Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa Endbericht Forschungsprogramm Allgemeine Ressortforschung Projektlaufzeit Januar 2010 bis Dezember 2010 Aktenzeichen 10.06.03 - 09.105 im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) sowie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) bearbeitet von Prof. Dr.-Ing. Robert Holländer, Linda Kochmann, Thomas Völkner Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement, Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit Christian Strauß Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft, Universität Leipzig

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa

Endbericht

Forschungsprogramm Allgemeine Ressortforschung

Projektlaufzeit Januar 2010 bis Dezember 2010

Aktenzeichen 10.06.03 - 09.105

im Auftrag

des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)

sowie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

bearbeitet von

Prof. Dr.-Ing. Robert Holländer, Linda Kochmann, Thomas Völkner Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement, Universität Leipzig

in Zusammenarbeit mit

Christian Strauß Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft, Universität Leipzig

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa II

Kurzfassung II

Kurzfassung Hintergrund

Aufgrund der industriellen Entwicklungsgeschichte war das Verhältnis von Stadt-bewohnern zu ihren Gewässern in Europa vielerorts lange Zeit empfindlich gestört. Fluss-abschnitte in urbanen Räumen wurden häufig so verbaut und/oder verschmutzt, dass sie als Aufenthalts- oder gar Erholungsraum nicht mehr existent waren oder wahrgenommen wurden.

Seit geraumer Zeit ändert sich dieses Bild, und es kommt zur erneuten Hinwendung zahl-reicher Städte zu ihren Gewässern. Die Städte sind zunehmend bestrebt, durch Um- und Rückbaumaßnahmen die Qualitäten der Gewässer wieder herzustellen und die Fluss-räume als Aufenthaltsbereiche für ihre Bewohner nutzbar zu machen.

Die Aufwertung von Flussgebieten ist eine komplexe und anspruchsvolle Aufgabe. Mittlerweile gibt es jedoch in Europa zahlreiche Beispiele für erfolgreiche Entwicklungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Rahmenbedingungen. Die Erfahrungen, die bei den zahlreichen Projekten gemacht wurden, könnten zukünftige Akteure vergleichbarer Projekte bei der Umsetzung ihrer Vorhaben unterstützen.

Daher beauftragte das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die Universität Leipzig von Januar bis Dezember 2010 mit der Bearbeitung des Forschungs-projektes „Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa“. Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen Projekte zur Aufwertung der Landschafts-, Auf-enthalts- und Erholungsqualität in urbanen Flussgebieten Europas.

Zielsetzung und Vorgehensweise

Das Forschungsprojekt „Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa“ zielte gemäß dem raumordnerischen Leitbild 3 „Ressourcen bewahren, Kultur-landschaften gestalten“ darauf ab, verschiedene Planungsebenen sowie weitere relevante Akteure bei der Aufgabe zu unterstützen, die Lebensqualität in urbanen Flussgebieten zu steigern.

Hierfür wurden nach der Festlegung der Methodik sowie der Definition der Auswahl-kriterien ohne Anspruch auf Vollständigkeit gelungene Beispiele für die Transformation industrialisierter Flussgebiete im europäischen Ausland identifiziert. Für zwölf aus-gewählte Fallbeispiele wurde anhand von persönlichen und telefonischen Interviews ein Steckbrief erstellt. Trotz detaillierter Recherchen konnten die Informationen zu manchen Fallbeispielen jedoch nicht vollständig erhoben werden.

Auf der Grundlage der Steckbriefe wurden die Planungs- und Implementierungsprozesse sowie die Finanzierungs- und Beteiligungsinstrumente analysiert. Die Analysen erfolgten mit dem Ziel, Faktoren zu identifizieren, die entweder zum Projekterfolg beitrugen oder den Projektverlauf behinderten. Ferner wurden die Faktoren hinsichtlich ihrer Übertrag-barkeit auf Deutschland überprüft.

Basierend auf den ermittelten Erfolgs- und Risikofaktoren erfolgte im Anschluss die Formulierung eines Entwurfs von Empfehlungen für Projekte im vergleichbaren Kontext. Nach einer Diskussion dieses Entwurfs mit externen Experten im Rahmen eines Work-shops folgte darauf aufbauend die Weiterentwicklung zu aussagekräftigen sowie ziel-führenden Empfehlungen.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa III

Kurzfassung III

Auswahl der Fallbeispiele

Die Studie basiert auf dem qualitativen Forschungsansatz der vergleichenden Fallstudie. Da die Fallbeispiele ein breites Themenspektrum innerhalb des Bereiches Transformation industrialisierter Flussgebiete abbilden sollten, wurden sie entsprechend ihrer Ansätze thematisch typisiert und in Vergleichspaaren einander gegenübergestellt. Grundlage für das weitere Vorgehen waren die folgenden fünf Themenkomplexe, denen die aus-gewählten Fallbeispiele aus acht Ländern bzw. neun Städten Europas paarweise zu-geordnet wurden:

Überregionale Transformationsprozesse

Großereignis als Ausgangspunkt

Dienstleistungszentren

Parkanlagen

Flussinseln mit Kulturangebot

Formulierung der Handlungsempfehlungen

Die Handlungsempfehlungen werden zusammenfassend unter Berücksichtigung aller paarweise erfolgten Vergleiche diskutiert. Im Kern wird dabei auf eine steuerungs-bezogene Gliederung zurückgegriffen. Entsprechend werden die Handlungsempfehlungen zum Prozess in die Elemente Akteure, Ziele und Instrumente gegliedert. Zunächst war vorgesehen, die ergebnisbezogenen Handlungsempfehlungen in die Abschnitte Städte-bau, Ökologie und Integration des Wassers zu unterteilen. Bei der Erarbeitung zeigte sich jedoch, dass im Sinne einer integrierten Raumentwicklung diese Aufteilung nicht sinnvoll ist.

Die Auseinandersetzung mit Transformationsprojekten im europäischen Ausland zeigt, dass jedes Projekt einmalig ist. Eine Übertragung auf andere Projekte ist problematisch, weil sich die Ausprägungen der Transformation lokalspezifisch jeweils hinsichtlich der Steuerung, der Beteiligungsformen und des Ergebnisses der Transformation unter-scheiden. Dennoch ist es zielführend, Erfolgsmomente der Projekte herauszuarbeiten und die Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit auf andere Projekte zu diskutieren.

In dem Projekt bilden Fallbeispiele die Grundlage für die Handlungsempfehlungen, die noch vor der Einführung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie entwickelt und um-gesetzt worden sind. Die heutige Reflektion dieser Projekte erfolgt daher vor dem Hinter-grund geänderter Rahmenbedingungen, die in aktuellen und zukünftigen Projekten eine stärkere Einbeziehung des Wassers in den Planungsprozess und die Ergebnisse des Transformationsprozesses erfordern. Stichworte hierfür sind der integrative Ansatz, der Hochwasserschutz sowie die Multifunktionalität der Gewässer und Uferflächen. Diese ver-änderten Rahmenbedingungen beeinflussen die Übertragbarkeit der Forschungsergeb-nisse.

Daher stand statt einer unmittelbaren Übertragbarkeit vielmehr ein „Lernen aus Bei-spielen“ im Vordergrund des Projektes. Insbesondere konnten im Projekt Prüfkriterien zur Entwicklung und Bewertung zukünftiger Transformationsprojekte am Fluss heraus-gearbeitet werden.

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Summary IV

Summary Initial Situation

Due to the history of industrial development along riversides, the attitude of urban residents towards their waterside locations has been troubled in Europe. Urban river spaces have often been so urbanised and industrialised, that they lost almost all residential or recreational value.

For some time now, a change has been taking place, and numerous cities have begun to return towards their rivers. By conversion and renaturalisation measures they attempt to recover the water quality and create public spaces on the riverbanks accessible for their population.

The upgrading of urbanised and industrialised river spaces is a complex and ambitious task. However, meanwhile, many different examples of successful developments can be found throughout Europe. Experience from successful project approaches may support future initiators or developers of comparable projects in implementing their plans.

Therefore, the German Federal Ministry of Transport, Building and Urban Development commissioned the University of Leipzig to carry out the research project “Successful Transformation of Industrialised River Spaces in Europe” from January to December 2010.

The focus of investigations was on projects designed to enhance the ecological, aesthetical and recreational quality of urban river spaces in Europe.

Objectives and Approach

According to the Third Concept of Spatial Planning “Conservation of Resources, Shaping of Cultural Landscapes”, the research project “Successful Transformation of Industrialised River Spaces in Europe” has aimed at supporting different planning levels and further relevant stakeholders in enhancing the quality of life in urban river spaces.

Therefore, after the specification of the methodology and the definition of the selection criteria, successful examples for transformation of industrialised river spaces in foreign European countries have been identified without claiming to be exhaustive. For twelve selected case examples, an outline was described with the help of personal and phone interviews. Despite detailed research, information could not be completely collected for some of the case examples.

The outlines were used to analyse the planning and implementation processes as well as the financing and participation instruments. The analysis aimed at identifying key factors of success and obstacles. Furthermore, the factors were revised with regard to their transferability to comparable projects.

Based on the determined factors of success and obstacles, recommendations for projects with a similar context were formulated. After a discussion with external experts in the framework of a workshop, this draft was further developed to future oriented recommendations.

Selection of the case examples

The research project is based on the comparative case study approach. As the selected examples were supposed to represent a wide range of topics within the field of upgrading urbanised and industrialised river spaces, they were thematically structured according to

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa V

Summary V

their project approaches and counterposed in pairs. The next steps were based on the following five topics, to which the selected case examples from eight countries and nine cities in Europe were assigned in pairs:

Inter-municipal cooperation,

Big event as initial point,

Parks,

Service centers and

Islands with cultural activities.

Results

The recommendations have been discussed by aggregating the pairwise comparisons. Basically they refer to a classification which concentrates on the elements of management. Accordingly, the recommendations concerning the transformation process have been classified into the topics stakeholders, objectives and instruments. Originally it was planned to divide the recommendations concerning the results of transformation into the elements urban design, ecology and integration of water, but then the research work has shown that such a division would not be useful with regard to integrated spatial development.

The analysis of transformation projects in foreign European countries has shown that every project is unique. A transfer to other projects is problematic, because the characteristics of the transformation differ site-specifically concerning the management, forms of participation and results of transformation. However, it is helpful to work out the success factors of the projects and to discuss the possibilities and limitations of the transferability to other projects.

Within the research project, the recommendations are based on case studies which have been planned and implemented before the introduction of the European Water Framework Directive. Therefore the current reflection of these projects takes place against the background of changed conditions which require a better integration of the water body into the planning process and the results of the transformation process. Keywords for it are the integrative approach, flood protection and multifunctionality of the river and the bank. These changed conditions are influencing the transferability of the research results.

Therefore, the project mainly focused on “learning from examples” rather than on direct transferability. Finally, particular criteria for the development and evaluation of future transformation projects at the riverside have been worked out.

The two most important points of the results can be summarised as follows: Concerning the process of the transformation it is necessary to use new forms of governance. Especially it is useful to integrate the participation of the inhabitants. This implies a discussion about suitable instruments for a cooperative and integrated development of industrialised river spaces. The main focus of the discussion about the results of transformation is the question how it is possible to integrate rivers into the urban transformation process. Sustainability requires a basic analysis of the potentials and restrictions of rivers in the spatial system.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa VI

Inhaltsverzeichnis VI

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................................................... 10

1.1 Hintergrund ............................................................................................. 10

1.2 Ziele ....................................................................................................... 11

1.3 Arbeitsschritte .......................................................................................... 11

1.4 Methodik ................................................................................................. 12

1.5 Definitionen und Auswahlkriterien ............................................................... 13

1.5.1 Definitionen ..................................................................................... 13

1.5.2 Weitere Auswahlkriterien ................................................................... 14

2 Untersuchung und Darstellung des Sachstands .......................................... 15

2.1 Kurzsteckbriefe der Fallbeispielvorauswahl ................................................... 15

2.1.1 Frankreich ....................................................................................... 15

2.1.2 Großbritannien ................................................................................. 17

2.1.3 Italien ............................................................................................. 19

2.1.4 Niederlande ..................................................................................... 19

2.1.5 Österreich ........................................................................................ 20

2.1.6 Polen ............................................................................................... 21

2.1.7 Portugal ........................................................................................... 21

2.1.8 Schweiz ........................................................................................... 22

2.1.9 Slowakische Republik ........................................................................ 23

2.1.10 Spanien ........................................................................................... 23

2.1.11 Tschechische Republik ....................................................................... 23

2.1.12 Ungarn ............................................................................................ 24

2.2 Thementypisierung der Fallbeispiele ............................................................ 25

2.2.1 Überregionale Transformationsprozesse ............................................... 25

2.2.2 Großereignis als Ausgangspunkt ......................................................... 26

2.2.3 Dienstleistungszentren ...................................................................... 26

2.2.4 Parkanlagen ..................................................................................... 27

2.2.5 Flussinseln mit Kulturangebot ............................................................. 27

2.3 Interviewleitfaden ..................................................................................... 27

2.4 Steckbriefe der Fallbeispiele ....................................................................... 27

2.4.1 Überregionale Transformationsprozesse ............................................... 28

2.4.2 Großereignis als Ausgangspunkt ......................................................... 51

2.4.3 Dienstleistungszentren ...................................................................... 64

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa VII

Inhaltsverzeichnis VII

2.4.4 Parkanlagen ..................................................................................... 77

2.4.5 Flussinseln mit Kulturangebot ............................................................. 90

3 Analyse der Fallbeispiele .......................................................................... 114

3.1 Überregionale Transformationsprozesse ..................................................... 114

3.1.1 Prozessbezogene Analyse ................................................................ 115

3.1.2 Ergebnisbezogene Analyse ............................................................... 119

3.1.3 Zwischenfazit ................................................................................. 120

3.2 Großprojekte als Ausgangspunkt .............................................................. 120

3.2.1 Prozessbezogene Analyse ................................................................ 121

3.2.2 Ergebnisbezogene Analyse ............................................................... 123

3.2.3 Zwischenfazit ................................................................................. 124

3.3 Dienstleistungszentren ............................................................................ 125

3.3.1 Prozessbezogene Analyse ................................................................ 125

3.3.2 Ergebnisbezogene Analyse ............................................................... 127

3.3.3 Zwischenfazit ................................................................................. 129

3.4 Parkanlagen ........................................................................................... 130

3.4.1 Prozessbezogene Analyse ................................................................ 130

3.4.2 Ergebnisbezogene Analyse ............................................................... 132

3.4.3 Zwischenfazit ................................................................................. 134

3.5 Flussinseln mit Kulturangebot ................................................................... 134

3.5.1 Prozessbezogene Analyse ................................................................ 135

3.5.2 Ergebnisbezogene Analyse ............................................................... 137

3.5.3 Zwischenfazit ................................................................................. 139

3.6 Ergebnisbezogene Zusammenfassung ....................................................... 139

4 Ableitung von Strategien und Maßnahmen ............................................... 140

4.1 Prozessbezogene Handlungsempfehlungen ................................................. 140

4.1.1 Akteure ......................................................................................... 140

4.1.2 Ziele ............................................................................................. 142

4.1.3 Instrumente ................................................................................... 143

4.2 Ergebnisbezogene Handlungsempfehlungen ............................................... 145

5 Ergebnisdiskussion und -dokumentation .................................................. 150

5.1 Abstimmungsgespräche ........................................................................... 150

5.2 Workshop zur Übertragbarkeit der Handlungsempfehlungen auf Deutschland . 151

5.3 Internetauftritt ....................................................................................... 152

5.4 Infobriefe .............................................................................................. 152

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa VIII

Inhaltsverzeichnis VIII

6 Quellenverzeichnis ................................................................................... 153

6.1 Interviews ............................................................................................. 153

6.2 Bildnachweis .......................................................................................... 154

6.3 Endnotenverzeichnis ............................................................................... 154

Anhang ........................................................................................................... 155

I Interviewleitfaden .................................................................................... 156

II Kontaktdaten der Ansprechpartner zu den Fallbeispielen ......................... 165

III Teilnehmerliste des Expertenworkshops .................................................. 168

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa IX

Abbildungsverzeichnis IX

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Lage der Fallbeispiele in Europa .............................................. 25

Abbildung 2 Lage der Fallbeispiele zum Thema Überregionale Transformationsprozesse ....................................................... 28

Abbildung 3 Lage der Fallbeispiele zum Thema Großereignis als Ausgangspunkt .......................................................................................... 51

Abbildung 4 Lage der Fallbeispiele zum Thema Dienstleistungszentren .......... 64

Abbildung 5 Lage der Fallbeispiele zum Thema Parkanlagen ......................... 77

Abbildung 6 Lage der Fallbeispiele zum Thema Flussinseln mit Kulturangebot 90

Abbildung 7 Prozessmatrix ..................................................................... 114

Abbildung 8 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Mersey Waterfront Regional Park und Ruimte voor de Rivier ..... 115

Abbildung 9 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Speke and Garston Coastal Reserve und Ruimte voor de Waal ........... 116

Abbildung 10 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Parque das Nações und Abandoibarra .................................... 121

Abbildung 11 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Graphisoft Park und Campus Plus .......................................... 125

Abbildung 12 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Quais jardinés und Lágymányosi Bucht ........................................... 130

Abbildung 13 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Mühleninsel und L’Ile ........................................................... 135

Abbildung 14 Ergebnismatrix ................................................................... 139

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Einleitung 10

1 Einleitung

1.1 Hintergrund1

Die Entwicklungsgeschichte des Verhältnisses der Städte zu ihren Gewässern lässt sich in drei geschichtliche Abschnitte einteilen: in eine historische Zeit der direkten Beziehung, einen darauf folgenden Abschnitt der Trennung und schließlich die aktuelle Phase der Erneuerung der Beziehung.

Das Medium Wasser war bei vielen Siedlungsgründungen ein wichtiger Faktor in der Standortwahl. Es diente als Transportweg im ökonomischen Geflecht, war Kommunikationsweg, bot Schutz im fortifikatorischen Sinne, und schließlich bildete es die Lebensgrundlage für die Ernährung, die Hygiene und das Wohlbefinden der Einwohner. Im Laufe der Zeit entwickelten die Städte ein eigenes, unverkennbares Gesicht zum Ufer.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts führte die Anpassung von Hafenbetrieben und anderen industriellen Nutzungen an die technischen Neuerungen zur Trennung der Uferzonen von der eigentlichen Stadt. Zunächst durch die unterschiedlichen Nutzungen erkennbar, wurde dies später auch baulich deutlich: So wurden beispielsweise Hafengebiete durch einen Zaun oder eine Mauer abgetrennt, um die Zollgrenze zu manifestieren. Hinzu kam die Errichtung von Eisenbahnlinien und, im 20. Jahrhundert, von zum Teil in Hoch- oder in Dammlage befindlichen Autotrassen zur Bewältigung des Verkehrskollapses der dicht bebauten Innenstädte. Mit dieser Abtrennung entwichen die Flüsse zunehmend dem Bewusstsein der ansässigen Bevölkerung. Die Ufer und die Gewässer waren für die Ein-wohner nicht mehr zugänglich. Die Flüsse wurden, wie im Mittelalter bereits Stadtbäche und Kanäle, als Abwasserabflüsse genutzt; Brücken statt Fähren verbanden nun die gegenüberliegenden Ufer miteinander; landseitige Verkehrsmittel, Eisenbahnen und später Auto und Lkw, ersetzten das Schiff.

In jüngerer Zeit beginnen viele Städte, dieser Trennung entgegenzuwirken und sich ihren Gewässern erneut hinzuwenden. Sie ersetzen Brachflächen durch Siedlungsgebiete, machen die Flussufer öffentlich zugänglich und renaturieren kontaminierte und anthropo-gen überformte Uferzonen.

Unmittelbar an den Uferkanten ergeben sich dabei oft unterschiedliche Spannungsver-hältnisse, wie beispielsweise:

Revitalisierung von Uferrändern als nachhaltige Entwicklung vs. vorübergehender Trend zum Wohnen am Wasser,

Städtebauliche Umnutzung industrialisierter Brachflächen vs. Nachfragerückgang vor dem Hintergrund des demografischen Wandels,

Umweltschutz und Potentiale für Grünachsen vs. bauliche Verwertungsinteressen und

Neue Adressen und städtischer Fluss als Rückgrat vs. Sicherheitsabstand als Hochwasserschutz.

Die Transformation industrialisierter Flussgebiete ist das Ergebnis verschiedener Formen eines deutlichen Wandels. Neben dem technologisch-ökonomischen Strukturwandel als direktem Auslöser der Deindustrialisierung sind hier der demografische Wandel vor dem Hintergrund zurückgehender und sich verändernder Nachfrage, der kulturelle Wandel als

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Einleitung 11

Hintergrund für neue Potentiale zur Revitalisierung sowie der Klimawandel mit hoch- aber auch niedrigwasserbezogenen Restriktionen zu nennen.

1.2 Ziele

Die Wiedergewinnung der historischen Bedeutung und der Funktion der Gewässer sowie die stärkere Integration in die Stadtentwicklung sind mittlerweile international Gegen-stand planerischer Tätigkeit und Forschung geworden.

Vor diesem Hintergrund zielt das Forschungsprojekt darauf ab, verschiedene Planungs-ebenen sowie weitere relevante Akteure bei der Aufgabe zu unterstützen, die Lebens-qualität in urbanen Flussgebieten zu steigern.

Hierfür werden zunächst Fallbeispiele für die Transformation industrialisierter Fluss-gebiete im europäischen Raum identifiziert und zusammengestellt, ihre Erfolgsfaktoren untersucht sowie darauf aufbauend Handlungsempfehlungen formuliert.

Mit der gewählten Vorgehensweise sollen folgende Zielstellungen realisiert werden:

Unterstützung von Maßnahmen zur Steigerung der Lebensqualität in urbanen Flussgebieten entsprechend dem raumordnerischen Leitbild 3 „Ressourcen be-wahren, Kulturlandschaften gestalten“,

Schaffung einer soliden Informationsbasis über eine detaillierte Recherche ab-geschlossener und laufender Projekte zur Transformation industrialisierter Fluss-gebiete im europäischen Raum (u. a. Anfertigung von Projektsteckbriefen),

Ableitung der erfolgsbestimmenden und -hemmenden Faktoren auf den ver-schiedenen Planungs-, Organisations- und Handlungsebenen über die Auswertung der erhobenen Informationen,

Gewährleistung einer möglichst objektiven Beurteilung über die Einbeziehung Projektbeteiligter auf unterschiedlichen Handlungsebenen und mit verschiedenen Sichtweisen und

Erarbeitung zukunftsweisender Handlungsempfehlungen unter Einbeziehung ex-terner Experten.

1.3 Arbeitsschritte

Der Projektverlauf ist in drei aufeinander aufbauende Arbeitsschritte und einen parallel verlaufenden vierten Arbeitsschritt gegliedert:

Arbeitspaket 1: Untersuchung und Darstellung des Sachstands

Arbeitspaket 2: Analyse der Fallbeispiele

Arbeitspaket 3: Ableitung von Strategien und Maßnahmen

Arbeitspaket 4: Ergebnisdokumentation und -transfer

Nach der Festlegung der Methodik (vgl. Kapitel 1.4) folgen im ersten Arbeitspaket (vgl. Kapitel 2) ein Überblick über Flusstransformationsprojekte im europäischen Ausland sowie die Auswahl der Fallbeispiele. Daran schließen sich die Typisierung der Fallbeispiele entsprechend zuvor definierter Kriterien und die Aufbereitung der erhobenen Informationen in Steckbriefen an.

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Einleitung 12

Aufbauend auf den Projektsteckbriefen werden im zweiten Arbeitspaket (vgl. Kapitel 3) die Planungs-, Implementierungs- und Managementprozesse sowie die Beteiligungs- und Finanzierungsinstrumente analysiert. Die Analysen erfolgen mit dem Ziel, Faktoren zu identifizieren, die entweder zum Projekterfolg beitrugen oder den Projektverlauf be-hinderten.

Im dritten Arbeitspaket (vgl. Kapitel 4) wird zunächst überprüft, inwiefern sich die in der Analyse ermittelten Faktoren auf Deutschland übertragen lassen. Basierend auf den er-mittelten Erfolgs- und Hindernisfaktoren folgt dann die Formulierung eines Entwurfs von Empfehlungen für Projekte im vergleichbaren Kontext. Nach einer Diskussion dieses Ent-wurfs mit externen Experten im Rahmen eines Workshops folgt darauf aufbauend die Weiterentwicklung zu aussagekräftigen sowie zielführenden Empfehlungen.

Parallel zu den genannten Arbeitsschritten ist das vierte Arbeitspaket (vgl. Kapitel 5) der methodischen und inhaltlichen Dokumentation des Forschungsprojektes gewidmet. Neben drei Infobriefen zählen hierzu die deutsch- und englischsprachige Projekt-präsentation auf den Internetseiten des Auftraggebers, zwei Zwischenberichte, der vor-liegende Endbericht sowie ein Handbuch, das Interessierten die Forschungsergebnisse anschaulich und barrierefrei präsentiert.

1.4 Methodik

Das Forschungsprojekt basiert auf dem qualitativen Forschungsansatz der vergleichenden Fallstudie.

Zu Beginn wurden die methodischen Rahmenbedingungen konkretisiert. Hierunter fallen die Eingrenzung der Problem- und Zielstellung (vgl. Kapitel 1.2) und die Definition der Auswahlkriterien für die Fallbeispiele (vgl. Kapitel 1.5).

Hinsichtlich der Fallauswahl und der Datenerhebung bestanden folgende Vorgaben seitens der Auftraggeber: Insgesamt sollten zwölf Fallbeispiele miteinander verglichen und die dafür notwendigen Informationen mittels Inhaltsanalysen sowie telefonischen und persönlichen Experteninterviews erhoben werden.

Zunächst wurde eine breit angelegte Recherche durchgeführt, um das Spektrum der der-zeit in Europa durchgeführten Flusstransformationen bestmöglich abzubilden und damit eine qualifizierte Entscheidungsgrundlage für die Fallauswahl zu schaffen. Mit Fach-publikationen, Internetbeiträgen, Infobriefen und Faltblättern dienten hauptsächlich schriftliche Quellen als Grundlage der Recherche. Das Ergebnis sind 28 Fallbeispiele aus zwölf europäischen Staaten (vgl. Kapitel 2.1).

Da die Fallbeispiele ein breites Themenspektrum innerhalb des Bereiches Transformation industrialisierter Flussgebiete abbilden sollten, wurden sie entsprechend ihrer Ansätze thematisch typisiert und in Vergleichspaaren einander gegenübergestellt (vgl. Kapitel 2), um neben querschnittsorientierten auch themenspezifische Handlungsempfehlungen ab-leiten zu können.

Nachdem die Auswahl der Fallbeispiele vollzogen war, sah der Forschungsplan zunächst vor, den Kontakt zu den Projekten herzustellen und mit der Datenerhebung sofort in tele-fonischen oder persönlichen Interviews zu beginnen. Als Grundlage dafür war ein Inter-viewleitfaden entworfen worden (vgl. Kapitel 2.3). Im Zuge der Übersetzung des Leit-fadens ins Englische und der damit verbundenen nochmaligen intensiven Auseinander-

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 13

Einleitung 13

setzung mit den Inhalten wurde von dem ursprünglichen Plan Abstand genommen. Stattdessen wurden zunächst anhand von schriftlichen Quellen die ersten Entwürfe für die Steckbriefe der Fallbeispiele erstellt, um erst darauf aufbauend die Befragungen durchzuführen. Diese Vorgehensweise erwies sich als sehr vorteilhaft, da mit dem ent-sprechenden Vorwissen gezielter und flexibler auf die Interviewpartner eingegangen werden konnte.

Die im Anschluss ausgearbeiteten Steckbriefe der Fallbeispiele (vgl. Kapitel 2.4) bildeten die Grundlage für die weitere Analyse (vgl. Kapitel 3) und die Formulierung der Hand-lungsempfehlungen (vgl. Kapitel 4).

Es wird jeweils zwischen prozess- und ergebnisbezogener Analyse unterschieden, und die Fallbeispiele werden paarweise miteinander verglichen. Eine zusammenfassende Analyse aller untersuchten Fallbeispiele erwies sich vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Ausrichtung der Projekte sowie der differenzierten Fragestellungen nicht als sinnvoll. Die herausgearbeiteten Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Fallbeispielen bilden die Grundlage für die Handlungsempfehlungen in Kapitel 4.

Die Handlungsempfehlungen werden zusammenfassend diskutiert, indem alle paarweise erfolgten Vergleiche in die Herausarbeitung der Empfehlungen einfließen. Im Kern wird bei den Handlungsempfehlungen auf eine steuerungsbezogene Gliederung nach Mayntz (1987)2 zurückgegriffen. Entsprechend werden die Handlungsempfehlungen zum Prozess in die Elemente Akteure, Ziele und Instrumente gegliedert. Zunächst war vorgesehen, die Handlungsempfehlungen zum Ergebnis der Transformation in die Abschnitte Städtebau, Ökologie und Integration des Wassers zu unterteilen. Bei der Erarbeitung der Handlungs-empfehlungen zeigte sich jedoch, dass im Sinne einer integrierten Raumentwicklung diese Aufteilung nicht sinnvoll ist.

Die vorläufigen Ergebnisse des Projektes wurden an eine interdisziplinär zusammen-gesetzte Expertenrunde verschickt und auf einem Workshop am 10. September 2010 in Leipzig diskutiert (vgl. Kapitel 5.2). Dabei wurden zusätzlich drei Kommentatoren um eine kritische Reflektion gebeten.

Eine weitere Beteiligung der Experten erfolgte durch schriftliche Stellungnahmen zu den formulierten Handlungsempfehlungen Anfang November 2010.

1.5 Definitionen und Auswahlkriterien

Die zentrale Forschungsfrage des Projektes lautete: Welche Faktoren sind ausschlag-gebend für eine erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa? Um diese Frage anhand der Analyse der auszuwählenden Fallbeispiele beantworten zu können, war eine Definition der zentralen Begriffe erforderlich.

1.5.1 Definitionen

Erfolgreich

„Erfolgreich“ ist ein Projekt, wenn es implementiert oder zumindest teilweise ab-geschlossen ist, wobei der (Teil-)Projektabschluss nicht weiter als bis zum Jahr 2000 zurückliegen soll.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 14

Einleitung 14

Transformation

„Transformation“ steht für die Aufwertung der Landschafts-, Aufenthalts- und Erholungs-qualität, z. B. durch Renaturierungs- und Reaktivierungsmaßnahmen, sowie für die Auf-wertung durch städtebauliche Maßnahmen.

Industrialisiert

„Industrialisiert“ steht für stark verbaute und/oder verschmutzte, urbane Flussland-schaften, die in den vergangenen Jahrzehnten vom wirtschaftlichen Strukturwandel be-troffen waren.

Flussgebiete in Europa

Die Projekte können sowohl an Flüssen als auch an Kanälen im europäischen Ausland liegen.

Während die hier gegebenen Definitionen für „Industrialisiert“ und „Flussgebiete“ für alle untersuchten Fallbeispiele gelten, werden die beiden zentralen Begriffe „Erfolgreich“ und „Transformation“ in der Analyse der Fallbeispiele weitergehend spezifiziert.

1.5.2 Weitere Auswahlkriterien

Weitere Festlegungen beziehen sich auf die Größe der Projekte und die Nutzungs-strukturen. Hier erfolgt insbesondere eine Abgrenzung zum parallel in Bearbeitung be-findlichen BMVBS-Forschungsprojekt zur integrierten Stadtentwicklung am Wasser, das u. a. kleinere Wohnungsbauprojekte sowie das hochwasserangepasste Bauen untersucht.

Die Projektfläche in den Fallbeispielen soll mindestens 10 ha betragen. In Abgrenzung zu dem anderen Forschungsprojekt wurden auch großräumigere Projekte untersucht.

Bei der Auswahl der Fallbeispiele wurde Wert darauf gelegt, dass sie dem Medium Wasser eine zentrale und verbindende Rolle beimessen. Allerdings zeigte sich im Laufe der Ana-lyse, dass die Fallbeispiele nicht in dem Maße auf die Verbesserung des Gewässer-zustands eingehen, wie dies in Projekten erfolgt, die seit der Einführung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie entwickelt und umgesetzt werden.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 15

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 15

2 Untersuchung und Darstellung des Sachstands Nachfolgend werden die bisherigen Ergebnisse des ersten Arbeitspaketes zusammen-gefasst. Neben Kurzsteckbriefen der Fallbeispielvorauswahl (vgl. Kapitel 2.1) sind dies die Fallbeispielthementypisierung (vgl. Kapitel 2.2), der Interviewleitfaden (vgl. Kapitel 2.3) und die Fallbeispielsteckbriefe (vgl. Kapitel 2.4).

2.1 Kurzsteckbriefe der Fallbeispielvorauswahl

Als erster Schritt wurde im Arbeitspaket 1 eine umfangreiche Recherche durchgeführt, um einen umfassenden Überblick über themenrelevante Projekte in Europa zu be-kommen. Erste Informationen wurden in Kurzsteckbriefen zusammengefasst, die die Grundlage für die Auswahl der Fallbeispiele bildeten. Die Kurzsteckbriefe werden in den folgenden Abschnitten nach Ländern sortiert vorgestellt.

2.1.1 Frankreich

Canal de Roubaix, Friche Kuhlmann

Region/Einwohner: Wattrelos/43.221 Zeitraum: 2006 - 2010 Fluss: Canal de Roubaix Fläche/Kosten: 46,6 ha/17 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 12,4 km/k. A. Internet: www.ville-wattrelos.fr

Kurzinfo

Das Projekt beinhaltet die Transformation der kontaminierten Industriebrache (friche) Kuhlmann am Ufer des Canal de Roubaix in einen naturnahen Erholungsraum mit Aussichtspunkt. Ziel ist neben der Aufwertung der Brache der Schutz der Trinkwasserressourcen.

Abgesehen von den beiden Chromhalden, die sich noch im Besitz des Konzerns Rhodia befinden und für deren Sanierung er eine neue Technik testet, wird das Projekt vom Etablissement Public Foncier (öffentliche Einrichtung zur Finanzierung des Grundstückserwerbes von Gemeinden) der Region Nord-Pas-de-Calais geleitet. Das Projekt ist ein Teilprojekt des Interreg III B Projektes Blue Links.

Garonne, Quais jardinés

Region/Einwohner: Bordeaux/235.000 Zeitraum: 1997 - 2009 Fluss: Garonne Fläche/Kosten: 36 ha/120 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 647 km/1.871 km2 Internet: www.lacub.fr,

www.bordeaux.fr

Kurzinfo

Die im Mai 2009 eingeweihten Quais jardinés zählen zu den von der Stadt Bordeaux und der Communauté Urbaine de Bordeaux initiierten Maßnahmen zur Aufwertung der Uferbereiche der Garonne. Ziel des Projektes war es, die nach der Verkleinerung des Hafens vernachlässigten Flächen in einen Aufenthalts- und Erholungsort umzugestalten. Die Quais jardinés bestehen aus mehreren Park- und Gartenanlagen, die sich im Zentrum von Bordeaux über eine Länge von 4,5 km an der Garonne entlang aneinanderreihen. In ehemaligen Hangars befinden sich Ausstellungs- und Konferenzeinrichtungen sowie Einzelhandel und Gastro-nomie.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 16

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 16

Meurthe, Rives de Meurthe

Region/Einwohner: Nancy/105.000 Zeitraum: seit 1987 Fluss: Meurthe Fläche/Kosten: 300 ha/k. A. Länge/Einzugsgebiet: 161 km/3.085 km2 Internet: www.eco-grandnancy.com

Kurzinfo

Das Projekt Rives de Meurthe im Ballungsgebiet von Nancy umfasst mehrere Sanierungsgebiete zwischen der Meurthe und dem Canal de la Marne au Rhin in der Nähe des Stadtzentrums. Bisher wurden 40 ha saniert. Neben Wohn- und Geschäftsbauten befinden sich seit der Sanierung in diesem ehemaligen Industriegebiet auch Bildungs-, Gesundheits-, Kultur- und Freizeitein-richtungen (einschließlich Wassersport). Die 1996 eingerichteten Wassergärten im Süden des Gebietes wurden 2003 mit dem französischen Architekturpreis ausgezeichnet. Im Norden befindet sich auf dem Gelände ehemaliger Schlacht-häuser seit 1997 ein Landschaftspark mit einer Wildwasseranlage.

Rhein, Garten der zwei Ufer

Region/Einwohner: Straßburg/Kehl/307.000 Zeitraum: 1995 - 2004 Fluss: Rhein Fläche/Kosten: 56 ha/23 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 1.236 km/199.000 km2 Internet: www.strasbourg.fr

Kurzinfo

Vor der Initiierung des Projektes befanden sich an dieser Stelle in Straßburg kaum genutzte Industrieflächen und in Kehl ungenutzte Anlagen wie eine Kaserne und ein Zollhof. Der Garten geht auf die Vision eines Straßburger Stadtrats zurück, dem es gelang, Politik und Ver-waltung mit seiner Idee anzustecken. Die Planungen erfolgten in grenzüberschreitenden Arbeits-kreisen. Herausforderungen während der Planung waren die nötigen finanziellen Mittel und ein politischer Wechsel in Straßburg, der das Projekt zwischenzeitlich in Frage stellte. Kehl erhielt mit dem Projekt den Zuschlag für die Landesgartenschau 2004, zu deren Beginn der Garten eingeweiht wurde. Seitdem ist er für die Öffentlichkeit frei zugänglich.

Rhône, Parc de Gerland

Region/Einwohner: Lyon/470.000 Zeitraum: 1996 - 2006 Fluss: Rhône Fläche/Kosten: 80 ha/4,23 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 812 km/100.000 km2 Internet: www.grandlyon.com

Kurzinfo

Der Parc de Gerland befindet sich auf einem ehemaligen Industriegelände am Ostufer der Rhône. Der eigentliche Park mit einer Fläche von 18 ha wurde im Jahr 2000 eröffnet. Bis 2006 erfolgte die Erweiterung u. a. um Sporteinrichtungen, Picknickareale, Spielplätze und ein Vogelhabitat auf seine gegenwärtige Größe. Der Parc de Gerland ist Bestandteil des Gesamtkonzeptes für den Stadtteil Gerland, das wiederum eines der Großprojekte ist, die zur Jahrhundertwende vom Gemeindeverbund im Ballungsgebiet von Lyon initiiert wurden.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 17

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 17

Seine, Ile Seguin

Region/Einwohner: Boulogne-Billancourt/111.000

Zeitraum: 2000 - 2016

Fluss: Seine Fläche/Kosten: 12 ha/k. A. Länge/Einzugsgebiet: 777 km/75.000 km2 Internet: www.ileseguin-rivesdeseine.fr

Kurzinfo

Bis 1992 beherbergte die Insel Produktionsanlagen des Automobilherstellers Renault. Die Trans-formation findet im Rahmen des Projektes Ile Seguin - Rives de Seine statt, das auch das benach-barte Uferquartier umfasst und in einer der bedeutsamsten öffentlich-privaten Partnerschaften Frankreichs durchgeführt wird. Im gesamten Projekt wird großer Wert auf Energiesparsamkeit und Gewässerreinhaltung sowie auf Fußgänger- und Radfahrerfreundlichkeit gelegt. Der Gestaltungsschwerpunkt der Insel liegt auf Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Der zuständige Architekt wurde im Juli 2009 benannt. Als erster Inselbestandteil wird im Frühjahr 2010 die erste Hälfte eines 4 ha großen Gartens eingeweiht.

