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Seite 1 von 36 Fortbildung Gips- und Stützverbandtechniken für Auszubildende Version 06- 2015 Kreiskrankenhaus Emmendingen © by M.Gutsche (Pflg. Leitung Chirurgische Notaufnahme) Einführung in die Gips- und Stützverbandtechnik Grundlagen und Anatomische Gegebenheiten Scharniergelenk Ellenbogengelenk, Kniegelenk, OSG Gelenkfläche in Rollenform mit entsprechender gegenüberliegender Gelenkfläche, 1 Freiheitsgrad (Flexion/Extension) Eigelenk proximales Handgelenk eiförmiger Gelenkkopf mit Gelenkpfanne 2 Freiheitsgrade (Flexion/ Extension, Seitwärtsbewegung) Sattelgelenk Daumengrundgelenk Gelenkflächen ähnlich einem Reitsattel 2 Freiheitsgrade (Ante-/ Retroversion, Seitwärtsbewegung) Kugelgelenk Schulter- und Hüftgelenk kugelförmiges Gelenk mit Gelenkpfanne 3 Freiheitsgrade (Flexion/ Extension, Seitwärtsbewegung, Innen-/ Außenrotation) Drehgelenk Zapfengelenk: proximales Radioulnargelenk Radgelenk: zwischen 1. und 2. Halswirbel 1 Freiheitsgrad (Rotation) 1 Aufbau eines Kugelgelenks. 2 Die verschiedenartigen Gelenke des menschlichen Skeletts; a Kugelgelenk (Hüftgelenk), b Scharniergelenk (Ellenbogengelenk), c Drehgelenk (Halswirbelgelenk), d Sattelgelenk (Daumengelenk). Gelenkarten n

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Seite 1 von 36 Fortbildung Gips- und Stützverbandtechniken für Auszubildende Version 06- 2015 Kreiskrankenhaus Emmendingen © by M.Gutsche (Pflg. Leitung Chirurgische Notaufnahme)

Einführung in die Gips- und Stützverbandtechnik

Grundlagen und Anatomische Gegebenheiten

Scharniergelenk Ellenbogengelenk, Kniegelenk, OSG Gelenkfläche in Rollenform mit entsprechender gegenüberliegender Gelenkfläche, 1 Freiheitsgrad (Flexion/Extension)

Eigelenk proximales Handgelenk

eiförmiger Gelenkkopf mit Gelenkpfanne 2 Freiheitsgrade (Flexion/ Extension, Seitwärtsbewegung)

Sattelgelenk Daumengrundgelenk Gelenkflächen ähnlich einem Reitsattel 2 Freiheitsgrade (Ante-/ Retroversion, Seitwärtsbewegung)

Kugelgelenk Schulter- und Hüftgelenk

kugelförmiges Gelenk mit Gelenkpfanne 3 Freiheitsgrade (Flexion/ Extension, Seitwärtsbewegung, Innen-/ Außenrotation)

Drehgelenk Zapfengelenk: proximales Radioulnargelenk Radgelenk: zwischen 1. und 2. Halswirbel

1 Freiheitsgrad (Rotation)

1 Aufbau eines Kugelgelenks. 2 Die verschiedenartigen Gelenke des menschlichen Skeletts; a Kugelgelenk (Hüftgelenk), b Scharniergelenk (Ellenbogengelenk), c Drehgelenk (Halswirbelgelenk), d Sattelgelenk (Daumengelenk).

Gelenkartenn

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Echte und unechte Gelenke Merkmale echter Gelenke:

� Gelenkpfanne � Gelenkknorpel � Gelenkspalt � Gelenkflüssigkeit (Synovia) � Beweglichkeit

Merkmale unechter Gelenke: Unechte Gelenke sind bindegewebige Verbindungen, die keine willkürlich gesteuerte Beweglichkeit zulassen. Beispiele:

� Syndesmosen (z.B. Bandhaft zwischen Tibia und Fibula im OSG) � Symphyse � ,Suturä zwischen den Schädelknochen

Langstreckige unechte Gelenke sind auch Membranen, die zwischen Knochen liegen und eine gewisse Beweglichkeit zulassen. Sie werden bei Frakturen oft verletzt. (z.B. Membrana interossea zwischen Fibula und Tibia oder zwischen Radius und Ulna) Bewegungsrichtungen Die Freiheitsgrade, in denen Bewegung in Gelenken oder der Knochen zueinander stattfinden, werden anatomisch in folgende Bewegungsrichtungen unterschieden: Flexion: Beugung Extension: Streckung Abduktion: vom Körper wegbewegen, Abspreizen Adduktion: an den Körper heranführen Rotation: Drehung Zirkumduktion: Umführbewegung (Kreisen)

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Anatomische Richtungsbezeichnungen/ Medizinische Terminologie

dorsal: rückenseits, am Rücken gelegen

ventral: bauchseits, am Bauch gelegen

kranial oder cranial: zum Schädel hin

kaudal oder caudal: zum Gesäß hin

proximal: zum Körperzentrum hin

distal: vom Körperzentrum entfernt

median: in der Mitte gelegen

paramedian: neben der Mitte gelegen

lateral: seitlich

ipsilateral: auf der gleichen Seite

kontralateral: auf der gegenüberliegenden Seite

dexter: rechts

sinister: links

vertikal: entlang der Linie vom Scheitel zur Sohle

postkranial: hinter dem Schädel

profund: auf das Innere des Körpers zu

superfizial: auf die Oberfläche zu

medial: zur Mitte hin

terminal: am Ende gelegen

apikal: an der Spitze gelegen

basal: die Basis bildend

intrakorporal: innerhalb des Körpers

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anterior: vorn liegend (beim Menschen identisch mit ventral)

posterior: hinten liegend (beim Menschen identisch mit dorsal)

inferior: unten liegend (beim Menschen identisch mit kaudal)

superior: oben liegend (beim Menschen identisch mit kranial)

prävertebral: vor der Wirbelsäule

paravertebral: neben der Wirbelsäule

retrosternal: hinter dem Brustbein

parasternal: seitlich des Brustbeins

Bewegungsrichtungen Medianebene: teilt den Körper durch Länngs- und Sagittalachse in 2 annähernd gleiche Hälften Frontalebene: parallel zur Stirn und senkrecht zur Mediansagital- Ebene, enthält transversale und longitudinale Achsen Transversalebene: senkrecht zur Mediansagittalebene und Frontalebene, enthält beim aufrechten Stand sagittale und transversale Achsen Grundlagen zu Knochen Knochenarten Es gibt Röhrenknochen, platte Knochen, Sesambeine, luftgefüllte Knochen, kurze und unregelmäßige Knochen. Bei Kindern gibt es noch Geflechtknochen, die sich im Wachstum dann zu Lamellenknochen umbauen. Sie haben Stütz- und Haltefunktion und schützen Innere Organe. Sie sind für das Wachstum und die Blutbildung verantwortlich und speichern Mineralien.

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Das Periost Der Knochen wird vom Periost umhüllt, der Knochenhaut, die den Knochen ernährt, für die Durchblutung verantwortlich ist und gerade bei Kindern Stabilität gibt. Das Periost ist Ansatz für Sehnen und Muskeln, Gefäße und Nerven laufen im Periost. Das Periost ist bei Kindern dafür verantwortlich, dass der Knochen meist in Form eines Wulstes bricht (sogenannte Grünholzfraktur) und nicht komplett. Die Spongiosa Im Inneren der Knochen befindet sich die Knochensubstanz (Spongiosa mit Osteoblasten und Osteoklasten), die aus einem schwammartig aufgebautem System aus Knochenbälkchen (Trabekeln) besteht. Sie dient der Blutbildung, ist Nährstoff- und Mineralstoffspeicher und wird nach außen hin dann zur festen Substantia compacta.

Stützverbände

Die Stützverbandtechnik ist essentiell für das professionelle Arbeiten im Funktionsbereich einer Chirurgischen Ambulanz oder Notaufnahme. Dies ist eine rein pflegerische Aufgabe. Im Medizinstudium lernen die Studenten nichts theoretisch über Gips- und Verbandtechnik und müssen sich ihr Wissen durch praktisches Arbeiten oder später dann in der Facharztweiterbildung aneignen.

Sehr oft kommen die Dozenten dann aus der Pflege!

Warum Stütz- oder Kompressionsverband?

Durch einen Stütz- oder Kompressionsverband werden die venösen Blutgefäße verengt, dadurch steigt die Fließgeschwindigkeit des Blutes und der Rückfluss zum Herzen wird erhöht.

Dadurch wird die Ödembildung reduziert und Schlackenstoffe werden abtransportiert.

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Gerade eine Kompressionstherapie an den Unterschenkeln ist dann indiziert, wenn durch eine Chronisch Venöse Insuffizienz (CVI) die Venenklappen funktionseingeschränkt sind und umgangssprachlich „das Blut in den Beinen versackt“, mit allen bekannten Komplikationen und Erkrankungen.

Weitere positive und erwünschte Effekte einer Kompressionstherapie sind die Beschleunigung der Abheilung jeglicher Art von Wunden, Vorbeugung von Rezidiven und die Vermeidung von Thrombosen.

Die Kompressiontherapie bei arteriellen Erkrankungen der Extremitäten (paVK) wird gesondert betrachtet.

Wann kommt ein Kompressionsverband zum Einsatz?

