Epileptologie | Jahrgang 24 3 | 2007 ISSN 1660-3656 · manen von Fjodor Dostojewski, Monika Maron,...

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1 Epileptologie 1 | 2003 3 | 2007 ISSN 1660-3656 Epileptologie | Jahrgang 24 Schweizerische Liga gegen Epilepsie Ligue Suisse contre l’Epilepsie Lega Svizzera contro l’Epilessia Swiss League Against Epilepsy PostScript Bild zewo_logo_schwarz.ai Epilepsie-Liga Seefeldstrasse 84 CH-8034 Zürich Redaktionskommission Thomas Dorn | Zürich Jürgen Drewe | Basel Giovanni B. Foletti | Lavigny Jean-Marc Fritschy | Zürich Reinhard Ganz | Zürich Hennric Jokeit | Zürich Günter Krämer | Zürich (Vorsitz) Klaus Meyer | Tschugg Margitta Seeck | Genève Gabriele Wohlrab | Zürich Beirat Andrea Capone Mori | Aarau Paul-André Despland | Lausanne Giovanni B. Foletti | Lavigny Jean-Marc Fritschy | Zürich Regina Henggeler-Dimmler | Unterägeri Christian W. Hess | Bern Kazimierz Karbowski | Muri b. Bern Max Kaufmann | Basel Günter Krämer | Zürich Theodor Landis | Genève Klaus Meyer | Tschugg Christoph Pachlatko | Zürich Markus Schmutz | Basel Franco Vassella | Bremgarten Heinz-Gregor Wieser | Zürich Inhalt Editorial 105 Epilepsie als Metapher: Zum Bild der Epilepsie in der Literatur Michael Andermatt 106 – 112 Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyper- aktivitätsstörung bei Kindern und Erwachsenen mit Epilepsie Martin Brunner und Hennric Jokeit 113 – 124 Emotion und soziale Kognition aus epileptologischer Sicht Bettina Schmitz 125 – 129 Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdale Pathology Chiara Cristinzio, David Sander and Patrik Vuilleumier 130 – 138 “Theory of Mind”– Defizite bei Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie Rebecca Winkler und Hennric Jokeit 139 – 148 Zur Bedeutung von Defiziten in Emotion und sozialer Kognition für die soziale Integration von Menschen mit Epilepsie Rupprecht Thorbecke 149 – 152 Epilepsie-Liga-Mitteilungen | 153 – 159 Informations de la Ligue Suisse contre l’Epilepsie Kongresskalender 160 – 161

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1Epileptologie 1 |2003

3 | 2007 ISSN 1660-3656Epileptologie | Jahrgang 24

Schweizerische Liga gegen Epilepsie

Ligue Suisse contre l’Epilepsie

Lega Svizzera contro l’Epilessia

Swiss League Against Epilepsy

PostScript Bild

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Epilepsie-LigaSeefeldstrasse 84CH-8034 Zürich

Redaktionskommission

Thomas Dorn | ZürichJürgen Drewe | BaselGiovanni B. Foletti | LavignyJean-Marc Fritschy | ZürichReinhard Ganz | ZürichHennric Jokeit | ZürichGünter Krämer | Zürich (Vorsitz)Klaus Meyer | TschuggMargitta Seeck | GenèveGabriele Wohlrab | Zürich

Beirat

Andrea Capone Mori | AarauPaul-André Despland | LausanneGiovanni B. Foletti | LavignyJean-Marc Fritschy | ZürichRegina Henggeler-Dimmler | UnterägeriChristian W. Hess | BernKazimierz Karbowski | Muri b. BernMax Kaufmann | BaselGünter Krämer | ZürichTheodor Landis | GenèveKlaus Meyer | TschuggChristoph Pachlatko | ZürichMarkus Schmutz | BaselFranco Vassella | BremgartenHeinz-Gregor Wieser | Zürich

Inhalt

Editorial 105

Epilepsie als Metapher: Zum Bild der Epilepsie in der LiteraturMichael Andermatt 106 – 112

Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyper-aktivitätsstörung bei Kindern und Erwachsenen mit EpilepsieMartin Brunner und Hennric Jokeit 113 – 124

Emotion und soziale Kognition aus epileptologischer SichtBettina Schmitz 125 – 129

Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdale PathologyChiara Cristinzio, David Sander and Patrik Vuilleumier 130 – 138

“Theory of Mind”– Defizite bei Patienten mit mesialer TemporallappenepilepsieRebecca Winkler und Hennric Jokeit 139 – 148

Zur Bedeutung von Defiziten in Emotion und sozialer Kognition für die soziale Integration von Menschen mit EpilepsieRupprecht Thorbecke 149 – 152

Epilepsie-Liga-Mitteilungen | 153 – 159Informations de la Ligue Suisse contre l’Epilepsie

Kongresskalender 160 – 161

Richtlinien für die Autoren

Allgemeines

Epileptologie veröffentlicht sowohl angeforderte alsauch unaufgefordert eingereichte Manuskripte über al-le Themen der Epileptologie. Es werden in der Regel nurbislang unveröffentlichte Arbeiten angenommen. DieManuskripte oder wesentliche Teile daraus dürfen auchnicht gleichzeitig anderen Zeitschriften angeboten wer-den oder anderweitig bereits zur Publikation angenom-men worden sein. Alle Manuskripte werden zweifachbegutachtet. Von den Beiträgen werden keine Sonder-drucke erstellt, sie werden jedoch als pdf-Datei zusätz-lich auf der Liga-Homepage (www.epi.ch) veröffentlichtund können von dort heruntergeladen werden.

Redaktionsanschrift

Unaufgefordert eingereichte Manuskripte (inkl. Briefean die Herausgeber) sind zu richten an: Frau M.Becker,Redaktion Epileptologie, Schweizerische Liga gegen Epilepsie, Seefeldstr. 84, Postfach 1084, 8034 Zürich. Tel. 043 488 67 79, Fax 043 488 67 78, e-mail:[email protected].

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Manuskripte werden nur akzeptiert, wenn sie den fol-genden Kriterien entsprechen. Nicht entsprechend ab-gefasste Manuskripte werden vor der Begutachtungzurückgesandt.1. Sprache: Neben deutsch auch englisch und franzö-

sisch möglich.2. Schreibweise (deutsch): Als Schreibweise gilt die

deutsche Form mit „z“ und „k“ (also z.B. Karzinom), la-teinische Fachtermini behalten aber ihre Schreibwei-se (also z. B. Arteria carotis).

3. Form: Der gesamte Text, einschliesslich Literaturver-zeichnis, Tabellen und Abbildungslegenden, ist fol-gendermassen zu formatieren:

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- Literaturverweise werden gemäss der Reihenfolge, inder sie im Text vorkommen, arabisch nummeriert; imText erscheinen die Verweiszahlen in eckigen Klammern.

- Tabellen und Abbildungen haben eine jeweils fort-laufende arabische Nummerierung.

4. Reihenfolge: 1. Titelblatt (ggf. inkl. Danksagung, För-derung durch Hilfe anderer oder Drittmittelfinanzie-rung), 2. Zusammenfassung in Deutsch, Résumé inFranzösisch und Summary in Englisch sowie je drei bisfünf Schlüsselwörter, 3. Text, 4. Literatur, 5. Tabellen,6. Abbildungslegenden und 7. Abbildungen:

- Das Titelblatt enthält den vollen Titel der Arbeit(deutsch und englisch), Namen und Titel der Autoren,die Kliniken bzw. Institutionen, an denen alle Autorenarbeiten, sowie die vollständige Adresse des feder-

führenden Autors mit Telefon- und Faxnummer so-wie e-mail.

- Zusammenfassung, Résumé und englischer Abstract(mit Titel der Arbeit): Ohne Literaturzitate undAkronyme sowie unübliche Abkürzungen ( je maximal250 Wörter).

- Text: Dabei bei Originalarbeiten Gliederung in Einlei-tung, Methode (inkl. Untersuchungsmaterial, Patien-ten, Versuchstiere etc., ggf. auch Angabe über Einwil-ligung bzw. Einhaltung der Deklaration von Helsinkiinkl. Votum einer Ethikkommission), Ergebnisse undDiskussion. Abkürzungen sind bei ihrem ersten Er-scheinen im Text voll auszuschreiben.

- Literaturverzeichnis: Am Ende der Arbeit werden dieLiteraturstellen in der im Text zitierten Reihenfolgeaufgeführt und nach untenstehendem Muster zi-tiert. Persönliche Mitteilungen, unveröffentlichte Be-funde oder zur Publikation eingereichte Manuskriptewerden nicht aufgenommen, sondern entsprechendim Text vermerkt. Zitierungen „im Druck“ bzw. „inpress“ beziehen sich nur auf von einer Zeitschrift be-reits angenommene Arbeiten (mit Angabe von Zeit-schrift und – soweit bekannt – Band und Erschei-nungsjahr. Das Zitieren von Arbeiten als „in Vorberei-tung“ oder „in preparation“ ist nicht zulässig. Kon-gressmitteilungen können nur als zitierbareAbstracts oder Beitrag in Proceedings-Bändenberücksichtigt werden.

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- Zitierweise: Zeitschriftenartikel: Daoud AS, Batieha A,Abu-Ekteish F et al. Iron status: a possible risk factorfor the first febrile seizure. Epilepsia 2002; 43: 740-743 (bei bis zu vier Autoren werden alle genannt; Ab-kürzungen der Zeitschriften nach der „List of Journalsindexed in Index Medicus“); Bücher: Shorvon S. StatusEpilepticus. Its Clinical Features and Treatment inChildren and Adults. Cambridge: Cambridge Univer-sity Press, 1994; Buchkapitel: Holthausen H, TuxhornI, Pieper T et al. Hemispherectomy in the treatment ofneuronal migrational disorders. In: Kotagal P, LüdersHO (eds): The Epilepsies. Etiologies and Prevention.San Diego, London, Boston et al.: Academic Press,1999: 93-102

Was ist an die Redaktion einzureichen?

Alle Manuskripte sind inklusive Abbildungen und Tabel-len in dreifacher Ausführung einzureichen. Bevorzugtwird eine elektronische Manuskripteinreichung per e-mail (Textverarbeitung: MS Word), alternativ die Zusen-dung von drei Ausdrucken und einer Diskette (für Abb.und Tab. ist das verwendete Programm anzugeben).

105Epileptologie 2007

Die Wandlung hochentwickelter Industriestaaten zu Informations- und Dienstleistungsgesellschaften ver-ändert auch den Stellenwert bestimmter Fähigkeitenund Fertigkeiten. Dazu gehören insbesondere auch soziale Kompetenzen sowie das Vermögen zur Auf-merksamkeit. Haben Menschen mit Epilepsien ein er-höhtes Risiko für Beeinträchtigungen im Bereich sozia-ler Kognition und der Aufmerksamkeitsfunktionen? Dievorliegende Ausgabe der „Epileptologie“ versammeltBeiträge, die sich diesen bisher unzureichend beforsch-ten Fragen widmen.

Im ersten Artikel zeichnet Professor Michael Ander-matt Bilder der Epilepsie in der Romanliteratur des 19.bis 21. Jahrhunderts nach. Er befragt Prosa-Texte, in de-nen Protagonisten unter Epilepsie leiden, nach ihrer li-terarischen Funktion. Exemplarische Auszüge aus Ro-manen von Fjodor Dostojewski, Monika Maron, ElsaMorante und Paulo Coelho können Sie in dieser Ausga-be nachlesen. Mit klaren Worten beschreibt MichaelAndermatt, dass die Metapher Epilepsie in der Literaturimmer für das Andere steht und dabei letztlich stets nurdas Eigene verhandelt.

Der zweite Artikel dieser Ausgabe beschäftigt sichmit Symptomen von Aufmerksamkeitsstörungen beiKindern und Erwachsenen mit Epilepsie. Vorgestelltwerden die Ergebnisse einer prospektiv durchgeführtenBefragung von Epilepsiepatienten am SchweizerischenEpilepsie-Zentrum. Jedes dritte Kind und jeder vierte Er-wachsene mit Epilepsie zeigten in dieser UntersuchungSymptome beeinträchtigter Aufmerksamkeitsfunktio-nen. Neben affektiven Störungen dürften nach diesenStudienergebnissen, die sich mit Prävalenzschätzungenanderer Autoren decken, beeinträchtigte Aufmerksam-keitsfunktionen die häufigste Komorbidität der Epilep-sie sein.

Der dritte Artikel, verfasst von Frau Professor BettinaSchmitz, bildet den epileptologischen Einstieg in denThemenschwerpunkt „Emotion und soziale Kognitionbei Epilepsien“. Unter diesem Titel fand eine Veranstal-tung statt auf der 5. Gemeinsamen Jahrestagung der

Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Sektionen der Internationalen Liga gegen Epilepsie imMai diesen Jahres in Basel.

Die Autoren der Genfer Arbeitsgruppe um ProfessorPatrik Vuilleumier geben einen hochaktuellen Überblickzu amygdalären Dysfunktionen und ihren Auswirkun-gen auf das Erkennen emotionaler Gesichtsausdrücke.Daran schliesst ein Artikel zu Defiziten in der höherensozialen Kognition bei Patienten mit mesialer Temporal-lappenepilepsie an. Diese Studie aus dem Schweizeri-schen Epilepsie-Zentrum zeigt, dass überzufällig vielePatienten mit einer mesialen TemporallappenepilepsieSchwierigkeiten haben, einen sozialen Fauxpas zu er-kennen. Ob Defizite in der sozialen Kognition ein Handi-cap in der sozialen und beruflichen Integration vonMenschen mit Epilepsie darstellen, diskutiert Rupp-recht Thorbecke, der als der Experte für das Thema Rehabilitation bei Epilepsien im deutschsprachigenRaum gilt.

Ich danke allen Autoren sowie Frau Becker und FrauDepping ganz herzlich für ihre Mitarbeit an dieser Aus-gabe. Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, wünscheich nun eine anregende Lektüre.

Hennric Jokeit

Soziale Kognition und Aufmerksamkeit

PD Dr. Hennric Jokeit

106 Epileptologie 2007

Zusammenfassung

Epilepsie wird in der Dichtung auffallend häufig ge-staltet. Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick über dieDarstellung des Menschen mit Epilepsie in derLiteraturgeschichte von den Anfängen bis zur Gegen-wart. Dabei nimmt er Susan Sontags These von derKrankheit als Metapher auf: Das Bild des Epilepsiekran-ken in der Literatur ist weniger Abbild der Wirklichkeitals vielmehr Metapher, das heisst Funktionalisierungder Krankheit zu poetisch-darstellerischen Zwecken. Sohat der Mensch mit Epilepsie in der Dichtung immer die Aura des Ausserordentlichen, seine Darstellungschwankt zwischen Verteufelung und Verklärung. DieThese des Beitrags lautet: Epilepsie steht in der Litera-tur für das Andere, für das Nicht-Alltägliche, für dasFremde. Abschliessend wird die Kategorie des Fremdenaus Sicht der Kulturanthropologie kritisch diskutiert.

Epileptologie 2007; 24: 106 – 112

Schlüsselwörter: Dichtung, Anderes, Kulturanthropolo-gie, Stereotyp, Dostojewski

L'épilepsie en tant que métaphoreL'image de l'épilepsie dans la littérature

La littérature témoigne un intérêt remarquable authème de l'épilepsie. L'article présente brièvement lamanière dont l'être humain atteint d'épilepsie est perçudans l'histoire de la littérature à travers les âges en re-prenant la thèse de Susan Sontag qui conçoit la maladieen tant que métaphore : dans l'image qu'elle donne dumalade atteint d'épilepsie, la littérature ne cherche pasà représenter la réalité mais se sert de la maladie com-me d'une métaphore, elle fonctionnalise donc la mala-die pour les besoins de la poésie représentative. Ainsi,l'être humain frappé d'épilepsie a toujours l'aura del'exceptionnel, tantôt on le diabolise, tantôt on l'idéali-se. L'article défend la thèse suivante : dans la littérature,l'épilepsie incarne ce qui est différent, hors du commun,pas familier. Pour conclure, un regard critique est portésur cet aspect de l'élément étranger, non familier dansl'optique de l'anthropologie culturelle.

Mots clés : littérature, la différence, anthropologie cul-turelle, stéréotype, Dostoïevski

Epilepsy as Metaphor:The Portrayal of Epilepsy in Literature

Epilepsy is featured in works of fiction with strikingfrequency. This article gives an short overview of howindividuals with epilepsy are portrayed in literature inthe past through the present. In the process, Susan Son-tag's theory of illness as a metaphor is adopted: theimage of the epileptic in literature is far less a portrayalof reality than it is a metaphor, that is, a functionalisa-tion of the illness for the purposes of poetic rendering.Thus, the fictionalised individual with epilepsy alwayshas the aura of the exceptional, whose portrayal fluc-tuates between demonization and transfiguration. Thepremise of this article is that epilepsy, as portrayed in li-terature, stands for the Other, for the not everyday ordi-nary, for that which is foreign. Finally, the denominationof Other or that which is foreign is critically discussedfrom the viewpoint of cultural anthropology.

Key words: fiction, other, cultural anthropology, stereo-type, Dostoyevsky

Einleitung

Darstellungen der Epilepsie finden sich in der Litera-tur seit der Antike. Sei das bei Aischylos, Hippókrates,Platon, Aristoteles, Plutarch oder sei das in der Bibel, imAlten und Neuen Testament, oder auch im Koran. DieReihe lässt sich über mittelalterliche Texte zu Dante,Shakespeare und dann natürlich bis hin in die Neuzeitfortführen [1]. Die beigegebenen Auszüge aus Textenvon Fjodor Dostojewski, Elsa Morante, Monika Maronund Paulo Coelho (vgl. Kasten 1–4) mögen letzteresillustrieren, auch wenn sie natürlich nur eine bescheide-ne Auswahl sein können.

Wieso aber findet man Epilepsie in der Literatur sohäufig gestaltet? Was macht die Epilepsie für die Litera-tur interessant?

Die Frage lässt sich relativ klar beantworten, sobaldman sich das Bild der Epilepsie in der Literatur etwas ge-nauer anschaut. Es fällt dann nämlich auf, dass über dieJahrhunderte hinweg bei der Darstellung von Epilepsiesich im Prinzip nicht viel ändert: Denn der Mensch mitEpilepsie hat immer die Aura des Ausserordentlichen.Epilepsie hebt in der Literatur den Träger der Krankheitaus der Menge heraus und gibt ihm einen besonderenStatus.

Das Bild des Menschen mit Epilepsie ist dabeigrundsätzlich ambivalent. Es schwankt zwischen Ver-teufelung und Verklärung. Diese beiden Spielarten,

Epilepsie als MetapherZum Bild der Epilepsie in der Literatur

Michael Andermatt, Deutsches Seminar, Universität Zürich

Epilepsie als Metapher – Zum Bild der Epilepsie in der Literatur | Michael Andermatt

Epileptologie 2007Epilepsie als Metapher – Zum Bild der Epilepsie in der Literatur | Michael Andermatt

Teufel oder Heiliger, bilden gleichsam die zwei Pole, zwi-schen denen jeder Mensch mit Epilepsie in der Literatursituiert werden kann. Mit der Alltagsrealität oder gardem klinischen Bild der Krankheit hat das manchmalrecht wenig zu tun. Literatur kann zwar durchaus ihreLeserinnen und Leser über die Beschaffenheit der Epi-lepsie auch aufklären wollen, darüber hinaus aber undin erster Linie nutzt sie das Bild der Krankheit als Vehi-kel. Susan Sontag hat für diese Instrumentalisierungvon Krankheit in der Literatur den Begriff „Krankheit alsMetapher“ (1978) geprägt [2].

Überblick zur Literaturgeschichte vom Altertumbis zur Gegenwart

Im Altertum, wo man die Epilepsie bekanntlich auchdie „heilige Krankheit“ nannte, herrschte lange Zeit dieMeinung vor, der Mensch mit Epilepsie sei ein von GottAusgezeichneter und habe einen direkten Zugang zumGöttlichen. Platon etwa bezeichnet in seinem Timaios(347 v. Chr.) Menschen mit Epilepsie als „Propheten“,die in ihrem Anfall in „göttliche Begeisterung“ geratenund der „wahren Weissagegabe fähig“ seien [3]. Ver-mutlich muss man auch gewisse Propheten des AltenTestaments als Menschen mit Epilepsie verstehen. Soetwa König Saul, von dem es heisst, dass er – als derGeist Gottes über ihn kam – „in Verzückung fiel undnackt den ganzen Tag und die ganze Nacht lag“ (1. BuchSamuelis, 19, 23-24).

Im Neuen Testament aber wird dann die Epilepsiemit Besessenheit von Geistern und Dämonen in Verbin-dung gebracht. Im Markus-Evangelium (Kapitel 9)stürzt ein Knabe beim Anblick von Jesus schäumend zurErde, und Jesus treibt dem „Besessenen“ den bösenGeist aus. Im Mittelalter erscheinen unter dem Einflussder Kirche die Epilepsiekranken entsprechend als vonGott gestrafte Sünder, die der Erlösung bedürfen [4].

Mit der Renaissance verschiebt sich das Bild allmäh-lich wieder in die Gegenrichtung. Der Mensch mit Epi-lepsie wird zur ausserordentlichen Persönlichkeit. Überseine Krankheit und dann natürlich nicht nur über die-se, sondern daneben auch durch andere besondereFähigkeiten, zeichnet er sich als eine Art Übermenschaus. William Shakespeare etwa baut, in Anlehnung anPlutarch, Julius Cäsars Epilepsie in sein Cäsar-Dramamit ein und macht dadurch die Grösse und Verletzlich-keit seines Protagonisten kenntlich.

In den vielen Texten der Neuzeit, in denen Epilepsiegestaltet wird, verbinden sich die beiden Pole zu einergrundsätzlichen Ambivalenz oder Zweideutigkeit. ImAusserordentlichen des Menschen mit Epilepsie findetsich das Dämonische oder auch das Heilige wieder. Wel-ches der beiden Elemente schliesslich stärker betontwird, ist von Text zu Text verschieden. Herausgehobenaus Alltäglichkeit und Normalität aber ist der von Epi-lepsie Betroffene allemal.

Epilepsie als das Andere/das Fremde

Die eingangs gestellte Frage, weshalb Epilepsie inder Literatur immer wieder gestaltet wird, lässt sichmithin folgendermassen beantworten: Epilepsie stehtin der Literatur für das Andere, für das Nicht-Alltägliche,für das Fremde. In der Darstellung epileptischer Anfällewird das Alltäglich-Vertraute vorübergehend ausserKraft gesetzt und unser Wirklichkeitsverständnis in Fra-ge gestellt.

Diesen Befund bestätigen auch die Texte von Dosto-jewski, Morante, Maron und Coelho (vgl. Kasten 1–4).Ob deren Darstellung Epilepsie nun eher dämonisiertoder verherrlicht, unsere vertrauten Vorstellungen vonWelt und Mensch geraten dabei immer ins Wanken. DieFremdheit von Epilepsie bleibt als Fremdheit bestehen,ja zelebriert diese geradezu. Und eben darin liegt die li-terarische Faszination der Epilepsie. Als verstörendeFremdheit lässt sie uns die Wirklichkeit mit andern Au-gen sehen.

Allerdings sollte man auch Folgendes bedenken: DasBild des Fremden in der Literatur ist immer geprägt vomEigenen. Wir benutzen Stereotype der Fremdheit, dieauf manchmal recht simple Weise bloss die Kehrseiteder Norm darstellen. So ist auch auf andere literarischeBilder der Fremdheit durchaus übertragbar, was ichzum Bild der Epilepsie feststellte. Seien es Menschenanderer Erdteile, anderer Ethnien oder sei es schlichtdas Bild der Frau, das in der Literatur für das Andere desMannes steht: Immer kommen entweder verklärendeoder abwehrende Stereotype ins Spiel, die aus der Posi-tion der Norm und der Macht heraus formuliert sind [5].

Unsere literarischen Bilder von Fremdheit sind des-halb grundsätzlich fragwürdig. Wir nutzen das Fremdeals Mittel, um die eigene Position zu erkunden – zustim-mend oder ablehnend. In den letzten Jahren ist deshalbzu Recht Kritik geäussert worden an dem Bild, das dieLiteratur über die Zuschreibung des Fremden von ihnenzeichnet. Ethnozentrismus oder Logozentrismus wärenhier die Stichworte [6]. Vielleicht gibt es auch im litera-rischen Blick auf die Epilepsie diesen falschen Zentris-mus. Mit der Rolle des Sehers oder des Besessenen je-denfalls dürfte sich kaum jemand, der von Epilepsie be-troffen ist, ohne weiteres anfreunden können.

Epilepsie steht in der Literatur in ambivalenter Wei-se für das Andere; verhandelt wird aber dabei letztlichimmer nur das Eigene. Entscheidend dafür, ob uns einText zu überzeugen vermag, sind freilich nicht die Ste-reotype, sondern die Zwischentöne. Texte mit Zwi-schentönen hinterfragen die Stereotype, deren sie sichbedienen. Auf diese Weise lösen sie das von ihnen Fest-gelegte wieder auf und stellen damit unsere Vorstel-lungsmuster erneut in Frage.

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Epileptologie 2007 Epilepsie als Metapher – Zum Bild der Epilepsie in der Literatur | Michael Andermatt

1. Fjodor Dostojewski: Der Idiot

Roman. © 1996/2005, Patmos Verlag GmbH & Co.KG/Artemis & Winkler, Düsseldorf

Fjodor Dostojewski (1821–1881) kannte die Epilepsieaus eigener Erfahrung. Die Darstellung der Epilepsie inseinem Roman „Der Idiot“ (1868/69) wurde für das Bildder Epilepsie in der neueren Literatur prägend. Über FürstMyschkin, die Hauptfigur des Romans, schrieb Dos-tojewskij: “Die Hauptidee [...] ist, einen vollkommenschönen Menschen darzustellen. Etwas Schwierigeresgibt es nicht auf der Welt, besonders heutzutage.” Mysch-kin, der Idiot, figuriert in Dostojewskis Roman als Typusdes heiligen Narren, der dem 19. Jahrhundert einen düsteren Spiegel vorhält.

Der Fürst fühlte sich heute tatsächlich in einer be-sonders krankhaften Erregung, fast in der gleichen, diefrüher über ihn kam, wenn die Anfälle seiner einstigenKrankheit begannen. Er wusste, dass er in den Augen-blicken vor einem Anfall ungewöhnlich zerstreut warund oft sogar Gegenstände und Gesichter verwechsel-te, wenn er sie nicht mit äusserst gespannter Aufmerk-samkeit betrachtete.

Aber ein gewisser innerer unüberwindlicher Ab-scheu gewann wieder die Oberhand: er wollte nichtüberlegen, er fing gar nicht an zu überlegen; er dachteschon an etwas ganz anderes. Er dachte daran, dass esin seinem epileptischen Zustand eine Pause unmittel-bar vor dem Anfall gab (wenn der Anfall ihn im Wachenüberraschte), wo plötzlich, mitten in allem Kummer, al-ler seelischen Finsternis und Niedergeschlagenheit, seinHirn für Momente aufloderte und alle seine Lebenskräf-te in ungestümem Drang mit einemmal angespanntwurden. Das Lebensgefühl, das Selbstbewusstsein wur-de in diesen blitzartig auftretenden Momenten beinaheverzehnfacht. Geist und Herz wurden von einem unge-wöhnlichen Licht erhellt, alle seine Erregungen, alleZweifel, alle Unruhe wurden mit einemmal besänftigt,lösten sich in eine heitere, von klarer, harmonischerFreude und Hoffnung erfüllte Ruhe auf. Aber diese Mo-mente, dieses Aufblitzen war nur eine Vorahnung jenerendgültigen Sekunde (es war nie mehr als eine Sekun-de), mit welcher der eigentliche Anfall begann. DieseSekunde war allerdings unerträglich. Wenn er später,schon in normalem Zustande, über diesen Augenblicknachdachte, sagte er oft zu sich selbst: dieses Aufblit-zen und Aufflammen eines höhern Selbstempfindensund Selbstbewusstseins, also auch eines „höhern Seins“sei nichts anderes als Krankheit, Störung des normalenZustandes; wenn dem aber so sei, dann sei es auchdurchaus kein höheres Dasein, sondern müsse im Ge-genteil zum niedersten gezählt werden. Und doch kamer zuletzt zu der höchst paradoxen Schlussfolgerung:Was tut es denn, dass es eine Krankheit ist? Was küm-mert es mich, dass diese Spannung unnormal ist, wenndas Resultat selbst, wenn der Augenblick des Empfin-

dens, schon in gesundem Zustande betrachtet, sich alshöchste Harmonie und Schönheit erweist, wenn er einebisher unerhörte und ungeahnte Empfindung von Fülle,Mass, Versöhnung und ekstatischer anbetender Ver-schmelzung mit der höchsten Synthese des Lebens bie-tet? Diese unklaren Ausdrücke schienen ihm selbst sehrverständlich, wenn auch noch viel zu schwach. Daranaber, dass es wirklich „Schönheit und Gebet“, wirklichdie „höchste Synthese des Lebens“ war, konnte er nichtzweifeln, konnte er auch keinerlei Zweifel zulassen. Eserschienen ihm doch keine Visionen in diesem Augen-blick, wie nach dem Genuss von Haschisch, Opium oderWein, die den Verstand herabsetzen und die Seele ver-unstalten, die unnormal und unwirklich sind? Darüberkonnte er nach dem Schwinden des krankhaften Zu-standes ganz nüchtern urteilen. Diese Momente warennur eine ungewöhnliche Anspannung des Selbstbe-wusstseins – wenn man diesen Zustand mit einemWort hätte bezeichnen können –, eines im höchstenGrade unmittelbaren Selbstbewusstseins und gleichzei-tig auch Selbstempfindens. Wenn er in jener Sekunde,das heisst im letzten bewussten Augenblick vor demAnfall noch Zeit fand, sich selbst klar und bewusst zusagen: „Ja, für diesen Moment kann man sein ganzesLeben hingeben“ – so war gewiss dieser Moment ansich auch ein ganzes Leben wert. Übrigens stand er fürdie dialektische Partie seiner Schlussfolgerung nichtein; Stumpfsinn, seelische Verfinsterung, Idiotie standen als grelle Folgeerscheinung dieser „höchstenAugenblicke“ vor ihm. Ernsthaft würde er darüber auchselbstverständlich nicht gestritten haben. In der Schluss-folgerung, das heisst in seiner Bewertung dieses Augenblicks, steckte unzweifelhaft ein Fehler, aber dieRealität der Empfindung brachte ihn doch einigermas-sen in Verlegenheit. Was sollte man in der Tat mit derWirklichkeit anfangen? Es war doch wirklich so, er hattedoch wirklich Zeit, sich in dieser nämlichen Sekunde zusagen, dass diese Sekunde angesichts des grenzenlosenGlückes, das er mit seinem ganzen Wesen empfand, amEnde ein volles Leben wert sein könnte.

[...]Er hatte wieder einen epileptischen Anfall, wie er

ihn schon sehr lange nicht mehr gehabt hatte. Es ist be-kannt, dass diese Anfälle, die eigentliche Fallsucht,plötzlich eintreten. In diesem Augenblick wird das Ge-sicht ausserordentlich entstellt, besonders der Blick.Krämpfe und Zuckungen erfassen den ganzen Körperund alle Gesichtszüge. Ein schauerlicher Aufschrei, denman sich gar nicht vorstellen kann und der sich mitnichts vergleichen lässt, entringt sich der Brust; in die-sem Aufschrei scheint plötzlich alles Menschliche zuverschwinden, und es ist für den Beobachter ganz un-möglich oder wenigstens sehr schwer, sich vorzustellenund zuzugeben, dass dieser Mensch so schreien könne.Man hat vielmehr den Eindruck, als schrie jemand an-ders, der sich im Innern dieses Menschen befindet. Vielehaben wenigstens ihren Eindruck so zusammengefasst,bei vielen weckt der Anblick eines Menschen im epilep-

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Epileptologie 2007Epilepsie als Metapher – Zum Bild der Epilepsie in der Literatur | Michael Andermatt

tischen Zustand ein entschiedenes und unerträglichesGrauen, das sogar etwas Mystisches an sich hat.

Infolge der Krämpfe, des Zuckens und Zitternsrutschte der Körper des Kranken die Stufen hinab – eswaren nicht mehr als fünfzehn – bis zum Ende der Trep-pe. Sehr bald, nicht länger als nach fünf Minuten, wur-de der Liegende bemerkt, und es sammelte sich eineMenge um ihn. Eine Blutlache beim Kopf rief Zweifelhervor: hatte der Mann sich selbst verletzt, oder war einVerbrechen geschehen? Bald jedoch erkannten ihn eini-ge als Fallsüchtigen; einer der Zimmerkellner stelltefest, dass der Fürst der Gast von vorhin war. Die Verwir-rung löste sich zuletzt sehr glücklich.

2. Elsa Morante: La Storia

Roman. © 2005 Piper Verlag GmbH, München (SP4564)

Elsa Morante (1918–1985) gehört zu den wichtigstenSchriftstellerinnen der italienischen Nachkriegsliteratur.In ihrem Zeitroman „La Storia“ (1974) erzählt Morantedie Geschichte des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum stehendabei die Lehrerin Ida Ramundo und ihr Sohn Useppe, diebeide an Epilepsie erkrankt sind. Morante kultiviert inihrem Roman die Freisetzung des Einfachen, Primitivenund Ursprünglichen. Das Kind Useppe erweist sich gewis-sermassen als kleiner Bruder von Dostowjeskis Idiot, dennes lebt wie dieser als singuläres Wesen unter den Men-schen. Seine Welt ist geprägt von intuitiver Güte und Un-befangenheit. Unbewusst ist Useppe ein kleiner Hellse-her, ein Mystiker der verborgenen Gottheit der Natur undder rätselhaften Schönheit der Existenz.

Der trügerische Verlauf von Useppes Krankheit be-stärkte sie in ihrem defensiven Nichtstun. Tatsächlichschien es mit der namenlosen Macht, die seit demHerbst die Kräfte des Kleinen verzehrte, zu Ende zu ge-hen, nachdem sie ihn einmal zu Boden geworfen hatte.Sie begleitete ihn nur noch ganz verstohlen und warmanchmal überhaupt nicht mehr zu spüren, als wärebeschlossen worden, es damit bewenden zu lassen.Wenn Ida dem Kleinen abends, zur Bettzeit, die ge-wohnten Beruhigungsmittel zu trinken gab, wölbte ergierig die Lippen vor wie ein Säugling nach der Mutter-brust. Und bald fiel er dann in schweren und ungestör-ten Schlaf, dem er sich auf dem Rücken liegend, mit ge-ballten Fäusten und auf dem Kopfkissen ausgebreitetenArmen, für zehn oder mehr Stunden reglos überliess.Als die kleine Bisswunde in der Zunge verheilt war, truger keine sichtbaren Spuren von dem Anfall am 16. No-vember mehr. Nur wer ihn früher gekannt hatte, konntevielleicht in seinen Augen – als zu schön hatte die Ärztinsie damals bezeichnet – eine neue, märchenhafte An-

dersartigkeit entdecken, wie sie vielleicht im Blick derersten Seeleute zurückgeblieben war, nachdem sie un-ermessliche, noch nicht auf der Karte eingezeichneteMeere überquert hatten. Useppe aber wusste, im Un-terschied zu ihnen, weder vorher noch nachher etwasvon seiner Reise. Vielleicht aber hatte sich ihm, wennauch unbewusst, ein umgekehrtes Bild davon auf derNetzhaut eingeprägt, wie man es von Zugvögeln er-zählt, die tagsüber, zusammen mit dem Sonnenlicht,immer noch den verborgenen Sternenhimmel sehensollen.