Seine, Parc André Citroën

Region/Einwohner: Paris/2,2 Mio. Zeitraum: 1985 - 1992 Fluss: Seine Fläche/Kosten: 14 ha/49 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 777 km/75.000 km2 Internet: www.paris.fr

Kurzinfo

Der Parc André Citroën auf dem Gelände der ehemaligen Citroën-Automobilfabrik ist einer der großen Parks, die in den 1990er Jahren in Paris angelegt wurden, und gegenwärtig ist er der ein-zige mit direktem Zugang zur Seine. Seit der Fertigstellung 1992 werden ergänzende Maßnahmen durchgeführt wie z. B. die Pflasterung des Uferbereiches im Jahr 2000. Von Mitte 2011 bis Mitte 2012 soll der Park für 3,6 Mio. € um einen Hektar erweitert werden.

2.1.2 Großbritannien

Clyde, Queens Quay Enterprise & Learning District

Region/Einwohner: Glasgow/581.000 Zeitraum: 2000 - 2007 Fluss: Clyde Fläche/Kosten: 32 ha/k. A. Länge/Einzugsgebiet: 176 km/k. A. Internet: www.clydebankrebuilt.co.uk

Kurzinfo

Im Jahr 2000 erwarb das Clydeside Regeneration Konsortium das ehemalige Hafen-/Werftgelände. 2005 bis 2007 wurden unter Aufwendung von 9 Mio. £ die teils stark verunreinigten Areale erfolg-reich dekontaminiert und aufbereitet. Heute beherbergt das Areal mit dem Clydebank College, dem Aurora House und dem Titan Enterprise Centre sowohl öffentliche als auch private Institutionen. Gleichzeitig laden großzügige Parkanlagen zum Verweilen am Flussufer ein.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 18

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 18

Mersey, Waterfront Regional Park

Region/Einwohner: Cheshire County, Ellesmere Port, Halton, Knowsley, Liverpool, Neston, Sefton, St Helens, Vale Royal, Warrington, Wirral / k. A.

Zeitraum: 2000 - 2011

Fluss: Mersey Fläche/Kosten: k. A./120 Mio. £ Länge/Einzugsgebiet: 112 km/k. A. Internet: www.merseywaterfront.com

Kurzinfo

Der Mersey Waterfront Regional Park hat seinen Ursprung in einem Strategiepapier der North West Development Agency, das die Einrichtung von Regionalparks im Nordwesten Englands vorsah. Als solcher verfolgt der Mersey Waterfront Regional Park das Ziel, durch die Aufwertung, Vernetzung und Vermarktung der lokalen Schlüsselressourcen zur weiteren Belebung der Metropolregion Liver-pool beizutragen. Im März 2011 wird die Regionalparkinitiative mangels Finanzierung eingestellt.

Mersey, Speke and Garston Coastal Reserve

Region/Einwohner: Liverpool/448.000 Zeitraum: 2002 - 2006 Fluss: Mersey Fläche/Kosten: 6,1 ha/500.000 £ Länge/Einzugsgebiet: 112 km/k. A. Internet: www.merseywaterfront.com

Kurzinfo

Nach der Verlagerung des Liverpooler John Lennon Flughafens verkamen die brach gefallenen Flughafenflächen unweit von Speke und Garston (Bezirke im Südosten von Liverpool) zu illegalen Müllhalden. Im Zuge der Renaturierung ist hier in einem innovativen Finanzierungs- und Beteiligungsverfahren ein Naherholungs- und Schutzgebiet geschaffen worden. Das Projekt ist räumlich und organisatorisch in das Netzwerk des Mersey Waterfront Regional Park eingebunden und war zudem Bestandteil des Interreg IIIB-Projektes „Artery - Flusslandschaften der Zukunft“.

Tyne, From Coal to Culture

Region/Einwohner: Newcastle/272.000 Zeitraum: 2020

Fluss: Tyne Fläche/Kosten: 1.300 ha/k. A. Länge/Einzugsgebiet: 100 km/k. A. Internet: www.tyne-wear.co.uk Auf der Grundlage eines Masterplans zur Reurbanisierung der Newcastle Quays, den die Tyne & Wear Development Corporation (TWDC) ausgearbeitet hatte, wurden bereits in den 1990er Jahren erste innerstädtische Uferabschitte zu Promenaden etc. umgestaltet.

Neben der TWDC sind heute mit der NewcastleGateshead City Development Company und der NewcastleGateshead Marketing Agency zwei weitere Institutionen im Bereich der Regionalentwicklung und -vermarktung aktiv.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 19

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 19

2.1.3 Italien

Tiber, Tevereterno

Region/Einwohner: Rom/2,7 Mio. Zeitraum: seit 2000 Fluss: Tiber Fläche/Kosten: k. A./k. A. Länge/Einzugsgebiet: 405 km/k. A. Internet: www.tevereterno.it

Kurzinfo

Ziel des Projektes ist es, Künstler und die Öffentlichkeit am Tiber zwischen den Brücken Ponte Sisto und Ponte Mazzini zusammenzubringen und so ein höheres Umweltbewusstsein im urbanen Kontext zu erreichen.

2.1.4 Niederlande

Nieuwe Maas, Kop van Zuid

Region/Einwohner: Rotterdam/585.000 Zeitraum: 1989 - 2012 Fluss: Nieuwe Maas Fläche/Kosten: 125 ha/k. A. Länge/Einzugsgebiet: 24 km/k. A. Internet: www.kopvanzuid.info

Kurzinfo

Das Projekt Kop van Zuid - Schwerpunkt der Rotterdamer Stadtplanung - betreibt die Re-aktivierung der brach gefallenen Hafenareale am Südufer der Maas. Die Maßnahmen setzen auf eine Balance zwischen privater und öffentlicher Nutzung sowie öko-nomischen und gemeinwohlorientierten Zielen unter Einbeziehung aller Interessengruppen. Derart, so das Anliegen der Verantwortlichen, sollen auch die angrenzenden Quartiere von den Impulsen der Reaktivierung profitieren und eine Clusterbildung vermieden werden.

Rhein, Ruimte voor de Rivier

Region/Einwohner: Verschiedene/k. A. Zeitraum: 2000 - 2015 Fluss: Ijssel, Maas, Rhein,Waal Fläche/Kosten: 100.000 ha/2,4 Mrd. € Länge/Einzugsgebiet: 1.236 km/199.000 km2 Internet: www.ruimtevoorderivier.nl

Kurzinfo

Im Dezember 2006 erließen die niederländische Regierung und das Parlament den Planfest-stellungsbeschluss „Ruimte voor de Rivier“. Sein Ziel ist es, dass 2015 eine Abflussmenge von 16.000 qm/s sicher durch die Rheinarme fließen soll. Die zu diesem Zweck durchzuführenden Maßnahmen sollen neben der Hochwasservorsorge gleichzeitig zur qualitativen Entwicklung von Stadt- und Landschaftsräumen beitragen. Das 2006 beschlossene Basispaket sieht insgesamt 39 Einzelmaßnahmen vor, die bis 2015 realisiert werden sollen. Die weiteren Detailplanungen obliegen den Kommunen.

Waal, Ruimte voor de Waal

Region/Einwohner: Nijmegen/163.000 Zeitraum: 2000 - 2015 Fluss: Waal Fläche/Kosten: 90 ha/365 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 84 km/k. A. Internet: www.nijmegen.nl

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 20

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 20

Kurzinfo

Das Projekt „Ruimte voor de Waal“ ist Teil des Hochwasserschutzprogramms „Ruimte voor de Rivier“. 2005/06 fiel die Entscheidung für die Rückverlegung der Deichanlagen mit dem Ergebnis, dass bis 2015 inmitten des Stadtzentrums eine Flussinsel entsteht. 2007 entwarf ein Masterplan drei unterschiedliche Nutzungsszenarien einschließlich Folge-betrachtungen. Seit 2009/10 entwickelt die Kommune einen umsetzungsreifen Flächennutzungs-plan, der einen Dreiklang aus Erholung, Wohnen und Natur vorsieht. 2011 soll mit der Umsetzung des Vorhabens begonnen werden.

2.1.5 Österreich

Donau, Donauauen

Region/Einwohner: Wien/1,7 Mio. Zeitraum: 2007 Fluss: Donau Fläche/Kosten: 12.400 ha/6,8 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 2.800 km/796.000 km2 Internet: www.donauauen.at

Kurzinfo

In diesem Bereich gab es drei LIFE-NATUR-Projekte mit den Inhalten der Gewässervernetzung und des Lebensraummanagements Donauauen, der Revitalisierung der Donauufer sowie des Baus und der Umgestaltung des Nationalparkhauses Lober.

Glan, Restrukturierung der Glan

Region/Einwohner: Salzburg/148.000 Zeitraum: 2000 - 2009 Fluss: Glan Fläche/Kosten: 0,3 ha/k. A. Länge/Einzugsgebiet: 15 km/50 km2 Internet: www.stadt-salzburg.at

Kurzinfo

Nach langjährigem Planverfahren werden zwischen 2008 und 2009 insgesamt 350 m der Salz-burger Glan restrukturiert. Die Motive dafür liegen vor allem im Hochwasser- und Naturschutz: durch die Aufweitung ist der Gewässerspiegel reduziert worden und die Strukturelemente verbessern die Selbstreinigungskraft und damit langfristig auch die Gewässergüte.

Mur, Insel

Region/Einwohner: Graz/255.000 Zeitraum: 1999 - 2004 Fluss: Mur Fläche/Kosten: 0,05 ha/k. A. Länge/Einzugsgebiet: 453 km/14.000 km2 Internet: www.inselindermur.at

Kurzinfo

Die Insel in der Mur ist ein schwimmendes Stahl-Glas-Konstrukt verschiedener ineinander über-gehender Muschelflächen. Sie beinhaltet ein Café, ein Amphitheater sowie einen Kinderspielplatz und ist von beiden Murufern aus barrierefrei zugänglich. Die künstliche Insel wurde im Jahr 2003, als Graz europäische Kulturhauptstadt war, errichtet und ist seitdem ein Wahrzeichen der Stadt.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 21

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 21

2.1.6 Polen

Brda, Mühleninsel

Region/Einwohner: Bydgoszcz/358.000 Zeitraum: 2004 - 2012 Fluss: Brda Fläche/Kosten: 6,5 ha/17,7 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 238 km/4.630 km2 Internet: www.bydgoszcz.eu

Kurzinfo

Die Mühleninsel liegt in unmittelbarer Nähe der Altstadt. Im Jahr 2004 initiierte die Stadt Bydgoszcz das Programm „Revitalisierung des Kultur- und Naturerbes auf der Mühleninsel und in ihrer unmittelbaren Umgebung", um auf der Insel, deren industrielle Nutzung seit Beginn der 1970er Jahre schrittweise eingestellt wurde, ein attraktives Kultur- und Freizeitangebot zu schaffen. Die Umsetzung des Programms erfolgt in vier Teilprojekten. Wichtigste Bestandteile sind die Restaurierung der historischen Gebäude, in denen sich nun bereits ein Beratungszentrum für Unternehmensgründer und Arbeitssuchende sowie verschiedene Museen befinden, und die Er-neuerung eines Kanusportkomplexes.

Weichsel, Young City

Region/Einwohner: Gdańsk/456.000 Zeitraum: 2019 Fluss: Weichsel Fläche/Kosten: 73 ha/k. A. Länge/Einzugsgebiet: 1.047 km/194.000 km2 Internet: www.youngcity.pl

Kurzinfo

Young City ist ein Investmentprojekt des Baltic Property Trust Asset Management A/S (Kopen-hagen, Dänemark), das 2006 die BPTO Gdansk Development A/S gründete und anschließend be-gann, Flächen im ehemaligen Danziger Hafen zu erwerben. 2008 wurde damit begonnen, das Hafengebiet durch eine Zufahrtsstraße (Nowa Walowa Straße) zu erschließen. Seitdem gibt es jedoch Verzögerungen, zudem befinden sich keine weiteren Einzelprojekte in der Umsetzung.

2.1.7 Portugal

Tejo, Parque das Nações

Region/Einwohner: Lissabon/518.000 Zeitraum: 1993 - 2010 Fluss: Tejo Fläche/Kosten: 340 ha/2,075 Mrd. € Länge/Einzugsgebiet: 1.007 km/80.600 km2 Internet: www.parquedasnacoes.pt,

www.parqueexpo.pt

Kurzinfo

Ausgangspunkt für den Parque das Nações (Park der Nationen) ist die Entscheidung der portugiesischen Regierung sich mit Lissabon als Veranstaltungsort für die Weltausstellung 1998 zu bewerben. Das Konzept sah vor, das Expogelände als Ursprung für ein umfassendes Re-aktivierungsvorhaben im Osten Lissabons zu nutzen. 1994 erhielt Portugal den Zuschlag des Ver-gabekomitees. Vier Jahre später, zur EXPO’98, war mit dem Expogelände das erste Teilprojekt des gesamten Re-vitalisierungsvorhabens abgeschlossen. Die Fertigstellung war ursprünglich für 2010 geplant, ver-zögert sich allerdings in Folge der Weltfinanzkrise.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 22

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 22

2.1.8 Schweiz

Birs, BirsVital

Region/Einwohner: Basel/Birsfelden/170.000 Zeitraum: 2004 Fluss: Birs Fläche/Kosten: 1,7 ha/18 Mio. CHF Länge/Einzugsgebiet: 75 km/875 km2 Internet: www.labirse.ch

Kurzinfo

Der Birs-Unterlauf wurde durch starken Siedlungsdruck, Nutzungsansprüche der Landwirtschaft und aus Gründen des Hochwasserschutzes kanalisiert und stark beeinträchtigt. In Folge des Siedlungs- und Nutzungsdrucks war die Rückkehr zum ursprünglichen Zustand nicht möglich. Stattdessen wurde eine „künstliche“ Landschaft mit naturnahen Elementen geschaffen.

Rhein, Campus Plus

Region/Einwohner: Basel/166.000 Zeitraum: 2003 - 2014 Fluss: Rhein Fläche/Kosten: 13 ha/ 156 Mio. CHF Länge/Einzugsgebiet: 1.236 km/199.000 km2 Internet: www.novartis.ch,

www.baselnord.bs.ch

Kurzinfo

Die Neunutzung des Hafens St. Johann - Campus Plus ist ein Gemeinschaftsprojekt der Novartis AG und des Kantons Basel-Stadt. Ausgangspunkt ist zum einen die Vision des Kantons Basel-Stadt, die Funktionen des Hafens St. Johann auf umliegende Häfen zu verlagern und eine weitläufige Uferpromenade am Rhein zu schaffen. Zum anderen besteht die Vision der Novartis AG, den Standort Basel umzustrukturieren und einen Campus des Wissens zu gestalten. 2004 trafen die beiden Visionen aufeinander und mündeten am 20. April 2005 in einer Grundsatz-vereinbarung, die den Startschuss für das außergewöhnliche Reaktivierungsvorhaben markiert. Das Projekt wird voraussichtlich 2014 abgeschlossen, aktuell haben die Rückbauarbeiten im ehe-maligen Hafenareal St. Johann begonnen.

Rhône, L’Ile

Region/Einwohner: Genf/190.000 Zeitraum: 1995-2009 Fluss: Rhône Fläche/Kosten: k. A./25,7 Mio. CHF Länge/Einzugsgebiet: 812 km/95.000 km2 Internet: www.ge.ch, www.ville-ge.ch,

www.mieuxvivresig.ch

Kurzinfo

L’Ile (die Insel) liegt zentral zwischen dem Genfer See und dem Zusammenfluss von Rhône und Arve. Während der Industrialisierung wurden dort u. a. ein Wasserkraftwerk mit Staudamm und ein Schlachthaus gebaut. Seit Ende der 1990er Jahre wurden die ehemaligen Industriebauten auf und an der Insel unter Bewahrung ihres historischen Charakters für verschiedene kulturelle Nutzungen umgebaut. Die Umnutzung der Gebäude wird durch die Aufwertung des öffentlichen Raumes entlang der Rhône ergänzt. Sie steht im Mittelpunkt des Programms „Le Fil du Rhône“, für das die Stadt Genf im Jahr 2000 den Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes erhielt.

Page 23: Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa

Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 23

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 23

2.1.9 Slowakische Republik

Donau, Eurovea

Region/Einwohner: Bratislava/427.000 Zeitraum: seit 2008 Fluss: Donau Fläche/Kosten: 23 ha/266 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 2.800 km/796.000 km2 Internet: www.eurovea.sk

Kurzinfo

Eurovea ist ein neues multifunktionales Stadtquartier in direkter Nachbarschaft zum Altstadtkern von Bratislava. Das Projekt wurde von einer Entwicklungsgesellschaft realisiert. Es reiht sich in eine Kette mehrerer Projekte zur Revitalisierung industrieller Brachflächen entlang der Donau. Es beinhaltet die Realisierung einer Nutzungsmischung aus Shopping-Galerie, Büros, Hotels, Luxuswohnungen, Freizeiteinrichtungen und öffentlichem Raum.

2.1.10 Spanien

Nervión, Abandoibarra

Region/Einwohner: Bilbao/353.000 Zeitraum: 1992 - 2011 Fluss: Nervión Fläche/Kosten: 35 ha/319 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 76 km/1.900 km2 Internet: www.bilbaoria2000.org

Kurzinfo

Abandoibarra gehört zu den repräsentativsten Teilprojekten des Revitalisierungsvorhabens entlang des Nervión in Bilbao, das von Bilbao Ría 2000 durchgeführt wird. Bilbao Ría 2000 ist eine gemein-nützige Entwicklungsgesellschaft, die 1992 mit dem Ziel gegründet wurde, ehemalige Industrie-flächen in Bilbao zu revitalisieren. Das Gebiet Abandoibarra, das früher aufgrund der Hafenanlagen für die Öffentlichkeit nicht zu-gänglich war, stellt heute mit Mischnutzung eine Ergänzung zum Stadtzentrum dar. Der Grün-flächenanteil beträgt 12 ha. Das Projekt ist noch nicht vollständig abgeschlossen, jedoch gibt es mehrere Abschnitte, die zwischen 2002 und 2006 fertiggestellt wurden.

2.1.11 Tschechische Republik

Moldau, Prague Marina

Region/Einwohner: Prag/1,2 Mio. Zeitraum: seit 2005 Fluss: Moldau Fläche/Kosten: k. A./k. A. Länge/Einzugsgebiet: 440 km/28.000 km2 Internet: www.praguemarina.cz

Kurzinfo

Das Projekt Prague Marina liegt am ehemaligen Hafen im Stadtteil Holešovice und beinhaltet in erster Linie den Bau eines auf dem Prinzip einer Stadt in der Stadt basierenden Luxuswohn-gebietes. Aufgelockert wird die Bebauung durch einen großen Grünflächenanteil und eine Fuß-gängerzone. Großer Wert wird auf Hochwasserschutz gelegt, und zwischen den Neubauten soll die historische Hafenstruktur erhalten bleiben.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 24

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 24

Das Projekt wird von der Prague Marina inc., einem Mitglied der Lighthouse-Gruppe, durchgeführt. Es besteht eine Kooperation mit dem Unternehmen České přístavy inc.

2.1.12 Ungarn

Donau, Graphisoft Park

Region/Einwohner: Budapest/1,7 Mio. Zeitraum: seit 1997 Fluss: Donau Fläche/Kosten: 45 ha/k. A.

Länge/Einzugsgebiet: 2.800 km/796.000 km2 Internet: www.graphisoftpark.com

Kurzinfo

Der Graphisoft Park ist eine Ausgliederung des Softwareunternehmens Graphisoft R&D, das dort 1998 auch als erstes einzog. Mittlerweile haben weitere namhafte Softwareunternehmen ihre ungarischen Niederlassungen im Graphisoft Park angesiedelt. Insgesamt sind an dem Standort ca. 40 Unternehmen tätig. Es gehört zur Philosophie des Projektes, dass für Neubauten und bei Sanierungen möglichst fort-schrittliche Material- und Technologielösungen angewendet werden, um den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten. Darüber hinaus soll den Angestellten ein attraktives naturnahes Arbeitsumfeld geboten werden. Vor dem Graphisoft Park waren die Óbuda Gaswerke auf diesem Areal ansässig.

Donau, Lágymányosi Bucht

Region/Einwohner: Budapest/1,7 Mio. Zeitraum: seit 2003 Fluss: Donau Fläche/Kosten: 56 ha/800 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 2.800 km/796.000 km2 Internet: www.obol.hu

Kurzinfo

Die Bucht Lágymányosi im Stadtbezirk Lágymányos wurde Ende des 19. Jahrhunderts künstlich zum Hochwasserschutz angelegt und dann als Hafen genutzt. 2003 gründet ein ungarischer In-vestor zusammen mit der Stadtverwaltung Budapest die private Entwicklungsgesellschaft Öböl XI mit dem Ziel, die seit 1990 brachliegenden Industrie- und Hafenflächen rund um die Bucht aufzu-werten. Vier Jahre später übernehmen portugiesische Investoren die Anteile des ungarischen In-vestors. Der Park ist zum jetzigen Zeitpunkt 15 ha groß. Am Ende soll der Grünflächenanteil 20 ha und der Anteil der bebauten Fläche 26 ha betragen. Die übrigen 10 ha sind Wasserfläche.

Donau, Millennium City Center

Region/Einwohner: Budapest/1,7 Mio. Zeitraum: 2000 - 2011 Fluss: Donau Fläche/Kosten: 6 ha/500 Mio. € Länge/Einzugsgebiet: 2.800 km/796.000 km2 Internet: www.millenniumcity.hu

Kurzinfo

Das Millennium City Center basiert auf dem Prinzip einer Stadt in der Stadt. Entwickelt wurde es von Duna Sétány Székház Kft, einer Projektgruppe der Immobiliengruppe TriGranit. Neben Büro- und Wohngebäuden befinden sich dort auch das neue Nationaltheater und der Kunstpalast, die in einer öffentlich-privaten Partnerschaft entwickelt wurden.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 25

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 25

Das Projekt auf dem vormals unbebauten Gelände war umstritten, da für die umliegenden Gebiete eine zusätzliche Luftverschmutzung aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommens sowie der Ver-siegelungseffekte durch die neuen Gebäude befürchtet wurde.

2.2 Thementypisierung der Fallbeispiele

In den folgenden Abschnitten werden die fünf Themenkomplexe erläutert, die als Grund-lage für die weitere Analyse gebildet wurden, und denen die ausgewählten Beispielpaare zugeordnet sind. In die vergleichende Studie gehen die nachfolgend dargestellten Fall-beispiele aus acht Länder bzw. neun Städten Europas ein.

Abbildung 1 Lage der Fallbeispiele in Europa Quelle: IIRM, ESRI

2.2.1 Überregionale Transformationsprozesse

In dem Projektansatz „Überregionale Transformationsprozesse“ werden Projekte unter-sucht, die mithilfe einer Überwindung administrativer Grenzen erfolgreich waren. Im Be-reich der Gesamtplanung, aber auch auf dem Gebiet der Fachplanung wird dies immer bedeutender. Akteure organisieren sich in überörtlichen formellen Entwicklungsgesell-schaften oder in institutionalisierten Netzwerken, um das Potential der Flusslandschaft in der Region für die Region zu erschließen.

In der jüngeren Vergangenheit haben diese Formen der Steuerung insbesondere im Zu-sammenhang mit dem Flussgebietsmanagement allgemein und speziell dem Hochwasser-schutz an Bedeutung gewonnen, aber auch die Entwicklung übergemeindlicher Grün- und Wegeverbindungen sowie die abgestimmte siedlungsstrukturelle Entwicklung entlang der Ufer (z. B. die Abstimmung der Errichtung neuer Wohngebiete oder wasserbezogener Infrastruktur am Fluss) sind hierzu zu zählen. Die Fallbeispiele, die hier zum einen auf der übergemeindlichen Ebene und zum anderen auf der Ebene eines Einzelprojektes mit-einander verglichen werden, sind:

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 26

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 26

Mersey Waterfront Regional Park

Mersey (UK)

Ruimte voor de Rivier

Rhein und Nebenflüsse (NL)

Speke and Garston Coastal Reserve

Mersey, Liverpool (UK)

Ruimte voor de Waal

Waal, Nijmegen (NL)

2.2.2 Großereignis als Ausgangspunkt

Großprojekte in der Stadtentwicklung sind in temporäre Großereignisse, auf deren Ge-lände eine Nachnutzung umgesetzt wird, sowie in Projekte mit einer öffentlichkeits-wirksamen Initialmaßnahme unterscheidbar. Sie werden konzipiert, um bisherige negative gesellschaftsräumliche und siedlungsstrukturelle Entwicklungstendenzen umzu-kehren oder bestehende positive Tendenzen zu verstärken. Damit soll Städten oder Stadtteilen ein neues Gesicht gegeben werden, wobei die Großprojekte als Katalysator wirken sollen. Derartige Konzepte sind seit längerem in der Diskussion und auch in der Anwendung. Im internationalen Zusammenhang zählen hierzu Olympische Spiele und Weltausstellungen. Beispiele auf nationaler Ebene sind hierfür Internationale Bauaus-stellungen sowie Bundesgartenschauen.

Oft handelt es sich bei Großprojekten um die Revitalisierung brachgefallener Flächen ent-lang von Flüssen. Bei einer Wiedernutzung von Brachflächen am Wasser kann die Stand-ortgunst genutzt werden, um durch die Verbindung von Investitionen in den Standort und die durch das Großprojekt unterstützte Adressenbildung einen Paradigmenwechsel in der Stadt(teil)entwicklung einzuläuten. Die folgenden beiden ausgewählten Beispiele stehen für diesen Themenkomplex:

Parque das Nações

Tejo, Lissabon (PT)

Abandoibarra

Nervión, Bilbao (ES)

2.2.3 Dienstleistungszentren

Revitalisierte Uferflächen können immobilienwirtschaftlich von besonderer Anziehungs-kraft sein. Insbesondere im Dienstleistungssektor haben hier neue Standorte Potential. Sie weisen oft eine hohe Standortgunst auf, weil sie äußerlich gut erschlossen sind, zentrumsnah liegen und mit der Lage am Fluss eine unverbaubare Aussicht besitzen.

Uferflächen werten das Arbeitsumfeld der Beschäftigten auf. Daher können diese Zentren zu neuen Adressen der Stadt entwickelt werden. Umgekehrt besteht dabei die Heraus-forderung, qualitätvolle Architektur zu realisieren, die sich von Investorenarchitektur ab-hebt. Die Fallbeispiele aus diesem Bereich sind:

Graphisoft Park

Donau, Budapest (HU)

Campus Plus

Rhein, Basel (CH)

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 27

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 27

2.2.4 Parkanlagen

Städte präsentieren sich mit ihren Parkanlagen. Innerstädtische Parks dienen der Frei-zeitgestaltung und Naherholung und werden von den Bewohnern intensiv genutzt. Gleichzeitig verlaufen sie oft am Flussufer. Dort verbindet sich der grüne Ausgleich zur bebauten Stadt mit der Wasserlage. Das Wasser wirkt erholsam und belebend zugleich für die angrenzende Stadt. Uferwege führen von Quartier zu Quartier und bieten eine Alternative zu immissionsbelasteten Verkehrsstraßen.

Die Uferkante als Übergang zweier Aggregatszustände bedarf neben der Wasserseite auch an den Uferwegen einer qualitativ hochwertigen Gestaltung. Dann kann sie sich zu einer guten, auch immobilienwirtschaftlich relevanten Adresse der Stadt entwickeln.

Öffentliche Grünanlagen am Fluss tragen daher in besonderer Weise zur Daseinsvor-sorge, zum Wohl der Allgemeinheit und zugleich zur Immobilienpolitik bei. Um dies zu erreichen, sind die öffentliche Zugänglichkeit des Ufers und die Erlebbarkeit des Flusses erforderlich.

Zwei Beispiele, wo dies umgesetzt wird, sind:

Quais jardinés

Garonne, Bordeaux (FR)

Lágymányosi Bucht

Donau, Budapest (HU)

2.2.5 Flussinseln mit Kulturangebot

Flussinseln sind außergewöhnliche Orte in der Stadt. Die spezielle Lage im Fluss kann durch besondere Nutzungen betont werden.

Insbesondere durch kulturelle Infrastruktur kann es gelingen, die außergewöhnliche Lage in der Stadt zu betonen, den Fluss als das Rückgrat der Siedlungsstruktur zu stärken und das blaue Netz im Bewusstsein der Bevölkerung zu schärfen. Diesem Thema zuzuordnen sind:

Mühleninsel

Brda, Bydgoszcz (PL)

L’Ile

Rhône, Genf (CH)

2.3 Interviewleitfaden

Der Interviewleitfaden (vgl. Anhang I) setzt sich aus zwei Teilabschnitten zusammen. Der Abschnitt „Projektgrundlagen“ eröffnet das Interview mit hauptsächlich allgemeinen, ein-leitenden Fragen, bevor im zweiten Abschnitt „Projektdetails“ die komplexen Fragen zu den Planungs-, Organisations- und Umsetzungsprozessen sowie zu den Beteiligungs- und Finanzierungsinstrumenten folgen.

2.4 Steckbriefe der Fallbeispiele

Im Folgenden werden die Projektsteckbriefe den Themenkomplexen zugeordnet vor-gestellt. Die Kontaktdaten der Interviewpartner werden in Anhang II aufgelistet. Die Steckbriefe unterscheiden sich in ihrem Umfang, da nicht zu jedem Projekt alle Informationen vollständig vorliegen.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 28

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 28

2.4.1 Überregionale Transformationsprozesse

Abbildung 2 Lage der Fallbeispiele zum Thema Überregionale Transformationsprozesse Quelle: IIRM, ESRI

Mersey Waterfront Regional Park

Projektgrundlagen Lage - Zielregionen des britischen Programms Mersey Waterfront Regional Park waren die folgenden Bezirke bzw. Kommunen:

Sefton,

Liverpool,

Halton,

Warrington,

Vale Royal,

Ellesmere Port and Neston,

Wirral und

Cheshire.

Träger - Der Projektträger ist das Mersey Waterfront Executive Team unter der Leitung der Mersey Partnership.

Projektdauer - Das Revitalisierungsprogramm begann 2000 und wird 2011 ab-geschlossen.

Chronologie - Die Meilensteine des Mersey Waterfront Regional Parks sind:

2000 - 2003 Planungsphase

04/2003 Formeller Programmbeginn

2003 - 2007 Einstiegsphase (Phase I)

2007 - 2010 Verlängerungsphase (Phase II)

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2010 - 2011 Ertragsphase (Phase III)

Fläche - Das Revitalisierungsprogramm bezog sich im Wesentlichen auf das 135 km lange Mündungs- und Küstengebiet zwischen Southport im Norden, Warrington im Osten und Wirral im Süden. Für das Binnenland existierten keine scharfen Grenzen, weshalb es nicht möglich ist, Aussagen zur Größe des Projektgebietes und zur einbezogenen Wasser-fläche zu treffen.

Projektkosten - Die Projektkosten betrugen ca. 120 Mio. £.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - Angesichts der Größe des Regionalparks ließen sich eine Viel-zahl von räumlichen Abschnitten identifizieren, die sich funktional, städtebaulich und be-zogen auf die Einbindung des Flusses voneinander unterscheiden. Da ihre Erhebung jedoch über den Rahmen dieses Forschungsprojektes hinausginge, beschränkte sich das Interview darauf, grundsätzliche Charakteristika des Parkgebietes zu erheben. Das Park-konzept unterscheidet diesbezüglich Zielgebiete (destination zones oder auch windows of the waterfront) und Verknüpfungen (linkages).

Die Zielgebiete fassen die Schlüsselressourcen einzelner Regionen zusammen und ver-markten sie gemeinschaftlich. Im Einzelnen sind dies:

Waterfront window 1: Southport,

Waterfront window 2: Ainsdale on Sea,

Waterfront window 3: Formby Point,

Waterfront window 4: Crosby Coastal Park,

Waterfront window 5: International Waterfront,

Waterfront window 6: Liverpool Riverlands,

Waterfront window 7: Speke Riverside,

Waterfront window 8: Mersey Gateway,

Waterfront window 9: Eastham Country Park und Mouth of Manchester Ship Canal,

Waterfront window 10: Woodside/Hamilton Square,

Waterfront window 11: New Brighton,

Waterfront window 12: Hoylake,

Waterfront window 13: West Kirby und

Waterfront window 14: Wirral Country Park.

Die Verknüpfungen stellen physische und visuelle Verbindungen zwischen den einzelnen Ressourcen innerhalb der Zielgebiete sowie zwischen den jeweiligen Zielgebieten her. Darüber hinaus legten die Verantwortlichen Wert auf umweltverträgliche Mobilitäts-konzepte. Zu den verbindenden Elementen des Mersey Waterfront Regional Parks zählen:

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 30

Der Mersey Way,

Der Mersey Way ist ein vielseitig nutzbarer Rad- und Wanderweg entlang des Mersey Mündungsgebietes und der Küste, der die einzelnen Attraktionen mit-einander vernetzt. Im ländlichen Raum verläuft er als Pfad und im städtischen Raum als Promenade.

Der öffentliche Personennahverkehr und

Der Regionalpark verfügt über ein gut ausgebautes Personennahverkehrsnetz, vor allem im Schienenverkehr. Ergänzt wird das Angebot durch Fähren und/oder Schiffsausflugslinien, die den Gästen die Sehenswürdigkeiten vom Wasser aus näher bringen.

Aussichtspunkte.

Eine Vielzahl von Aussichtspunkten versprechen einzigartige Aus- und/oder An-sichten im Mersey Waterfront Regional Park.

Bedeutung des Standortes - Die Vielfalt der Landnutzungen entlang des Merseyufers prägt seinen Charakter und definiert seine Einzigartigkeit. Neben Hafen- und Industrie-anlagen finden sich hier erstklassige Golfressorts und international bedeutsame Natur-schutzgebiete. Das Herzstück bilden die historischen Docks im Zentrum von Liverpool. Sie zeugen von Macht und Reichtum der ehemals „Zweiten Stadt des Britischen Empires“. Heute, als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes, sind sie ein Schlüsselfaktor für die Belebung der Metropolregion Liverpool.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee - Ziel des Revitalisierungsprogramms war es, dass der Mersey Waterfront Regional Park ein Alleinstellungsmerkmal der Metropolregion Liverpool wird. Durch die Belebung und Vernetzung der lokalen Schlüsselressourcen soll ein konkurrenzfähiger Standort entstehen, der Menschen dazu bewegt, in der Region zu leben, zu arbeiten, in sie zu investieren oder sie zu besuchen.

Zielspektrum - Das Zielspektrum des Regionalparks wird von der Interviewpartnerin wie folgt beschrieben:

Die wichtigsten ökologischen Ziele waren der Erhalt, die Verbesserung und die umweltfreundliche Nutzung der ökologischen Ressourcen, die Einhaltung existierender Aktionspläne für die Schutzgebiete des Mündungsgebietes und die Senkung des Ressourcenverbrauchs durch den Einsatz erneuerbarer Energien und Materialien sowie durch energieeffizientes Bauen.

Das wichtigste ökonomische Ziel war es, die Attraktivität der Metropolregion Liver-pool sowohl für Unternehmen und Arbeitnehmer als auch für Einwohner und Touristen zu steigern.

Das wichtigste städtebauliche Ziel war es, die Region im Mersey Waterfront Regional Park zu einen.

Das wichtigste soziale Ziel war es, neue Partnerschaften zwischen privaten und öffentlichen Institutionen entlang der Mersey Waterfront zu etablieren.

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Das soziale Ziel war nach Aussagen der Interviewpartnerin die dominante Zieldimension, auch wenn bei der Akquise zusätzlicher Finanzmittel die ökonomischen Motive dominierten.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes - Das Programm setzte sich aktiv für den Erhalt des Flussökosystems ein, indem es den Einzelprojekten Umweltstandards vor-gab, deren Einhaltung diese für mindestens zehn Jahre gewährleisten mussten. Ferner entstanden auf der Projektebene vielfältige Nutzungsangebote, die den Fluss und das Flussufer in den Bereichen Personenschifffahrt und Naherholung integrieren. Nur das Baden ist im Mündungsgebiet verboten. Ausschlaggebend dafür ist jedoch nicht die Wasserqualität, sondern sind die von den Gezeiten verursachten gefährlichen Strömungen.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Die Projektidee wurde von der North West Development Agency entwickelt. Sie ist eine von neun Regionalentwicklungsagenturen, die 1999 auf der Grundlage des Regional Development Agencies Act (11/1998) von der britischen Regierung mit dem Auftrag ge-gründet wurden, die wirtschaftliche Entwicklung Englands zu fördern. Dabei sollen die Regionalentwicklungsagenturen alle relevanten regionalen Akteure aus dem privaten und öffentlichen Sektor gleichermaßen einbinden. Finanziert werden die Agenturen aus einem Regierungsfond, der von sechs Ministerien finanziell getragen wird. Überdies sind sie frei in der Akquise zusätzlicher privater und öffentlicher Mittel zur Finanzierung ihrer Strategien und der damit verbundenen Maßnahmen.

im Rahmen eines regionalen Strategiepapiers und eines darauf aufbauenden Aktions-plans. Anschließend griffen die Mersey Basin Campaign und die Mersey Partnership die Idee auf und entwickelten sie gemeinsam mit anderen Akteuren aus der Region weiter. Zu diesen Akteuren zählten u. a. Peel Holdings, eines der führenden britischen Logistik-, Infrastruktur- und Immobilienunternehmen, und Merseytravel, das zusammen mit anderen privaten Bus- und Bahnunternehmen den öffentlichen Personennahverkehr in der Metropolregion koordiniert.

Nach dem offiziellen Start des Mersey Waterfront Regional Parks führten das Mersey Waterfront Board und das Mersey Waterfront Executive Team das Programm gemein-schaftlich fort. Überdies warben sie für den Regionalpark und hielten ihn in den Folge-jahren am Leben. Beide Gremien, das Mersey Waterfront Board und das Mersey Waterfront Executive Team, setzten sich aus Vertretern der beteiligten privaten und öffentlichen Institutionen zusammen.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Von grundlegender Bedeutung sowohl für den Planungs- als auch für den Implementierungsprozess war die Grundsatzvereinbarung, die die Partnerschaft zwischen den beteiligten privaten und öffentlichen Akteuren beschloss und die Verantwortlichkeiten innerhalb der Partnerschaft vorgab.

Im Programmverlauf trafen die folgenden Akteure die nachstehenden Entscheidungen:

Die North West Development Agency und Wirral MBC fungierten als Kontrollinstanz bei finanziellen Entscheidungen. Dabei nahm Wirral MBC eine Sonderfunktion ein,

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denn die Kommune haftete für die Verbindlichkeiten des Regionalparks, bis Fördergelder eingingen.