Bei folgenden Erkrankungen kommen Kompressionsverbände der unteren Extremität zum Einsatz:

• Chronisch venöse Insuffizienz (CVI) • Postthrombotisches Syndrom • primäres und sekundäres Lymphödem • primäre und sekundäre Varikosis • Thrombophlebitis • tiefe Beinvenenthrombose • Schwangerschaftsödeme • nach Venenstripping oder – verödung • Angiodysplasie • präventiv: bei Thomboserisiko (immobile Patienten, in Zussammenhang mit einer

OP, etc…)

Kompression und Bewegung

Die Kompressionstherapie mindert den Umfang derjenigen blutleitenden Gefäße des Körpers, die unterhalb des Kompressionsverbands liegen. Auf physikalische Weise erhöht sich die Fließgeschwindigkeit des Blutes, da dieses einen geringeren Raum zu passieren hat.

Entscheidend für die Fließgeschwindigkeit und somit für den Erfolg der Kompressionstherapie ist die Eigenbewegung des Körpers, denn die Anspannung der Muskulatur des Beines verstärkt den Blutfluss.

Über diese Aspekte sollte der Patient umfassend aufgeklärt werden, unter anderem um ihn zu motivieren, sich bei angelegter Kompression zu bewegen.

Bettlägerige Patienten können gymnastische Übungen auszuführen, wie Fußkreisen, Zehenballen oder Fußwippen. Die Kompressionstherapie mindert sowohl Schmerzen als auch die Ausbildung von Ödemen.

Als Merksatz gilt die so genannte 3-S, 3-L Regel, die besagt: „Sitzen und Stehen ist schlecht, lieber Laufen und Liegen.“

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Materialien und Versorgungsformen Angelegter Kompressionsverband

Eine Kompression kann sowohl durch die Anwickelung von Binden als auch durch das Anziehen speziell dafür entwickelter und nach den Maßen des Patienten gefertigter oder darauf passender Strümpfe gewährleistet werden. Der erzeugte Druck unterscheidet sich in Arbeits- und Ruhedruck.

Arbeitsdruck

Ergibt sich durch den Widerstand, den der Verband der Ausdehnung der Muskulatur bei der Muskelkontraktion entgegensetzt, d.h. wenn das Bein in Bewegung gerät und ist umso höher, je unelastischer die Kompression ist.

Ruhedruck

Er entspricht dem Anlagedruck, d.h. der Kraft, die zum Dehnen der Binde beim Anlegen aufzuwenden ist, wird aber zusätzlich durch das individuelle Rückstellvermögen einer Binde beeinflusst

Langzugbinden

Diese Binden haben ein sehr hohes Dehnungsvermögen von bis zum Doppelten der eigenen Länge. Sie erzeugen einen geringen Arbeitsdruck, aber einen hohen Ruhedruck. Das ist bei Venenerkrankungen in der Regel nicht erwünscht. Daher werden Langzugbinden in der Phlebologie (Venenheilkunde) nur selten verwendet. Bei Langzugbinden besteht zudem das Risiko, dass sich bei immobilen Patienten erhebliche Einschnürungen entwickeln, daher kommen sie insbesondere bei diesen Patienten nicht mehr zum Einsatz.

Kurzzugbinden

Kurzzugbinden bestehen aus unelastischem Textil und weisen daher nur ein sehr geringes Dehnungsvermögen auf. Sie ermöglichen den bei Venenerkrankungen erwünschten hohen Arbeits- und niedrigen Ruhedruck. Kurzzugbinden sind die Binden der Wahl bei mobilen Patienten, z.B. bei Venenentzündungen, nach einer Venenoperation oder beim offenen Bein (Ulcus cruris).

In der Notaufnahme verwenden wir zur Kompressionstherapie Idealbinden, deren Zug etwa in der Mitte zwischen Kurz- und Langzugdehnungsvermögen liegt.

Zinkleimbinden

Das Textilgewebe dieser Bindenart ist mit Leim angereichert, der sich verhärtet, wenn die feucht angelegte Binde trocknet. Durch das Aushärten entsteht der Kompressionsdruck. Nimmt der Beinumfang ab, mindert sich dieser entsprechend.

Diese Binde darf nicht direkt auf die Haut gewickelt werden, sondern nur auf einen angelegten Baumwollstrumpf.

Bindensysteme

Hersteller bieten fertige Mehrlagensysteme, die Kompressions- Fixier- und Polsterbinden enthalten. Für das Anlegen einer solchen Kompression ist es nicht nötig, Kenntnisse über umfangreiche Wickeltechniken zu beherrschen.

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Diese Bindensysteme weisen Zahlen für die richtige Reihenfolge auf und Symbole (Smileys oder Kreise) für den richtigen Zug. Sie kommen bei uns nicht zum Einsatz, da sie viel zu teuer sind.

Kompressionsstrümpfe

Es gibt zwei Arten von Kompressionsstrümpfen, die sich durch die Strickart unterscheiden. Flachgestrickte Kompressionsstrümpfe mit Naht sowie ein- und doppelflächig rundgestrickte nahtlose Strümpfe.

Risiken

Unpassende Kompressionsstrümpfe oder unsachgemäße Wickelungen können Hautschädigungen hervorrufen, die von Schnürfurchen, Blasen über Druckstellen bis hin zu Nekrosen führen. Zudem können sich Nervenschädigungen oder tiefe Beinvenenthrombosen entwickeln

Kontraindikationen

Einige Krankheitsbilder erfordern eine Anpassung der Kompressionstherapie, eine eingeschränkte Anwendung oder schließen sie gar aus.

Durchblutungssituation

Am Beginn der Kompressionstherapie steht die Klärung der Durchblutungssituation. Von der Art und dem Umfang einer möglichen arteriellen Störung hängt ab, ob und in welchem Umfang eine Kompression indiziert ist, denn diese kann eine bestehende Mangelversorgung des Gewebes verstärken.

Kompression erhöht durch die Beschleunigung des Blutkreislaufs, insbesondere des herzwärtigen Rückflusses, die Belastung des Herzens. Eine bereits bestehende dekompensierte Rechtsherzinsuffizienz gilt daher als Ausschlusskriterium für die Anlage einer Kompression.

Desgleichen der Myokardinfarkt oder Lungenödeme.

Neurologische Defizite

Neuropathie mindert das Schmerzempfinden, daher ist bei der Kompressionstherapie bei Patienten mit einem solchen Krankheitsbild von Ärzten und Pflegenden besondere Aufmerksamkeit gefordert.

Idealerweise erzeugt ein Kompressionsverband keine Schnürfurchen und Druckstellen. Sollte sich aber unter einem Kompressionsverband doch eine unverhältnismäßige Einschnürung entwickeln, nehmen Patienten mit einer - beispielsweise durch Diabetes ausgelösten - Neuropathie, die Warnsignale, welche der Körper sendet, nicht wahr. Dies erfordert dann engmaschige Kontrollen.

Weitere Risikofaktoren

Weitere Risikofaktoren oder Kontraindikationen der Kompressionstherapie sind: Erysipel, nässende Dermatosen, septische Phlebitis, schwere Sensibilitätsstörungen, Unverträglichkeit gegenüber dem Material.

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Kompressionsklassen

Bei Kompressionsstrümpfen definiert der durch sie gewährleistete Druck die so genannte Kompressionsklasse: Solche Strümpfe gibt es sowohl als Konfektionsware als auch nach Maß angefertigt.

Kompressionsklasse I – Der geringste Anlagedruck von 18 bis 21 mmHg dient zur Prophylaxe von Thrombosen, zur Beseitigung von Schweregefühl oder Müdigkeit in den Beinen und kommt zum Einsatz bei minderer Varikosis mit geringem Ödemrisiko oder beginnender Schwangerschaftsvarikosis

Kompressionsklasse II – Die mittlere Kompression entwickelt einen Druck zwischen 23 und 32 mmHg, bei ausgeprägter Schwangerschaftsvarikosis, nach Varizenstripping, bei Anschwellung der Beine nach Abheilung kleinerer Ulcerationen und als Rezidivprophylaxe abgeheilter Ulcera

Kompressionsklasse III – Die kräftige Kompression verursacht einen Druck von 34 bis 46 mmHg, bei Thrombose, Folgezuständen der postthrombotischen venösen Insuffizienz, ausgeprägtem Ödemrisiko und Dermatoliposklerose sowie einem floriden Ulcus cruris venosum

Kompressionsklasse IV – Die sehr kräftige Kompression beschreibt einen Druck über 49 mmHg bei Lymphödemen oder Elephantiasis.

Der Druck, welcher durch Kompressionsstrümpfe erzeugt wird, addiert sich beim Übereinanderziehen auf.[16] Patienten, die Schwierigkeiten beim Anlegen von Strümpfen der höheren Kompressionsklassen haben, wird daher empfohlen, niedrigklassigere Modelle übereinanderzuziehen. Zwei übereinander angelegte Kompressionsstrümpfe der Klasse II erzeugen einen Kompressionsdruck, welcher der Kompressionsklasse IV entspricht.

