 (Neuformulierung) Privatapotheken

    „Zur Führung einer ärztlichen Privatapotheke ist eine Bewilligung der Direktion des Gesundheitswesens

    erforderlich. Die Bewilligung wird praxisberechtigten Ärztinnen und Ärzten erteilt. Die Inhaberinnen und

    Inhaber von ärztlichen Privatapotheken dürfen Arzneimittel nur an Patientinnen und Patienten abgeben,

    die bei ihnen in Behandlung stehen. Die Abgabe hat unter ärztlicher Aufsicht und Verantwortung zu er-

    folgen.“

    Dem Volksbegehren ist die folgende Begründung beigegeben:

    Gemäss der aktuellen (und heute veralteten) Regelung, dürfen die Ärztinnen und Ärzte in den Städten Y

    und Z keine Medikamente abgeben, die Ärztinnen und Ärzte auf dem Land hingegen schon. Diese rechts-

    ungleiche Behandlung soll beseitigt werden. Alle Bewohnerinnen und Bewohner im Kanton Y sollen frei

    wählen können, ob sie ihre Medikamente in der Apotheke oder bei ihrer Ärztin/ihrem Arzt beziehen

    möchten. Deshalb soll es auch den Ärzten in den Städten Y und Z möglich sein, ihren Patienten Medika-

    mente abgeben zu können.

    Die Justizdirektion entscheidet am 1. März 2013, dass die Initiative die Anforderungen von

    § 123 des Gesetzes über die politischen Rechte (GPR) des Kantons X erfüllt. Apotheker A ist

    der Meinung, dass sowohl der Titel als auch die Begründung der Initiative irreführend sind

    und seine politischen Rechte verletzen.

    Frage 1: Ist A legitimiert, den Entscheid der Justizdirektion anzufechten?

    Die Initiative kommt in der Folge zustande. Das Datum der Volksabstimmung wird auf den

    6. April 2014 festgesetzt. Der anschliessende Abstimmungskampf wird heftig geführt. Am 15.

    Februar 2014 verteilt das Initiativkomitee in den Landbezirken des Kantons X Flyer mit fol-

    genden Slogans: „Schluss mit der Bereicherung der Apotheker auf Kosten aller Ärzte“. Ge-

    mäss einem Interview mit einem Mitglied des Initiativkomitees, welches am 17. März 2014

    erscheint, ist im Fall einer Ablehnung der Initiative, „die Medikamentenversorgung im Kan-

    ton Zürich im Notfall nicht mehr gewährleistet“. Ausserdem prognostiziert der Ärzteverband

    des Kantons X am 26. März 2014, dass die Versicherungsprämien für die Krankenversiche-

    rung bei einer Annahme der Initiative um über 10% sinken werden.

    Die Initiative wird vom Volk am 6. April 2014 mit 53.7% Ja-Stimmen angenommen. A gibt

    sich aber noch nicht geschlagen und möchte den Volksentscheid anfechten. Am 8. April 2014

    schickt er seine Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons X per A-Post Plus (nicht ein-

    geschrieben) ab, welcher den Erhalt am 9. April 2014 bestätigt. Mit Beschluss vom 29. April

    2014 tritt der Regierungsrat (letzte kantonale Instanz) auf die Beschwerde nicht ein. Das

    Nichteintreten wird mit der Missachtung der Formvorschriften bzw. der Frist gemäss § 10d

    VRG begründet.

    A ist mit diesem Beschluss des Regierungsrates nicht einverstanden und zieht ihn an das

    Bundesgericht weiter.

  • Prof. G. Biaggini / Dr. D. Hofstetter Übungen im Öffentlichen Recht III (FS 2017)

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    Frage 2: Wird das Bundesgericht auf die Beschwerde eintreten?

    Frage 3: Hätte der Regierungsrat auf die Beschwerde eintreten müssen?

    Frage 4: Wie beurteilen sie die einzelnen Vorkommnisse im Abstimmungskampf aus

    materiell-rechtlicher Sicht?