Das Mersey Waterfront Board entschied über die Umsetzung der Einzelprojekte und übernahm die Rolle der Lenkungsgruppe.

Das Mersey Waterfront Executive Team traf die Vorauswahl aus den eingereichten Förderanträgen und entwickelte diese anschließend gemeinsam mit den Ideen-gebern bis zur Umsetzungsreife weiter.

Für die Konzeption, Planung und Durchführung waren die folgenden Institutionen ver-antwortlich:

Auf regionaler Ebene die Mersey Partnership, das Waterfront Board, das Executive Team und Wirral MBC als haftende Instanz sowie

Auf lokaler Ebene die jeweiligen Einzelprojekte bzw. Antragsteller.

Zum Verhältnis der genannten Institutionen ist anzumerken, dass die Mersey Partnership das Executive Team bei der Geschäftsführung und -verwaltung unterstützte und des Weiteren dessen Handlungen mit der übergeordneten Strategie und den parallel agierenden Revitalisierungsprogrammen abstimmte.

Sofern für die Umsetzung der Einzelprojekte ein Landerwerb erforderlich war, erfolgte er durch die lokalen Akteure. Der Mersey Waterfront Regional Park selbst erwarb keinen Grundbesitz.

Der Planungsprozess dauerte ca. drei Jahre und umfasste: die Aufstellung des Business-plans, die Ernennung des Mersey Waterfront Boards und des Executive Teams sowie die Sicherung der Finanzierung.

Pläne und Dokumente

Die folgenden Arten von Plänen/Dokumenten waren notwendig:

Bewerbungsunterlagen (Businessplan usw.) zur Beantragung der Fördermittel bei der North West Development Agency und

Der Businessplan beschrieb u. a., was das Programm in der Einstiegs- und in der Verlängerungsphase wie erreichen wollte und wie die notwendigen Investitionen finanziert werden sollten.

Antragsunterlagen zur Einwerbung zusätzlicher Fördergelder und/oder Spenden.

Die regionalen Planungs- und Umsetzungsprozesse des Mersey Waterfront Regional Parks erforderten keine Fachplanung.

Das Revitalisierungsprogramm ist Bestandteil der übergeordneten Regional Economic Strategy (RES), deren Urheber die North West Development Agency ist. Der Mersey Waterfront Regional Park war der erste Regionalpark, der aus der Strategie hervorging.

Genehmigungen

Die regionalen Planungs- und Umsetzungsprozesse des Revitalisierungsprogramms er-forderten keine gesonderten Genehmigungen.

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Implementierungsprozess

Die Meilensteine des Implementierungsprozesses waren:

2003 - 2007 Einstiegsphase (Phase I)

2007 - 2010 Verlängerungsphase (Phase II)

2010 - 2011 Ertragsphase (Phase III)

In der Ertragsphase werden keine weiteren Einzelprojekte initiiert, sie dient ausschließlich der Evaluierung.

Das Revitalisierungsprogramm wird am 31. März 2011 prak-tisch und finanziell abgeschlossen.

Unterhaltung

Der Mersey Waterfront Regional Park erwarb kein Eigentum. Der Unterhalt der Regional-parkprojekte obliegt ausschließlich den lokalen Projektkonsortien, weshalb die Sicher-stellung der Wartung und Instandhaltung für mindestens zehn Jahre ein kritischer Faktor für die Zuteilung der Fördergelder war.

Erfolgsermittlung

Die dritte und letzte Programmphase widmet sich ausschließlich der Evaluierung des Mersey Waterfront Regional Parks. Da sie zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht ab-geschlossen war, können keine endgültigen Aussagen zu den Ergebnissen oder zur Akzeptanz in der Bevölkerung getroffen werden. Vorläufig kann man jedoch davon aus-gehen, dass die Einwohner und Touristen die neu geschaffenen Attraktionen annehmen, da die laufenden Rückmeldungen bisher mehrheitlich positiv ausfielen.

Der Regionalpark wird nach Abschluss der Evaluierung im März 2011 nicht fortgeführt, so dass es auch keine Schlussfolgerungen bezüglich eines weiteren Engagements geben wird.

Gegenstand der Evaluierung ist die Fähigkeit des Konsortiums, die vorab gesteckten Ziele zu erfüllen und den veranschlagten Zeitplan einzuhalten. Erhoben werden u. a. die Sicht-barkeit des Regionalparks bei Unternehmen, Touristen etc. sowie der Beschäftigungs-effekt.

Beteiligung

Auf der regionalen Ebene ergaben sich abgesehen von der Zusammensetzung des Waterfront Boards keine Änderungen in der Akteurskonstellation. Veränderungen in der Zusammensetzung der lokalen Projektkonsortien sind nicht auszuschließen.

Angesichts der Vielzahl an Einzelprojekten ist es nicht möglich, genaue Aussagen zur Art und zum Umfang der Stakeholder- und Öffentlichkeitsbeteiligung zu treffen. Grundsätzlich kann jedoch festgehalten werden, dass die so genannten People Panel das Fundament der Bürgerbeteiligung bildeten. Sie wurden insgesamt vier Mal in jeder in-volvierten Kommune abgehalten und dienten dazu, den Verantwortlichen eine Vorstellung davon zu geben, wie die betroffenen Bürger die aktuelle Situation bewerteten und welche Erwartungen sie an das Programm knüpften. Im weiteren Programmverlauf fanden die People Panel auch auf Projektebene Anwendung.

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Die Öffentlichkeitsbeteiligung und -arbeit wurden regional vom Mersey Waterfront Executive Team und lokal von den jeweiligen Projektverantwortlichen organisiert.

Finanzierung

Die Finanzierung des Programms Mersey Waterfront Regional Park erfolgte überwiegend aus dem Förderprogramm der North West Development Agency (2003-2007: 8,8 Mio. £; 2007-2010: 10,91 Mio. £), ergänzt durch Zuwendungen aus den Strukturfonds (ins-besondere Ziel 1) der Europäischen Union (9 Mio. £). Darüber hinaus waren die Einzel-projekte frei in der Wahl zusätzlicher Förderprogramme.

Die Realisierung des Regionalparks bedurfte keiner öffentlichen Kofinanzierung.

Speke and Garston Coastal Reserve

Projektgrundlagen Lage - Das Fallbeispiel befindet sich zwischen den Stadtteilen Speke und Garston im Süden von Liverpool (Großbritannien) unmittelbar an der Mündung des Merseys in die Irische See.

Träger - Der Projektträger war die Mersey Basin Campaign, die im März 2010 eingestellt wurde.

Projektlaufzeit - Das Projekt begann 2002 und wurde 2006 abgeschlossen.

Chronologie - Die Meilensteine des Fallbeispiels waren:

2002 - 2004 Planungs- und Bewerbungsphase

2004 - 2006 Implementierungsphase

Fläche - Das Küstenreservat erstreckt sich über ca. 2 km und insgesamt 6,1 ha am rechten Ufer der Merseymündung.

Projektkosten - Die Projektkosten betrugen ca. 500.000 £. Die Instandsetzungskosten (~500.000 £) des angrenzenden Klubhauses des Liverpool Sailing Clubs waren nicht Be-standteil des Projektes.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte – Das Projektgebiet hat die Funktion einer Erholungsfläche, denn das Schutzgebiet dient ausschließlich Freizeit- und Erholungszwecken.

Städtebaulich besteht das Projektgebiet aus einer 6,1 ha großen Grünfläche.

Bezüglich der Einbindung des Flusses ist zu vermerken, dass das Projektgebiet keinen direkten Bezug zum Gewässer hat. Da die Wasserfläche der Merseymündung nicht Be-standteil des Projektes war, existieren keine räumlichen Abschnitte mit unmittelbarem Bezug zum Fluss.

Verflechtungen - Zwischen dem Küstenreservat, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 35

Physische Verflechtungen - Das Küstenreservat mit seinen zahlreichen Fuß- und Radwanderwegen bildet das Bindeglied zwischen den umliegenden Nutzungen und Attraktionen. Dazu zählen neben den Stadteilen Speke und Garston der John-Lennon-Flughafen, das Baudenkmal Speke Hall, das Gewerbegebiet „Liverpool International“, der Liverpool Sailing Club und das internationale Vogelschutzgebiet „Mersey Estuary“.

Funktionelle Verflechtungen - Das Küstenreservat ist ein wichtiges Freizeit- und Naherholungsgebiet im Stadtgebiet Liverpools.

Mentale Verflechtungen - Das Schutzgebiet ist für die Lebensqualität der Ein-wohner von Speke und Garston bedeutsam sowie ein Standortfaktor für das an-grenzende Gewerbegebiet der Peel Holdings.

Bedeutung des Standortes - Das Küstenreservat ist die einzige naturbelassene Küste im Stadtgebiet Liverpools.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee - Ziel des Projektes war die Aufwertung der ehemaligen Landebahn des John-Lennon-Flughafens zum Naherholungsgebiet und zum erweiterten Lebensraum für das angrenzende Vogelschutzgebiet „Mersey Estuary“. Die im Zuge der Flughafenver-lagerung stillgelegte Landebahn war zwischenzeitlich zu einer illegalen Müllhalde ver-kommen, auf der revoltierende Jugendbanden ihr Unwesen trieben.

Darüber hinaus soll das Küstenreservat als koordinierende Einheit die Attraktionen der Region - Speke Hall, Liverpool Sailing Club und das Vogelschutzgebiet - miteinander ver-binden.

Zielspektrum - Das Zielspektrum des Küstenreservats wird vom Interviewpartner wie folgt beschrieben:

Das wichtigste ökologische Ziel war die Revitalisierung der Küstenlandschaft, die gleichzeitig den guten ökologischen Zustand des angrenzenden Vogelschutz-gebietes „Mersey Estuary” sichert.

Die wichtigsten ökonomischen Ziele waren die Verbesserung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Speke und Garsten sowie die Neuansiedelung von Unter-nehmen im angrenzenden Gewerbegebiet.

Das wichtigste städtebauliche Ziel war die Entwicklung eines sicheren und natur-nahen Naherholungsraumes für die Stadtteile Speke und Garston.

Die wichtigsten sozialen Ziele waren die Verbesserung der Lebensqualität durch die Erhöhung der Sicherheit und Sauberkeit im angrenzenden Reservat und die Verbesserung des Images der angrenzenden Stadtteile Speke und Garston.

Die dominante Zieldimension ist nach Aussage des Interviewpartners das städtebauliche Ziel.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes – Der Fluss bzw. das Mündungsgebiet waren zwar nicht Bestandteil des Projektes, aber ein wesentlicher Anlass für seine Um-setzung.

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Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Die Projektidee entstand in enger Kooperation zwischen dem Liverpool Sailing Club, der Mersey Basin Campaign und Peel Holdings.

Die Projektumsetzung initiierten die Mersey Basin Campaign und der Mersey Waterfront Regional Park. Beworben wurde sie durch eine Lenkungsgruppe aus Repräsentanten der Mersey Basin Campaign, des Mersey Waterfront Regional Parks und des Local People’s Panel. Diese besagte Lenkungsgruppe unter der Führung der Mersey Basin Campaign erhielt das Projekt auch am Leben.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Hinsichtlich der rechtlichen Situation ist anzumerken, dass sich das Land vollständig im privaten Besitz der Peel Holdings befindet, so dass kein Landerwerb erforderlich war. Peel Holdings verpachtete das Land mit einer Laufzeit von 25 Jahren an die Speke and Garston Coastal Reserve Management Company, die für den Erhalt des Küstenreservats verantwortlich zeichnet. Angesichts der Tatsache, dass die Mersey Basin Campaign im März 2010 eingestellt wurde, ist Peel Holdings mittlerweile einziger Shareholder der Ver-waltungsgesellschaft.

Alle Entscheidungen wurden von der Lenkungsgruppe unter der Führung der Mersey Basin Campaign getroffen. Als Antragsteller war die Mersey Basin Campaign sowohl für die Konzeption und Planung als auch für die Durchführung des Projektes verantwortlich.

Der Planungsprozess dauerte ca. zwei Jahre.

Pläne und Dokumente

Die folgenden Arten von Plänen waren notwendig:

Bewerbungsunterlagen (Businessplan usw.) zur Beantragung der Fördermittel aus dem Artery Programm und

Bewerbungsunterlagen (Businessplan usw.) zur Beantragung der Fördermittel aus dem Mersey Waterfront Regional Park Programm.

Zwischen den jeweiligen Planungsinstanzen gab es keine Abstimmungsprobleme. Der Grund dafür war, dass Liverpools Bauleitplanung die Fläche bereits als Naherholungs-gebiet ausgewiesen hatte.

Keine Art von Fachplanung war notwendig.

Das Projekt ist Bestandteil des Waterfront Window 7 - Riverside, das seinerseits in das Mersey Waterfront Regional Park Programm eingebunden ist.

Genehmigungen

Die folgenden Arten von Genehmigungen waren notwendig:

Der Planungsbeschluss des Liverpool City Council und

Die Erlaubnis von Peel Holdings, das Land zu benutzen/zu leasen.

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Implementierungsprozess

Die Meilensteine des Implementierungsprozesses waren:

2002 - 2004 Planungs-/Bewerbungsphase

Nach der Etablierung der Kooperation zwischen Mersey Basin Campaign, Peel Holding und Liverpool Sailing Club, begannen diese, Fördermittel einzuwerben.

2004 - 2006 Implementierungsphase

Die folgenden Maßnahmen waren Bestandteil der Implementierungs-phase:

Der Parkplatz an der Blackburne Street,

Die Fuß- und Radwege von der Blackburne Street zur Cliff Top und Speke Hall,

Der Mersey Way (ein überregionaler Fuß- und Radwanderweg, der die einzelnen Attraktionen des Mersey Waterfront Regional Parks miteinander verbindet) von den Gärten zum Segelklub, vom Segelklub zum Flughafen und entlang der Oglet Cliff,

Die Landschaftsgestaltung und

Die Errichtung eines Pavillons.

Unterhaltung

Für die Unterhaltung des Küstengebietes ist die Speke and Garston Coastal Reserve Management Company Ltd. verantwortlich. Anteilseigner der Gesellschaft waren ur-sprünglich die Peel Holding und die Mersey Basin Campaign. Seit letztere im März 2010 eingestellt wurde, ist die Peel Holding ihr einziger verbleibender Eigentümer. Das Unter-nehmen gab jedoch bereits im Vorfeld umfangreiche Garantien dafür ab, dass der erzielte ökologische Zustand des Küstengebietes erhalten bleibt.

Für die Zukunft plant die Managementgesellschaft, die lokalen Interessengruppen (Unternehmen, Vereine, Bevölkerung etc.) stärker in den Erhalt des Reservats einzu-binden.

Erfolgsermittlung

Innerhalb des Mersey Waterfront Programms wurde eine Evaluation vorgenommen, in deren Mittelpunkt u. a. die Einhaltung des Kosten- und des Zeitplans stand.

Insgesamt kam die Evaluation zu einem positiven Ergebnis. Demnach verbesserte das Projekt die Zugänglichkeit und das Image der Region und schuf neue Arbeitsplätze im angrenzenden Gewerbegebiet, dessen Auslastung stieg.

Infolgedessen, dass der Hauptakteur, die Mersey Basin Campaign, nicht mehr existiert, gibt es kein weiteres Engagement und somit auch keine Schlussfolgerungen für die Zu-kunft.

Die Bevölkerung nimmt das umgestaltete Küstenreservat an und nutzt es zur Nah-erholung, wie z. B. zum (Rad-) Wandern.

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Beteiligung

Im Projektverlauf ergaben sich keine Änderungen in der Akteurskonstellation. Allerdings wurde die Mersey Basin Campaign nach Abschluss des Projektes, in der Nutzungs- und Unterhaltsphase, eingestellt.

Die folgenden Stakeholder wurden an der Planung und Umsetzung des Projektes be-teiligt:

Lenkungsgruppe (Mersey Basin Campaign, Mersey Waterfront Regional Park, Peel Holding und Repräsentanten des Local People’s Panel),

Fördermittelgeber (Northwest Development Agency, Artery),

Stakeholdergruppe (Ein- und Anwohner, Vereine und andere lokale Organisationen sowie das Young People’s Panel).

Ziel des Young People’s Panel war es, auch den Jugendlichen aus der Region ein Sprach-rohr zu geben. Hierfür ging das Projektkonsortium in die angrenzenden Schulen und be-fragte die Schüler im Alter zwischen 14 und 16 Jahren nach ihrer Meinung zum Re-vitalisierungsvorhaben. Insgesamt beteiligten sich 16 Schüler an der Befragung.

Nach der Befragung kehrte das Konsortium in die Schulen zurück, um mit den Jugend-lichen das Ergebnis zu diskutieren und gemeinsam Maßnahmen zu finden, die innerhalb des Projektes und mit den verfügbaren Finanzmitteln umsetzbar waren.

Initiatoren des Young People’s Panel” waren die Mersey Basin Campaign und Mersey Waterfront Regional Park.

Die Öffentlichkeit wurde im gesamten Projektverlauf beteiligt. Die Öffentlichkeitsbe-teiligung wurde von der Mersey Basin Campaign und dem Mersey Waterfront Regional Park organisiert. Sie gab dem Konsortium eine bessere Vorstellung davon, wie die be-troffenen Bürger die aktuelle Situation bewerteten und welche Erwartungen sie an das Projekt knüpften. Des Weiteren trug die Öffentlichkeitsbeteiligung, insbesondere die Be-teiligung der randalierenden Jugendlichen, wesentlich zur Beendigung des Vandalismus im Küstenreservat bei.

Für die Öffentlichkeitsarbeit war die Mersey Basin Campaign verantwortlich.

Finanzierung

Folgende Kosten entstanden während des Projektes:

Parkplatz 73.620 £

Fuß-/Radwanderwege 44.160 £

Mersey Way 200.513 £

Landschaftsgestaltung 7.390 £

Pavillon 80.000 £

Wartung, Management und Sicherheit 28.000 £

Lohn 50.036 £

Eventualitäten 16.284 £

GESAMT 500.003 £

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Die Finanzierung des Speke und Garston Küstenreservats erfolgte überwiegend aus Zu-wendungen aus dem Mersey Waterfront Regional Park Programm und aus Zuwendungen des INTERREG IIIB - Projektes „Artery - Zukunft der Flusslandschaften“.

Projektkosten, die sich nicht über ein Förderprogramm refinanzieren ließen, wurden zu gleichen Teilen von der Mersey Basin Campaign und Peer Holdings getragen.

Die Realisierung des Projektes bedurfte keiner öffentlichen Kofinanzierung.

Ruimte voor de Rivier

Projektgrundlagen Lage - Zielregionen des Revitalisierungsprogramms Ruimte voor de Rivier sind:

Der Rhein einschließlich seiner Nebenflüsse zwischen Lobith und Ketelmeer (Ober-/Unterlauf des Rheins, Pannerdens Kanal, Ijssel, Lek, Waal, Merwede, Neue/Alte Maas, Hollands-Diep-Haringvliet);

Die Maas, ab Hedikhuizen flussabwärts (Bergsche Maas, Amer);

Die Volkerak (Rhein-Maas-Scheldt-Mündung) und

Das Zoommeer und Umgebung.

Die angeführten Zielregionen liegen in den folgenden niederländischen Provinzen:

Gelderland,

Noord Brabant,

Overijssel,

Utrecht,

Zuid-Holland,

Zeeland.

Träger - Der Projektträger ist das Programme Directorate Ruimte voor de Rivier (PDR).

Projektdauer - Das Revitalisierungsprogramm begann 2000 und wird voraussichtlich 2015 abgeschlossen.

Chronologie - Die bisherigen Meilensteine des Programms Ruimte voor de Rivier sind:

2000 - 2006 Regionalplanungsphase

19.12.2006 Erlass des Planungsfeststellungsbeschlusses durch die nieder-ländische Regierung und das niederländische Parlament

2006 - 2009 Kommunalplanungsphase

2009 - 2015 Umsetzungsphase

Nicht alle Einzelprojekte folgen der Chronologie des übergeordneten Programms, so werden einige Projekte bereits 2014 abgeschlossen und andere erst 2016.

Fläche - Zusammengenommen erstrecken sich die Einzelprojekte über 100.000 ha und umfassen zwischen 300 und 400 Flusskilometer. Das potentiell überschwemmungs-gefährdete Gebiet ist mit insgesamt zwei Millionen Hektar halb so groß wie die Nieder-lande.

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Projektkosten - Entsprechend der ursprünglichen Pläne werden die Projektkosten zwischen 1,7 Mrd. und 3,1 Mrd. € liegen. Aktuelle Schätzungen gehen von 2,394 Mrd. € aus.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte – Da das Programm Ruimte voor de Rivier abgesehen vom Projekt Ruimte voor de Waal in Nijmegen hauptsächlich in ländlichen Räumen umgesetzt wird, überwiegen in diesem Fallbeispiel landschaftsarchitektonische Aspekte gegenüber städtebaulichen. Angesichts der Größe des Projektgebietes ließe sich eine Vielzahl von räumlichen Abschnitten identifizieren, die sich funktional, landschaftsarchitektonisch und bezogen auf die Einbindung des Flusses voneinander unterscheiden. Ihre Erhebung ginge allerdings über den Rahmen dieses Forschungsprojektes hinaus. Aus diesem Grund be-schränkten sich die Interviews darauf, grundsätzliche Charakteristika des Projektgebietes zu erheben. Diese lassen sich wie folgt beschreiben:

Die einzelnen Projektgebiete dienen heute überwiegend als Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe und werden zukünftig naturnah gestaltet,

Die Mehrzahl der Einzelprojekte befindet sich in einem ländlichen und nur wenige Projekte in einem städtischen Kontext und

Die einzelnen Projektgebiete weisen mehrheitlich einen unmittelbaren Bezug zum Fluss auf.

Bedeutung des Standortes - Die unmittelbare Umgebung und der Staat Niederlande profitieren von dem Projekt in seiner Funktion als

Hochwasserschutzgebiet und

Während des Hochwassers 1995 wurden beispielsweise ein halbe Million Menschen und eine Million Tiere aus den überschwemmungsgefährdeten Gebieten evakuiert. Ernsthaft bedroht waren zwischen zwei und vier Millionen Menschen.

Naherholungsgebiet sowie Lebensraum für Flora und Fauna.

Flüsse und Deichvorland sind von besonderer landschaftlicher, kultureller und öko-logischer Bedeutung.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee - Mit dem Programm Ruimte voor de Rivier verfolgen die Niederlande die Vision, ihren Flüssen mehr Raum zu geben bei gleichzeitiger Verbesserung der land-schaftsarchitektonischen Qualität.

Zielspektrum - Das Zielspektrum des Programms Ruimte voor de Rivier wird von den Interviewpartnern wie folgt beschrieben:

Die wichtigsten ökologischen Ziele sind, dass zum einen der Rhein, die Maas und ihre Nebenflüsse mehr Raum erhalten und bis 2015 das Abflussvolumen des Rheins auf 16.000qm/s in Lobith und der Maas auf 3.800qm/s in Borgharen erhöht wird, und dass zum anderen Flora und Fauna in den Flussgebieten mehr Raum er-halten, so dass die Qualität der Umwelt erhöht wird und die Natura 2000 Schutz-gebiete erhalten werden.

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Die wichtigsten ökonomischen Ziele sind der Schutz des Ballungsgebietes Randstad und die Gewährleistung der Schiffbarkeit der Hauptwasserstraßen für den Güterverkehr.

Die wichtigsten städtebaulichen Ziele sind die Verbesserung der landschaftsarchi-tektonischen Qualität und die Verbesserung der Bedingungen für die Personen-schifffahrt an und auf den Hauptwasserstraßen.

Das wichtigste soziale Ziel ist der Schutz der niederländischen Bevölkerung.

Die dominante Zieldimension ist nach Aussage der Interviewpartner der Schutz der niederländischen Bevölkerung bei gleichzeitiger Verbesserung der landschaftsarchi-tektonischen Qualität.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes - Die Flüsse stehen im Mittelpunkt des Programms Ruimte voor de Rivier und spielen in jeder erdenklichen Art (Ökosystem, Güter-/Personenverkehrsweg, Naherholung sowie Ufernutzung und -gestaltung) eine Rolle.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Die Projektidee entwickelte Rijkswaterstaat.

Die Projektumsetzung initiierte Rijkswaterstaat gemeinsam mit dem Programme Directo-rate Ruimte voor de Rivier. Beworben wurde und wird das Programm durch die nieder-ländische Regierung und das niederländische Parlament.

Zusammen mit den niederländischen Provinzen und Gemeinden halten Regierung und Parlament das Programm auch am Leben.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Dem Planungsprozess liegen die folgenden rechtlichen Regelungen und sonstigen Rahmenbedingungen zugrunde:

Die Langzeitperspektive der Flusspolitik,

Die innerhalb des Programms Ruimte voor de Rivier implementierten Maßnahmen müssen mit der langfristigen Flusspolitik korrespondieren (Zeithorizont bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts). So sollen z. B. Redundanzen (kurzfristige Maß-nahme ist überflüssig) und Zielkonflikte (kurz- und langfristige Maßnahme kollidieren) vermieden werden.

Der Planungsfeststellungsbeschluss Ruimte voor de Rivier sowie die regionalen/lokalen Planungsfeststellungsbeschlüsse und

Das Programm Ruimte voor de Rivier wurde als Planfeststellungsbeschluss vom niederländischen Parlament beschlossen. Es entfaltet damit die Wirkung eines Gesetzes und genießt Vorrang vor regionalen/lokalen Planfeststellungsbe-schlüssen.

Um Konflikte zwischen den Planungsebenen zu vermeiden, fanden die be-stehenden Beschlüsse der betroffenen Provinzen und Kommunen bereits bei der Ausarbeitung des übergeordneten Programms Ruimte voor de Rivier Berück-sichtigung (Regionalplanungsphase). Anschließend kehrten sich die Vorzeichen

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um. So mussten die lokalen Planungsinstanzen ihren integrierten Detailplänen die Bestimmungen des nationalen Planfeststellungsbeschlusses zugrunde legen.

Die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie.

Alle Maßnahmen wurden gesondert auf ihre Vereinbarkeit mit den Anforderungen der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie überprüft.

Alle wesentlichen Entscheidungen des Programms werden von der niederländischen Regierung und dem niederländischen Parlament getroffen.

Als Lenkungsgruppe fungiert die National Floodrisk Management Conference. Sie setzt sich aus Repräsentanten der Regierung, der Provinzen, der Water Boards und der be-teiligten Gemeinden zusammen. Unterstützt wird das Gremium von zwei weiteren Lenkungsgruppen, die auf regionaler Ebene agieren.

Für die Konzeption, Planung und Durchführung sind die folgenden Institutionen ver-antwortlich:

Auf nationaler Ebene das Ministerie van Infrastructuur en Milieu und das Ministerie van Economische Zaken, Landbouw en Innovatie,

Als Koordinator zwischen den nationalen, regionalen und lokalen Institutionen das Programme Directorate Ruimte voor de Rivier (PDR).

Die wesentlichen Aufgaben des PDR’s sind:

Überprüfung/Gewährleistung der Vereinbarkeit von lokalen Plänen/Maßnahmen mit den nationalen Plänen/Vorgaben,

Überprüfung/Gewährleistung der Kohärenz der lokalen Pläne/Maßnahmen und

Förderung des Erfahrungsaustauschs zwischen den 39 Einzelprojekten und Unterstützung bei der Umsetzung der Einzelmaßnahmen.

Auf lokaler Ebene Rijkswaterstaat,

Rijkswaterstaat ist dem Ministerie van Infrastructuur en Milieu zugehörig und als solches für den Bau und die Instandhaltung der niederländischen Wasserver-kehrswege verantwortlich.

Im Rahmen des Programms ist Rijkswaterstaat zusammen mit den Provinzen, den Water Boards und den Kommunen für die Planung, Abstimmung und Umsetzung der Einzelprojekte zuständig.

Das Q-Team (gegründet 2006) und

Das Q-Team berät als unabhängige Instanz das Ministerie van Infrastructuur en Milieu einschließlich Rijkswaterstaat hinsichtlich der landschaftsarchitektonischen Qualität der 39 Einzelprojekte. Im Q-Team sind ein Stadtplaner, ein Ökologe, ein Limnologe und ein Hydrologe vertreten. Den Vorsitz hat ein Landschaftsarchitekt.

In der Kommunalplanungsphase wurden die 39 Einzelprojekte jeweils viermal durch das Q-Team beraten. Adressaten und Verbindlichkeit der vom Q-Team formulierten Empfehlungen unterscheiden sich wie folgt:

Die Empfehlungen der ersten drei Konsultationen gingen in erster Instanz dem PDR (einschließlich Rijkswaterstaat) zu. Das PDR bat daraufhin die jeweils verantwortlichen Lokalpolitiker und/oder Projektmanager um eine

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formale Stellungnahme, in der sie darlegten, wie sie die Vorschläge des Q-Teams bewerten und ob bzw. wie sie die Empfehlungen im Planungsprozess berücksichtigen wollten. Abschließend entschied das PDR, inwieweit die Empfehlungen für den weiteren Planungsprozess als verbindlich anzusehen seien.

Die Empfehlungen der vierten und letzten Konsultation gingen in die von den 39 Einzelprojekten entworfenen Masterpläne ein, auf deren Grundlage das Ministerie van Infrastructuur en Milieu abschließend über die Um-setzung (Umfang, Budget etc.) befand.

Auf lokaler Ebene die fünf Provinzen, die zwölf Water Boards und die 60 Kommunen.

Insgesamt erfolgen Konzeption, Planung und Durchführung in einer Kombination aus top-down und bottom-up Ansatz. Regierung und Parlament geben mit dem Planfeststellungs-beschluss Ruimte voor de Rivier den grundsätzlichen Rahmen vor und übernehmen dessen Finanzierung. Provinzen und Kommunen sind für die Detailplanung und Um-setzung verantwortlich. Sie erhalten so die Möglichkeit, ihre eigenen landschaftsarchi-tektonischen Vorhaben mit dem übergeordneten Programm zu verbinden und zu finanzieren.

Grundlegend für den Landerwerb waren die geltenden niederländischen Rechtsvor-schriften. Sie sehen u. a. vor, dass Flächen, die kurz-, mittel- und/oder langfristig dem Hochwasserschutz dienen sollen

Von Nutzungen ausgeschlossen werden können, die den geplanten Maßnahmen entgegen stehen und

Im öffentlichen Interesse durch Enteignung erworben werden können, wenn eine gütliche Einigung zwischen den Beteiligten nicht erreicht werden kann.

Der Planungsprozess dauerte ca. neun Jahre, wobei die folgenden Planungsphasen in Regionalplanungsphase (2000 bis 2006) und Kommunalplanungsphase (2006 bis 2009) zu unterscheiden sind.

Zu den wichtigsten Meilensteinen der Regionalplanungsphase zählen:

Softwaregestützte Analyse der Auswirkungen des geplanten Maßnahmenpaketes;

Landesweite Inventarisierung potentiell geeigneter Flussabschnitte (im Ergebnis mehr als 600) für die Umsetzung einer oder mehrerer Maßnahmen aus dem Gesamtpaket;

Besichtigung der Ortslagen und Identifizierung von Schnittstellen zwischen den potentiellen Hochwasserschutzmaßnahmen und existierenden landschaftsarchi-tektonischen Vorhaben;

Durchführung einer Designstudie, deren Cluster- und Szenarioanalysen unter-schiedliche Strategien und Maßnahmenkombinationen entwarf, die eine gleicher-maßen effektive und effiziente Zielerreichung ermöglichen;

Entwurf und Veröffentlichung des nationalen Planfeststellungsbeschlusses Ruimte voor de Rivier (15. April 2006);

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Konsultation der Öffentlichkeit sowie weiterer öffentlicher Instanzen wie z. B. des Environmental Impact Statement Committee, woraufhin weitere Studien not-wendig waren (z. T. auch als Reaktion auf Einwände der Öffentlichkeit) und

Verabschiedung des Programms/Planfeststellungsbeschlusses Ruimte voor de Rivier durch das niederländische Parlament (19. Dezember 2006).

In der anschließenden Kommunalplanungsphase ging die Verantwortung auf die 39 Einzelprojekte über. Sie entwickelten in den Folgejahren in enger Abstimmung mit dem Q-Team und den jeweiligen nationalen/regionalen Akteuren die Masterpläne zur Implementierung der beschlossenen Einzelmaßnahmen. Dabei erhielten die lokalen Planer vielfach Freiräume für die Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten und Be-sonderheiten. Insbesondere waren sie dazu aufgefordert, ergänzende und/oder alter-native Maßnahmen vorzuschlagen, die die Effizienz, Effektivität und/oder landschafts-architektonische Qualität erhöhen.

Ferner war auch in der Kommunalplanungsphase die Durchführung einer Umweltverträg-lichkeitsprüfung obligatorisch. Derart bekam die Öffentlichkeit wiederholt die Möglichkeit, sich am Planungsprozess zu beteiligen.

Pläne und Dokumente

Die folgenden Arten von Plänen waren u. a. notwendig:

Planungsfeststellungsbeschlüsse (national/lokal),

Landschaftsarchitektonische Masterpläne,

Flächennutzungspläne und

Umweltverträglichkeitsprüfungen.

Die (sektoralen) Fachplanungen waren integrale Bestandteile der Bearbeitung der land-schaftsarchitektonischen Masterpläne.

Das Projekt ist nicht Bestandteil übergeordneter Pläne.

Genehmigungen

Die folgenden Arten von Genehmigungen waren u. a. notwendig:

Genehmigungen zur Umnutzung des Deichvorlandes und

Genehmigung zur Absenkung (Erdaushub) des Deichvorlandes.

Implementierungsprozess

Das Maßnahmenpaket des Revitalisierungsprogramms umfasst die folgenden Maß-nahmen, die den jeweiligen Flüssen einzeln oder in Kombination mehr Raum geben sollen.

Absenkung des Deichvorlandes,

Rückverlegung der Deiche,

Entpolderung,

Vertiefung des Sommerbettes,

Absenkung der Buhnen,

Beseitigung von Hindernissen (Querbauwerken),

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Nebenrinnen (Bypass) und

Verstärkung der Deiche. Deichverstärkungen sind nur vorgesehen, wenn die zuvor genannten Maßnahmen ungeeignet sind oder zu teuer wären.

Unterhaltung

Infolge der Revitalisierungsmaßnahmen werden voraussichtlich zusätzliche Instand-haltungskosten i. H. v. 150 Mio. bis 200 Mio. € entstehen. Die jährlich anfallenden In-standhaltungskosten liegen somit bei durchschnittlich 7,3 Mio. €. Ihre Finanzierung ist allerdings noch offen.

Erfolgsermittlung

Die Evaluierung des Revitalisierungsprogramms obliegt einem eigens dafür gegründeten Komitee, dem Ruimte voor de Rivier Audit Committee. Dieses Komitee hat einen Revisionsplan aufgestellt, der nicht nur das Programm einer regelmäßigen Prüfung unter-zieht, sondern auch sich selbst.

Außerdem werden in so genannten Re-Audits die Vorgaben vorheriger Projektplanungs-phasen wiederholt auf ihre Aktualität und ihr Verbesserungspotential überprüft. So soll gewährleistet werden, dass z. B. technische Neuerungen schnellstmöglich Berück-sichtigung finden, was wiederum die Effektivität und Effizienz der Projektumsetzung steigern soll.

Darüber hinaus werden auch Meinungen externer Experten hinzugezogen. Dazu gehören z. B. das Q-Team bei landschaftsarchitektonischen Fragen oder das Forschungsinstitut Deltares bei gewässerspezifischen Fragen.

Vor dem Hintergrund, dass die Umsetzungsphase erst 2009 begann und noch bis 2015 andauern wird, ist die Akzeptanz der Einzelprojekte in der Bevölkerung nur schwer zu beurteilen. Insgesamt variieren die Reaktionen zwischen Widerstand und Unterstützung. Dort, wo sich Widerstand formierte, wurde viel Energie und Zeit aufgewendet, um ein-vernehmliche Lösungen zu finden.

Beteiligung

Alle 39 Einzelprojekte verfügen über individuelle Projektkonsortien. Veränderungen in der Zusammensetzung sind nicht auszuschließen.

Die folgenden Stakeholder werden an der Planung und Umsetzung des Programms be-teiligt:

Öffentliche Institutionen, wie z. B. die niederländische Regierung und das Parla-ment, die Provinzen sowie die Kommunen;

NGO’s, wie z. B. Naturschutzorganisationen und

Private Institutionen, wie z. B. Unternehmen die sich lokal engagieren.

Zur Identifizierung der vom Revitalisierungsprogramm betroffenen Personen, Organisationen und Institutionen wurden zu Beginn der beiden Planungsphasen (national/lokal) Stakeholderanalysen durchgeführt.

In der Regionalplanungsphase war die niederländische Regierung für die Öffentlichkeits-arbeit und Öffentlichkeitsbeteiligung verantwortlich. Letztere erfolgte vor allem durch die Veröffentlichung der Entwurfsfassung des nationalen Planungsfeststellungsbeschlusses

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Ruimte voor de Rivier. Die hieraus hervorgegangenen 2.843 Stellungnahmen fanden im weiteren Gesetzgebungsverlauf Berücksichtigung.

In den nachgelagerten Phasen geht die Verantwortung auf die regionalen oder lokalen Instanzen über. Angesichts der Vielzahl an Einzelprojekten fielen die Öffentlichkeitsbe-teiligung und ihre Ergebnisse sehr unterschiedlich aus.

Finanzierung

Folgende Kosten entstehen während des Programms:

Planstudien (z. B. Kosten der Regionalplanungs-phase)

57 Mio. €

Kommunalplanungsphase (5% der Gesamt-kosten)

Umsetzungsphase

Verteilung auf die Bauabschnitte:

1,779 Mrd. €

Obere Rhein/Waal (bis Nijmegen), Pannerden Kanal, Untere Rhein (bis Arnheim/Driel) und Ijssel (bis Autobahnbrücke A12)

414 Mio. €

Waal (von Nijmegen bis Gorinchem) 117 Mio. €

Waal und Nebenflüsse (von Gorinchem und Heusden bis zur Mündung)

579 Mio. €

Untere Rhein (Arnheim/Driel) und Lek 173 Mio. €

Ijssel 496 Mio. €

Zuzüglich sonstiger Kosten und einer Reserve un-vorhersehbare Kosten

558 Mio. €

GESAMT 2,394 Mrd. €

Die Finanzierung des Programms Ruimte voor de Rivier erfolgt überwiegend aus dem Infrastrukturfond des Ministerie van Infrastructuur en Milieu, ergänzt von Fördermitteln aus den Strukturfonds der Europäischen Union.

Weiten die verantwortlichen Lokalpolitiker und/oder Projektmanager das im Planfest-stellungsbeschluss festgesetzte Maßnahmenpaket aus, müssen sie die dadurch ent-stehenden Zusatzkosten selbst (öffentlich/privat) kofinanzieren.

Ruimte voor de Waal

Projektgrundlagen Lage – Das Fallbeispiel Ruimte voor de Waal (Raum für die Waal) konzentriert sich auf den Abschnitt der Waal zwischen der Stadt Nijmegen und der Gemeinde Lent. Diese beiden Orte liegen in der niederländischen Provinz Gelderland unweit der deutsch-niederländischen Grenze.