[...]Mit Herzklopfen im Gras am Fluss sitzend, hatte

Useppe die Empfindung, er habe früher schon einmaleinen solchen Augenblick erlebt. Wer weiss wann, viel-leicht in einem andern Dasein, hatte er schon einmal aneinem leuchtenden kleinen Strand gesessen, bei Wie-sen mit heiteren Zelten, in Erwartung eines bevorste-henden Schreckens, der ihn verschlingen wollte. SeinGesicht verkrampfte sich in äusserster Abwehr: „Ich willnicht! Ich will nicht!“ rief er. Und er sprang auf, wie kurzvorher, als er sich auf den Kampf mit den Piraten vorbe-reitet hatte. Doch gegen dieses Andere gab es für ihnkeine Rettung ausser einer absurden Flucht. Und dereinzige letzte Fluchtweg, der sich ihm bot, war in die-sem Augenblick das Wasser, das zu seinen Füssen vorbeifloss. Mit schon vernebelter Sicht warf sich Useppe indie Tiefe. An dieser Stelle war die Strömung eher ruhig,das Wasser aber ging ihm hoch über den Kopf.

Da hallte ein verzweifeltes Bellen vom Ufer wider,und in einem Augenblick war Bella bei Useppe, der sinn-los um sich schlug und vom Wasser hin und her ge-schaukelt wurde wie ein armes am Rücken verwunde-tes Tierchen. „Klammere dich fest, klammere dich festan meinen Rücken. Ich trage dich!“ flehte ihn Bella an,glitt rasch unter seinen Bauch und hielt ihn so aufs Uferzu schwimmend an der Oberfläche. In zwei Atemzügenwar die Rettung vollzogen. Useppe lag wieder, nun intriefendnassen Kleidern, sicher am Rand der Wiese.

Es kann sein, dass der jähe, kalte Schock durch dasWasser den Anfall im Entstehen blockierte. Diesmal er-tönte kein Schrei, und Useppe verlor auch das Bewusst-sein nicht und wurde auch nicht so grässlich blau. Alseinziges Anzeichen seines unvollendeten oder nichtganz ausgebrochenen Anfalls schüttelte ihn, kaum warer wieder an Land, krampfhaft ein Zittern aller seinerMuskeln, und er schluchzte abgerissen. „Nein! Nein! Ichwill nicht! Ich will nicht!“ wiederholte er immer wieder,während Bella ihn eilig leckte, als hätte sie einen Wurfjunger Hunde vor sich. Schliesslich ging das Weinen inängstliches Lachen über, und Useppe klammerte sich anBella, als liege er in seinem Bett zu Hause neben Ida.Miteinander schliefen sie ein, während die Sonne sietrocknete.

[...]„He! Gebt acht auf den Hund!“Aus einem Grund der Senke stürmte zur Verteidi-

gung Useppes Bella heran. Sie war kaum wiederzuer-

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Epileptologie 2007 Epilepsie als Metapher – Zum Bild der Epilepsie in der Literatur | Michael Andermatt

Vignette 3: Tractography for surgical planning: 30 year-old

patient with pharmaco-resistant complex partial epilepsy in

the context of a posterior hemi-hemi-megalencephaly (axial

T1-weighted image, left panel). The neurological exam is nor-

mal. Diffusion Tensor Imaging (axial view, right panel,) shows

the localization of the cortico-spinal tracts that is anterior to

the malformation (red arrow). A mutilobar parieto-temporo-

occipital resection starting posterior to the central sulcus was

performed. The patient is seizure free since then and suffers

only from a mild visual field deficit.

kennen in dem erschreckenden Ungeheuer, das jetztder Bande die Stirn bot und sie zurückweichen liess. Mitoffenen Kinnladen und den gefletschten Zähnen eineswilden Tieres, mit grossen Augen, die zwei vulkanischenGläsern glichen, mit zu Dreiecken aufgerichteten Oh-ren, welche die Stirn verbreiterten, liess sie ein Knurrenhören, das erschreckender war als jedes Geheul. Undneben Useppe auf dem Schützengraben schien sie zukolossaler Grösse anzuwachsen. Gewaltig schwollen ihrdie Muskeln von der Brust bis zur Kruppe und densprungbereiten Fesseln im Fieber des Angriffs. „Aufge-passt, der beisst. He, der ist wütend!!“ hörte man dieJungens der Horde ausrufen. Einer von ihnen hob in die-sem Augenblick einen Stein vom Boden auf, so wenig-stens schien es Useppe, und schritt drohend auf Bellazu. Useppes Gesicht war verzerrt: „Ich will nicht! Ich willnicht!“ stiess er hervor. Und wütend schleuderte er sei-nen Stein gegen den Feindeshaufen, ohne dass es ihmjedoch, wie ich glaube, gelang, einen von ihnen zu tref-fen.

Es ist schwierig, das darauf folgende Getümmel zubeschreiben, so kurz war seine Dauer. Es handelte sichnur um wenige Sekunden. Vermutlich stürzte Bella vor-wärts, und Useppe folgte ihr, um sie zu verteidigen. Unddie Piraten, die den kühnen Kleinen in ihrer Mitte ge-packt hielten, haben ihn wohl, um ihn zu bestrafen, einwenig geschlagen oder ihm vielleicht ein paar Püffe ver-setzt. Doch der sonderbare Ausdruck, der inzwischenauf Useppes Gesicht erschienen war, liess einen von ih-nen sagen: „Lasst ihn los! Seht ihr nicht, dass der blödist?!“ Und da, mitten in dem Tumult, ereignete sich et-was, das die kleinen Buben in Aufruhr versetzte, weil siedie Natur des Zwischenfalls nicht verstehen konnten. Indem Augenblick, da der kleine Useppe, der in dem Ge-dränge geschlagen wurde, sich verstört umwandte unddie Kinnladen auseinander fallen liess wie ein Idiot,wurde die Hündin wunderbarerweise wieder gutartig.Sie schien sich von allen abzuwenden und eilte auf denkleinen Jungen zu wie ein Schaf zu seinem Lämmchen,wobei sich ihr Knurren in sanftestes Gewinsel verwan-delte. Sie allein von den Anwesenden erkannte, soweites überhaupt zu verstehen war, das Geheul, das aus derzusammengepressten Kehle des Kindes drang, währendsein Körper nach hinten fiel und über den Abhang desSchützengrabens stürzte. Für die andern, die keine prak-tische Erfahrung mit gewissen schimpflichen Krankhei-ten hatten, nahm das dunkle Ereignis den Anschein ei-ner Katastrophe an. Sie wichen ein wenig zurück undblickten einander erstaunt an, ohne den Mut zu haben,in die Senke hinunterzusteigen, aus der man ein müh-seliges Röcheln vernahm. Als ein paar Augenblicke spä-ter Raf und ein anderer der Seinen sich doch vorbeug-ten, um etwas zu sehen, lag das Kind, dessen Krampf-phase vorüber war, reglos da, mit dem Gesicht eines To-ten. Die Hündin ging um das Kind herum und versuch-te, es mit ihrem leisen Tiergewimmer ins Bewusstseinzurückzurufen. Ein Faden schaumigen Blutes drang zwi-schen Useppes Zähnen hervor.

Sie mussten natürlich annehmen, sie hätten ihngetötet. „Gehen wir!“ sagte Raf und wandte sich, weissim Gesicht, an die andern. „Los, hauen wir ab! Stehtnicht so dämlich herum. Machen wir, dass wir wegkom-men – und zwar schnell!“ Man hörte das Scharren ihrerFüsse, die gegen den Landungsplatz hin flohen, und dasGeflüster ihrer heimlichen Wortwechsel („Ich, was habeich getan?! Den Schlag, den hast du ihm gegeben…“ –„Tun wir, als sei nichts geschehen… Sagt niemandem einWort davon usw….“), während sie ins Boot stiegen unddie Ruder ins Wasser tauchten. Diesmal war nur Bellada, als Useppe die Augen, ohne Erinnerung, mit seinemgewohnten verzauberten Lächeln wieder öffnete. Ankleinen Veränderungen in seinem Gesicht konnte mandie Schwellen des Erwachens, wie es die Ärzte nennen,verfolgen. Plötzlich drehte er ein wenig den Hals undschaute argwöhnisch zur Seite.

„Es ist niemand mehr da!“ verkündete Bella. „Siesind alle weggegangen…“

„Weggegangen…“, wiederholte Useppe, und seinAusdruck heiterte sich auf. Doch während der Dauer ei-nes Atemzugs trat ein ganz anderer Ausdruck auf seinGesicht. Er lächelte gezwungen, doch geriet ihm dasLächeln zu einer elenden Grimasse. Er wandte die Au-gen ab, um Bella nicht anschauen zu müssen:

„Ich … bin … gefallen! .. Ja?“

3. Monika Maron: Animal triste

Roman. © 1996 S. Fischer Verlag, Frankfurt/M.

Monika Marons (*1941) literarisches Schaffen ist ge-prägt von der Ost-West-Thematik, vom Verhältnis Ost-deutschland – Westdeutschland. Ihr Roman “Animaltriste” (1995) ist ein melancholisch-düsterer Liebesromanaus der Zeit der Wende. In monologisierenden Rückblen-den erzählt die Hauptfigur Vera von ihrem Leben in derDDR, wo sie nach dem Krieg aufwuchs. Im abgedrucktenAuszug berichtet Vera von ihrem epileptischen Anfall. DieBegegnung mit der Epilepsie ist für Vera eine Begegnungmit dem „Fremden“ und hat für ihr Leben erkenntniser-weiternde Funktion: Mit ihrem epileptischen Anfall wirdVera in einer Art prophetischer Eingabe klar, dass sie bis-lang ein Leben ohne Liebe lebte.

Manchmal, selten, fällt mir irgendein Tag aus diesenzwanzig Jahren ein. Falls ich damals unglücklich gewe-sen sein sollte, habe ich es nicht gewusst; bis zu diesemTag im April, an dem mir jemand, ich weiss nicht wer,den Strom im Gehirn abschaltete. Ich lief am frühenAbend über die Friedrichstrasse zur S-Bahn, als ichplötzlich eine unbekannte Taubheit auf der Zunge spür-te, die sich schnell auf die übrigen Sinne ausweitete. Diefolgenden zwanzig Minuten kenne ich nur aus den

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Epileptologie 2007Epilepsie als Metapher – Zum Bild der Epilepsie in der Literatur | Michael Andermatt

Schilderungen einer jungen Frau, die sich meiner ange-nommen hatte, als ich in Krämpfen zuckend und mitblasigem Schaum vor dem Mund auf dem Pflaster lag.

Nachdem ich aus einer etwa dreiminütigen tiefenOhnmacht erwacht war, soll ich mich weitere fünfzehnMinuten lang in einem Zustand schrecklicher Verwir-rung befunden haben. Ich soll wild um mich geschlagenhaben, als die Sanitäter mich in den Krankenwagenführen wollten, so dass sie, um mich zu beruhigen, zumSchein wieder abfahren mussten, um nach einigen Mi-nuten zurückzukommen und mich endlich ins Kranken-haus zu bringen. Die junge Frau, die mich dorthin be-gleitete, erzählte, ich hätte mitleiderregend verängstigtgewirkt bis zu einem bestimmten Augenblick, in demsich mein Gesicht plötzlich entspannt hätte und ich ver-nünftig, wenn auch erschöpft gefragt hätte, was ge-schehen sei. An die Zeit zwischen der beginnendenTaubheit meiner Sinne und dem Moment, da ich michauf den Stufen eines Hauseingangs wiederfand, fehltmir jede Erinnerung. Man hat mich damals allen Tortu-ren der modernen Medizin unterzogen, ohne irgendei-ne organische Abweichung in mir zu finden, die den An-fall hätte auslösen können.

Noch Wochen später hatte ich zuweilen den Ein-druck, etwas in meinem Kopf funktioniere anders alsvor dem Anfall, seitenverkehrt, als hätte jemand die Po-le umgesteckt. Zum Beispiel fielen mir die Vornamenvon Menschen später ein als ihre Nachnamen, oder ichschrieb dreiundzwanzig, wenn ich zweiunddreissigmeinte, oder ich griff in meiner eigenen Wohnung nachlinks, obwohl ich genau wusste, dass die Tür, die ich öff-nen wollte, rechts war. Natürlich wusste ich als Natur-wissenschaftlerin, dass es für solche Symptome logi-sche, in diesem Fall sogar einfache Erklärungen gab.Trotzdem wurden mir der Anfall und seine Folgen un-heimlicher, je länger ich darüber nachdachte. Zum er-sten Mal fragte ich mich, warum die Evolutionstheorieüberhaupt als Beweis gegen die Existenz einer höherenVernunft gelten konnte, da sie ebensogut deren Erfin-dung sein könnte. Die Vorstellung, etwas Fremdes hättemich an diesem Abend auf der Friedrichstrasse für eineViertelstunde einfach abgeschaltet und aus einemGrund, den ich nicht kannte, den Funktionsplan meinesGehirns geringfügig verändert, wurde mir zur fixenIdee, an die ich zwar nicht ernsthaft glaubte, die aberam ehesten dem Gefühl entsprach, das der unerklärli-che Vorfall in mir hinterlassen hatte. Wenn das Fremdeaber meinen Tod simuliert hat, um mich danach, mit ei-ner kleinen Desorientierung im Hirn als Erinnerung,wieder auferstehen zu lassen, wenn es mir meine Sterb-lichkeit so brutal vorführen wollte, musste sich hinterallem ein anderer Zusammenhang denken lassen alsein paar verrückt gewordene Neuronen im Hippocam-pus oder in der Amygdala.

Die Beunruhigung, in die der Anfall mich gestürzthatte, liess sich nur ertragen, indem ich das Geschehennachträglich mit Sinn erfüllte und das Zeichen deutete.Vielleicht hatte ich aber auch nur auf ein Zeichen ge-

wartet, um mir die eine Frage zu stellen und mir daraufdie eine Antwort zu geben: Wäre der Anfall nicht die Si-mulation meines Todes gewesen, sondern wäre ich andiesem Abend wirklich gestorben, was hätte ich ver-säumt? Man kann im Leben nichts versäumen als dieLiebe. Das war die Antwort, und ich muss sie, lange be-vor ich den Satz endlich aussprach, gekannt haben.

4. Paulo Coelho: Der Zahir

Roman. © 2005 Diogenes Verlag, Zürich, aus demBrasilianischen von Maralde Meyer-Minnemann

Dass Epilepsie prominent auch in aktuellen Erfolgsro-manen aufscheint, belegt Paulo Coelho (*1947) mit sei-nem Roman „Der Zahir“ (2005). Im wiedergegebenenAuszug trifft sich der Ich-Erzähler, wie Coelho ein erfolg-reicher Autor, mit einem Unbekannten namens Mikhail,von dem er Aufschluss über das Verschwinden seiner FrauEsther zu erhalten hofft. Mikhail erzählt von einer Visionund von Stimmen, die er als Junge gehört haben will.Während des Essens wiederholen sich unverhofft diesePhänomene und Mikhail bricht in einem epileptischenAnfall zusammen. Coelhos Text spielt mit den literari-schen Versatzstücken der Epilepsie souverän. Die Frage,ob ein Mensch mit Epilepsie hellsehen könne, führt – oh-ne dass sie beantwortet würde – zu ausführlichen Erläu-terungen, die gleichermassen aufklären wie verwirren.

„Ich fühle mich nicht besonders gut.“ Mikhails Blickwurde unscharf, schweifte durch das Restaurant, alswäre ich nicht da. „Ich möchte nicht davon reden. DieStimme…“

Etwas Merkwürdiges, sehr Eigenartiges vollzog sichda.

[...]Seine Stimme wurde noch lauter. Er blickte wild um

sich, als hätte er die Kontrolle über sich verloren. „Die Lichter…“„Was ist los?“„Was mich hierher geführt hat, ist die Liebe, die

Esther für Sie empfindet.“„Ist alles in Ordnung?“ fragte Roberto. Er war an un-

seren Tisch getreten, legte dem jungen Mann lächelnddie Hand auf die Schulter. „Sieht so aus, als wäre die Pizza eine Katastrophe. Sie brauchen nichts zu be-zahlen, Sie können gehen.“

Solch ein Abgang fehlte gerade noch! Aber immernoch besser als das traurige Schauspiel von jemandem,der so tut, als empfange er mitten in einer Pizzeria ei-nen Geist. Und das alles nur, um mich zu beeindruckenoder mir einen peinlichen Moment zu bescheren – ob-wohl ich fand, dass es hier um Ernsteres ging als umblosse Schauspielerei.

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112 Epileptologie 2007 Epilepsie als Metapher – Zum Bild der Epilepsie in der Literatur | Michael Andermatt

„Haben Sie diesen Luftzug auch gespürt?“Da war ich mir sicher, dass er nicht schauspielerte.

Ganz im Gegenteil, er machte grosse Anstrengungen,um sich in der Gewalt zu behalten. Panik schien ihn zuerfassen.

„Die Lichter, die Lichter erscheinen! Bitte…“Seine Hand, die das Glas hielt, wurde von Zuckun-

gen geschüttelt. Jetzt war es zu spät, noch irgend etwaszu überspielen. Die anderen Gäste waren von ihren Ti-schen aufgestanden.

„In Kasachstan…“Ich konnte den Satz nicht beenden. Er schob den

Tisch weg – Pizza, Gläser, Besteck, alles flog durch dieGegend, traf die Leute an den Nachbartischen. MikhailsGesichtsausdruck hatte sich vollkommen gewandelt,und er zitterte am ganzen Körper. Seine Augen verdreh-ten sich nach oben. Sein Kopf wurde heftig zurückge-worfen, ich hörte ein Knirschen. Ein Herr erhob sich vonseinem Tisch. Roberto hielt Mikhail fest, bevor er zu Bo-den fiel, während der Herr einen Löffel aufhob und ihnMikhail in den Mund steckte.

Die Szene mochte nur ein paar Sekunden gedauerthaben, doch mir kam sie wie eine Ewigkeit vor. Ich stellemir schon die Schlagzeilen in der Sensationspresse vor:Berühmter Schriftsteller und (trotz Protesten der Litera-turkritik) Kandidat für einen wichtigen Literaturpreisprovoziert in einer Pizzeria eine spiritistische Seance,nur um auf sein neues Buch aufmerksam zu machen.Meine Paranoia trieb die wildesten Blüten: Man würdeherausfinden, dass es sich bei dem Medium ausgerech-net um den Mann handelte, der mit meiner Frau ver-schwunden war. Alles würde von neuem beginnen, nurdass ich kein zweites Mal den nötigen Mut und die Energie aufbringen würde, mich der Prüfung zu stellen.

Selbstverständlich sassen Bekannte von mir an denNebentischen, aber wer von ihnen war wirklich meinFreund? Wer würde über das Schweigen bewahren, waser hier erlebte?

Mikhails Körper hörte auf zu zittern, entspanntesich. Roberto hielt ihn auf dem Stuhl fest. Der Herr fühl-

te Mikhail den Puls und hob seine Augenlider an. [...]„Was Sie neulich im Restaurant erlebt haben, hat Sie

erschreckt. Das ist mir klar. Die grösste Gefahr dabei ist,dass sich die Zunge nach hinten rollt und man erstickt.Der Wirt hat richtig reagiert, was zeigt, dass so etwas inseiner Pizzeria sicher nicht zum ersten Mal passiert ist.Es kommt übrigens auch sonst nicht so selten vor. Nurstimmt seine Diagnose nicht. Ich bin kein Epileptiker.Das ist der Kontakt mit der Energie.“

Selbstverständlich war er Epileptiker, aber es brach-te nichts, das Gegenteil zu behaupten. Ich versuchte,mir nichts anmerken zu lassen. Es war wichtig, die Si-tuation unter Kontrolle zu halten. Allerdings wunderteich mich, wie einfach es gewesen war, ihn zu diesemzweiten Treffen zu bewegen.

[...]Mikhail setzte sich wieder in Bewegung, ich folgte

ihm. „Glauben Sie, dass ich eine Stimme höre?“„Ehrlich gesagt, weiss ich es nicht. Und wo wir schon

hier sind, möchte ich Ihnen etwas zeigen.“„Alle glauben, es seien epileptische Anfälle, und ich

lasse sie in dem Glauben: es ist einfacher so. Aber dieseStimme spricht seit meiner Kindheit zu mir, als ich dieFrau gesehen habe.“

[...]„Die Stimme sagt mir etwas. Ich weiss, dass Sie ver-

wirrt oder erschrocken sind. In der Pizzeria, als ich denLuftzug spürte und die Lichter sah, wusste ich, dass diesdie Symptome meiner Verbindung zur Macht waren. Ichwusste, dass sie anwesend war, um uns beiden zu hel-fen.

Wenn Sie meinen, alles, was ich sage, seien nur diekrankhaften Einbildungen eines jungen Epileptikers, derdie Gefühle eines berühmten Schriftstellers ausnutzenwill, dann gebe ich Ihnen morgen eine Karte von demOrt, an dem sich Esther befindet, und Sie können zu ihrgehen. Aber die Stimme sagt uns etwas.”

Referenzen

1. Vgl. Waller F, Waller HD, Marckmann G (eds). Gesichter der „Heiligen

Krankheit“. Die Epilepsie in der Literatur. Tübingen: Klöpfer und Meyer,

2004

2. Sontag S. Krankheit als Metapher & Aids und seine Metaphern. Übersetzt

aus dem Amerikanischen von Karin Kersten, Caroline Neubaur und Holger

Fliessbach. München: Hanser, 2003

3. Zitiert nach Waller F, Waller HD, Marckmann G, 2004: 63-64

4. Vgl. Waller F, Waller HD, Marckmann G, 2004: 19

5. Vgl. Said E. Orientalismus. Frankfurt: Ullstein, 1981. – Minh-ha TT. Women.

Native. Other. Writing Postcoloniality and Feminism. Bloomington: Indi-

ana University Press, 1989

6. Vgl. Waldenfels B. Der Stachel des Fremden. Frankfurt/M.: Suhrkamp,

1990. –Turk H. Alienität und Alterität als Schlüsselbegriffe einer Kulturse-

mantik. Jahrbuch für Internationale Germanistik 1990; 22,1: 8-31

Korrespondenzadresse:Prof. Dr. Michael AndermattDeutsches SeminarUniversität ZürichSchönberggasse 9CH 8001 ZürichTel. 0041 43 499 06 17Fax 0041 44 634 49 05 [email protected]

Epileptologie 2007Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit

Zusammenfassung

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung(ADHS) und Epilepsie sind Störungen mit hoher Präva-lenz und signifikanter Morbidität. Die Prävalenz vonADHS in der Normalbevölkerung wird bei Kindern auf 3-6% geschätzt, wobei man von einer Persistenz derStörung ins Erwachsenenalter bei bis zu einem Drittelder Betroffenen ausgeht [1]. Bei Menschen mit Epilep-sie nimmt man eine gegenüber der Normalbevölkerungsignifikant erhöhte Prävalenz von ADHS-Symptomenan. So werden für Kinder mit Epilepsie Prävalenzen vonbis zu 77% berichtet [2]. Die Prävalenz bei erwachsenenPatienten mit Epilepsie wurde bisher nicht erhoben.

In der hier vorliegenden Studie wurde die Häufigkeitvon ADHS-Symptomen mittels spezifischer Fragebogenerfasst. Zusätzlich wurde der Einfluss epilepsieassozi-ierter Faktoren als mögliche Einflussvariablen evaluiert.

Wir fanden eine im Vergleich zur Normalbevölke-rung erhöhte Häufigkeit von ADHS-Symptomen vondurchschnittlich 23% bei Kindern und 9% bei Erwachse-nen, was einer zirka vierfach erhöhten Prävalenzrate beiMenschen mit Epilepsie entspricht. Im Unterschied zurNormalpopulation zeigte sich kein Geschlechtsunter-schied. Zudem konnte ein signifikanter Zusammenhangvon Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit mit demAuftreten von generalisiert tonisch-klonischen Anfällenwährend der letzten 12 Monate nachgewiesen werden.

Die Häufigkeit von ADHS-Symptomen bei Kindernwie auch Erwachsenen mit Epilepsie verweist auf dieNotwendigkeit der Berücksichtigung dieser Symptomeim Rahmen einer umfassenden epileptologischen Diagnostik und Behandlung.

Epileptologie 2007; 24: 113 – 124

Schlüsselwörter: ADHS, Epilepsie, Prävalenz, Komorbi-dität

Attention Disorders and Epilepsy – Prevalence of Attention Deficit/Hyperactivity Disorder Symptoms in Children and Adults with Epilepsy

Attention deficit disorder (ADHD) and epilepsy aredisorders with high prevalence rates and significant co-morbidity. The prevalence of ADHD in the general popu-lation is estimated at 3-6% of all children. It is assumed

that the syndrome persists in up to one third of thoseaffected [1]. The prevalence of ADHD symptoms in indi-viduals with epilepsy is understood to be significantlyhigher than that found in the general population. In-deed prevalence rates in children with epilepsy have been estimated at up to 77% [2]. The prevalence rates inadults have not yet been studied.

The incidence of ADHD symptoms in this study wascollected via questionnaires. Further, the effect of epi-lepsy-associated factors was assessed as to their possib-le role as mediating variables.

We found, as compared to the general population, aheightened prevalence rate of 23% in children and 9% inadults. In contrast to the general population, we foundno gender differences. Furthermore, a significant corre-lation was found between hyperactivity and inatten-tion and the frequency of the occurrence of generalisedtonic-clonic seizures.

The finding of elevated rates of ADHD symptomsclearly indicates the need for the consideration of suchsymptoms in the diagnosis and treatment of childrenand adults with epilepsy.

Keywords: ADHD, epilepsy, prevalence, comorbidity

Troubles de l'attention et épilepsie - prévalencede symptômes d'un déficit d'attention/troubled'hyperactivité chez les enfants et les adultes at-teints d'épilepsie

Le trouble du déficit d'attention/hyperactivité(TDAH) et l'épilepsie sont des perturbations avec uneprévalence élevée et une morbidité significative. Laprévalence du TDAH dans la population normale estestimée à 3-6% pour les enfants, et on pense que pourun tiers environ des sujets concernés, la perturbation vaperdurer jusqu'à l'âge adulte [1]. Chez les personnes at-teintes d'épilepsie, on suppose une prévalence significa-tivement élevée de symptômes du TDAH par rapport àla population normale. Ainsi, on rapporte pour les en-fants atteints d'épilepsie des prévalences allant jusqu'à77% [2]. Chez les patients adultes atteints d'épilepsie, laprévalence n'a pas été recensée à ce jour.

Dans l'étude présentée ici, la fréquence de symptô-mes TDAH a été recensée au moyen de questionnairesspécifiques. En plus, on a évalué l'influence de facteursassociés à l'épilepsie comme variables possibles d'une

113

Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen einer Aufmerk-samkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung bei Kindern und Erwachsenen mit Epilepsie*

Martin Brunner und Hennric Jokeit, Schweizerisches Epilepsie-Zentrum, Abteilung Neuro-psychologie, Zürich

114 Epileptologie 2007 Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit

influence.Nous avons trouvé une fréquence de symptômes

TDAH supérieure à la population normale de 23% chezles enfants et 9% chez les adultes, ce qui signifie que laprévalence se multiplie à peu près par quatre chez lespersonnes atteintes d'épilepsie. Contrairement à la po-pulation normale, aucune différence n'a été constatéeen fonction des sexes. De plus, une relation significativea pu être établie entre l'hyperactivité et l'inattention etla survenue de crises tonico-cloniques généralisées aucours des 12 mois antérieurs.

La fréquence de symptômes TDAH chez les enfantscomme chez les adultes atteints d'épilepsie fait appa-raître la nécessité de tenir compte de ces symptômesdans le cadre d'un diagnostic et d'un traitement épilep-tologiques complets.

Mots clés : TDAH, épilepsie, prévalence, comorbidité

1. Einleitung

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung(ADHS) und Epilepsie sind Störungen mit hoher Präva-lenz und signifikanter Morbidität [2]. In der aktuellen Li-teratur wird betont, dass ADHS-Symptome neben De-pressionen und Angststörungen zu den häufigsten ko-morbiden Störungen bei Menschen mit Epilepsiegehören dürften [3].

In der Normalbevölkerung werden bei Kindern ADHS-Prävalenzen von rund drei bis sechs Prozent an-genommen, wobei man von einer Persistenz derStörung ins Erwachsenenalter bei rund einem Drittelder Fälle ausgeht [1, 4].

Die Prävalenzschätzungen von ADHS bei Kindernmit Epilepsie variieren extrem mit Werten zwischen1,6% bis zu 77% [2, 5]. Bei Erwachsenen mit Epilepsieliegen bisher keine Schätzungen zur Prävalenz von ADHS bzw. ADHS-Symptomen vor [6].

Psychiatrische Störungen und Defizite in globalensowie spezifischen kognitiven Funktionen wie Bewusst-sein, Antrieb, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Sprachehaben teilweise einen grösseren beeinträchtigendenEinfluss auf das Wohlbefinden von Epilepsiepatientenals die epileptischen Anfälle selbst [7-9]. Es zeigte sich,dass gerade bei Kindern das zusätzliche Auftreten einerADHS mit einer erheblichen Minderung der Lebensqua-lität sowohl des Kindes als auch der Familie einherge-hen kann. Lernschwierigkeiten, unter welchen Men-schen mit Epilepsie häufig zu leiden haben, können zu-dem durch eine ADHS noch verstärkt werden. Bei derBehandlung von Menschen mit Epilepsie stellen daherdie Diagnostik und Behandlung begleitender psychi-scher und kognitiver Störungen eine wichtige Kompo-nente dar.

Die Ursachen der hohen Komorbiditätsraten sindbisher nicht geklärt worden. Sowohl bei der Epilepsiewie auch bei der ADHS handelt es sich um interindivi-

duell heterogene und funktionell mehrdimensionaleStörungen, die sich sowohl auf neurobiologischer alsauch psychosozialer Ebene wechselseitig beeinflussendürften. Einerseits könnten beide Störungen innerhalbeines gemeinsamen Syndromkomplexes bestehen unddamit Ausdruck einer gemeinsamen Ätiologie sein.Andrerseits könnten beide Erkrankungen unabhängigvoneinander das Risiko für die jeweilige andere erhöhenoder auch kausal verknüpft sein. Möglicherweise kannauch die medikamentöse antiepileptische BehandlungAufmerksamkeitsfunktionen beeinträchtigen. Auchwerden die Epilepsieform, die Anfallsart, das Alter beiBeginn und die Dauer der Epilepsie sowie subklinischeepileptoforme Entladungen als mögliche Risikofaktorenfür das Entstehen einer ADHS diskutiert [10]. Insgesamterweisen sich die möglichen assoziierten Faktoren alskomplex und interagierend.

Das Ziel der vorliegenden Studie war es, die Präva-lenz von Symptomen einer ADHS bei Kindern und Er-wachsenen mittels Fragbögen zu erheben. Zusätzlichwurde evaluiert, wie epilepsiespezifische und -assozi-ierte Faktoren und das Auftreten von ADHS-Sympto-men interagieren.

Die Resultate dieser Studie sollen es ermöglichen,den Bedarf an Diagnostik und Therapie an einem spe-zialisierten Versorgungszentrum zu erheben und, so-weit möglich, Risikofaktoren zu identifizieren. Zudemerhofften wir uns, Hinweise bezüglich des klinischenNutzens der verwendeten Fragebögen als Screeningin-strumente im Rahmen der epileptologischen Diagnos-tik zu erhalten.

1.1 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-störung (ADHS)

Die Klassifikationssysteme ICD-10 (InternationalClassification of Disease 10. Auflage, [11]) und DSM-IV(Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders4. Auflage, [12]) definieren die ADHS über die drei Kern-symptome Unaufmerksamkeit, motorische Unruhe undImpulsivität. Auf neuropsychologischer Ebene äussernsich diese Auffälligkeiten vor allem in der Aufmerksam-keit, den exekutiven Funktionen, dem Lernen und Ge-dächtnis. Die attentionalen Funktionen sind hauptsäch-lich in der Aufrechterhaltung und Aktivierung der Auf-merksamkeit eingeschränkt, während sich die exekuti-ven Funktionen vor allem bezüglich Inhibitionskontrolleund Arbeitsgedächtnis als beeinträchtigt erweisen [13].

Die Merkmale der Störung sind in den genanntendrei Leitsymptomen oder zumindest mit Schwerpunktin einem der Bereiche gleichermassen ausgeprägt. Ent-scheidend für die Diagnose ist neben ihrer Ausprägungund dem situationsübergreifenden, andauernden Vor-handensein, der frühe Beginn der Störung; im Allgemei-nen vor dem sechsten Lebensjahr sowie eine Dauer desBestehens von wenigstens sechs Monaten. Zusätzlichsollte die Störung nur diagnostiziert werden, wenn die

Epileptologie 2007Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit

Merkmale im Verhältnis zum Entwicklungsalter und In-telligenzniveau sehr stark ausgeprägt sind und sichnicht durch eine andere psychische Störung oder durchandere Faktoren, wie beispielsweise der Wirkung regel-mässig eingenommener Medikamente, oder organi-scher, insbesondere neurologischer Erkrankungen bes-ser erklären lassen. Nach DSM-IV wird die Störung inden unaufmerksamen, den hyperaktiv-impulsiven undden gemischten Subtypus unterteilt.

Die ICD-10 bietet zwei Diagnosen und eine Restka-tegorie an; die einfache Aktivitäts- und Aufmerksam-keitsstörung (ICD-10; F90.0), die hyperkinetischeStörung des Sozialverhaltens (ICD-10; F90.1) und sonstige bzw. nicht näher bezeichnete hyperkinetischeStörungen (ICD-10; F90.8). Im DSM-IV ist die ADHS brei-ter definiert als in der ICD-10, was in Studien mit Diag-nosekriterien nach DSM-IV eine höhere Prävalenz be-dingt.

Da eine Epilepsie gemäss der gebräuchlichen Klassi-fikationssysteme ICD-10 und DSM-IV ausdrücklich einAusschlusskriterium für die Vergabe einer ADHS-Diag-nose darstellt, wird in dieser Arbeit die Bezeichnung sekundäre ADHS verwendet. Dies auch, um den Symp-tomkomplex von der Primärdiagnose Epilepsie abzu-grenzen.