    Zusatzfrage: Angenommen, drei Jahre nach Annahme der Initiative zeige sich, dass die Wir-

    kungen der Initiative viel gravierender sind, als sie vom Regierungsrat im Beleuchtenden Be-

    richt vorausgesagt wurden (insb. Schliessung zahlreicher Apotheken in den Städten Y und Z

    mangels Kundschaft):

    Frage 5: Hat A heute (d.h. am 3./4. April 2017) eine Möglichkeit, gegen die betreffende

    Volksabstimmung vorzugehen?

    Relevante Rechtsnormen:

    Auszug aus dem Gesetz über die politischen Rechte (GPR):

    § 123

    1 Jede Unterschriftenliste enthält folgende Angaben: a. (…)

    b. den Titel, den Text und eine kurze Begründung der Initiative, (…)

    2 Der Titel und die Begründung der Initiative dürfen nicht irreführend, ehrverletzend oder übermässig

    lang sein, keine kommerzielle oder persönliche Werbung enthalten und zu keinen Verwechslungen An-

    lass geben.

    Auszug aus dem kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRG):

    § 10d

    Beschwerden an den Regierungsrat, welche die politische Stimmberechtigung der Bürgerinnen und Bür-

    ger oder Volkswahlen oder Volksabstimmungen betreffen, sind innert fünf Tagen eingeschrieben einzu-

    reichen. § 21a gilt sinngemäss.

    § 21a

    In Stimmrechtssachen sind zur Beschwerde berechtigt:

    a. die Stimmberechtigten des betreffenden Wahl- oder Abstimmungskreises und die Kandidierenden,

    b. politische Parteien und Gruppierungen, die im betreffenden Wahl- oder Abstimmungskreis tätig

    sind,

    c. betroffene Gemeindebehörden,

    d. die Mitglieder des Initiativkomitees gegen Verfügungen der Direktion der Justiz über die formelle

    Gültigkeit der Unterschriftenliste und betreffend den Titel der Initiative.

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    Fall 6: Die Rückerstattungsverfügung

    Sachverhaltsvariante A:

    A wurde von den Sozialen Diensten der Stadt X im Kanton Y (nachfolgend: Sozialbehörde)

    zwischen Juli 2012 und März 2014 mittels Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen wirtschaft-

    lich unterstützt. Aufgrund von Abklärungen im Rahmen einer Kontrolle des Dossiers von A

    findet die Sozialbehörde heraus, dass A falsche Angaben über seine wirtschaftlichen Verhält-

    nisse gemacht hat. So hat er es unterlassen, ein auf ihn lautendes Konto mit einem erheblichen

    Vermögensbetrag gegenüber der Sozialbehörde zu deklarieren.

    Die Sozialbehörde der Stadt X leitet gegen A ein Verfahren auf Rückerstattung der zu Un-

    recht ausgerichteten Sozialhilfeleistungen ein. Sie verpflichtet ihn mittels Verfügung, insge-

    samt CHF 12'000 zu Unrecht bezogener Leistungen an die Stadt X zurückzuzahlen.

    A ficht die Rückerstattungsverfügung bei der zuständigen Behörde an. Diese heisst seine Be-

    schwerde gut und hebt die Rückerstattungsverfügung der Sozialbehörde auf. Gegen diesen

    Entscheid führt die Sozialbehörde Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht. Das

    Verwaltungsgericht tritt auf die Beschwerde der Sozialbehörde nicht ein, weil es ihr an der

    notwendigen Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde fehle.

    Die Sozialbehörde hält den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts für falsch und

    möchte diesen vor Bundesgericht anfechten.

    Fragen:

    Frage 1: Welches Rechtsbegehren stellen Sie vor Bundesgericht?

    Frage 2: Ist die Sozialbehörde zur Beschwerde an das Bundesgericht legitimiert?