Träger - Die Projektträger sind die Stadt Nijmegen und das Ministerie van Infrastructuur en Milieu.

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Projektdauer - Das Revitalisierungsprojekt begann 2000 und wird voraussichtlich 2015 abgeschlossen.

Chronologie - Die bisherigen Meilensteine des Projektes sind:

2000 - 2006 Regionalplanungsphase

19.12.2006 Erlass des Planungsfeststellungsbeschlusses (PFB) durch die niederländische Regierung und das niederländische Parlament

2007 - 2011 Kommunalplanungsphase

2009 - 2015 Umsetzungsphase

Fläche - Das Projekt erstreckt sich über ca. 3 km und insgesamt 90 ha am rechten Ufer der Waal. Die einbezogene Wasserfläche umfasst 30 ha.

Projektkosten - Gemäß des aktuellen Planungsstands werden die Projektkosten ca. 365 Mio. € betragen.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion gliedert sich das Projekt-gebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Wohnbauflächen und

Im Zentrum der Insel wird ein Wohngebiet entstehen.

Grün-/Naturschutzfläche.

Der Großteil der Insel ist als Grün- und/oder Naturschutzfläche (Vogel-/FFH-Schutzgebiet) ausgewiesen, die siedlungsnah Raum für Freizeit- und Erholungs-aktivitäten bietet.

Städtebaulich gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Baufläche (20 ha),

Grünfläche (70 ha) und

Wasserfläche (30 ha).

Verflechtungen - Zwischen dem Projektgebiet, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

Physische Verflechtungen - Parallel zum Projekt Ruimte voor de Waal setzt Nijmegen ein weiteres Stadtentwicklungsvorhaben namens Waalsprong um, in dessen Rahmen am rechten Waalufer, unmittelbar gegenüber dem aktuellen Stadtzentrum, ein neuer Stadtteil mit ca. 12.000 Wohneinheiten entstehen soll. Nach der Fertigstellung beider Projekte wird die Insel zum neuen Zentrum von Nijmegen mit attraktiven Wohnlagen und Raum für vielfältige Erholungsaktivi-täten. Die Insel als neues Stadtzentrum, der neue Stadtteil und das alte Stadt-zentrum werden durch zwei Brücken miteinander verbunden und so zu einer neuen Einheit verflochten.

Soziale Verflechtungen - In der Vergangenheit gab es aufgrund lokaler Handels-beziehungen immer eine starke Verbindung zwischen der Stadt Nijmegen und der

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am gegenüberliegenden Ufer gelegenen, ländlich geprägten Gemeinde Lent. Jedoch blieben auch die allgemein verbreiteten Rivalitäten zwischen Stadt- und Landbevölkerung nicht aus. Mit dem Zusammenschluss sollen sie endgültig über-wunden werden.

Mentale Verflechtungen - Ein Leitspruch der Stadtentwicklung Nijmegens ist: „Nijmegen umarmt die Waal“. Demnach soll der Fluss ein Teil der Stadt werden anstatt dessen Grenze.

Bedeutung des Standortes - Derzeit hat die unmittelbare Umgebung der Waal keine städtebauliche Funktion. Sie dient ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken. Nach der Transformation wird die Insel mit ihrem Wohngebiet und den multifunktionalen Grün-flächen das neue Zentrum der Stadt Nijmegen bilden und deren urbane Qualitäten deut-lich erhöhen.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee - Einleitend ist hier anzumerken, dass die Waal zwischen Nijmegen und Lent den so genannten Veur-Lent Flaschenhals passieren muss, einen Engpass von ledig-lich 350 m Breite. Dieser Abschnitt ist dadurch eine kritische Passage im Fließgewässer-system der Niederlande.

Mit dem Projekt Ruimte voor de Waal verfolgt Nijmegen die Vision, der Waal bei gleich-zeitiger Verbesserung der städtebaulichen Qualität mehr Raum zu geben. Nijmegens Vision hebt sich damit kaum vom Leitgedanken des Rahmenprogramms ab. Einen ent-scheidenden Unterschied gibt es jedoch: Während die nationalen Akteure den Hoch-wasserschutz dem Städtebau vorziehen, legt Nijmegen seinen Fokus ehr auf den Beitrag zur städtebaulichen Qualität.

Zielspektrum - Das Zielspektrum des Projektes Ruimte voor de Waal wird von dem Interviewpartner wie folgt beschrieben:

Das wichtigste ökologische Ziele ist es, dem Ökosystem Waal durch die Ver-bindung des östlichen und westlichen Flussbettes mehr Raum zu geben.

Das wichtigste ökonomische Ziel ist der Schutz der Stadt Nijmegen vor zu-künftigen Hochwasserkatastrophen und ihren ökonomischen Folgen.

Das wichtigste städtebauliche Ziel ist die Schaffung von zusätzlichem öffentlichen Raum, der zugleich als „Schmelztiegel“ die bisher getrennten nördlichen und süd-lichen Stadtteile Nijmegens miteinander verbinden soll.

Das wichtigste soziale Ziel ist der Schutz der Bevölkerung.

Die dominante Zieldimension ist nach Aussagen des Interviewpartners der Schutz der Bevölkerung im Ballungsgebiet von Nijmegen.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes - Die Waal ist ein wichtiger Binnenschiff-fahrtsweg für Güter, durch den Deutschland mit den Seehäfen am Rheindelta verbunden ist. Ein kritischer Faktor des Projektes war es daher, die Schiffbarkeit der Waal weiterhin zu gewährleisten. Als Personenverkehrsweg ist die Waal von untergeordneter Bedeutung. Jedoch wird der Hochwasserbypass, der im Rahmen des Projektes angelegt wird, auf-grund seiner geringeren Strömung für alle Wassersportarten nutzbar sein. Ferner werden durch das Projekt die Grünflächen im Osten Nijmegens mit denen im Westen verbunden.

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Dies kommt dem Uferökosystem zugute und schafft zugleich Raum für naturnahe Frei-zeitnutzungen.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Die Projektidee entstand in zwei aufeinander aufbauenden Planungsprozessen: Zunächst entschieden die niederländische Regierung, das Parlament und das Ministerie van Infrastructuur en Milieu, der Waal durch die Rückverlegung des Deiches bei Lent mehr Raum zu geben. Basierend auf diesem Beschluss und unter Berücksichtigung der darin enthaltenen Vorgaben entwarf die Stadt Nijmegen anschließend die Projektidee. Dazu ist anzumerken, dass die Stadt und ihre Bürger anfangs gegen den Beschluss der Regierung opponierten. Der Grund dafür war, dass im Zuge der Deichrückverlegung 50 Häuser ab-gerissen werden müssen.

Die Verantwortung für die Projektumsetzung war zum Zeitpunkt des Interviews noch Gegenstand von Verhandlungen. Aus deren bisherigen Verlauf schloss der Interview-partner jedoch, dass wahrscheinlich die Stadt Nijmegen für die Durchführung verantwort-lich sein wird. Beworben wird das Projekt ebenfalls durch die Stadt Nijmegen. Zusammen mit den übergeordneten Instanzen, die den Programmverlauf vorgeben, hält Nijmegen das Projekt auch am Leben.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Die niederländische Regierung und das Parlament erließen das Programm Ruimte voor de Rivier als Planungsfeststellungsbeschluss (12/2006). Es entfaltet damit die Wirkung eines Gesetzes und bildet die rechtliche Grundlage für alle darin vorgesehenen Einzelvorhaben, so auch für das Projekt Ruimte voor de Waal.

Die Entscheidungen werden von den folgenden Akteuren getroffen:

Der niederländischen Regierung und dem niederländischem Parlament als die ver-antwortlichen Instanzen für das übergeordnete Revitalisierungsprogramm;

Der Provinz Gelderland als verantwortliche Instanz für regionale Prozesse, z. B. die Umweltverträglichkeitsprüfung;

Der Wasserbehörde als verantwortliche Instanz für die Deichrückverlegung und

Der Stadt Nijmegen.

Die Lenkungsgruppe des Projektes setzte sich aus Vertretern der vorstehenden Ent-scheidungsträger zusammen. Gemeinsam stimmten sie ihr Vorgehen ab, diskutierten strittige Fragen und beschlossen die wichtigsten Planungsentscheidungen. Nach Ab-schluss der Planungsphase löste sich die Lenkungsgruppe vorerst auf. Die organisatorische Gestaltung der Umsetzungsphase wird noch verhandelt.

Der Landerwerb erfolgt durch die Stadt Nijmegen, finanziert von der niederländischen Regierung. Das Verfahren ist identisch mit dem des übergeordneten Programms: Kann sich die Stadt mit dem Eigentümer nicht auf den Verkauf einigen, wird dieser im öffentlichen Interesse zwangsenteignet.

Der Planungsprozess (Kommunalplanung) dauerte vier Jahre.

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Pläne und Dokumente

Zentrales Planungsdokument ist der städtebauliche Masterplan, dessen Erstellung die Stadt Nijmegen im Dezember 2007 abschloss.

Maßgeblich für die Projektplanung war der nationale Planungsfeststellungsbeschluss (12/2006). Eine informelle Planung gab es nicht.

Es war keine Art von Fachplanung notwendig, denn sie ist ein integrativer Bestandteil des Masterplans.

Das Projekt ist Bestandteil des übergeordneten Programms Ruimte voor de Rivier. Wie vom Programm beabsichtigt, verknüpft die Stadt Nijmegen das Projekt zudem mit weiteren Vorhaben der Stadtentwicklung, wie zum Beispiel dem Projekt Waalsprong. Dies ist eines von mehreren Projekten der aktuellen Stadtentwicklungsstrategie, die unter dem Motto „Nijmegen umarmt die Waal“ nach Lösungen für das Wachstum der Stadt suchen.

Genehmigungen

Zu den notwendigen Genehmigungen liegen keine Angaben vor.

Implementierungsprozess

Während der Umsetzungsphase (2011 bis 2015) wird zunächst am rechten Waalufer der Deich um 350 m landeinwärts verlegt. Anschließend entsteht im neu gewonnen Deichvor-land ein Hochwasserbypass. Zusammengenommen bewirken die Maßnahmen die Auf-weitung des zuvor stark verengten Abflussquerschnitts und Absenkung des Wasser-spiegels, was die Fließgewässer zwischen Pannerden und Nijmegen spürbar entlasten soll.

Ein wesentlicher Nachteil des Projektes besteht darin, dass seine Realisierung den Abriss von 50 Häusern erfordert, die teilweise zum kulturellen Erbe der Niederlande zählen.

Unterhaltung

Nach dem Projektende sind die folgenden Akteure für die Unterhaltung zuständig:

Das Ministerie van Infrastructuur en Milieu für die Waal und den Hochwasser-bypass,

Die Wasserbehörde für die Deichanlagen,

Die Forstbehörde für die Grün- und Naturschutzflächen und

Die Stadt Nijmegen für die städtebauliche Infrastruktur der Insel.

Erfolgsermittlung

Zum Zeitpunkt des Interviews befand sich das Projekt im Übergang zur Umsetzungs-phase. Der bis dahin erzielte Projektfortschritt wurde keiner separaten Evaluierung unter-zogen.

Beteiligung

Abgesehen vom Übergang der Planungsverantwortung auf die Kommunen Ende 2006/Anfang 2007 ergaben sich keine Änderungen in der Akteurskonstellation.

Die folgenden Stakeholder werden an der Projektplanung und -umsetzung beteiligt:

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Die Eigentümer der zum Abriss vorgesehenen Häuser,

Die so genannte „Plattform Lent“ (formelle Beteiligung) und

Über die Plattform organisieren sich die Einwohner der Gemeinde Lent. Sie er-halten Zugang zu allen projektbezogenen Informationen und können darüber hinaus Stellungnahmen zu den einzelnen Projektentscheidungen formulieren.

Einige weitere Organisationen, wie z. B. Wassersportvereine und Umweltschutz-gruppen (informelle Beteiligung).

Sie werden über Informationsveranstaltungen, Newsletter, Webseiten etc. am Projektverlauf beteiligt.

Die Öffentlichkeit wird analog zu den sonstigen Organisationen an allen Projektphasen beteiligt. Allerdings ließen die engen Vorgaben des nationalen Planungsfeststellungs-beschlusses den lokalen Akteuren nur wenig Gestaltungsspielraum. Der anfängliche Widerstand gegen das Projekt und den damit verbundenen Abriss von 50 Häusern konnte durch die Aufklärung der Öffentlichkeit überwunden werden.

Seit Beginn der Kommunalplanungsphase ist die Stadt Nijmegen für die Öffentlichkeits-beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Zuvor nahm das Ministerie von Infrastructuur en Milieu diese Aufgaben wahr.

Finanzierung

Die Finanzierung des Projektes Ruimte voor de Waal erfolgt aus dem Infrastrukturfond des Ministerie van Infrastructuur en Milieu, ergänzt von Fördermitteln aus den Struktur-fonds der Europäischen Union. Allerdings stand zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht fest, ob das Ministerie van Infrastructuur en Milieu die Projektkosten tatsächlich im vollen Umfang übernehmen wird. Ist dies nicht der Fall, muss die Stadt Nijmegen die fehlenden Mittel unter Umständen öffentlich oder privat kofinanzieren.

2.4.2 Großereignis als Ausgangspunkt

Abbildung 3 Lage der Fallbeispiele zum Thema Großereignis als Ausgangspunkt Quelle: IIRM, ESRI

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Parque das Nações

Projektgrundlagen Lage – Der Parque das Nações (Park der Nationen) liegt zwischen den beiden portugiesischen Städten Lissabon und Loures am Ufer des Trancão und des Tejo.

Träger - Der Projektträger ist Parque EXPO’98 SA, eine private Entwicklungsgesellschaft, die in der Metropolregion Lissabon auf dem Gebiet der Stadterneuerung und -entwicklung tätig ist. Anteilseigner sind der portugiesische Staat als Mehrheitseigner sowie die Städte Lissabon und Loures.

Projektdauer - Das Projekt begann 1993 und sollte im Jahr 2010 abgeschlossen werden. Zum Zeitpunkt des Interviews stand jedoch bereits fest, dass die Parque EXPO’98 den ursprünglichen Zeitplan aufgrund der Auswirkungen der Weltfinanzkrise nicht einhalten kann.

Chronologie - Die bisherigen Meilensteine des Projektes waren:

1993 - 1998 Phase vor der Expo

05/1998 – 09/1998 EXPO’98, Weltausstellung in Lissabon

10/1998 Neueröffnung des Ausstellungsgeländes als Bestandteil des Parque das Nações

1998 - 2010 Phase nach der Expo

Fläche - Der Parque das Nações erstreckt sich über ca. 5 km und insgesamt 340 ha am rechten Ufer des Tejo. Die involvierte Wasserfläche umfasst 90 ha.

Projektkosten - Entsprechend der ursprünglichen Pläne werden sich die Projektkosten ca. 2,075 Mrd. € belaufen.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion gliedert sich das Projekt-gebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Wohnbauflächen,

Im Norden des Projektgebietes entstanden u. a. soziale Wohneinheiten.

Gewerbeflächen,

Dazu zählen u. a. ein Hotel im Turm Torre Vasco da Gama, ein multifunktionelles Veranstaltungszentrum im Atlantikpavillon (Pavilhão Atlantico) und das Ozeanarium (Oceanário).

Verkehrsflächen,

Hierzu gehören neben einigen Verbindungsstraßen auch ein Bahnhof und die Brücke Ponte Vasco da Gama über den Tejo.

Flächen für den Gemeinbedarf und

Hierzu zählen das Museum für Wissenschaft und Technologie (Pavilhão do Conhecimento - Ciência Viva) und das Theater Teatro Camões.

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Sonderflächen, die der Erholung dienen.

Hierzu gehören die öffentlichen Park- und Grünflächen, die die entstandenen Ge-bäude umgeben.

Bei der Gestaltung des Projektgebietes lag der Fokus auf Multifunktionalität. So entstand ein Stadtquartier, das mit seinen Wohn-, Dienstleistungs-, Einzelhandels- und Freizeitein-richtungen alle grundlegenden urbanen Funktionen bereithält. Zudem befinden sich in der unmittelbaren Umgebung weitläufige Park- und Grünanlagen sowie ein Sport- und Freizeithafen.

Städtebaulich gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Baufläche (230 ha),

Grünfläche (110 ha) und

Wasserfläche (90 ha).

In Abhängigkeit von der Einbindung des Flusses gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Abschnitte mit unmittelbarem Bezug zum Fluss und

Hierzu gehören der Hafen mit ca. 500 Anlegestellen, die Uferpromenade und die öffentlichen Park- und Grünflächen.

Abschnitt ohne direkten Bezug zum Fluss.

Hierzu gehören u. a. das Hotel, die Wohngebäude und die Pavillons.

Nicht zuletzt aufgrund des Themas der Weltausstellung „The Oceans, a Heritage for the Future” war das Medium Wasser von zentraler Bedeutung für das Projekt. Infolgedessen wurden im Vorfeld der Expo umfangreiche Maßnahmen unternommen, um die Flüsse Trancão und Tejo zu revitalisieren.

Verflechtungen - Zwischen dem Expogelände, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

Physische Verflechtungen - Die Brücke Ponte Vasco da Gama, verschiedene Ver-bindungsstraßen und das Wegenetz des angrenzenden Parque das Nações ver-binden das Expogelände mit der unmittelbaren und mittelbaren Umgebung Lissabons. Ferner ist der Parque das Nações Teil eines erweiterten Grünkorridors, der sich entlang des Tejos erstreckt.

Soziale Verflechtungen - In unmittelbarer Nachbarschaft zum Expogelände be-finden sich Quartiere mit zahlreichen Sozialwohnungen. Ein erklärtes Ziel des Projektes war es, auch zu diesen Stadtvierteln starke Verbindungen herzustellen und ihnen einen breiten Zugang zur neu geschaffenen öffentlichen Infrastruktur zu gewähren.

Funktionale Verflechtungen - Das Expogelände war vor der Projektumsetzung ver-kehrstechnisch schlecht angebunden und lediglich über eine ungenügend aus-gebaute Straße im Süden zu erreichen. Im Norden, Osten und Westen bildeten der Trancão, der Tejo und Portugals wichtigste Bahntrasse unüberwindbare Barrieren. Diesen Mangel behoben die Projektverantwortlichen durch den Ausbau des inner-städtischen Straßen- und Bahnnetzes sowie durch den Bau der Brücke Ponte Vasco da Gama.

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Mentale Verflechtungen - Auf den funktionalen Wandel folgte ein mentaler Wandel. So werden das Expogelände und der Parque das Nações seitdem als zweites Stadtzentrum wahrgenommen, und beide gelten heute als Lissabons modernes Gesicht.

Bedeutung des Standortes – Als das neue Stadtzentrum im Nordosten Lissabons sind das Expogelände und der Parque das Nações von hoher Bedeutung. Die neu ent-standenen Wohn-, Gewerbe- und Grünflächen werten nicht nur das Stadtquartier und dessen unmittelbare Umgebung auf, sondern sind ein wesentlicher Beitrag zur gesamten Stadt- und Regionalentwicklung. Insbesondere im Tourismus setzt das Ausstellungs-gelände neue Akzente, wodurch zunehmend auch Touristen aus dem Ausland in die Region reisen.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee – Ziel des Projektes war es, die Industriebrache ökologisch und städtebau-lich aufzuwerten. Anwohner und Touristen sollten wieder die Möglichkeit erhalten, die innerstädtischen Ufer des Trancão und des Tejo zu genießen. Gleichzeitig ist das Projekt ein Beitrag zur Diversifizierung und Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft. Ohne die Weltausstellung als Sprungbrett wäre das Revitalisierungsvorhaben rund um den Parque das Nações nicht so schnell und umfangreich realisierbar gewesen.

Zielspektrum - Das Zielspektrum des Expogeländes wird von dem Interviewpartner wie folgt beschrieben:

Das wichtigste ökologische Ziel war es, das Expogelände und seine Infrastruktur im Einklang mit der Umwelt zu entwickeln. In Abstimmung mit dem Nachhaltig-keitskonzept der Stadt Lissabon entwarf die Parque EXPO 98 einen projekteigenen Umweltmonitoringplan sowie eine Umweltschutzstrategie. Letztere sah u. a. die folgenden Maßnahmen vor: Verbesserung der Wasserqualität im Tejo-Einzugsgebiet, umweltgerechte(r) Abbruch und Sanierung der Brache, Installation von Lärmschutzvorrichtungen, Errichtung von besonders energieeffizienten Ge-bäuden und Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs.

Das wichtigste ökonomische Ziel war die Erfüllung der Anforderungen der portugiesischen Mittelschicht an das Leben in der Stadt mit der EXPO’98 als Marketinginstrument.

Das wichtigste städtebauliche Ziel war es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Lissabon ermöglichen, mit anderen europäischen Großstädten zu konkurrieren. Neben der verbesserten Verkehrsinfrastruktur beinhaltete dies auch die Ent-wicklung einer neuen Polyzentralität in der Lissabonner Metropolregion verbunden mit einer hohen Qualität städtischen Lebens.

Die wichtigsten sozialen Ziele waren die Schaffung von öffentlichen Räumen, die als Begegnungsstätten dienen, und die Erhöhung des sozialen Standards, um der seinerzeit zunehmenden Stadtflucht entgegenzuwirken.

Die dominante Zieldimension ist nach Aussagen des Interviewpartners das städtebauliche Ziel.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes - Durch die Verbesserung der Wasser-qualität trug das Projekt zum Erhalt der angrenzenden Flussökosysteme bei. Aufgrund der schwierigen Tiefenverhältnisse ist der Tejo als Verkehrsweg für Güter nicht geeignet.

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Das anfängliche Vorhaben, Fährverbindungen einzurichten, ließ sich nicht umsetzen, so dass der Trancão und der Tejo vorrangig der Freizeit- und Touristenschifffahrt dienen. Demnach lag der Fokus des Projektes auf der Nutzung und Gestaltung der Uferzonen.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte"

Die Projektidee entwickelten der portugiesische Staat zusammen mit den Städten Lissabon und Loures. Alle weiteren Aufgaben übernahm die Entwicklungsgesellschaft Parque EXPO’98.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Die rechtliche Situation prägen u. a. die folgenden Gesetze bzw. Verordnungen mit Gesetzeskraft:

Beschluss Nr. 15/93: Gründung des Generalkommissariats der Weltausstellung EXPO’98 (8. März 1993),

Verordnung Nr. 87/93: Klassifizierung und Abgrenzung der Flächennutzung (23. März 1993),

Verordnung Nr. 88/93: Gründung der Entwicklungsgesellschaft Parque EXPO 98 (23. März 1993),

Verordnung Nr. 207/93: Überschreibung des Grundbesitzes auf die Parque EXPO 98 (14. Juni 1993);

Verordnung Nr. 289/95: Berechtigung der Parque EXPO 98 zur Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität des Trancão (10. November 1995).

Alle Entscheidungen, von der Konzeption über die Planung bis hin zur Durchführung, wurden von der Parque EXPO’98 getroffen.

Eine gesonderte Lenkungsgruppe gab es nicht.

Der Grundbesitz des Parque das Nações verteilte sich auf 14 Privathaushalte und die An-teilseigner der Entwicklungsgesellschaft. Der Landerwerb erfolgte privatwirtschaftlich und zu marktüblichen Konditionen. Nach Abschluss der Aufwertung bot die Parque EXPO’98 die Immobilien einschließlich Grundbesitz zum Verkauf an.

Der Planungsprozess ist vor der EXPO vergleichsweise schnell abgeschlossen worden. Nach der Weltausstellung verliefen die Planungsprozesse wieder in den normalen Bahnen.

Pläne und Dokumente

Zentrales Planungsdokument war der Masterplan, der die Nutzung des Expogeländes und des Parque das Nações vor und nach der Weltausstellung festschrieb.

Es war keine gesonderte Art von Fachplanung notwendig.

Zunächst ist das Expogelände einer von sechs Detailplänen des Revitalisierungsprojektes Parque das Nações (Zentrum (DP1), Ausstellungsareal (DP2), Südareal (DP3), Nordareal (DP4), Sacavém Areal (DP5) sowie Stadtpark Parque do Tejo e Trancão (DP6)). Der

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 56

Parque das Nações ist seinerseits wiederum Bestandteil der folgenden übergeordneten Planungsprozesse:

Plano Regional de Ordenamento do Território da Área Metropolitana de Lisboa (PROTAML),

Portugals Regierung beschloss den PROTAML 1990. Er sah Projekte vor, die einen signifikanten Beitrag zur positiven Entwicklung der Metropolregion Lissabon leisten sollten.

Plano Estrategia de Lisboa (PEL, 1992) und Plano Director Municipal (PDM, 1994).

PEL und PDM ergänzen sich gegenseitig und wurden deshalb gleichzeitig verwirk-licht. Sie identifizierten als die wichtigsten Herausforderungen der Metropolregion Lissabon:

Förderung der Zuwanderung und Verjüngung der Bevölkerung, Verbesserung der lokalen Zugänglichkeit und Mobilität, Erhöhung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und Verbesserung der Attraktivität als Wohn- und Arbeitsort.

Die übergeordneten Planungsprozesse zielten darauf ab, Lissabon zur Atlantikhauptstadt Europas zu machen. Die Weltausstellung ist nicht nur ein Teil der Stadterneuerung Lissabons, sondern sie gilt allgemein als ihr Katalysator.

Genehmigungen

Keine zusätzlichen Angaben, außer dass in der Phase vor der Weltausstellung zur Be-schleunigung der Planungs- und Implementierungsprozesse Ausnahmegenehmigungen ergingen.

Implementierungsprozess

Die Meilensteine des Implementierungsprozesses waren:

1993 Einleitende Maßnahmen

Zu den einleitenden Maßnahmen zählten:

Einrichtung des Kommissariats der Weltausstellung EXPO’98 in Lissabon im März 1993 und

Gründung der Entwicklungsgesellschaft Parque EXPO’98 im März 1993.

1993 - 1998 Phase vor der Expo

Die Meilensteine der Phase waren:

1993 bis 1995: Herstellung der Bebaubarkeit des Expo-geländes durch die Stilllegung und Verlagerung der ver-bliebenen Industrieanlagen, den Rückbau und Abriss der vorhandenen Bauwerke sowie die Sanierung der be-lasteten Böden.

1995 bis 1998: Installation der unter- und oberirdisch verlaufenden Infrastruktur wie z. B. Abwasserkanäle und -zuleitungen, Umspannstationen, Bewässerungssysteme und Straßenbeleuchtungen.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 57

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1995 bis 1998: Errichtung der permanenten und temporären Gebäude, wie z. B. das Ozeanarium und das Theater Teatro Camões oder die Gastronomie- und die Sanitäreinrichtungen.

05/1998 - 09/1998 EXPO’98, Weltausstellung in Lissabon

10/1998 Neueröffnung des Ausstellungsgeländes als Bestandteil des Parque das Nações

1998 - 2010 Phase nach der Expo

Unterhaltung

Nach dem Ende des Projektes sind die folgenden Akteure für die Unterhaltung der An-lagen zuständig:

Die Städte Lissabon und Loures für die öffentlichen Flächen einschließlich Infra-struktur und

Die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke und/oder Gebäude.

Erfolgsermittlung

Im bisherigen Projektverlauf fand keine Evaluierung statt. Sie ist für das Jahr 2011 vor-gesehen und soll per Zensus erfolgen. Vorläufig kann man jedoch davon ausgehen, dass die Bevölkerung das Expogelände und den Parque das Nações annimmt.

Beteiligung

Im Projektverlauf ergaben sich keine Änderungen in der Akteurskonstellation. Des Weiteren ist das Revitalisierungsvorhaben ohne nennenswerte Öffentlichkeitsbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit vollzogen worden.

Die Parque EXPO’98 hat keine der entstandenen Immobilien selbst errichtet. Dies über-nahmen private Investoren, die ihrerseits die jeweils relevanten öffentlichen und/oder privaten Stakeholder beteiligten.

Finanzierung

Die Projektkosten trug die Parque EXPO’98. Refinanziert wurden die Kosten aus den Ein-nahmen der Weltausstellung und der Immobilienentwicklung, ergänzt durch Zu-wendungen aus den Strukturfonds der EU (61 Mio. Contos). Letztere wurden vor allem für die Sanierung der belasteten Böden und den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur verwandt.

Um die Zeitspanne zwischen den kurzfristig entstanden Kosten und den mittel- bis lang-fristig erzielbaren Einnahmen zu überbrücken, wurden Anleihen ausgegeben, für deren Bonität der portugiesische Staat eintrat.

Das Projekt bedurfte grundsätzlich keiner öffentlichen Kofinanzierung. Die Einlagen, die der Staat und die Städte in Form von Grundbesitz und Stammkapital leisteten, soll die Parque EXPO’98 durch die genannten Einnahmen vollständig refinanzieren.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 58

Abandoibarra

Projektgrundlagen Lage - Das Fallbeispiel befindet sich im Nordwesten Bilbaos (Spanien) unmittelbar zwischen dem Fluss Nervión und Ensanche, einem Industriegebiet aus den späten 1990er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Träger - Projektträger ist Bilbao Ría 2000, ein gemeinwohlorientiertes, interinstitutionel-les Unternehmen, das in der Metropolregion Bilbao auf dem Gebiet der Stadterneuerung und -entwicklung tätig ist. Folgende Institutionen halten Anteile an dem Unternehmen:

SEPES (25%),

Die SEPES ist eine gemeinwohlorientierte Organisation, die im Auftrag des Ministerio de Fomento (Ministerium für Inlandsentwicklung) landesweit auf dem Gebiet der nachhaltigen Strukturförderung (Stadt- und Raumentwicklung) tätig ist.

Autoridad Portuaria de Bilbao (10%),

Die Autoridad Portuaria de Bilbao ist im Auftrag des Ministerio de Fomento für die hoheitlichen Aufgaben im Hafen von Bilbao zuständig.

Administrador de Infraestructuras Ferroviarias (10%),

Die ADIF ist ein öffentliches Unternehmen, das im Auftrag des Ministerio de Fomento landesweit auf dem Gebiet der Förderung des Bahnverkehrs tätig ist.

Feve (5%) und

Die Feve ist ein öffentliches Unternehmen, das im Auftrag des Ministerio de Fo-mento für den Schienenpersonen- und -güterverkehr in Nordspanien zuständig ist.

Folgende baskischen Verwaltungseinheiten:

Die Regierung des Baskenlandes (Gobierno Vasco) mit 15%, Die Provinzregierung Biskaya (Diputación Foral de Bizkaia) mit 15% und Die Städte Bilbao (Ayuntamiento de Bilbao) mit 15% und Barakaldo

(Ayuntamiento de Barakaldo) mit 5%.

Ein Hauptgrund für die Gründung des Unternehmens Bilbao Ría 2000 bestand darin, das Revitalisierungsprogramm aus den politischen Entscheidungsprozessen herauszuhalten.

Projektdauer - Das Projekt begann 1992 und wird voraussichtlich 2011 abgeschlossen.

Chronologie - Die Meilensteine des Projektes waren:

1992 - 1996 Planungsphase

1996 - 2011 Implementierungsphase:

Neugestaltung des Euskalduna Hafens einschließlich Ver-lagerung der Hafenfunktionen, Rückbau und Altlasten-sanierung;

Errichtung des Uferparks, der Fußgängerbrücke Puente de Pedro Arrupe, der Avenida de las Universidades und des Treppenaufgangs zur Brücke Puente de Deusto bis 2003;

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Errichtung des Hotels Sol Meliá, der Avenida de Abandoibarra, der Avenida Lehendakari Leizaola und des Einkaufszentrums Zubiarte bis 2004;

Bau der Bibliothek der Universität Deusto bis 2009 und

Errichtung der Wohngebäude, des Parque de la Campa de los Ingleses, der Plaza de Euskadi und der Aula der Uni-versität Baskenland bis 2011

Fläche - Abandoibarra erstreckt sich über ca. 2 km und insgesamt 35 ha am linken Ufer des Nervión. Die einbezogene Wasserfläche umfasst 6 ha.

Projektkosten - Entsprechend des aktuellen Planungsstands werden die Projektkosten ca. 319 Mio. € betragen.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion gliedert sich das Projekt-gebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Wohnbauflächen,

In unmittelbarer Nachbarschaft zum bereits existierenden Gebäudebestand Bilbaos entstehen 710 neue Wohneinheiten.

Gewerbeflächen (bzw. Mischgebiet),

Hier entstanden ein Bürokomplex, der seitdem Bilbaos höchstes Gebäude ist, ein Einkaufszentrum und ein Hotel.

Flächen für den Gemeinbedarf und

Hier entstehen eine Universitätsbibliothek und eine Universitätsaula.

Sonderflächen, die der Erholung dienen.

Die entstanden Gebäude sind mehrheitlich von öffentlichen Park- und Grünflächen umgeben. Gleichzeitig werden sie über das Wegenetz miteinander verbunden.

Städtebaulich gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Bauflächen (15 ha),

Grünflächen (20 ha) und

Wasserfläche (6 ha).

In Abhängigkeit von der Einbindung des Flusses gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Abschnitte mit unmittelbarem Bezug zum Fluss und

Hierzu gehören die weitläufige Uferpromenade, die das Euskalduna Kongresszen-trum mit dem Guggenheim Museum verbindet sowie die Fußgängerbrücke Puente de Pedro Arrupe und die Parkanlagen.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 60

Abschnitte ohne direkten Bezug zum Fluss.

Hierzu gehören u. a. die Universitätsgebäude (Bibliothek und Aula), das Wohn-gebiet, das Einkaufszentrum und die Verkehrsinfrastruktur.

Verflechtungen - Zwischen Abandoibarra, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

Physische Verflechtungen - In der Vergangenheit trennten Bahnschienen und ein Höhenunterschied von ca. zehn Metern das Projektgebiet von der Stadt. Mit der Verlagerung der Gleise und der Terrassierung der Flächen ist dieser Bruch über-wunden worden. Abandoibarra fügt sich nun nahtlos in die bestehende Bau-substanz ein und setzt sie bis zum Ufer des Nervión fort.

Soziale Verflechtungen - Abandoibarra und seine Wohn- und Bürogebäude weisen einen gehobenen Standard auf und sprechen in erster Linie höhere Einkommens-gruppen an. Dadurch steht das Quartier in einem starken Kontrast zum alten, historischen Bilbao. Aus diesem Grund wird Abandoibarra einerseits als Fremd-körper wahrgenommen. Andererseits bereichert es das Stadtbild und fördert die Wirtschaft.

Funktionale Verflechtungen - Abandoibarra, Guggenheim und das Euskalduna Kongresszentrum mit Konzertsaal bilden Bilbaos neues repräsentatives Gesicht. Ihre Anziehungskraft soll dem Wirtschaftsstandort und Reiseziel Bilbao inter-national zu neuer Bedeutung verhelfen. Grünflächen und Uferpromenade setzen die bestehenden Strukturen wie z. B. den Parque de Doña Casilda fort und dienen den Bürgern der Stadt zur Naherholung.

Mentale Verflechtungen - Abandoibarra gilt symbolisch als ein Leuchtturm im Herzen von Bilbao, wo vorher ein Loch war.

Bedeutung des Standortes - Die Bedeutung Abandoibarras ist eng mit dem so ge-nannten Guggenheimeffekt verbunden, im Zuge dessen Bilbao und das Baskenland die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zogen. Bevor das Guggenheim Museum nach Bilbao kam, war der Anteil der Stadt am internationalen Tourismus unbedeutend. Heute ist er ein wichtiger lokaler und regionaler Wirtschaftsfaktor.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee - Ziel des Projektes Abandoibarra war es, Bilbao im weltweiten Wettbewerb der Metropolen neu zu positionieren und dadurch den verloren gegangenen Status der globalisierten Stadt wiederzuerlangen.

Zielspektrum - Das Zielspektrum Abandoibarras wird vom Interviewpartner wie folgt beschrieben:

Es gab kein ökologisches Ziel. Allerdings waren sich die Akteure einig, dass die be-stehenden Umweltverschmutzungen (Boden/Wasser) zu beheben sind.

Das wichtigste ökonomische Ziel war die Diversifizierung der Wirtschaft Bilbaos und des Baskenlandes, insbesondere im Bereich des Tourismus.

Die wichtigsten städtebaulichen Ziele waren die Bereitstellung von zusätzlichem öffentlichem Raum und die Überwindung der Trennung zwischen Fluss und Stadt.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 61

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 61

Das wichtigste soziale Ziel war es, den Bürgern Bilbaos ihren Stolz wiederzugeben, nachdem in Folge der Deindustrialisierung die Arbeitslosenquote mit ent-sprechenden Auswirkungen auf die Stimmung der Bevölkerung auf über 30% ge-stiegen war.

Die dominante Zieldimension ist nach Aussagen des Interviewpartners das ökonomische Ziel.

Der Nervión war ein offener Abwasserkanal, in den Bilbao und seine Oberlieger ihre un-geklärten Abwässer einleiteten. Die Rolle des Flusses innerhalb des Projektes sollte sich ursprünglich auf die Nutzung und Gestaltung der Uferzone beschränken. Als die Ver-antwortlichen jedoch realisierten, dass zur erfolgreichen Uferrevitalisierung auch ein sauberer Fluss gehört, begannen sie mit einem nicht unerheblichen Aufwand, die Wasserqualität des Nervión zu verbessern. So investierte die öffentliche Hand insgesamt ca. 900 Mio. € in den Bau von Abwasserkanälen und -behandlungsanlagen. Die In-vestition war so erfolgreich, dass die Anschlussrate heute über 90% beträgt und mehr als 60 Fischarten inzwischen wieder in den Fluss zurückgekehrt sind.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Projektinitiatoren waren der Bürgermeister von Bilbao, der Minister des Ministerio de Fomento sowie einige weitere Personen, die vom Interviewpartner nicht näher benannt wurden. Alle weiteren Aufgaben übernahm die Entwicklungsgesellschaft Bilbao Ría 2000.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Alle Entscheidungen von der Konzeption über die Planung bis hin zur Durchführung wurden von Bilbao Ría 2000 bzw. den im Vorstand vertretenen Repräsentanten der oben genannten Anteilseigner getroffen.

Eine gesonderte Lenkungsgruppe gab es nicht.

Der Landerwerb erfolgte durch Enteignung im öffentlichen Interesse. Da sich jedoch bereits fast 95% des Baugrundes im Besitz der Anteilseigner befanden, bildete dies die Ausnahme. Die Anteilseigner überschrieben ihr Land für die Dauer des Projektes der Ent-wicklungsgesellschaft Bilbao Ría 2000. Sie vollzog die Aufwertung und überließ die Im-mobilien anschließend entweder dem jeweiligen Anteilseigner oder bot sie am Markt zum Verkauf an.

Der Planungsprozess dauerte ca. vier Jahre.

Pläne und Dokumente

Die folgenden Arten von Plänen waren notwendig:

Plan General de Ordenación Urbana de Bilbao (PGOUB),

Der PGOUB ist ein rechtlich verbindlicher Masterplan der den Rahmen für die kulturelle und ökonomische Aufwertung Bilbaos festsetzt. Er wurde 1987 von der Stadtverwaltung beschlossen.