1.2 Ätiologie und Pathogenese der ADHS

Trotz einer teils inkonsistenten Datenlage stützenneurobiologische und bildgebende Studien mehrheit-lich die Hypothese, dass Defizite in Frontallappenfunk-tionen und in fronto-striatalen Projektionen eine Ursa-che der ADHS sein können [14, 15]. In diesem Zusam-menhang findet die Katecholaminhypothese häufig Er-wähnung, die katecholaminerge Dysregulationen inthalamo-fronto-striatalen Netzwerken postuliert [16].Strukturelle bildgebende Studien ergaben Hinweise aufvolumetrische Auffälligkeiten sowohl im Bereich despräfrontalen Kortex, des anterioren Gyrus cinguli, derBasalganglien und ihrer Verbindungen, als auch in wei-teren Regionen [17]. Korrespondierend zeigten funktio-nelle bildgebende Studien, dass Kinder mit ADHSwährend der Bearbeitung von Aufmerksamkeitsaufga-ben und Aufgaben zur Reaktionsinhibition eine Reduk-tion des zerebralen Blutflusses und des Metabolismusmit Schwerpunkt in präfrontalen Arealen aufweisen[18, 19].

Eine grosse Zahl von Familien-, Adoptions- und Zwil-lingsstudien belegen, dass genetische Faktoren einemgrossen Anteil der phänotypischen Varianz der Störungzugrunde liegen. Schätzungen gehen von einer durch-schnittlichen Heritabilität von bis zu 0,7 aus. Diese Da-ten konnten jedoch bisher nicht anhand molekularge-netischer Studien repliziert werden. Es zeigte sich, dassdas Auftreten einer ADHS nicht auf die Veränderung ei-nes einzelnen Gens zurückzuführen ist. Vielmehr ist imSinne einer multifaktoriellen Genese an Wechselwir-

kungen verschiedener Gene und exogener Faktoren zudenken [20].

Als weitere ätiologische Faktoren werden die präna-tale Exposition mit Noxen wie Alkohol und Nikotin,niedriges Geburtsgewicht aber auch soziale Deprivati-on diskutiert [21].

1.3 Prävalenz der ADHS bei Kindern und Erwachsenen

Die Prävalenz von ADHS in der Normalbevölkerungwird bei Kindern auf 3 bis 6% geschätzt [1], wobei Kna-ben zwei bis vier Mal häufiger betroffen sind alsMädchen [22]. Verlaufsstudien haben gezeigt, dass bei33% bis 50% der betroffenen Kinder die Störung im Er-wachsenenalter fortbesteht [4, 23]. Demnach ist davonauszugehen, dass 2 bis 3% der Erwachsenen die Kriteri-en einer ADHS erfüllen [4]. Neuere Studien zur Präva-lenz bei Erwachsenen ergaben Werte von 4,4% [24] be-ziehungsweise 2,9% [25], wobei sich mehr Männer alsFrauen als auffällig erwiesen.

1.4 Epilepsie und ADHS

Verschiedene ursächliche Faktoren hoher Komorbi-ditätsraten von ADHS und Epilepsie werden diskutiert:die epileptische Funktionsstörung selbst, die der Epilep-sie zugrundeliegende Läsion bzw. Erkrankung, die an-tiepileptische Medikation oder die psychische Reaktionauf die Tatsache, von einer chronischen Epilepsie betrof-fen zu sein. Letztlich kann die ADHS auch völlig unab-hängig von einer Epilepsie auftreten [10]. Als Mediatorzwischen den zwei Störungen werden durch die Epilep-sie verursachte Dysregulationen im noradrenergen System, sowie strukturelle oder funktionelle Läsionendes frontalen Kortex diskutiert. Andere Ansätze gehenvon einer gemeinsamen Ursache der zwei Störungenaus. Aufgrund der erhöhten Prävalenz von ADHS beiKindern noch vor dem ersten epileptischen Anfall wirdzudem diskutiert, ob die ADHS möglicherweise einerEpilepsie vorangeht [26].

1.5 Prävalenz von ADHS bei Kindern und Erwachsenen mit Epilepsie

Insgesamt wurden bisher nur wenige Studien zurPrävalenz von Symptomen einer Aufmerksamkeits-störung bei Kindern mit Epilepsie durchgeführt. Datenzur Auftretenshäufigkeit sekundärer ADHS bei Erwach-senen sind nach unserer Kenntnis bisher nicht publi-ziert worden.

In zwei Übersichtsarbeiten wurden Prävalenzschät-zungen von 8 bis 77% für Kinder und Jugendliche be-schrieben [2, 5, 27, 28]. Die erhebliche Streubreite inden Schätzungen basiert nach Schubert (2005) [2] auf

115

Epileptologie 2007 Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit

Unterschieden in der Stichprobengrösse, Alter und Ge-schlecht, Art und Schwere der Epilepsie, Art der Daten-erhebung und Diagnosekriterium. Zudem wurden eini-ge Studien nicht auf konfundierende Effekte der antie-pileptischen Behandlung korrigiert. Eine Betrachtungder Verteilung der Prävalenzschätzungen der Einzelstu-dien zeigt, dass die Prävalenz von sekundärer ADHS beiKindern mit Epilepsie bei 30% liegen dürfte. Das heisst,bei Kindern mit Epilepsie ist von einer, gegenüber nicht-epileptischen Kindern, um den Faktor vier bis sechs er-höhten Prävalenzrate auszugehen [5, 8, 29-33]. Als wei-teres Ergebnis dieser Studien zeigte sich, dass das Ge-schlecht im Gegensatz zu nichtepileptischen Kindernmit ADHS keinen prädiktiven Wert bezüglich der Auftre-tenshäufigkeit hat [5, 26].

Die oben erwähnten Studien sind in Tabelle 1 zu-sammengefasst.

1.6 Epilepsie, Kognition und Aufmerksamkeits-störungen

In einem vereinfachten Modell kann man vier inter-agierende Faktoren unterscheiden, welche bei Epilep-siepatienten einen Einfluss auf die Kognition ausübenkönnen. Dies sind einerseits morphologische Merkmalewie stabile oder progressive Läsionen, die dazu tendie-ren, irreversible Schädigungen am Gehirn hervorzuru-fen. Zweitens sind funktionelle Faktoren wie zum Bei-spiel interiktale Entladungen, Anfälle, antiepileptischeMedikation, psychiatrische Komorbiditäten und psycho-soziale Faktoren zu nennen. Zwei weitere, nur schwerzu trennende Faktoren, stellen klinische Variablen wiebeispielsweise die Lokalisation der epileptogenen Zoneund demographische Variablen wie das Geschlecht oderdas Alter bei Beginn beziehungsweise die Dauer derEpilepsie dar [34, 35].

Im Folgenden werden Faktoren der Epilepsie erläu-tert, für die in der Literatur Zusammenhänge zu Störun-

gen von Aufmerksamkeitsfunktionen berichtet wurden. Antiepileptika: Die Behandlung mit Antiepileptika

(AED) kann kognitive Fähigkeiten und Verhalten durcheine bessere Anfallskontrolle verbessern oder zumin-dest erhalten, es kann aber auch zu kognitiven Beein-trächtigungen durch die Beeinflussung spezifischerneurochemischer Systeme kommen [36]. Als gesichertgilt: 1. Dass Präparate mit zentral sedierender Wirkungzu kognitiven und auch emotionalen Beeinträchtigun-gen prädisponieren, 2. eine Reduktion in der Anzahl ver-schiedener Antiepileptika zu einer Verbesserung derkognitiven Leistungen führt und 3. eine höhere Serum-konzentration von Antiepileptika mit grösseren kogniti-ven Beeinträchtigungen assoziiert ist [37].

Geschlecht und Familie: Demographische Risikofak-toren konnten nicht als konsistente Prädiktoren atten-tionaler Probleme bestätigt werden. Bisherige Befunde

bezüglich geschlechtsspezifischer Unterschiede sind in-konsistent, weisen aber nicht auf eine erhöhte Präva-lenz von sekundärer ADHS bei Knaben hin. Der Zusam-menhang einer Familiengeschichte sekundärer ADHSund Epilepsie wurde bisher nicht untersucht [9].

Alter bei Beginn und Dauer der Epilepsie: Ein früherBeginn der Epilepsie ist häufig mit kognitiven Beein-trächtigungen, wie beispielsweise einer reduziertenverbalen Merkspanne oder eingeschränkten Aufmerk-samkeitsleistungen, assoziiert. Zudem kann eine aktiveEpilepsie die Hirnreifung sowie die Ausbildung höhererHirnfunktionen stören [37, 38].

Lokalisation und Lateralisation: Die Lokalisation desAnfallsfokus wird als möglicher Prädiktor von Aufmerk-samkeitsstörungen und sekundärer ADHS betrachtet.So wurde bei Kindern mit Frontallappenepilepsie (FLE)und Temporallappenepilepsie (TLE) eine höhere Präva-lenz von sekundärer ADHS nachgewiesen, was mit demModell der ADHS als Störung exekutiver Funktionenvereinbar wäre [39, 40]. Befunde zur Lateralisation sindbisher inkonsistent, wobei häufiger Aufmerksam-

116

Tabelle 1: Prävalenz von sekundärer ADHS bei Kindern mit Epilepsie

Studie Prävalenzschätzung in %Schubert, 2005 [2] 1,6 – 54 (Review)Dunn et al., 2003 [5] 8 – 77 (Review)

37,7Dunn, Austin, Huster, 1997 [29] 24Gross-Tsur et al., 1997 [30] 20Caplan et al., 1998 [31] 25 (mit komplex-fokalen Anfällen)

26 (mit primär generalisierten Anfällen)Semrud-Clikeman & Wical, 1999 [32] 33Thome-Souza et al., 2004 [33] 29,1Sherman, Slick, Connolly, Eyrl, 2007 [8] 29,1 inattentiver Subtypus

34,0 kombinierter Subtypus2,5 hyperaktiver-impulsiver Subtypus

Epileptologie 2007Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit 117

keitsprobleme bei Kindern mit rechtslateralen epilepti-formen Entladungen gefunden wurden [9].

Interiktale Entladungen: Einen weiteren Risikofak-tor stellen transiente kognitive Beeinträchtigungenwährend subklinischer epileptiformer Entladungen dar,die die Aufmerksamkeit und andere kognitive Funktio-nen, auch in Abwesenheit eines klinischen Anfalls, be-einträchtigen können [2].

Anfallsart: Die meisten Studien stimmen zudemdarin überein, dass generalisierte Anfälle im Gegensatzzu fokalen eher zu Aufmerksamkeitsproblemen führen[2]. Patienten mit generalisierten Anfällen, insbesonde-re tonisch-klonischen, zeigen Minderleistungen in Auf-gaben, welche nur mit erhaltener Daueraufmerksam-keit gelöst werden können [35]. Nur das Auftreten einesStatus epilepticus erhöhte das Risiko kognitiver Beein-trächtigungen über jenes von generalisierten tonisch-klonischen Anfällen hinaus [41] .

In Tabelle 2 sind die möglichen Risikofaktoren einersekundären ADHS bei Patienten mit Epilepsie aufge-führt.

2. Untersuchungsziel

Ziel der Studie war es, an Epilepsiepatienten desSchweizerischen Epilepsie-Zentrums die Häufigkeit undSchwere subjektiv wahrgenommener Symptome einersekundären ADHS bei Kindern und Erwachsenen ge-trennt zu erheben. Zusätzlich wurde untersucht, ob einfrühes Alter bei Beginn sowie eine lange Dauer der Epi-lepsie, das Auftreten von generalisierten tonisch-kloni-schen Anfällen (GTKA) und die medikamentöse antiepi-leptische Behandlung (Dosis, Poly- vs. Monotherapie,klassische vs. neue Antiepileptika) überzufällig im Zu-

sammenhang mit einem gehäuften Auftreten von Symp-tomen einer sekundären ADHS stehen.

3. Methoden

Das Ausmass der Störungsmerkmale wurde mittelsFragebögen erhoben, welche es erlauben, die Ausprä-gung ADHS-spezifischer Symptome einzuschätzen. Umein möglichst breites Bild der Symptomatik zu erhaltenund eine konservative Prävalenzschätzung des Vorlie-gens von ADHS-Symptomen zu gewährleisten, wurdenbei Kindern und Erwachsenen jeweils zwei Fragebögenbenutzt. Die Daten zur Epilepsie wurden aus den Kran-kenakten der Patienten erhoben.

3.1 Stichprobe

Erfasst wurden 580 Patienten, die von Januar 2006bis Juni 2006 am Schweizerischen Epilepsie-Zentrumstationär oder ambulant behandelt wurden. Ausge-schlossen wurden Patienten, die die deutsche Sprachenicht in genügendem Ausmass beherrschten, um den Fragebogen zu beantworten, Patienten mit unbekann-ter oder ungesicherter Diagnose, geistiger Behinde-rung, einer bekannten Massenläsion oder einer bekann-ten progredienten Erkrankung. Schliesslich konnten Da-ten von 198 Erwachsenen und 44 Kindern ausgewertetwerden, die zum Erhebungszeitpunkt sicher an einerEpilepsie erkrankt waren und kein Ausschlusskriteriumerfüllten.

Tabelle 2: Risikofaktoren für Unaufmerksamkeit oder sekundäre ADHS bei Menschen mit Epilepsie

Demographische Faktoren• Geschlecht: Knaben mit erhöhtem Risiko – inkonsistent [9, 22]• Familiengeschichte von ADHS – wahrscheinlich [9, 14] • Tiefes Alter bei Beginn der Epilepsie [42]• Lange Dauer der Epilepsie [34, 35, 38]

Neurologische Variablen• Lernstörungen oder mentale Retardation [43]• Frontallappenschädigung – mögliche Assoziation [39]

Anfallsassoziierte Variablen• Unbehandelbare Anfälle [9]• Auftreten von generalisierten tonisch-klonischen Anfällen [35]• Status epilepticus in der Vorgeschichte [41]• Fokus im Frontal- oder Temporallappen – inkonsistent [39]• Rechtsseitige epileptiforme Entladungen oder Anfallsfokus [9]• Regelmässige subklinische Entladungen – möglich [2]• Antiepileptika [2, 36]

118 Epileptologie 2007 Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit

3.2 Fragebögen für Kinder und Jugendliche

Bei Patienten im Alter von 4 bis 16,9 Jahren wurdenfolgende Fragebögen zur Fremdbeurteilung eingesetzt:1. CPRS-R:S (Elternbeurteilungsbogen nach Conners

[44])Die Conners-Skalen [44] gelten seit langer Zeit alsStandardinstrument zur Beurteilung von ADHS beiKindern und Jugendlichen und basieren auf denDSM-IV-Symptomkriterien. Der Elternfragebogen be-steht aus 27 Items und erfasst die drei Subskalen op-positionelles Verhalten, kognitive Probleme/Unauf-merksamkeit und Hyperaktivität sowie einen so ge-nannten ADHS-Index, welcher sich aus den drei Sub-skalen zusammensetzt.Als Schwellenwert wurde ein T-Wert von ≥ 66 ge-wählt, der gemäss Fragebogenautoren klinisch signi-fikante Probleme anzeigen sollte.

2. SDQ (“Strength and Difficulties Questionnaire” [45])Der SDQ ist ein 25 Items umfassender Verhaltens-Screening-Fragebogen für Kinder und Jugendliche.Der Fragebogen erfasst folgende fünf Subskalen:emotionale Probleme, Betragensprobleme, Hyperak-tivität/Unaufmerksamkeit, Verhaltensprobleme mitGleichaltrigen und prosoziales Verhalten. Die vier ersten Subskalen lassen sich zu einem Gesamtprob-lemwert zusammenfassen. Die Subskala Hyperakti-vität/Unaufmerksamkeit stellt in dieser Studie einenwichtigen Baustein für die Erhebung der ADHS-Symptomatik dar. Folgende Schwellenwerte für dasVorliegen von Symptomen wurden in dieser Studieverwendet: Gesamtproblemwert 17/40; emotionaleProbleme 5/10; Verhaltensprobleme 4/10; Hyperak-tivität/Unaufmerksamkeit 7/10; Verhaltensproble-me mit Gleichaltrigen 4/10 und prosoziales Verhalten0/4.

3.3 Fragebögen für Erwachsene

Bei Patienten ab 18. Lebensjahr wurden folgendezwei Fragebögen zur Selbstbeurteilung eingesetzt:1. ADHD-SB (Instrumente zur Diagnose der adulten

ADHS, Selbstbeurteilungsskala, M. Rösler und W.Retz, 2004, [46]) Der ADHS-SB besteht aus 22 Itemszur Erfassung der Symptomatik der adulten ADHS.Der Fragebogen lässt sich in die Skalen Aufmerksam-keit, Hyperaktivität und Impulsivität unterteilen, wel-che zu einer Gesamtskala zusammengefasst werdenkönnen. Zu 18 psychopathologischen Merkmalenkommen vier weitere Kriterien hinzu, die sich auf dasAlter bei Störungsbeginn, das mit der Symptomatikverbundene Leiden, dessen Generalisierung in ver-schiedenen Lebensfeldern und auf berufliche Schwie-rigkeiten und Kontaktprobleme beziehen. Die Auto-ren der ADHS-SB bieten drei verschiedene Schwellen-werte mit unterschiedlicher Spezifität und Sensiti-vität an. Für diese Untersuchung wurde ein

Schwellenwert von 15 gewählt, da bei diesem Werteine ausgeglichene Sensitivität (77%) und Spezifität(75%) erreicht werden [46].

2. WURS-k („Wender Utah Rating Scales“, Wender, P.H.,1995, [47]) Die Diagnosestellung einer ADHS beimErwachsenen erfordert die retrospektive Erfassungvon Krankheitssymptomen, die bereits in der Kind-heit bestanden haben müssen. Der Patient wird auf-gefordert, retrospektiv den Ausprägungsgrad kindli-cher Eigenschaften und Wesensarten einzuschätzen.Die WURS-k besteht aus 25 Items. Eine Faktorenana-lyse ergab eine 5-Faktoren-Lösung, welche die Itemsin folgende Gruppen unterteilt: Aufmerksamkeits-störung und Überaktivität, Impulsivität, Ängstlich-depressive Symptomatik, Protestverhalten undStörung der sozialen Adaption. Der Schwellenwertder WURS-k liegt bei 30 Gesamtwertpunkten [23].Dabei liegt die Sensitivität bei 85%, die Spezifität bei76%.

3.4 Demographische und klinische Daten

Zusätzlich wurden Daten zu folgenden Patienten-merkmalen aus den Behandlungsunterlagen erhoben:• Geschlecht• Alter • Bildungsstand • Alter bei Beginn der Epilepsie• Dauer der Epilepsie• Klassifikation des Epilepsiesyndroms nach ILAE (In-

ternational League Against Epilepsy)• Klassifikation der Anfallsarten nach ILAE• Häufigkeit der epileptischen Anfälle in den letzten 12

Monaten• Ätiologie der Epilepsie • Antiepileptika und Tagesdosis

4. Ergebnisse

4.1 Stichprobencharakteristik

Die aus den individuellen Krankenakten erhobenendemographischen und klinischen Variablen sind in Tabelle 3 aufgeführt.

4.2 Prävalenz sekundärer ADHS-Symptome

4.2.1 Kinder und Jugendliche

Conners Parents Rating Scales Revised (CPRS-R) In der CPRS-R erwiesen sich in der Subskala Opposi-

tionelles Verhalten sieben Kinder (15,9%), bei Hyperak-tivität 10 Kinder (22,7%) und bezogen auf kognitive Probleme/Unaufmerksamkeit 15 Kinder (34,1%) als

Epileptologie 2007Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit 119

auffällig. Das Merkmal Kognitive Probleme/Unauf-merksamkeit ist somit am häufigsten auffällig. Insge-samt 14 Kinder oder 31,8% zeigten im ADHS-Index auf-fällige Werte.„Strengths and Difficulties Questionnaire“ (SDQ)

Im SDQ zeigten 12 Kinder (27,3%) emotionale Prob-leme, jeweils 10 Kinder (22,7%) fallen durch Verhaltens-probleme oder Hyperaktivität/Unaufmerksamkeit auf.Verhaltensprobleme mit Gleichaltrigen bestanden bei15 Kindern (34,1%). Die Beurteilungskategorie Prosozia-les Verhalten war dagegen nur bei vier Kindern (9,1%)auffällig. Im Gesamtproblemwert lagen 13 Kinder oder29,5% der Stichprobe über dem Schwellenwert.

Die Gesamtskalen der CPRS-R und des SDQ korrelier-ten signifikant (r=.736, p < .01). In Abbildung 1 ist derProzentsatz auffälliger Kinder in den Skalen der CPRS-Rund SDQ grafisch dargestellt.

Prävalenz sekundärer ADHS-Symptomatik bei Kindernund Jugendlichen

10 Kinder (22,7%) lagen in beiden Fragebögen (dasheisst im SDQ-Gesamtproblemwert und dem ConnersADHS-Index) über dem Schwellenwert, und erfüllen so-mit auch konservative Kriterien einer sekundären ADHS. Mit rund 23% erweist sich die Prävalenz bei Kin-dern und Jugendlichen mit Epilepsie, die am Schweize-rischen Epilepsie-Zentrum behandelt wurden, gegen-über der geschätzten Prävalenz von 3 bis 5% [4] bei Kin-dern und Jugendlichen aus der Normalbevölkerung alsdeutlich erhöht (Abbildung 2).

Zwischen den Gruppen mit und ohne sekundärerADHS-Symptomatik konnte kein Geschlechtsunter-schied nachgewiesen werden.

Tabelle 3: Demographische und klinische Stichprobenkennwerte

Stichprobe Kinder ErwachseneAnzahl Patienten/ Geschlecht (w/m) 44 (25/19) 198 (106/92)Epilepsiesyndrom (ILAE)generalisiert 17 (38,6%) 26 (13,1%)fokal 27 (61,4%) 163 (82,3%)unbestimmt - 9 (4,5%)Alter 10,7 (SD 3,2) 38,5 (SD 14,8)Alter bei Epilepsiebeginn 5,6 (SD 3,4) 19,5 (SD 13,7)Dauer der Epilepsie 5,1 (SD 3,6) 18,8 (SD 14,2)Patienten mit GTKA 23 (52,3%) 167 (84,3%)in der VorgeschichteAntiepileptika: Patienten mitBBX - 2BR 1 -CBZ 3 41CLB 5 8ESM 2 2FBM - 1GBP - 2LEV 13 42LTG 15 85MSM - 1OXC 7 17PB - 11PHT - 12STM 3 2TPM 5 9VPA 13 37Keine Antiepileptika 2 6Mono/Polytherapie 22/20 123/69

120 Epileptologie 2007 Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit

4.2.2 Erwachsene

ADHS-Selbstbeurteilungsskala (ADHS-SB)Bei der Beurteilung der aktuellen Ausprägung von

Symptomen einer sekundären ADHS erwiesen sich inder Subskala Unaufmerksamkeit 72 Personen (36,4%),bei Überaktivität 74 Personen (37,4%) und bezogen aufImpulsivität 142 Personen (71,7%) als auffällig. Insge-samt 63 Personen oder 31,8% der Erwachsenenstich-probe hatten einen Summenwert in der ADHS-SB-Ge-samtskala, der über dem Schwellenwert von 15 lag.

“Wender Utah Rating Scale”-Kurzform (WURS-k)Bei insgesamt 31 Erwachsenen (15,7%) war ein

Summenwert über dem Schwellenwert von 30 gege-ben, der als Hinweis auf das Bestehen einer ADHS in derKindheit interpretiert wird.

Eine Analyse der 5-Faktoren der WURS-k zeigte inÜbereinstimmung mit der Literatur [23], dass auch inunserer Stichprobe Symptome von Aufmerksamkeits-störungen und Überaktivität am stärksten ausgeprägtwaren, gefolgt von Impulsivität und ängstlich-depressi-ver Symptomatik. Am schwächsten ausgeprägt warendie Kategorien Protestverhalten und Störungen der so-zialen Adaption.

Die Gesamtskalen der ADHS-SB und der WURS-kkorrelierten moderat miteinander (r=.44, p<.01). In Ab-bildung 3 ist der Prozentsatz auffälliger Patienten in al-len Fragebögen aufgeführt, deren Rohwerte über denjeweiligen Kriteriumsgrenzen liegen.

Prävalenz sekundärer ADHS-Symptomatik bei Erwachse-nen

Insgesamt 18 Erwachsene (9,1%) hatten erhöhte Ge-samtskalenwerte in der ADHS-SB und der WURS-k überden jeweiligen Schwellenwerten für das wahrscheinli-che Bestehen einer ADHS entsprechend ICD-10- oderDSM-IV-Kriterien. Der errechnete Prävalenzwert vonrund 9% übersteigt die Schätzungen von 2 bis 3% [4] in

CPRS-R-Skalen

A) oppositionelles Verhalten

B) kognitive Probleme/Unaufmerksamkeit

C) Hyperaktivität

D) ADHS-Index

SDQ-Skalen

E) emotionale Probleme

F) Verhaltensprobleme

G) Hyperaktivität/Unaufmerksamkeit

H) Verhaltensprobleme mit Gleichaltrigen

I) prosoziales Verhalten

J) SDQ-GesamtproblemwertI I I I I I I I I IA B C D E F G H I J

50 -

45 -

40 -

35 -

30 -

25 -

20 -

15 -

10 -

5 -

0 -

% ü

ber

Sch

wel

len

wer

t

Fragebogenskalen CPRS-R und SDQ

Abbildung 1: Prozentsatz auffälliger Kinder in den Skalen der CPRS-R und des SDQ

15,9

34,1

22,7

31,8

27,3

22,7 22,7

34,1

9,1

29,5

Abbildung 2: Verteilung der Patienten mit Fragebogenwerten

über oder unter dem kritischen Schwellenwert

Kinder mit Epilepsie 100% (44)

CPRS-R SDQ

31,8% 22,7% 29,5%

(14) (10) (13)

Keine ADHS-Symptomatik

61,4% (27)

ADHS-SB-Skalen

A) Unaufmerksamkeit

B) Hyperaktivität

C) Impulsivität

D) Gesamtskala

WURS-k

E) Gesamtskala

I I I I IA B C D E

80 -

70 -

60 -

50 -

40 -

30 -

20 -

10 -

0 -

% ü

ber

Sch

wel

len

wer

t

Fragebogenskalen ADHS-SB und WURS-k

Abbildung 3: Prozentsatz auffälliger Erwachsener in den

Skalen der ADHS-SB und der WURS-k-Gesamtskala

36,4 37,4

71,7

31,8

15,7

Epileptologie 2007Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit

der erwachsenen Normalbevölkerung deutlich (Abbil-dung 4).

Auch bei erwachsenen Epilepsiepatienten bestandkein Geschlechterunterschied hinsichtlich der Vertei-lung auffälliger Skalenwerte in beiden Fragebögen. Je-doch war der WURS-k- Gesamtwert bei den Männerngegenüber Frauen signifikant erhöht (p=.047). DieserEffekt ist gemäss Literatur [23] jedoch auch in der Nor-malbevölkerung zu beobachten.

4.3 Einfluss von generalisierten tonisch-kloni-schen Anfällen (GTKA)

Die statistische Auswertung zeigte, dass Patientenmit GTKA in der Anamnese nicht häufiger in den Grup-pen mit wahrscheinlicher sekundärer ADHS-Sympto-matik vertreten waren als Patienten ohne GTKA in derAnamnese.

Aktueller Einfluss von generalisiert tonisch-kloni-schen Anfällen

Um den Einfluss von primär und sekundär GTKA aufdie ADHS-Symptome zu überprüfen, wurde sowohl beiKindern als auch Erwachsenen ein Gruppenvergleichzwischen Patienten mit oder ohne GTKA in den letzten12 Monaten durchgeführt. Bei den Erwachsenen wurdeder Einfluss der GTKA nur auf die aktuelle Symptomatikim ADHS-SB erfasst.

Bei den Kindern und Jugendlichen mit GTKA (n=9)zeigten sich erhöhte Werte in den Hyperaktivitätsska-len des CPRS-R (p=.005) und SDQ (p=.031) im Vergleichzu Patienten ohne GTKA (n=7) in den letzten 12 Mona-ten. Es zeigte sich zudem, dass die CPRS-R-Hyperakti-vitätsskala signifikant mit der Anfallsfrequenz korreliert(r=.626; p=.010).

Bei den Erwachsenen zeigte ein Vergleich von Patien-ten mit GTKA in den letzten 12 Monaten (n=47) mit Pa-

tienten ohne GTKA (n=110) signifikante erhöhte Mittel-werte in der Gruppe mit GTKA in den ADHS-SB-SkalenÜberaktivität (p=.001) und Aufmerksamkeit (p=.020).Korrespondierend zeigten sich signifikante Korrelatio-nen zwischen der Anfallsfrequenz und den ADHS-SB-Subskalen Aufmerksamkeit (r=.206; p=.010) und Überaktivität (r=.307; p=.000).

4.4 Einfluss des Alters bei Beginn und der Dauerder Epilepsie

Insgesamt konnte sowohl bei den Kindern und Ju-gendlichen als auch bei den Erwachsenen kein signifi-kanter Zusammenhang zwischen der Dauer und demAlter bei Beginn der Epilepsie mit Symptomen einer se-kundären ADHS gefunden werden.

4.5 Einfluss der antiepileptischen Medikation

Aufgrund der Stichprobengrösse konnte der Einflussder Medikation nur in der Erwachsenenstichprobe un-tersucht werden. Ein signifikanter Einfluss von klassi-schen versus neuen Antiepileptika, Polytherapie versusMonotherapie und hochdosierter antiepileptischer Me-dikation auf die Ausprägung einer sekundären ADHSkonnte nicht nachgewiesen werden.

5. Diskussion

Die hier untersuchte Stichprobe von Epilepsiepati-enten des Schweizerischen Epilepsie-Zentrums zeigteeine deutlich erhöhte Prävalenz subjektiv wahrgenom-mener Symptome von Aufmerksamkeitsproblemen, Hy-peraktivität und Impulsivität im Vergleich zur Normal-population. Die ADHS-Symptomerhebung mittels Fra-gebögen und konservativen Schwellenwerten ergab beiKindern und Jugendlichen eine Häufigkeit von 22,7%auffälliger Befunde. Die Prävalenz sekundärer ADHS beiKindern mit Epilepsie könnte somit bis zu sechs Malhöher liegen als in der Normalpopulation, welche nachBarkley und Murphy auf 3 bis 6% geschätzt wird [1].

Bei den Erwachsenen erwiesen sich 9,1% der Studi-enteilnehmer sowohl in der retrospektiven als auch inder aktuellen Einschätzung von sekundären ADHS-Symptomen als auffällig.

Verglichen mit der Prävalenz in der gesunden Nor-malpopulation der Erwachsenen, die zwischen 2% und4% liegt [1, 24, 25], zeigte sich bei Erwachsenen unsererStichprobe eine um den Faktor 2 bis 3 erhöhte Präva-lenzrate. Einschränkend muss jedoch angefügt werden,dass es sich bei der Kombination von WURS-k und ADHS-SB um eine noch wesentlich konservativereSchätzung handelt, als dies bei der Kombination derKinderfragebögen der Fall ist. Wird nur die aktuelle Aus-prägung sekundärer ADHS-Symptome mittels ADHS-SB

121

Abbildung 4: Verteilung der Patienten mit Fragebogenwerten

über oder unter dem kritischen Schwellenwert

Erwachsene mit Epilepsie 100% (198)

ADHS-SB WURS-k

31,8% 9,1% 15,7%

(63) (18) (31)

Keine ADHS-Symptomatik

61,1% (121)

122

erfasst (Cutoff ≥15), ergäbe sich eine Prävalenz von31,8%. Bei Anwendung eines höheren Cutoffs von ≥18beträgt die Auftretenshäufigkeit 22,2%, die der bei Kin-dern mit Epilepsie entspricht.

Im Gegensatz zur Normalpopulation zeigte sich we-der bei Kindern noch bei Erwachsenen unserer Stichpro-be ein Geschlechtsunterschied hinsichtlich der Häufig-keit und Ausprägung der ADHS-Symptome, was sichmit Daten anderer Autoren deckt [5].

Waren in der Krankengeschichte der Patienten gene-ralisiert tonisch-klonische Anfälle zu eruieren, führtedies nicht per se zu erhöhten Werten in den verwende-ten Skalen. Eine stärkere Ausprägung von ADHS-Symp-tomen war jedoch dann gegeben, wenn sich in den letz-ten 12 Monaten GTKA ereigneten [2, 35].

Ein Zusammenhang mit dem Alter bei Beginn derErkrankung oder der Dauer der Erkrankung, sowie einsignifikanter negativer Effekt von Polytherapie, hoherTagesdosis an Antiepileptika oder der Verwendung älte-rer Antiepileptika auf die aktuelle Ausprägung derSymptome einer sekundären ADHS konnte in dieserStudie nicht nachgewiesen werden. Insbesondere hin-sichtlich der Medikation war eine sehr grosse Variabi-lität gegeben, was die statistische Power und die Aussa-gefähigkeit der Analyse minderte. Insgesamt bestäti-gen die vorliegenden Daten die Publikationen, die dieADHS-Symptomatik als eine häufige und bedeutsameKomorbidität der Epilepsie ansehen [3, 5, 8, 9]. Die Ge-neralisierbarkeit der Prävalenzschätzungen unserer,aber auch anderer Studien ist dadurch eingeschränkt,dass eine anfallende, konsekutive Stichprobe an einemtertiären Versorgungszentrum rekrutiert wurde und ei-ne erhebliche Zahl von Patienten ausgeschlossen wer-den musste. Die Häufigkeit subjektiv beklagter Beein-trächtigungen im Sinne einer ADHS-Symptomatik dürf-te bei Erhebungen im Bereich der Primärversorgung vonEpilepsiepatienten geringer sein, doch sicherlich dieschon hohe Basisrate von bis zu 6% bei Kindern bzw. 4%bei Erwachsenen deutlich übersteigen.

6. Ausblick und klinische Implikationen

Der Befund deutlich erhöhter Prävalenzraten vonSymptomen einer Aufmerksamkeitsstörung bei Kindernund Erwachsenen mit Epilepsie wirft die Frage eines Be-darfs zielgerichteter medizinischer und psychologischerDiagnostik und Behandlung von ADHS-Symptomen beiEpilepsiepatienten auf.

Diese Studie zeigt, dass es mit einfachen Instrumen-ten mit geringem Aufwand möglich ist, Hinweise aufdas etwaige Bestehen von subjektiv bedeutsamen Auf-merksamkeitsstörungssymptomen zu erfassen. Ein auf-fälliger Wert in einem Fragbogen weist aber lediglichauf das wahrscheinliche Bestehen einer Störung hinund ersetzt nicht eine weitergehende Diagnostik, wiezum Beispiel eine neuropsychologische Untersuchung.