    Sachverhaltsvariante B:

    Gleiche Ausgangslage wie bei Sachverhaltsvariante A, jedoch mit den nachfolgenden pro-

    zessualen Änderungen:

    A ficht die Rückerstattungsverfügung bei der zuständigen Behörde an. Er macht geltend, das

    Vorgehen der Sozialbehörde erweise sich als unverhältnismässig, da anstelle einer Rückerstat-

    tung eine Verwarnung als milderes Mittel ebenso zielführend gewesen wäre. Die Rückerstat-

    tung treffe ihn übermässig hart. Die zuständige Behörde weist seine Beschwerde ab und be-

    stätigt die Rückerstattungsverfügung der Sozialbehörde.

    A gelangt an das Verwaltungsgericht. Dieses weist seine Beschwerde ebenfalls ab. A möchte

    an das Bundesgericht gelangen.

    Fragen:

    Frage 3: Tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde von A ein?

    Frage 4: Wie beurteilen Sie die von A vorgebrachte Rüge der Unverhältnismässigkeit der

    Rückerstattungsverfügung, falls das Bundesgericht auf die Beschwerde eintritt?

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    Relevante Rechtsnormen:

    Auszug aus dem Sozialhilfegesetz des Kantons Y (SHG)

    § 18 Abs. 1 SHG: «Der Hilfesuchende gibt vollständig und wahrheitsgetreu Auskunft über: a.) seine finanziellen

    Verhältnisse im In- und Ausland, namentlich auch über Ansprüche gegenüber Dritten, (…).»

    § 26 SHG: «Zur Rückerstattung von wirtschaftlicher Hilfe ist verpflichtet, wer a.) diese unter unwahren oder

    unvollständigen Angaben erwirkt hat oder b.) diese für andere als von der Fürsorgebehörde festgelegten Zwecke

    verwendet hat und dadurch bewirkt, dass die Behörde erneut zahlen muss.»

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    Fall 7: Die Privatschule

    A ist Eigentümer der Liegenschaft GB-Nr. 123 in der Gemeinde X. B ist Eigentümer der Lie-

    genschaft GB-Nr. 456 in der Gemeinde X. C ist Eigentümerin der Liegenschaft GB-Nr. 789 in

    der Gemeinde X. Alle drei genannten Liegenschaften befinden sich in unmittelbarer Nähe

    zueinander und bilden Teil einer sog. «Arealüberbauung» nach dem kantonalen Planungs-

    und Baugesetz. Die Arealüberbauung und damit die Liegenschaften von A, B und C sind ge-

    mäss der aktuellen Bau- und Zonenordnung der Gemeinde X der Wohnzone «W2» zugewie-

    sen. In dieser Zone gilt ein Mindestwohnanteil von 90%.

    B und C betreiben in ihren Liegenschaften eine Kindertagesstätte. In der Kindertagesstätte

    werden Kinder im schulpflichtigen Alter im Rahmen der sog. schulergänzenden Betreuung

    betreut. Dies bedeutet, dass die Kinder die Kindertagesstätte ausserhalb der Schulzeiten (d.h.

    vor Beginn der Schule, über Mittag und nach der Schule) besuchen.

    B und C planen, ihr Angebot zu erweitern und in Zukunft nicht mehr bloss eine Kindertages-

    stätte zu betreiben, sondern zusätzlich eine Privatschule. Dies würde es Ihnen erlauben, Unter-

    richt und schulergänzende Betreuung unter einem Dach zu vereinen. Zu diesem Zweck grün-

    den sie eine GmbH als Trägergesellschaft.

    Die Bewilligung zur Errichtung und Führung einer Privatschule wird B und C vom kantona-

    len Bildungsdepartement erteilt. Gestützt darauf nehmen sie den Betrieb der Schule auf.

    A fühlt sich von den vom Schulbetrieb ausgehenden Immissionen gestört und fragt bei der

    kommunalen Baubehörde an, ob die Schule einer zonenkonformen Nutzung in der Wohnzone

    «W2» entspreche. Die kommunale Baubehörde fordert nach der Prüfung der Sach- und

    Rechtslage B und C auf, ein nachträgliches Baugesuch betreffend Umnutzung ihrer Liegen-

    schaften einzureichen. Dieser Aufforderung kommen B und C nach. Die kommunale Baube-

    hörde erteilt B und C die baurechtliche Bewilligung zur Nutzung ihrer Liegenschaften als

    Schule, wogegen A Rechtsmittel ergreift.