Plan Especial de Reforma Interior (PERI) de Abandoibarra,

Basierend auf den Vorgaben des PGOUB arrangierte die Stadt Bilbao 1992/93 einen internationalen Architektenwettbewerb zur Gestaltung Abandoibarras.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 62

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 62

Hieraus ging Cesar Pellis Entwurf als Sieger hervor. Nach einigen Modifikationen entstand in den Folgejahren der PERI de Abandoibarra, dessen erste Fassung die Stadtverwaltung 1998 verabschiedete. Seitdem ist er mehrfach novelliert worden. Insgesamt handelt es sich bei dem PERI um ein relativ flexibles, lebendiges Planungsinstrument, das den Akteuren trotz seines hohen Detaillierungsgrades einen gewissen Spielraum bei der Auslegung gibt.

Fachplanung war nicht notwendig, denn sie ist ein integrativer Bestandteil des PERI de Abandoibarra.

Das Projekt ist Bestandteil des PGOUB. Er sieht u. a. die folgenden zusätzlichen Re-aktivierungsmaßnahmen für Bilbao vor:

Erweiterung der Kapazitäten im Luft-, Schienen-, Schiffs- und Straßenverkehr und

Errichtung des neuen Kongresszentrums und des ebenfalls neuen Technologie-parks (u. a. Sitz des Europäischen Software Instituts).

Genehmigungen

Zu den notwendigen Genehmigungen liegen keine Angaben vor.

Implementierungsprozess

Die Meilensteine des Implementierungsprozesses waren:

o. J. Verlagerung/ Rückbau/ Altlastensanierung des Euskalduna Hafens

03/2003 Fertigstellung des Uferparks

Der Uferpark erstreckt sich über 800 m und insgesamt 4,8 ha am linken Ufer des Nervión. Sein Wegesystem komplettiert die Ufer-promenade und verbindet das Guggenheim Museum mit dem Kongresszentrum.

Fertigstellung der Fußgängerbrücke Puente de Pedro Arrupe

Eröffnet wurde die Brücke am 28. März 2003. Ihr auffälligstes Merkmal ist der visuelle und ästhetische Kontrast zwischen der kalten Außen-verkleidung aus Stahl und der warmen Innenverkleidung aus Holz.

Fertigstellung der Avenida de las Universidades, einer Verbindungs-straße

08/2003 Fertigstellung des Treppenaufgangs zur Brücke Puente de Deusto

06/2004 Fertigstellung des Hotels Sol Meliá mit 215 Übernachtungsmöglich-keiten

10/2004 Fertigstellung der Avenida de Abandoibarra und der Avenida Lehendakari Leizaola

11/2004 Fertigstellung des Zubiarte Einkaufszentrums

Das Einkaufszentrum soll dem Stadtquartier Abandoibarra Alltagstaug-lichkeit verleihen. Es ist ca. 2,5 ha groß und liegt zwischen der Avenida de Abandoibarra, der Avenida Lehendakari Leizaola und der Brücke Puente de Deusto. Der Architekt ist Robert Stern.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 63

01/2009 Fertigstellung der Bibliothek der Universität Deusto

10/2010 Fertigstellung der Aula der Universität Baskenland

03/2011 Geplante Fertigstellung des Plaza de Euskadi

Der Plaza de Euskadi bildet das Zentrum des Entwurfes von Cesar Pelli. Hier beginnen alle Straßen und Wege, die Abandoibarra mit der unmittelbaren Umgebung verbinden.

11/2011 Geplante Fertigstellung des Parque de la Campa de los Ingleses

Der Park wird sich über eine Fläche von ca. 2,6 ha erstrecken und die einzelnen Elemente Abandoibarras miteinander verbinden.

o. J. Fertigstellung des Wohnkomplexes

Der Wohnkomplex entsteht aus fünf Wohngebäuden mit insgesamt ca. 710 Wohneinheiten.

Unterhaltung

Nach dem Projektende sind die folgenden Akteure für die Unterhaltung der Anlagen zu-ständig:

Die Stadt Bilbao für die öffentlichen Flächen einschließlich der Infrastruktur und

Die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke und/oder Gebäude.

Erfolgsermittlung

Im bisherigen Projektverlauf fand keine Evaluation statt.

Beteiligung

Im Projektverlauf ergaben sich keine Änderungen in der Akteurskonstellation.

Abgesehen von den Anteilseignern wurden keine weiteren Stakeholder an der Konzeption, Planung und Umsetzung des Projektes beteiligt.

Die Öffentlichkeitsbeteiligung reduzierte sich auf die gesetzlich vorgeschriebenen Be-teiligungsformen während der Aufstellung des PERI de Abandoibarra. Sie wurde von der Stadtverwaltung und der Entwicklungsgesellschaft gemeinsam organisiert und führte zu keinen nennenswerten Ergebnissen.

Für die Öffentlichkeitsarbeit war die Stadtverwaltung zuständig.

Finanzierung

Die Projektkosten in Höhe von ca. 319 Mio. € lassen sich unterteilen in

202 Mio. € für die Abandoibarra Revitalisierung und

Nicht in den Kosten enthalten sind die öffentlichen Investitionen in die Abwasser-infrastruktur (Sammlung/Behandlung) und private Investitionen.

117 Mio. € für die Verlagerung der Bahngleise aus Abandoibarra in die Innenstadt Bilbaos.

Sie werden von der Entwicklungsgesellschaft Bilbao Ría 2000 getragen und aus den Ein-nahmen der Immobilienentwicklung und -verwaltung refinanziert.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 64

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 64

Abandoibarra wird einen Überschuss von ca. 21 Mio. € erwirtschaften. Dieser kam bereits sozialen Projekten (z. B. Schulen) aus der unmittelbaren Umgebung zugute.

Die Kosten einzelner Komponenten lassen sich wie folgt aufschlüsseln, wobei in der Über-sicht auch Privatinvestitionen enthalten sind, die entsprechend nicht von Bilbao Ría 2000 getragen werden.

Verlagerung/Rückbau/Altlastensanierung des Eus-kalduna Hafens

k. A.

Bibliothek der Universität Deusto 36 Mio. €

Avenida de las Universidades 3,8 Mio. €

Hotel Sol Meliá 24 Mio. €

Einkaufszentrum Zubiarte 90 Mio. €

Avenida de Abandoibarra und Avenida Lehendakari Leizaola

9 Mio. €

Wohngebiet k. A.

Aufgang zur Brücke Puente de Deusto 0,6 Mio. €

Aula der Universität Baskenland 18 Mio. €

Parque de la Campa de los Ingleses und Plaza de Euskadi

4 Mio. €

Uferpark 11 Mio. €

Fußgängerbrücke Puente de Pedro Arrupe 7,4 Mio. €

Zur Realisierung des Projektes Abandoibarra wurden keine Förderprogramme in Anspruch genommen, und es bedurfte ebenfalls keiner öffentlichen Kofinanzierung.

2.4.3 Dienstleistungszentren

Abbildung 4 Lage der Fallbeispiele zum Thema Dienstleistungszentren Quelle: IIRM, ESRI

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 65

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 65

Graphisoft Park

Projektgrundlagen Lage - Das Fallbeispiel befindet sich in Budapest (Ungarn) im Stadtbezirk Óbuda, einem der ältesten Stadtbezirke von Budapest.

Träger - Der Projektträger ist die Graphisoft Park AG, eine Immobilienentwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft, die im August 2006 aus dem Softwareproduzenten Graphisoft AG hervorging.

Projektlaufzeit - Das Projekt begann 1996. Zum Projektende können keine Aussagen getroffen werden, weil die Betreibergesellschaft das Areal kontinuierlich weiterentwickelt.

Chronologie - Die bisherigen Meilensteine des Fallbeispiels sind:

1996 Landerwerb

1997 - 1998 Errichtung des Unternehmenssitzes der Graphisoft AG

seit 1998 Entwicklung und Verwaltung des Graphisoft Parks

2006 Ausgründung der Graphisoft Park AG

seit 2007 Errichtung des Aquincum Instituts für Technologie (AIT Budapest) einschließlich Campus

Fläche - Der Graphisoft Park erstreckt sich über ca. 300 m und insgesamt 45 ha am rechten Ufer der Donau.

Projektkosten - Keine Angaben, denn nach Aussagen der Graphisoft Park AG handelt es sich hierbei um wettbewerbsrelevante und somit sensible Informationen.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion gliedert sich das Projekt-gebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Gewerbeflächen und

Die Gewerbeflächen beherbergen die Geschäfts- und Bürogebäude der ansässigen Unternehmen sowie die Verwaltungsgebäude der Graphisoft Park AG. Hinzu kommen die Strukturen des AIT Budapest, die sich derzeit noch im Bau befinden.

Sonderflächen, die der Erholung dienen.

Die weitläufigen Grünflächen umfassen ca. 550 Bäume, 600 m Hecke sowie 4 ha Rasenfläche. Sie sind ein erfolgskritischer Standortfaktor und verkörpern das Umweltbewusstsein des Graphisoft Parks.

Städtebaulich gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Baufläche und

Grünfläche.

Die Donau und das Donauufer sind bei der Gestaltung des Graphisoft Parks konzeptionell nicht eingebunden worden. Das Gegenteil ist der Fall: Durch die Bepflanzung wird eine scharfe Trennung zwischen Fluss und Park vollzogen.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 66

Verflechtungen - Die Perspektive des Graphisoft Parks richtet sich mehr nach innen als nach außen. Infolgedessen existieren, abgesehen von der sehr guten Verkehrsanbindung, nur wenige Anknüpfungspunkte mit der Umgebung des Projektgebietes.

Bedeutung des Standortes - Die unmittelbare Umgebung und die Stadt Budapest profitieren vom Graphisoft Park in seiner Funktion als:

Wirtschafts- und Bildungsstandort und

Der Graphisoft Park ist Unternehmenssitz von ca. 40 Software- und Biotechno-logieunternehmen (u. a. Microsoft, SAP und Canon). Als Bildungseinrichtung wirbt das AIT Budapest um talentierte Informatik- und Softwaretechnikstudenten aus aller Welt und bietet ihnen an, ihr(e) Auslandssemester am Standort absolvieren.

Öffentliche Parkanlage.

Obwohl der Graphisoft Park öffentlich zugänglich ist, wird er von den Einwohnern aus der unmittelbaren Umgebung des Standortes jedoch nur selten zu Freizeit- und Erholungszwecken genutzt.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee - Das erklärte Ziel des Graphisoft Parks ist es, Talente für den Software- und Biotechnologiestandort zu begeistern, sie zu fördern und an den Standort zu binden. Die hochwertigen Standort- und Arbeitsbedingungen sind Faktoren, die hierzu beitragen sollen.

Zielspektrum - Das Zielspektrum des Graphisoft Parks wird vom Interviewpartner wie folgt beschrieben:

Das wichtigste ökologische Ziel ist, dass die Infrastruktur des Standortes die höchsten Umweltstandards erfüllt.

Das wichtigste ökonomische Ziel ist, dass die Entwicklung und Verwaltung des Standortes dauerhaft Gewinn erwirtschaftet.

Das wichtigste städtebauliche Ziel ist, dass die älteren und jüngeren historischen Strukturen des Standortes erhalten bleiben. Dazu zählen Siedlungsreste der römischen Antike sowie die Gebäude der Óbuda Gaswerke aus den Jahren 1912 bis 1984.

Eine gesondert hervorzuhebende soziale Zielvorstellung gibt es nicht.

Die dominante Zieldimension ist nach Aussage des Interviewpartners die Gewinn-erzielungsabsicht.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes - Das angrenzende Donauufer dient den Angestellten sowie den Passanten als Rad- und Fußweg.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Projektinitiator war der ungarische Softwareproduzent Graphisoft, der das ehemalige Werksgelände der Óbuda Gaswerke 1996 mit der Absicht erwarb, dort seinen Unter-nehmenssitz zu errichten. Begleitet von weiteren Unternehmensansiedelungen gestaltete Graphisoft das Areal in den Folgejahren nach dem Vorbild amerikanischer Softwareparks um. 2006 gliederte Graphisoft die bis dahin kontinuierlich gewachsene Immobilien-

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 67

abteilung aus. Sie firmiert seitdem unter dem Namen Graphisoft Park und treibt die Ent-wicklung des Standortes weiter voran.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Alle Entscheidungen werden vom Softwareproduzenten Graphisoft bzw. vom Immobilien-entwickler und -verwalter Graphisoft Park getroffen. Es gab im Rahmen des Projektes keine Lenkungsgruppe.

Die anfänglichen Planungen zur Errichtung des Unternehmenssitzes der Graphisoft AG dauerten ca. ein halbes Jahr.

Pläne und Dokumente

Voraussetzung für die Umsetzung des ursprünglichen Vorhabens war ein zoning plan.

Das Projekt ist nicht Bestandteil übergeordneter Pläne.

Implementierungsprozess

Die Meilensteine des Implementierungsprozesses waren:

1997 - 1998 Errichtung des Unternehmenssitzes des Softwareproduzenten Graphisoft AG

seit 1998 Entwicklung und Ausbau des Graphisoft Parks

Seit 1998 hat sich der Graphisoft Park von einem exklusiven Unter-nehmenssitz des Softwareproduzenten zu einem diversifizierten Soft-ware- und Biotechnologiestandort entwickelt. Derzeit befinden sich auf dem Areal neun Geschäftsgebäude, ein Lagerhaus, zwei Restaurants und ein Verwaltungsgebäude.

Die aktuellen Pläne sehen vor, dass bis 2014 die Büroflächen von aktuell 45.000 m2 auf 100.000 m2 ausgebaut werden sollen.

2006 Ausgründung der Graphisoft Park AG

seit 2007 Errichtung des Aquincum Institut für Technologie in Budapest (AIT Budapest)

Das AIT Budapest wurde 2007 von Gábor Bojár (Gründer und ehe-maliger Eigentümer der Graphisoft AG) gegründet. Das Areal in un-mittelbarer Nachbarschaft des Graphisoft Parks gliedert sich in:

3,6 ha Baufläche mit historischem Gebäudebestand, der für die Beherbergung der Bildungseinrichtungen vorgesehen ist und

3,8 ha zur freien baulichen Nutzung für zusätzliche Geschäfts- und Bürogebäude.

Unterhaltung

Zuständig für die Unterhaltung der entstandenen Anlagen sind die Graphisoft Park AG und ihre Tochtergesellschaften.

Erfolgsermittlung

Im bisherigen Projektverlauf fand keine Evaluation statt.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 68

Beteiligung

Die Ausgründung der Graphisoft Park AG im August 2006 stellt die einzige Veränderung der Akteurskonstellation dar.

Folgende Stakeholder wurden bisher an der Gestaltung des Graphisoft Parks beteiligt:

Die Stadt Budapest im Rahmen der Erarbeitung/Genehmigung des zoning plan;

Die Pächter im Rahmen der Entwicklung/Verwaltung ihrer Gebäude und Anlagen;

Das Historische Museum Budapest als Berater für Archäologie;

Das AIT Budapest im Rahmen der Entwicklung des parkeigenen Instituts/Campus.

Die Öffentlichkeit wurde an der Planung und Umsetzung des Graphisoft Parks nicht be-teiligt.

Finanzierung

Die Realisierung des Graphisoft Parks erfolgte/erfolgt durch Eigenkapital der Graphisoft AG/Graphisoft Park AG sowie durch Fremdkapital aus Krediten privater Banken.

Die Projektkosten trug/trägt die Graphisoft Park AG. Refinanziert wurden/werden die Kosten aus den Einnahmen der Immobilienentwicklung und -verwaltung.

Zur Realisierung des Graphisoft Parks wurden keine Förderprogramme in Anspruch ge-nommen. Es bedurfte ebenfalls keiner öffentlichen Kofinanzierung.

Campus Plus

Projektgrundlagen Lage - Das Fallbeispiel befindet sich in Basel (Schweiz) im Quartier St. Johann.

Träger - Die Projektträger sind die Novartis AG und der Kanton Basel-Stadt.

Projektdauer - Das Projekt begann 2003 und wird voraussichtlich 2014 abgeschlossen.

Chronologie - Die bisherigen Meilensteine des Projektes sind:

2003 - 2006 Planungsphase

2006 - 2007 Verkehrsmaßnahmen Quartier St. Johann

2006 - 2013 Neugestaltung des Hafens St. Johann (einschließlich Verlagerung, Rückbau und Altlastensanierung)

2006 - 2014 Errichtung von Wohnraum im Areal Schoren

offen Hochschulcampus

Fläche - Das Projekt erstreckt sich über ca. 730 m und insgesamt 13 ha am linken Ufer des Rheins.

Projektkosten - Der Ratschlag „Neunutzung Hafen St. Johann - Campus Plus“ (09/2005) beziffert die Projektkosten mit 156 Mio. CHF. Demgegenüber steht die Einmal-zahlung der Novartis AG an den Kanton Basel-Stadt für den Erwerb des Hafens St. Johann, der Wohnareale Elsässer-/Hüningerstraße und der Hüningerstraße in Höhe von 100Mio. CHF. Ausgenommen vom Verkauf sind das unmittelbare Rheinufer zwischen

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der Landesgrenze und der Dreirosen-Brücke sowie die 8.500 m2 am Brückenkopf der Dreirosen-Brücke. Die Flächen sind für das Projekt Campus Plus vorgesehen.

Wie hoch die Kosten tatsächlich sind, kann man erst nach Abschluss des Projektes sagen.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion gliedert sich das Projekt-gebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Industrie-/Gewerbefläche des angrenzenden Novartis Campus (nicht Gegenstand der Betrachtung),

Wohnbauflächen im Areal Schoren,

Flächen für den Gemeinbedarf und

Ob der geplante Hochschulcampus „Dreirosen-Brückenkopf“ realisiert werden kann, ist unsicher. Aussagen zur endgültigen Funktion können deshalb nicht ge-troffen werden.

Sonderflächen, die der Erholung dienen (Promenade am Rheinufer).

Für die Erholungsfläche sind die folgenden Nutzungen vorgesehen:

Fuß-/Radverkehr unter Einhaltung der entsprechenden nationalen Vor-schriften und Errichtung von Begegnungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten etc.;

Flussschwimmen durch Errichtung von Ein- und Ausstiegshilfen sowie Duschen, Toiletten etc.;

Personenschifffahrt durch Errichtung von Anlegestellen für Rheintaxis und private Kleinboote;

Fischerei durch Aufhebung des Angelverbotes und Ökologie durch die naturnahe Ufergestaltung, die der vielfältigen Tierwelt

als Lebensraum dienen kann.

Städtebaulich gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Baufläche und

Grünfläche.

In Abhängigkeit von der Einbindung des Flusses gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Abschnitte mit unmittelbarem Bezug zum Fluss und

Hierzu gehören die Anlegestellen, die Ein- und Ausstiegshilfen für Fluss-schwimmer, das naturnah gestaltete Ufer und die Rheinpromenade.

Abschnitt ohne direkten Bezug zum Fluss.

Hierzu gehören die Industrie-/Gewerbefläche des Novartis Campus, die Wohn-fläche des Schoren Areals und die Hochschulfläche.

Verflechtungen - Die Verflechtung beschränkt sich nicht nur auf den durchgängigen Fuß-/Rad(wander)weg sowie die Erweiterung der Flussschwimmpassagen. Auch das

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Quartier St. Johann und das Werksgelände der Novartis AG gewinnen neue Zugänge zum Rheinufer und erleben dadurch eine Aufwertung.

Bedeutung des Standortes - Die unmittelbare Umgebung, die Stadt Basel und die Agglomeration profitieren von dem Projekt in seiner Funktion als:

Ökosystem durch die Renaturierung des Rheinufers,

Personenverkehrsweg durch die Förderung der öffentlichen und privaten Personenschifffahrt,

Flussschwimmpassage und

Die Erweiterung der gesetzlich erlaubten Schwimmstrecke wird zukünftig durch-gängiges Flussschwimmen vom Großbasler Ufer bis zur Landesgrenze ermög-lichen.

Fuß-/Rad(wander)weg.

Die Promenade ist eine Pendler- und Freizeitverbindung von kantonaler Be-deutung. Ferner wird die Promenade in Frankreich (separates Projekt) in das be-stehende Wegenetz integriert, so dass ein durchgehender Fuß-/Radwanderweg von Basel über Hüningen bis nach Weil a. Rhein entsteht (zusätzlich ca. 1,8 km).

Des Weiteren ist das Projekt sowohl in Basel, Hüningen als auch in Weil a. Rhein ein Startschuss für die (Stadt-/Raum-)Entwicklung der verbliebenen Industrieflächen zwischen Dreirosen- und Dreiländerbrücke. Somit wird nicht nur das Quartier St. Johann, sondern die gesamte Bevölkerung im Dreiländereck Basel vom Projekt Campus Plus profitieren.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee - Überregional ist das Projekt als eine Initialzündung zur Überwindung der Grenzen im Dreiländereck Deutschland, Frankreich und Schweiz anzusehen, denn bisher verhielten sich die Anrainerstaaten derart, dass sie unansehnliche Nutzungen wie z. B. Hafenanlagen, Müllverbrennungsanlagen oder Schlachthöfe in die Grenzregion ver-lagerten, dadurch die Landesgrenzen manifestierten und sich von den Nachbarstaaten abwandten.

Regional bietet das Projekt eine außergewöhnliche Chance, regionale wirtschaftliche und städtebauliche Ziele gleichzeitig, zügig und finanziell tragbar zu realisieren. Die städte-baulichen Ziele des Kantons treffen auf die Vision von Novartis, einen Campus des Wissens, der Innovation und der Begegnung zu realisieren.

Zielspektrum - Das Zielspektrum des Projektes wird von den Interviewpartnern wie folgt beschrieben:

Die wichtigsten ökologischen Ziele sind die Revitalisierung des Hafens St. Johann und die Renaturierung des Hafenufers. Nach der Sanierung der Altlasten entstehen zusätzliche Grün- und Freiflächen, die u. a. auch das Rheinufer in seiner Funktion als Wanderkorridor für Pflanzen und Tiere aufwerten.

Die wichtigsten ökonomischen Ziele sind die Steigerung der Attraktivität des Wirt-schaftsstandortes Basel im Allgemeinen und die Förderung des Life Science Stand-ortes Basel im Speziellen. Die (langfristige) Standortentscheidung der Novartis AG wird neue Unternehmen aus der Life Science- und Pharmaindustrie sowie aus vor-

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und/oder nachgelagerten Branchen anziehen. So will Novartis am Standort Basel mittelfristig die Anzahl der Arbeitsplätze auf 10.000 verdoppeln. Des Weiteren will die Stadt Basel mit dem Um-/Ausbau des Novartis Hauptsitzes seine Spitzen-position als Standort für Life Sciences ausbauen.

Die wichtigsten städtebaulichen Ziele sind die Öffnung des Quartiers St. Johann zum Rhein und der Erhalt der großstädtischen Skyline im Norden Basels. Durch die Verlegung und den Rückbau des Hafens St. Johann entstehen neue Grünflächen, weitläufige Fuß-/Radwege am und zum Rheinufer sowie attraktive Wohnlagen, die das Quartier insgesamt aufwerten. Gleichzeitig droht durch den Abriss der Hafen-silos eine Lücke in der großstädtischen Skyline Basels zu entstehen. Dies soll die Hochhauszone des Novartis Campus verhindern und dadurch die unverwechsel-bare großstädtische Skyline sowie auch den scharfen Kontrast zur historischen Skyline Kleinbasels erhalten.

Das wichtigste soziale Ziel ist die urbane Vitalisierung des bisher vernachlässigten Stadtquartiers St. Johann.

Das ökonomische Ziel und die damit verbundene Vitalisierung des Stadtquartiers ist nach Aussagen des Interviewpartners die dominante Zieldimension.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes - Grundsätzlich war der Rhein nicht Be-standteil des Projektes. Allerdings integrieren die geplanten Anlegestellen für Flusstaxis und Kleinboote den Fluss in seiner Funktion als Personenverkehrsweg.

Mit der Verlagerung des Hafens St. Johann wird auch dessen Sperrzone (die ersten 30 m ab Uferkante) aufgehoben. Zukünftig wird somit das linke Rheinufer zwischen Großbasel und dem Dreiländereck durchgängig als Flussschwimmpassage nutzbar, wodurch die Freizeitnutzung des Rheins zusätzlich aufgewertet wird. Dasselbe gilt für das unmittel-bare Gewässerumfeld. Die naturnahe Uferstruktur und der Fuß-/Rad(wander)weg setzen das bestehende Wegenetz fort und machen dadurch die weitläufige Umgehung des Hafen- und Werkareals überflüssig.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Projektinitiatoren waren die Novartis AG und der Kanton Basel-Stadt. Alle weiteren Auf-gaben übernimmt die gemeinsam getragene Projektorganisation Campus Plus, deren Gremien sie sowohl auf der Gesamtsteuerungsebene als auch auf der Teilprojektebene paritätisch besetzen.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Hinsichtlich der rechtlichen Situation ist anzumerken, dass durch die Einheit von Stadt und Kanton alle Kompetenzen in einer Instanz vereint sind. So entfallen die ansonsten notwendigen Absprachen zwischen Stadt und Kanton. Eine weitere Besonderheit des Planungsprozesses war, dass der Rhein im Stadtgebiet (ab der mittleren Brücke fluss-aufwärts bis Rotterdam) als Hochseeschifffahrtsstrecke gilt. Da jedoch keine Ver-änderungen an der Sohlenstruktur etc. vorgenommen wurden, gab es hier ebenfalls keinen weiteren Abstimmungsbedarf mit der europäischen Rheinschifffahrtsbehörde.

Alle Entscheidungen werden von der besagten Projektorganisation Campus Plus ge-troffen. In der Projektorganisation waren vier der sieben Regierungsräte vertreten

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(aktuell noch zwei). Somit war in der Planungsphase gewährleistet, dass die Ent-scheidungen, die in der Projektorganisation getroffen wurden, auch im Regierungsrat eine Mehrheit hatten.

Die Projektorganisation Campus Plus ist sowohl für die Konzeption als auch für die Planung des Projektes verantwortlich. Die Durchführung obliegt jeweils der Partei, die das jeweilige Einzelprojekt mehrheitlich finanziert, wobei die Novartis AG über ein grundsätz-liches Vetorecht verfügt. Insgesamt wurde die Projektorganisation trotz der Komplexität des Planungsvorhabens bewusst schlank gehalten. Eine gesonderte Lenkungsgruppe gab es nicht.

Das Hafenareal befand sich im Besitz des Kantons Basel-Stadt, so dass kein Landerwerb erforderlich war. Im Gegenteil, die Veräußerung der rückwärtigen Hafenabschnitte, der Wohnareale Elsässer-/Hüningerstraße und der Hüningerstraße an die Novartis AG trägt zur teilweisen Refinanzierung der Projektkosten bei. Grundsätzlich sind in Basel öffentliche Flächen Teil des Verwaltungsvermögens und können nicht veräußert werden. Um eine öffentliche Fläche dennoch veräußern zu können, muss sie zunächst in das Finanzvermögen transferiert werden. Hierzu bedarf es der Genehmigung des Großen Rates. Im Fall des Projektes Campus Plus erteilte der Große Rat die Genehmigung mit dem Beschluss vom 18. Januar 2006 im Grundsatz.

Der offizielle Planungsprozess dauerte ca. drei Jahre. Inoffiziell begannen die Planungen zum Projekt in den Jahren 2001/02, denn 2001 entschied die Novartis AG, ihren Basler Hauptsitz zu einem Campus des Wissens um- und auszubauen. Darin sah der Kanton Basel-Stadt wiederum eine Chance, die Stadtteilentwicklung St. Johann voranzutreiben und begann seinerseits, Konzepte zur Umgestaltung des Quartiers zu entwickeln. Ende 2003 stellten die beiden Parteien erste gemeinsame Planungen an, die im November 2004 mit dem 100 Mio. CHF Angebot der Novartis AG ihren Wendepunkt er-reichten und nur kurze Zeit später am 20. April 2005 mit der Grundsatzvereinbarung ab-geschlossen wurden.

Pläne und Dokumente

Die für den Planungsprozess notwendigen Pläne und Instrumente waren im Wesentlichen die Standardpläne und -planungsinstrumente, wie z. B.:

Richtpläne bzw. -planung,

Zonenänderungspläne und

Bebauungspläne.

Das Projekt ist bei beiden Projektträgern Bestandteil übergeordneter Pläne bzw. Vor-haben: der Campus des Wissens bei Novartis und die Stadtteilentwicklung St. Johann beim Kanton Basel-Stadt.

Genehmigungen

Die grundlegenden Genehmigungen sind die Ratsbeschlüsse des Großen Rates des Kantons Basel-Stadt. Den Ausgangspunkt markierte der Großratsbeschluss (oder auch Grundsatzratschlag) vom 18. Januar 2006, wobei für jedes Teilprojekt jeweils ein neuer Beschluss notwendig ist.

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Implementierungsprozess

Die Meilensteine des Implementierungsprozesses waren:

2006 - 2007 Verkehrsmaßnahmen Quartier St. Johann

Hauptgegenstand der Verkehrsmaßnahmen war die Aufhebung der öffentlichen Verbindungsstraße zwischen Basel und Hüningen (Hüningerstraße), die bis dato durch das Areal verlief und es zer-schnitt. Die Überwindung der Zweiteilung war ein Grundstein für den seitens der Novartis AG geplanten Campus des Wissens. Die Infra-strukturmaßnahmen umfassten:

Ersatzverbindung Hüningerstraße (Verlagerung von Schwer- und Privatverkehr und Integration der Hüningerstraße in den Campus),

Integration Schiffmühlestraße in den Novartis Campus,

Neugestaltung der Elsässer-/Hüningerstraße und

Ein gemeinsames Entwässerungskonzept.

2006 - 2013 Neugestaltung des Hafens St. Johann

Die Neugestaltung des Hafens St. Johann beinhaltet die folgenden Arbeitsschritte:

Verhandlung und Entschädigung der ansässigen Firmen (v. a. Coop, Credit Suisse und Ultra-Brag AG),

Als die Entscheidung zur Verlagerung des Hafens St. Johann ge-troffen wurde, war der Hafen zu 100% in Betrieb. Die an-sässigen Firmen gingen zunächst in Opposition, konnten aber im Verlauf von der Vorteilhaftigkeit der Standortverlagerung (z. B. Erneuerung der z. T. veralteten Infrastruktur) überzeugt werden.

Weiterhin besaßen die ansässigen Firmen Baurechte im Hafen St. Johann bis 2026 (Süd) und 2041 (Nord), weshalb der Kanton den betroffenen Firmen eine Entschädigung i. H. v. 50 Mio. CHF zahlte.

Großratsbeschluss,

Im Januar 2006 schuf der Große Rat die notwendigen Grund-lagen für die archäologischen Grabungen, den Rückbau, die Sanierung und die Neugestaltung des Hafens St. Johann sowie den Verkauf der vereinbarten Parzellen.

Verlegung der Hafenfunktionen,

Wettbewerbs- und Planverfahren,

Anfang 2006 schrieb die Projektorganisation den zweistufigen Wettbewerb zur Neugestaltung der Rheinpromenade aus.

Im November 2006 wählte ein Ausschuss 15 Teams (von 59) für die Teilnahme am Wettbewerb aus.

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Im September 2007 prämierte ein Komitee das Projekt „Undine“ als Siegerprojekt. Die Kosten für das Wettbewerbsverfahren trug die Novartis AG.

Anschließend, im Januar 2008, begann das iterative Planungs-verfahren.

Rückbau, Sanierung und Ausgrabung und

Im Juni 2009 begannen die archäologischen Ausgrabungen.

Die Hafenfirmen gaben die Liegenschaften vertragsgemäß im Januar 2010 für den Rückbau frei. Nach anfänglichen Ver-zögerungen durch ein Widerspruchsverfahren (Rekurs zur Auf-tragsvergabe) können die Abrissarbeiten voraussichtlich bis Ende 2011 abgeschlossen werden.

Neugestaltung des Hafens St. Johann.

Die zentralen Bestandteile der Neugestaltung sind die Grün- und Freiraumverbindung von der Voltamatte zum Rhein sowie die Uferpromenade entlang des Rheins.

Baubeginn ist voraussichtlich nicht vor 2012, so dass bei einer geschätzten Bauzeit von ca. zwei Jahren die Fertigstellung bis Mitte 2014 denkbar ist.

2006 - 2014 Errichtung von Wohnraum im Areal Schoren

Im Zuge der weitläufigen Neugestaltung gingen insgesamt sieben Wohnhäuser (mit 70 Zwei- bis Vierraumwohnungen) verloren. Allerdings waren deren Mietverhältnisse aufgrund statischer Mängel (Einsturzgefahr) unabhängig vom Projekt ohnehin auf Ende März 2006 begrenzt. Als Kompensation bot Novartis dem Kanton das Areal Schoren zum Kauf an. Hier sollen 200 neue Wohnungen entstehen.

Die Planungen zur Errichtung des Wohnraums begannen ebenfalls im Jahr 2006. Als Meilensteine sind seitdem Studienaufträge und der Er-lass sowie die Rechtskräftigkeit des Bebauungsplans zu benennen. Den derzeitigen Plänen entsprechend sollen die Baufelder A und C bis 2011 und das Baufeld B bis 2014 fertiggestellt werden.

offen Hochschulcampus ‚Dreirosen-Brückenkopf‘

Die ursprünglichen Pläne sahen vor, im Zuge der ‚Universitätsgesamt-raumstrategie‘ auf dem Areal am Kopf der Dreirosen-Brücke Teile der ETH Zürich, des Friedrich Miescher Instituts und der Universität Basel anzusiedeln.

Im daraufhin teilweise kontrovers geführten Dialog stellte sich heraus, dass beispielsweise die ETH Zürich derzeit nicht plant, die in Basel vorhanden Kapazitäten zu erweitern. Zur Zeit des Interviews wurden deshalb alternative akademische Nutzungen sondiert. Lassen sie sich bis Ende 2010 nicht konkretisieren, wird Novartis der Bereich für eigenen Zwecke überlassen. Baubeginn ist voraussichtlich 2013/14.

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Unterhaltung

Nach dem Projektende sind die Novartis AG und der Kanton Basel-Stadt für die Unter-haltung der Anlagen zuständig. Maßgeblich für die Unterhaltspflicht ist der Verlauf der Eigentumsgrenzen. Diese werden allerdings erst endgültig festgelegt, wenn die Ge-staltung des Dreirosen-Brückenkopfes und der Verlauf der Grün- und Freiraumver-bindungen zum Rhein feststehen.

Unabhängig davon ist der Kanton Basel-Stadt für die Wartung und Instandhaltung der neuen Rheinpromenade (einschließlich der wasserseitigen Böschungen und der kantons-eigenen Infrastrukturen wie Abfalleimer, Toilettenanlagen, Duschen etc.) verantwortlich. Ihm obliegt ebenfalls die Wartung der Stützmauern zwischen Rheinpromenade und Novartis Campus, deren Instandsetzung hingegen die Novartis AG gewährleisten wird.

Erfolgsermittlung

Im bisherigen Projektverlauf fand keine Evaluierung statt. Allerdings ist zu erwarten, dass zum Projektende der Große Rat des Kantons Basel-Stadt einen Abschlussbericht einfordern wird.

Beteiligung

Im Projektverlauf ergaben sich keine Änderungen in der Akteurskonstellation.

Die folgenden Stakeholder wurden an den nachstehenden Projektphasen beteiligt:

An den Verkehrsmaßnahmen im Quartier St. Johann wurden die Kommunen Hüningen und Saint Louis sowie die Anwohner und ansässigen Firmen beteiligt;

An der Neugestaltung des Hafens St. Johann wurden die Schweizerischen Rhein-häfen in ihrer Funktion als Hafenplanungsamt, die ansässigen Hafenfirmen Coop, Credit Suisse und Ultra-Brag AG beteiligt. Darüber hinaus wurden Basler Archäo-logen einbezogen, da sich im Bereich des Hafens eine ehemalige Keltensiedlung befindet, die eine Ausgrabungsstätte von nationaler Bedeutung ist.

An der Entscheidungsfindung zum Hochschulcampus ‚Dreirosen-Brückenkopf‘ wurden der Bund (Schweiz), der Kanton Basel-Land, die ETH Zürich und das Fried-rich Miescher Institut beteiligt.

An der Errichtung des Wohnraums im Areal Schoren wurden die Credit Suisse als Mitnutzer und -besitzer sowie das Erziehungsdepartment, die ansässigen Wohn-bau-Genossenschaften und die Quartiervertreter beteiligt.

Die Öffentlichkeit wird einmal pro Jahr in einer allgemeinen Informationsveranstaltung über die aktuellen Planungen und den Verlauf des Projektes informiert. Zusätzlich werden zu den einzelnen Detailprojekten separate Informationsveranstaltungen abgehalten. Abgesehen davon gilt in der Schweiz das Direktdemokratische Prinzip, wonach Be-bauungspläne etc. öffentlich aufgelegt werden und jedermann Stellungnahmen bzw. Be-troffene Einsprachen formulieren können. Ferner hat die Basler Bevölkerung per Ver-fassung (gem. § 55) das Recht, Anhörungen zu verlangen. Hiervon machten die An-wohner und die Wohnbau-Genossenschaft bei der Errichtung des Wohnraums im Areal Schoren Gebrauch, mit dem Ergebnis, dass der Kanton Basel-Stadt das Baufeld B erwarb und darauf eine neue Schule erstellen wird und den Rest der Parzelle der Wohnbau-Genossenschaften überlässt.

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Die Öffentlichkeitsbeteiligung und -arbeit wurde von der Novartis AG und dem Kanton Basel-Stadt im Rahmen der gemeinsamen Projektorganisation Campus Plus organisiert. Hauptverantwortlich sind die jeweiligen Pressesprecher und/oder Leiter der Einzel-projekte.

Finanzierung

Folgende Kosten entstehen während des Projektes:

Verkehrsmaßnahmen Quartier St. Johann k. A.

Ersatzstraße zwischen Basel und Hüningen k. A.

Sonstige Verkehrsbauten (einschließlich Ent-wässerungskonzept)

19,85 Mio. CHF

Neugestaltung des Hafens St. Johann 122 Mio. CHF

Entschädigung 50 Mio. CHF

Rückbau 21 Mio. CHF

Bodensanierung 20,4 Mio. CHF

Archäologie 2,6 Mio. CHF

Neugestaltung 28 Mio. CHF

Hochschulcampus ‚Dreirosen-Brückenkopf‘ 0,4 Mio. CHF

Errichtung von Wohnraum im Areal Schoren 6,7 Mio. CHF

GESAMT ca. 156 Mio. CHF

Die Finanzierung erfolgt unter der Beteiligung der folgenden Akteure und Verwendung der nachstehenden Förderprogramme:

Verkehrsmaßnahmen Quartier St. Johann,

Die Errichtung der Ersatzstraße zwischen Basel und Hüningen finanzierte die Novartis AG.

Die restlichen Verkehrsbauten (einschließlich Entwässerungskonzept) finanzierte der Kanton Basel-Stadt (u. a. mit einem Zuschuss der Novartis AG i. H. v. 13,5 Mio. CHF).