Frakturlehre # Dieses Zeichen steht in der medizinischen Terminologie für Fraktur. Frakturzeichen Es gibt sichere und unsichere Frakturzeichen. Sichere Frakturzeichen: Fehlstellung, abnorme Beweglichkeit, Krepitation oder eine offene Fraktur Unsichere Frakturzeichen: Dolor, Calor, Rubor oder Functio laesa

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Kindliche Frakturen und deren Häufigkeit Kindliche Frakturen nennt man Grünholzfrakturen. Der Periostschlauch ist so elastisch, dass der Knochen zwar eine Fraktur aufweist, jedoch vom Periost noch überdeckt ist. Solche Frakturen dislozieren bei intaktem Periostschlauch nicht. Unterarm #: 45% Häufigkeit Supracondyläre Oberarm #: 20% Häufigkeit Unterschenkel#: 20% Häufigkeit Epiphysenfugen sind für das Längenwachstum zuständig, das Periost für das Dickenwachstum der Knochen. Häufigste Fraktur beim Erwachsenen Die häufigste Fraktur beim Erwachsenen ist die distale Radiusfraktur loco typico. Es ist eine Extensionsfraktur, wobei der Radius immer dorsal abgekippt ist. Sie wird auch Collesfraktur genannt. Seltener ist die distale Radiusfraktur als Flexionsfraktur Komplikationslose Frakturheilung Grünholzfrakturen heilen komplikationslos aus. Alle anderen Frakturen heilen nur komplikationslos aus, wenn man sie mit einer Verbundosteosynthese versorgt (Platten, Schrauben, etc.). Durch die Verbundosteosynthese stehen die Bruchfragmente optimal adaptiert aufeinander. Dadurch gibt es eine gute Ruhigstellung und die Durchblutungsverhältnisse sind optimal. Es gibt keine Kallusbildung!!!

Was ist Kallus? Kallus ist eine sekundäre Wundheilung. Durch Umbildung des Frakturhämatoms entsteht zum Schluss eine kalkartig harte Substanz um den Frakturspalt oder eine Trümmerzone herum. Kallus hängt dem Röntgen nach, denn er wird erst gegen Abschluss des Hämatomumbaus röntgendicht.

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Ziele der Frakturbehandlung Eine Frakturbehandlung hat immer zum Ziel, dass die Funktion, Kraft und Form der Knochen oder Gelenke wiederhergestellt wird. Dies kann man operativ oder konservativ durch Gipsverbände erzielen. Heutzutage wird der kosmetische Aspekt auch immer wichtiger und man versucht durch minimalinvasive Techniken Narbenbildung zu verhindern und durch Verbundosteosynthesen eine schnelle, komplikationslose Frakturheilung zu erzielen. Unterteilung der Frakturen Die Unterteilung erfolgt nach Tscherne& Oestern in 4 Schweregrade. Dabei spielt die Weichteilverletzung, Beteiligung von Nerven-, Sehnen und Gefäßen eine Rolle und ob die Fraktur offen oder geschlossen ist. Die 4.gradige Fraktur ist die schwerste Form einer Fraktur und ist eine subtotale offene Amputationsfraktur.

Gipsverbandlehre Grundsätzlich gilt für die Notaufnahme des Kreiskrankenhaus Emmendingen: Auszubildende im Pflegeberuf dürfen eigenständig keine Gipsverbände anlegen, da umfassendes Fachwissen erforderlich ist. Eine Assistenz beim Gipsen durch Auszubildende ist jedoch erwünscht und es darf fleißig gefragt werden. Die Durchführungsverantwortung für Gipsverbände hat derjenige, der sie anlegt. Die Endverantwortung liegt beim Arzt, unabhängig davon, ob dies Sinn macht oder nicht… Im Medizinstudium ist Gipsverbandlehre kein Lerninhalt, lediglich in einer späteren Facharztweiterbildung. Als einzige Fachweiterbildung in der Pflege zur Gips- und Stützverbandtechnik gibt es in Deutschland den DvG-eV (Deutscher Verband der Gipspfleger e.V.). Die Prüfung zum Gips- und Stützverbandtechniker in der Gesundheitswirtschaft endet mit einem Diplom, dem eine praktische, mündliche und schriftliche Prüfung vorangeht. Dieser Verband führt jährlich Kongresse durch, bei denen die Mitglieder über den neuesten Stand der Gips- und Verbandtechnik auf dem Laufenden gehalten werden. Zudem gibt es von Medizinproduktefirmen Symposien und regelmäßige Weiterbildungen. Was muss ich wissen, wenn ich einen Gips anlegen möchte? Basiswissen ist Voraussetzung für professionelles Gipsen, die Erfahrung im Umgang mit Gipsen und das praktische Üben unerlässlich für komplikationslose konservative oder OP- vorbereitende Frakturbehandlung. Es gibt 2 Arten von Gipsen. Der klassische Gips ist mineralischer Weissgips als Naturprodukt.

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Die 2 Art von Gipsen sind Synthetikgipse aus Polyester, Polypropylen oder Fiberglas. Bei Synthetikgipsen ist immer Kunstharz der Trägerstoff. Synthetikgipse sind viel härter und härten sehr schnell zur Endhärte aus. Sie verzeihen keine Fehler, da das Material ausgehärtet nicht mehr nachgibt. Beim Aushärten besteht die Gefahr, dass man durch das Halten der Fraktur Dellen und Druckstellen setzt, was schnell zu Schmerzen, Sensibilitätsstörungen und Hautdefekten führt. Manchmal sind Dellen gewünscht, um die reponierte Fraktur adäquat zu halten, dabei ist aber auf ausreichende Polsterung unter dem Gipsverband zu achten. Für die Frakturerstversorgung nehmen wir meistens den günstigen Weissgips, der aus 8 Lagen besteht. Für beide Gipsarten gilt: Wasser und Luft härten die Gipse aus. Je höher die Temperatur oder die Luftfeuchtigkeit, desto schneller härten die Gipse aus. Hohe Wassertemperatur (> 50 Grad) führt zu thermischen Schäden der Haut!!! Zu beachten ist, dass alle Gipsarten beim Aushärten Hitze entwickeln, zum Teil bis 60 Grad, die nur durch Polsterung aufgefangen werden kann!!! Ein Synthetikgips erreicht seine Endhärte nach etwa 10 Minuten und mineralischer Weissgips nach ca. 48 Stunden!!! Zur Erstversorgung von Frakturen dürfen wegen der posttraumatischen Schwellneigung nie zirkuläre Gipse angelegt werden, nur Gipsschienen oder gespaltene Gipse, so dass sich die betroffene Extremität unter dem Gipsverband noch „ausdehnen“ kann. Zirkulieren darf man einen Gips frühestens nach 10- 14 Tagen. Zur Schienenversorgung haben wir Kunstharzfieberglassysteme als Bahn und wir arbeiten mit Fieberglascastbinden. Weissgips ist in allen gängigen Größen bei uns vorrätig und wird am häufigsten zur kostengünstigen Frakturerstbehandlung von Patienten, die eine hohe Compliance haben, eingesetzt. Zubereitung von Weissgips: Bei Weissgipsen gilt, dass sie die beste Wahl zur Erstversorgung von Frakturen sind. Grundregeln für die Verwendung von Weissgips:

- 20 Grad Wassertemperatur - Kurze Eintauchzeit, damit der Gips nicht ausgewaschen wird - Verarbeitungszeit max. 5 Minuten - 48 Stunden Dauer bis Endhärte - 12 Lagen sind ausreichend, um eine Fraktur stabil zu halten

Vorbereitung für Gipsverband: Der „Unterbau“ ist immer gleich (außer bei Dynacast prelude, da ist kein Unterbau notwendig):

- TG- Strumpf direkt auf der Haut, wegen Webfehler bitte umdrehen - Synthetikpolsterwatte - Kreppapier - Weiss- oder Kunsstoffgips - Nasse Mullbinden - Ideal- oder Mollelastbinden

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Wir verwenden Synthetikwatte, da sie weniger Wasser speichert als Baumwoll- oder Zellwatte. Kreppapier verhindert, dass Wasser oder Gipsschlamm durchdringt und Mazerationen oder Hautdefekte macht. Alternativ gibt es zu diesem Unterbau ein Synthetikprodukt (Delta dry), von dem 2 Lagen ausreichend sind, damit geduscht und geschwommen werden kann. Generell dürfen Gipse während der Frakturbehandlung ansonsten nicht nass werden (durch Duschen etc.), da dies zu schweren Hautdefekten führen kann. Der Unterbau verhindert zwar schwitzen, kann aber nicht noch zusätzlich Wasser von außen aufnehmen. Besonderheit von Synthetikgipsen: Auf die unterschiedlichen Materialien und die enorme Belastbarkeit und Härte wurde schon eingegangen. Fieberglasgipse erzeugen beim Sägen Sägestaub, der in die Atemwege gelangen kann und Atemwegserkrankungen verursacht. Bitte Staubmaske oder OP- Maske tragen!!! Fieberglasgipse zeigen sich im Röntgen als Gitterstruktur und können Frakturen dann „verstecken“. Polyester- oder Polypropylengipse machen dies nicht. Es gibt noch Softcastsynthetikgipse aus Polyester oder Polypropylen. Sie bleiben nach Anlage beweglich und können ausgezogen werden. Man nimmt sie nicht zur stabilen Frakturbehandlung, sondern in Kombination mit Hardcast und Klettverschlüssen immer dann, wenn der Gipsverband ausgezogen werden darf (Skidaumen, Sehnenscheidenentzündung etc…). Aufklärung des Patienten nach Anlegen eines Gipsverbandes:

- in Bezug auf Komplikationen: DMS- Problematik, Schmerzen… - in Bezug auf Verhalten: Duschen, Halten und Lagerung, Belastung… - in Bezug auf Gipskontrolle: am nächsten Tag bei Arzt oder Pflege vorgesehen

Was ist bei oder nach der Anlage eines Gipsverbandes grundsätzlich zu beachten?