Für den Kinderbereich haben sich sowohl der SDQ

[45], wie auch die Conners-Skalen [44] bewährt, dieauch gern von Pädiatern und Kinder- und Jugendspsy-chiatern eingesetzt werden. Da Kindern in der Schuleein hohes Vermögen an Aufmerksamkeit und Konzent-ration abverlangt wird, sind weitere diagnostische Mass-nahmen bei Kindern mit Epilepsie und einer ADHS-Symp-tomatik unabdingbar, um eine bestmögliche Förderungzu erzielen und um weitere Entwicklungsrisiken, wiezum Beispiel psychische Fehlanpassungen, zu vermei-den. (Siehe dazu auch Epileptologie 1 /2007).

Für ein Screening von Erwachsenen empfehlen wirden ADHS-SB [46]. Sollte der Summenwert grösser als15 sein, empfehlen wir ergänzend den Einsatz desWURS-k [47], um bereits in der Kindheit bestehendeSymptome zu erfassen und die Indikation einer neuro-psychologischen Untersuchung zu prüfen.

Die epileptologische Abklärung von Kindern und Er-wachsenen sollte unter anderem ein besonderes Au-genmerk auf die Faktoren richten, die potenziell Auf-merksamkeitsfunktionen beeinträchtigen können. Da-zu zählen die Anfallsfrequenz insbesondere von genera-lisiert tonisch-klonischen Anfällen, eine hohe Frequenzinteriktualer epileptischer Veränderungen im EEG,Störungen der Schlafarchitektur, und hoch-dosierte An-tiepileptika in Polymedikation.

Bestehen die Probleme im Aufmerksamkeitsbereichtrotz einer aktuell bestmöglichen Behandlung der Epi-lepsie und eventuell auch relevanter Komorbiditätenfort, dann sollte auch die Frage einer medikamentösenBehandlung der Aufmerksamkeitsstörungssymptoma-tik bei Kindern wie bei Erwachsenen in Erwägung gezo-gen werden. Auch wenn die Datenlage gegenwärtignoch als unzureichend zu beurteilen ist, zeigen Anwen-dungsbeobachtungen bei Kindern und Erwachsenen,dass die Medikation mit Methylphenidat nicht zu ei-nem erhöhten Anfallsrisiko führt und bei der Mehrheitder behandelten Patienten die Aufmerksamkeit zu ver-bessern vermag [9, 48-51]. Zum Einsatz anderer Sub-stanzen, zum Beispiel Atomoxetin oder Modafinil, lie-gen bisher nur Kasuistiken vor.

Das gehäufte Auftreten von ADHS-Symptomen beiEpilepsie ist klinisch wie wissenschaftlich eine grosseHerausforderung. Nach unserer Ansicht sind die aktuel-len Konzepte funktioneller Defizitzonen bei Epilepsieund multipler pathologischer Pfade bei ADHS möglicheSchnittstellen der Verknüpfung beider Störungsbilderund könnten uns in Zukunft helfen, die Epilepsie unddie ADHS besser zu verstehen.

Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric JokeitEpileptologie 2007

*Danksagung

Die vorliegende Studie wurde im Rahmen eines Lizenziatspro-

jekts am Lehrstuhl Neuropsychologie der Universität Zürich

von Herrn Martin Brunner realisiert. Allen beteiligten Mitar-

beiterinnen und Mitarbeitern des Schweizerischen Epilepsie-

Zentrums sei herzlich für die Unterstützung und das Engage-

ment gedankt. Insbesondere genannt seien T. Dorn, T. Grun-

wald, H. Juch, A. Jung, G. Krämer, J. Kröll, M. Kurthen, S. No-

vak, V. Reed, A. Sälke-Kellermann und H. Vogt.

Kahn-Preis Epileptologie

Zur Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten vonjüngeren Forschenden aus dem gesamten Gebiet derEpileptologie stellt die Jubiläumsstiftung der Bank Hugo Kahn für Epilepsieforschung einen Betrag von

bis zu 10’000 Franken

zur Verfügung. Der 1998 initiierte Preis kann sowohl zurAnerkennung bereits abgeschlossener Arbeiten als auchzur Unterstützung laufender Erfolg versprechender Pro-jekte aus klinischen oder theoretischen Fachgebieteneingesetzt werden. Das Höchstalter für Gesuchstellen-de beträgt 45 Jahre.

Einzureichen bis: Ende Mai 2008.

Prix Kahn de l’Epileptologie

Pour soutenir les jeunes chercheurs dans leurs tra-vaux sur tous les domaines de l’épileptologie, la Fon-dation érigée par la Banque Hugo Kahn met à la disposi-tion de la recherche sur l’épileptologie un montant

jusqu’à 10’000 francs.

Le prix créé en 1998 peut récompenser des travaux déjàachevés ou venir en aide aux projets prometteurs encours dans des domaines spécialisés cliniques ou théori-ques. La limite d’âge des candidats pouvant postuler aété fixée à 45 ans.

A soumettre jusqu’à: fin mai 2008.

Kahn Prize for Epileptology

To support the work of young researchers in theirwork in all areas of epileptology, the Foundation set upby the Banque Hugo Kahn has made the sum of

up to 10,000 Swiss francs

available to epileptology research. The prize, created in1998, can pay for work already done or can help pro-mising projects currently under way in specialist clinicalor theoretical areas. The age limit for candidates wish-ing to apply is 45.

To be submitted by: the end of May 2008.

Bewerbungen und Vorschläge sind bis Ende Mai 2008unter Beifügung der entsprechenden Unterlagen indreifacher Ausfertigung einzureichen an:

Schweizerische Liga gegen EpilepsieDr. med. Günter Krämer, PräsidentPostfach 1084Seefeldstrasse 84CH 8034 ZürichTel. 0041 43 488 67 77Fax 0041 43 488 67 [email protected]

Preisrichterkollegium: Dr. med. Günter Krämer, Zürich(Vorsitz), Prof. Dr. med. Paul-André Despland, Lausanne,und Prof. Dr. med. Theodor Landis, Genève.

Les candidatures et les propositions de candidats accompagnées d’un dossier en trois exemplaires sont àsoumettre jusqu’à fin mai 2008 à :

Ligue Suisse contre l’EpilepsieDr. Günter Krämer, PrésidentCase postale 1084Seefeldstrasse 84CH 8034 ZurichTél. 0041 43 488 67 77Fax 0041 43 488 67 [email protected]

Collège des juges: Dr. Günter Krämer, Zurich (prési-dence), Prof. Dr. Paul-André Despland, Lausanne, et Prof.Dr. Theodor Landis, Genève.

Candidates and applications from candidates accom-panied by three copies of their file should be submittedby the end of May 2008 to:

Swiss League Against EpilepsyDr. Günter Krämer, ChairmanP.O. Box 1084Seefeldstrasse 84 CH 8034 ZurichTel. 0041 43 488 67 77Fax 0041 43 488 67 [email protected]

Panel of Judges: Dr. Günter Krämer, Zurich (chairman),Prof. Dr. Paul-André Despland, Lausanne, and Prof. Dr.Theodor Landis, Geneva.

Epileptologie 2007Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit

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Korrespondenzadresse:PD Dr. Hennric JokeitSchweizerisches Epilepsie-Zentrum Bleulerstrasse 60CH 8008 ZürichTel. 0041 44 387 61 11Fax 0041 44 387 61 [email protected]

Aufmerksamkeitsstörungen und Epilepsie – Prävalenz von Symptomen … | Martin Brunner und Hennric Jokeit

Epileptologie 2007Emotion und soziale Kognition aus epileptologischer Sicht | Bettina Schmitz 125

Zusammenfassung

Kommunikationsstörungen spielen für die psycho-sozialen Probleme vieler Epilepsiepatienten eine ent-scheidende Rolle. Untersuchungen zu neuroanatomi-schen Korrelaten emotionaler und sozial kognitiver Leis-tungen haben zerebrale Netzwerke identifiziert, diehäufig auch bei fokalen Epilepsien epileptogen gestörtsind. Wenig verwunderlich zeigen deshalb auch Patien-ten, deren Epilepsien im Temporallappen oder Frontal-lappen generiert werden, Beeinträchtigungen in defi-nierbaren sozialen kognitiven Leistungen, insbesondereder emotionalen Wahrnehmung und so genannten„Theory of Mind“-Fähigkeiten. Diese Befunde sind fürdas Verständnis der psychiatrischen Komorbidität undsozialen Prognose bei Epilepsiepatienten ausgespro-chen relevant und könnten perspektivisch die Entwick-lung gezielter therapeutischer Interventionen ermögli-chen. Die Beobachtungen erweitern auch unser Ver-ständnis für die Funktion des limbischen Systems, ins-besondere der Amygdala, die als Schaltstelle für Affektenicht nur die subjektive Stimmung moduliert, sondernauch die emotionale Kommunikation steuert, und da-mit eine kritische Rolle für das Funktionieren zwi-schenmenschlicher Beziehungen übernimmt.

Epileptologie 2007; 24: 125 – 129

Schlüsselwörter: Persönlichkeit, affektive Störungen,soziale Kognition, emotionale Wahrnehmung, Epilepsie

Résumé

Les difficultés de communication sont une des clésdes problèmes psychosociaux que rencontrent de nom-breux patients épileptiques. Les études de corrélatsneuroanatomiques des performances émotionnelles etsociocognitives ont permis d'identifier des réseauxcérébraux souvent concernés par des dysfonctionne-ments épileptogènes en cas d'épilepsie focale. C'estdonc sans surprise que l'on constate aussi des lacunesdéfinissables dans les performances sociocognitives depatients dont l'épilepsie est générée dans le lobe tem-poral ou frontal, notamment au niveau de la perceptionémotionnelle et des facultés dites de la « théorie de l'es-prit ». Ces résultats sont d'une extrême importancepour la compréhension de la comorbidité psychiatriqueet le pronostic social de patients épileptiques et ouvrentde nouvelles perspectives pour la mise au point d'inter-

ventions thérapeutiques ciblées. Les observations élar-gissent aussi notre compréhension de la fonction du sys-tème limbique, en particulier de l'amygdale qui, en tantque centrale de commande d'affects, ne module passeulement l'humeur subjective, mais dirige aussi lacommunication émotionnelle, assumant ainsi un rôlecritique dans le fonctionnement des relations interhu-maines.

Mots clés : personnalité, troubles affectifs, cognition so-ciale, perception émotionnelle, épilepsie

Emotion and Social Cognition from an Epileptological Point of View

Many people with epilepsy display communicativeproblems and have difficulties to develop satisfying in-terpersonal relationships. Studies on neuranatomicalcorrelates of social cognitive functions have identifiedcerebral networks which are also often involved in epi-leptic disorders. It is therefore not surprising that recentstudies with patients suffering from temporal or frontallobe epilepsies have demonstrated impairments in spe-cific tasks of emotional recognition and theory of mind.Such findings are important for the better understand-ing of psychiatric comorbidity and social prognosis inepilepsy, and may allow the development of specifictreatment strategies for communicative deficits in thefuture. These findings are also interesting for the under-standing of the role of the limbic system and particular-ly the amygdala for affective problems in epilepsy,which not only manifest with depression and mood la-bility but also with interpersonal impairments relatedto deficits in emotional recognition.

Key words: Personality, affective disorders, social cogni-tion, emotional recognition, epilepsy

Emotion und soziale Kognition aus epileptologischer Sicht

Bettina Schmitz, Charité, Neurologische Klinik und Poliklinik, Berlin

126 Epileptologie 2007 Emotion und soziale Kognition aus epileptologischer Sicht | Bettina Schmitz

Es gibt Epilepsiepatienten, deren soziale Problemeschwer lösbar sind, auch dann, wenn die Anfallskontrol-le gelingt, wenn keine messbaren neuropsychologi-schen Defizite vorliegen und sich ein multiprofessionel-les Team engagiert einsetzt.

Warum fällt es manchen unserer Patienten schwer,Freunde zu finden? Warum leben viele Epilepsiepatien-ten ohne festen Partner, warum sind manche Epilepsie-patienten in ihrem Kollegenkreis wenig beliebt?

In der Sprechstunde haben wir die Gelegenheit,Kommunikationsstile und -störungen bei unseren Pati-enten unmittelbar zu erleben. Es gibt Patienten, die ei-nerseits sehr ausführlich und detailliert über ihre Be-schwerden berichten, sich andererseits sehr schwer tun,unsere Ratschläge anzunehmen. Das Arzt-Patienten-Gespräch läuft nicht rund, es ist „schlecht synchroni-siert“ (Zitat Martin Schöndienst). Manche Patientennehmen unsere nonverbalen Signale, die von den meis-ten Patienten schnell verstanden werden, nicht wahr.Sie reagieren nicht, wenn wir Ungeduld signalisieren,wenn wir vermitteln wollen, dass die Sprechstunden-zeit zum Ende gekommen ist (wenn wir die Akte de-monstrativ schliessen, auf die Uhr schauen, uns nachhinten lehnen, nichts mehr sagen, oder ungeduldigdreinblicken). So kann eine gereizte Atmosphäre entste-hen und die Sprechstunde endet mit einem unguten,unfertigen Gefühl auf beiden Seiten.

Die psychiatrische Erklärung heisst bei solchen Pati-enten häufig schlicht „Persönlichkeitsstörung“, oder et-was differenzierter „Persönlichkeitsstörung Cluster A“.Eine Diagnose, die auch dann häufig bemüht wird,wenn ein Rehabilitationsprozess trotz grossen Aufwan-des scheitert. Die Diagnose einer Persönlichkeits-störung ist aber nach wie vor für die betroffenen Patien-ten schwer akzeptabel, auch weil sich in der Regel keinetherapeutische Option ergibt.

Kommunikative Eigenschaften sind Syndrom-ab-hängig unterschiedlich ausgeprägt. Wir haben in einerkontrollierten Studie Patienten mit Juveniler Myokloni-scher Epilepsie (JME) und Temporallappenepilepsie (TLE)im Hinblick auf Persönlichkeitseigenschaften vergli-chen. Während standardisierte Persönlichkeitstests kei-ne Gruppenunterschiede ergaben, zeigten sich signifi-kante Unterschiede hinsichtlich der beruflichen Orien-tierung. JME-Patienten arbeiteten vorzugsweise inkommunikativen Berufen, während TLE-Patienten theo-retische Berufe bevorzugten ( jeweils 70%) [1]. Diese Er-gebnisse bestätigen syndromassoziierte Neigungenbzw. Schwächen, die empirisch bereits in der älteren Li-teratur beschrieben wurden [2].

Die deutsche Gesellschaft für Epileptologie hatte1998 eine Kommission beauftragt, im Rahmen ihrerJahrestagungen eine Fortbildungsreihe mit psychiatri-schem Schwerpunkt zu etablieren. Diese 1999 begon-nene und 2005 abgeschlossene Reihe befasste sich imJahre 2004 mit dem Thema der Persönlichkeitsstörun-gen bei Epilepsie (Synopsis bei [3]). Im Jahr 2005 stan-den „kommunikative Implikationen neurobiologischer

Befunde“ im Zentrum einer psychiatrischen Schwer-punktsitzung. Das jetzt im Rahmen der Dreiländerta-gung diskutierte Thema der emotionalen Wahrneh-mung bzw. sozialen Kognition ist eine logische Fortset-zung dieser Auseinandersetzung und schlägt einen Bo-gen zwischen klinischer Epileptologie einerseits undneurobiologischer Verhaltensforschung andererseits.

Wenn man in der älteren Literatur über die Persön-lichkeitsauffälligkeiten bei Epilepsiepatienten allge-mein bzw. Patienten mit Schläfenlappenepilepsien imBesonderen nachliest, stösst man auch auf Bemerkun-gen zu kommunikativen und emotionalen Besonderhei-ten. So beschreibt Stauder (1935) eine „egozentrische,selbstgerechte Einstellung“. Tellenbach (1966) bemerkt,dass die Patienten „zu natürlichem Mitschwingen un-fähig“ sind. Landolt (1960) beobachtet eine „eigentüm-liche Beziehungslosigkeit zu sich selbst und der Um-welt“, „konkrete und abstrakte Begriffe .... werden zunichts in lebendigem Zusammenhang gebracht“, „Kla-gen und Beschwerden wirken gedacht und nicht emp-funden“. Landolt bemerkt weiterhin: „Die Intelligenz ….besitzt keine Bedeutung für den Lebenserfolg“ (Zitateaus [2]).

Mit der Beschreibung des Geschwindsyndroms be-gann eine intensive Diskussion der Bedeutung des lim-bischen Systems für die Persönlichkeitsgestaltung.Nach Bear [4] ist die Temporallappenepilepsie ein Bei-spiel für ein sensorisch-limbisches Hyperkonnektivitäts-syndrom, dessen Persönlichkeitsprofil dem Kluver-Bucy-Syndrom als Diskonnektionssyndrom [5] gegenüber-stellt werden kann (Abbildung 1).

Das Geschwindsyndrom ist durch diverse affektiveBesonderheiten charakterisiert. Dazu zählen: Emotio-nalität, Euphorie, Traurigkeit, veränderte Sexualität, Är-ger, Aggression, Humorlosigkeit und Schuldgefühle. Inden letzten Jahren sind die affektiven Störungen beiEpilepsiepatienten systematisch untersucht worden.Aus diesen Studien ergibt sich nicht nur deren hohe Re-levanz für die Lebensqualität, sondern auch eine syn-dromabhängige Vulnerabilität. So kommen depressiveStörungen besonders häufig bei Patienten mit Tempo-rallappenepilepsien, insbesondere bei Patienten mitmesialer Temporallappenepilepsie, vor (Übersicht bei[6]).

Neben den mitunter schweren, aber transientenpostiktalen Depressionen kommen bei TLE-Patientenhäufig interiktale, anhaltende Verstimmungen vor. Psy-chopathologisch sind „endogene“ Erscheinungsbilderungewöhnlich. Stattdessen werden chronisch dysphori-sche Zustände mit Stimmungslabilität und paroxysmalgedrückten oder gehobenen Verstimmungen beobach-tet („Blumer-Syndrom“, [7]). Bei Einsatz standardisierterUntersuchungsverfahren, die auch nach euphorischenStimmungsauslenkungen fragen, ergibt sich deshalb ei-ne Häufung bipolarer Störungen bei Epilepsie [8], ob-wohl aus „grob“ bzw. klinisch neurologischer Perspekti-ve typische bipolare Erkrankungen bei Epilepsiepatien-ten ausgesprochen rar sind.

Epileptologie 2007Emotion und soziale Kognition aus epileptologischer Sicht | Bettina Schmitz 127

Fasst man die älteren Beobachtungen aus der Per-sönlichkeitsforschung und die neueren Untersuchun-gen zu affektiven Störungen bei Epilepsie zusammen,so ergibt sich übereinstimmend eine affektive Regulati-onsstörung mit Stimmungslabilität, die besonders häu-fig bei Epilepsiepatienten beobachtet wird, deren epi-leptogener Fokus die mesialen temporalen Struktureneinbezieht. Eine gestörte Affektivität ist aber nicht nurfür das subjektive Erleben, sondern auch für die emotio-nale Perzeption und somit die zwischenmenschlicheVerständigung relevant.

Das limbische System spielt eine Schlüsselrolle inder Wahrnehmung und Verarbeitung emotionaler Sig-nale, die mimisch, gestisch oder prosodisch präsentiertwerden [9-12]. Dabei handelt es sich entwicklungsge-schichtlich um eine hochrelevante Funktion, weil dasrasche und korrekte Erkennen, ob ein Gegenüberfreundlich oder feindlich gesinnt ist, für das Überlebenin der Natur essentiell ist. Beim Kluver-Bucy-Syndromkommt es nach bilateraler Amygdalektomie zu einer„emotionalen Agnosie“. Die betroffenen Tiere verhaltensich in ihrer Umgebung völlig angstfrei, wobei sie oralund olfaktorisch explorieren, weil die visuelle Wahrneh-mung nicht mehr verarbeitet werden kann. In der Natursind amygdalektomierte Affen nicht überlebensfähig.Sie werden von ihren Artgenossen isoliert, nicht seltensogar angegriffen, oder sie fallen Raubtieren zum Opfer[13].

Diverse Studien haben bei EpilepsiepatientenStörungen der emotionalen Wahrnehmung (zum Bei-spiel beim Erkennen eines emotionalen Gesichtsaus-druckes) objektiviert und bestätigen die funktionelleRelevanz der Amygdala. So konnten Houghton et al.[14] zeigen, dass die Defizite mit einem reduziertenAmygdalavolumen assoziiert sind. Patienten mit iktalerAngst (eine häufige Aura bei Amygdalafokus) sind stär-ker in der Erkennung einer ängstlichen Mimik beein-trächtigt als Patienten mit anderen Epilepsieformen[15]. Die Wahrnehmung von Angst ist möglicherweisestärker beeinträchtigt als die Wahrnehmung andereremotionaler Qualitäten wie Traurigkeit oder Ekel oderpositive Emotionen [16]. Bemerkenswerterweise kom-

men bei Epilepsiepatienten nicht nur Wahrnehmungs-defizite, sondern auch Fehlinterpretationen vor [17]. Pa-tienten mit rechtsseitiger TLE und Fieberkrämpfen inder Vorgeschichte sind stärker beeinträchtigt [16, 18].Das Erkrankungsalter scheint eine wichtige Rolle zuspielen. Patienten mit frühem Epilepsiebeginn bzw.früh erworbener Läsion sind stärker betroffen [16],woraus man ableiten kann, dass eine normale Funktionder emotionalen Wahrnehmung an eine ungestörteAmygdalaanlage gebunden ist [19] und dass eine früheStörung (vor dem 5. Lebensjahr) durch plastische Pro-zesse nicht kompensiert werden kann.

Epilepsiechirurgisch behandelte Patienten waren initial untersucht worden wegen der vermeintlich gutdefinierbaren unilateralen Amygdalaläsion. Erst nach-dem man feststellte, dass die Befunde nicht mit denenbei nicht-epilepsiekranken Patienten mit erworbenenAmygdalaläsionen übereinstimmten, berücksichtigteman den Einfluss der vorbestehenden epileptogenenBeeinträchtigung der Amygdalafunktion. Neuere pro-spektive Untersuchungen von Patienten vor und nachepilepsiechirurgischen Eingriffen weisen auf Lateralisa-tionseffekte hin. Sanz-Martin et al. [20] beschreiben ei-nen Fall mit Verschlechterung der emotionalen Wahr-nehmung nach rechtsseitiger Temporallappenresekti-on. Yamada et al. [12] berichten von einem Fall einer Pa-tientin mit linksseitiger TLE mit einer postoperativenBesserung. Letztere Beobachtung wurde in einer pro-spektiven Untersuchung mit 19 Patienten bestätigt[17]. Nur nach linksseitigen Resektionen kam es zufunktionellen Verbesserungen der emotionalen Wahr-nehmung, die die Autoren durch die Normalisierung ei-nes epileptisch gestörten bzw. störenden Fokus inter-pretieren.

Die „Theory of Mind“ (ToM) beschreibt eine weiterefür die soziale Verständigung relevante Funktion. UnterToM versteht man die Fähigkeit, sich in andere Personenhineinzuversetzen. Es handelt sich um eine Funktion ei-nes ausgedehnten Netzwerkes unter Einbeziehung derAmygdala und des orbitofrontalen Kortex [21]. ToMkann mit der Präsentation von Geschichten getestetwerden, deren Verständnis voraussetzt, dass Gedanken

Abbildung 1: Kluver-Bucy versus Geschwind-Syndrom. Unter- versus Überaktivität des Temporallappens?

Kluver-Bucy Geschwind

• Bilaterale Amygdalektomie • Temporallappenepilepsie

• Hypersexualität, visuelle Agnosie, • Übergenauigkeit, Egozentrik, Hyperemo-verstärkte Ablenkbarkeit, emotionale Indifferenz, tionalität, Humorlosigkeit, Hyperreligiosität,verminderte Aggressivität, Hyperoralität Viskosität, Hypergraphie, Hyposexualität

• Diskonnektionssyndrom • Sensorisch-limbische Hyperkonnekivität

Geschwind 1965, Baer 1979

128 Epileptologie 2007 Emotion und soziale Kognition aus epileptologischer Sicht | Bettina Schmitz

und Intentionen der handelnden Personen richtig inter-pretiert werden. Neben diesen ToM-Tests im engerenSinne existieren inzwischen diverse weitere Testverfah-ren, mit denen verschiedene Aspekte der sozialen Kog-nition untersucht werden können. Dazu zählt der „Fauxpas“-Test (zu deutsch vielleicht Fettnäpfchen-Test), mitdem das Nachempfinden peinlicher Situationen geprüftwird, der „Mind in the eyes“-Test, mit dem die Wahr-nehmung eines Augenausdrucks getestet wird. Auchdie Fähigkeit zu schummeln („Cheating“-Test) und dasInterpretieren witziger Cartoons sind testbare ToM-Funktionen. ToM-Tests wurden initial bei autistischenPatienten entwickelt. Inzwischen wurden ToM-Defiziteauch bei anderen neurologischen Erkrankungen wiezum Beispiel der frontotemporalen Demenz gefunden.

Bei der Epilepsie sind mit Hilfe von ToM-Tests Defizi-te der sozialen Kognition insbesondere bei Patientenmit Epilepsien des Frontallappens oder des Temporal-lappens gefunden worden ([22] Winkler und Jokeit indiesem Heft). Möglicherweise existieren diskrete syn-dromabhängige Unterschiede der verschiedenen ToM-Funktionen. Farrant et al. [23] setzten in einer kontrol-lierten Studie diverse Testverfahren ein. Sie fanden Defi-zite beim Verstehen von Witzen in der FLE-Gruppe, beirelativ ungestörter Interpretation von ToM-Geschichtenim Vergleich mit gesunden Kontrollen. Leider gab es indieser Studie aber keine Vergleichsgruppe mit TLE.

Fazit

Die aktuellen Befunde der Kognitionsforschung zuremotionalen Wahrnehmung und sozialen Kognitionsind für das Verständnis der kommunikativen Störun-gen und sozialen Probleme bei Epilepsiepatienten hochrelevant. Die Attraktivität dieses Forschungsansatzesbegründet sich darin, dass essentielle Verhaltensproble-me nicht lediglich psychopathologisch beschrieben,sondern in ihren elementaren psychologischen Defizi-ten erklärt und getestet werden können. Die kompletteAuflösung der Diagnose einer Persönlichkeitsstörungzugunsten einer Beschreibung definierbarer Defizite istunrealistisch, dennoch sollte die psychiatrische Diagno-se durch eine neuropsychologische Objektivierung all-tagsrelevanter sozialer Funktionen ergänzt werden.Daraus ergibt sich die Forderung einer engeren Koope-ration der Disziplinen Neuropsychologie und Psychiat-rie, die heute noch weitgehend unabhängig agieren. Imnächsten Schritt sollten also Studien durchgeführt wer-den, in denen Defizite der sozialen Kognition bei Epilep-siepatienten mit psychiatrischen Diagnosen (insbeson-dere affektive Störungen und Persönlichkeitsstörungen)und sozialen Problemen korreliert werden.

Die Untersuchung der sozialen Kognition bei Epilep-siepatienten ermöglicht die Analyse biologischer Grund-lagen zwischenmenschlichen Verhaltens am „ModellEpilepsie“. Dies ist wissenschaftlich ausserordentlichspannend, wenngleich komplex aufgrund der Vielfältig-

keit der Syndrome, der Ätiologie und des Erkrankungsal-ters. Aus klinisch epileptologischer Sicht ermöglicht dieAnalyse spezifischer kommunikativer Defizite auch dieEntwicklung therapeutischer Konzepte. Dabei ist mögli-cherweise bereits die Erläuterung bestimmterSchwächen für Patienten, Angehörige oder Arbeitskolle-gen hilfreich. Es können sich weiterhin Konsequenzenfür die berufliche Beratung und die Steuerung rehabili-tativer Massnahmen ergeben. Hochinteressant istnatürlich die Frage, ob die Defizite durch ein gezieltesTraining kompensierbar wären.

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Korrespondenzadresse:Bettina SchmitzCharitéNeurologische Klinik und PoliklinikAugustenburger Platz 1D 13353 BerlinTel. 0049 30 450 560 188Fax 0049 30 450 560 [email protected]

130 Epileptologie 2007 Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology | Chiara Cristinzio, David Sander, Patrik Vuilleumier

Abstract

The amygdala is often damaged in patients withtemporal lobe epilepsy, either because of the primaryepileptogenic disease (e.g. sclerosis or encephalitis) orbecause of secondary effects of surgical interventions(e.g. lobectomy). In humans, the amygdala has been as-sociated with a range of important emotional and social functions, in particular with deficits in emotionrecognition from faces. Here we review data from recent neuropsychological research illustrating theamygdala role in processing facial expressions. We describe behavioural findings subsequent to focal lesions and possible factors that may influence the na-ture and severity of deficits in patients. Both bilateraland unilateral amygdala damage can impair the recog -nition of facial emotions, especially fear, but such defi-cits are not always present and not always specific.Moreover, not all components of emotion or fear processing are impaired after amygdala damage. Disso-ciations have been reported between deficits in the recognition of emotions from the face of other people,and intact ability in the production of emotions in one’sown facial expression after amygdala damage. In addi-tion, residual implicit effects during processing of emo-tional stimuli can also be preserved in some patientswith amygdala lesion. A great variability in the effectsof amygdala damage on emotion processing has beenobserved and suggests that other important factors have to be considered: these include the aetiology of damage, and the age of disease onset. We propose thata more detailed assessment of emotional processing inpatients with temporal lobe epilepsy may provide notonly novel information about the role of amygdala inhumans, but also useful clinical measures to assesstemporal lobe functions in epilepsy patients.

Epileptologie 2007; 24: 130 – 138

Key words: Amygdala, emotion, facial expression, mesial temporal lobe, development

Reconnaissance d'expressions faciales émo-tionnelles et pathologie de l'amygdale

L'amygdale de patients atteints d'une épilepsie dulobe temporal est souvent affectée, soit en raison deleur maladie épileptogénique primaire (p.ex. scléroseou encéphalite), soit en raison des effets secondairesd'interventions chirurgicales (p.ex. lobectomie). L'amyg-dale a été associée à une gamme de fonctions émo-tionnelles et sociales importantes dans l'organisme hu-main, en particulier à certains déficits dans la faculté dedécrypter des émotions sur le visage. Nous passons icien revue les résultats des récents travaux de la neuro-psychologie illustrant le rôle de l'amygdale dans le trai-tement cognitif des expressions faciales. Nous décri-vons des caractéristiques comportementales typiquesdes lésions focales et des facteurs susceptibles d'influ-encer la nature et la sévérité des déficits de patients.Une lésion de l'amygdale, qu'elle soit unilatérale ou bi-latérale, peut entraver la perception d'émotions facia-les, surtout de la peur, mais de tels déficits ne sont pasautomatiques, ni toujours spécifiques. De plus, toutesles opérations de traitement d'émotions ou de la peurne sont pas concernées par une lésion de l'amygdale.Ainsi, on a vu des sujets qui, suite à une lésion del'amygdale, étaient incapables de lire les émotions surle visage d'autrui, tandis que leur faculté d'exprimer desémotions à travers leur propre expression faciale restaitparfaitement intacte. Certains effets résiduels implici-tes du processus de stimuli émotionnels peuvent aussiêtre préservés dans des patients avec une lésion del'amygdale. De très grandes différences ont été notéesdans les effets d'une lésion de l'amygdale sur le traite-ment des émotions, suggérant que d'autres facteursimportants doivent être pris en compte tels que l'étiolo-gie de la lésion et l'âge auquel la maladie s'est déclarée.Nous pensons qu'une étude plus approfondie de la ca-pacité de traitement de données émotionnelles par lespatients atteints d'une épilepsie du lobe temporal pour-ra non seulement nous éclairer davantage sur le rôle del'amygdale chez l'homme, mais aussi nous livrer des pa-ramètres cliniques utiles pour mesurer les fonctions dulobe temporal chez les patients atteints d'épilepsie.

Mots clés: Epilepsie du lobe temporal, amygdala, emo-tion, cognition

Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology*

Chiara Cristinzio 1,2, David Sander 2, 3, Patrik Vuilleumier 1,2

1 Laboratory for Behavioural Neurology and Imaging ofCognition, Department of Neuroscience and Clinic ofNeurology, University of Geneva

2 Swiss Center for Affective Sciences, University of Geneva3 Department of Psychology, University of Geneva

* Acknowledgements

This work was supported by a grant of the SNF (No 105311-

108187) to David Sander and Patrik Vuilleumier, and by the

Swiss National Center for Affective Sciences. We thank Karim

N’Diaye, Gilles Pourtois, and Margitta Seeck for collaboration

and support during this research.

Epileptologie 2007Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology | Chiara Cristinzio, David Sander, Patrik Vuilleumier 131

Das Erkennen emotionaler Gesichtsausdrücke beiSchädigungen der Amygdala

Bei Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsieist die Amygdala häufig geschädigt aufgrund derprimären epileptogenen Läsion oder durch eine Resektiondieser Struktur infolge einer epilepsiechirurgischen Be-handlung. Der Amygdala kommt beim Menschen eine er-hebliche Bedeutung bei der Verarbeitung emotionalerund sozialer Reize zu. In diesem Artikel wird der aktuelleForschungsstand zur Rolle der Amygdala bei der Verarbei-tung emotionaler Gesichtsausdrücke vorgestellt. Wir be-schreiben Verhaltensdaten in Abhängigkeit vom Vorlie-gen einer amygdalären Läsion und analysieren die Aus-wirkungen weiterer Faktoren auf die Qualität und Quan-tität von Defiziten in der Verabeitung von Gesichtsaus-drücken. Sowohl unilaterale als bilaterale Amygdalaläsio-nen können das Erkennen emotionaler und insbesondereangsterfüllter Gesichtsausdrücke beeinträchtigen. DieseDefizite sind jedoch weder obligat noch spezifisch undnicht alle Aspekte der Verarbeitung von emotionalen Ge-sichtsausdrücken sind durch Amygdalaläsionen betrof-fen. So gibt es Dissoziationen zwischen der Fähigkeit zurWahrnehmung und dem Vermögen, den eigenen Ge-sichtsausdruck zu modulieren. Darüber hinaus sind oftnoch Residuen impliziten Erkennens gegeben. Die grosseinterindividuelle Variabilität von Defiziten nach Amygda-laläsionen legt nahe, dass ätiologische Faktoren und dasAlter zum Zeitpunkt der Läsion von erheblicher Bedeu-tung sind. Wir vermuten, dass eine dezidierte Diagnostikdes Erkennens emotionaler Gesichtausdrücke bei Patien-ten mit Temporallappenepilepsie nicht nur neue Informa-tion über die Rolle der Amygdala in der menschlichen In-formationsverarbeitung zu liefern vermag, sondern die-ser Bereich auch zu den klinisch bedeutsamen Domänengehört, der auch für die klinische Diagnostik der Tempo-rallappenepilepsie von Nutzen sein kann.