Neugestaltung Hafen St. Johann,

Die Entschädigung, den Rückbau und die Altlastensanierung finanziert der Kanton Basel-Stadt mit den Einnahmen (100 Mio. CHF) aus dem Verkauf der Hafen- und Quartiersparzellen an die Novartis AG.

Den Neubau finanziert der Kanton Basel-Stadt (u. a. mit einem Zuschuss des Bundes aus dem Agglomerationsfond i. H. v. 4 Mio. CHF).

Hochschulcampus ‚Dreirosen-Brückenkopf‘ und

Kostenteilung zwischen Bund, den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Land sowie evtl. Drittmitteln.

Errichtung von Wohnraum im Areal Schoren.

Die Errichtung der öffentlichen Schule trägt der Kanton Basel-Stadt.

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Die Errichtung der Wohnhäuser finanzieren die Wohnbaugenossenschaften und die beteiligten Drittunternehmen.

Die Umsetzung der Projekte Campus des Wissens und Campus Plus führen direkt und indirekt zu jährlichen Steuermehreinnahmen von ca. 10 Mio. CHF. Der Kanton Basel-Stadt kann so innerhalb weniger Jahre die zusätzlich entstandenen Kosten kompensieren.

2.4.4 Parkanlagen

Abbildung 5 Lage der Fallbeispiele zum Thema Parkanlagen Quelle: IIRM, ESRI

Quais jardinés

Projektgrundlagen Lage – Die Quais jardinés (Ufergärten) wurden in Bordeaux (Frankreich) am linken Ufer der Garonne zwischen den Stadtteilen Bacalan und Belcourt angelegt. Sie befinden sich in unmittelbarer Nähe zur Altstadt.

Träger – Die Leitung des Projektes lag bei der Communauté Urbaine de Bordeaux (CUB) in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Bordeaux. Die CUB ist ein Kommunalverband bestehend aus der Stadt Bordeaux und 26 umliegenden Gemeinden.

Projektlaufzeit – Ab 1997 wurde das umgesetzte Projekt geplant, und am 20. Mai 2009 wurden die umgestalteten Quais mit der Eröffnung des Sportparks Saint-Michel offiziell eingeweiht.

Chronologie - Die Meilensteine des Fallbeispiels waren:

1980 - 2000 Abriss der Hangars

1999 Start des Wettbewerbs zur Neugestaltung der Quais

2000 - 2009 Implementierungsphase

05/2009 Einweihung der Quais jardinés

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Fläche - Die Quais jardinés sind 36 ha groß und erstrecken sich über 4,5 km am linken Ufer der Garonne.

Projektkosten – Die Projektkosten betrugen 120 Mio. €.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion gliedert sich das Projekt-gebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Verkehrsfläche,

Die Verkehrsfläche setzt sich aus dem Boulevard mit zweimal zwei Spuren, dem Straßenbahnsystem sowie Fuß- und Radwegen zusammen.

Gewerbeflächen und

Die Gewerbeflächen umfassen Einzelhandel, Gastronomie sowie Ausstellungs- und Konferenzeinrichtungen.

Sonderflächen, die der Erholung dienen.

Neben den Park- und Gartenanlagen gibt es einen Sportpark, einen Spielplatz und einen Skatepark.

Städtebaulich gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Baufläche und

Grünfläche.

Bezüglich der Einbindung des Flusses besteht das Projektgebiet aus

Abschnitten mit unmittelbarem Bezug zum Fluss und

Hierzu zählen die natürlichen und die naturnah gestalteten Ufer, Stege für Angler, Spaziergänger und zum Anlegen der Boote und die Plätze, von denen aus die Aus-sicht auf den Fluss genossen werden kann.

Abschnitten ohne direkten Bezug zum Fluss.

Hierzu zählen der Sportpark, der Spielplatz und der Skatepark. Darüber hinaus wurde ein großer, nur wenige Zentimeter tiefer Wasserspiegel auf dem Dach eines unterirdischen Hangars angelegt, an dem aus Düsen zeitweise Nebel aufsteigt und so einen Wasservorhangeffekt erzeugt. Die Wasserfläche soll daran erinnern, dass die Garonne früher, vor der Errichtung der Quais, viel dichter an die Gebäude heranreichte.

Verflechtungen – Zwischen dem Projektgebiet, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

Physische Verflechtungen - Das Projektgebiet ist mit dem rechten Garonneufer über die Brücken Pont de Pierre sowie Pont de Saint-Jean verbunden, und bis Ende 2012 wird eine Hubbrücke zwischen den Stadtteilen Bacalan und Bastide gebaut. Für die Überquerung des zwischen der Altstadt und dem Garonneufer liegenden Boulevards wurden im Rahmen des Projektes zahlreiche neue Möglichkeiten ge-schaffen.

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Funktionale Verflechtungen - Die Grünflächen der Quais jardinés schaffen einen Ausgleich zu den dicht bebauten Quartieren.

Mentale Verflechtungen - Durch das Projekt sind die Ufer der Garonne zu einem wahren Anziehungspunkt geworden, und es macht aus der Garonne eine strukturierende Achse in der Raumordnung der Stadt.

Bedeutung des Standortes – Die Ufer der Garonne gehören zu den beliebtesten (Aus-flugs-) Zielen der Einwohner von Bordeaux, der umliegenden Orte und von Besuchern. Sie sind der größte Gesellschaftsraum der Stadt, wo alle möglichen Bevölkerungsgruppen zusammenkommen. Schon jetzt ist zu erkennen, dass die räumliche Gestaltung der Quais eine Art Zugpferd für die Stadt selbst und für ihre Agglomeration darstellt.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee – Sowohl der Hafen als auch die Hangars entlang der Quais waren Ende des 20. Jahrhunderts verwahrlost. Es gab dort schmutzige Ecken, überall ungeordnetes Parken und den Boulevard mit zweimal fünf Spuren. Die dem Projekt zugrunde liegende Idee war, diese Zustände zu ändern, dem Fluss wieder die ihm gebührende Ehre zu-kommen zu lassen und eine Wiederaneignung der Quais und ihres unmittelbaren Umfelds durch die Bevölkerung zu ermöglichen.

Zielspektrum - Das Zielspektrum der Quais jardinés wird wie folgt beschrieben:

Die wichtigsten ökologische Ziele sind die Aufwertung und Verbindung der natür-lichen Räume sowie die Förderung des auto-unabhängigen Verkehrs entlang des Flusses.

Das wichtigste ökonomische Ziel ist die Wiedernutzbarmachung der brachgefallenen Industrie- und Hafenflächen.

Die wichtigsten städtebaulichen Ziele sind die Gestaltung der Quais zu einem Garten zwischen den Häuserfronten und dem Fluss sowie die Schaffung einer urbanen Silhouette, deren bebaute Front durch das System von Parks eine ge-wisse Porosität besitzt und zahlreiche Konstellationen zwischen dem Siedlungs-raum und den Landschaftsräumen bietet.

Die wichtigsten sozialen Ziele sind die Förderung des öffentlichen Zugangs zum Fluss und die Rückgabe der Quais und des Flusses an die Bevölkerung.

Die dominante Zieldimension ist die soziale, der an zweiter Stelle die städtebauliche Ziel-dimension folgt.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes – Die Garonne ist in Bordeaux extrem mit Kohlenwasserstoffen und manchmal mit noch gefährlicheren chemischen Substanzen verschmutzt. Dennoch ist sie als Ökosystem wichtig, da es dort Fische gibt, die Be-sonderheiten der Region sind, wie z. B. der europäische Stör, der große Maifisch und das Meerneunauge.

Der Güterverkehr ist auf der Garonne vollständig verschwunden, und eine Flussfähre gibt es auch nicht mehr. Manchmal verkehren Ausflugsschiffe.

Für Freizeitnutzungen hat die Garonne keine große Bedeutung, weil sie mit sehr starken Strömungen und einem enormen Tidenhub, bei dem der Wasserstand während der Ge-zeiten um 5 bis 6 Meter steigen bzw. sinken kann, ein sehr gefährlicher Fluss ist.

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Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Entwickelt wurde die Projektidee von Politikern, wie dem Bürgermeister, von Architektur- und Stadtplanungsfachleuten, wie dem Verein Arc en Rêve, und von Vereinen, die sich mit der Stadt beschäftigen. Die Projektumsetzung wurde von der Stadt und der CUB initiiert. Vorangebracht und beworben wurde das Projekt von der Stadt und der CUB, dem Verein Arc en Rêve und der Agence d’Urbanisme „L’a-urba“. Unter einer Agence d’Urbanisme versteht man einen Zusammenschluss der an der Stadtentwicklung be-teiligten öffentlichen Akteure unter Einbeziehung des Staates. Es gibt in Frankreich 52 Agences d’Urbanisme.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Die Flächen des Projektgebietes gehörten dem Hafen. Voraussetzung für die Um-gestaltung der Quais war, dass die CUB die Flächen dem Hafen für eine beträchtliche Summe abkaufen musste. Der Transfer erfolgte 1992.

Für die Konzeption, Planung und Durchführung war die CUB zuständig, aber die Ent-scheidungen wurden von der CUB und dem Bürgermeister von Bordeaux gemeinsam ge-troffen. Es gab eine Lenkungsgruppe.

Die Dauer des Planungsprozesses betrug 7 bis 8 Jahre.

Pläne und Dokumente

Zu den notwendigen Plänen liegen keine Angaben vor.

Das Projekt ist Bestandteil des im Jahr 2000 vom Stadtrat verabschiedeten Orientierungsschemas „Plan Garonne“ und des Stadtentwicklungskonzeptes „Projet Urbain“, das den Bau von drei Straßenbahnlinien und die Aufwertung des öffentlichen Raumes vorsieht.

Genehmigungen

Zu den notwendigen Genehmigungen liegen keine Angaben vor.

Implementierungsprozess

Das Projektgebiet ist in fünf Bauabschnitte unterteilt, die zwischen den folgenden Straßen liegen:

Abschnitt 1: rue Peyronnet - cours Alsace-Lorraine

Abschnitt 2: cours Alsace-Lorraine - allées d'Orléans

Abschnitt 3: allées d'Orléans - cours Xavier Arnozan

Abschnitt 4: cours Xavier Arnozan - cours du Médoc

Abschnitt 5: cours du Médoc - rue Lucien Faure

Die Meilensteine des Implementierungsprozesses waren:

03/2000 – 06/2002 Aufenthaltsbereich und Boulevard im Abschnitt 4

01/2002 – 12/2003 Boulevard in den Abschnitten 1 und 2

07/2003 – 06/2005 Aufenthaltsbereich in den Abschnitten 1 und 2

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01/2004 – 09/2004 Plateau/Ufer im Abschnitt 5

04/2004 – 10/2004 Boulevard im Abschnitt 3

09/2004 – 04/2006 Plateau/Ufer im Abschnitt 4

05/2005 – 07/2006 Künstliche Wasserfläche im Abschnitt 2

06/2005 – 05/2006 Boulevard im Abschnitt 5

12/2005 – 06/2007 Plateau/Ufer im Abschnitt 3

06/2006 – 06/2007 Plateau/Ufer im Abschnitt 2 und Aufenthaltsbereich im Ab-schnitt 3

10/2006 – 12/2007 Aufenthaltsbereich im Abschnitt 5

10/2006 – 04/2009 Plateau/Ufer im Abschnitt 1

Unterhaltung

Die folgenden Akteure sind für die Unterhaltung der Anlagen zuständig:

Die Stadt Bordeaux für die laufende Unterhaltung, wie z. B. Reinigung, Grün-anlagenpflege und Beleuchtung und

Die CUB für große Instandhaltungsmaßnahmen.

Die Bewässerung der Quais jardinés ist in mehrere Abschnitte unterteilt, die den Bau-abschnitten entsprechen. Sie erfolgt entweder tröpfchenweise, über Düsen oder über Sprenger und wird zentral gesteuert: eine Wetterstation, die sich an der Straße cours Xavier Arnozan befindet, analysiert die Niederschlags- und Verdunstungsdaten und programmiert die Bewässerung bedarfsgerecht. Darüber hinaus kann die Bewässerung auch manuell über per Mobiltelefon übertragene Codes ausgelöst werden.

Erfolgsermittlung

Für das Projekt gab es finanzielle und technische Evaluationen, zu denen keine weiteren Angaben vorliegen.

Die politische Evaluation wurde von der Bevölkerung durchgeführt, indem sie sich den Raum sofort wiederaneignete. Im Vorfeld der Bauarbeiten wurden die Quais von der Stadt und der CUB ins Reine gebracht und so organisiert, dass sie sicherer und ansehn-licher wurden. Ab diesem Moment, noch bevor die Bauarbeiten begannen, haben die Be-wohner die Quais für sich eingenommen, und der Bürgermeister hat die Anlieger dazu verpflichtet, ihre Gebäude entlang der Quais zu renovieren und zu restaurieren.

Die umgestalteten Quais werden von den Einwohnern gut angenommen, es gibt dort immer viele Leute.

Die Eigentümer der Häuser und Wohnungen, deren Front auf die Quais zeigt, sind sehr zufrieden, da sich ihr Umfeld komplett gewandelt hat. Vorher befanden sich die Häuser an einer Stadtautobahn, wo Millionen von Autos entlangfuhren, und heute ist dort ein mit Hunderten Bäumen bepflanzter Stadtboulevard. Sie haben die Straßenbahn und Grün-anlagen zum Spazierengehen vor ihrer Haustür. Vorher gab es nicht sehr viele Bewohner entlang der Quais, weil die Mehrzahl der Häuser verlassen war. Heute werden die Ge-bäude sehr geschätzt, und man findet dort keine einzige Wohnung, die zu verkaufen oder zu vermieten ist. Das Gebiet ist ein sehr moderner Ort geworden, wo viele Menschen hinziehen möchten.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 82

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 82

Im Jahr 2007 wurde die Altstadt von Bordeaux, die aufgrund ihrer Sichelform entlang der Garonnekurve auch Port de la Lune (Mondhafen) genannt wird, zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt, wozu die Neugestaltung der Quais auch einen Beitrag geleistet hat.

Im Jahr 2008 erhielt die Stadt Bordeaux für die Gestaltung der Quais von der Zeitschrift Le Moniteur die Auszeichnung Trophée de l’Aménagement Urbain in der Kategorie der Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern.

Beteiligung

Die Akteurskonstellation hat sich im Laufe der Zeit geändert, bestand jedoch während des gesamten Projektes aus der Dreierkonstellation der folgenden Gruppen:

Techniker der CUB und der Stadt

Abgeordnete (der Bürgermeister und seine Stellvertreter)

Einwohner und Geschäftsleute.

Die Stakeholder waren im Wesentlichen die Geschäftsleute und Anlieger sowie die Ver-kehrsteilnehmer, hauptsächlich Fußgänger und Radfahrer, weniger Autofahrer. Mit den Stakeholdern fanden sehr häufig Versammlungen statt, entweder in Form von Plenar-sitzungen mit der Gesamtheit der Akteure oder in Form von sehr spezifischen Ver-sammlungen mit wenigen Personen. Manchmal, mindestens einmal im Monat, kam der Bürgermeister dazu. Darüber hinaus gab es jede Woche Baustellenversammlungen mit zwanzig bis dreißig Personen. An diesen Versammlungen nahmen die Abgeordneten, die Techniker und die Anlieger teil, um die jeweils laufenden Bauarbeiten zu reflektieren.

Die Öffentlichkeit wurde von Anfang an über sehr viele Informationsveranstaltungen sowie über Präsentationen der Pläne und die Präsentation des Projektes durch den Archi-tekten einbezogen. Darüber hinaus gab es zu jeder Gelegenheit Abstimmungen.

Die Organisation der Beteiligung lag bei der CUB und der Stadt Bordeaux. Die Beteiligung war sehr stark, und die Bauarbeiten verliefen im Gegensatz zu denen für die Straßen-bahnlinie im Stadtzentrum unter sehr guten Bedingungen. Abgesehen von ein paar sehr spezifischen Nachbarschaftsproblemen gab es keine starken Widerstände. Dies könnte jedoch auch daran gelegen haben, dass es zu Beginn des Projektes nicht sehr viele An-lieger gab. Erst im Laufe der Bauarbeiten siedelten sich Hunderte Bewohner und Dutzende Geschäftsleute an. Sie kamen im Zuge der von der Quairenovierung aus-gehenden Dynamik und haben sich dem Projekt kaum bzw. gar nicht widersetzt. Sie waren der Vorgehensweise gegenüber sehr aufgeschlossen und hatten großes Interesse an dem Projekt.

Für die Öffentlichkeitsarbeit waren die Kommunikationsabteilungen der CUB und der Stadt Bordeaux zuständig.

Finanzierung

Die folgenden Kosten entstanden während des Projektes:

Bauarbeiten 110 Mio. €

Management 10 Mio. €

GESAMT 120 Mio. €

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 83

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 83

Von den Baukosten wurden 88,3 Mio. € von der CUB, 16,7 Mio. € von der Stadt Bordeaux und etwas mehr als 5 Mio. € aus EU-Fördermitteln finanziert.

Lágymányosi Bucht

Projektgrundlagen Lage - Das Fallbeispiel befindet sich in Budapest (Ungarn) im Stadtbezirk Lágymányos, dem größten Stadtbezirk Budapests.

Träger - Der Projektträger ist die portugiesische Investorengruppe Öböl XI Invest Ltd., an der die nachstehenden Unternehmen beteiligt sind:

Estia - Immobilienentwickler, beteiligt mit 25%;

Lestinvest - Tochter der ebenfalls portugiesischen Investment- und Vermögens-verwaltungsgesellschaft Finibanco SA, beteiligt mit 45%;

Mota-Engil - Bauunternehmen, beteiligt mit 30%.

Projektlaufzeit - Das Projekt begann 2003. Zum Projektende können derzeit keine Aus-sagen getroffen werden, da durch die Weltfinanzkrise die ursprünglich geplante Finanzierung nicht mehr in vollem Umfang realisierbar ist.

Chronologie - Die bisherigen Meilensteine des Fallbeispiels sind:

2003 - 2007 Landerwerb

2006 - 2007 Revitalisierung

seit 2006 Entwicklung der öffentlichen Parkanlage

2007 Übernahme Öböls durch die portugiesische Investorengruppe

Fläche - Die Lágymányosi Bucht erstreckt sich über ca. 1 km und insgesamt 56 ha am rechten Ufer der Donau. Die einbezogene Wasserfläche umfasst 10 ha.

Projektkosten - Entsprechend der derzeitigen Pläne werden sich die Projektkosten auf ca. 800 Mio. € belaufen.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion gliedert sich das Projekt-gebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Gewerbe-, Wohnbau- und Mischflächen,

Der aktuelle Masterplan sieht vor, das Projektgebiet in elf Teilabschnitte mit unter-schiedlichen Nutzungsoptionen zu gliedern.

Sonderflächen, die der Erholung dienen, und

Der Lágymányosi Park bietet Raum für vielfältige Freizeit- und Erholungsaktivi-täten (Strände, Wiesen zum Erholen und Sonnenbaden, Kinderspielplätze, Rund-wege zum Spazieren, Laufen oder Radfahren etc.). Lediglich das Baden und Angeln ist aufgrund der ungenügenden Wasserqualität der Donau nicht erlaubt. Infolge des gestiegenen Anschlussgrades der Bevölkerung und Unternehmen an

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 84

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 84

die Kanalisation und der gestiegenen Anzahl von Kläranlagen hat sich die Wasser-qualität jedoch erheblich verbessert, so dass die Bucht zukünftig auch als Bade-stätte dienen wird.

Hafen.

Öböl XI Ltd. ist Inhaber einer internationalen Hafenlizenz, die ihr gestattet, einen Hafen an der Donau zu betreiben. Die dazu notwendigen Baumaßnahmen sind bereits abgeschlossen. Genutzt wird der Hafen derzeit von der Budapester Wasserpolizei, die eine Polizeistation auf dem Grundstück der portugiesischen In-vestorengruppe unterhält. Zukünftig sollen auch Donau-Kreuzfahrtschiffe den Hafen anlaufen. Ergänzt wird dieser Hafen durch einen Jachthafen einschließlich Klub im Inneren der Bucht.

Städtebaulich gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Baufläche (26 ha),

Grünfläche (20 ha) und

Wasserfläche (10 ha).

Bezüglich der Einbindung des Flusses gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Abschnitte mit unmittelbarem Bezug zum Fluss und

Hierzu gehören die Häfen, die Strände (8.200 m2) sowie das abgestufte und be-grünte Ufer.

Abschnitte ohne direkten Bezug zum Fluss.

Hierzu gehören die Bauflächen, deren Gebäudebestand so angeordnet/abgestuft werden soll, dass die Bewohner einen weitgehend unverbauten Blick auf die Bucht/Donau genießen können.

Verflechtungen - Öböl XI Ltd. verfolgt bei der Gestaltung der Lágymányosi Bucht die Vision, eine in sich geschlossene, multifunktionelle Stadt innerhalb Budapests zu er-richten. Infolgedessen ist die Perspektive der Betreiber mehr nach innen als nach außen gerichtet. Neben der hervorragenden Verkehrsanbindung existieren deshalb nur wenige physische, soziale und mentale Anknüpfungspunkte zum Umfeld des Projektes.

Bedeutung des Standortes - Die unmittelbare Umgebung und die Stadt Budapest profitieren von dem Projekt in seiner Funktion als

Öffentliche Parkanlage und

Der Lágymányosi Park ist Budapests einziger Park, der sich in privatem Besitz be-findet und dennoch für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Hafen.

In Budapest gibt es nur wenige Anlaufmöglichkeiten für Passagierschiffe, ins-besondere Donau-Kreuzfahrtschiffe. Die Stadt kennt das Problem und ist bemüht, es zu lösen. Insofern ist der geplante Hafen ein Beitrag zur Überwindung dieses Engpasses.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 85

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee - Die Gestaltung der Lágymányosi Bucht beruht auf der Vision, eine in sich geschlossene, multifunktionelle Stadt innerhalb Budapests zu errichten, die sich zum einen durch ihre Nähe zum Stadtzentrum und zum anderen durch ihre ruhige Lage am Wasser auszeichnet.

Die Parkanlage verkörpert das neue Gesicht der Bucht und soll potentiellen Kunden einen realen Eindruck von der Vision und der Philosophie des Projektes geben.

Zielspektrum - Das Zielspektrum der Lágymányosi Bucht wird von den Interview-partnern wie folgt beschrieben:

Die wichtigsten ökologische Ziele sind der Erhalt und die Verbesserung des sich erholenden Ökosystems Lágymányosi Bucht, sowie der Einsatz erneuerbarer Energieträger zur Versorgung der Büro- und Wohngebäude.

Das wichtigste ökonomische Ziel ist, dass die Entwicklung und Verwaltung des Standortes dauerhaft Gewinn erwirtschaftet.

Das wichtigste städtebauliche Ziel ist die Errichtung einer multifunktionalen Stadt, die für ihre Einwohner alle Güter und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in unmittelbarer Nachbarschaft bereithält.

Das wichtigste soziale Ziel ist die Schaffung einer öffentlichen Parkanlage, die nicht nur die Lágymányosi Bucht, sondern den ganzen Stadtteil aufwertet.

Die dominante Zieldimension ist nach Aussagen der Interviewpartner die Gewinn-erzielungsabsicht.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes - Die Donau bzw. die Lágymányosi Bucht spielt als Verkehrsweg für Güter keine Rolle, denn keiner der beiden Häfen ist für den Güterverkehr ausgelegt. Hingegen integrieren die Häfen den Fluss in seiner Funktion als Personenverkehrsweg.

Seit ihrer Revitalisierung diente die Lágymányosi Bucht bereits mehrfach als Aus-tragungsort für nationale und internationale Sportveranstaltungen (z. B. Drachenboot- oder Triathlon-Wettbewerb). Die dauerhafte Freizeitnutzung ist aufgrund der nicht ein-wandfreien Wasserqualität der Donau derzeit jedoch noch nicht möglich.

Die Uferzone von Fluss und Bucht wird von ausgedehnten, naturnah gestalteten Grün-flächen mit kleineren Strandabschnitten geprägt. Sie dienen überwiegend als Liege-flächen.

Die Lágymányosi Bucht selbst dient nicht mehr dem Hochwasserschutz als Retentions-fläche, sondern lediglich der Deich, auf dem sich der Park erstreckt.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Projektinitiator war ein nicht näher benannter ungarischer Investor in Kooperation mit der Stadt Budapest. Nach der Übernahme durch die portugiesischen Investoren setzen diese als Öböl XI Ltd. die Entwicklung der Bucht fort.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 86

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Voraussetzung für jede Art der baulichen Nutzung von Flächen in Ungarn ist ein so ge-nannter zoning plan. Dieser wird von den zuständigen Behörden in Absprache mit dem Grundeigentümer erstellt und abschließend genehmigt. Die Pläne der Lágymányosi Bucht bedurften der Zustimmung des Chefarchitekten des Stadtbezirkes Lágymányos sowie des Chefarchitekten der Stadt Budapest. Basierend auf dem zoning plan entwarf die portugiesische Investorengruppe ihren Masterplan.

Seit der Übernahme durch die portugiesische Investorengruppe werden alle Ent-scheidungen von der Öböl XI Ltd. getroffen. Der zoning plan ist allerdings noch in Ab-sprache mit dem Investor erstellt worden. Im Rahmen des Projektes gab es keine Lenkungsgruppe.

Der Landerwerb erfolgte privatwirtschaftlich und zu marktüblichen Konditionen.

Pläne und Dokumente

Die folgenden Arten von Plänen waren notwendig:

Zoning plan (formell) und

Der zoning plan legt u. a. Lage, Art und Maß der Nutzung der Bauflächen sowie die Lage, Größe und Nutzung öffentlicher Flächen (Grün-/Verkehrsflächen) fest.

Masterplan (informell).

Das Projekt ist nicht Bestandteil übergeordneter Pläne.

Genehmigungen

Zusätzlich zum genannten zoning plan waren zahlreiche Einzelgenehmigungen not-wendig, u. a. Brandschutzgutachten und die Genehmigung zur Entnahme von Grund-wasser.

Implementierungsprozess

Die Meilensteine des Implementierungsprozesses waren:

2003 - 2007 Landerwerb

2003 gründeten die Stadt Budapest und ein privater ungarischer In-vestor das Gemeinschaftsunternehmen Öböl, dessen Anteile sie zu gleichen Teilen hielten. Ihr Ziel war es, den Grundbesitz rund um die Lágymányosi Bucht zu vereinen, um den Baugrund anschließend auf-zuwerten und zu vermarkten. Im Fortgang des Landerwerbs waren mehrere Kapitalerhöhungen notwendig. Die Stadt Budapest war außer-stande, zusätzliches Kapital in die Unternehmung einzubringen. Deshalb sank ihre Beteiligung bis zum Abschluss des Landerwerbs auf 1%.

2007 schloss Öböl den Landerwerb ab. Noch im selben Jahr ge-nehmigten die Bezirks- und die Stadtverwaltung den beantragten zoning plan.

2006 - 2008 Revitalisierung

Im Verlauf der Revitalisierung rissen die Investoren den Großteil der

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 87

Industrieruinen ab und bereinigten Bucht und Ufer von ihren Altlasten. Parallel dazu entwickelten sie den Masterplan einschließlich der Detail-pläne für die insgesamt elf Bauabschnitte der Lágymányosi Bucht.

seit 2006 Entwicklung der öffentlichen Parkanlage (Bauabschnitt IX)

Zum Zeitpunkt des Interviews waren 70% der geplanten Grün- und Parkflächen fertiggestellt. Die verbleibenden 30% werden zusammen mit den übrigen Bauabschnitten umgesetzt.

Eröffnet wurde der Park bereits im August 2007. Verantwortlich für die Unterhaltung ist der Investor.

2007 Übernahme Öböls durch die portugiesische Investorengruppe

Nachdem 2007 der zoning plan genehmigt wurde, übernahm die portugiesische Investorengruppe das Gemeinschaftsunternehmen, in-dem es die Anteile des ungarischen Investors erwarb.

o. J. Immobilienentwicklung (Wohn-, Geschäftsgebäude etc.)

Bestandteil der Immobilienentwicklung sind die nachstehenden elf Bauabschnitte:

Baufeld I (41.132 m2),

Baufeld I liegt im Norden des Baugrundes. Angrenzend liegen die Dombovari Straße im Norden, die Donau im Osten, die Lágymányosi Bucht im Süden und das Baufeld II im Westen.

Die derzeitigen Pläne sehen vor, hier ein Hotel sowie Geschäfts- und Bürogebäude (80.000 m2) zu errichten. Für das Hotel existieren bereits Vereinbarungen mit Courtyard, einer Hotel-marke des Marriott Konzerns. Die Eröffnung ist für 2012 ge-plant.

Baufeld II (3.000 m2),

Baufeld II liegt ebenfalls unmittelbar an der Dombovari Straße.

Das hier geplante Geschäfts- und Bürogebäude soll eine funktionale Einheit mit den angrenzenden Geschäfts- und Büro-gebäuden der Baufelder I und X bilden.

Baufeld III (13.402 m2),

Baufeld III markiert den Mittelpunkt des Baugrundes mit direktem Zugang zum Strand der Lágymányosi Bucht.

Bis 2013 werden hier vier Wohngebäude entstehen, wobei eines der Gebäude die insgesamt erlaubte Bebauungshöhe von 55 m ausreizen soll.

Baufeld IV (5.746 m2),

Baufeld IV ist genauso zentral gelegen wie Baufeld III, ebenfalls mit unmittelbarem Zugang zur Bucht.

Hier sollen in maximal zweigeschossigen Gebäuden Wellness-,

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 88

Fitness- und Gesundheitsdienstleistungen angesiedelt werden.

Baufeld V (38.256 m2),

Baufeld V liegt unmittelbar gegenüber der Parkanlage, zwischen den Baufeldern IV und VI.

Hier werden insgesamt zehn Wohngebäude mit jeweils ca. 80 Apartments entstehen. Die Ausrichtung und Form der Ge-bäude soll einen möglichst unverbauten Blick auf die Donau und die Stadt gewährleisten. Der Baubeginn ist noch für 2010 vor-gesehen.

Baufeld VI (25.374 m2),

Baufeld VI liegt im Südosten des Baugrundes zwischen Budafoki Straße und Baufeld V.

Hier sollen überwiegend Bürogebäude entstehen. Eines von ihnen, das ÖBÖL ONYX, ist bereits im Bau.

Baufeld VII (18.460 m2),

Baufeld VII liegt im Süden direkt oberhalb der Mündung der Lágymányosi Bucht.

Auf dem Baufeld befinden sich zwei brachgefallene, jedoch industriekulturell bedeutende Gebäude des angrenzenden Elek-trizitätswerkes. Sie sollen erhalten bleiben und werden um ein drittes Gebäude ergänzt. Insgesamt soll hier eine Mischung aus Geschäfts- und Büroflächen sowie Wohn- und Freizeitflächen entstehen.

Baufeld VIII (8.947 m2),

Für dieses Baufeld existierten zum Zeitpunkt des Interviews keine aktuellen Pläne.

Baufeld IX,

Baufeld IX ist gleichzusetzen mit den Grün- und Parkanlagen, die auf dem gesamten Baugrund entstehen bzw. schon ent-standen sind.

Baufeld X (38.617 m2),

Baufeld X befindet sich an der Kreuzung Dombovari und Budafoki Straße im Nordwesten des Baugrundes.

Hier sollen Einzelhandels-, Geschäfts- und Bürogebäude sowie Wohngebäude entstehen.

Baufeld XI (23.349 m2),

Baufeld XI verbindet die Baufelder VI und X entlang der Budafoki Straße.

Die derzeitigen Pläne sehen vor, hier Gebäude für gewerbliche Nutzungen zu errichten.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 89

Zum Zeitpunkt des Interviews befand sich die bauliche Entwicklung in den Anfängen. Öböl XI Ltd. wird aufgrund der Weltfinanzkrise auch künftig gezwungen sein, sie auf ein Minimum zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund vermochten die Interviewpartner nicht vorherzusagen, wie lange der Implementierungsprozess dauern wird. Mehr als 20 Jahre hielten sie jedoch für sehr wahrscheinlich.

Unterhaltung

Nach dem Projektende sind die folgenden Akteure für die Anlagenunterhaltung zuständig:

Öböl XI Ltd. und

Die Öböl XI Ltd. ist Eigentümerin des Parks und deshalb auch nach der Be-endigung des Projektes für seine Unterhaltung verantwortlich. Aus diesem Grund errichtete sie innerhalb des Parks kleine Pavillons, die Geschäfts- und Büroräume beherbergen können und deren Mieteinnahmen die jährlich anfallenden Kosten decken sollen. Alternativ wäre denkbar, dass Öböl XI Ltd. nach Abschluss der Im-mobilienentwicklung den Park unentgeltlich in öffentliches Eigentum überführt.

die zukünftigen Eigentümer der Grundstücke und/oder Gebäude.

Verantwortlich für die Unterhaltung der entwickelten Grundstücke und Gebäude sind deren zukünftige Eigentümer. Die Pläne sehen vor, dass Öböl XI Ltd. nach Abschluss der baulichen Entwicklung lediglich als Verwalter und im Auftrag der Eigentümer agiert.

Erfolgsermittlung

Im bisherigen Projektverlauf fand keine Evaluation statt.

Beteiligung

Bisher ergaben sich die folgenden Änderungen in der Akteurskonstellation:

Die Reduzierung des Stimmrechts der Stadt Budapest auf 1% und

Der Eigentümerwechsel bei der Öböl XI Ltd., bei dem die portugiesische In-vestorengruppe die Anteile des ungarischen Investors erwarb.

Als Teilhaber der Öböl XI Ltd. wurde bisher lediglich Budapests Bezirks- und Stadtver-waltung an der Projektplanung und -implementierung beteiligt. Aufgrund des be-stehenden Stimmrechtsverhältnisses hat die Stadt jedoch kein Mitspracherecht, sondern fungiert ausschließlich als Berater in öffentlichen Genehmigungs- und Lizenzverfahren.

Öböl XI Ltd. versteht die Öffentlichkeit als Kunden, weshalb das Unternehmen auch die entsprechenden Instrumente nutzt, um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Dazu gehören u. a. Markt- und Nachfrageanalysen sowie ein Beschwerdemanagement. Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird von Öböl XI Ltd. organisiert. Sie übernimmt auch die Öffentlichkeitsarbeit.

Finanzierung

Die Finanzierung der Lágymányosi Bucht erfolgt durch Eigenkapital der Öböl XI Ltd. sowie durch Fremdkapital aus Krediten privater Banken.

Die Projektkosten trägt die Öböl XI Ltd. Die Kosten sollen aus den Einnahmen der Im-mobilienentwicklung refinanziert werden.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 90

Die Öböl XI Ltd. gilt nicht als Public Private Partnership, weshalb ihr der Zugang zu europäischen Förderprogrammen bisher verwehrt geblieben ist. Die Realisierung des Projektes bedurfte bisher keiner öffentlichen Kofinanzierung.

2.4.5 Flussinseln mit Kulturangebot

Abbildung 6 Lage der Fallbeispiele zum Thema Flussinseln mit Kulturangebot Quelle: IIRM, ESRI

Mühleninsel

Projektgrundlagen Lage – Die Mühleninsel (Wyspa Młyńska) liegt im Zentrum von Bydgoszcz (Polen). Sie wird von der Brda und deren Seitenarm Młynówki umgeben.

Träger – Der Projektträger ist die Stadtverwaltung Bydgoszcz.

Projektlaufzeit – Die Planung des Projektes begann 2004, und es wird voraussichtlich 2012 abgeschlossen sein.

Chronologie - Die Meilensteine des Fallbeispiels sind:

2006 - 2007 Teilprojekt 1: Revitalisierung der Mühleninsel zur Unternehmens-förderung

2007 - 2009 Teilprojekt 2: Sanierung des kulturellen Erbes auf der Mühleninsel

2008 - 2010 Teilprojekt 3: Einrichtung von Freizeitinfrastruktur auf der Mühlen-insel und in ihrer unmittelbaren Umgebung

2010 - 2012 Teilprojekt 4: Revitalisierung der Sportanlagen auf der Mühleninsel

Fläche - Die Mühleninsel ist 6,5 ha groß, und die Uferlänge beträgt ca. 2,3 km. Die Wasserfläche der geplanten Marina wird ca. 1.000 m2 groß sein, und der die Insel durch-querende rekonstruierte Międzywozie Kanal ist 130 m lang und 50 cm tief.

Projektkosten – Die Projektkosten betragen 17.652.794 €.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 91

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion gliedert sich das Projekt-gebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Flächen für den Gemeinbedarf,

Hierzu zählen die Museen und das Beratungszentrum für Unternehmensgründer und Arbeitssuchende.

Gewerbeflächen und

Zu den Gewerbeflächen zählt eine Beherbergungseinrichtung.

Sonderflächen, die der Erholung dienen.

Zu den Erholungsflächen zählen die für Freizeitaktivitäten angelegten Freiräume, die Sportanlagen und die Museen.

Städtebaulich gliedert sich das Projektgebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Baufläche,

Grünfläche und

Wasserfläche.

Bezüglich der Einbindung des Flusses besteht das Projektgebiet aus

Abschnitten mit unmittelbarem Bezug zum Fluss und

Hierzu zählen der Kanusportkomplex, die geplante Marina, die Sanierung der Ufermauern und die Nachbildung des historischen Międzywodzie Kanals.

Abschnitten ohne direkten Bezug zum Fluss.

Hierzu zählen das Beratungszentrum für Unternehmensgründer und Arbeits-suchende, die Museen, das Amphitheater und der Spielplatz.

Verflechtungen – Zwischen dem Projektgebiet, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

Physische Verflechtungen - Die Insel ist mit der Landseite über drei Fußgänger-brücken verbunden: eine an der Nordseite zur Neuen Oper, eine an der Westseite zur Straße ul. Św. Trójcy und eine an der Südseite zum Wełniany Rynek. Darüber hinaus gibt es eine für Autos zugängliche Brücke, die bereits vor Projektbeginn existierte, und auf der Insel stehen auch ein paar Parkplätze zur Verfügung.

Funktionale Verflechtungen - Die Insel dient als Bildungs- und Erholungsort.

Mentale Verflechtungen - Durch das Projekt steht die Insel im Fokus des Interesses der Einheimischen.

Bedeutung des Standortes –Seit der Durchführung des Projektes ist die Mühleninsel ein der Öffentlichkeit zugänglicher Ort für Kultur, Bildung, Natur und Freizeit. Darüber hinaus trägt die Revitalisierung der Insel selbst auch zur Aufwertung ihrer unmittelbaren Umgebung bei.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 92

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee – Früher war die Insel als Sitz der königlichen Münzprägeanstalt und als Zentrum der Mühlenindustrie ein bedeutsames Unternehmenszentrum, das die Ent-wicklung der Stadt Bydgoszcz beeinflusste. Diese beiden Gewerbe befanden sich jeweils auf einer Inselhälfte. Geteilt wurde die Insel durch den Międzywozie Kanal. Nachdem die Mühleninsel seit Beginn der 1970er Jahre nicht mehr industriell genutzt wurde, war sie ein verfallener unsicherer Ort. Nur ein kleiner Seitenteil wurde vom Sportverein ZAWISZA für den Kanusport genutzt. Daher war es an der Zeit, die Rolle der Insel zu ändern und unter Bewahrung ihres historischen Charakters einen Ort für Kultur, Natur und Freizeit zu schaffen. Das Projekt zielt darauf ab, die Insel zu rekonstruieren und ihr durch die Trans-formation der heruntergekommenen post-industriellen Fläche neue urbane Funktionen zu verleihen.