    Nach Durchlaufen des kantonalen Instanzenzugs kommt das kantonale Verwaltungsgericht

    zum Schluss, das nachträgliche Baugesuch von B und C betreffend Umnutzung (Schulnut-

    zung) sei nicht bewilligungsfähig, weil eine Schulnutzung einer Wohnnutzung nicht gleichge-

    stellt werden könne und der in der Zone «W2» geltende Mindestwohnanteil nicht eingehalten

    sei.

    Dessen ungeachtet wird der vom Verwaltungsgericht untersagte Schulbetrieb von B und C

    weitergeführt.

    Während laufender Rechtsmittelfrist gegen das Urteil des kantonalen Verwaltungsgerichts an

    das Bundesgericht reichen B und C bei der kommunalen Baubehörde das identische Bauge-

    such betreffend Umnutzung ihrer Liegenschaften (Schulnutzung) ein. Das Baugesuch wird

    von der kommunalen Baubehörde während laufender Rechtsmittelfrist öffentlich aufgelegt.

    Innert Frist gehen keine Einsprachen gegen das Baugesuch ein, auch nicht von A, der von der

    Auflage der Baugesuche keine Kenntnis hat.

    Erst nach Ablauf der Einsprachefrist erfährt A durch Zufall von den Baugesuchen und davon,

    dass die Gemeinde X die fragliche Baubewilligung erteilt hat. In der Zwischenzeit ist das Ur-

  • Prof. G. Biaggini / Dr. D. Hofstetter Übungen im Öffentlichen Recht III (FS 2017)

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    teil des Verwaltungsgerichts in Rechtskraft erwachsen; B und C haben keine Beschwerde an

    das Bundesgericht erhoben. A kommt zu Ihnen in die Kanzlei und bittet Sie um Rat.

    Fragen:

    Frage 1: Weshalb muss für die Schulnutzung ein Baugesuch eingereicht werden? Was ist

    der Zweck des Baubewilligungsverfahrens?

    Frage 2: War die neuerliche Auflage der Baugesuche und die Erteilung der Baubewilligung

    an A und B rechtmässig?

    Frage 3: Gehen Sie davon aus, die Auflage der Baugesuche und die Erteilung der Baube-

    willigung seien widerrechtlich erfolgt: Wie und bei welcher Instanz gehen Sie da-

    gegen vor? Welche Rechtsbegehren erachten Sie als zielführend?

    Relevante Rechtsnormen (bitte in die Übungsstunde mitbringen):

    Bundesgesetz über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700);

    Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (PBG; LS700.1);

    Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2)

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    Fall 8: Die Dolmetscherin (Fallbearbeitung – Abgabetermin: 27. Februar 2017)

    X. studiert an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät des Kantons Y. Sie ist tschechische

    Staatsbürgerin und würde gerne in ihrer Freizeit etwas Geld verdienen. X. hat gehört, dass das

    kantonale Obergericht immer wieder Dolmetscherinnen und Dolmetscher sucht. Die Tätigkeit

    würde X. interessieren.

    Auf telefonische Nachfrage teilt ihr das Obergericht am 6. Januar 2017 mit, dass zur Dolmet-

    schertätigkeit nur Schweizerinnen und Schweizer zugelassen werden. Als X. sich erkundigt,

    worauf diese Praxis beruhe, stellt ihr das Obergericht das Reglement des Obergerichts über

    den Einsatz von Gerichtsdolmetschern vom 12. Oktober 2006 (Dolmetscherreglement) zu,

    welches X. am 9. Januar 2017 erhält. Darin findet sich in § 6 die vom Obergericht genannte

    Einschränkung. In der kantonalen Erlasssammlung wurde das Reglement nicht publiziert. X.

    findet lediglich im kantonalen Gerichtsorganisationsgesetz eine kurze Bestimmung, wonach

    die kantonalen Gerichte Dolmetscherinnen und Dolmetscher im Auftragsverhältnis nach

    Art. 394 ff. OR beschäftigen können.