Schlüsselwörter: Amygdala, Emotion, Gesichtsaus-druck, messialer Temporallappen, Entwicklung

Introduction

Faces are special social stimuli that humans learn to

recognize since the early period of life. The expressionof faces can inform us about the emotions and inten-tions of other persons, and influence consequently ourbehaviour and own emotions. Selective deficits in theability to recognize emotional expressions may occurfollowing neurological diseases, indicating that the human brain is equipped with specialized circuits for discriminating facial emotions. In particular, a crucialinvolvement of the amygdala in emotional face processing has been demonstrated by a large numberof studies in both brain-damaged patients and normalsubjects. However, impairments in emotion recognitionfrom faces after amygdala damage may be highly varia-ble across different patients and across different typesof emotion. Therefore the exact role of the humanamygdala in emotion and face processing still remainsunresolved.

Factors that may account for this variability includethe site, extent, and nature of pathology (Figure 1), thebilateral or unilateral distribution of lesions, hemisphe-

ric side, as well as the aetiology, onset and/or durationof disease, plus the cognitive demands of differenttests. Table 1 summarizes the more frequent causes ofamygdala lesion. Among these causes, temporal lobeepilepsy (TLE) is a frequent pathology in clinical prac-tice, in which amygdala and hippocampus are often selectively damaged. Such damage may be primary(due to the epileptogenic disease itself) or secondary tosurgical treatment (lobectomy or amygdalo-hippocam-pectomy). We believe that a better understanding ofemotional deficits associated with amygdala pathologyis important to improve the neuropsychological assess-ment of patients with medial temporal lobe disease, in

Figure 1. Illustration of different causes of amygdala lesions.

Coronal MRI slices from (A) a healthy subject; (B) a patient

with Urbach-Wiethe disease (from [2]); and a patient with

medial temporal sclerosis.

Table 1Most common causes of amygdala lesion.

Lesion Aetiology Onset

Bilateral Congenital (e.g. Urbach-Wiethe disease) earlyAcquired (e.g. encephalitis) late

Unilateral Temporal lobe before mesial temporal earlyepilepsy neurosurgery sclerosis late

other lateafter lobectomy including late

neurosurgery amygdala

132 Epileptologie 2007 Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology | Chiara Cristinzio, David Sander, Patrik Vuilleumier

addition to yielding valuable new insights into the cere-bral mechanisms of social and affective processes.

Here we review recent studies that investigatedemotional face recognition problems in amygdala-damaged patients and describe different factors thatmay influence the clinical severity of these problems.Other aspects of emotional and social behaviour affec-ted by amygdala pathology in epilepsy have been recently reviewed in another issue of this journal [1].

Emotion recognition after bilateral amygdala lesion

Many studies have investigated the effect of bilate-ral amygdala damage on the ability to recognize emo-tion in faces. One of the first classical studies reportedthe case of a patient with complete bilateral amygdaladestruction due to Urbach-Wiethe disease [2, 3], a raredisorder with progressive calcification and necrosis ofthe amygdala. This patient was tested by probing herability to match expressive faces with correspondingemotion labels and to recognize similarity of expressionsdisplayed by different faces. This patient showed a disproportionate impairment in recognizing fear in facialexpressions, and only a much milder impairment in recognizing the intensity of other negative emotions (Figure 2). She had no other problems in recognizingother facial attributes, such as identity, age, or gender.These findings were interpreted as supporting the existence of a specific neural system for recognizing stimuli signalling danger. Lesion to the amygdala couldinduce fear recognition deficit because this brain structure is a key component within this system and itslesion may therefore disrupt the recognition of fear-rela-ted signals, including face expressions. These findingswere subsequently confirmed by other studies using different tests in patients with other aetiologies of

amygdala damage [4, 5].To determine whether such impairment could arise

independently from aetiology, another study [6] investi-gated emotion recognition ability in nine patients withbilateral amygdala damage following herpetic ence-phalitis (in 8 cases) or congenital disease (in 1 case). Thisstudy used the same paradigm than the one given tothe previous single patient [2]. Pictures of six individualfaces expressing six basic emotions and three neutralfaces were shown to the subjects who had to rate (on ascale from 0 to 5) the intensity of each of six emotionsseparately. The performance of amygdala patients wascompared with that of patients with lesions other thanthe amygdala, as well as with healthy control subjects.Results revealed a similar response pattern in both thehealthy and brain-damaged control groups. By contrast,patients with bilateral amygdala damage showed avery different pattern, with normal ratings for happy fa-ces only, but abnormally low ratings for all negativeemotions, especially for fear. However results also showed a substantial variability between patients (see table 2 for a summary of results).

Thus, although recognition of fear is generally themost impaired, this deficit is often not selective. Amyg-dala patients may be impaired for other emotions aswell. It has been proposed that fear may be particularlyhard to recognize in faces, relative to other moredistinctive expressions [7]. Another systematic lesionstudy compared the performance of unilateral and bila-teral amygdala-damaged patients on an emotion recog-nition test, with the performance of patients with uni-lateral and bilateral lesions in various brain regionsother than the amygdala, as well as with normal sub-jects. This study found significant impairments in therecognition of fear for all patients groups, but no signifi-cant differences between the two patient groups(amygdala and non-amygdala damage). More inter-estingly, the authors reported that fear was the mostpoorly recognized emotion, relative to other facial ex-pression, for both the patients and the normal subjects.These results imply that perceptual difficulty might bean important factor in determining disproportionate fear recognition deficits in many neurological patients,irrespective of the presence of amygdala lesions. How-ever, these provocative findings have been questionedby other researchers. The test used by Rapcsak et al. [7]was a labelling task where the subjects were requestedto match a facial expression with one of the six basicemotions. The analysis of errors revealed that fear wasfrequently identified as surprise but Adolphs et al. [8]proposed that in this test all choices are not equally dis-tinct because fear and surprise can be considered astwo forms of a subordinate category defined as generalsurprise. According to Adolphs et al. [8], if the surpriselabel was substituted with happy surprise the accuracyin recognizing fear would increase because labels for fear and surprise would be more distant. The authorsinterpreted the findings of Rapcsak et al. [7] as an effect

Figure 2. Illustration of different facial expressions used to

test emotion recognition and performance of patient SM with

bilateral amygdala lesion. Adapted from [3].

Epileptologie 2007Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology | Chiara Cristinzio, David Sander, Patrik Vuilleumier 133

of the ambiguity of the specific test used rather than amore general effect of difficulty in recognizing fear.

Another factor that may account for the variabilityof performance across patients is the duration of illnessand/or age at onset. It is indeed plausible that an earlyonset of amygdala dysfunction could influence emotionrecognition ability differently than other pathologieswith later onset. In particular, Urbach-Wiethe disease isa congenital and progressive disorder, as opposed toother pathologies acquired during adulthood such asencephalitis herpetic. It is possible that patients withearly pathology could develop compensatory strategiesto recognize facial expressions; or alternatively theycould fail to acquire critical skills for efficient emotionrecognition.

This developmental hypothesis has been proposedto explain the different results found in some patientssuffering from herpetic encephalitis [9]. It has been re-ported that such patients with amygdala damage dueto encephalitis may show a normal ability to give verballabels to emotions in faces [9] and to recognize the si-milarity of emotions expressed by different faces [10],unlike patients with Urbach-Wiethe disease [2, 3]. However, these results are not definitive because otherauthors have reported significant deficits in fear recog-nition in patients with amygdala damage after herpeticencephalitis [11]. As the aetiology of lesions in the lat-ter study [11] was the same as in the previous study byHamann et al. [9], a simple developmental hypothesisdoes not seem sufficient. Conversely, a recent study [12]in patients with Urbach-Wiethe disease, presumably associated with early and bilateral destruction of amyg-dala, reported that these patients performed normallyon emotion recognition tests with faces. The only signi-ficant deficit found in these patients was a tendency torecognize more frequent “blends” between differentfacial expressions, relative to normal controls; that is,patients were more inclined to judge a fearful face asdisplaying both fear and disgust, or an angry face as dis-playing both anger and surprise. These results contrast

with previous findings [2, 3, 6] and suggest that amyg-dala damage consequent to Urbach-Wiethe diseasemay not necessarily produce disproportionate impair-ments in the recognition of specific facial emotions.Even though this is a congenital disorder starting earlyin life, its progression rate and severity may still varysubstantially across patients. Moreover, the tests usedto assess emotion recognition abilities varied betweenthese different studies, and the nature of the instruc-tions given to the patients was shown to affect the per-formances in recognition tasks [13]. In any case, it stillremains unclear how to explain such variability in theeffects of bilateral amygdala damage on emotional facerecognition.

Dissociation between perception and productionof emotional expressions

Recognition of emotion from faces can be impairedindependently from other emotion processing abilities,including the production of emotional expressions inresponse to appropriate cues or on demands. Andersonand Phelps [14] reported the case of a patient who showed a dissociation between deficits in emotion re-cognition from pictures of faces and intact ability toproduce the corresponding expressions on her own face.

This patient had received a right temporal lobec-tomy including amygdala for treatment of drug-resis-tant temporal epilepsy, but also presented an additio-nal lesion of the left amygdala evidenced before lobec-tomy. Anderson and Phelps [14] first evaluated the pa-tient’s ability to identify emotions from facial expres-sions using an emotion-labelling paradigm: a face ex-pressing one of six basic emotions (fear, anger, disgust,sadness, joy, surprise) or with a neutral expression waspresented together with a list of terms defining each ofthe six emotion categories, which the patient had tochoose to describe the current facial expression shown.For this test, the patient showed a severe deficit in emo-

Table 2Variability in the performance of different amygdala-damaged patients. Numbers indicate standard deviations be-low the mean of control patients with other sites of brain-damage, for the recognition of each emotion category ona task requiring to match facial expressions with their prototypical label. Adapted from [6].

Patients Emotional expressionsHappy Sad Disgusted Angry Afraid Surprised

SE Encephalitis -0.6 -0.8 -2.8DR Surgical -3.1 -2.0 -5.5 -2.3 -4.4EP Encephalitis -1.2 -4.3 -0.3 -1.2GT Encephalitis -0.1 -0.2DBB Surgical -0.9 -1.2 -0.2 -1.5SM Congenital -1.3 -0.6 -0.8 -7.2 -3.3RH Encephalitis -0.3 -4.3 -0.7 -0.7SP Lobectomy -0.9 -2.8 -3.2 -6.4JM Encephalitis -2.2 -2.3 -5.5 -3.6

134 Epileptologie 2007 Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology | Chiara Cristinzio, David Sander, Patrik Vuilleumier

tion recognition. Recognition of fear was the most im-paired, but disgust and sadness were abnormal too,with happiness showing the least severe problems.Thus, this impairment was not selective to fear, unlikein some other patients [2, 5, 11], but damage was ex-tensive and not selective to the amygdala, with sub-stantial involvement of other brain regions. In additionto the usual visual recognition tasks, the production ofemotional expressions was also assessed in this patientby asking her to pose one of same six basic emotions. Toperform this production task, the subject was instruc-ted to think of an event who could make her feel thetarget emotion and to produce the corresponding facialexpression that would be appropriate in such context.The expressions produced by the subject were video-taped and then showed to four judges who were askedto rate the correctness of each expression with respectto the target emotion. Healthy controls were examinedin a similar manner. The evaluation of judges showedthat facial expressions produced by the amygdala pa-tient did not differ from those produced by healthy con-trol subjects, for all of the six emotion categories.

These findings reveal that despite a severe deficit inrecognizing emotion from faces, this patient was stillable to express each basic emotion appropriately. Theauthors proposed that such dissociation might be con-sistent with an innate ability in producing non-verbalsignals through facial expressions [15], and the well-established function of amygdala in emotional memory[16]. Thus, the ability to produce facial emotional ex-pression may not be mediated by the amygdala be-cause it relies on “pre-wired” motor programmes, where-as the ability to associate emotional meanings to seenexpressions may be acquired through learning and ex-periences. Hence, early damage to the amygdala couldimpair the development of an adequate capacity foremotion recognition from faces but not impair the ca-pacity to express emotions in the face.

In summary, we can conclude that bilateral amygda-la damage often leads to selective deficits in facial emo-tion recognition, which may concern fear more fre-quently and severely than other emotions; but thesedeficits are not always present, depending on other fac-tors that remain to be more fully understood, and theydo not extend to impairments in expression production(including fear). Critical clinical factors influencing thepattern of emotional deficits are related to the aetiolo-gy of lesion and age of disease onset.

Face emotion recognition after unilateral amygdala lesion

Severe emotion recognition deficits have been morerarely observed in patients with unilateral amygdala le-sions. These deficits may also be more variable and mil-der than those associated with bilateral pathology, dueto compensatory mechanisms or aetiology differences.

The most common cause of unilateral amygdala damage is temporal lobe epilepsy (TLE). TLE is a frequent type of focal epilepsy, typically associated withmesial temporal sclerosis, with neural loss and gliosisinvolving the hippocampus, enthorinal cortex, andamygdala complex. Such sclerosis can lead to signifi-cant disruption of hippocampal and amygdala func-tions. In addition, because mesial temporal epilepsypresents with a strong risk of drug resistance, a com-mon and effective therapy involves temporal lobec-tomy, with the removal of a variable extent of amygdalaand hippocampus. Therefore, in TLE patients, unilateraldamage to the amygdala may occur either before or af-ter surgery, and in addition vary with the extent of sur-gery (either lobectomy or selective amygdalo-hippo-campectomy). Primary amygdala damage to sclerosis ispresent in ~30% of patients with hippocampal sclerosis,and may occur alone (without hippocampal sclerosis) in~10% of patients [17].

Meletti et al. [18] have recently investigated facialemotion recognition abilities in a sample of patientswith temporal and extratemporal lobe epilepsy. Theyfirst compared the performance on facial emotion-labelmatching test across three groups of patients with dif-ferent lesion characteristics: temporal lobe epilepsywith mesial temporal sclerosis, temporal lobe epilepsywith evidence of other lesion aetiology, and extratem-poral lobe epilepsy. Results revealed that patients withright-side mesial temporal sclerosis were impaired inthe recognition of all emotions as compared with othergroups (Figure 3). Nevertheless, an analysis of eachemotion category showed that recognition of fear wasthe most severely impaired ability. These data indicatethat unilateral right amygdala damage is sufficient tocause deficits in facial expression recognition.

The same authors [18] also analyzed the patients’performance in relation to several clinical variables suchas the age of first seizure and epilepsy onset. Early onsetwas arbitrarily defined as seizures starting before fiveyear-old, and late onset as seizures starting after fiveyear-old. They found that an early onset correlated witha greater severity of emotion recognition impairments.These findings are particularly interesting because theysuggest that emotion recognition abilities may be im-paired even before lobectomy, but vary across patientsbased on their history. Both the age of onset and side oftemporal epilepsy seem to predict the degree of deficit,with right-sided amygdala pathology and seizures before5 year-old leading to more severe problems in fear recog-nition. These findings were supported by two other sub-sequent studies [19, 20].

Taken together, these data clearly indicate that emo-tional disorders due to temporal lobe lesions and amyg-dala dysfunction may be modulated by aetiological anddevelopmental factors. Remarkably, amygdala dysfunc-tion present during an early critical period in life may have particular detrimental consequences on subse-quent emotional and social processes, perhaps because

Epileptologie 2007Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology | Chiara Cristinzio, David Sander, Patrik Vuilleumier 135

of intimate links between medial temporal lobe structu-res and learning. This stands in sharp contrast with otherneurological disturbances due to early brain injuries,which often tend to have better prognosis than similarinjuries occurring later in life, such as those affecting mo-tor or language abilities.

Emotion recognition after surgical lobectomy

Studies involving patients with amygdala lesions fol-lowing temporal lobectomy (or more selective amygda-la-hippocampectomy removal) have also reported mixedand somewhat conflicting results. Some studies foundthat unilateral temporal lobectomy patients do not showany deficit in the recognition of emotional faces [3].Other studies reported some impairment in fear recogni-tion after lobectomy, but attributed such deficit to moregeneral cognitive decline or task difficulty because otherpatients group (without amygdala damage) showed a si-milar deficit [7] on the same tests. A more recent studypartially confirmed these findings [21]. In the latter,emotion recognition ability was examined in both leftand right temporal lobectomy patients, and only a mino-rity of these patients showed a significant difficulty. Nodifference was found between left and right amygdaladamage [21].

However, it must be noted that these studies haveusually not considered the possible influence of the ae-tiology of epilepsy and other clinical factors precedingsurgical lobectomy. In particular, we have no informationabout the onset of seizures in these patients, and it ispossible that some differences in the developmental his-tory of their pathology might explain the absence or variability of emotion recognition deficits in some cases.

Accordingly, the hypothesis of an important correla-tion between early onset and severity of emotional im-pairments, as proposed by Meletti et al. [18] for TLE pa-tients prior to surgery, was also verified in a group of pa-tients with amygdala damage caused by lobectomy [20].In this study, the authors examined emotion recognitionin early-onset patients (before 5 year-old) and late-onsetpatients (after 5 year-old) who all had received right tem-poral lobectomy. Results showed that only early-onsetpatients were strongly impaired in recognition of fear,whereas late-onset patients were not significantly diffe-rent from control subjects.

These findings support the hypothesis that early-on-set patients with right amygdala damage presented adeficit in fear recognition even before lobectomy, andsuggest that such deficit may simply persist after sur-gery. Nevertheless, lobectomy also involves the removalof a varying extent of surrounding cortex. It is likely thatthis may produce additional damage and correspondingchanges in neuropsychological performance, but this is-sue still remains to be more systematically investigated.

Implicit emotion processing

Most of the deficits described above have examinedthe effect of amygdala lesion on tasks requiring explicitrecognition of emotional expression in faces. However,emotion perception usually arises during conditionswhen emotion recognition is not directly required bytask demands and may also arise even when the stimu-lus is not consciously perceived by the observer.

Only a few studies have tested whether patients withamygdala lesion might still show intact ability in implicitemotion processing [22, 23], even when they fail on more explicit tasks. For instance, it has been reportedthat emotion expression can facilitate implicit memoryfor faces in a repetition priming test. Priming is a type ofimplicit memory that is characterized by unintentionalretrieval or automatic influences of previously acquiredinformation on a memory test that does not require con-scious or explicit recollection of the previous experiencewith the same stimuli [24]. The effect of emotion on re-petition priming was investigated by Burton et al. [22,23] in patients with left and right lobectomy includingthe amygdala. These authors assessed indirect percep-tion and priming of emotional and neutral facial expres-sions in two phases. Patients were first presented with aseries of photographs of faces that could express one ofsix different negative emotions (sadness, anger, fear, dis-gust, pain, and shock), seen with different head orienta-tion and different lighting conditions. In the second phase, patients were now presented with pairs of photo-graphs in which one was from the first phase and theother was new. Patients were requested to indicatewhich of the two faces had already been presented in thefirst phase. Results revealed that patients were more ac-curate and rapid in identifying the old emotional faces

Figure 3. Face expression recognition (pooled across emotions) in

patients with temporal lobe epilepsy (TLE). Adapted from [18].

% c

orre

ctem

otio

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gnit

ion

100

90

80

70

60

50

40

30

20Controls left MTS right MTS

(n=16) (n=17)

*p<0.001

136 Epileptologie 2007 Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology | Chiara Cristinzio, David Sander, Patrik Vuilleumier

than the neutral ones. Moreover, patients with left andright temporal lobectomy showed different effects, withthe left-side patients showing a stronger facilitation onboth accuracy and response times for the affective stimuli[23]. Although this study used only negative emotions, asimilar implicit facilitation effect has been observed inanother study with positive emotions [22]. These datatherefore suggest that unintentional processing of emo-tion expression may still take place and influence face recognition memory in lobectomy patients, but such residual effects may exist in left-side patients and not beentirely intact in right-side cases. Unfortunately, explicitrecognition of face expressions was not systematically tested in these studies.

Another study investigated implicit emotion process-ing using an affective priming paradigm [25]. In this test,evaluation of the emotional valence (either positive or negative) of a stimulus is normally faster when the stimu-lus is preceded by a prime with the same valence, ratherthan by a prime with opposite valence. Patients with leftand right temporal lobectomy including amygdala andhippocampus were tested on a priming task in which theprime stimulus (a face expressing a negative or positiveemotion) was briefly presented (for 250 ms) prior to a tar-get stimulus (which was either congruent or incongruentwith the prime). Patients were asked to judge the affectiveconnotation of target faces (positive or negative) as fastas possible. Results showed that patients were generallyslower to respond than healthy control subjects, but ne-vertheless faster in congruent trials than incongruenttrials, just as were the healthy control subjects. Unlike inthe previous study [23], no difference was found betweenpatients with right left temporal lobe lesion.

Altogether, these findings suggest that unilateral lobectomy lesions implicating the amygdala may not besufficient to impair some automatic and implicit forms ofprocessing for emotional stimuli. It is possible that someautomatic evaluation of affective valence may be perfor-med via other mechanisms or via compensation by otherbrain regions. However, expressive faces are also characte-rized by distinctive facial features, and it remains unclearwhether such indirect or implicit effects in priming taskreflect true emotional processing or more elementary visual analysis. For instance, amygdala damaged patientscan perform well on perceptual tasks emphasizing featureanalysis, such as sorting morphed faces from one morphto the other one along a neutral-emotional continuum[26]. Thus, both visual and emotional factors might poten-tially contribute to implicit expression recognition abili-ties.

Neural circuits for emotional face processing

What are the possible neural substrates underlyingthe different deficits in emotion recognition across pa-tients, and possibly the different compensation mecha-nisms that may come into play at different ages in life?

Processing face identity and face expression has long been known to rely on partly distinct brain systems, asindicated by neuropsychological dissociations betweenpatients with severe impairments in one but not theother ability. However, more recent investigations combi-ning lesion and imaging approaches (such as EEG, PET,and fMRI) have begun to indicate that strong functionalinteractions may exist between brain areas implicated indifferent stages of face processing [27]. These interac-tions may play an important role in modulating the clini-cal manifestations and/or developmental deficits inemotion recognition in patients with temporal lobe pa-thology and epilepsy.

Current neurocognitive models of face processing inhumans [28, 29] assume that the early visual analysis offacial features important for face detection and identifi-cation takes place in specialized areas within occipitaland temporal cortex, including in particular the fusiformgyrus (fusiform face area, FFA). In parallel, the visual ana-lysis of changeable features associated with expressionor gaze information implicates different areas in superiortemporal sulcus (STS), whereas emotional evaluation it-self implicates other regions within the limbic system in-cluding amygdala and orbitofrontal cortex (Figure 4). Im-portantly, however, there is both anatomical and functio-nal evidence that emotional processing in the amygdalacan modulate face processing in distant regions, includ-ing both STS and FFA [30, 31]. Such influences may play acritical role in enhancing the perception and memory offaces with emotionally salient expressions, but it re-mains an open question whether during early develop-ment they may also contribute to shape functional selec-tivity and response sensitivity of cortical areas respond-ing to faces such as the FFA [32].

Only a few studies have used fMRI in patients withtemporal lobe epilepsy and amygdala lesions. Such func-tional imaging studies allow not only direct identifica-tion of amygdala dysfunction [33] but also provide pre-cious insights on more distributed activation patternsthat may be abnormal in these patients due to remoteeffects of medial temporal lobe damage.

In a recent study [19], fMRI was performed in a groupof temporal lobe epilepsy patients with either left orright amygdala damage to examine brain responses topictures of fearful and neutral faces. Consistent with pre-vious findings, right amygdala-damaged patients withearly-onset of seizures were the most impaired in recog-nizing fearful expressions in faces. Moreover, fMRI re-sults converged with this behavioural pattern by demon-strating distinct patterns of neural activation to fearfulfaces depending on the lesion side. Left temporal lobeepilepsy patients and healthy control subjects showedbilateral activation in mesial temporal lobe includingamygdala, but in the right temporal lobe patients thismesial temporal activation was restricted to the left he-misphere [19]. Another fMRI study reported that controlsubjects and patients with left temporal lobe epilepsyshowed activation to fearful faces in a network of re-

Epileptologie 2007Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology | Chiara Cristinzio, David Sander, Patrik Vuilleumier 137

gions including occipital and frontal cortical areas as wellas right amygdala, whereas this amygdala activationwas not found in patients with right temporal lobe epi-lepsy who failed in recognizing fearful faces [34]. Thesedata are consistent with a dominant role of the right he-misphere and right amygdala in processing faces and fa-cial expressions.

Other fMRI results in patients with mesial temporalsclerosis further demonstrate that amygdala lesions (butnot hippocampal lesions) produce important changes inbrain responses to fearful faces, with selective impact onipsilateral visual cortical areas [31]. Thus, while healthysubjects typically show greater activation to fearful thanneutral faces in bilateral fusiform areas (FFA), rightamygdala sclerosis was found to reduce the activation tofear in right but not left fusiform, and vice versa, leftamygdala sclerosis reduced the activation to fear in leftbut not right fusiform.

Finally, fMRI results also suggest that emotional faceprocessing may not only implicate different brain path-ways but also rely on different information in visualinputs, which may be differentially affected by differentbrain lesions and thus possibly contribute to variable find-ings concerning the amygdala role in processing facialexpression. In particular, a dissociation between corticaland subcortical visual pathways has been proposed in se-veral studies involving both brain-damaged and healthysubjects. In a recent fMRI study [11], neural responses toemotional faces were compared for face stimuli with dif-ferent spatial frequency (low or high). Amygdala respon-ses were greater for fearful faces with low spatial fre-quencies; whereas fusiform cortex was more sensitive tohigh frequencies components, regardless of emotion ex-pression. This result suggests that these two differentpathways can convey face information but with differentinformation contents, and thus mediate different aspectsof emotion recognition (e.g. at implicit or explicit levels).

In normal situations, these two routes operate simulta-neously, but damage to one of them might induce diffe-rent patterns of impairment depending on task de-mands, possibility of compensatory strategies, andperhaps age at lesion onset. It is possible that early da-mage to the amygdala might induce a stronger recruit-ment of cortical pathway to compensate the lesion, aspreviously proposed to explain differences in emotion re-cognition ability between patients with bilateral amyg-dala caused by congenital disease and those with otheraetiologies [5, 9]. On the other hand, early damage to theamygdala might also disrupt some modulatory influen-ces on visual cortex during development which might beimportant to tune these visual areas to specific featuresassociated with emotional expressions, especially whensuch lesions implicate the right hemisphere in which face processing is typically dominant. This hypothesiswould be consistent with behavioural and imaging re-sults observed in patients with early onset of unilateralright amygdala pathology [14].

Conclusion

It now seems to be clearly established that amygdaladamage can impair recognition of emotional face ex-pressions but that such impairment may vary considera-bly across patients and tasks. This suggests that otherfactors associated with amygdala pathology need to bepresent in order to disrupt recognition of emotions in fa-ces. Both aetiology and time of onset of disease seem tohave major influences on the type and severity of emo-tion recognition deficits. Right temporal lobe dysfunc-tion starting early in life, presumably before 5 year-old,may produce more severe and persistent deficits affect-ing performance for different facial emotions and diffe-rent task, perhaps most particularly for negative and fe-

Figure 4: Neurocognitive models of face recognition mechanisms in the human brain. Adapted from [28].

Inferior occipital gyriEarly visual analysis of face

Lateral fusiform gyrus(fusiform face area, FFA)

Perception of invariant facial

features (identity)

Anterior temporalPersonal identity, name and

biographical information

Amygdala, insula, limbic system

Emotional evaluation

Intraparietal sulcusSpatially directed

attention

Auditory cortexPrelexical speech

perception

Superior temporal sulcus(STS)

Perception of changeable features

(expression, gaze and lip movement)

138 Epileptologie 2007 Recognition of Emotional Face Expressions and Amygdala Pathology | Chiara Cristinzio, David Sander, Patrik Vuilleumier

arful expressions. These data underscore the importanceof a more systematic assessment of affective and socialfunctions in patients with temporal lobe epilepsy, beforeand after surgery, including in younger children. Futureresearch should also compare more systematically theperformance of patients on emotional tests before andafter lobectomy, as this would help distinguish betweenpre-existing disorders and possible effects of surgery, ul-timately allowing better prediction and understandingof the variable impairments in emotion processing thatare frequently associated with temporal lobe epilepsy.

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Address for correspondence:Prof. Patrik Vuilleumier Lab NIC, Dept of Neurosciences & Clinic of NeurologyCentre Médical Universitaire (CMU)1 rue Michel Servet | CH 1211 GenevaTel. 0041 22 3795 382 | Fax 0041 22 3795 [email protected]

Epileptologie 2007“Theory of Mind”– Defizite bei Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie | Rebecca Winkler und Hennric Jokeit 139

Rebecca Winkler und Hennric Jokeit, Schweizerisches Epilepsie-Zentrum Zürich

“Theory of Mind” – Defizite bei Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie

Zusammenfassung

Der Begriff „Theory of Mind“ (ToM) beschreibt dieFähigkeit, sich selbst und anderen mentale Zuständewie Wissen, Überzeugungen, Intentionen und Wünschezuzuschreiben, um damit das Verhalten erklären undvorhersagen zu können. Diese Fähigkeit ist eine wichti-ge Voraussetzung für das differenzierte und flexiblemenschliche Sozialverhalten. Bildgebende Untersu-chungen und Läsionsstudien weisen auf eine Beteili-gung eines distribuierten neuronalen Netzwerkes be-stehend aus präfrontalen, orbitofrontalen, mesolimbi-schen und temporolateralen Hirnstrukturen an ToM-Prozessen hin. In eben diesen Hirnregionen könnenbeim Syndrom der mesialen Temporallappenepilepsie(mTLE) strukturelle und funktionelle Auffälligkeiten be-obachtet werden. Ein erhöhtes Risiko für Beeinträchti-gungen in der ToM-Fähigkeit ist deshalb bei mTLE naheliegend. Eine mTLE geht üblicherweise nicht mitschwerwiegenden sozialen Auffälligkeiten einher. Diehäufig auftretenden psychosozialen Schwierigkeitenund komorbiden psychischen Störungen könnten je-doch ein Hinweis für mögliche Defizite in der sozialenKognition sein. Sozialkognitive Funktionen sind bei mTLE bisher kaum untersucht. Einige Befunde weisenauf Beeinträchtigungen in basalen sozialen Wahrneh-mungsfunktionen wie beispielsweise der Erkennungemotionaler Gesichtsausdrücke hin, welche als Voraus-setzung einer ToM angeschaut werden. Die Befundlagedazu ist jedoch inkonsistent. ToM-Anforderungen sindkomplexer und deswegen möglicherweise sensitiver,um subtile Beeinträchtigungen in der sozialen Kogniti-on aufzudecken. In einer Untersuchung mit einem typi-schen ToM-Test, welcher die Erkennung sozialer „FauxPas“ in Kurzgeschichten erfordert, fanden wir bei mTLE-Patienten beeinträchtigte Leistungen im Vergleich zu ei-ner Epilepsie-Kontrollgruppe und einer gesunden Kon-trollgruppe. Dieser Befund könnte als Hinweis gewertetwerden, dass eine mTLE eine spezifische Ätiologie fürDefizite in der höheren sozialen Kognition darstellt.Dies hätte Konsequenzen für die Diagnostik und Thera-pie dieses Epilepsiesyndroms.

Epileptologie 2007; 24: 139 – 148

Schlüsselwörter: Soziale Kognition, Temporallappenepi-lepsie, Theory of Mind

Les déficits de « theory of mind » chez les patientsatteints d'une épilepsie du lobe mésiotemporal

Par « theory of mind » (ToM), il faut entendre la fa-culté de percevoir chez soi-même et chez autrui desétats mentaux tels que la connaissance, des convic-tions, des intentions et des désirs et d'en dériver ou an-ticiper certains comportements. Cette faculté est indis-pensable pour un fonctionnement différencié et soupledu comportement social humain. Les enseignementstirés de l'imagerie médicale et d'études de lésions per-mettent de supposer la participation d'un réseau neuro-nal distribué, composé de structures préfrontales, orbi-tofrontales, mésolimbiques et temporolatérales du cer-veau aux processus de ToM. Or, ce sont justement dansces zones du cerveau que l'on constate des anomaliesstructurelles et fonctionnelles en cas de syndrome del'épilepsie du lobe mésiotemporal. De là à conclure à unrisque accru de troubles de la faculté de ToM en casd'ELmT, il n'y a qu'un pas. Normalement, une ELmT n'estpas associées à des déficiences sociales graves. Cepen-dant, les difficultés psychosociales et les troubles psy-chiques comorbides fréquemment observés pourraientêtre un indice de déficits éventuels dans la cognition so-ciale. Jusqu'à présent, les fonctions sociocognitivesn'ont pratiquement pas encore été étudiées en relationavec l'ELmT. Certains résultats suggèrent des carencesfonctionnelles pour des perceptions sociales basiquestelles que l'interprétation correcte d'expressions facia-les émotionnelles, jugées indispensables pour la ToM.Cependant, les résultats disponibles ne sont pas consis-tants. Les exigences de la ToM sont plus complexes et ilest donc peut-être plus délicat de mettre en évidenceune déficience subtile de la cognition sociale. Dans uneétude réalisée avec un test de ToM typique exigeant ledépistage de faux-pas sociaux dans des petites anecdo-tes, nous avons trouvé chez les patients ELmT des per-formances déficientes par rapport à un groupe témoind'épileptiques et un groupe témoin sain. Ce résultatpourrait être compris comme indice qu'une ELmT con-stitue une étiologie spécifique pour des déficits de la cognition sociale supérieure, ce qui aurait des consé-quences pour le diagnostic et le traitement de ce syn-drome épileptique.

Mots clés: cognition sociale, épilepsie du lobe temporal,« theory of mind »

Epileptologie 2007 “Theory of Mind”– Defizite bei Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie | Rebecca Winkler und Hennric Jokeit

Impairments of Theory of Mind Abilities in Patients with Mesial Temporal Lobe Epilepsy

The term ‘theory of mind’ (ToM) refers to the abilityto attribute mental states to others in order to under-stand their behavior, desires, and intentions. This capa-city is an important prerequisite for the highly complex,flexible social behavior of humans. Imaging and lesionstudies have identified a widely distributed neural system including prefrontal, orbitofrontal, mesolimbic,and temporolateral brain structures involved in ToMprocessing. These regions may also be affected in patients with mesial temporal lobe epilepsy (mTLE).Therefore, this epilepsy syndrome may well interferewith ToM abilities. MTLE is usually not associated withreadily apparent social deficits. Nevertheless, psychoso-cial maladjustment and psychiatric comorbidity are frequent, which may indicate deficits in social cogni-tion. Few investigations into social cognitive abilities inpatients with mTLE have been carried out. There is some evidence that mTLE affects basic social perceptualabilities such as the perception of facial emotionswhich are assumed to be the precursors of ToM know-ledge. This issue, however, remains controversial. ToMtests are more complex and therefore possibly moresensitive in detecting subtle impairments in social cog-nition. In one recent study we found that patients withmTLE, as compared to patients with an epilepsy notoriginating in the mesiotemporal or frontal lobe andhealthy controls, were impaired in their ability to reco-gnize a „faux pas“, a typical ToM skill. This finding sug-gests that mTLE as such could be a specific etiology ofdeficits in higher-order social cognition. This would ha-ve consequences for the diagnostics and treatment ofthis epilepsy syndrome.