Zielspektrum - Das Zielspektrum der Mühleninsel wird von den Interviewpartnerinnen wie folgt beschrieben:

Das wichtigste ökologische Ziel ist die Verbesserung der Wasserqualität über die Sanierung der Ufermauern, da sie die Beseitigung zwei illegaler Abwasserrohre be-inhaltet. Darüber hinaus gibt es keine spezifischen ökologischen Ziele, jedoch wird während des gesamten Prozesses sichergestellt, dass sich das Projekt auf der Insel nicht negativ auf die sie umgebenden Gewässer auswirkt.

Das wichtigste ökonomische Ziel ist die Schaffung eines Schlüsselprodukts im Be-reich des Kulturtourismus, das die Attraktivität der Stadt wesentlich verbessert.

Die wichtigsten städtebaulichen Ziele sind der Schutz und die Aufwertung einzig-artiger historischer Gebäude auf der Insel sowie die Anpassung des jeweiligen Designs der neuen Fußgängerbrücken an den auf der entsprechenden Landseite vorherrschenden Baustil.

Die wichtigsten sozialen Ziele sind die Nutzung der Potentiale der Insel in den Be-reichen Kultur, Bildung, Tourismus und Freizeit sowie die Schaffung einer sicheren Zugänglichkeit zur Insel für die Öffentlichkeit. Darüber hinaus gilt es, die Qualität der kulturellen Infrastruktur zu verbessern und Sicherheit sowohl für Personen als auch für die Museumskollektionen zu gewährleisten.

Die dominante Zieldimension ist nach Aussage der Interviewpartnerinnen die soziale, nach der die Insel für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird und gute Freizeit-angebote geschaffen werden.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes – Zur Personenbeförderung gibt es auf der Brda eine so genannte Wassertram. Es war nicht Bestandteil des Projektes, eine Haltestelle direkt an der Insel zu planen, aber die Stadtverwaltung zieht diese Möglichkeit in Betracht.

Die Brda wird zum Kanu fahren genutzt, und es ist geplant, durch den Bau einer Marina Wassertouristen anzuziehen. Da sich momentan zu viele Pflanzen im Wasser befinden, erfordert dies eine Reinigung und darüber hinaus auch eine Vertiefung des Flusses. Es wird sichergestellt, dass dies keine starken negativen ökologischen Auswirkungen hat.

Für die Ufernutzung spielt der Fluss als attraktives Landschaftselement eine große Rolle. Daher werden dort Fuß- und Radwege angelegt, und für die nächsten Sommer wird ge-plant, einen zeitlich begrenzten Strand auf der Insel anzulegen.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 93

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Sowohl die Entwicklung der Projektidee als auch die Projektumsetzung gehen auf die Stadt Bydgoszcz zurück.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

In Bydgoszcz gibt es keine Behörde, die speziell für Gewässer zuständig ist. Es gibt nur eine für Stadtentwicklung allgemein.

Die Entscheidungen werden vom Präsidenten der Stadt Bydgoszcz und den Vize-präsidenten getroffen. Es gibt keine Lenkungsgruppe.

Für die Konzeption, Planung und Durchführung gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen der Stadtverwaltung, wie z. B. den Abteilungen für Ökologie, für Bau, für Ausschreibungen, für Europäische Fördermittel und der Presse-stelle.

Ein Landerwerb war nicht notwendig.

Der Planungsprozess begann 2004 mit der Initiierung des Programms „Revitalisierung des Kultur- und Naturerbes auf der Mühleninsel und in ihrer unmittelbaren Umgebung“ durch die Stadt Bydgoszcz und lief bis 2006.

Pläne und Dokumente

Die folgenden Arten von Plänen waren notwendig:

Örtlicher Raumbewirtschaftungsplan (miejscowy plan zagospodarowania przestrzennego)

Ein örtlicher Raumbewirtschaftungsplan liegt noch nicht für alle Flächen in Polen vor. Die ausstehenden Pläne werden noch erarbeitet.

Bescheid über Bebauungsbedingungen (warunki zabudowy)

Entscheidung der Bauverwaltungsabteilung in der Stadtverwaltung, die für alle Flächen nötig ist, für die noch kein örtlicher Raumbewirtschaftungsplan vorliegt, so auch für die Mühleninsel.

Aus dem Entwicklungsplan von Bydgoszcz für die Jahre 2009 bis 2014: Programm Nr. 9 - Leben in Bydgoszcz, Programm Nr. 10 - Grün in Bydgoszcz und Programm Nr. 11 - Grenzenlose Kultur

Das Projekt ist Bestandteil des Revitalisierungs- und Entwicklungsprogramms für das Wasserzentrum Bydgoszcz (Program Rewitalizacji i Rozwoju Bydgoskiego Wezła Wodnego).

Genehmigungen

Es war eine Genehmigung der Regionalen Wasserwirtschaftsverwaltung (RZGW) Gdansk für die Sanierung der Ufermauer in Teilprojekt 3 sowie für die Planung der Marina und die Vertiefung des Flusses in Teilprojekt 4 notwendig.

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Implementierungsprozess

Die Meilensteine des Implementierungsprozesses sind:

2006 – 2007 Bau von drei Fußgängerbrücken, Nachbildung des historischen Międzywodzie Kanals und Renovierung eines historischen Gebäudes einschließlich Anpassung an die Nutzung als Unternehmensförderungszentrum (Teilprojekt 1)

07/2007 – 02/2009 Restaurierung von fünf historischen Gebäuden auf der Insel und Anpassung an die Nutzung als Museen (Teilprojekt 2)

06/2008 – 10/2008 Aufbau einer Wasserversorgung, eines Abwasserkanalnetzes und eines Energieversorgungsnetzes (Teilprojekt 2)

2008 – 2010 Bau eines Amphitheaters und eines Spielplatzes, Entwicklung von Grünflächen und Sanierung der Ufermauern (Teil-projekt 3)

08/2010 – 2012 Abriss des bestehenden Gebäudes des Sportvereins ZAWISZA, Sanierung der technischen Infrastruktur und Bau eines neuen Gebäudes für den Sportverein ZAWISZA ver-bunden mit einer Beherbergungseinrichtung (Teilprojekt 4)

Unterhaltung

Nach dem Projektende sind die folgenden Akteure für die Unterhaltung der Anlagen zu-ständig:

Die Stadt Bydgoszcz für das Unternehmensförderungszentrum,

Das Leon Wyczółkowski Bezirksmuseum für die Museen,

Die Stadt Bydgoszcz, Abteilung für kommunale Versorgung und Umweltschutz für das Amphitheater, die sanitären Anlagen, den Spielplatz und die Grünflächen und

Der Sportverein ZAWISZA für das Sportvereinsgebäude, die Beherbergungsein-richtung und die Marina.

Erfolgsermittlung

Nach jedem Programmteil wird eine zusammenfassende Evaluation durchgeführt.

Diese Evaluationen zeigten bisher, dass es keine Probleme gab, die zu einem Abbruch des Programms führen könnten.

Die neue Mühleninsel wird sehr gut angenommen, und 2007 wurde die Stadt Bydgoszcz vom Bauminister für ihre interdisziplinäre Forschungsarbeit zugunsten der Revitalisierung und Entwicklung des Wasserzentrums Bydgoszcz mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

Beteiligung

Die Akteurskonstellation hat sich im Laufe der Zeit nicht geändert.

Die Stakeholder, mit denen es Treffen gab, waren der Sportverein ZAWISZA und das Leon Wyczółkowski Bezirksmuseum, das teilweise mit der Stadt verbunden ist.

Zu Beginn des Projektes gab es mehrere Treffen mit der Öffentlichkeit, in denen der Plan diskutiert wurde. So wurden zunächst die Pläne für die Teilprojekte 1, 2 und 3 und dann

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auch die für das Teilprojekt 4 angenommen. Später hatte die Öffentlichkeit die Möglich-keit, basierend auf den im Internet veröffentlichten Informationen Einspruch zu erheben.

Die Organisation der Beteiligung lag bei der Abteilung der Stadtverwaltung, die dafür zuständig ist, den Präsidenten von Bydgoszcz bei organisatorischen Aufgaben zu unter-stützen. Für die Öffentlichkeitsarbeit ist die Pressestelle der Stadt Bydgoszcz zuständig.

Finanzierung

Die folgenden Kosten entstehen während des Projektes:

Teilprojekt 1 3.034.797 €

Teilprojekt 2 5.422.296 €

Teilprojekt 3 6.187.805 €

Teilprojekt 4 3.007.896 €

GESAMT 17.652.794 €

Ausgewählte Kostenkomponenten lassen sich folgendermaßen aufschlüsseln:

Vorbereitung der Bebaubarkeit in Teilprojekt 3 5.374.333 €

Werbung in Teilprojekt 2 47.963 €

Nachbildung des historischen Międzywodzie Kanals in Teilprojekt 1

701.842 €

Unterhaltung der Grünflächen pro Jahr ca. 90.000 €

Das Projekt wird mithilfe der folgenden Förderprogramme durchgeführt:

Teilprojekt 1:

Europäischer Fond für regionale Entwicklung (EFRE) mit dem „Integrierten Operationellen Programm für Regionalentwicklung“

Teilprojekt 2:

European Economic Area Financial Mechanism (EEA FM)

Teilprojekte 3 und 4:

Regionalny Program Operacyjny Wojowództwa Kujawsko-Pomorskiego (RPO K-P)

Folgendermaßen werden die Kosten verteilt:

Teilprojekt 1:

ERDF: 693.922 €, Stadt Bydgoszcz: 2.340.878 €

Teilprojekt 2:

EEA FM: 2.392.371 €, Stadt Bydgoszcz: 3.029.925 €

Teilprojekt 3:

RPO K-P: 4.022.074 €, Stadt Bydgoszcz: 2.165.731 €

Teilprojekt 4:

RPO K-P: 1.503.948 €, Stadt Bydgoszcz: 1.503.948 €

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 96

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 96

L’Ile

Gegenstand der Betrachtung ist an dieser Stelle kein geschlossenes Gesamtprojekt und nicht die Gesamtheit der Insel L’Ile. Stattdessen stehen im Fokus die folgenden Einzel-maßnahmen auf und an der Insel L’Ile:

Projekt 1: Bâtiment des Forces Motrices - Transformation des ehemaligen Pump-werks Coulouvrenière in ein Theater (vgl. S. 96)

Projekt 2: Halles de l’Ile - Transformation des Südflügels der Halles (ursprünglich Schlachthaus, später Markthallen) in eine Brasserie mit Konzerten (vgl. S. 99)

Projekt 3: Promenade des Lavandières - Aufwertung des öffentlichen Raums auf dem Deich zwischen Bâtiment des Forces Motrices und Halles de l’Ile (vgl. S. 102)

Projekt 4: Bâtiment du Pont de la Machine - Transformation eines Teils des ehe-maligen Wasserkraftwerks und späteren Verwaltungsgebäude der Stadtwerke in Ausstellungsräume (vgl. S. 105)

Projekt 5 : Pont de la Machine und Plattform - Restaurierung der Brücke am ehe-maligen Wasserkraftwerk und Konstruktion einer Plattform auf dem Wasser (S. 108)

Lage – Die Insel L’Ile liegt in der Rhône in Genf (Schweiz) zwischen dem Genfer See und dem Zusammenfluss von Rhône und Arve. Projekt 1 befindet sich im Stadtteil La Coulouvrenière und die Projekte 2, 3, 4 und 5 zwischen dem Stadtzentrum und Saint Gervais.

Projekt 1: Bâtiment des Forces Motrices

Projektgrundlagen Träger – Der Projektträger war die Republik und Kanton Genf (im Folgenden kurz als Kanton bezeichnet), Département des constructions et des technologies de l’information (DCTI).

Projektlaufzeit und Chronologie – Die Meilensteine des Projektes waren:

1995 Planungsbeginn

1996 - 1997 Implementierungsphase

09/1997 Abschluss des Projektes

Fläche - Das Bâtiment des Forces Motrices hat eine Fläche von 3.000 m2, und seine Außenlänge entlang der Rhône beträgt 2 x 23 m.

Projektkosten – Die Projektkosten betrugen 8,6 Mio. CHF.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion besteht das Projektgebiet aus Flächen für den Gemeinbedarf, dem als Theater genutzten Bâtiment des Forces Motrices.

Städtebaulich besteht das Projektgebiet aus einem Gebäude.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 97

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 97

Die Rhône fließt zwar unter dem Gebäude hindurch, war jedoch nicht Bestandteil des Projektes.

Verflechtungen – Zwischen dem Projektgebiet, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

Physische Verflechtungen - Um das Gebäude herum führt ein Fußgängersteg, es gibt eine Fußgängerbrücke zur Landseite, und das Gebäude grenzt an die Promenade des Lavandières (Projekt 3).

Funktionale Verflechtungen - Das Gebäude steht der Öffentlichkeit als Kulturein-richtung für Ballett- und Theateraufführungen sowie für Privatveranstaltungen offen.

Bedeutung des Standortes – Das Bâtiment des Forces Motrices ist ein historisches Gebäude, dessen Charakter bei der Transformation erhalten wurde.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee – Das Pumpwerk Coulouvrenière war bis 1990 in Betrieb und befand sich im Eigentum der SIG. Danach stand es leer, bis es 1996 in den Besitz des Kantons über-ging.

Das Opernhaus Grand Théâtre musste in der Saison 1997/98 aufgrund technischer In-standsetzungsmaßnahmen schließen und suchte für diese Zeit einen Aufführungsort, auf den es ausweichen konnte. Diesen sollte es im Bâtiment des Forces Motrices finden.

Zielspektrum - Das Zielspektrum des Bâtiment des Forces Motrices wird von den Inter-viewpartnern wie folgt beschrieben:

Ein vorrangiges ökologisches Ziel gab es in diesem Projekt nicht.

Das wichtigste ökonomische Ziel war die Einrichtung eines provisorischen Saals mit ca. 1.000 Plätzen als Ausweichstandort für das Grand Théâtre für die Saison 1997/98.

Das wichtigste städtebauliche Ziel war eine gute Erreichbarkeit.

Das wichtigste soziale Ziel war die Öffnung eines vormals unzugänglichen Ortes für die Öffentlichkeit.

Die dominante Zieldimension war nach Aussage der Interviewpartner die ökonomische.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes – An dieser Stelle spielt die Rhône keine Rolle für die Personenbeförderung, denn weder die Fähren noch die Ausflugsschiffe legen dort an.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Die Entwicklung der Projektidee geht auf Philippe Joye, Abgeordneter im DCTI, und den Kantonsbaumeister Emmanuel Catanier zurück. Die Projektumsetzung wurde durch den Architekten Bernard Picenni initiiert. Beworben wurde das Projekt durch Philippe Joye und Emmanuel Catanier sowie vom Präsidenten der Fondation du Grand Théâtre, Guy Demole. Das Grand Théâtre, insbesondere vertreten durch Guy Demole und die Direktorin Renée Auphan, hielt das Projekt am Leben.

Page 98: Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa

Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 98

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 98

Planung und Implementierung

Planungsprozess

In diesem Projekt gab es keinen Unterschied zwischen Fachplanung und Gesamtplanung.

Die Entscheidungen trafen der Kanton und das Grand Théâtre. Es gab keine Lenkungs-gruppe, die Koordination erfolgte durch den Architekten und das DCTI.

Für die Konzeption, Planung und Durchführung waren der Kanton und der Architekt zu-ständig.

Ein Landerwerb war nicht notwendig.

Der Planungsprozess dauerte sieben Monate.

Pläne und Dokumente

Es waren eine normale Ausschreibung, Ausführungsunterlagen, ein EDV-Plan, Visualisierungen und Simulationen notwendig.

Der Umbau des Gebäudes ist nicht Bestandteil übergeordneter Pläne, aber der Fuß-gängersteg, der bei dieser Gelegenheit um das Gebäude herum angelegt wurde, ist wie die Promenade des Lavandières (Projekt 3) und die Plattform an der Brücke Pont de la Machine (Projekt 5) Bestandteil des Konzeptes „Le Fil du Rhône“.

Genehmigungen

Es waren eine Baugenehmigung und Sicherheitszulassungen notwendig.

Implementierungsprozess

Der Implementierungsprozess lässt sich wie folgt beschreiben:

07/1996 - 08/1997 Transformation des ehemaligen Pumpwerks in ein Theater

Unterhaltung

Die folgenden Akteure sind für die Unterhaltung der Anlagen zuständig:

Kanton und Republik Genf für das Gebäude,

Die Stadt Genf für den Fußgängersteg und

Arfluvial SA für den Innenraum.

Erfolgsermittlung

Die Idee, das ehemalige Pumpwerk in ein Theater umzuwandeln, war originell, und das Gebäude fügt sich gut in seine Umgebung ein.

Beteiligung

Die Akteurskonstellation hat sich im Laufe der Zeit nicht geändert.

Die Stakeholder, die einbezogen wurden, waren die verschiedenen Abteilungen des Grand Théâtre.

Finanzierung

Die Projektkosten betrugen 8,6 Mio. CHF. Ausgewählte Kostenkomponenten lassen sich folgendermaßen aufschlüsseln:

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 99

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 99

Ausräumen des Gebäudes 37.000 CHF

Innenumbau des Gebäudes 6 Mio. CHF

Bau des Fußgängerstegs um das Gebäude herum 270.000 CHF

Betriebsausstattung 1,2 Mio. CHF

In diesem Projekt wirkte der Präsident der Fondation du Grand Théâtre, Guy Demole, als Mäzen. Er übernahm zwei Drittel der Kosten. Zu einem Drittel wurde das Projekt vom Kanton finanziert.

Projekt 2: Halles de l’Ile

Projektgrundlagen Träger – Der Projektträger war die Stadt Genf, Département des constructions et de l’aménagement, Service d’architecture.

Projektlaufzeit und Chronologie – Die Meilensteine des Projektes waren:

2002 Planungsbeginn

2008 - 2009 Implementierungsphase

05/2009 Abschluss des Projektes

Fläche - Die Fläche der Halles de l’Ile beträgt 923 m2.

Projektkosten – Die Projektkosten betrugen 1.872.717 CHF.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion besteht das Projektgebiet aus Gewerbeflächen, dem für Gastronomie und Veranstaltungen genutzten Südflügel der Halles de l’Ile.

Städtebaulich besteht das Projektgebiet aus einem Gebäude.

Das Gebäude grenzt zwar an drei Seiten unmittelbar an die Rhône, der Fluss war jedoch nicht Bestandteil des Projektes.

Verflechtungen – Zwischen dem Projektgebiet, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

Physische Verflechtungen - Auf der einen Seite des Gebäudes befindet sich die Brücke Pont de l’Ile, und auf der anderen Seite besteht Anschluss für Fußgänger und Radfahrer zur Promenade des Lavandières (Projekt 3). Darüber hinaus ist eine kleine Metallüberquerung auf dem linken Arm der Rhône geplant, damit Radfahrer nicht mehr den kleinen Durchgang mitten durch das Gebäude passieren, sondern entsprechend dem Konzept „Le Fil du Rhône“ außen entlang am Gebäude vorbei-fahren können.

Funktionale Verflechtungen - Die Brasserie steht allen Gästen an 365 Tagen im Jahr offen und basiert auf einem besonderen sozialen Konzept.

Bedeutung des Standortes – Die Halles de l’Ile sind ein kultureller Ort im Herzen der Stadt, der an 365 Tagen im Jahr geöffnet hat.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 100

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 100

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee – Nach umfangreichen Baumaßnahmen Anfang der 1980er Jahre waren zahlreiche Projekte erarbeitet worden, ohne dass sie umgesetzt wurden. Seitdem war das Potential des Ortes nicht ausgeschöpft worden, es war nicht viel Betrieb. Die Idee des Projektes war, über die Einrichtung einer Brasserie die Belebtheit und Attraktivität der Halles zu verbessern.

Zielspektrum - Das Zielspektrum der Halles de l’Ile wird von der Interviewpartnerin wie folgt beschrieben:

Ein vorrangiges ökologisches Ziel gab es in diesem Projekt nicht.

Das wichtigste ökonomische Ziel bestand darin, der Bevölkerung einen populären Treffpunkt mit bezahlbaren Preisen anbieten können.

Ein vorrangiges städtebauliches Ziel gab es in diesem Projekt nicht.

Die wichtigsten sozialen Ziele waren das Zusammenbringen der Bevölkerung durch ein verbindendes Projekt und die Schaffung eines für die Öffentlichkeit zugäng-lichen Kultur- und Treffpunktes.

Die dominante Zieldimension war nach Aussage der Interviewpartnerin die soziale.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes – Zur Personenbeförderung befindet sich an dem Platz vor dem Gebäude eine Anlegestelle für Ausflugsschiffe, was für die Brasserie interessant sein könnte.

Darüber hinaus spielt der Fluss eine ästhetische Rolle. Daher ist die Terrasse der Brasserie zum Fluss hin ausgerichtet.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Das Projekt war ein Thema der politischen Kampagne des Grünen-Abgeordneten Patrice Mugny für seine Wahl zum Conseiller administratif der Stadt Genf. Sein ursprüngliches Ziel war eine Brasserie der fünf Kontinente im gesamten Gebäude. Da dies jedoch zu groß geworden wäre, hat man sich auf den Südflügel beschränkt. Weiterverfolgt wurde die Projektidee dank der Menschen, die Patrice Mugny gewählt haben, und des Stadtrats, der die Gelder bewilligt hat.

Vor der Umsetzung wurde das Projekt politisch, insbesondere von Patrice Mugny, be-worben, und danach von der Betreiberin Helen Calle-Lin.

Am Leben gehalten wird das Projekt durch die Betreiberin.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Die Entscheidungen wurden vom Stadtrat getroffen. Es gab eine Lenkungsgruppe. Sie bestand aus der Leiterin des Département de la culture, für das Patrice Mugny ver-antwortlich ist, und der Leiterin des Service d’architecture.

Für die Konzeption, Planung und Durchführung war der Service d’architecture zuständig.

Das Gelände gehörte bereits der Stadt, jedoch gab es Vormieter, mit denen verhandelt werden musste. Dazu gehörte ein Restaurantbesitzer, der Einspruch einlegte und vor Gericht ging, so dass das Projekt für mehrere Jahre stillstand.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 101

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 101

Die Meilensteine des Planungsprozesses waren:

01/2002 Bewilligung des Stadtrats für die Finanzierung einer Studie

06/2003 Beginn einer Studie über die Einrichtung einer Brasserie in den Halles de l’Ile

09/2005 Baugenehmigung

11/2006 Bewilligung des Stadtrats für die Baufinanzierung

05/2008 Baubeginn

Pläne und Dokumente

Es gab kein übergeordnetes Konzept. Das Projekt war sehr punktuell und hatte Priorität.

Genehmigungen

Es waren eine Baugenehmigung, eine Genehmigung für das Betreiben eines Restaurants und Sicherheitszulassungen notwendig. Den Bestimmungen für die Genehmigungen nachzukommen, war relativ einfach, da es sich um einen Innenausbau, und nicht um einen Neubau handelte.

Implementierungsprozess

Der Implementierungsprozess lässt sich wie folgt beschreiben:

05/2008 – 04/2009 Sanierung der Halles de l’Ile

Es gab eine Verzögerung von drei Monaten, da es sich anfangs um ein rein theoretisches Projekt handelte. Die Betreiberin stand erst im November 2008 nach der öffentlichen Ausschreibung fest. Sie ließ vieles ändern, da ihr Konzept sonst unter den Gegebenheiten ökonomisch nicht funktioniert hätte. So befindet sich heute z. B. dort, wo ursprünglich die Küche war, ein Weinladen, in dem junge Winzer der Region Verkostungen anbieten. Darüber hinaus wollte die Betreiberin keine feststehende Bar und ein Podium, sondern eine Bar auf Rädern, die sich verschieben lässt, falls die Größe einer Veranstaltung dies erfordert. Sowohl die Projektverantwortlichen der Stadt als auch der Stadtrat waren mit diesen Änderungen einverstanden. Die drei Monate Verzögerung stellten kein Problem dar, und darüber hinaus wurde trotzdem das Budget eingehalten.

Unterhaltung

Die folgenden Akteure sind für die Unterhaltung der Anlagen zuständig:

Die Stadt Genf für das Gebäude und

Die Betreiberin für den Innenraum.

Erfolgsermittlung

Es gab bisher keine Evaluation, aber wahrscheinlich wird das Département de la culture zu einem späteren Zeitpunkt eine durchführen, da die Miete, die die Betreiberin zahlt, prozentual von ihrem Umsatz abhängt. Es gibt ein Minimum, das erwirtschaftet werden muss, jedoch ist der von ihr zu zahlende Prozentsatz niedriger als anderswo, weil sie die ihr gestellten Bedingungen erfüllen muss, an 365 Jahren im Jahr geöffnet zu haben und ein Tagesgericht für maximal 14 CHF anzubieten. Darüber hinaus ist vereinbart, dass sie Kulturveranstaltungen anbieten muss, die keine Gewinne erwirtschaften, damit diese Lokalität wirklich für alle offen ist, auch für die ärmeren Teile der Bevölkerung. Dann ist

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 102

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 102

der Eintritt für die Konzerte frei, und die Gewinne müssen über den Getränkeverkauf er-wirtschaftet werden.

Dieser Ort ist zentral gelegen und daher sehr begehrt. So wollten die benachbarten Banken, dass die Stadt ihnen das Gebäude überlässt, da sie dort einen Wellnessbereich für ihre Führungskräfte einrichten wollten. Sie haben die rechte Minderheit im Stadtrat dazu bewegt, gegen das Projekt zu stimmen. Darüber hinaus gab es z. B. eine Initiative für die Einrichtung einer Krippe. Heute finden an dem Ort nun überwiegend Konzerte statt.

Beteiligung

Die Akteurskonstellation hat sich im Laufe der Zeit nicht geändert.

Es wurde mit dem Verein „Les Bains des Pâquis“ diskutiert, da er an einem Strand des Genfer Sees einen Imbiss betreibt, der sich ebenfalls in städtischem Besitz befindet, und der nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert wie das, das Patrice Mugny für die Brasserie vorsah. Dieser Verein half dabei, das Programm für die Brasserie aufzustellen und zu zeigen, dass das Projekt wirtschaftlich funktionieren könne. Dies aufzuzeigen war wichtig, denn jeder konventionelle Restaurantbetreiber in Genf hält die Auflage, ein Tagesgericht für 14 CHF anzubieten, für unmöglich.

Die Öffentlichkeit wurde nicht beteiligt.

Nachdem das Projekt gestartet war, hat die Betreiberin viel zur Verkaufsförderung unter-nommen.

Finanzierung

Die folgenden Kosten entstanden während des Projektes:

Innenumbau des Gebäudes 1,34 Mio. CHF

Studie 532.717 CHF

GESAMT 1.872.717 CHF

Die Projektkosten wurden von der Stadt Genf getragen. Die Betreiberin hat sich mit ca. 500.000 CHF für die Betriebsausstattung beteiligt.

Projekt 3: Promenade des Lavandières

Projektgrundlagen Träger – Der Projektträger war die Stadt Genf, Département des constructions et de l’aménagement, Service de l’aménagement urbain et de la mobilité.

Projektlaufzeit und Chronologie – Die Meilensteine des Projektes waren:

1995 Planungsbeginn

1997 Implementierungsphase

Fläche - Die Promenade des Lavandières hat eine Fläche von 1.000 m2.

Projektkosten – Die Projektkosten betrugen 500.000 CHF.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 103

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 103

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion besteht das Projektgebiet aus Sonderflächen, die der Erholung dienen, der Promenade des Lavandières.

Städtebaulich besteht das Projektgebiet aus einer öffentliche Grün- und Freifläche.

Im Rahmen des Projektes wurden an der Promenade des Lavandières Stufen angelegt, um einen direkten Kontakt mit der Rhône herzustellen.

Verflechtungen – Zwischen dem Projektgebiet, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

Physische Verflechtungen - Es gibt eine Fußgängerbrücke am Bâtiment des Forces Motrices (Projekt 1), die Brücke Pont de l’Ile und eine Treppe, die die Promenade des Lavandières mit der Brücke Pont de la Coulouvrenière verbindet

Funktionale Verflechtungen - Die Promenade des Lavandières dient als zentrums-naher Erholungsraum inmitten der Rhône, der öffentlich zugänglich ist.

Bedeutung des Standortes – Die Promenade des Lavandières ist ein grüner, im Sommer sehr angesagter Platz inmitten der Rhône mit einem Imbisswagen, Liegestühlen etc.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee – Die Promenade des Lavandières ist Bestandteil des Konzeptes „Le Fil du Rhône“ (Entlang der Rhône) aus dem Jahr 1991. Dieses Konzept ist eine Initiative des Architekten Julien Descombes mit der Idee, den urbanen Abschnitt entlang der Rhône, der, wie in anderen Städten auch, zu einem technischen Bestandteil der Stadt verbaut wurde (z. B. als Lagerplatz und für große Straßen) in einen Stadtpark umzugestalten. Dafür schlug er eine Reihe von Maßnahmen vor, die darauf abzielen, den öffentlichen Raum aufzuwerten und dort, wo sie nicht vorhanden ist, Durchgängigkeit zu schaffen.

Die Promenade des Lavandières war ursprünglich ein Deich zwischen den Halles de l’Ile und dem Bâtiment des Forces Motrices, der die Rhône in den eigentlichen Fluss und den Kanal zum Pumpwerk teilte. Vor der Aufwertung war es ein verlassener Ort. Im Rahmen des Konzeptes „Le Fil du Rhône“ sollte der Deich in einen lebendigen Ort umgestaltet werden, der zum Spazieren und Verweilen einlädt und über ein paar Stufen Zugänglich-keit zum Fluss bietet. Die Nähe zum Fluss sollte gleichzeitig über die Einrichtung eines Fußgängersteges rund um das Bâtiment des Forces Motrices betont werden.

Zielspektrum - Das Zielspektrum der Promenade des Lavandières wird vom Interview-partner wie folgt beschrieben:

Das wichtigste ökologische Ziel war die Aufwertung des nicht motorisierten Individualverkehrs.

Das wichtigste ökonomische Ziel bestand darin, einen Beitrag zum Stadtmarketing zu leisten.

Ein vorrangiges städtebauliches Ziel gab es in diesem Projekt nicht.

Das wichtigste soziale Ziel war es, einen neuen Erholungsraum anzubieten.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 104

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 104

Die dominante Zieldimension war nach Aussage des Interviewpartners die soziale.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes – Es gibt immer mehr Menschen, die in der Rhône baden. Beispielsweise gibt es Leute, die von der Brücke aus ins Wasser springen und ein Stück weiter an den Stufen der Promenade des Lavandières wieder herauskommen. Dieses Projekt begünstigt das Baden.

Die Aufwertung der Promenade des Lavandières hat dazu geführt, dass sie nun ein be-liebter Picknickplatz z. B. für die Mittagspause ist.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Das Projekt ist Bestandteil des Konzeptes „Le Fil du Rhône“, und die Idee dafür geht auf den Architekten Julien Descombes zurück.

Die Stadt finanzierte die Erstellung einer Broschüre, um das Konzept „Le Fil du Rhône“ zu formalisieren und hat dann die Umsetzung der Teilprojekte an verschiedene Architekten vergeben. Neben der Plattform an der Brücke Pont de la Machine wurde auch die Promenade des Lavandières von Julien Descombes selbst gestaltet.

Die Stadt Genf bewarb das Projekt im Internet und bei der Einweihung. Außerdem hat das Konzept „Le Fil du Rhône“ den Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes be-kommen, was ebenfalls zur Werbung beigetragen hat.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Der Fluss, das Gelände der Promenade des Lavandières und das Gebäude Bâtiment des Forces Motrices gehören dem Kanton. Die Stadt hat das Land nicht erworben, es blieb Eigentum des Kantons. Es war also ein kommunales Projekt, das auf kantonalem Eigen-tum durchgeführt wurde und daher eine Zusammenarbeit erforderte.

Die Entscheidungen wurden kollektiv auf politischer Ebene getroffen.

Die Leitung des Projektes lag beim Service de l’aménagement urbain et de la mobilité, ohne dass dieses Referat Befugnisse über andere Referate hatte. Die Lenkungsrolle be-stand darin, einen Konsens zu schaffen. Dies ließ sich nur in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Referaten erreichen und erforderte viel Zeit.

Für die Konzeption, Planung und Durchführung war der Service de l’aménagement urbain et de la mobilité zuständig.

Der Planungsprozess verlief sehr schnell in 15 bis 18 Monaten. Er wurde durch die guten Beziehungen zwischen Kanton und Stadt erleichtert und dadurch, dass es keine privaten Akteure gab.

Pläne und Dokumente

Das Projekt ist Bestandteil des Konzeptes „Le Fil du Rhône“. Darüber hinaus gibt es einen so genannten plan de site. Das ist ein kantonaler Schutzplan, dessen Ziel es ist, be-stimmte Orte zu erhalten. Das Projekt musste selbstverständlich mit diesem plan de site kompatibel sein.

Genehmigungen

Es war eine Baugenehmigung notwendig.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 105

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 105

Implementierungsprozess

Der Implementierungsprozess lässt sich wie folgt beschreiben:

12/1997 Umgestaltung der Promenade des Lavandières und Bau des Fußgängerstegs um das Gebäude Bâtiment des Forces Motrices herum

Unterhaltung

Die Zuständigkeit für die Unterhaltung der Anlagen liegt bei der Stadt Genf, Département de la cohésion sociale, de la jeunesse et des sports, Service des espaces verts.

Auf der Promenade des Lavandières befindet sich seit 2005 ein zu einem Getränkeaus-schank umfunktionierter Wohnwagen. Er geht auf die Initiative der zum städtischen Département de la cohésion sociale, de la jeunesse et des sports gehörenden Délégation à la jeunesse zurück und wird in der Zwischenzeit vom Verein „La Barje“ betrieben.

Erfolgsermittlung

Es wurde keine Evaluation durchgeführt.

Die Aufwertung der Promenade des Lavandières ist für alle ein voller Erfolg. Darüber hinaus hat die Stadt Genf vom Schweizer Heimatschutz den Wakkerpreis, der im Jahr 2000 dem Thema Bauen am Wasser gewidmet war, für die Aufwertung des öffentlichen Raums entlang der Rhône, und insbesondere für das Konzept „Le Fil du Rhône“ be-kommen.

Beteiligung

Es gab keine Konflikte, und daher erfolgte die Projektumsetzung sehr schnell.

Finanzierung

Die folgenden Kosten entstanden während des Projektes:

Baukosten 500.000 CHF

Die Unterhaltungskosten werden als sehr gering eingeschätzt.

Finanziert wurde das Projekt vollständig von der Stadt Genf.

Projekt 4: Bâtiment du Pont de la Machine

Projektgrundlagen Träger – Der Projektträger waren die Services Industriels de Genève (SIG).

Projektlaufzeit und Chronologie – Die Meilensteine des Projektes waren:

2004 Planungsbeginn

2005 - 2006 Implementierungsphase

Fläche - Die Fläche des Bâtiment du Pont de la Machine setzt sich folgendermaßen zu-sammen:

Projektbestandteil: 170 m2 linker Flügel (1 Etage) und

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 106

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 106

Übrige Gebäudeteile: 1.000 m2 zentraler Gebäudeteil (3 Etagen) und 170 m2 rechter Flügel (1 Etage)

Die Länge des gesamten Gebäudes entlang der Rhône beträgt 18 m in der Breite und 50 m in der Länge.

Projektkosten – Die Projektkosten lagen zwischen 250.000 und 300.000 CHF.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion besteht das Projektgebiet aus Flächen für den Gemeinbedarf, dem Ausstellungs- und Informationsraum der SIG im Bâtiment du Pont de la Machine.

Städtebaulich besteht das Projektgebiet aus einem Gebäude.

Die Rhône war nicht Bestandteil des Projektes.

Verflechtungen – Zwischen dem Projektgebiet, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

Physische Verflechtungen - Vor dem Gebäude befindet sich die Brücke Pont de la Machine (Projekt 5), und an den Seiten des Gebäudes haben Fußgänger Zugang zum sich dahinter befindenden Quai de l’Ile.

Funktionale Verflechtungen - Der linke Flügel des Gebäudes dient als Ausstellungs- und Informationsraum. Er ist für alle Einwohner und Touristen zugänglich.

Bedeutung des Standortes – Das Bâtiment du Pont de la Machine ist ein historisches Monument, das im „Plan de site“ des Kantons unter der Kategorie „zu erhaltendes Ge-bäude“ steht. Das bedeutet, dass sein Äußeres nicht verändert werden kann.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee – Von 1840 bis 1892 beinhaltete das Gebäude Bâtiment du Pont de la Machine eine Maschine zum Abpumpen des Wassers der Rhône. 1892 wurde das Pump-werk Coulouvrenière (siehe Projekt 1) gebaut, das diese Maschine fortan ersetzte. 1887 wurden von der Société d’appareillage électrique Generatoren für die Stadtbeleuchtung installiert. 1933 richteten die SIG dort ihre Verwaltung (u. a. Direktion, Kassenschalter und Archive) ein. Seit ca. 10 Jahren wird der rechte Flügel des Gebäudes an die Stadt vermietet, die dort einen Informationspunkt eingerichtet hat, und der zentrale Teil des Gebäudes wird seit 5-6 Jahren an die Swatch Group SA vermietet. Dort befinden sich ein Restaurant sowie Ausstellungs- und Verkaufsräume. Den linken Flügel des Gebäudes nutzten die SIG selbst zuletzt als Kundenzentrum. Da es nicht sehr gut besucht war, wurde beschlossen, es in einen Ausstellungsraum und Treffpunkt umzugestalten.

Zielspektrum - Das Zielspektrum der Projekte wird von den Interviewpartnern wie folgt beschrieben:

Das wichtigste ökologische Ziel war die Förderung der nachhaltigen Entwicklung.

Das wichtigste ökonomische Ziel war eine Reduzierung des Stromverbrauchs durch die Nutzung von Energiesparlampen und durch die Deckung des Strombedarfs für das gesamte Gebäude über die ausschließliche Nutzung von Solarenergie.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 107

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 107

Ein vorrangiges städtebauliches Ziel gab es in diesem Projekt nicht.

Das wichtigste soziale Ziel war ein Angebot kostenloser, für alle zugänglicher Aus-stellungen über alle Achsen nachhaltiger Entwicklung.

Die dominanten Zieldimensionen waren nach Aussage der Interviewpartner die soziale und die ökologische.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes – Die Rhône ist nicht Bestandteil des Projektes.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Die Entwicklung der Projektidee geht auf den Pôle Clients der SIG zurück. Die Projekt-umsetzung initiierten die SIG, und am Leben gehalten wird das Projekt von ver-schiedenen Abteilungen der SIG.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Die Entscheidungen wurden vom Pôle Clients und den Services partagés in Zusammen-arbeit mit den Architekten und den Projektleitern getroffen. Es gab eine Lenkungsgruppe.