- Wahl des richtigen Materials oder Unterbaus unentbehrlich - Umgehende Reposition weitgehend schmerzfrei durch Lokalanästhesie notwendig (durch

Aushängen und Reposition unter Bildwandlerkontrolle) - Stellungsänderungen in der Aushärtungsphase verursachen Druckstellen, Falten oder

Gipsbruch - Unerwünschte Belastung der Fraktur durch den Patienten verhindert die Frakturheilung und

führt zu Gipsbruch (bei Weissgips) und ist damit unwirksam - falsche Anwendung der Materialien führt immer zu Komplikationen - i.d.R. bei Ruhigstellung der unteren Extremität Thrombosegefahr bei Jugendlichen Und

Erwachsenen stark erhöht (Antiembolieprophylaxe notwendig) - niemals zirkuläre Gipsverbände zur Erstversorgung (wegen Schwellneigung), nur Gipsschienen

oder gespaltene Gipse Gelenkstellungen bei Anlage eines Gipses zur Frakturbehandlung: Auf die komplikationslose Frakturheilung (durch Verbundosteosynthese und nicht durch Kallusbildung) ist schon eingegangen worden. Um Frakturen in Gipsen an- oder ausbehandeln zu können, bedarf des einer Gipsanlage in speziellen Gelenkstellungen, um Problemen (z.B. M. Sudeck) vorzubeugen. Die Funktionsstellung ist die Stellung, die eine Extremität in Ruhe einnimmt.

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Gelenkstellungen und Ausnahmen zur Frakturbehandlung:

- Handgelenk in 20-30 Grad Dorsalextension - Ellenbogen# in 45-90 Grad Flexion, supracondyläre # immer Maximalflexion - Ellenbogenluxation in 45- 60 Grad Extension - Knie# in 10-20 Grad Extension - Patellaquerfraktur maximal gesteckt - Hand# in Intrinsic Plus Stellung (wird in Ambulanz gezeigt) - Scaphoid# radial adduziert in Funktionsstellung - Strecksehnenruptur Finger in Extension, nicht Intrinsic Plus - Beugesehnenruptur über Kleinertgips (wird in Ambulanz gezeigt)

Die Frakturkrankheit- Morbus Sudeck (CPRS) Morbus Sudeck, auch CPRS (Complex Regional Pain Syndrom) oder Frakturkrankheit genannt, ist eine häufig auftredende Erkrankung der Gliedmaßen nach abgeschlossener Frakturheilung. Warum es zu dieser Krankheit kommt, ist bislang noch nicht klar, lediglich, dass sie Patienten lange einschränkt. Es sind starke, länger anhaltende Schmerzen an zumeist Händen oder Füßen und gehen einher mit einer Bewegungs- und Funktionseinschränkung der betroffenen Gliedmaßen. Klinisches Bild:

- Schwellung - Salbenhaut - Temperaturunterschied (kälter) - Schmerz - Vermehrte Schweissproduktion - Tremor - Sensibilitätseinschränkungen - Motorische Einschränkungen

Im Röntgen fallen „fleckige Entkalkungen“ des Knochens auf. Im Endstadium kann die Erkrankung zum Funktionsverlust der Gliedmaße führen, da es zu einer Gelenkversteifung und Schrumpfung der Haut, Sehnen und Muskeln führen kann. Kuriosität: Morbus Sudeck kann auf die gesunde Extremität überspringen, d.h. nicht die ehemals betroffene Frakturseite bereitet Probleme, sondern die ehemals gesunde Extremität…

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Das Kompartementsyndrom Ein Kompartementsyndrom kann durch ein Trauma (Pressschlag oder Fraktur) auftreten oder aber auch durch Ermüdung (z.B. Marathonlauf). Es kann sich bis 6 Tage nach dem Ereignis noch manifestieren. Ein Kompartement kommt häufig am Unterschenkel vor. Durch die Muskelfaszie kann Flüssigkeit (i.d.R. Blut) nicht nach außen hin abfließen und es kommt zu einer massiven Erhöhung des Innendruckes mit allen nachfolgend beschrieben Symptomen. Symptome:

- Therapieresistente Schmerzen - Glänzende pralle Haut - Großzehenheberschwäche - Sensibilitätsverlust zwischen 1. und 2. Zehe

Diagnostik Die Diagnostik erfolgt über Umfangmessung und/ oder einer intramuskulären Druckmessung mittels einer Kompartementsonde. Operativ intervenieren muss man dann, wenn die Schmerzen therapieresistent sind. Therapie: Die klassische Therapie ist die Kompartementspaltung und Ausräumung des Hämatoms. Der Heilungsverlauf postoperativ birgt viele Gefahren und ist langwierig.

Spezielle Frakturen

Frakturen der oberen Extremität Distale Radiusfraktur Die distale Radiusfraktur ist die häufigste Fraktur beim Erwachsenen. Es handelt sich meist um eine Extensionsfraktur (Typ Colles), da der Patient sich beim Sturz versucht abzufangen.

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Die distale Extensionsfraktur ist zumeist dorsal abgekippt. Erstversorgt wird eine Radiusfraktur mit einer dorsovolaren Gipsschiene. Bei starker Dislokation wird operativ mittels Plattenosteosynthese interveniert. Es gibt noch eine Flexionsfraktur am Handgelenk. Bei dieser fiel der Patient so, dass beide Handgelenke nach innen gebeugt waren und er hat sich nicht versucht abzufangen. Oft kommt es bei der Radiusfraktur zu einem Ulnavorschub. Das bedeutet, dass sich durch die Zerreisung der radialen/ ulnaren Bandstruktur (Membrana intereossea) der Radius verkürzt und die Ulna sich über den Radius schiebt. (Galeazzifraktur). Die Galleazzifraktur entsteht durch Gewalteinwirkung auf den auswärts gedrehten Unterarm. Bei der Monteggiafraktur handelt es sich um eine Fraktur im proximalen Drittel der Ulna in Kombination mit einer Subluxation des Radiusköpfchens. Es zerreißt das Ligamentum anulare zwischen Radius und Ulna (proximales Drittel). Sie wird auch als Parierverletzung bezeichnet und passiert auch durch den Sturz auf den gebeugten und pronierten Unterarm. Proximale Radiusfraktur Bei der proximalen Radiusfraktur unterscheidet man in eine dislozierte oder nicht dislozierte Fraktur des Radiusköpfchens oder des Radiushalses. Eine Unterteilung der Fraktur erfolgt nach Nelson (1-4) und gibt wieder, wie schwer die Fraktur ist und ob es sich um Trümmerfrakturen mit mehreren Bruchstücken handelt.

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Traumata des Ellenbogens a.) Olekranonfraktur Bei einer Olekranonfraktur liegt ein Bruch des Olecranon vor, des ellenbogenseitigen Endes der Ulna. Hier befindet sich auch das Gelenk des Ellenbogens, das zusammengesetzt ist aus den beiden Unterarmknochen und dem unteren Teil des Oberarmknochens. Dem Olekranon wird durch die Sehne des Trizepsmuskels die Kraft der Arm-Streck-Muskulatur übertragen.

Die Symptome des Ellenbogenbruchs treten unmittelbar nach dem sie verursachenden Trauma auf und sind starke Schmerzen, ein Bluterguss mit starker Schwellung des gesamten Gelenks und die Blauverfärbung der Haut um diesen Bluterguss. Die selbstständige Bewegung des Ellenbogens ist dem Betroffenen unmöglich. In manchen Fällen kann das abgebrochene oder angebrochene Knochenstück getastet werden, wenn es durch die Trizepssehne nach oben gezogen wird.

Die Olekranonfraktur wird überstreckt, in 60 Gradstellung eingegips. Eine OP erfolgt immer mittels Draht- Cerclage, Spickdrahtosteosynthese und/ oder Schrauben. b.) Chassaignac- Fraktur (Subluxation des Radiusköpfchens)

Eine Radiusköpfchen-Subluxation (auch Chassaignac-Lähmung oder Fraktur) ist eine bei Kleinkindern bis höchstens fünf Jahren häufig vorkommende Pronationsblockade, die oft auch als Teilausrenkung (Subluxation) des Speichenköpfchens bezeichnet wird.

Sie entsteht durch starken, unvorbereiteten und plötzlichen Zug am voll gestreckten und pronierten (innengedrehten) Unterarm bzw. Hand. Die häufigste Situation ist, das schreiende, sich wehrende Kind an der Hand vom Boden hoch zu ziehen. Es kann aber auch ausgelöst werden, wenn sich das Kind mit einer oder beiden Händen festhält und es kräftig weggezogen wird, oder es an beiden Händen gehalten schnell im Kreis gedreht wird. Ebenso wurde es beim Judo beschrieben, selten durch direkte Traumen.

Die genaue Ursache ist nicht bekannt, allgemein wird vermutet, dass dabei das Speichenköpfchen teilweise nach vorn und distal aus seinem haltenden Ringband (Ligamentum anulare radii) hervor rutscht, und dass es dann bei Nachlassen des Zuges zwischen dem Radiusköpfchen und dem Capitulum humeri eingeklemmt wird.

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Das Ereignis selbst ist stark schmerzhaft, anschließend bestehen in der Regel nur geringe oder keine Schmerzen mehr, wenn nicht am Arm bewegt oder gezogen wird. Das Kind hält den Unterarm in Schonhaltung in Einwärtsdrehung (Pronation) und leichter Beugung, so dass der Arm wie gelähmt wirkt (Pseudoparese), daher auch der Name Chassaignac-Lähmung. Gelegentlich kann bei der Subluxation ein Klicken gehört oder gespürt werden.