Keywords: social cognition, temporal lobe epilepsy,theory of mind

Einleitung

Der Mensch ist ein äusserst soziales Wesen, das ineiner Vielzahl an Beziehungen zu anderen Menschenlebt. Erfolgreiche soziale Interaktionen sind eine grund-legende Voraussetzung für seine psychische und physi-sche Gesundheit. Angeborene und erworbene Hirn-funktionen bilden die sozialkognitiven Fertigkeiten, diefür erfolgreiche soziale Interaktionen notwendig sind.Ein Hauptaspekt menschlicher sozialer Kognition ist dieso genannte „Theory of Mind“ (ToM) [1], das heisst dieFähigkeit, sich selbst und anderen bestimmte mentaleZustände wie Wissen, Überzeugungen, Intentionen undWünsche zuzuschreiben. Mit dem Begriff ToM, für denes leider keine Entsprechung im Deutschen gibt, wirddie Attribution verschiedener Typen mentaler Zuständeassoziiert: 1) die Attribution kognitiver oder epistemi-scher mentaler Zustände wie Wissen und Überzeugun-

gen betreffend konkreter Dinge und Sachverhalte, 2) dieAttribution von Intentionalität – also das Verständnisdavon, ob eine Handlung absichtlich oder zufälligdurchgeführt wurde, und 3) die Attribution von affekti-ven mentalen Zuständen wie beispielsweise ‚sich glück-lich fühlen’ oder ‚etwas wollen’. Intentionalität kann un-ter der Gruppe epistemischer mentaler Zustände sub-sumiert werden, da die Attribution von Intentionalitätein Verständnis von Überzeugungen und Wissen erfor-dert. Somit kann grob eine kognitive bzw. epistemischeToM von einer affektiven ToM unterschieden werden.

Der Besitz intakter ToM-Fähigkeiten ist eine wichti-ge Voraussetzung für ein adäquates Agieren und Reagieren in Sozialverbänden. Einfache Annahmenüber die Absichten und Überzeugungen von handeln-den Personen bilden das Grundgerüst für die Vorhersa-gen und komplexen Interpretationen menschlichenVerhaltens, die wir im Alltag ständig vornehmen. Sie er-lauben uns, das eigene Verhalten auf dasjenige andererabzustimmen und sind somit zentral für unser sozialesZusammenleben. Aufgrund der eminenten Bedeutungvon ToM-Fähigkeiten für unser Zusammenleben mussdavon ausgegangen werden, dass Defizite in diesemBereich psychische und soziale Schwierigkeiten zur Folge haben können. Die schwerwiegenden psychoso-zialen Folgen fehlender oder unterentwickelter ToM-Fähigkeiten können am Beispiel der tiefgreifenden Ent-wicklungsstörungen Autismus und Asperger-Syndromverdeutlicht werden. Diese werden früh in der kindli-chen Entwicklung sichtbar und sind unter anderemdurch eine fehlende Entwicklung normaler sozialer Be-ziehungen und Interaktionen sowie eine beeinträchtig-te Kommunikation charakterisiert. Eine breite Befund-lage weist auf ausgeprägte ToM-Defizite bei diesenStörungen hin [2 - 4], welche für das Versagen in derKommunikation und der sozialen Interaktion dieser Pa-tienten verantwortlich zu sein scheinen. ToM-Beein-trächtigungen werden jedoch auch bei anderen psy-chiatrischen und neurologischen Erkrankungen berich-tet. Immer mehr Studien weisen darauf hin, dass Pati-enten mit einer Schizophrenie [5] oder einer affektivenStörung [6 - 9] Defizite in der ToM-Fähigkeit zeigen.Schliesslich werden ToM-Beeinträchtigungen nach er-worbener Hirnschädigung oder bei degenerativen Er-krankungen beobachtet, die Hirnregionen betreffen,welche im Zusammenhang mit ToM-Prozessen wichtigsind [10 - 13]. Dazu gehören Läsionen in präfrontalen,temporolateralen, sowie limbischen-paralimbischenStrukturen wie dem orbitofrontalen Kortex und derAmygdala. Erste Befunde legen nun auch Defizite indiesem Aspekt höherer sozialer Kognition beim Syn-drom der mesialen Temporallappenepilepsie (mTLE) na-he. Ungeklärt ist, ob diese zu vermutenden Defizite inder sozialen Kognition bei mTLE-Patienten für die imVergleich zu anderen Epilepsien häufigeren psychoso-zialen Schwierigkeiten verantwortlich sind, was erhebli-che Auswirkungen auf die Diagnostik und Therapie die-ses Epilepsiesyndroms haben könnte. Eine präzisere Er-

140

Epileptologie 2007“Theory of Mind”– Defizite bei Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie | Rebecca Winkler und Hennric Jokeit

fassung der Defizite in der sozialen Kognition würde esermöglichen, rehabilitative Massnahmen besser zu pla-nen und abzustimmen.

Es soll folgend aufgezeigt werden, dass beim Epilep-siesyndrom mTLE verschiedene Hirnregionen struktu-rell und funktionell beeinträchtigt sein können, die zuan ToM-Prozessen beteiligten neuronalen Netzwerkengehören. Dazu soll zuerst auf die ToM-Fähigkeit und de-ren neuronale Grundlage eingegangen werden. Im An-schluss daran sollen Untersuchungen aufgeführt wer-den, die strukturelle und funktionelle Pathologien beieiner mTLE beschreiben. Aufgrund der Beobachtung,dass bei einer mTLE Hirnregionen des ToM-Netzwerkespathologisch sein können, wird die Frage gestellt, ob ei-ne mTLE eine spezifische Ätiologie für ToM-Defizite seinkönnte. Diese kann zwar aufgrund der aktuellen Daten-lage nicht abschliessend beantwortet werden, es sollenjedoch erste Befunde berichtet werden, die auf Defizitein der sozialen Kognition, insbesondere in ToM-Fähig-keiten hinweisen.

Theory of Mind

In den letzten 25 Jahren wurde beträchtliche Auf-merksamkeit darauf gerichtet, die Entwicklung, die kognitiven Komponenten sowie die neuronalen Grund-lagen von ToM-Fähigkeiten beim Menschen zu erfor-schen. Aufgrund zahlreicher Befunde wird die ToM alsspezifischer Kognitionsbereich betrachtet, der von derallgemeinen Intelligenz sowie von Bereichen wie denSprach- oder exekutiven Funktionen abzugrenzen ist. Sowird eine Modularität beobachtet, die mit derjenigender Sprache vergleichbar ist: 1) Die ToM-Fähigkeit kannbei der Entwicklungsstörung Autismus selektiv beein-trächtigt sein, während andere kognitive Aspekte ver-gleichsweise unauffällig sind [2, 3]; 2) die ToM-Fähigkeitkann selektiv intakt sein, während andere kognitiveFunktionen beeinträchtigt sind, beispielsweise beimDown-Syndrom oder beim Williams-Syndrom [14]; 3)eine ToM wird schnell, 4) automatisch und 5) vermut-lich universell angewendet [15], 6) die Entwicklung ei-ner ToM folgt stereotypen Entwicklungssequenzen [16,17]. Eine Dissoziierbarkeit dieses Kognitionsbereichswurde in mehreren Studien bei Patienten mit einerHirnschädigung oder einer Entwicklungsstörung fürexekutive Funktionen [11, 18, 19], sprachliche Funktio-nen [20, 21, 22] und allgemeine Intelligenz [11] gezeigt.

In der Entwicklung einer ToM scheint es universelleEntwicklungsphasen zu geben, die – ungeachtet inter-individueller Unterschiede in der Entwicklungsge-schwindigkeit – bei allen Kindern beobachtet werden.Zahlreiche Befunde sprechen für mindestens zwei zuunterscheidende Entwicklungsstufen [16, 17]. Ab ei-nem Alter von ungefähr 18 Monaten treten erste deutli-che Hinweise auf eine implizite ToM auf, wobei Kinderin diesem Alter das menschliche Verhalten auf derGrundlage einer begrenzten Auswahl an Konzepten

mentaler Zustände interpretieren. So befassen sie sichmit Wünschen, Emotionen, Absichten und Zielen. Indiesem Alter werden mehrere Entwicklungsmeilenstei-ne beobachtet, die das Verständnis dieser Konzepte un-terstreichen. So wird die Fähigkeit zur gemeinsamenAufmerksamkeit (“joint attention”), zur Erkennung derAbsicht eines Sprechers und zum absichtlichen Imitati-onsverhalten beobachtet. Ungefähr im Alter von 4-6Jahren wird ein zweiter Entwicklungsschritt beobach-tet, wobei Kinder dann beginnen, sich selbst und ande-ren epistemische mentale Zustände wie Gedanken,Überzeugungen und Wissen zuzuschreiben. ObwohlKinder somit im Alter von 6 Jahren die wesentlichenKonzepte einer ToM kennen, wird davon ausgegangen,dass sich ToM-Kompetenzen bis in die Adoleszenz oderins frühe Erwachsenenalter weiterentwickeln und ver-feinern [23]. Darauf weisen ToM-Tests hin, die erst spä-ter in der Entwicklung korrekt gelöst werden können. Sokonnte beispielsweise Happé [24] mit dem „StrangeStories“-Test zeigen, dass Sarkasmus, Bluff und Ironieerst in einem Alter von 8 Jahren verstanden werden.Des Weiteren weist der von Baron-Cohen et al. [23] ent-wickelte „Faux Pas“-Test darauf hin, dass Kinder erst ineinem Alter von 9 -11 Jahren einen sozialen „Faux Pas“verstehen. Diese Tests zeichnen sich dadurch aus, dasssie über einfache Attributionsleistungen hinausgehen.Beim „Strange Stories“-Test muss das Kind fähig sein,über die wörtliche Bedeutung einer Aussage hinauszu-gehen, um zu folgern, was der Sprecher wirklich zu sa-gen beabsichtigte. Der „Faux Pas“-Test erfordert einer-seits eine simultane Attribution affektiver und episte-mischer mentaler Zustände und setzt zusätzlich dieKenntnis sozialer Normen voraus.

Bildgebende Studien und Untersuchungen von hirn-geschädigten Patienten deuten auf eine Beteiligung ei-nes weit distribuierten neuronalen Netzwerkes an ToM-Prozessen hin [im Überblick bei 16,17,25-29]. Zu denkonsistentesten Befunden gehört eine Beteiligung desmedialen präfrontalen einschliesslich des anteriorenzingulären Kortex, der temporoparietalen Übergangsre-gion einschliesslich des superioren temporalen Sulkus,der temporalen Pole sowie limbischer-paralimbischerStrukturen wie des orbitofrontalen Kortex und derAmygdala. Es ist anzunehmen, dass die beteiligtenStrukturen jeweils für bestimmte Subprozesse zustän-dig sind, die in ihrer Gesamtheit eine Einschätzung desmentalen Zustandes des Gegenübers zulassen. Unklarist, inwiefern der Attribution epistemischer und affekti-ver mentaler Zustände die gleichen Verarbeitungspro-zesse oder neuronalen Substrate zu Grunde liegen. Eini-ge Autoren vertreten den Standpunkt, dass sich der Be-griff ToM nur auf Schlussfolgerungen bezüglich episte-mischer mentaler Zustände bezieht, während solchebezüglich affektiver mentaler Zustände einen davon zuunterscheidenden Prozess darstellen und als Empathiebezeichnet werden sollten [30 - 32]. Der Begriff Empa-thie wiederum bezieht sich auf ein vielschichtiges Kon-strukt, das von einfachen Formen der Emotionsan-

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Epileptologie 2007 “Theory of Mind”– Defizite bei Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie | Rebecca Winkler und Hennric Jokeit

steckung bis zu komplexen Formen kognitiver Perspek-tivenübernahme reicht [33]. Zumindest Empathie imSinne einer komplexen kognitiven Perspektivenüber-nahme stellt einen Prozess dar, bei dem mentale Zu-stände anderer repräsentiert bzw. attribuiert werdenmüssen, und scheint somit abhängig von der ToM-Fähigkeit zu sein. Ausserdem lassen erste Befunde ausbildgebenden Untersuchungen vermuten, dass es sichbei epistemischen und affektiven Attributionen nichtum völlig unterschiedliche Prozesse handelt [34, 35]. Sowerden in diesen Untersuchungen für die beiden Attri-butionstypen distinkte, sich aber überlappende Netz-werke postuliert. Bestimmte Hirnregionen wie der me-diale präfrontale Kortex, die temporoparietale Über-gangsregion oder die temporalen Pole scheinen bei bei-den Attributionstypen eine Rolle zu spielen. Im Zusam-menhang mit der Attribution affektiver Zustände fin-den sich zusätzliche Aktivitätsmuster in limbischen-paralimbischen Regionen wie der Amygdala, dem orbi-tofrontalen Kortex, dem parazingulären Kortex, unddem Zingulum, also vorwiegend in Strukturen, die in dieEmotionsverarbeitung involviert sind.

Zusammenfassend ist ein weit distribuiertes Netz-werk an ToM-Prozessen beteiligt, das präfrontale, orbi-tofrontale, mesolimbische und temporolaterale Hirn-strukturen einschliesst. Es soll nun nachfolgend aufge-zeigt werden, dass pathologische Veränderungen bei ei-ner mTLE Hirnregionen dieses Netzwerkes betreffenkönnen.

Pathologische Veränderungen bei mTLE

Die mTLE ist die häufigste fokale Epilepsie. Sie istcharakterisiert durch wiederkehrende einfach- undkomplex-partielle sowie sekundär generalisierte Anfäl-le, die ihren Ursprung im mesialen Temporallappen ha-ben [36, 37]. Pathologische Veränderungen sind bei die-sem Epilepsiesyndrom deshalb in erster Linie im mesia-len Temporallappen zu finden. Bei einem Grossteil derPatienten wird als epileptogene Läsion eine mesiotem-porale Sklerose diagnostiziert. Darunter werden patho-logische Veränderungen mit Neuronenverlust und Glio-se verstanden, die klassischerweise im Hippokampus,jedoch häufig auch in anatomisch mit dem Hippokam-pus verbundenen limbischen Strukturen des mesialenTemporallappens auftreten [38]. Insbesondere dieAmygdala, eine wichtige Struktur im Zusammenhangmit emotionalen und sozialen Verarbeitungsprozessen,scheint häufig betroffen zu sein [38-45]. Die Ergebnis-se histopathologischer Untersuchungen [39] weisendarauf hin, dass die Amygdala bei mehr als der Hälfteder untersuchten mTLE-Patienten Epilepsie-assoziierteneuronale Zellschädigungen aufweist. Nebst struktu-rellen Auffälligkeiten können in den epileptogenenArealen des mesialen Temporallappens auch funktio-nelle Störungen nachgewiesen werden. Diese sind nichtauf die Anfälle beschränkt, sondern treten auch interik-

tal auf. So werden in mesiotemporalen Struktureneinschliesslich der Amygdala interiktale hirnelektrischeVeränderungen [46] sowie interiktale Verminderungenim Blutfluss und Metabolismus [47-50] berichtet. Dassfunktionelle Störungen insbesondere auch die Amygda-la betreffen, zeigen im fMRI beobachtete Aktivierungs-verminderungen in dieser Struktur. So konnten wirkürzlich berichten [50], dass ein fMRI-Paradigma, dasdie Amygdala bei Gesunden bilateral aktiviert [51], beiden meisten mTLE-Patienten auf der Anfallsseite zu ei-ner verminderten Amygdalaaktivierung führt.

Die funktionelle Defizitzone einer mTLE beschränktsich jedoch nicht auf die bekannten epileptogenenAreale des mesialen Temporallappens einschliesslichder für die soziale Kognition wichtigen Amygdala, son-dern schliesst, als Folge der Anfallsausbreitung, weitereHirnregionen ein, die zum ToM-Netzwerk gehören. [18F]-Fluorodeoxyglukose-PET-Untersuchungen weisen da-rauf hin, dass sich eine interiktale Verminderung des re-gionalen zerebralen Glukosemetabolismus nicht aufden betroffenen mesialen Temporallappen beschränkt,sondern auch den kontralateralen Temporallappen so-wie temporolaterale und insbesondere präfrontale undorbitofrontale Strukturen betrifft [47, 52-54]. Diese metabolischen Veränderungen stehen in Übereinstim-mung mit den diffusen kognitiven Funktionseinbussen,die bei einer mTLE auftreten können. So weisen neuro-psychologische Untersuchungen darauf hin, dass nebenden für mesiotemporale Dysfunktionen charakteristi-schen Gedächtnisdefiziten häufig Beeinträchtigungenin einer Vielzahl anderer kognitiver Modalitäten insbe-sondere des Frontal- und lateralen Temporallappensauftreten können. Es wird über Beeinträchtigungen inexekutiven Funktionen, Sprachfunktionen, der motori-schen Geschwindigkeit, sowie der Testintelligenz be-richtet, wobei diese zum Teil mit den beobachteten me-tabolischen Verminderungen zusammenhängen [47,55]. Auch strukturelle Veränderungen gehen über diemesiotemporale epileptogene Läsion hinaus. In Übereinstimmung mit den eben genannten metaboli-schen Befunden werden Volumenverminderungen intemporolateralen und verschiedenen frontalen Arealenbeobachtet [56-58].

Zusammenfassend können im Rahmen einer mTLEstrukturelle und funktionelle Veränderungen in einemneuronalen Netzwerk auftreten, das sich als wichtig fürToM-Prozesse erwiesen hat. Als Teil der epileptogenenPrimärläsion ist in erster Linie die Amygdala betroffen;sekundär können jedoch als Folge der Anfallspropagati-on sowie einer Ausbreitung interiktaler epileptiformerAktivität auch temporolaterale und insbesonderepräfrontale Areale dysfunktional sein, ebenfalls Hirn-areale, die an ToM-Prozessen beteiligt sind. Aufgrunddieser Beobachtung ist die Frage nahe liegend, ob einemTLE möglicherweise eine spezifische Ätiologie für De-fizite in diesem Aspekt höherer sozialer Kognition dar-stellt. Im nachfolgenden Abschnitt werden Hinweiseauf Defizite in der sozialen Kognition sowie erste Befun-

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Epileptologie 2007“Theory of Mind”– Defizite bei Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie | Rebecca Winkler und Hennric Jokeit

de aus Untersuchungen, in denen explizit sozialkogniti-ve Funktionen bei mTLE-Patienten geprüft wurden, be-richtet.

Befunde zur sozialen Kognition und ToM bei mTLE

Im Gegensatz zu kognitiven Funktionen wie demGedächtnis, der Sprache und den exekutiven Funktio-nen ist die soziale Kognition bei mTLE kaum untersucht.Dies könnte einerseits damit zusammenhängen, dassdie soziale Kognition ein schwierig zu erfassender Be-reich ist, für den es bisher kaum etablierte Testverfah-ren gibt. Andererseits ist dieser Mangel an Forschungs-aktivität vermutlich darauf zurückzuführen, dass einemTLE üblicherweise nicht mit schwerwiegenden sozia-len Auffälligkeiten einhergeht. Trotzdem werden beidiesen Patienten gehäuft psychosoziale Schwierigkei-ten und psychische Störungen wie Angst- und affektiveSymptome beschrieben [59, 60]. Ob diese mit Defizitenin sozialkognitiven Funktionen, bzw. mit Läsionen inStrukturen zusammenhängen, die eine wichtige Rolleim Zusammenhang mit sozialer Kognition und ToM-Prozessen spielen, ist unklar. Sie könnten auch als Folgepsychosozialer Belastungen, Stigmatisierung und Risi-kofaktoren auftreten, die häufig mit einer Epilepsieer-krankung einher gehen [61, 62]. Die Tatsache, dass psy-chosoziale Schwierigkeiten und psychiatrische Störun-gen bei einer mTLE häufiger auftreten als bei anderenchronischen Epilepsiesyndromen [63-65], ist jedoch einHinweis auf eine mögliche spezifische pathologischeAssoziation. In Übereinstimmung damit machen ersteBefunde deutlich, dass Patienten mit einer mTLE Beein-trächtigungen in der ToM-Fähigkeit zeigen können, diemöglicherweise die häufig beobachteten psychosozia-len Anpassungsschwierigkeiten dieser Patienten mit er-klären könnten.

Basale sozialkognitive FunktionenBereits mehrere Untersuchungen weisen darauf hin,

dass mTLE-Patienten Beeinträchtigungen in basalen so-zialen Wahrnehmungsfunktionen zeigen können, dieals Voraussetzung für eine ToM betrachtet werden. Sowurden in mehreren Studien Schwierigkeiten bei der Er-kennung von Emotionen aufgrund von Gesichtsaus-drücken, insbesondere bei der Erkennung negativerEmotionen wie Furcht beobachtet [66-70]. Meletti etal. [68, 71] sowie Benuzzi et al. [66] fanden entspre-chende Beeinträchtigungen bei Patienten mit einerrechtsseitigen mTLE und frühem Anfallsbeginn. Der Zu-sammenhang mit dem Alter bei Anfallsbeginn könntedadurch erklärt werden, dass es eine kritische Phase fürdie Entwicklung dieser Fähigkeit gibt. Andere Autorenbeobachteten bei mTLE-Patienten einen Zusammen-hang zwischen der Beeinträchtigung in der Erkennungemotionaler Gesichtsausdrücke und der Dauer der Er-krankung [69, 72] sowie dem Ausmass der Volumenver-minderung in der Amygdala [72]. Diese Befunde könn-

ten insofern ursächlich verknüpft sein, dass die Atro-phie der Amygdala mit längerer Erkrankungsdauergrösser wird [73]. In weiteren Studien wurden Beein-trächtigungen in der Angst- bzw. Furchterkennung ins-besondere bei Patienten mit Angstauren, einem klini-schen Hinweis auf eine Beteiligung der Amygdala ander Anfallspropagation, beobachtet [70]. Die Beein-trächtigungen scheinen somit in einer Untergruppe vonmTLE-Patienten aufzutreten – möglicherweise in Ab-hängigkeit einer Beteiligung der Amygdala am Krank-heitsgeschehen sowie dem Ausmass der Dysfunktiona-lität oder Schädigung dieser Struktur [70, 72]. Damit inÜbereinstimmung stehen Befunde zu Beeinträchtigun-gen in der Erkennung emotionaler Gesichtsausdrückebei Patienten mit bilateraler Amygdalaschädigung [74 -76]. Demgegenüber sind die Befunde zu entsprechen-den Beeinträchtigungen nach unilateraler Schädigunginkonsistent [77-80].

Defizite in der sozialen Kognition scheinen bei einermTLE somit eher subklinisch und psychometrischschwierig zu erfassen zu sein. Das Syndrom der mTLE istkein einheitliches Krankheitsbild, und Faktoren wie dasAlter bei Anfallsbeginn und die Ausdehnung der epilep-togenen Läsion sowie der funktionellen Defizitzonekönnen einen Einfluss auf das Ausmass möglicher Be-einträchtigungen in der sozialen Kognition haben. BeiPatienten mit spätem Anfallsbeginn und geringer Schä-digung von für die soziale Kognition wichtigen Struktu-ren würde man erwarten, dass sie – wenn überhaupt –nur sehr subtile Beeinträchtigungen zeigen. Aus diesenGründen ist davon auszugehen, dass anspruchsvollereund komplexere Tests höherer sozialer Kognition bessergeeignet sind, um entsprechende Beeinträchtigungenzu erkennen, als Tests basaler sozialkognitiver Leistun-gen. Darüber hinaus dürften komplexere Tests auch ei-ne höhere ökologische Validität besitzen. Mit der Ein-führung des Konzeptes der ToM eröffneten sich ver-schiedene Möglichkeiten, die höhere soziale Kognitionzu operationalisieren. Die meisten ToM-Tests könnenvon Personen mit einem Intelligenzalter von 4 bis 6 Jah-ren gelöst werden, da Kinder in diesem Alter über diewesentlichen Konzepte einer ToM verfügen. Es wurdenjedoch auch anspruchsvollere ToM-Tests entwickelt,welche sich für die Testung älterer Kinder oder Erwach-sener mit normaler Intelligenz, die möglicherweise sub-tile Beeinträchtigungen in der sozialen Kognition auf-weisen, eignen. Zu diesen zählt der „Faux Pas“-Test [13,23].

Beeinträchtigungen in der Erkennung eines sozialen„Faux Pas“ – einer typischen ToM-Leistung

Explizite Untersuchungen der ToM-Fähigkeit bei mTLE gibt es bisher kaum. Eine erste entsprechende Untersuchung wurde am Schweizerischen Epilepsie-Zentrum durchgeführt, wobei mTLE-Patienten mit dem„Faux Pas“-Test untersucht wurden [81]. Dieser Test hatsich bereits in mehreren Untersuchungen als geeigneterwiesen, bei Patienten mit Amygdala- oder Orbitofron-

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talhirnschädigungen subtile Defizite in der höheren so-zialen Kognition aufzudecken [10, 11, 13].

Als Experimentalgruppen wurden Patienten miteiner mTLE (mtle, n=35) sowie Patienten mit einer Fron-tallappenepilepsie (fle, n=9), und als KontrollgruppenPatienten mit einer Epilepsie nicht mesiotemporalenoder frontalen Anfallsursprungs (epikg, n=49) sowie ge-sunde Probanden (gesunde, n=50) untersucht. Die klini-schen und demografischen Angaben zu den Stichpro-ben sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Für die Untersuchung wurde eine am Schweizeri-schen Epilepsie-Zentrum entwickelte deutsche Kurzver-sion des „Faux Pas“-Tests verwendet, welche mit derLangversion hinreichend korreliert (r=.74). Sie bestehtaus drei Geschichten, in denen jeweils ein Protagonisteinen sozialen „Faux Pas“ begeht. Darunter wird eineAussage verstanden, mit welcher der Protagonist eineandere Person unabsichtlich verletzt oder beleidigt. Bei-spielsweise äussert eine Person A gegenüber einer Per-son B, dass es einfach gewesen sei, in einem Geschich-tenwettbewerb zu gewinnen, unwissend, dass Person Bfür diesen Wettbewerb auch eine Geschichte geschrie-ben hat, ohne etwas zu gewinnen. Die Teilnehmer wer-den nach jeder Geschichte gefragt, ob jemand etwasUngeschicktes gesagt habe (Entdeckung des „FauxPas“), und sie müssen identifizieren, wer den „Faux Pas“begangen hat (Verständnis des „Faux Pas“). Dann müs-sen sie erklären, warum die Person diesen Kommentarnicht hätte machen sollen, und ob sie die andere Personwissentlich verletzt habe; dazu müssen sie den menta-len Zustand der Person B, sowie denjenigen der PersonA verstehen (epistemische Attribution). Die Probandenwerden auch bezüglich der emotionalen Reaktion vonPerson B befragt, was ein empathisches Verständnis derGefühlslage der betroffenen Person erfordert (affektiveAttribution). Der „Faux Pas“-Test misst somit mehrereKomponenten einer ToM, indem er sowohl Schlussfol-gerungen bezüglich epistemischer als auch solche be-züglich affektiver mentaler Zustände erfordert. Zum

Schluss jeder Geschichte wird eine Kontrollfrage zuwichtigen Details der Geschichten gestellt, um zu über-prüfen, ob die Probanden die Geschichten verstandenhaben.

Erste Ergebnisse dieser Untersuchung weisen daraufhin, dass Patienten mit einer mTLE in diesem Test signifi-kant schlechter abschneiden als die Epilepsie-Kontroll-gruppe sowie die gesunde Kontrollgruppe (Abbildung 1).

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Tabelle 1: Übersicht über klinische und demografische Variablen der verschiedenen Stichproben

fle mtle epikg gesunden = 9 n = 35 n = 49 n= 50

Geschlecht (m/w) 8 / 1 15 / 20 26 / 23 22 / 28Alter Mittelwert 41,4 36,4 33,6 34,3

Streuung 15,1 11,8 11,5 10,9IQ Mittelwert 95,4 104,7 106,1 106,0

Streuung 15,1 16,9 20,4 15,0Alter Mittelwert 20,2 14,5 19,0bei Epibeginn Streuung 16,6 12,5 14,4Dauer Mittelwert 21,2 21,8 14,7der Epilepsie Streuung 15,8 14,7 11,5

Abkürzungen: fle = Patienten mit Frontallappenepilepsie; mtle = Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie;

epikg = Epilepsie-Kontrollgruppe (Patienten mit einer Epilepsie nicht mesiotemporalen oder frontalen Anfallsursprungs);

gesunde = gesunde Kontrollen

Abbildung 1: Punktzahl im „Faux Pas“-Test

Die Boxplots zeigen die Lage und die Streuung der Verteilung

der Punktzahl im „Faux Pas“-Test bei Patienten mit einer

Frontallappenepilepsie (fle), Patienten mit einer mesialen

Temporallappenepilepsie (mtle), Patienten mit einer Epilepsie

nicht mesiotemporalen oder frontalen Anfallsursprungs

(epikg) und gesunden Kontrollen (gesunde). Die graue Box ist

durch das 1. und das 3. Quartil begrenzt, der schwarze Strich

innerhalb der Box stellt den Median, die Linien ausserhalb der

Box den kleinsten resp. grössten Messwert dar. Patienten mit

einer FLE oder einer mTLE zeigen signifikant schlechtere Leis-

tungen in diesem Test als die Epilepsiekontrollgruppe und die

gesunden Kontrollen.

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Die Leistungen der Epilepsie-Kontrollgruppe und der ge-sunden Kontrollgruppe unterschieden sich demgegen-über nicht. Dieselben Beeinträchtigungen wie mTLE-Pa-tienten zeigte auch eine Gruppe von Patienten mit ei-ner Frontallappenepilepsie (FLE). Bei diesem Epilepsie-syndrom ist mit dem Frontallappen ebenfalls eine Hirn-region betroffen, die Teil des ToM-Netzwerkes ist.

Die schlechtere Leistung der mTLE-Patienten konntenicht durch Variablen wie den Intelligenzquotienten,das Lesesinnverständnis, das Alter bei Anfallsbeginnoder die Dauer der Epilepsie erklärt werden. Die Abwe-senheit eines Einflusses des Intelligenzquotienten aufdie Leistung im „Faux Pas“-Test schliesst die Möglich-keit eines allgemeinen kognitiven Defizits als Erklärungaus. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Beeinträch-tigungen in der sozialen Kognition spezifisch bei Epilep-siepatienten mit Läsionen im ToM-Netzwerk, also beiPatienten mit einer mTLE oder einer FLE auftreten, unddass eine Epilepsie per se oder die antiepileptische Me-dikation die soziale Kognition nicht beeinträchtigen. Sozeigten alle Patienten in der Epilepsie-Kontrollgruppevergleichbare Resultate wie die gesunden Kontrollen,obwohl sie an einer medikamentös nicht kontrollierba-ren oder schwierig zu behandelnden Epilepsie littenund Antiepileptika einnahmen. Die Heterogenität derEpilepsie-Kontrollgruppe unterstreicht ausserdem dieSpezifität der verminderten sozialen Kognition bei Pati-enten mit einer mTLE oder einer FLE.

Schlussfolgerung

Erste Befunde weisen darauf hin, dass eine mTLEmit Beeinträchtigungen in der ToM-Fähigkeit, das heisstder Fähigkeit, anderen mentale Zustände wie Wissen,Überzeugungen, Intentionen und Wünsche zuzuschrei-ben, einhergehen kann. So wurden in der oben aufge-führten Untersuchung am Schweizerischen Epilepsie-Zentrum in Zürich bei Patienten mit einer mTLE beein-trächtigte Leistungen in der Erkennung eines sozialen„Faux Pas“, einer typischen ToM-Anforderung, beobach-tet. In Übereinstimmung damit wurden bereits in eini-gen Untersuchungen bei Untergruppen von mTLE-Pati-enten Beeinträchtigungen in basalen sozialen Wahr-nehmungsfunktionen wie der Erkennung emotionalerGesichtsausdrücke gefunden; die Befundlage hierzu istjedoch inkonsistent.

Die bei mTLE im Gegensatz zu anderen Epilepsiesyn-dromen beobachteten Schwierigkeiten in der Erken-nung eines „Faux Pas“ lassen vermuten, dass mTLE-spe-zifische Beeinträchtigungen von Hirnfunktionen fürdiese Einbussen in der höheren sozialen Kognition ver-antwortlich sind. Wie oben aufgezeigt, treten im Rah-men einer mTLE strukturelle und funktionelle Defizitein einem neuronalen Netzwerk auf, das sich als wichtigfür ToM-Prozesse erwiesen hat. Am nahe liegendstenscheint es, die beobachteten ToM-Defizite auf diePrimärläsion im mesialen Temporallappen zurückzu-

führen. Die Amygdala ist eine Kernstruktur im Zusam-menhang mit emotionaler Verarbeitung und sozialerKognition. Sie wurde in zahlreichen Untersuchungenmit ToM-Prozessen in Verbindung gebracht [26, 29], wo-bei sie insbesondere bei der Zuschreibung affektivermentaler Zustände wichtig zu sein scheint [35]. Um ei-nen sozialen „Faux Pas“ erkennen zu können, muss manin der Lage sein, den Gefühlszustand der betroffenenPerson zu verstehen. Die beobachteten Einbussen inToM-Fähigkeiten könnten jedoch auch durch sekundäreAuswirkungen des primären epileptogenen Prozessesim mesialen Temporallappen erklärt werden, welchetemporolaterale, präfrontale und orbitofrontale Regio-nen und somit ein komplexes Netzwerk betreffen, dasToM-Prozessen zu Grunde liegt. Letztere Hypothese ei-ner funktionellen Defizitzone fern des primär epilepto-genen Areals könnte auch die Tatsache erklären, dassPatienten mit Autismus oder mit Hirnschädigungen un-terschiedlicher Ätiologie, welche die Amygdala, denpräfrontalen oder orbitofrontalen Kortex betreffen, ver-gleichbare Defizite in der ToM-Fähigkeit zeigen [10, 11,13]. Diese Patientengruppen weisen als GemeinsamkeitLäsionen innerhalb des frontolimbischen Netzwerkesauf, das ToM-Prozessen zu Grunde liegt.