    X. ficht § 6 des Dolmetscherreglements mit Rekurs vom 6. Februar 2017 vor dem kantonalen

    Verwaltungsgericht an und verlangt, diese Bestimmung sei aufzuheben. Das Verwaltungsge-

    richt tritt auf den Rekurs nicht ein, da es sich beim Reglement nicht um einen Erlass handle.

    Das Gericht auferlegt X. die Gerichtskosten von insgesamt CHF 2'650.--, obwohl X. ein Ge-

    such um unentgeltliche Rechtspflege gestellt und darin geltend gemacht hat, sie sei mittellos

    und ihre Sache sei nicht aussichtslos, was beides vom Verwaltungsgericht im Entscheid nicht

    in Frage gestellt wird.

    Fragen:

    1. Kann X. den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts vor Bundesgericht an-

    fechten und wenn ja, mit welchen Begehren? (25 %)

    2. Ist das kantonale Verwaltungsgericht zu Recht auf den Rekurs nicht eingetreten?

    (20 %)

    3. Ist der Rekurs an das kantonale Verwaltungsgericht rechtzeitig eingereicht worden?

    (10 %)

    4. Hat das kantonale Verwaltungsgericht zu Recht X. die unentgeltliche Rechtspflege

    verweigert? (15 %)

    5. Prüfen Sie § 6 des Dolmetscherreglements auf seine Vereinbarkeit mit höherrangi-

    gem Recht. Konzentrieren Sie sich dabei auf die wichtigsten Gesichtspunkte, die al-

    lenfalls gegen die Vereinbarkeit sprechen (ohne Berücksichtigung des FZA). (30 %)

  • Prof. G. Biaggini / Dr. D. Hofstetter Übungen im Öffentlichen Recht III (FS 2017)

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    Auszug aus dem kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz

    Art. 12

    1 Das Verwaltungsgericht wendet Bestimmungen, die gegen übergeordnetes Recht verstossen, nicht an.

    2 Kantonale Erlasse mit Ausnahme der Verfassung und der Gesetze können beim Verwaltungsgericht angefoch-

    ten werden, wenn geltend gemacht wird, dass sie gegen übergeordnetes Recht verstossen.

    Art. 16

    1 Zum Rekurs ist berechtigt, wer:

    a. vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten

    hat;

    b. durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist; und

    c. ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat.

    […]

    Art. 22

    1 Der Rekurs ist innert 30 Tagen beim Verwaltungsgericht einzureichen. In Stimmrechtssachen beträgt die Frist

    fünf Tage.

    2 Der Fristenlauf beginnt am Tag nach der Mitteilung des angefochtenen Aktes, ohne solche am Tag nach seiner

    amtlichen Veröffentlichung und ohne solche am Tag nach seiner Kenntnisnahme.

    3 Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag oder ein Sonntag, so endet sie am nächstfolgenden Werktag.

  • Prof. G. Biaggini / Dr. D. Hofstetter Übungen im Öffentlichen Recht III (FS 2017)

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    Fall 9: Pech beim Glücksspiel

    A ist ein leidenschaftlicher Spieler von Glücksspielen. Er besucht regelmässig die Casinos in

    seiner Region. Als sich die Verluste aus seiner Spieltätigkeit häufen, sein Verlangen nach

    Glücksspielen aber nicht abnimmt, veruntreut A Gelder seines Arbeitgebers im grossen Um-

    fang, um weiterhin dem Glücksspiel nachgehen zu können. Das veruntreute Geld verspielt er

    im Casino der X AG.

    Im Februar 2015 erfährt die Eidgenössische Spielbankenkommission (nachfolgend: ESBK)

    davon, dass gegen A ein Strafverfahren wegen Veruntreuung eingeleitet wurde und dieser die

    veruntreuten Gelder im Casino der X AG verspielt hat.

    Die ESBK teilt daraufhin der X AG mit, dass gegen sie ein Administrativverfahren eröffnet

    werde, um zu prüfen, ob im Zusammenhang mit A die spielbankenrechtlichen Vorschriften

    eingehalten seien.