Die Radiusköpfchen-Subluxation ist eine der häufigsten Verletzungen bei Kindern unter 4 Jahren. Sie tritt meist bei Kindern zwischen 1 und 4 Jahren auf, bei Kindern über 5 Jahren existiert sie praktisch nicht mehr. Dies wird damit erklärt, dass das Ringband (Lig. anulare) kräftiger ist und distal fester am Radiushals verankert ist. Das Lig. anulare radii sorgt dafür, dass die Bewegung im Humerus-Radius-Gelenk (eig. ein Kugelgelenk) eingeschränkt wird (indem es Ulna und Radius stark aneinander bindet).

Die Therapie ist konservativ, eine Ruhigstellung ist in der Regel nicht indiziert. Sie erfolgt durch ruckartiges Ziehen des flektierten Unterarmes, der in Suppinationsstellung gebracht wird.

Die kindliche Ellenbogenluxation heilt oftmals komplikationslos aus. Bei Erwachsenen zerreist zumeist das radiale und ulnare Seitenband des Ellenbogens und oftmals kommt es auch zu einer Teilruptur der Trizepssehne. Dadurch ist eine Rezidivrate erhöht, ggf. müssen die Schäden operativ angegangen werden. Eine einwöchige Ruhigstellung mittels Gilchristverband oder Oberarmgipsschiene ist oftmals indiziert, bis dann mit physiotherapeutischen Maßnahmen begonnen werden kann. Traumata des Humerus Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass die Schulter das beweglichste Gelenk (3 FHG) des menschlichen Körpers ist und von insgesamt 4 Gelenken gebildet wird, die durch die Rotatorenmanschette an Stabilität gewinnen:

Glenohumeralgelenk Sternoclaviculagelenk

Acromion Subacromialgelenk

Ferner kommen aus dem Plexus brachialis 3 wichtige Nerven, die die obere Extremität versorgen:

N. ulnaris N. medianus

N.radialis

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Somit ist es verständlich, dass bei Traumata der oberen Extremität oft nervale Problematiken nicht selten vorkommen. Bei distalen Humerusfrakturen unterscheidet man in metaphysäre, supracondyläre oder perkondyläre Bruchformen. Die allermeisten distalen Humerusfrakturen verlangen nach einer operativen sanierung. Dabei ist höchste Vorsicht durch den spiralförmig verlaufenden N. radialis geboten. Suprakondyläre Frakturen Bei suprakondylären Humerusfrakturen ist die knorpelbezogene Gelenkrolle intakt, vom unteren Schaftende aber abgebrochen. Bei Erwachsenen finden sich meistens kortikale Bruchfragmente, so dass Kirschner-Drähte keine hinlängliche Sicherung des Bruchs gewährleisten. Deshalb sind Osteosynthesen mit Platten auf beiden Seiten sinnvoll. Einseitige Plattenversorgungen sind mit winkelstabilen Platten ausnahmsweise möglich, wenn wenigstens zwei Schrauben im Epikondylus untergebracht werden können. Perkondyläre Frakturen Bei Erwachsenen bedeuten perkondyläre Frakturen, dass die Trochlea humeri mit den Epikondylen nicht nur vom Schaft getrennt, sondern auch in sich, in zwei oder mehr Teile, gebrochen ist. Die operative Versorgung ist aufwändig: Der Nervus ulnaris muss freigelegt, das Olecranon durchsägt und mit dem Musculus triceps brachii hochgeklappt werden. Wie ein dreidimensionales Puzzle wird die Kondylenrolle rekonstruiert und mit Kirschner-Drähten und Kleinfragment-Lochschrauben zusammengehalten. Mit Drittelrohr- oder Rekonstruktionsplatten an beiden Seiten wird die (übungsstabile) Verbindung zum Schaft wiederhergestellt. Gut geeignet, aber teuer sind anatomisch vorgeformte winkelstabile Platten. Das Olecranon wird mit einer Zuggurtung refixiert. Kindliche Frakturen Suprakondyläre Frakturen werden nach Gartland klassifiziert als: Typ I undisloziert Typ II Teilabkippung mit erhaltener dorsaler Kortikalis Typ III vollständige Dislokation ohne Kortikaliskontakt Therapie: Die Behandlung erfolgt bei Gartland Typ I und II ohne Rotationsfehler konservativ durch Oberarmgips. Bei allen anderen Typen operativ in Form einer geschlossenen Reposition und die Fixation mit zwei gekreuzten Kirschner-Drähten unter Bildwandler-Kontrolle. Bei den perkondylären Frakturen ist ein Epikondylus (meistens der speichenseitige) abgebrochen. Zur Fixierung genügen zwei dünne Kirschner-Drähte.

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Humeruskopffrakturen (proximale Humerusfrakturen) Therapie: Ein Problem von Brüchen im Schulterbereich stellt das rasche Einsteifen der Schulter dar. Daher sollte bei einer Humeruskopffraktur eine längere Ruhigstellung im Gips oder Verband unterbleiben. Humeruskopffraktur mit Tuberculum majus Abrissfraktur Bei der Humeruskopffraktur mit Tuberculum majus Abriss kommt es zum Absprengen des großen Knochenvorsprunges, an dem die Rotatorenmanschette angewachsen ist. Der Unfallmechanismus ist meist ein direktes Anpralltrauma oder eine Ausrenkung (Luxation) der Schulter. Dabei bleibt dann typischerweise der abgesprengte Teil des Tuberculum stehen. Nach der Wiedereinrenkung der Schulter legt sich der Knochen entweder gut an seine ursprüngliche Stelle an, oder er befindet sich weiter in Fehlstellung. Im letzteren Fall muss dann das Knochenfragment mittels einer kleinen Operation wieder an seinen ursprünglichen Platz gebracht und mittels Schrauben oder starken Fäden so lange fixiert werden, bis dieses wieder angeheilt ist. Die Nachbehandlung sieht für diese Phase von 6 Wochen, die der Knochen zum Anheilen braucht, geführte Bewegungen ohne eigene Kraftentwicklung vor. Dann kann eine Abschlussröntgenkontrolle den Erfolg des Einheilens dokumentieren und mit aktivem Muskel- und Bewegungsaufbau begonnen werden. Subkapitale Humeruskopffraktur Unter einer subkapitalen Humeruskopffraktur versteht man einen Bruch, der durch die komplette Zirkumferenz (Umfang) des Oberarmkopfes läuft. Die roten Linien in der Grafik verdeutlichen die unterschiedlichen Bruchlinien, die durch den Oberarmkopf laufen können.

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Die Behandlung dieser im allgemeinen Sprachgebrauch meist nur als Humeruskopffraktur (Oberarmkopfbruch) bezeichneten Verletzungen richtet sich nach dem Ausmaß der Verschiebung der Knochenfragmente. Sind die Knochenfragmente nur gering verschoben, kann die Therapie ohne Operation erfolgen, und zwar durch Ruhigstellung im Gilchrist-Verband für 3 Wochen und Krankengymnastik mit geführten Bewegungen aus dem Verband heraus für 6 Wochen. Diese Therapie wird auch „konservativ“ genannt, weil keine Operation erfolgt. Wichtig ist dabei, dass man den Heilungsverlauf in regelmäßigen Abständen mittels Röntgenbild kontrolliert, weil sich manchmal die Brüche während dieses Verlaufs verschieben. Dies ist im folgenden Beispiel gezeigt: Humeruskopf-Trümmerfraktur Manchmal ist der Oberarmkopf so zertrümmert, dass die Durchblutung der einzelnen Knochenstücke zerstört ist. Dann kann der Knochen nicht mehr heilen und muss durch ein künstliches Gelenk ersetzt werden.

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Die Entscheidung, ob der Oberarmkopf nach einer Humeruskopf-Trümmerfraktur noch gerettet werden kann oder durch ein künstliches Gelenk ersetzt werden muss, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Die Entscheidung steht und fällt mit der Frage, wie die Versorgung der Knochenfragmente mit Blut erfolgen kann, da dies die Grundlage der Knochenheilung ist. Ohne Blut erfolgt keine Heilung. Somit wird die Entscheidung ganz wesentlich von allen Faktoren beeinflusst, welche die Durchblutung betreffen. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist der Grad der Osteoporose. Dieser Knochenschwund führt dazu, dass der Knochen im Inneren dünner wird und weniger Last tragen kann. Somit ist die Verankerung von Schrauben in stark osteoporotischem Knochen auch erheblich erschwert. Somit ergibt sich die Entscheidung, ob der Oberarmkopf erhalten werden kann oder ersetzt werden muss aus folgenden Faktoren: Ganz wesentlich ist das Alter des Patienten, da der Grad der Osteoporose davon stark beeinflusst ist. Darüber hinaus spielt aber auch dessen genereller Gesundheitszustand eine Rolle. Starke Raucher haben schon von vorneherein eine schlechtere Durchblutung- Aber auch chronische Krankheiten wie Dialyse, Kortison-Therapie und Diabetes verschlechtern den Blutfluss. Bei sorgfältiger Abwägung kann man bei jungen, gesunden und sportlichen Patienten die Rekonstruktion versuchen, obwohl bei dieser ein höheres Risiko besteht, dass sie nicht funktioniert und dann doch eine Prothese eingesetzt werden kann. Wenn diese jungen und sportlich aktiven Patienten bereit sind, dieses Risiko mitzutragen, kann man die Rekonstruktion versuchen, wie das nächste Beispiel zeigt: Die Operationstechnik bei Humeruskopffrakturen (Oberarmkopfbrüchen) hat sich in den letzten Jahren durch neue sogenannte winkelstabile Implantate revolutionär verbessert. Dadurch ist man heute in der Lage, auch schwerste Brüche wieder zu rekonstruieren und ohne künstliches Gelenk zu versorgen. Entscheidend ist dabei die Erfahrung des Operateurs. Die Schulterluxation Die Schulter ist das beweglichste Gelenk des menschlichen Körpers. Dieses hohe Maß an Beweglichkeit bedeutet aber andererseits, dass eine im Vergleich zu anderen Gelenken hohe Gefahr der Luxation besteht. Hierbei springt der Oberarmkopf aus der Gelenkpfanne. Daraus resultieren meist weitere Verletzungen: Einrisse an der Gelenkkapsel und den Stabilisierungsbändern sind oft die Folge. Aber auch Knorpel-, Knochen- und Nervenverletzungen können auftreten. Insbesondere reißt aber häufig die für die Stablilität äußerst wichtige Gelenklippe (Labrum glenoidale) ab.