Wie bereits erwähnt geht eine mTLE üblicherweisenicht mit schwerwiegenden sozialen Beeinträchtigun-gen einher. Trotzdem werden bei diesen Patientengehäuft psychosoziale Schwierigkeiten und psychischeStörungen wie Angst- und affektive Symptome be-schrieben [59, 60]. Seit Jahren wird kontrovers disku-tiert, ob diese eine organische Grundlage haben odereher als psychische Reaktion auf die Belastungen, Stig-matisierung und Risikofaktoren, zurückzuführen sind,die regelmässige epileptische Anfälle mit sich bringen.Die Tatsache, dass psychosoziale Schwierigkeiten undpsychiatrische Störungen bei einer mTLE häufiger auf-treten als bei anderen chronischen Epilepsiesyndromen,[63 - 65] ist ein Hinweis auf eine mögliche spezifischepathologische Assoziation. Der Befund, dass mTLE-Pati-enten im Vergleich zu Patienten mit anderen chroni-schen Epilepsiesyndromen spezifisch in Aspekten derhöheren sozialen Kognition beeinträchtigt sein können,könnte nun als weiterer Hinweis auf eine spezifischepathologische Assoziation bzw. eine organische Grund-lage dieser Symptome gewertet werden.

Sollte eine mTLE eine spezifische Ätiologie für Defi-zite in der höheren sozialen Kognition sein, könnte diesAuswirkungen auf die Diagnostik und Therapie dieserStörung haben. Neuropsychologische Untersuchungenkonzentrieren sich bei der mTLE nach wie vor auf primärkognitive Funktionen wie das Gedächtnis, die Spracheund die exekutiven Funktionen. Defizite in der sozialenKognition bleiben somit unerkannt und folglich unbe-handelt. Inwieweit die Defizite in der sozialen Kogniti-on die bei mTLE häufigen psychosozialen Schwierigkei-ten und psychiatrischen Komorbiditäten erklären kön-nen, kann aufgrund der aktuellen Datenlage noch nichtbeantwortet werden. Es scheint jedoch nahe liegend,

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Epileptologie 2007 “Theory of Mind”– Defizite bei Patienten mit mesialer Temporallappenepilepsie | Rebecca Winkler und Hennric Jokeit

dass im Zusammenhang mit Läsionen im ToM-Netz-werk auftretende Defizite in der höheren sozialen Kognition zu psychosozialen Schwierigkeiten führenkönnten. So sind hinreichende ToM-Kompetenzen einewichtige Voraussetzung für die erfolgreiche soziale In-tegration in Beruf, Partnerschaft und Freizeit. Des Weiteren weisen Untersuchungen mit psychiatrischenund neurologischen Patienten darauf hin, dass sozialeKompetenzen der bessere Prädiktor für psychosozialeZufriedenheitsmasse wie beruflichen Erfolg sein können als die nicht-soziale Kognition [82], und dassdas soziale Umfeld mehr unter sozialen Defiziten leidetals unter Beeinträchtigungen in nicht-sozialen kogniti-ven Funktionen [83, 84]. Defizite in der sozialen Kogniti-on können somit zu einem beträchtlichen Leidensdruckder Patienten und ihres sozialen Umfeldes führen. Eswäre deshalb wichtig, diesen Bereich bei mTLE-Patien-ten routinemässig zu untersuchen. Eine präzisere Erfas-sung der Defizite in der sozialen Kognition würde es er-möglichen, Interventionen und rehabilitative Massnah-men besser zu planen und abzustimmen.

Im Bereich der sozialen Kognition gibt es bisherkaum etablierte Testverfahren. Ausserdem scheinen beimTLE auftretende Schwierigkeiten in der sozialen Kognition häufig subklinisch und psychometrischschwierig zu erfassen zu sein. Wie in unserer Untersu-chung gezeigt wurde, könnten anspruchsvolle ToM-Tests wie der „Faux Pas“-Test geeignete Instrumente fürdie Diagnostik im Bereich der sozialen Kognition beiEpilepsiepatienten darstellen. Es wäre wichtig, den„Faux Pas“-Test, sowie weitere für Erwachsene mitdurchschnittlicher Intelligenz entwickelte ToM-Tests fürneuropsychologische Untersuchungen in der Epilepto-logie zu validieren.

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Korrespondenzadresse:PD Dr. Hennric JokeitSchweizerisches Epilepsie-ZentrumBleulerstrasse 60CH 8008 ZürichTel. 0041 44 387 63 46Fax 0041 44 387 61 [email protected]

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Epileptologie 2007Zur Bedeutung von Defiziten in Emotion und sozialer Kognition für die soziale Integration … | Rupprecht Thorbecke

Zusammenfassung

Studien zu Langzeitverläufen von Kindern bis zum Er-wachsenenalter zeigen ungünstige Ergebnisse hinsicht-lich sozialer Eingliederung auch für diejenigen, die an-fallsfrei geworden und nicht lernbehindert sind. Die z. T.von den Autoren selbst angeführte Erklärung mit sozia-len Stigmatisierungsprozessen ist aufgrund von Studienzu subjektiven und realen Stigmatisierungsprozesseneher unwahrscheinlich. Eine Erklärung könnte in den Aus-wirkungen psychiatrischer Komorbidität, eine zweite inDefiziten in der sozialen Kognition liegen. PsychiatrischeKomorbidität wurde in Langzeituntersuchungen bisheraber nur als Outcome-Variable und nicht als Prädiktor un-tersucht. Für die Auswirkungen von Defiziten in der sozia-len Kognition auf die soziale Eingliederung gibt es bishernur indirekte Hinweise, die in dieser Arbeit diskutiertwerden sollen. 1. Interventionen zur Verbesserung der Arbeitsvermitt-

lung von Epilepsiekranken am Ende der 80er Jahre desvergangenen Jahrhunderts haben gezeigt, dass dieSchwierigkeiten, Arbeit zu finden, nicht so sehr durchablehnende Haltungen von Arbeitgebern, sonderndurch das Unvermögen, seine Erkrankung, seine Fähig-keiten und Einschränkungen dem Gegenüber zu er-klären, bedingt sind. In diesem Zusammenhang ist vonbesonderer Bedeutung die Fähigkeit, die Perspektivedes anderen zu übernehmen.

2. Eigene Untersuchungen zeigen, dass ein Mangel an so-zialen Kontakten weniger als Folge von Ausschlusspro-zessen, sondern eher als Rückzug infolge von Stigmati-sierungsüberzeugungen, die wiederum mit geringerKompetenz die eigene Epilepsie anzusprechen, neu-ropsychologischen Defiziten und Übernahme der Rolleeines Schwerbehinderten verbunden sind, zu erklärenist.

3. Die Evaluation des Epilepsie-SchulungsprogrammsMOSES hat gute „behandlungsnahe“ Effekte (Verbes-serung des Epilepsiewissens und des emotionalen Co-pings, weniger Anfälle und weniger Nebenwirkungen),dagegen nur geringe Effekte im Bereich der sozialenKompetenzen (keine Abnahme von Stigmatisierungs-überzeugungen, keine Zunahme der Informiertheitvon Arbeitgebern und Bekannten über Epilepsie undkeine Zunahme von Freizeitaktivitäten) gezeigt. Dies istwahrscheinlich mit dem Fehlen von Anteilen mit so-zialem Kompetenztraining im Schulungsprogramm zuerklären.Folgerungen: Der klinische Blick sollte in der Epilepto-

logie bei Patienten mit sozialen Schwierigkeiten auch aufderen soziale Kompetenzen gerichtet werden. Neben derüblichen neuropsychologischen sollte eine neuropsycho-

logisch fundierte, kompetenzorientierte Diagnostikdurchgeführt werden. Besondere Bedeutung kommt den“Theory of Mind”-Paradigmen zu.

Epileptologie 2007; 24: 149 – 152

Schlüsselwörter: soziale Kompetenzen, soziale Eingliede-rung, soziale Kognition

Deficits in the Perception of Social Rules and Ex-pressions in Persons with Epilepsy and their Conse-quences for Participation

Studies on the long term social outcome of childrenwith epilepsy show unfavourable results in respect to em-ployment, living with a partner, socioeconomic statusand social contacts, also in those without a learning disa-bility. Apart from negative attitudes in the environmentand psychiatric comorbidity one explanation could be de-ficits in social skills, related to deficits in social percep-tion. There are until now no studies addressing this rela-tion. There are however several indirect hints making itplausible that such a relationship exists:1. Studies on vocational outcome of persons with epilep-

sy supported by general versus specialized agencies tofind employment show significantly higher place-ments in the specialized services. The core of the pro-gram was a job-seeking skills training, in which onemajor component was to learn taking the role of theemployer to understand better the rules of the appli-cation procedure, i.e. a social skills-training to improvesocial perception.

2. Studies from our group show that social isolation doesnot seem so much to be a consequence of enacted stig-ma but from felt stigma which in a logistic regressionanalysis was highly correlated to rare contacts becauseof difficulties to address ones epilepsy with personsthat are not informed about ones epilepsy, neuropsy-chological deficits, and inclination to take the role of adisabled person.

3. The evaluation of the modular service program epilep-sy MOSES has shown good effects on clinical variables(knowledge on epilepsy, seizure frequency, medicationside effects, coping strategies), however no significanteffects on social skills (no increase in the efforts to in-form friends or employers, no increase in leisure timeactivities, no decrease in felt stigma). Conclusion: Patients with epilepsy and social pro-

blems should, apart from psychiatric and neuropsycholo-gical assessment, also be evaluated in respect to socialskills and more specifically to their social cognition. Of

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Zur Bedeutung von Defiziten in Emotion und sozialer Kognition für die soziale Integration von Menschen mit Epilepsie

Rupprecht Thorbecke, Epilepsie-Zentrum Bethel, Bielefeld

Epileptologie 2007 Zur Bedeutung von Defiziten in Emotion und sozialer Kognition für die soziale Integration … | Rupprecht Thorbecke

special importance are Theory of Mind-Paradigms.

Key words: social skills, social integration, social cognition

Einleitung

In der klinischen Sozialarbeit bei Epilepsie hören wirgar nicht selten von Patienten, denen es nicht gelingt,bestimmte soziale Situationen zu meistern, obwohl siescheinbar alle Voraussetzungen dafür haben. Ein Beispielsind Anfallskranke mit guten kognitiven Fähigkeiten, ei-ner abgeschlossenen Berufsausbildung, deren Epilepsiegut kontrolliert ist und von denen keine schwerwiegen-den psychiatrischen Störungen bekannt sind, die uns voneiner Abfolge erfolgloser Bewerbungen oder Kündigun-gen in der Probezeit berichten. „Vielleicht hat sie ja ein-fach Pech gehabt“, hörte ich unlängst eine Kollegin ausder Sozialarbeit in einem solchen Fall sagen. Wenn wirdie Situation aufzuklären versuchen oder gar einem Be-werbungsgespräch beiwohnen können, zeigt sich aberunter Umständen ein ganz anderes Bild. Wir bemerken,dass die Person offensichtlich gar nicht erfasst hat, umwas es bei einem Vorstellungsgespräch geht. Zum Bei-spiel spricht sie schon bei Gesprächseröffnung extensivüber ihre Erkrankung bis hin zu Details, wie die letztenEEG-Untersuchungen, ohne die Darstellung ihrer berufli-chen Fähigkeiten im Blick zu haben. Und wenn wirscheinbar unerklärlichen Arbeitsplatzverlusten in derProbezeit nachgehen, kann es sein, dass wir auch hier„fündig“ werden. Wir erfahren zum Beispiel, dass die Per-son immer zu viel geredet hat oder nicht bemerkt hat,wann es, wenn man sich unterhält, wieder Zeit ist, dieArbeit fortzusetzen, und dass sie die leisen Hinweise, dieman ihr in dieser Richtung gegeben hat, offensichtlichnicht wahrgenommen hat.

In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass für dieErklärung von Schwierigkeiten der geschilderten Art (dasheisst ein Teilnehmer beherrscht nicht die vorausgesetz-ten Interaktionsregeln und es kommt zu Regelbrüchen,die sanktioniert werden; siehe dazu [1]) Defizite in dersozialen Kognition neben anderen Faktoren wie Soziali-

sationsdefiziten bedeutsam sind.

Unzureichende soziale Integration von Menschenmit Epilepsie – Empirische Befunde und Erklärungen

Es gibt gute Belege dafür, dass Menschen mit Epilep-sie auch dann, wenn sie nicht lernbehindert sind, im Ver-gleich zu Menschen ohne Epilepsie schlechter sozial integ-riert sind (siehe dazu Tabelle 1), ohne dass wir ausrei-chende Erklärungen für diese Befunde hätten [2].

Eine Erklärungsmöglichkeit wäre eine erhöhte psy-chiatrische Komorbidität in der Gruppe der Epilepsie-kranken im Vergleich zu Kontrollen. Bisher gibt es keineErgebnisse dazu, da in Langzeitstudien psychiatrischeKomorbidität gar nicht [3] oder nur als „Outcome“-Para-meter, aber nicht als Erklärungsfaktor für das soziale„Outcome“ untersucht wurde [2].

Eine zweite Erklärung sind Stigmatisierungsprozesse,die die soziale Eingliederung von Menschen mit Epilepsieerschweren. Diese Hypothese vertritt Sillanpää bei derInterpretation seiner eigenen Befunde: „However onecannot exclude the possible effect of social stigma onthe less successful future of mentally normal adults …“[3]. Die Untersuchung liefert aber keinerlei empirischeBelege für diese Hypothese. Andererseits ist seit der Un-tersuchung von Stigmatisierungsprozessen in einer un-ter epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewähltenGruppe von Menschen mit Epilepsie von Scambler undHopkins bekannt, dass für die unzureichende soziale In-tegration von Epilepsiekranken (subjektive) Stigmatisie-rungsüberzeugungen der Betroffenen eine grössere Rollespielen als faktische Ausschlussprozesse. „Although al-most all those with experience of full-time employmentafter onset believed epilepsy to be stigmatizing (felt stig-ma) only 23 % could recall a single occasion when theysuspected they had been victims of enacted stigma atwork“[4].

All dies spricht unseres Erachtens dafür, dass wirnach weitern Erklärungen für die unzureichende sozialeIntegration von Menschen mit Epilepsie suchen müssen.Unseres Erachtens gibt es stichhaltige empirische Belege

150

Tabelle 1:Long term consequences in childhood-onset epilepsy(Sillanpää 2004)

Variable intelligence level Controls IQ>85 IQ 71-85 IQ<07% % % %

Primary education only 23 47 86 98Failure to pass matriculation examination 75 78 100 100No vocational training 52 66 95 100Unemployed 8 28 59 100Not living with partner 10 32 68 97No children 17 45 95 100No driver’s license 11 35 52 100Lower socioeconomic status 52 62 95 100

Epileptologie 2007Zur Bedeutung von Defiziten in Emotion und sozialer Kognition für die soziale Integration … | Rupprecht Thorbecke

dafür, dass Defizite in der sozialen Kognition dabei einewichtige Rolle spielen könnten. Diese sollen im Folgen-den dargestellt werden.

Hinweise auf Auswirkungen von Defiziten bei den sozialen Kompetenzen auf die soziale Integration

Arbeitsvermittlung und Training sozialer Kompeten-zen: Fraser und Mitarbeiter haben den Erfolg von Ar-beitsvermittlungen Epilepsiekranker in staatlichen Ar-beitsvermittlungsagenturen im Vergleich zu einem Spe-zialprogramm untersucht. Das Spezialprogramm wardeutlich effektiver (siehe Tabelle 2). Von der üblichen Ar-beitsvermittlung unterschied es sich durch die folgendenzusätzlichen Elemente: „neuropsychological evaluation“,„brief work adjustment“, „job station program“, „job-seeking skills“ und „social skills training“, „on the jobtraining“, „job finding club“, „placement“ [5, 6]. Es ist indieser Studie nicht möglich, den Einfluss der einzelnenProgrammelemente auf das Ergebnis festzustellen. DieAutoren heben aber hervor, dass das „job-seeking skills“-Training und „social skills“-Training, in dem in bekannterWeise Fähigkeiten, ein Gespräch anzuknüpfen, aufrecht-

zuerhalten, seinen Standpunkt zu vertreten etc. geübtwurden, und der „job finding club“, in dem die Teilneh-mer mit Arbeitgebern zusammentrafen und deren Per-spektiven kennen lernten, einen entscheidenden Beitragleisteten. Das in dieser Untersuchung evaluierte Modellzur Arbeitsvermittlung von Menschen mit Epilepsie wur-de später, gefördert durch das U. S. amerikanische Ar-beitsministerium, in mehreren Städten erfolgreich ange-wendet.

Fehlende soziale Kontakte und eingeschränkte sozialeKompetenzen: Menschen mit Epilepsie haben wenigersoziale Kontakte als vergleichbare Personen ohne die Er-krankung, was häufig mit Ausschluss- bzw. Stigmatisie-rungsprozessen erklärt wird (siehe oben). Von unsererArbeitsgruppe in den vergangenen Jahren erhobene Da-ten weisen darauf hin, dass mangelnde Fähigkeiten, sei-ne eigene Erkrankung anderen zu erklären, in Verbin-dung mit neuropsychologischen Defiziten eine entschei-dende Erklärung für diesen Befund geben könnten [7]. Ineiner Erhebung bei 170 konsekutiven Patienten der Re-habilitationsabteilung für Anfallskranke des Epilepsie-Zentrums Bethel wurden die Stigmatisierungs-

überzeugungen mit dem von unserer Arbeitsgruppe ent-wickelten PESOS-Fragebogen [8], der eine Stigma-Skalaenthält, bei 25% als deutlich, bei 25% als mittelgradig,bei 25% als leicht, und bei 21% als gar nicht vorliegendfestgestellt. Bei der anschliessenden logistischen Regres-sionsanalyse wurden die folgenden Variablen im Modellbehalten: (starke) subjektive Beeinträchtigung durch dieEpilepsie, (wenig) Freunde, (im Besitz eines) Schwerbe-hindertenausweis(es), Neuropsychologischer Status (De-fizit), (Schwierigkeiten) die Epilepsie anderen gegenüberanzusprechen (Varianzaufklärung des Modells 60,1%,Prozentsatz des richtig Vorhergesagten 80,1%) [9].

Diese Ergebnisse verweisen auf Mängel in sozialenFähigkeiten, denen wiederum Defizite in der sozialen Ko-gnition zugrunde liegen könnten.

Verbesserung von Epilepsieschulungs-programmen durch stärkere Berücksichtigung sozialer Kompetenzen

In den vergangenen Jahren sind Epilepsieschulungs-programme entwickelt worden. Für Erwachsene mit Epi-lepsie ist das Modulare Schulungsprogramm EpilepsieMOSES am besten eingeführt. Ziel dieses Programms istnicht nur die Verbesserung des Wissensstandes über dieeigene Erkrankung bei den Betroffenen, sondern auchein aktives Informationsverhalten gegenüber der Umge-bung – die Person mit Epilepsie soll „Botschafter der ei-genen Erkrankung“ werden. Ein weiteres Ziel ist, die Be-troffenen zu ermuntern, ein aktives Leben mit möglichstwenigen Einschränkungen zu führen.

Die Evaluationsstudie zu MOSES zeigt aber, dass nurein Teil dieser Zielsetzungen erreicht wird. Guten „be-handlungsnahen“ Effekten (verbessertes Wissen, undemotionales „Coping“, weniger Anfälle, weniger Neben-wirkungen) stehen geringe Effekte in Bereichen, die so-ziale Kompetenzen verlangen (keine Abnahme von Stig-matisierungsüberzeugungen, keine Zunahme der Infor-miertheit von Arbeitgebern und Bekannten über Epilep-sie und keine Zunahme von Freizeitaktivitäten) gegen-über [10].

Etwa gleichzeitig mit MOSES erschien ein „Psychoe-dukatives Programm zur Verbesserung der Selbsthilfe-fähigkeiten von Menschen mit Epilepsie“ [11]. Das Pro-gramm verfolgt ähnliche Zielsetzungen wie MOSES, imVergleich dazu ist es aber deutlich stärker auf die Schu-lung sozialer Kompetenzen ausgerichtet (Elementeselbstsicheren Verhaltens im Unterschied zu selbstunsi-cherem und aggressivem Verhalten kennen lernen, lö-sungsorientierte Selbstgespräche üben, Situationen, indenen man sich selbstsicher verhalten möchte, notierenund Elemente üben, soziale Kontakte aufnehmen: Perso-nen ansprechen, die man gerne kennen lernen möchte.Verhalten vor, in, nach der Situation reflektieren; Rollen-spiele zu ausgewählter Situationen). Leider wurde diesesProgramm nicht evaluiert, so dass sich nicht sagen lässt,ob es effektiver hinsichtlich der soziale Fähigkeiten vor-

151

Tabelle 2:Work adjustment program for people with epilepsy(Fraser et.al. 1983, 1984)

Clients placed Client dropoutsEpilepsy Center 47% 20%n=106Western state 10% 56%n=4.578

Epileptologie 2007 Zur Bedeutung von Defiziten in Emotion und sozialer Kognition für die soziale Integration … | Rupprecht Thorbecke152

aussetzenden Zielsetzungen (über die Krankheit infor-mieren, Reduktion von Stigmatisierungsüberzeugungenetc.) ist.

Kühne hat unlängst ein dem MOSES und dem psy-choedukativen Programm von Wohlfarth ähnliches The-rapieprogramm für Hirnverletzte veröffentlicht [12]. ImUnterschied zu den beiden anderen Programmen spielenStigma und Scham nur eine untergeordnete Rolle. Dafürstehen Defizite in sozialen Kompetenzen ganz im Vorder-grund – Nichterkennen nonverbaler Signale, Miss-verstehen sozialer Situationen, rigides, wenig flexiblessoziales Verhalten, selbstbezogenes Verhalten ohneBerücksichtigung der Perspektive des anderen, Redukti-on sozialer Kontakte etc. Jeder mit Personen mit Epilep-sie Erfahrene weiss, dass sich solche Verhaltensweisenauch in dieser Gruppe finden.

Unseres Erachtens sollten Epilepsieschulungspro-gramme, die letztlich immer auf eine verbesserte sozialeEingliederung abzielen, durch auf die Verbesserung so-zialer Kompetenzen abzielende Elemente erweitert wer-den. Damit ist nicht gemeint, dass diese einfach ausGruppen von anders erkrankten Personen übertragenwerden können. Idealerweise würden sie sich auf überdie soziale Kognition bei Epilepsiekranken gewonneneErkenntnisse stützen (siehe dazu die anderen Beiträge indiesem Heft).

Zusammenfassung und Perspektiven

Es wurde versucht darzustellen, dass bei denBemühungen, Epilepsiekranke besser sozial einzuglie-dern, deren sozialen Kompetenzen mehr Aufmerksam-keit als bisher geschenkt werden sollte. Wie kann dieskonkretisiert werden?1. Es sollte bei Patienten mit sozialen Schwierigkeiten

neben der epileptologischen, psychiatrischen und derüblichen neuropsychologischen Diagnostik eine„Kompetenzorientierte Diagnostik“ durchgeführtwerden. Dazu gibt es ein entwickeltes Instrumentari-um aus Interviews, Selbstbeobachtung, Tagebuch undBeobachtungsverfahren [13]. Mindestens ebensowichtig ist, dass wir unsere klinische Beobachtung aufAuffälligkeiten in den sozialen Kompetenzen ausrich-ten, um sensibel für diese Domäne des Patientenver-haltens zu werden und diesbezügliche Probleme nichteinfach zu übersehen (siehe Einleitung). Besonders re-levant wird dieser Themenbereich dadurch, dass sichProbleme im Sozialverhalten von Menschen mit Epi-lepsie zunehmend durch neuropsychologische Verfah-ren objektivieren lassen. Eine besondere Bedeutunghaben dabei die „Theory of mind“-Paradigmen.

2. Epilepsieschulungsprogramme sollten in Hinblick aufdie Entwicklung sozialer Kompetenzen ergänzt wer-den. Dabei geht es um zentrale Situationen, wie Be-werbungen oder Beziehungen anzuknüpfen oder auf-recht zu erhalten. Die bisherigen Programme begren-zen sich auf Aspekte der Erkrankung, diemitgeteilt/nicht mitgeteilt werden sollten, und rich-

ten den Fokus weniger auf die Interaktionssituationund deren Beherrschung. Auch hier geht es wieder umeine Verknüpfung von Verhaltensbeobachtungen mitneuropsychologischen Befunden zur sozialen Kognition.

3. Befunde aus dem Bereich soziale Kognition sollten in(medizinischen) Rehabilitationsprogrammen als Prä-diktoren für das soziale und berufliche „Outcome“ miteinbezogen werden.

Referenzen

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tionsrituale – über Verhalten in direkter Kommunikation. Frankfurt: Suhr-

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schrift für Epileptologie 2004; 17(4): 287-300

9. Paul M. Epilepsie und Stigmatisierung, Risikofaktoren bei Menschen mit Epi-

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10. May TW, Pfäfflin M. The efficacy of an educational treatment program for

patients with epilepsy (MOSES): results of a controlled, randomized study.

Modular Service Package Epilepsy. Epilepsia 2002; 43(5): 539-549

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der Selbsthilfefähigkeiten von Menschen mit Epilepsie. Tübingen: dgvt-Ver-

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12. Kühne W. Kompetenzorentierte Therapie. In: Finauer G (Ed): Therapiema-

nuale für die neuropsychologische Rehabilitation. Heidelberg: Springer-Ver-

lag, 2007: 215-256

13. Fydrich T, Bürgener F. Konzept Soziale Kompetenz: Ratingskala für soziale

Kompetenz. In: Vrieds N, Margraf J (Ed): Soziale Kompetenz, Soziale Unsi-

cherheit, Soziale Phobie:Verstehen und Verändern. Hohengehren: Schneider-

Verlag, 2005: 86-104

Korrespondenzadresse:Rupprecht Thorbecke M. A.Ev. Krankenhaus Bielefeld, Epilepsie-Zentrum BethelEpilepsiekliniken MaraMaraweg 21, D 33617 BielefeldTel. 0049 521 144 2965Fax 0049 521 144 [email protected]

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Epilepsie-Ligaforscht – hilft – informiert

Neuer Versicherungsratgeber

Der neue Versicherungsratgeber „Epilepsie und Ver-sicherungen“, herausgegeben von der Epilepsie-Liga,enthält nützliche Informationen über den Umgang mitVersicherungen im Zusammenhang mit einer epilepti-schen Erkrankung. Die Autorin Evalotta Samuelsson istRechtsanwältin und hat reiche Erfahrung in Sozial-, Pri-vat- und Haftpflichtversicherungsfragen. Der Aufbauder Broschüre in zehn Kapitel ist übersichtlich, Lesendefinden rasch Informationen zu Hilflosigkeit und Pflege-bedürftigkeit von Kindern, zu Ergänzungsleistungen, zuAHV-Renten oder Leistungen bei lang dauernder Er-werbsunfähigkeit. Der Anhang des Ratgebers enthältwichtige Adressen für Betroffene und die sie begleiten-den Fachpersonen. „Epilepsie und Versicherungen“ er-scheint in Deutsch, Französisch und Italienisch und isterhältlich bei der Epilepsie-Liga.

Schweizerische Liga gegen Epilepsie

Geschäftsstelle

Seefeldstrasse 84

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Epileptologie 3|2007

Die aktualisierten Richtlinien zur Fahrtauglichkeitsind als separater Flyer erhältlich. Bitte bestellenSie mit untenstehender Karte die gewünschte An-zahl und kreuzen Sie die gewünschte Sprache an.

Epileptologie 2007 153

Epilepsie-Liga-Mitteilungen

Vorschau Epileptologie 4 | 2007

Anfallsartige Störungen der Bewegung Dr. med. Stephan Bohlhalter | Tschugg

Anfallsartige Störungen aus dem psychiatrischen Formenkreis PD Dr. med. Thomas Müller | Bern

Psychogene nicht epileptische Anfälle Dr. med. Giovanni B. Foletti | Lavigny

Anfallsartige Störungen aus dem internistischenFormenkreis Dr. med. Daniel Gujer | Tschugg

Anfallsartige Störungen auf kardio-vaskulärerBasis Dr. med. Andrea Humm und Prof. Dr. med. Heini Mattle | Bern

Anfallsartige Störungen auf zerebro-vaskulärerBasis Dr. med. Niklaus Meier und Prof. Dr. med. Heinrich Mattle | Bern

Anfallsartige Störungen mit Schmerzen Dr. med. Filippo Donati | Biel

Ausschreibung – Promotionspreis

Die Schweizerische Liga gegen Epilepsie (Epilepsie-Liga) vergibt jährlich einen Preis in Höhe von

CHF 2’500.—

für die beste Dissertation auf dem Gebiet der Epilep-tologie.

Bewerbungen sind aus allen Fachbereichen und Be-rufsgruppen möglich und erwünscht, sowohl ausGrundlagen- als auch klinischen Fächern. Eine Altersbe-schränkung erfolgt nicht.

Das Preisrichterkollegium setzt sich aus drei Vor-standsmitgliedern der Epilepsie-Liga zusammen, dasbei Bedarf zusätzlich externe Gutachter hinzuziehenkann. Es trifft seine Entscheidung in geheimer Wahl.

Falls der Antragsteller/die Antragstellerin bereits an-derswo Anträge für Unterstützung gestellt hat, ist offenzu legen, bei wem und mit welchem Ergebnis.

Die Preisverleihung erfolgt jeweils im darauf folgen-den Jahr anlässlich der Jahrestagung oder Mitglieder-versammlung der Epilepsie-Liga.

Bewerbungen sind bis zum 31.12.07 an die Ge-schäftsstelle der Epilepsie-Liga (Seefeldstrasse 84, Post-fach 1084, 8034 Zürich) einzureichen und müssen beinhalten: drei Exemplare der abgeschlossenen undbeim Dekanat eingereichten Dissertation, drei Exem-plare einer Stellungnahme des Doktorvaters (dabeikann es sich auch um das entsprechende Gutachten fürdie Dissertation handeln).

Ausschreibung – Forschungsförderung

Förderung der wissenschaftlichen Forschung im Bereich der Epilepsie (vorwiegend Starthilfen) durch die Schweizerische Liga gegen Epilepsie (Epilepsie-Liga)

Die Epilepsie-Liga unterstützt wissenschaftliche Projekte im Bereich der Epileptologie im Gesamtbetragvon

CHF 20’000.—

pro Jahr. Insbesondere soll die Erforschung von Ursa-chen und Behandlungen der Epilepsie gefördert wer-den.

Stipendien für Aus- oder Weiterbildung oder Aus-landaufenthalte werden nicht ausgerichtet. Hingegenkönnen Reise- und Aufenthaltskosten (ohne Salär) fürKurzaufenthalte (maximal einige Wochen) finanziertwerden, sofern sie dem Erlernen von Methoden dienen,welche im Rahmen eines unterstützten Projektes in derSchweiz eingesetzt werden.

Falls der Antragsteller/die Antragstellerin bereits an-derswo Anträge für Unterstützung gestellt hat, ist offenzu legen, bei wem und mit welchem Ergebnis.

Termin für die Einreichung von Gesuchen: 31. März 2008

Formulare und Wegleitung für Gesuchstellende könnenangefordert werden bei:

Schweizerische Liga gegen EpilepsieSeefeldstrasse 84 | Postfach 10848034 ZürichTel. 043 488 67 77 | Fax 043 488 67 [email protected]

WahlenAm 27. April fand anlässlich der Tagung über Epilepsi-

en zum hundertjährigen Jubiläum der Institution de La-vigny die 41. Mitgliederversammlung der Epilepsie-Liga statt. Die anwesenden Stimmberechtigten bestätigten den Präsidenten für weitere drei Jahre in sei-nem Amt und wählten auch den Vorstand wieder für dienächste Amtsperiode, wobei sich Professor Heinz GregorWieser nur noch für ein Jahr zur Verfügung stellt.

ElectionsLa 41e assemblée des membres de la Ligue contre l'é-

pilepsie s'est tenue le 27 avril dans le cadre du séminairesur les maladies épileptiques organisé à l'occasion ducentenaire de l'institution de Lavigny. Les membres vo-tants présents ont reconduit le président pour un nou-veau mandat de trois ans et le comité directeur a égale-ment été réélu en bloc, étant toutefois précisé que le pro-fesseur Heinz Gregor Wieser s'est seulement mis à dispo-sition pour une année supplémentaire.

Epileptologie 2007

Zum Tod unseres korrespondierenden MitgliedsProfessor Masakazu Seino (1930 – 2007)

Erst anlässlich des 27. Internationalen Epilepsiekon-gresses in Singapore in der Zeit vom 8. bis 12. Juli 2007habe ich Kenntnis vom kürzlichen Tod unseres Ehren-mitglieds Masakazu Seino am 7. März 2007 erhalten.Bei Professor Seino handelte es sich um einen weit überJapan hinaus bekannten und anerkannten Epileptolo-gen, der seit 1992 korrespondierendes Mitglied unsererGesellschaft war und der sich auch nach seiner Pensio-nierung bis zu seinem Tod für die Epileptologie sehr en-gagiert hat.

Masakazu Seino wurde am 25.7.1930 geboren [1].Nach dem Medizinstudium und der Facharztausbildungwar er ab 1955 in der Neuropsychiatrie am „First Natio-nal Hospital“ in Tokyo tätig. Von 1961 bis 1963 war er zueinem Forschungsaufenthalt in Kanada bei dem japa-nisch-kanadischen Neurologen, Neurophysiologen undEpileptologen Jun Wada. Nach seiner Rückkkehr nachJapan war er „Senior Physician“ am Nationalen Musa-shi-Institut für Neurologie und Psychiatrie in Tokyo, woer die erste Abteilung für Epilepsiepatienten in Japaneinrichtete. 1973 unternahm er im Auftrag des japani-schen Gesundheitsministeriums eine Europareise mitBesichtigung zahlreicher Epilepsiezentren und dem Zieldes Aufbaus einer vergleichbaren Einrichtung in Japan.Von 1975 bis 1985 war er Medizinischer Direktor unddanach bis zu seiner Pensionierung (1996) Direktor desaus einem früheren Tuberkulosekrankenhaus umge-bauten nationalen Epilepsiezentrums in Shizuoka (nachseiner Pensionierung wurde er zum Ehrenpräsident er-nannt).

Von 1973 bis 1981 war Masakazu Seino Generalsek-retär und von 1989 bis 1996 Präsident der JapanischenEpilepsiegesellschaft. 1987 war er Gründungsmitgliedder Japanischen Stiftung für Epilepsieforschung und1991 Gründungspräsident der „Asian and OceaneanEpilepsy Organization“ (AOEO). Von 1981 bis 1989 warer Vizepräsident und von 1989 bis 1993 Schatzmeisterder Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE). Darüberhinaus war Masakazu Seino seit 1981 Mitglied derKommission für Klassifikation und Terminologie und ab2005 der Aus- und Fortbildungskommission der ILAE.

Auszeichnungen erhielt Masakazu Seino u.a. 1985als „Ambassador for Epilepsy“ durch die ILAE und 2004in Form eines besonderen Preises des japanischen Kai-sers für seinen lebenslangen Einsatz auf dem Gebietder Epileptologie. Er war (Ko-)Autor und (Mit-)Heraus-geber zahlreicher Artikel (Auswahl [2-6]) und Bücher [7-10].