    Mit Verfügung vom 2. Oktober 2015 spricht die ESBK gegen die X AG eine Verwaltungs-

    sanktion in Höhe von CHF 4'939'000 aus. Sie begründet den Entscheid damit, dass den im

    Sozialkonzept vorgesehenen Prozessen nicht nachgekommen worden sei. Die X AG als Be-

    treiberin des Casinos habe damit gegen die Spielbankengesetzgebung verstossen.

    Die Sanktionshöhe von CHF 4'939'000 begründet die ESBK damit, dass die X AG durch das

    Verhalten von A einen Vorteil von gerundet CHF 2'822'420 erzielt habe. Es müsse von einem

    mittelschweren Verstoss ausgegangen werden, so dass sich ein Multiplikationsfaktor von 1.75

    rechtfertige. Dies ergebe den Betrag von CHF 4'939'000.

    Die X AG bestreitet, dass sie sich Unterlassungen habe zuschulden kommen lassen, die eine

    Sanktionierung rechtfertigen würden. Sie will daher gegen den Entscheid der ESBK vom 2.

    Oktober 2015 vorgehen.

    Fragen:

    Frage 1: Wie gestaltet sich der Rechtsmittelweg gegen die Verfügung der ESBK vom 2.

    Oktober 2015?

    Frage 2: Sie vertreten die X AG als Rechtsanwältin/Rechtsanwalt. Die X AG macht insbe-

    sondere geltend, die ESBK habe im Verwaltungssanktionsverfahren auf Unterla-

    gen zur Ermittlung des Sachverhaltes Bezug genommen, welche sie (die X AG)

    unter Zwang habe herausgeben müssen. Wie argumentieren Sie?

    Relevante Rechtsnormen (bitte in die Übungsstunde mitbringen):

    Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken vom 18. Dezember 1998 (SBG; SR

    935.52)

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    Fall 10: Die gestrenge Zollverwaltung

    Die politischen Gemeinden des Kantons Zug haben sich zum „Zweckverband der Zuger Ein-

    wohnergemeinden für die Bewirtschaftung von Abfällen“ (Zeba) zusammengeschlossen. Die-

    ser Gemeindeverband lässt das Abfallaufkommen in ausserkantonale Kehrichtverwertungsan-

    lagen verbringen. Hierzu unterhält er Verträge mit mehreren Transporteuren, so auch mit der

    Einwohnergemeinde der Stadt Zug (nachfolgend die Transporteurin). Der Transport der Keh-

    richtcontainer erfolgt nach der Methode des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV).

    Danach holen die Transporteure die Container am Verladeort ab und befördern diese per

    Lastwagen bis zum ersten Umschlagsbahnhof („Vorlauf“ des UKV). Dort erfolgt der Umlad

    von der Strasse auf die Schiene. Alsdann gelangen die Container per Bahn bis zum zweiten

    Umschlagsbahnhof („Hauptlauf“ des UKV), ehe der „Nachlauf“ des UKV (von dort bis zum

    Entladeort, hier: Kehrichtverwertungsanlage), falls ein solcher überhaupt erforderlich ist,

    wiederum mit Lastwagen bewältigt wird. Soweit Strassenfahrzeuge im unbegleiteten kombi-

    nierten Verkehr – für den Vor- und/oder Nachlauf – eingesetzt werden, haben die Transport-

    eure von Gesetzes wegen die Möglichkeit, die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe

    (LSVA) zurückzuverlangen (Art. 4 Abs. 3 SVAG). Nach der Verordnung zur LSVA bedingt

    dies jedoch insbesondere, dass die Ladebehälter oder Sattelanhänger eine Mindestlänge von

    5,5 Meter (entsprechend 18 Fuss) aufweisen (Art. 8 Abs. 2 lit. a SVAV in der bis 31.12.2016

    geltenden Fassung).