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Diagnostik: Die Diagnose Schulterluxation ergibt sich recht eindeutig anhand der klinischen Untersuchung und einer Röntgenkontrolle. Ist die Diagnose gestellt, muss das Schultergelenk umgehend möglichst sanft wieder eingerenkt werden. Wichtig ist aber, dass dann analysiert wird, wie es zur Luxation der Schulter gekommen ist. Um einen Aufschluss darüber zu erhalten, welche Strukturen in welchen Umfang möglicherweise verletzt worden sind, sollte zeitnah eine Kernspin Untersuchung (MRT) der Schulter durchgeführt werden. Bei erstmaliger Luxation muss fast immer per Narkose relaxiert werden, da der Muskel- und Sehenzug so groß ist, dass der Humeruskopf nicht repositioniert werden kann. Bei mehrmaligen Luxationen sind die Strukturen der Rotationsmanschette oft „ausgeleiert“ und eine Reposition ist einfacher möglich. Zwingend ist vor Reposition ein Röntgenbild notwendig, um zu erkennen, ob ein Tuberculum majus Abriss bereits vor Reposition stattgefunden hat oder eben durch die Repositionierung. Habituelle Schulterluxation Neben der unfallbedingten, also z.B. im Rahmen einer Sportverletzung, auftretende Schulterluxation besteht bei manchen Menschen eine anlagebedingte Schulterinstabilität. Diese Menschen haben meist ein sehr weiches Bindegewebe und schwache Bänder. So kann es schon bei minimaler Inanspruchnahme oder alltäglichen Bewegungen zum Ausrenken der Schulter kommen. Diese Form der Schulterinstabilität nennt der Fachmann "habituelle Schulterluxation". Ein Patient mit habitueller Schulterluxation, d.h. einer Luxation durch eine anlagebedingte Kapsel-Bandschwäche ggf. in Kombination mit schwacher Schultermuskulatur, sollte zunächst konservativ therapiert werden. Das heißt konkret, dass nach erfolgtem Einrenken, die Schulter für drei Wochen mit einer Bandage ruhig gestellt wird, damit die überdehnte Gelenkkapsel abheilen kann. Danach wird ein intensives Krankengymnastikprogramm zur Kräftigung und Koordinationsschulung der Muskulatur empfohlen. Erst wenn trotz dieser Maßnahme die Schulter nicht stabil bleibt, ist auch hier an eine operative Stabilisierung zu denken. Alter des Patienten und Behandlungsstrategie Die Reluxationsrate, d.h. der Anteil der Patienten, die nach der ersten Schulterluxation eine chronisch instabile Schulter behalten, ist stark abhängig vom Alter des Patienten. Je jünger ein Patient ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass er ohne Operation eine instabile Schulter behält. So liegt bei einem unter Dreißigjährigen die statistische Wahrscheinlichkeit einer Reluxation bei etwa 85%, bei 60- bis 70jährigen lediglich bei 5% ! Fazit: Je jünger und je aktiver ein Patient ist, desto eher muss die Schulter operiert werden. Ältere Patienten können oft erfolgreich durch Ruhigstellung und Muskelaufbau behandelt werden. Operative Behandlung der Schulterluxation Früher wurden diese Operationen mit einem ca. 10 cm langen Hautschnitt und Durchtrennung von wichtigen Sehnen durchgeführt. Heute sind Schulterspezialisten dank der Fortschritte der Arthroskopie in der Lage, die Reparatur am Schultergelenk über drei nur jeweils wenige Millimeter kleine Zugänge durchzuführen. Durch die ins Gelenk eingeführte Mini-Kamera, können die verletzten Strukturen exakt untersucht und ganz gezielt rekonstruiert werden. Wichtigstes Ziel ist es, die abgerissene Gelenklippe (Labrum glenoidale) mittels spezieller Implantate aus Titan oder bioresorbierbaren Materialien wieder an der ursprünglichen Stelle zu befestigen. Gleichzeitig können die gerissenen Bänder, sowie die überdehnte Gelenkkapsel gestrafft werden.

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Wenn der Schaden größer ist, oder die Schulter häufiger luxiert, kann die Ursache auch darin liegen, daß es sich um einen Knochenverlust der kleinen Gelenkfläche (Glenoid) oder den Oberarmkopf (Humeruskopf mit Hill Sachs-Delle) handelt. Dieser Knochenverlust ist mit einer reinen weichteiligen Technik nicht zu beheben. Ein knöcherner Aufbau kann mit dem Rabenschnabelfortsatz (Coracoid) der Schulter erfolgen. Schultereckgelenksprengung (AC- Gelenksprengung) und Claviculafrakturen Die Schultereckgelenksprengung ist meist Folge einer direkten Krafteinwirkung im Rahmen eines Sturzes auf die Schulter. Dabei kommt es zu einer Auseinandersprengung von Schlüsselbein (Clavicula) und Schulterdach (Acromion), die ähnlich wie das obere Sprunggelenk durch Bänder befestigt wird. Diese können entsprechend der Schwere des Unfalls teilweise oder komplett reißen, was aufgrund des Muskelzugs am Schlüsselbein kopfwärts zu einem nach oben abstehenden Schlüsselbein führen kann („Klaviertastenphänomen“) Nach Tossy wird die ACG-Läsion je nach Verletzungsausmaß in drei Grade eingeteilt: Tossy I = kleine Einrisse der Bandstrukturen (nur konservative Behandlung notwendig) Tossy II = größere Einrisse bis Teilrupturen der Bandstrukturen (operative Behandlung optional, aber selten) Tossy III = Komplettruptur der gesamten schulterstabilisierenden Bandstrukturen (operative Behandlung kann bei jüngeren Patienten empfohlen werden, aber auch konservative Behandlung ist möglich). Neuer und genauer ist die Einteilung nach Rockwood: Rockwood I: Zerrung des Kapsel-/Bandapparates. Keine Schultereckgelenkinstabilität (entspricht Tossy I). Rockwood II: Teilzerreißung des Kapsel-/Bandapparates (Ruptur der akromioklavikularen Bänder) mit Teilverrenkung des Schultereckgelenkes (entspricht Tossy II). Rockwood III: Zerreißung des kompletten Kapsel-/Bandapparates (Ruptur der akromioklavikularen Bänder und der korakoklavikularen Bänder) mit vollständiger Verrenkung des Schultereckgelenkes in der Vertikalebene nach kopfwärts sog. Schultereckgelenksprengung (entspricht Tossy III). Rockwood IV: Das seitliche Schlüsselbeinende verrenkt sich in der Horizontalebene. Dabei kann es sich im M. trapezius verhaken. Rockwood V: Extremer Schlüsselbeinhochstand mit ausgedehnter Ablösung der Muskelansätze am seitlichen Schlüsselbeinende. Rockwood VI: Verrenkung des seitlichen Schlüsselbeinendes fußwärts unter das Korakoid.

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Die Diagnose wird klinisch und radiologisch gestellt. Hierzu wird unter anderem eine Panoramaaufnahme mit 10 kg Gewichten (Wasserträgeraufnahme) an beiden Handgelenken durchgeführt. Die überwiegende Mehrzahl der AC-Gelenkssprengungen kann nicht-operativ mit zunächst Ruhigstellung im Gilchristverband und sich dann anschließender krankengymnastischer Beübung erfolgen, weil Studien gezeigt haben, dass die Langzeitergebnisse nach Operation und konservativer Therapie nahezu identisch sind (Tossy 1 und 2 Läsionen). Bei aktiven Patienten mit höhergradigen Verletzungen (Tossy 3, Rockwood 5) kann die Operation Vorteile bringen. Hierbei bieten wir ein arthroskopisches Verfahren mit zeitweiliger Fixierung des AC Gelenkes durch einen Kirschnerdraht an. Am häufigsten tritt eine Claviculafraktur bei Neugeborenen auf durch eine schwierige Geburt und Kindern (etwa die Hälfte aller Claviculafrakturen) und Jugendlichen oder allgemein bei der Ausübung von körperkontaktbetonten Sportarten wie American Football oder Handball auf, zusätzlich bei Sportarten wie Ski-, Snowboardfahren, Radfahren und Reiten. Beim Motorradfahren kann bei einem Sturz das Schlüsselbein vom unteren Helmrand gebrochen werden. Häufig reicht die 3-6 wöchige Behandlung mittels Rucksackverband. Eine operative Sanierung mittels Platten und Schraubenosteosynthese ist dann gegeben, wenn die Gefahr der Durchspießung gegeben i st und/ oder der kosmetische Aspekt im Vordergrund steht. Frakturen der Hand und Finger Zu Frakturen der Mittelhand ist hervorzuheben, dass es 5 Arten gibt:

Schrägfrakturen Trümmerfrakturen

Schaftfrakturen Basisfrakturen Spiralfrakturen

Die häufigste Fraktur ist die Metacarpale 5 Köpfchenfraktur (meist durch Auseinandersetzungen oder gegen eine Wand schlagen). Ein Eingipsen dieser Frakturen erfolgt in Intrinsic- Plus Stellung (wird in der CHAMB gezeigt).