Wir werden Masakazu Seino stets ein ehrenvollesAndenken gewähren und sprechen seinen Angehörigenunser herzliches Beileid aus.

1) Kumashiro H. Masakazu Seino (people). Internatio-nal Epilepsy News 1987; no. 88: 10-11

2) Ikeno T, Shigematsu H, Miyakoshi M, Ohba A, Yagi K,Seino M. An analytic study of epileptic falls. Epilepsia(fourth series) 1985; 26: 612-621

3) Ishida S, Hamada K, Yagi K, Seino M. Comparing theanticonvulsive effects of dapsone on amygdala-kindled seizures and hippocampal-kindled seizuresin rats. Acta Neurol Scand 1992; 85: 132-135

4) Takahashi Y, Fujiwara T, Yagi K, Seino M. Wavelengthspecificity of photoparoxysmal responses in idiopa-thic generalized epilepsy. Epilepsia (fourth series)1995; 36: 1084-1088

5) Janz D, Inoue Y, Seino M. Myoclonic seizures. In: EngelJ Jr, Pedley TA (eds): Aicardi J, Dichter MA, HeinemannU et al. (assoc eds): Epilepsy. A Comprehensive Text-book. Vol 1. Philadelphia – New York: Lippincott – Ra-ven, 1998: 591-603

6) Seino M, Fujitani B Zonisamide. Clinical efficacy anduse in epilepsy. In: Levy RH, Mattson RH, Meldrum BS,Perucca E (eds): Antiepileptic Drugs. Fifth edition. Phi-ladelphia – Baltimore – New York et al.: LippincottWilliams & Wilkins, 2002: 885-891

7) Akimoto HH, Kazamatsuri H, Seino M, Ward AA Jr(eds): The XIIIth Epilepsy International Symposium(Advances in Epileptology). New York: Raven Press,1982

8) Dam M, Seino M (chairmen). Vigabatrin Symposium,Tokyo, 13th October 1989. Tokyo: Merrell Dow Phar-maceuticals, 1989

9) Suzuki J, Seino M, Fukuyama Y, Komai S (eds): Art andScience of Epilepsy. Proceedings of the 2nd Interna-tional Symposium of the Psychiatric Research Institute of Tokyo, Tokyo, Japan, 21 - 22 September1988 (International Congress Series 825). Amster-dam: Excerpta Medica, 1989

10)Seino M, Ohtahara S (eds): [Case Studies of EpilepsySyndromes] (in Japanisch). Tokyo: Igakushoin, 1998

Zürich, im Juli 2007 Günter Krämer

154

Epilepsie-Liga-Mitteilungen

Epileptologie 2007

A la mémoire de notre membre d'honneur, feuprofesseur Masakazu Seino (1930 - 2007)

Ce n'est qu'à l'occasion du 27e Congrès internatio-nal de l'épilepsie qui s'est tenu du 8 au 12 juillet 2007 àSingapore que j'ai eu connaissance de la récente dispa-rition de notre membre d'honneur Masakazu Seino quinous a quittés le 7 mars 2007. Le professeur Seino étaitun épileptologue connu et apprécié bien au-delà desfrontières de son Japon natal. Membre correspondantde notre Ligue à partir de 1992, il n'a jamais cessé des'engager pour l'épileptologie, même après son départà la retraite.

Masakazu Seino est né le 25.7.19301. Après des étu-des suivies d'une formation spécialisée, il a travaillé auservice de neuropsychiatrie du « First National Hospital »à Tokyo à partir de 1955. De 1961 à 1963, il a effectuéun séjour scientifique au Canada auprès du neurologue,neurophysiologiste et épileptologue nippo-canadienJun Wada. De retour au Japon, il a occupé le poste de « médecin-chef » à l'Institut national Musashi de neuro-logie et psychiatrie à Tokyo où il a ouvert le premier ser-vice pour patients épileptiques du Japon. En 1973, leMinistère de la santé japonais l'a envoyé en Europe où ila visité un grand nombre de centres d'épilepsie en vuede créer une institution comparable au Japon. De 1975à 1985, il a été directeur médical, puis à partir de là jus-qu'à son départ à la retraite (1996) directeur de l'ancienCentre de tuberculose à Shizuoka converti en Centred'épilepsie (qui en a fait son président d'honneur aprèssa retraite).

De 1973 à 1981, Masakazu Seino a été secrétairegénéral de la Ligue japonaise contre l'épilepsie qu'il aensuite présidée de 1989 à 1996. En 1987, il a aussi étémembre fondateur de la Fondation japonaise de recher-che sur l'épilepsie et en 1991, président fondateur de la« Asian Oceanian Epilepsy Organization » (AOEO). Il aégalement œuvré comme vice-président de la Ligue in-ternationale contre l'épilepsie (ILAE) de 1981 à 1989,puis comme trésorier de 1989 à 1983. Enfin, MasakazuSeino était membre, depuis 1981, de la Commission declassification et de terminologie et, à partir de 2005,membre de la Commission de formation et de perfec-tionnement de l'ILAE.

Parmi les distinctions obtenues par Masakazu Seino,on peut citer le titre « ambassadeur de l'épilepsie » quilui a été conféré par l'ILAE en 1985 et le prix spécial quel'empereur du Japon lui a remis en 2004 en reconnais-sance d'une vie entièrement consacrée à l'épileptologie.Masakazu Seino a aussi signé, cosigné, édité ou coéditéde nombreux articles (sélection [2-6]) et livres [7-10].

Masakazu Seino restera cher à notre mémoire etnous présentons nos sincères condoléances à ses pro-ches.

1) Kumashiro H. Masakazu Seino (people). Internatio-nal Epilepsy News 1987; no. 88: 10-11

2) Ikeno T, Shigematsu H, Miyakoshi M, Ohba A, Yagi K,Seino M. An analytic study of epileptic falls. Epilepsia(fourth series) 1985; 26: 612-621

3) Ishida S, Hamada K, Yagi K, Seino M. Comparing theanticonvulsive effects of dapsone on amygdala-kindled seizures and hippocampal-kindled seizuresin rats. Acta Neurol Scand 1992; 85: 132-135

4) Takahashi Y, Fujiwara T, Yagi K, Seino M. Wavelengthspecificity of photoparoxysmal responses in idiopa-thic generalized epilepsy. Epilepsia (fourth series)1995; 36: 1084-1088

5) Janz D, Inoue Y, Seino M. Myoclonic seizures. In: EngelJ Jr, Pedley TA (eds): Aicardi J, Dichter MA, HeinemannU et al. (assoc eds): Epilepsy. A Comprehensive Text-book. Vol 1. Philadelphia – New York: Lippincott – Ra-ven, 1998: 591-603

6) Seino M, Fujitani B Zonisamide. Clinical efficacy anduse in epilepsy. In: Levy RH, Mattson RH, Meldrum BS,Perucca E (eds): Antiepileptic Drugs. Fifth edition. Phi-ladelphia – Baltimore – New York et al.: LippincottWilliams & Wilkins, 2002: 885-891

7) Akimoto HH, Kazamatsuri H, Seino M, Ward AA Jr(eds): The XIIIth Epilepsy International Symposium(Advances in Epileptology). New York: Raven Press,1982

8) Dam M, Seino M (chairmen). Vigabatrin Symposium,Tokyo, 13th October 1989. Tokyo: Merrell Dow Phar-maceuticals, 1989

9) Suzuki J, Seino M, Fukuyama Y, Komai S (eds): Art andScience of Epilepsy. Proceedings of the 2nd Interna-tional Symposium of the Psychiatric Research Institute of Tokyo, Tokyo, Japan, 21 - 22 September1988 (International Congress Series 825). Amster-dam: Excerpta Medica, 1989

10)Seino M, Ohtahara S (eds): [Case Studies of EpilepsySyndromes] (in Japanisch). Tokyo: Igakushoin, 1998

Zurich, en juillet 2007 Günter Krämer

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Informations de la Ligue Suisse contre l’Epilepsie

156 Epileptologie 2007

Epilepsie-Liga-Mitteilungen

Erste Tissot-Medaille verliehen

Die Schweizerische Liga gegen Epilepsie (Epilepsie-Liga) ehrte den Neurologen Kazimierz Karbowski, ehe-mals Chefarzt am Inselspital und nebenamtlicher Pro-fessor der Universität Bern, für seine besonderen Diens-te für die schweizerische Epileptologie mit der neu ge-schaffenen Tissot-Gedächtnismedaille. Günter Krämer,Präsident der Epilepsie-Liga, hielt die Laudatio:

„Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolle-ginnen und Kollegen!

Um es gleich vorwegzunehmen, die Tissot-Medaillehat nichts mit der vielen von Ihnen wahrscheinlich be-kannten gleichnamigen Schweizer Uhrenfirma zu tun.Sie hat ihren Namen von dem Schweizer Arzt und Volksgesundheitsschriftsteller Samuel Auguste Tissot(20.3.1728 - 13.6.1797). Dieser war nicht nur für Lau-sanne, sondern für die Schweiz und weit über diese hi-naus in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in medizinischen und sozialmedizinischen Fragen mass-gebend. Er war Professor an der Medizinischen Akade-mie in Lausanne; vorübergehend auch an der Univer-sität von Pavia in Italien. 1770 veröffentlichte er – alsdritten Teil eines Lehrbuchs der Nerven und ihrer Krank-heiten – das erste moderne Lehrbuch über Epilepsieüberhaupt, das u.a. in Deutschland bereits 1802 alsklassisches Werk mit dem Prädikat „non plus ultra“ be-zeichnet wurde. Heute befinden sich seine gesamtenManuskripte – mit Ausnahme der Briefe, insbesondereder Korrespondenz mit dem Schweizer Arzt, Botaniker,Poet und Politiker Albrecht von Haller – im Besitz derkantonalen und Universitätsbibliothek von Lausanne.Dabei handelt sich um rund 100 Bände mit jeweils 200bis 300 Seiten, von denen etwa 60 Bände die eigentli-

chen medizinischen Arbeiten und deren Reinschriftenumfassen.

Mit der neu geschaffenen Tissot-Medaille wird HerrProfessor Kazimierz Karbowski als erster Preisträger fürseine besonderen Dienste für die schweizerische Epilep-tologie ausgezeichnet. Er ist am 16. März 1925 in War-schau geboren, studierte in Krakau Medizin und emig-rierte 1957 nach Haifa. 1960-62 war er Forschungs-assistent in dem EEG-Labor des Kantonsspitals Genf. Ab1964 wirkte er im Raum Bern, zuerst als Oberarzt inTschugg und ab 1967 als Oberarzt in der EEG-Abteilungder Neurologischen Klinik des Inselspitals. 1970 habili-tierte er sich mit einer Arbeit über „Vestibularapparatund hirnelektrische Aktivität“, 1972 wurde er Chefarztund nebenamtlicher ausserordentlicher Professor derUniversität Bern.

Herr Karbowski war 2 Jahre Präsident der Schweize-rischen EEG-Gesellschaft. 1991 wurde er mit dem Hans-Berger-Preis der Deutschen EEG-Gesellschaft ausge-zeichnet. Ehrenmitgliedschaften erhielt der erste Tis-sot-Medaillen-Träger ausser von der Schweizerischen Li-ga gegen Epilepsie von der Polnischen NeurologischenGesellschaft, der Deutschen EEG-Gesellschaft und derSchweizerischen Gesellschaft für Klinische Neurophy-siologie.

Er organisierte zahlreiche Fortbildungsveranstaltun-gen und verfasste mehr als 170 Publikationen, darunterauch solche über Medizingeschichte und Medizinethik.Nicht zuletzt erwies er mit dem kommentierten Reprintdes „Traité de l’Épilepsie“ von Samuel Auguste Tissotaus dem Jahr 1770 diesem bedeutenden schweizeri-schen Arzt und Autor des ersten modernen Epilepsiebu-ches seine Reverenz. Mir persönlich war es eine ganz be-sondere Freude, 1999 gemeinsam mit Herrn Karbowskidarüber hinaus einen Nachdruck der ersten deutschenÜbersetzung des Epilepsiebuchs von Tissot zu kommen-tieren und herauszugeben.

Lieber Herr Karbowski – im Namen der Schweizeri-schen Liga gegen Epilepsie gratuliere ich Ihnen herzlichzu dieser Auszeichnung!“

Günter Krämer, Präsident der Epilepsie-Liga

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Epileptologie 2007 157

Behandlung von refraktärem Status epilepticus

Anlässlich der 5. Gemeinsamen Jahrestagung derDeutschen, Österreichischen und Schweizerischen Sek-tionen der Internationalen Liga gegen Epilepsie, welcheeinen Besucherrekord von 1100 Personen verzeichnete,überreichte die Schweizerische Liga gegen Epilepsie ei-nen Forschungsförderungsbeitrag von 15’000 Frankenan Dr. med. Andrea Rossetti.

Andrea Rossetti studier-te an der UniversitätBern Medizin undschloss 1996 mit demStaatsexamen ab. Er pro-movierte mit der Arbeit„Dreidimensionale Dar-stellung von Blutgefäs-sen im konfokalen LaserScanning Mikroskop“.Andrea Rossetti arbeite-te als Assistent auf derInneren Medizin des Re-gionalspitals Lugano,später in der Psychiatri-

schen Universitätsklinik Bern. Nach Jahren auf der Neu-rologischen Klinik des CHUV in Lausanne und einemJahr im Massachusetts General Hospital in Boston,kehrte der Preisträger an das Regionalspital Luganozurück. Zahlreiche Publikationen zeugen von seinenausgedehnten wissenschaftlichen Aktivitäten.

Mit dem diesjährigen Preis für Forschungsförderungunterstützt die Schweizerische Liga gegen EpilepsieAndrea Rossetti bei seiner randomisierten Studie zurBehandlung des refraktären Status epilepticus. Ziel die-ses Projektes ist es, die Behandlung des refraktären Sta-tus epilepticus zu analysieren und mit der Beteiligungvon 13 Zentren (7 in der Schweiz, 6 in den USA) eine in-ternationale Zusammenarbeit diesbezüglich zu ent-wickeln. Der amerikanische Teil dieser Studie wird un-abhängig finanziert, die Unterstützung durch dieSchweizerische Liga gegen Epilepsie betrifft die Schwei-zer Seite des Projekts. Der refraktäre Status epilepticusist als kontinuierliche Krampfanfallsaktivität definiert,welche auf mindestens zwei antiepileptische Medika-mente nicht anspricht. Dieser Zustand entwickelt sichbei 31 bis 44 Prozent der Patienten mit Status epilepti-cus und hat eine Sterblichkeitsrate von 16 bis 23 Pro-zent. Therapeutisch wird in der Regel eine Koma-Induk-tion notfallmässig eingesetzt. Die Studie soll unter an-derem Informationen über die Wirkung der dabei ver-ordneten Medikamente liefern.

Rolle der Neurotrophine bei Epilepsie

Als zweite Preisträgerin erhielt die ApothekerinSvenja Landweer anlässlich der 5. Gemeinsamen Jah-restagung der Deutschen, Österreichischen undSchweizerischen Sektionen der Internationalen Liga ge-gen Epilepsie von der Schweizerischen Liga gegen Epi-lepsie einen Forschungsförderungsbeitrag von 5000Franken.

Svenja Landweer studier-te an der Universität Ba-sel Pharmazie undschloss 2005 mit demDiplom als Apothekerinab. Für ihre Diplomarbeitüber die Rolle und dieFunktion von Neurotro-phinen und Interleukin-6in der Pathogenese vonMorbus Alzheimer wur-de sie mit dem „AmedisFörderpreis für Apothe-kerInnen 2004“ ausge-zeichnet. Anschliessend

assistierte sie in der Apotheke des Kantonsspitals Bru-derholz und arbeitete in einer öffentlichen Apotheke inBirsfelden und in Altstätten, ihrem Geburtsort. Nach ei-nem Praktikum im Institut für Molekularpharmazie derUniversität Basel und einem Einsatz in der Spitalapo-theke des Kantonsspitals St. Gallen stiess sie zur For-schungsgruppe für Molekularphysiologie am Physiolo-gischen Institut der Universität Basel.

Mit dem diesjährigen Preis für Forschungsförderungunterstützt die Schweizerische Liga gegen Epilepsie dieaktuellen Untersuchungen von Svenja Landweer zurRolle der Neurotrophine bei Epilepsie. Ziel dieser Studieist es, den Einfluss der Neurotrophine BDNF und NT-4/5auf die Entstehung von epileptischen Anfällen zu unter-suchen. In die Studie eingeschlossen wird der Aspektder superioren zervikalen Ganglien des peripheren sym-pathischen Nervensystems im Hinblick auf möglichegenetische Veränderungen. Falls tatsächlich nachge-wiesen werden kann, dass das BDNF-System bei derEntstehung von Epilepsien eine Rolle spielt, weckt diesHoffnung auf neue Präventions- und Behandlungsmög-lichkeiten.

Epileptologie 2007158

Remise de la première médaille Tissot

La Ligue Suisse contre l'Epilepsie a décerné lamédaille commémorative Tissot nouvellement créée àKazimierz Karbowski, ancien médecin-chef de l'hôpitalde l'Ile et professeur extraordinaire émérite de l'Univer-sité de Berne en reconnaissance des services exemplai-res rendus à l'épileptologie suisse. Günter Krämer, pré-sident de la Ligue contre l'épilepsie, a prononcé le dis-cours de remise :

« Mesdames, Messieurs, chères et chers collègues!

Pour éviter tout malentendu, précisons d'embléeque la médaille Tissot n'a rien à voir avec la fabrique demontres suisses du même nom que vous êtes sans dou-te nombreux à connaître. La médaille emprunte en effetson nom à Samuel Auguste Tissot (20.3.1728 -13.6.1797), médecin et auteur populaire de textes devulgarisation de sujets de santé. Dans la seconde moitiédu 18e siècle, il a été une référence pour toutes questi-ons relatives à la médecine et à la médecine sociale nonseulement pour Lausanne, mais pour la Suisse entière. Ilétait professeur à l'académie de médecine à Lausanne,pendant quelque temps également à l'université de Pa-vie en Italie. En 1770, il a publié un troisième tome d'untraité sur les nerfs et leurs maladies : le tout premiertraité moderne sur l'épilepsie venait de voir le jour. EnAllemagne par exemple, l'ouvrage était devenu un clas-sique et acclamé comme « sommet de l'art» en la ma-tière dès 1802. Aujourd'hui, la totalité des manuscritsissus de la plume de ce grand homme, à l'exception deslettres et en particulier de la correspondance qu'il a en-tretenue avec le médecin, botaniste, poète et politiciensuisse Albrecht von Haller, se trouve en possession de labibliothèque cantonale et universitaire de Lausanne. Ils'agit en l'occurrence d'une collection de 100 tomes,

chacun fort de 200 à 300 pages, dont environ 60 tomesenferment les travaux médicaux à proprement parler etleurs copies au net.

La médaille Tissot nouvellement créée est remisepour la toute première fois. En la personne du profes-seur Kazimierz Karbowski, elle vient honorer un hommedont on ne compte plus les mérites au service de l'épi-leptologie suisse. Né le 16 mars 1925 à Varsovie, il a étu-dié la médecine à Cracovie et a émigré à Haïfa en 1957.De 1960 à 62, il a été assistant chercheur au laboratoireEEG de l'hôpital cantonal à Genève. A partir de 1964, il aexercé à Berne et environs, d'abord comme chef de clini-que à Tschugg, puis à partir de 1967 comme chef de cli-nique au service EEG de la clinique de neurologie del'hôpital de l'Ile. En 1970, il a obtenu son agrégationavec un travail sur « l'appareil vestibulaire et l'activitéélectrique dans le cerveau », en 1972 il est devenu mé-decin-chef et professeur extraordinaire émérite à l'Uni-versité de Berne.

Monsieur Karbowski a présidé la Société EEG suissependant 2 ans. En 1991, il est lauréat du Prix Hans-Ber-ger de la Société EEG allemande. Le premier porteur dela médaille Tissot a également été nommé membred'honneur de la Ligue Suisse contre l'Epilepsie et de laSociété polonaise de Neurologie, de la Société EEG alle-mande et de la Société suisse de neurophysiologie clini-que.

Il a organisé d'innombrables manifestations de for-mation et de perfectionnement, a signé plus de 170 pu-blications dont certaines sur l'histoire de la médecine etl'éthique médicale. Et puis, en rééditant et commentantle « Traité de l'Épilepsie » de Samuel Auguste Tissotparu dans sa version originale en 1770, il a documentésa vénération de ce grand médecin suisse, auteur dupremier ouvrage moderne sur l'épilepsie. Permettez-moi d'ajouter à cette biographie prestigieuse une petitenote personnelle : en 1999, j'ai eu l'honneur et le grandprivilège de commenter et d'éditer en collaborationavec M. Karbowski une réimpression de la première tra-duction allemande du Traité de l'Epilepsie de Tissot.

Cher Monsieur Karbowski - au nom de la Ligue Suis-se contre l'Epilepsie, je vous félicite de tout cœur pour ladistinction bien méritée qui vous est faite ! »

Günter Krämer, Président de la Ligue contre l'Epilepsie

Informations de la Ligue Suisse contre l’EpilepsieFo

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Epileptologie 2007 159

Traitement d'un statut épileptique réfractaire

A l'occasion de la 5e assemblée annuelle communedes sections allemande, autrichienne et suisse de la Li-gue Internationale contre l'Epilepsie qui a pulvérisétous les records d'audience avec 1100 participants, la Li-gue Suisse contre l'Epilepsie a remis une subvention depromotion de la recherche de 15'000 francs au Dr. And-rea Rossetti.

Andrea Rossetti a étudiéla médecine à l'Univer-sité de Berne où il adécroché son diplôme en1996. Son travail de di-plôme traitait de la « Représentation tridi-mensionnelle de vais-seaux sanguins aumicroscope confocal àbalayage laser ». AndreaRossetti a travaillé com-me assistant au servicede médecine interne del'hôpital régional de Lu-gano, puis à la clinique

universitaire de Berne. Après quelques années à la clini-que de neurologie du CHUV à Lausanne et une annéeau Massachusetts General Hospital à Boston, le lauréatest retourné à l'hôpital régional à Lugano. Un vaste ré-pertoire de publications témoigne de ses activitésscientifiques étendues.

Avec le Prix de la promotion de la recherche de cetteannée, la Ligue Suisse contre l'Epilepsie soutient AndreaRossetti dans son étude randomisée sur le traitementdu statut épileptique réfractaire. Le projet a pour butd'analyser le traitement du statut épileptique réfractai-re et de développer une coopération internationale enla matière avec la participation de 13 centres (7 en Suis-se, 6 aux Etats-Unis). Le financement de la partie améri-caine de l'étude est dissocié de la partie suisse du projetqui est seul à bénéficier du soutien de la Ligue contrel'Epilepsie. L'état épileptique réfractaire est défini com-me une activité convulsive continue qui reste imper-méable à au moins deux médicaments antiépilep-tiques. Cet état se développe chez 31 à 44 % des pa-tients souffrant d'un état épileptique et génère un tauxde mortalité de 16 à 23%. La réponse thérapeutiqueconsiste généralement à plonger le patient dans un co-ma d'urgence. L'étude tente entre autres de donner desinformations sur l'efficacité des médicaments prescritsdans cette situation.

Rôle des neurotrophines dans l'épilepsie

Un deuxième prix décerné par la Ligue Suisse contrel'Epilepsie dans le cadre de la 5e assemblée annuellecommune des sections allemande, autrichienne et suis-se de la Ligue Internationale contre l'Epilepsie a été re-mis à la pharmacienne Svenja Landweer sous la formed'une aide de recherche de 5000 francs.

Svenja Landweer a étu-dié la pharmacie à l'Uni-versité de Bâle où elle aobtenu son diplôme depharmacienne en 2005.Son travail de diplômesur le rôle et la fonctiondes neurotrophines et del'interleukine-6 dans lapathogenèse de la mala-die d'Alzheimer a été ré-compensé du « Prix Ame-dis de promotion despharmaciennes et phar-maciens 2004 ». Elle aensuite travaillé comme

assistante à la pharmacie de l'hôpital cantonal du Bru-derholz, puis dans une pharmacie publique à Birsfeldenet enfin à Altstätten, son lieu de naissance. Après unstage pratique à l'Institut de pharmacie moléculaire del'Université de Bâle et un passage à la pharmacie del'hôpital cantonal de St-Gall, elle a rejoint le groupe dechercheurs qui travaille sur la physiologie moléculaire àl'Institut de physiologie de l'Université de Bâle.

Avec le Prix de promotion de la recherche qu'elle luia décerné cette année, la Ligue Suisse contre l'Epilepsiesoutient les investigations actuelles de Svenja Land-weer sur le rôle des neurotrophines dans l'épilepsie.Cette étude a pour but de déterminer l'influence desneurotrophines BDNF et NT-4/5 sur la déclaration decrises épileptiques. Dans l'étude est inclus l'aspect desganglions cervicaux supérieurs du système nerveuxsympathique périphérique en vue de possibles modifi-cations génétiques. Si on parvenait effectivement àprouver que le système BDNF joue un rôle dans la surve-nue d'épilepsies, il y aurait lieu d'espérer en dériver desnouvelles méthodes de prévention et de traitement.

160 Epileptologie 2007

2007

26.-29.9.2007 | Kusadasi, Türkei7th Congress of the European Paediatric Neurology Society (EPNS)Information: Flapt Tour, Congress Department, Tel. 0090 / 312 / 4540000 / 1503, Fax 0090 / 312 / 4540024, e-mail: [email protected],www.epns2007.org

27.9.2007 | Montreux, Grand Hôtel Excelsior, à 16 heuresManifestation de formation de la Ligue Suisse contrel’EpilepsieInformation : Secrétariat général, Ligue contre l’Epilep-sie, Seefeldstrasse 84, Case postale 1084, 8034 Zurich,Tél. 0041 / 43 / 4886777, Fax 0041 / 43 / 4886778,e-mail : [email protected], www.epi.ch

27.9.2007 | Montreux, Grand Hôtel Excelsior, à 18.30heuresManifestation publique de la Ligue Suisse contre l’Epilepsie et Epi-SuisseInformation : Secrétariat général, Ligue contre l’Epilep-sie, Seefeldstrasse 84, Case postale 1084, 8034 Zurich,Tél. 0041 / 43 / 4886777, Fax 0041 / 43 / 4886778,e-mail : [email protected], www.epi.ch

3.-6.10.2007 | Anatalya, TürkeiIdiopathic Generalized Epilepsies, Developmental Aspects; Briding Basic Science and Clinical ResearchInformation: Flapt Tour, 8. Cadde No: 1, 06610 Birlik,Çankaya, Ankara Türkei, Tel. 0090 / 312 / 4540000, Fax 0090 / 312 / 4540001, e-mail: [email protected], www.ige2007.org

4.-7.10.2007 | Bamberg, DeutschlandJahrestagung der Gesellschaft für Neuropsychologie(GNP): Affekt und VerhaltenInformation: Dezernat Z/KOM Kommunikation/Communications, Otto-Freidrich-Universität Bamberg,Kapuzinerstrasse 16, D-96047 Bamberg, Deutschland, Tel. 0049 / 951 / 8631023, Fax 0049 / 951 / 8634021, e-mail: [email protected], www.uni-bamberg.de

5.10.2007 | Bern, CasinoTag der EpilepsieInformation: Geschäftsstelle Epilepsie-Liga, Seefeldstrasse 84, Postfach 1084, 8034 Zürich,Tel. 0041 / 43 / 4886777, Fax 0041 / 43 / 4886778,e-mail: [email protected], www.epi.ch

7.-11.10.2007 | Santo Domingo, Dominikanische Republik12th Pan American Congress of NeurologyInformation: Kenes International, 17 Rue du Cendrier,PO Box 1726, 1211 Geneva 1, Tel. 0041 / 22 / 9080488,Fax 0041 / 22 / 7322850, e-mail: [email protected], www.kenes.com/neuro-congresos

12.-14.10.2007 | Recklinghausen, Deutschland3. Tagung Klinische Neurophysiologie Information: Thieme.congress in Georg Thieme VerlagKG, Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart, Deutschland, Tel. 0049 / 711 / 8931320, Fax 0049 / 711 / 8931370, e-mail: [email protected], www.thieme.de/dgkn

8.-9.11.2007 | Genf23. Tagung der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft(SKG) und Jahrestagung Schweizerische Gesellschaftfür Neuropädiatrie (SGNP)Information: IMK Institut für Medizin und Kommunikation AG, Münsterberg 1, CH-4001 Basel, Tel. 0041 / 61 / 2713551, Fax 0041 / 61 / 2713338, e-mail: [email protected], www.imk.ch

10.11.2007 | ZürichPatiententag Epilepsie-Liga und Epi-SuisseInformation: Geschäftsstelle Epilepsie-Liga, Seefeldstrasse 84, Postfach 1084, 8034 Zürich,Tel. 0041 / 43 / 4886777, Fax 0041 / 43 / 4886778,e-mail: [email protected], www.epi.ch

15.11.2007 | BaselFachveranstaltung der Schweizerischen Liga gegen EpilepsieInformation: Geschäftsstelle, Epilepsie-Liga, Seefeldstrasse 84, Postfach 1084, 8034 Zürich,Tel. 0041 / 43 / 4886777, Fax 0041 / 43 / 4886778,e-mail: [email protected], www.epi.ch

15.11.2007 | BaselPublikumsveranstaltung der Schweizerischen Liga gegen Epilepsie und Epi-SuisseInformation: Geschäftsstelle, Epilepsie-Liga, Seefeldstrasse 84, Postfach 1084, 8034 Zürich,Tel. 0041 / 43 / 4886777, Fax 0041 / 43 / 4886778,e-mail: [email protected], www.epi.ch

Kongresskalender

Epileptologie 2007 161

22.-24.11.2007 | Fribourg179. Jahrestagung der Schweizerischen NeurologischenGesellschaft (SNG) und Jahrestagung der Schweizeri-schen Gesellschaft für NeurorehabilitationInformation: IMK Institut für Medizin und Kommunika-tion AG, Münsterberg 1, CH-4001 Basel, Tel. 0041 / 61 / 2713551, Fax 0041 / 61 / 2713338, e-mail: [email protected], www.imk.ch

30.11.-4.12.2007 | Philadelphia, Pennsylvania, USA61th Annual Meeting of the American Epilepsy Society(AES)Information: Karan Murray, American Epilepsy Society,638 Prospect Avenue, Hartford, CT 06195-4240, USA, Tel. 001 / 860 / 5867505, Fax 001 / 860 / 5867550, e-mail: [email protected], www.aesnet.org

2008

5.-12.4.2008 | Chicago, Illinois, USA60th Annual Meeting of the American Academy of NeurologyInformation: American Academy of Neurology, 1080 Montreal Avenue, St. Paul, MN 55116, USA, Tel. 001 / 651 / 6952717, Fax 001 / 651 / 6952791, e-mail: [email protected], www.aan.com

23.-26.4.2008 | MontreuxJubiläums-Tagung der Schweizerischen NeurologischenGesellschaft (SNG) mit Jahrestagung der Schweizeri-schen Gesellschaft für Neurorehabilitation, der Schwei-zerischen Gesellschaft für Neuropädiatrie und derSchweizerischen Gesellschaft für Klinische Neurophy-siologieInformation: IMK Institut für Medizin und Kommunika-tion AG, Münsterberg 1, CH-4001 Basel, Tel. 0041 / 61 / 2713551, Fax 0041 / 61 / 2713338, e-mail: [email protected], www.imk.ch

18.-21.5.2008 | Gargnano, Gardasee, Italien19. Praxisseminar über EpilepsieInformation: Stiftung Michael, Münzkamp 5, 22339 Hamburg, Deutschland, Tel. 0049 / 40 / 5388540, Fax 0049 / 40 / 5381559, e-mail: [email protected], www.stiftungmichael.de

1.-4.6.2008 | Würzburg, Deutschland59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neu-rochirurgie (DGNC). Joint Meeting mit der ItalienischenGesellschaft für Neurochirurgie (SINch) Porstmann Kongresse GmbH, Alte Jakobstr. 77, 10179 Berlin, Deutschland,Tel. 0049 / 30 / 2844990, Fax 0049 / 30 / 28449911, e-mail: [email protected], www.dgnc.de/dgnc2008

22.-25.6.2008 | Marburg, Deutschland1st International Epilepsy Colloquium on The MesialTemporal Lobe Epilepsies SymposiumInformation: Fax 0049 / 76 / 2178714, www.international-epilepsy-colloquium.com, www.neurologie.med.uni-marburg.de, www.munich-epi.de

26.-28.6.2008 | München, Deutschland1st International Epilepsy Colloquium 4th University ofMunich Epilepsy CourseInformation: Fax 0049 / 76 / 2178714, www.international-epilepsy-colloquium.com, www.neurologie.med.uni-marburg.de, www.munich-epi.de

23.-26.8.2008 | Madrid, Spanien12th Congress of the European Federation of Neurolo-gical Societies (EFNS)Information: Kenes International, 17 Rue du Cendrier, PO Box 1726, 1211 Geneva,Tel. 0041 / 22 / 9080488, Fax 0041 / 22 / 7322850, e-mail: [email protected], www.kenes.com/efns2008 oder www.efns.org/efns2008

15.-20.9.2008 | Hamburg, Deutschland81. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) mit FortbildungsakademieInformation: AKM Congress Service GmbH, Obere Schanzstr. 18, 79576 Weil am Rhein, Deutschland, Tel. 0049 / 7621 / 98333-0, Fax 0049 / 7621 / 78714, e-mail: [email protected], www.cme-akm.de

21.-25.9.2008 | Berlin, Deutschland8th European Congress on Epileptology (ECE)Information: International League Against Epilepsy(ILAE) Congress Secretariat, 7 Priory Hall, Stillorgan,Dublin 18, Irleand, Tel. 0353 / 1 / 205 6720, Fax 0353 / 1 / 205 6156, e-mail: [email protected], www.epilepsycongress.org

162 Epileptologie 2007

30.10.-1.11.2008 | BaselTagung der Schweizerischen Neurologischen Gesell-schaft (SNG) und der Schweizerischen Gesellschaft fürNeurorehabilitationInformation: IMK Institut für Medizin und Kommunika-tion AG, Münsterberg 1, CH-4001 Basel, Tel. 0041 / 61 / 2713551, Fax 0041 / 61 / 2713338, e-mail: [email protected], www.imk.ch

5.-9.12.2008 | Seattle, Washington, USA62th Annual Meeting of the American Epilepsy Society(AES)Information: Karan Murray, American Epilepsy Society,638 Prospect Avenue, Hartford, CT 06195-4240, USA, Tel. 001 / 860 / 5867505, Fax 001 / 860 / 5867550e-mail: [email protected], www.aesnet.org

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