    Im Mai 2011 kontrolliert die Eidgenössische Zollverwaltung die vom Gemeindeverband ver-

    wendeten Container. Sie kommt zum Ergebnis, dass die eingesetzten Ausführungen eine Aus-

    senlänge (ohne Aussenbügel) von 5'343 Millimetern (Typ A) bzw. 5'249 Millimetern (Typ B)

    aufweisen und somit die für die Rückerstattung erforderliche Länge nicht erreichen. Die

    Nachkontrolle durch die RUAG Schweiz AG bestätigt dies. Unter Einbezug der Aussenbügel

    wären die Längenerfordernisse nach Art. 8 Abs. 2 lit. a SVAV in der bis 31.12.2016 gelten-

    den Fassung hingegen erfüllt. Am 30. Mai 2012 erlässt die Zollverwaltung gegenüber der

    Transporteurin eine Nachleistungsverfügung (Art. 12 Abs. 1 und 2 VStrR) mit einer Nachfor-

    derung von Fr. 59'890.45. Gegen diese Verfügung erhebt die Transporteurin erfolglos verwal-

    tungsinterne Beschwerde.

    Nun will die Transporteurin an das Bundesverwaltungsgericht gelangen. Sie ist der Meinung,

    bei der Längenmessung nach SVAV müssten auch die Aussenbügel – in dubio contra fiscum

    – berücksichtigt werden. Zudem sei es nicht nachvollziehbar, ja geradezu spitzfindig, die Un-

    tergrenze für die Rückerstattung der LSVA bei 18 Fuss zu ziehen, zumal von einer solchen

    Untergrenze im Gesetz keine Rede sei.

    Frage 1: Welche Anträge und Rügen sollen in der Beschwerde sinnvollerweise vorgebracht

    werden? (mit welcher Begründung?)

    Angenommen, das Bundesverwaltungsgericht heisse die Beschwerde der Transporteurin gut

    und hebe die Nachleistungsverfügung auf:

    Frage 2: Kann die Eidgenössische Zollverwaltung gegen das Urteil des Bundesverwal-

    tungsgerichts vorgehen? Was kann sie gegebenenfalls geltend machen?

  • Prof. G. Biaggini / Dr. D. Hofstetter Übungen im Öffentlichen Recht III (FS 2017)

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    Relevante Rechtsnormen:

    Bundesgesetz über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (Schwerverkehrsabgabegesetz, SVAG)

    vom 19. Dezember 1997 (SR 641.81), Auszug

    Art. 4 Ausnahmen und Befreiungen

    […]

    3 Für Fahrten im unbegleiteten kombinierten Verkehr besteht Anspruch auf eine pauschale Rückerstat-

    tung. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

    Verordnung über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (Schwerverkehrsabgabeverordnung,

    SVAV) vom 6. März 2000 (SR 641.811), Auszug

    Art. 8 Im unbegleiteten kombinierten Verkehr eingesetzte Fahrzeuge

    1 Halterinnen und Halter von der Abgabe unterliegenden Fahrzeugen, mit denen Fahrten im unbegleiteten

    kombinierten Verkehr (UKV) ausgeführt werden, erhalten für die Fahrten im Vor- und Nachlauf des

    UKV von der Zollverwaltung auf Antrag eine Rückerstattung.

    2 Pro Ladebehälter oder Sattelanhänger, der von der Strasse auf die Bahn oder das Schiff oder von der

    Bahn oder dem Schiff auf die Strasse umgeschlagen wird, beträgt die Rückerstattung:1

    Franken

    a. für Ladebehälter oder Sattelanhänger mit einer Länge

    zwischen 5,5 und 6,1 m oder zwischen 18 und 20 Fuss 24

    b. für Ladebehälter oder Sattelanhänger mit einer Länge

    über 6,1 m oder über 20 Fuss 37

    3 Der Rückerstattungsantrag ist zusammen mit der Deklaration nach Artikel 22 an die Zollverwaltung zu

    richten.

    4 Der Rückerstattungsbetrag darf die gesamte Abgabe der im UKV eingesetzten Fahrzeuge der Antrag-

    stellerin oder des Antragstellers pro Abgabeperiode nicht übersteigen.3

    1 Art. 8 Abs. 2: Tabelle in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung.

    https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20000031/index.html#a4https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20000323/index.html#a8https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20000323/index.html#fn-#a8-3