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Daumenfrakturen werden in 3 Arten unterschieden: Benettfraktur: Luxationsfraktur an der Basis des 1. Mittelhandknochens, der bis in das

Daumensattelgelenk zieht Rolandofraktur: Benettfraktur mit Trümmerbruch Wintersteinfraktur: Benettfraktur die nicht in das Daumensattelgelenk zieht Frakturmechanismus ist oft ein Stauchungstrauma auf den adduzierten Daumen. Scaphoidfraktur Die häufigste Fraktur der Handwurzelknochen ist die Scaphoidfraktur. Sie neigt zu Arthrose und die Bruchfragmente müssen wegen der Durchblutung optimal aneinander adaptiert werden. Die Ruhigstellung erfolgt mittels Scapoidgips als Unterarmschiene mit Daumeneinschluss, der bis zum proximalen Interphalangealgenk (PIP) geht. Frakturen der unteren Extremität Zehenfrakturen sind recht häufig und werden in den meisten Fällen nur konservativ mittels Pflasterzügelverband versorgt. Komplexe Arthrodesen am Fuß werden von unserem unfallchirurgischen Chefarzt operiert und können u.U. während des OP- Einsatzes gesehen werden. Am häufigsten beschäftigen uns Traumata des Sprunggelenkes in der Notaufnahme.

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Sprunggelenksfrakturen Definition: Ein Sprunggelenkbruch ist ein Bruch des Innen- und/oder Außenknöchels am Fuß. Hierbei handelt es sich um einen der häufigsten Knochenbrüche, bei dem meist der Außenknöchel betroffen ist. Spricht man vom „Sprunggelenk“, so ist eigentlich die Rede vom „Oberen Sprunggelenk (= OSG)“. Es wird von drei Knochen gebildet: Schienbein (= Tibia), Wadenbein (= Fibula) und Sprungbein (= Talus). Schienbein und Wadenbein bilden eine knöcherne Gabel (= Malleolengabel), die das Sprungbein U-förmig umfasst. Im Oberen Sprunggelenk wird das Heben und Senken des Fußes ermöglicht. Beim Außenknöchel handelt es sich um den Gelenkfortsatz des Wadenbeins, beim Innenknöchel um den des Schienbeins. Für die Stabilität des Sprunggelenks sorgt ein komplexer Bandapparat: Außenbänder, Innenbänder sowie eine vordere und hintere Syndesmose (= eine sehr feste Bandverbindung zwischen Schien- und Wadenbein). Kommt es trotz dieser relativ stabilen Verbindungen zu einem Bruch des Sprunggelenks, so bewirken Kraftübertragungen fast immer auch Verletzungen der Bänder. Zudem sollten beide Unterschenkelknochen stets im gesamten Verlauf bis hin zum Knie auf zusätzliche Knochenbrüche untersucht werden. Denn gelegentlich tritt ein kniegelenksnaher Wadenbeinbruch (= Maisonneuve-Fraktur) als Begleitverletzung auf und darf keinesfalls übersehen werden.

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Eine Sprunggelenksfraktur wird durch die Klassifikation nach Weber aufgrund der Frakturhöhe am Wadenbein (Außenknöchel) in drei verschiedene Formen unterteilt: Weber A: Außenknöchelfraktur unterhalb der Syndesmose (Syndesmose immer intakt) Weber B: Außenknöchelfraktur auf Höhe der Syndesmose (Syndesmose möglicherweise verletzt) Weber C: Außenknöchelfraktur oberhalb der Syndesmose (Syndesmose immer verletzt)

Bei allen drei Weber-Formen kann zusätzlich der Innenknöchel gebrochen oder das Innenband verletzt sein. Dies ist jedoch keine Voraussetzung für die Klassifikation. Bei Vorliegen eines kombinierten Bruchs des Innen- und des Außenknöchels spricht man von einer „bimalleolären Sprunggelenksfraktur“. Wie bei allen Knochenbrüchen unterscheidet man auch bei der Sprunggelenksfraktur einen geschlossenen Knochenbruch (= Haut intakt) von einem offenen Knochenbruch (= offene Wunde). Eine offene Fraktur bedeutet stets ein größeres Risiko für eine Infektion, was die Heilung verzögern kann. Typische Ursachen: Der Sprunggelenkbruch ist eine typische Sportverletzung. Beispielsweise beim Laufen auf unebenem Grund, bei einem abrupten Richtungswechsel oder einem falschen Aufkommen nach einem Sprung kann der Fuß umknicken, was eine Knöchelfraktur bewirken kann. Aber auch ein Sturz aus geringer Höhe kann einen Sprunggelenkbruch auslösen. Sehr viel seltener hingegen ist ein direktes Trauma die Ursache. Symptomatik:

Schmerzen Schwellung Bluterguss

Bewegungseinschränkung Belastungsunfähigkeit

evtl. Instabilität evtl. Fehlstellung

evtl. Gefühlsstörungen im Fuß

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Diagnostik:

Patientengeschichte: typischer Verletzungsmechanismus Körperliche Untersuchung: Lokalisation des Bruchs

Prüfen der Bandstabilitäten Prüfen von Gefäß- und Nervenverletzungen

Röntgen: Sprunggelenk und gesamter Unterschenkel

Röntgenbilder einer Weber-B-Fraktur (links) und einer bimalleolären Sprunggelenkfraktur (rechts). Letzteres bezeichnet den kombinierten Bruch des Innen- (lila Pfeil) und des Außenknöchels (blauer Pfeil): Computertomographie (= CT): bei fraglichen Röntgenbefunden und zur OP-Planung Kernspintomographie (= MRT): Abklärung von Bandverletzungen; Weichteil- und Knorpelbeurteilung Behandlung: Allgemein entscheiden die Art des Knochenbruchs (offen/geschlossen, verschoben/unverschoben) und die Weber-Klassifikation über den Behandlungsweg. Bei einer Sprunggelenkfraktur mit Fehlstellung (= dislozierte Fraktur) sollte die Fehlstellung so früh wie möglich, ggf. noch am Unfallort, durch den Notarzt behoben werden, um Druckschäden der Weichteile (Haut, Nerven, Gefäße) durch die Knochenfragmente zu vermeiden. Konservativ: Verfahren der Wahl bei geschlossenen Weber A– und Weber B- Frakturen mit unverschobenem Bruch und ohne Syndesmose-Verletzung: Unterschenkeschiene bis zur Abschwellung dann Malleolock- Orthese

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Operativ: (mittlere Verweildauer im Krankenhaus: 6,2 Tage) Verfahren der Wahl bei Weber C – Fraktur (immer) Weber A- und Weber B- Frakturen mit verschobenem Bruch (= dislozierte Fraktur) und/oder Syndesmose-Verletzung (bei Weber B) und/oder offenen Brüchen und/oder Gefäß- und/oder Nervenverletzungen Osteosynthese der Knochenbrüche (Innenknöchel: meist Schrauben, Außenknöchel: meist Platte) und Bandnaht der Syndesmose (evtl. auch Schrauben zur Stabilisierung der Syndesmose) Röntgenbild nach Platten- Osteosynthese des Außenknöchels Weiterbehandlung: -Frühe physiotherapeutische Mobilisation, Belastungsaufbau und Gangschulung (Zeitpunkt und Intensität abhängig von Frakturform, Stabilität der Osteosynthese und Knochenqualität) -klinische Kontrollen bis zum Wiedererlangen der vollen Funktion im Sprunggelenk regelmäßige Röntgenkontrollen zur Überprüfung der Stellung und der knöchernen Festigung im Frakturspalt (= knöcherne Konsolidation) -Vollbelastung erst nach 6 Wochen (wenn z.B. Stellschraube entfernt wurde) -sportliche Aktivitäten nach 3 bis 6 Monaten wieder möglich bei Osteosynthese: Entfernung des Implantats nach individuell festgelegtem Zeitpunkt (abhängig von mehreren Faktoren, u. a. Alter des Patienten, Aktivitätsgrad, lokale Beschwerden), aber frühestens nach 12 Monaten

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Mögliche Komplikationen:

chronische Schmerzen Bewegungseinschränkung

Kraftminderung eingeschränkte Belastungsfähigkeit

Achsen-, Längen- oder Rotationsfehlstellung/Deformitäten Einsteifung des Gelenks

Arthrose im Sprunggelenk Nervenschäden (Bewegungs- und/oder Gefühlsstörungen)

Gefäßverletzung (Durchblutungsstörung) Sehnenverletzungen

verzögertes Abkippen der Fraktur, d. h. Verschiebung oder Verdrehung der gebrochenen Knochenanteile nach Behandlungsversuch

verzögerte oder ausbleibende Frakturheilung mit Entstehung eines „Falsch-Gelenks“ (= Pseudarthrose)

Lockerung oder Ausbruch des Implantats Complex Regional Pain Syndrom (CRPS) / M. Sudeck

Die zweithäufigsten Frakturen sind Schenkelhalsfrakturen, die in unserer Notaufnahme aufgenommen werden.

Schenkelhalsfrakturen Definition: Die Schenkelhalsfraktur ist eine Fraktur des Oberschenkelhalses (Collum femoris). violett = mediale subcapitale SHF rot = mediale transzervikale SHF grün = laterale SHF Zwischen beiden Rollhügeln wäre dann eine pertrochantäre Femurfraktur!!! Ätiologie: Eine Schenkelhalsfraktur entsteht durch mechanische Krafteinwirkung (z.B. Drehung, Biegung, Abscherung) auf den Schenkelhals. Die Schenkelhalsfraktur steht häufig in Zusammenhang mit einer Osteoporose und ist daher für ältere Frauen sehr typisch. Männer sind im Gegensatz dazu weniger häufig von Schenkelhalsfrakturen betroffen. Das Frakturrisiko ist insbesondere bei Vorliegen einer Fallneigung (z.B. bei rezidivierenden Synkopen, Alkoholabusus, Sehstörungen, Demenz…) erhöht.

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Klassifikation: Eine Schenkelhalsfraktur kann aufgrund verschiedener Kriterien klassifiziert werden. Für die wissenschaftliche Dokumentation ist die Nutzung der AO-Klassifikation üblich. Einteilung nach Lokalisation: Grundsätzlich kann zwischen medialen und lateralen Schenkelhalsfrakturen unterschieden werden. Die medialen Schenkelhalsfrakturen werden nach Richtung der frakturauslösenden Krafteinwirkung in Adduktionsfrakturen und Abduktionsfrakturen unterteilt. Mediale Schenkelhalsfraktur: Die Fraktur liegt im medialen Anteil des Schenkelhalses. Durch die anatomischen Gegebenheiten bedingt liegen mediale Schenkelhalsfrakturen innerhalb der Gelenkkapsel des Hüftgelenks. Adduktionsfraktur: Der betroffene Femur liegt im Hüftgelenk in Varusstellung, die Frakturfragmente neigen zur Dislokation. (Von einer Varusstellung spricht man, wenn eine Gelenkfehlstellung vorliegt, bei der die Gelenkachse nach lateral geknickt verläuft. Der entsprechende Extremitätenabschnitt krümmt sich konvex von der Medianebene des Körpers weg. Eine Varusstellung im Kniegelenk führt zu so genannten O-Beinen.) Abduktionsfraktur: Der Femur liegt in Valgusstellung, die Frakturfragmente sind in den meisten Fällen ineinander verkeilt und neigen weniger zur Dislokation als bei Adduktionsfrakturen. (Von einer Valgusstellung spricht man, wenn eine Gelenkfehlstellung vorliegt, bei der die Gelenkachse nach medial geknickt verläuft. Der entsprechende Extremitätenabschnitt krümmt sich zur Medianebene des Körpers hin, das heißt er ist von lateral betrachtet konkav gekrümmt. Eine Valgusstellung im Kniegelenk führt zu so genannten X-Beinen.) Valgusstellung Varusstellung

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Laterale Schenkelhalsfraktur: Die Fraktur liegt im lateralen Anteil des Schenkelhalses und liegt außerhalb der Gelenkkapsel. Klinische Einteilung nach Pauwels: Die Pauwels-Klassifikation berücksichtigt die Neigungsverhältnisse der Frakturlinie und unterscheidet je nach Winkel zwischen der Frakturlinie und der Horizontalen drei Schweregrade. Symptomatik In Abhängigkeit von der Art der Fraktur stehen klinisch unterschiedliche Aspekte im Vordergrund. Adduktionsfrakturen zeigen das typische Bild einer Trias bestehend aus:

Fehlstellung des Beines in Außenrotation

Verkürzung des Beines

Schmerzen bei Bewegung(versuch) im Hüftgelenk

Abduktionsfrakturen zeigen im Gegensatz dazu weniger stark ausgeprägte Symptome, da häufig trotz Fraktur eine hohe Reststabilität besteht. Oftmals sind Druckschmerzhaftigkeit und Schmerzen bei Stauchung des Hüftgelenks die einzigen klinischen Anhaltspunkte. Prellmarken und Hämatome über der Frakturstelle können einen wichtigen Hinweis auf Art und Ausmaß des Traumas geben. Diagnose Die Diagnose ist in den meisten Fällen durch eine gezielte Anamnese, körperliche Untersuchung und Röntgenaufnahmen zu stellen.

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Anamnese Die Anamnese sollte in Anbetracht einer möglicherweise notwendigen Operation folgende Punkte gezielt berücksichtigen:

Klärung des genauen Unfallmechanismus vorbestehende Beschwerden/Erkrankungen am Hüftgelenk

Vorerkrankungen wie z.B. Osteoporose Atherosklerose

maligne Neoplasien Erkrankungen von Herz, Leber und Nieren

Einnahme von Medikamenten, insbesondere Gerinnungshemmer (z.B. ASS, Clopidogrel)

Körperliche Untersuchung Eine Verkürzung des Beins, Druck- und Bewegungsschmerz über Hüfte und angrenzenden Gelenken sollten überprüft werden. Im Rahmen der Frakturdiagnostik ist das Tasten der Fußpulse und die Prüfung der Sensibilität und Motorik von Bein und Fuß genau zu überprüfen und zu dokumentieren. Bildgebende Verfahren In jedem Fall benötigte Röntgenaufnahmen sind:

Beckenübersichtsaufnahme Hüftkopf axial

Eine Computertomographie ist erst durchzuführen, wenn die konventionellen Röntgenaufnahmen keine sichere und vollständige Beurteilung erlauben. Eine Einblutung in die Gelenkkapsel und die damit verbundene Spannung der Kapsel kann mit einer Sonographie des Hüftgelenks dargestellt und vor einer evetnuellen Punktion beurteilt werden. Differentialdiagnosen

Prellung Acetabulumfraktur

Beckenfraktur (vorderer Beckenring) Hüftkopffraktur

Pertrochantäre Fraktur Therapie Die definitive Therapie der Schenkelhalsfraktur kann je nach Art und Ausmaß der Fraktur konservativ oder operativ erfolgen. Die Indikationsstellung zur Operation sind nicht einheitlich geregelt. Dennoch bestehen allgemein akzeptierte Vereinbarungen zum Vorgehen. Konservative Behandlung Eine konservative Behandlung ist prinzipiell bei stabilen und eingekeilten Frakturen (z.B. Abduktionsfraktur) mit minimaler oder fehlender Dislokation in Betracht zu ziehen. Einige Autoren plädieren auch bei solchen Frakturen für eine Operation um sekundären Dislokationen vorubeugen. Bei Kindern unter 12 Jahren werden nicht dislozierte Frakturen konservativ behandelt. Zwingenderweise konservativ zu behandeln sind Patienten mit Kontraindikation für eine Operation in Vollnarkose.

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Die konservative Behandlung besteht bei instabilen Verhältnissen in einer Immobilisierung über mehrere Monate, bei Bedarf kann zur Entlastung der Gelenkkapsel eine Punktion mit Drainage erfolgen. Die konservative Behandlung einer Schenkelhalsfraktur ist mit einem sehr hohen Risiko für Beinvenenthrombosen und Embolien behaftet. Bei stabilen Frakturverhältnissen kann nach einer relativ kurzen Immobilisation die Mobilisierung des Patienten schrittweise angestrebt werden. Falls die Fraktur sekundär disloziert sollte mit der Operation nicht gewartet werden. Operative Behandlung Die operative Behandlung ist in den meisten Fällen aufgrund besserer Stabilität und kürzerer Immobilisation indiziert. Instabile Frakturen (z.B. Adduktionsfrakturen) werden immer operativ versorgt. Bei konservativer Versorgung ist die Komplikationsrate (Pseudarthrose, Hüftkopfnekrose, Thrombembolie, Dekubitus) deutlich höher als bei der operativen Versorgung. Die operative Versorgung einer instabilen Fraktur ist notfallmäßig innerhalb von 6 Stunden nach Frakturierung durchzuführen. Junge Patienten können mit einer dynamischen Hüftschraube (DHS) oder Zugschraubenosteosynthese versorgt werden. Eine Hüftkopf-Totalendoprothese (Hüft-TEP) ist bei unter 65 Jahre alten Patienten nur bei Vorliegen von schweren Grunderkrankungen oder einer Coxarthrose vertretbar. Bei älteren Patienten (> 65 Jahre) ist eine Totalendoprothese in den meisten Fällen das Verfahren der Wahl. Bei überdurchschnittlich guter Aktivität des Patienten und gesunder Knochenstruktur können alternativ wie bei jungen Patienten hüftkopferhaltend die Implantation einer dynamischen Hüftschraube oder eine Zugschraubenosteosynthese erfolgen. DHS (Dynamische Hüftschraube) Duokopfprothese

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Gammanagel Hüft- TEP mit Cerclage

Die Pertrochantäre Femurfraktur ist der medizinische Fachbegriff für einen Knochenbruch des Oberschenkelknochens im Bereich zwischen Trochanter major (großer Rollhügel - siehe Oberschenkelknochen) und Trochanter minor (kleiner Rollhügel). Alle fehlenden Lerninhalte, die für den Einsatz in der Chirurgischen Notaufnahme notwendig sind, werden mit Sicherheit während des

Einsatzes vermittelt werden.

Viel Erfolg für die weitere Ausbildung wünscht das Team der Chirurgischen Notaufnahme am Kreiskrankenhaus Emmendingen!!!