Für die Konzeption, Planung und Durchführung waren die Services partagés zuständig.

Ein Landerwerb war nicht notwendig.

Pläne und Dokumente

Zu den notwendigen Plänen liegen keine Angaben vor.

Genehmigungen

Es war die für den Innenumbau eines Gebäudes klassischen Genehmigungen notwendig.

Implementierungsprozess

Der Implementierungsprozess lässt sich wie folgt beschreiben:

12 Monate (2005/2006)

Umgestaltung des Kundenzentrums in einen Ausstellungs-raum

Unterhaltung

Für die Unterhaltung sind die Services partagés der SIG zuständig.

Erfolgsermittlung

Es wurde keine Evaluation durchgeführt.

Dieser Ort ist der Genfer Bevölkerung sehr wichtig.

Beteiligung

Eine Stakeholder- und Öffentlichkeitsbeteiligung war nicht notwendig.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 108

Untersuchung und Darstellung des Sachstands 108

Finanzierung

Als die Firma Swatch den Mittelteil des Gebäudes anmietete, bezahlte sie den Umzug der SIG in den linken Flügel des Gebäudes und die Umgestaltung. Die SIG trugen die Kosten für die Inneneinrichtung.

Projekt 5: Pont de la Machine und Plattform

Projektgrundlagen Träger – Der Projektträger war die Stadt Genf, Département des constructions et de l’aménagement, Service de l’aménagement urbain et de la mobilité.

Projektlaufzeit und Chronologie – Die Meilensteine des Projektes waren:

1996 Planungsbeginn

2007 - 2009 Implementierungsphase

10/2009 Abschluss des Projektes

Fläche - Die Fläche des Projektgebietes beträgt 1.308 m2 und setzt sich folgendermaßen zusammen:

730 m2 Brücke und

578 m2 Plattform.

Projektkosten – Die Projektkosten betrugen 14.440.000 CHF.

Projektdetails

Städtebauliche Situation

Räumliche Abschnitte - In Abhängigkeit von der Funktion gliedert sich das Projekt-gebiet in die folgenden räumlichen Abschnitte:

Verkehrsfläche und

Als Verkehrsfläche einzuordnen ist die Fußgängerbrücke Pont de la Machine.

Sonderfläche, die der Erholung dient.

Hierzu gehört die Plattform auf dem Wasser.

Städtebaulich besteht das Projektgebiet aus einer öffentlichen Freifläche.

In Bezug auf die Einbindung der Rhône hat die Stadt von Anfang an in Zusammenarbeit mit dem Kanton an der Plattform eine Anlegestelle für die Fähren „Mouettes genevoises“ geplant. Im Rahmen des Projektes wurden die baulichen Vorbereitungen getroffen, jedoch wird mit einer Inbetriebnahme nicht vor 2012 gerechnet, da u. a. ein Bogen der Brücke Pont des Bergues erhöht werden muss. Darüber hinaus benötigt die Schifffahrts-gesellschaft, die vom Kanton subventioniert wird, ein zusätzliches Boot. Da die Ein-richtung dieser neuen Fährlinie eine große Investition erfordert und die Finanzierung dem Kanton obliegt, ist dort zunächst eine Gesamtreflexion über die Rolle der Fähren im Öffentlichen Personennahverkehr erforderlich.

Verflechtungen – Zwischen dem Projektgebiet, der unmittelbaren Umgebung und dem Stadtzentrum bestehen Verflechtungen der folgenden Art:

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 109

Physische Verflechtungen - Verbindungen zur Landseite sind die Fußgängerbrücke Pont de la Machine und der ehemalige Staudammwartungszugang, der die Platt-form mit dem Quai des Bergues verbindet.

Funktionale Verflechtungen - Die Brücke Pont de la Machine ist für Fußgänger eine der Hauptüberquerungen zwischen dem rechten und dem linken Rhôneufer. Die Fußgängernutzung der Brücke ist so stark, dass während der Bauarbeiten parallel eine provisorische Brücke angelegt wurde.

Bedeutung des Standortes – Die Brücke Pont de la Machine, ein ehemaliges hydraulische Bauwerk, das dem Abpumpen und der Verteilung des Wassers der Rhône diente, zählt zu den ältesten Ingenieurbauwerken der Stadt, denn es ist das einzige, was bisher noch nicht neu wiederaufgebaut wurde. Es ist ein richtiges Erbstück, das von allen als solches anerkannt wird. Auch wenn es teurer war, die Brücke zu reparieren als sie abzureißen und wiederaufzubauen, kam letzteres nicht in Frage.

Idee, Vision und Ziele

Vision, Idee – Die Plattform an der Brücke Pont de la Machine ist wie die Promenade des Lavandières Bestandteil des oben beschriebenen Konzeptes „Le Fil du Rhône“ (Entlang der Rhône) aus dem Jahr 1991.

Die Brücke Pont de la Machine war überaltert und bedurfte einer umfassenden Restaurierung, die gleichzeitig eine gute Gelegenheit war, um den Ort im Rahmen des Konzeptes „Le Fil du Rhône“ über die Bereitstellung eines neuen öffentlichen Platzes auf-zuwerten: die Plattform auf dem Wasser. Darüber hinaus befand sich an der Brücke ein Staudamm aus „Vorhangrollladen“, die mit einer Kautschukschicht bezogen waren, um das Wasser nicht durchzulassen. Über ihn wurde der Wasserstand des Genfer Sees ge-regelt. 1995 wurde der Staudamm abgebaut und durch den Staudamm Barrage du Seujet ersetzt. Die Rollläden wurden zwischengelagert und sollten entsorgt werden. Zwei davon wollte jedoch die Künstlerin Ellen Versluis vor der Plattform in Szene setzen.

Zielspektrum - Das Zielspektrum der Projekte wird vom Interviewpartner wie folgt be-schrieben:

Ein vorrangiges ökologisches Ziel gab es in diesem Projekt nicht.

Ein vorrangiges ökonomische Ziel gab es in diesem Projekt ebenfalls nicht.

Die wichtigsten städtebaulichen Ziele waren die Restaurierung der Brücke unter Berücksichtigung ihres historischen Charakters durch strenge Einhaltung der historischen Formen, Techniken, Details und Materialien sowie der Schutz des historischen Erbes und eine gleichzeitige Dialogherstellung mit zeitgenössischen Bauwerken wie die Plattform auf dem Wasser.

Die wichtigsten sozialen Ziele waren eine barrierefreie Zugänglichkeit und das An-gebot eines Erholungsraums mitten in der Rhône.

Die dominante Zieldimension war nach Aussage des Interviewpartners die städtebau-liche.

Rolle des Flusses im Rahmen des Projektes – Für die Personenbeförderung ist, wie oben beschrieben, eine Fähranlegestelle geplant.

An dieser Stelle beschränkt sich die Freizeitnutzung auf den Anblick des Wassers. Das Baden ist zu gefährlich, weil die Strömung sehr stark ist, Schiffe entlang fahren und dort

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 110

Wasserleitungen liegen. Darüber hinaus sind nach den Bauarbeiten ein paar Pfeiler im Wasser verblieben, an denen sich die Badenden stoßen könnten.

Die Plattform ist ein beliebter Treffpunkt, auf dem man auch gut entspannen kann, denn darauf ist man dem Wasser sehr nah, und das ist ein angenehmes Gefühl.

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

Das Projekt ist Bestandteil des Konzeptes „Le Fil du Rhône“, und die Idee dafür geht auf den Architekten Julien Descombes zurück.

Die Stadt finanzierte die Erstellung einer Broschüre, um das Konzept „Le Fil du Rhône“ zu formalisieren und hat dann die Umsetzung der Teilprojekte an verschiedene Architekten vergeben. Neben der Promenade des Lavandières wurde auch die Plattform an der Brücke Pont de la Machine von Julien Descombes selbst gestaltet.

Die Stadt Genf bewarb das Projekt im Internet und bei der Einweihung. Außerdem hat das Konzept „Le Fil du Rhône“ den Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes be-kommen, was ebenfalls zur Werbung beigetragen hat.

Planung und Implementierung

Planungsprozess

Die Brücke gehört der Stadt und der Fluss dem Kanton.

Die Entscheidungen wurden kollektiv auf politischer Ebene getroffen.

Die Leitung des Projektes lag beim Service de l’aménagement urbain et de la mobilité, ohne dass dieses Referat Befugnisse über andere Referate hatte. Die Lenkungsrolle be-stand darin, einen Konsens zu schaffen. Dies ließ sich nur in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Referaten erreichen und erforderte viel Zeit.

Für die Konzeption, Planung und Durchführung war der Service de l’aménagement urbain et de la mobilité zuständig.

Ein Landerwerb war nicht nötig.

Die Meilensteine des Planungsprozesses waren:

11/1996 Bewilligung des Stadtrats für die Finanzierung einer Studie

07/2001 Erteilung der Baugenehmigung

09/2005 und 05/2008

Bewilligung des Stadtrats für die Baufinanzierung

Die Gesamtdauer des Projektes von 1996 bis 2009 war sehr lang, weil es viele Hinder-nisse gab. Die Baugenehmigung gilt für zwei Jahre. Aufgrund der Verzögerungen durch die verschiedenen Einsprüche musste sie zweimal beantragt werden.

Pläne und Dokumente

Die folgenden Arten von Plänen waren notwendig:

Eine hydrologische Studie und

Zweimal die Planungsunterlagen für die Baugenehmigung.

Das Projekt ist Bestandteil des Konzeptes „Le Fil du Rhône“. Darüber hinaus ist die Brücke Pont de la Machine im Rahmen des plan de site de la rade de Genève geschützt.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 111

Genehmigungen

Es war eine Baugenehmigung notwendig.

Implementierungsprozess

Zunächst musste der schlammige Boden stabilisiert werden, in dem bis zu 30 m tief die Pfeiler für die Plattform eingelassen wurden.

Von Juni 2007 bis Oktober 2009 erfolgten dann die Sanierung der Brücke Pont de la Machine, der Bau der Plattform auf dem Wasser und die Kunstinszenierung der Rollläden des ehemaligen Staudamms.

Die Künstlerin Ellen Versluis setzte zwei Teile der Rollläden des ehemaligen Staudamms an der Brücke Pont de la Machine in Szene, indem sie auf einer Metallstruktur vor der Plattform befestigt wurden. Je nach variierendem Wasserstand befinden sie sich über oder unter dem Wasser.

In Planung ist darüber hinaus eine Fähranlegestelle.

Unterhaltung

Für die Unterhaltung der Anlagen ist die Stadt Genf zuständig.

Erfolgsermittlung

Es gab keine formelle Evaluation, aber die beste Einschätzung war, dass 10 Minuten nachdem die Baustellenabsperrung beseitigt worden war, schon alles voller Menschen war. Ein weiteres Beispiel ist, dass das zuständige Referat drei oder vier Monate brauchte, um Mülleimer aufzustellen. In dieser Zeit war die Plattform voller Müll, weil sich die Leute mittags ein Sandwich kaufen und nicht wussten, wo sie ihre Verpackung ent-sorgen sollten. Dann wurden zwei Mülleimer aufgestellt, die sofort überfüllt waren, so dass zwei weitere ergänzt wurden. Das Projekt ist also ein voller Erfolg.

Der Erfolg ermutigt die Stadt, das Konzept „Le Fil du Rhône“ weiter umzusetzen.

Das Projekt ist ein Erfolg für die Einwohner und Besucher. Nur das Restaurant in dem von Swatch genutzten Teil des Gebäudes Bâtiment du Pont de la Machine hat sich beklagt. Dass die Betreiber während der Bauarbeiten verärgert waren, ist normal, aber auch danach kamen sie gleich wieder auf die Stadt zu, u. a. weil ihre kleinen vorgelagerten Rampen beseitigt wurden und auch nicht wiederaufgebaut werden dürfen.

Die Stadt Genf bekam vom Schweizer Heimatschutz den Wakkerpreis, der im Jahr 2000 dem Thema Bauen am Wasser gewidmet war, für die Aufwertung des öffentlichen Raums entlang der Rhône, und insbesondere für das Konzept „Le Fil du Rhône“.

Beteiligung

Geändert hat sich während des Projektes die Konstellation der Stakeholder, so dass jedes Mal alles neu erklärt werden musste. Der Projektleiter hat 1999 schon gewechselt. Es war ein Glück, dass danach die gleiche Person bis zum Schluss die Projektleitung inne-hatte, denn bei all den Hindernissen, die während der Projektlaufzeit auftraten, hätte es mit jedem Projektleiterwechsel einen Energieverlust gegeben. Um das Projekt voranzu-bringen, war jemand erforderlich, der die ganze Geschichte des Projekts kannte und auf alle Fragen sachbezogen antworten konnte, der sich daran erinnern konnte, wer das Projekt blockierte und wer nicht. Wie oben beschrieben, hatte die Projektleitung keine Befugnisse, musste jedoch das Projekt voranbringen.

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 112

Die Plattform auf der Rhône ist etwas Neues, und ihre Nähe zum Wasser widerspricht etwas der Geschichte von Genf, als sich die Stadt vielmehr vor dem Fluss schützen musste. Daher war eine gewisse Überzeugungsarbeit nötig:

Es gab einen Einwand der SIG, die den Staudamm betreiben, da das Einsetzen von Pfeilern in die Rhône ihre Kapazität einschränkt. Daher haben sie sich gegen das Projekt ausgesprochen, und die Stadt musste eine hydrologische Studie durchführen, um zu zeigen, dass die Kapazität der Rhône nicht oder nur minimal eingeschränkt wird. Dies kostete Zeit und Geld.

Die benachbarten Hotels widersprachen dem Projekt, da sie befürchteten, dass es auf der Plattform laut werden und ihre Gäste stören würde. Sie sind vor Gericht gegangen, aber ihre Klage wurde abgewiesen, und das Projekt konnte fortgesetzt werden. Dieser Widerstand hat den Projektverlauf um zwei Jahre verzögert.

Einen guten Einwand gab es von den Denkmalschützern, als die Unterlagen für die Baugenehmigung vorgelegt wurden. Die erste Version des Projektes hatte den Makel, dass verdeckt wurde, dass die Rhône unter dem Gebäude Bâtiment du Pont de la Machine hindurchfließt, und dass es dort dunkel und weiter hinten wieder hell wird. Daraufhin musste das Projekt angepasst werden, und nun sieht man diese Struktur.

Im Zusammenhang mit der Problematik der Fähranlegestelle für die „Mouettes Genevoises“ musste getestet werden, ob die Fähren problemlos anlegen können, denn wenn z. B. der Motor ausfällt, besteht angesichts der starken Strömung die Gefahr, dass sie schnell irgendwo anstoßen, da wenig Zeit zum Reagieren bleibt.

Darüber hinaus gab es politischen Widerstand, da der für den Bau zuständige Magistrat ein Linker war und die Rechte im Stadtrat deshalb nicht die Finanzierung bewilligen wollte. Daraufhin wurde verhandelt, und die Finanzierung für das Projekt wurde zu Lasten der benachbarten Brücke Pont des Bergues bewilligt, die sich in einem schlechten Zustand befindet und ebenfalls saniert werden sollte.

Außerdem musste das Projekt von der kantonalen Fischereikommission genehmigt werden. Im Fluss gab es eine an Pfeilern befestigte Wasserleitung mit einem Durchmesser von 1,20 m, die nicht mehr genutzt wurde. Diese Leitung war zu einem Unterschlupf für die Fische geworden, die stromaufwärts schwimmen und sich zwischendurch ausruhen müssen. Sie versteckten sich hinter den Pfeilern, und nachdem sie wieder Kraft geschöpft hatten, schwammen sie weiter. Damit die Fähren „Mouettes genevoises“ eines Tage an der Plattform anlegen können, musste die Wasserleitung entfernt werden. Da die Wasserleitung die Strömung beeinträchtigte, wurde diese Entscheidung von der zuständigen Abteilung des Kantons gutgeheißen. Die für Naturschutz zuständige Abteilung des Kantons sowie die kantonale Fischereikommission hingegen widersprachen. Daraufhin wurde eine Studie erstellt, in der untersucht wurde, durch welche Maßnahmen dieses Fisch-schutzsystem ersetzt werden könnte. Es wurde entschieden, 1 m3 große Felsen in mehreren Dreiergruppen rechts und links in der Rhône anzulegen, wo die Fische entlang schwimmen, da die Strömung dort nicht so stark ist wie in der Mitte, und wo die Felsen die Strömung nicht so beeinträchtigen wie in der Mitte.

Es gab keine Öffentlichkeitsbeteiligung in dem Sinne, dass eine Diskussion eröffnet wurde. Dies wurde nicht als nötig erachtet, da die Öffentlichkeit eine funktionierende Brücke wollte. Als Vertreter der Öffentlichkeit haben sich z. B. die Denkmalschützer und

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Untersuchung und Darstellung des Sachstands 113

die kantonale Fischereikommission eingebracht, und mit diesen Interessensvertretern gab es in allen Projektphasen Zusammenkünfte.

Das außerordentliche Ergebnis der Beteiligung ist, dass das Projekt erfolgreich umgesetzt wurde.

Zur Öffentlichkeitsarbeit lässt sich anmerken, dass die Stadt Genf zum Zeitpunkt der Projektumsetzung noch keine eigene Pressestelle wie heute die Unité Infocom, die für die Verbreitung der Informationen aus dem Département des constructions et de l’aménagement zuständig ist. Darüber hinaus geht es auf die kalvinistische Tradition in Genf zurück, dass es keinen Informationsdrang gibt, wie er in anderen Städten oder Ländern zu finden ist, obwohl er ein tragendes Element für ein solches Projekt ist.

Finanzierung

Die folgenden Kosten entstanden während des Projektes:

Sanierung der Brücke 11.034.600 CHF

Bau der Plattform auf dem Wasser 2.822.000 CHF

Studie 383.400 CHF

Beseitigung einer Wasserleitung und Anlage von Felsgruppen für Fische

200.000 CHF

GESAMT 14,44 Mio. CHF

Das gesamte Projekt wurde von der Stadt Genf finanziert.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 114

Analyse der Fallbeispiele 114

3 Analyse der Fallbeispiele Die Fallbeispiele werden paarweise miteinander verglichen. Eine zusammenfassende Ana-lyse aller untersuchten Fallbeispiele ist vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Aus-richtung der Projekte sowie der differenzierten Fragestellungen nicht sinnvoll.

Zu Beginn jedes paarweisen Vergleiches werden die Begriffe „Transformation“ und „erfolgreich“ spezifiziert, die der Analyse des jeweiligen Themenkomplexes zugrunde liegen.

Für jedes Fallbeispielpaar erfolgt die Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten und Unter-schieden. Dabei wird jeweils zwischen prozess- und ergebnisbezogener Analyse unter-schieden. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Fallbeispielen werden grafisch in Matrizenform verdeutlicht.

Die Prozessmatrix skizziert den Entwicklungspfad des jeweiligen Fallbeispielpaares. Dazu werden für die auf der horizontalen Achse abgebildeten Projektphasen auf der vertikalen Achse die Akteure eingetragen, die sich an der Leistungserstellung beteiligten bzw. mit einbezogen wurden. Darüber hinaus wird gekennzeichnet, ob und in welcher Phase eine Stakeholderbeteiligung stattfand.

Abbildung 7 Prozessmatrix

Quelle: IIRM

3.1 Überregionale Transformationsprozesse

In dem Projektansatz „Überregionale Transformationsprozesse“ werden Projekte unter-sucht, die erfolgreich administrative Grenzen überwinden (vgl. Kapitel 2.2.1). Über-kommunale Aufgaben entziehen sich einerseits der rein gemeindlichen Kompetenz. Andererseits sind die Gemeinden im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsautonomie für die örtliche Gesamtplanung verantwortlich. Daher steht insbesondere die vertikale Ab-stimmung zwischen überörtlicher und gemeindlicher Ebene im Mittelpunkt der Analyse.

„Transformation“ steht in diesem Zusammenhang für die Bewältigung einer regionalen Aufgabenstellung zur nachhaltigen Entwicklung eines Flussgebietes.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 115

Analyse der Fallbeispiele 115

„Erfolgreich“ ist ein Projekt, wenn Lösungen identifiziert und umgesetzt werden, die sowohl für die regionale als auch für die gemeindliche Ebene tragfähig sind.

Die Fallbeispiele, die hier zum einen auf der überörtlichen Ebene und zum anderen auf der Ebene eines Einzelprojektes miteinander verglichen werden, sind:

Mersey Waterfront Regional Park

Mersey (UK)

Ruimte voor de Rivier

Ijssel, Maas, Rhein, Waal (NL)

Speke and Garston Coastal Reserve

Mersey, Liverpool (UK)

Ruimte voor de Waal, Nijmegen

Waal, Nijmegen (NL)

3.1.1 Prozessbezogene Analyse

Akteure

Regionale Ebene

Abbildung 8 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Mersey Waterfront Regional Park und Ruimte voor de Rivier Quelle: IIRM

Während sich das Programm Ruimte voor de Rivier noch in der Umsetzungsphase be-findet, ist das Programm Mersey Waterfront Regional Park bereits beendet und wird nach abschließender Evaluation aufgrund fehlender Finanzierung im März 2011 eingestellt.

Für die Planung und Umsetzung des Programms Ruimte voor de Rivier ist die nieder-ländische Regierung mit den verantwortlichen Ministerien und Behörden zuständig, ins-besondere Rijkswaterstaat und Programme Directorate Ruimte voor de Rivier. In welcher Form die folgenden Projektphasen organisiert werden, ist noch nicht abschließend ent-schieden. Die möglichen Optionen sind, dass die Vollzugsverantwortung entweder bei den nationalen Akteuren verbleibt oder aber auf die beteiligten Gemeinden, Bürger und/oder Unternehmen übergeht. Das Programm Mersey Waterfront Regional Park basiert auf einer öffentlich-privaten Partnerschaft, die sich ausschließlich der Auswahl und Finanzierung zielführender Einzelmaßnahmen widmete und weder Land noch Immobilien besitzt. Die Nutzung und Unterhaltung erfolgen ausschließlich auf lokaler Ebene.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 116

Analyse der Fallbeispiele 116

Sowohl das britische als auch das niederländische Fallbeispiel führten bzw. führen eine Stakeholderbeteiligung durch. Während sie im Programm Mersey Waterfront Regional Park grundsätzlich dadurch gewährleistet war, dass sich die beteiligten Organisationen aus mehreren Stakeholdern zusammensetzten, erfolgte die Beteiligung im Programm Ruimte voor de Rivier in der Planungsphase über eine Stakeholderanalyse.

In beiden untersuchten Beispielen war bzw. ist jeweils eine institutionelle Besonderheit vorhanden: das People’s Panel (Mersey Waterfront Regional Park) und das Q-Team (Ruimte voor de Rivier).

Das People’s Panel basiert auf dem bereits länger bestehenden Citizen Jury Model. Es wurde in jeder beteiligten Gemeinde des regionalen Projektes viermal abgehalten. Ziel war die Einbeziehung der Bürger in die Planung sowie die Ermittlung ihrer Bedürfnisse im Bereich der Lebens- und Arbeitsumwelt.

Das Q-Team (für Kwaliteitsteam) ist eine unabhängige Gruppe, die die Programm-direktion und die lokalen Akteure berät und zwischen ihnen vermittelt. Sie setzt sich aus Experten aus den Bereichen Landschaftsarchitektur, Ökologie, Gewässerkunde und Hydrologie zusammen. Den Vorsitz hat ein Landschaftsarchitekt. Das Q-Team bewertet jedes Einzelprojekt insgesamt viermal in der Planungsphase. Dabei ist die vierte Be-wertung formell. Darin wird dem zuständigen niederländischen Ministerium berichtet, ob die Projektumsetzung vom Q-Team befürwortet wird oder nicht. Diese Aussage fließt in die Entscheidung des Ministeriums über die Förderfähigkeit der Einzelprojekte mit ein.

Lokale Ebene

Abbildung 9 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Speke and Garston Coastal Reserve und Ruimte voor de Waal Quelle: IIRM

Das Projekt Ruimte voor de Waal wurde von der Stadt Nijmegen innerhalb der engen Vorgaben des Planungsfeststellungsbeschlusses der Regierung geplant. Die Umsetzung steht noch aus, wobei auch hier noch offen ist, wer die Vollzugsverantwortung über-nehmen wird. Die Gewährleistungs- und die Finanzierungsverantwortung liegen jedoch in jedem Fall bei der Regierung.

Demgegenüber wurde das Projekt Speke and Garston Coastal Reserve in öffentlich-privater Partnerschaft zwischen der Mersey Basin Campaign, dem Immobilienentwickler Peer Holdings und dem Liverpool Sailing Club geplant und umgesetzt. Für die Unter-haltung gründeten die Mersey Basin Campaign und Peer Holdings die Speke and Garston

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Analyse der Fallbeispiele 117

Coastal Reserve Management Company. Seit die Mersey Basin Campaign im März 2010 eingestellt wurde, obliegt die Unterhaltung allein Peer Holdings. Das Unternehmen gab jedoch bereits im Vorfeld umfangreiche Garantien dafür ab, dass der erzielte ökologische Zustand des Küstengebietes erhalten bleibt. Für die Zukunft plant die Managementgesell-schaft, die lokalen Interessengruppen (Unternehmen, Vereine, Bevölkerung) stärker in den Erhalt des Reservats einzubinden.

Sowohl im niederländischen als auch im britischen Fallbeispiel mussten die Organisatoren zunächst Widerstände in der Bevölkerung überwinden: In Nijmegen opponierten die Ein-wohner gegen den von der Regierung bestimmten Abriss von ca. 50 Häusern, und in Liverpool randalierten Jugendbanden vor und während der Transformation im Küsten-reservat. In beiden Fallbeispielen gelang es den Akteuren durch Öffentlichkeitsarbeit bzw. Beteiligung der Interessengruppen, die betroffenen Bürger letztendlich von der Not-wendigkeit des Projektes überzeugen.

In den Liverpooler Stadtteilen Speke und Garston kam dabei ebenfalls das People’s Panel zum Einsatz, allerdings in leicht abgewandelter Form als Young People’s Panel: Nach einer einführenden Befragung arrangierte die Projektleitung Diskussionsrunden in den angrenzenden Schulen, um gemeinsam mit den Jugendlichen nach Ursachen und Lösungen für das Problem zu suchen. Gleichzeitig forderten sie die SchülerInnen dazu auf, ihre eigenen Ideen zur Gestaltung des Küstenreservats einzubringen. So gelang es den Verantwortlichen, die Jugendlichen für das Projekt zu sensibilisieren und sie aktiv an der Planung und Umsetzung zu beteiligen.

Ziele

Beim Mersey Waterfront Regional Park standen soziale Ziele im Vordergrund. Das Gesamtprojekt will die Schlüsselressourcen der Metropolregion Liverpool beleben, ver-netzen und gemeinsam vermarkten, so dass Menschen dazu bewegt werden, in der Region zu leben, zu arbeiten, in sie zu investieren oder sie zu besuchen. Das Einzel-projekt Speke and Garston Coastal Reserve entsprach diesem Oberziel, setzte jedoch zugleich einen Schwerpunkt auf die räumliche Entwicklung.

Vor dem Hintergrund vergangener Hochwasserkatastrophen und den zu erwartenden hydrologischen Auswirkungen des Klimawandels verfolgt das Programm Ruimte voor de Rivier im Wortsinne das Ziel, dem Fluss mehr Raum zu geben. Gleichzeitigen sollen die geplanten Maßnahmen einen Beitrag zur Verbesserung der landschaftsarchitektonischen Qualität leisten. Hinsichtlich der Zielstellung unterscheiden sich Gesamt- und Einzel-projekt lediglich in der Wahl des Schwerpunktes. Während das Programm die Hoch-wasservorsorge dem Städtebau vorzieht, legt das Einzelprojekt den Fokus auf den Bei-trag zur städtebaulichen Qualität.

Die Evaluierung des britischen Regionalparkprogramms befand sich zum Zeitpunkt der Untersuchung im Fortgang, während sie im untersuchten Einzelbeispiel bereits ab-geschlossen war. Die Evaluierung des Speke and Garston Coastal Reserve kam insgesamt zu einem positiven Ergebnis, das Küstenreservat verbesserte das Image der Region und schuf im angrenzenden Gewerbegebiet neue Arbeitsplätze. Das niederländische Hoch-wasserschutzprogramm sieht eine erste Evaluierung für das Jahr 2011 vor.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 118

Analyse der Fallbeispiele 118

Instrumente

Steuerung Zur nachhaltigen regionalen Transformation von Flussgebieten sind Formen der ebenen-übergreifenden Planung erforderlich. Dies kann grundsätzlich sowohl in hoheitlicher als auch in kooperativer vertikaler Form erfolgen. Aufgrund des Politikfeldes „Transformation am Wasser“ und der Erheblichkeit der Entscheidung ist allerdings davon auszugehen, dass eine rein kooperative Vorgehensweise nicht ausreicht. Insbesondere erfordern ordnungspolitische und Förderinstrumente die hoheitliche Vorgehensweise des überört-lichen Akteurs. Auch ist z. B. der Hochwasserschutz hoheitlich. Die in einem regionalen Kontext formulierten Ziele und Maßnahmen müssen auf lokaler Ebene von den Ge-meinden, Bürgern und Unternehmen umgesetzt werden. Dies zeigt erneut, dass eine intensive Beteiligungskultur wichtig ist. Die Abstimmungsprozesse schließen Ko-operationen zwischen den Gemeinden sowie zwischen Gesamt- und Fachplanung ein.

In beiden Projekten zeigt sich, dass Governancestrukturen großräumige Projekte nicht behindern, sondern im Gegenteil befördern, weil sie Zielkonflikte mindern, Synergien aufzeigen und den Vollzug der Planung erleichtern. Wichtig ist hierbei nicht nur eine horizontale, sondern auch eine vertikale Kooperationsform.

Im Projekt Ruimte voor de Rivier erfolgt die Steuerung durch eine Mischung aus top-down- und bottom-up-Strukturen. Der regionale Planungsträger entscheidet nicht allein über die Ausgestaltung der Einzelprojekte. Vielmehr wird eine grundständige Ein-beziehung der Gemeinden und ihrer Zielstellungen erreicht. Im Gegenstromprinzip wird eine sinnvoll aufeinander abgestimmte Gesamtplanung der Flussgebietsentwicklung ge-währleistet.

Im Projekt Mersey Waterfront Regional Park erfolgt die Steuerung interkommunal durch den öffentlichen Sektor. Dabei wird jedoch eine Vielzahl privater und öffentlicher Akteure eingebunden, um am Ende ein von allen Gruppen akzeptiertes nachhaltiges Ergebnis zu erreichen. Dies gilt für alle Steuerungsebenen in horizontaler wie in vertikaler Richtung.

Finanzierung Im Rahmen des Programms Mersey Waterfront Regional Park werden neben öffentlichen auch ganz gezielt private Mittel eingeworben.

Im Gegensatz dazu finanziert das Programm Ruimte voor de Rivier seine Projekte grund-sätzlich mit öffentlichen Mitteln. Dies entspricht der gegenüber dem Projekt Mersey Wa-terfront Regional Park unterschiedlichen übergeordneten Zielstellung des Hochwasser-schutzes. Nur in Ausnahmefällen, wenn landschaftsarchitektonische Ziele gegenüber dem Hochwasserschutz überwiegen, werden kommunale und unter Umständen auch private Mittel eingefordert.

Beiden untersuchten Programmen gelingt es trotz der großen Spannbreite der ein-bezogenen Akteure, in relativ kurzer Zeit eine Vielzahl von Einzelprojekten umzusetzen. Dies liegt an der großen politischen Dimension der Großprojekte und an den aus-geprägten und etablierten Formen der Zusammenarbeit.

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Analyse der Fallbeispiele 119

3.1.2 Ergebnisbezogene Analyse

Städtebauliche Aspekte

Das Programm Ruimte voor de Rivier zielt darauf ab, den Hochwasserschutz mit land-schaftsarchitektonischen Zielvorstellungen zu verbinden. Es ist aus der landschaftsarchi-tektonischen Perspektive in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: zum einen durch die Ver-bindung von Hochwasserschutz und Landschaftsarchitektur, und zum anderen durch die Interpretation des Hochwasserschutzes, nämlich nicht die Deiche zu erhöhen, sondern den Flüssen mehr Raum zu geben.

Als Besonderheit im Programm Mersey Waterfront Regional Park ist der Wettbewerb an-zusehen, bei dem sich die Gemeinden um die Förderung von Einzelprojekten bewarben. Ein reiner Wettbewerb ohne Gesamtzielstellung für eine Region würde die Gesamtqualität eines überregionalen Projektes schmälern. Auf die in diesem Programm gewählte Weise kann jedoch die Qualität der einzelnen Projekte erhöht und zugleich die Qualität des Gesamtprogramms gewahrt werden. Nicht jedes Einzelprojekt, das von den Gemeinden bei den überörtlichen Einrichtungen eingereicht wird, wird auch umgesetzt, die Auswahl der förderfähigen Projekte korrespondiert mit den übergeordneten Zielvorstellungen. Damit werden auch Effizienz- und Koordinationsziele erreicht. Im Ergebnis der Trans-formation können mithilfe des Steuerungsmodells Zielvorstellungen gemeindlicher und übergeordneter Institutionen sowie der Bürger gleichermaßen erreicht werden.

Ökologische Aspekte

Die ökologischen Qualitäten stehen im Programm Ruimte voor de Rivier im Mittelpunkt. Neben der Zielstellung, dem Rhein und seinen Nebenflüssen mehr Raum zu geben, soll auch der Natur mehr Raum zurückgegeben werden. Dabei sollen Natura 2000 Schutz-gebiete geschützt werden. Diese ökologischen Schwerpunkte finden sich analog im Einzelprojekt wieder.

Das Programm Mersey Waterfront Regional Park verfolgt verschiedene ökologische Ziele. Die Naturräume an der Uferküste sollen geschützt, ihre ökologische Wertigkeit erhöht und die Zugänglichkeit auf sensible Weise hergestellt werden. Dabei sollen Flora und Fauna geschützt werden. Auch im Teilprojekt findet sich diese Zielstellung wieder, ins-besondere der Erhalt des Lebensraumes für Vögel bei gleichzeitiger Nutzung des Gebietes für Erholungszwecke. Spezifische Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung des Flusses werden nicht finanziert.

Soziale Aspekte

Im Programm Mersey Waterfront Regional Park stehen die sozialen Zielvorstellungen im Vordergrund. Dabei werden neben räumlichen auch institutionelle Grenzen überwunden. Das Stakeholdermodell verfolgt zudem das Ziel, entwickelte Partnerschaften langfristig zu erhalten.

Auch das Programm Ruimte voor de Rivier fokussiert auf soziale Aspekte. Hier steht der Schutz der Bevölkerung vor Hochwasserkatastrophen im Vordergrund.

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Analyse der Fallbeispiele 120

Integration des Wassers

Im Programm Mersey Waterfront Regional Park werden verschiedene Formen der Inte-gration aufgeführt, wenn auch im Vergleich zu dem niederländischen Beispiel das Wasser nicht im Mittelpunkt steht. Der Fluss Mersey dient nicht als Gütertransportweg. In den Einzelprojekten werden Maßnahmen für den Personenverkehr, für Erholungsfunktionen sowie zur Aufwertung der Uferküste getroffen. Baden ist nicht erlaubt. Dies begründet sich nicht in der Wasserqualität, die gut ist, sondern im erheblichen Tidenhub. Im unter-suchten Einzelprojekt werden keine spezifischen Maßnahmen zur Integration des Wassers aufgeführt.

Das Programm Ruimte voor de Rivier verfolgt im Kern die (Re-)Integration des Wassers in eine bestehende regionale Siedlungsstruktur. Dies erfolgt insbesondere zur Erreichung der Hochwasserschutzziele. Die kommerzielle Schifffahrt soll durch die Maßnahmen nicht behindert, die Freizeitschifffahrt gestärkt werden, beide aber ohne finanzielle Mittel durch das Gesamtprogramm. Im untersuchten Teilprojekt wird neben den ökologischen Aspekten die Erhaltung der Waal als Gütertransportweg, die Anlage von Uferwegen und Sondernutzflächen sowie in geringerem Umfang die Nutzung der Waal für Personenschiff-fahrt aufgeführt.

3.1.3 Zwischenfazit

Aus den Beispielen ist zu entnehmen, dass sich die Bürger intensiver beteiligen, je konkreter das Projekt formuliert ist. Darüber hinaus zeigen die neuen Ansätze Q-Team und People’s Panel, dass neue Formen der Akteurskonstellation bzw. der Öffentlichkeits-beteiligung, die über die formellen Planungsverfahren hinausgehen, sinnvoll sind.

Institutionsübergreifende Kooperationen befördern großräumige Projekte. Sie mindern Zielkonflikte, zeigen Synergien auf und erleichtern den Vollzug. Wichtig sind horizontale und vertikale Formen der Kooperation. Beide ersetzen jedoch das hoheitliche Handeln nicht, das insbesondere in der Ordnungs- und in der Förderpolitik zum Tragen kommt. Als zielführend zur Steigerung der Qualität in Einzelprojekten hat sich der Wettbewerb zwischen Gemeinden erwiesen, der die Qualität einzelner Projekte erhöht und zugleich die Zielstellung des Gesamtprojektes wahrt.

Ein schwerwiegendes Problem stellt die Reduzierung oder sogar Streichung der finanziellen Mittel dar, wodurch sowohl die Mersey Waterfront als auch die Mersey Basin Campaign eingestellt werden. Dadurch gehen der Region zwei der größten Re-vitalisierungsinitiativen verloren.

3.2 Großprojekte als Ausgangspunkt

Oft handelt es sich bei Großprojekten um die Revitalisierung brachgefallener Flächen ent-lang von Flüssen (vgl. Kapitel 2.2.2). Die Ausstrahlung eines Großprojektes kann positiv auf die nachfolgende bzw. umgebende Nutzung des Areals wirken. Bei temporären Ereig-nissen kann sich so ein durch das Ereignis initiierter positiver Entwicklungstrend ver-stetigen.

„Transformation“ steht im Zusammenhang mit Großprojekten für die Umnutzung industrieller Brachflächen mithilfe eines katalytisch wirkenden Projektes.

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Analyse der Fallbeispiele 121

„Erfolgreich“ ist das Projekt, wenn das temporäre bzw. das Initialprojekt auf nachhaltige Entwicklung angelegt ist, indem es Fehlinvestitionen vermeidet und eine neue Nachfrage nach dem Standort bewirkt.

Die beiden untersuchten Beispiele sind:

Parque das Nações

Tejo, Lissabon (PT)

Abandoibarra

Nervión, Bilbao (ES)

Dabei ist das Projekt Parque das Nações dem Subtypus temporäres Großereignis zuzu-ordnen, während es sich bei dem Projekt Abandoibarra um den Subtypus Projekt mit einer öffentlichkeitswirksamen Initialmaßnahme handelt.

3.2.1 Prozessbezogene Analyse

Akteure

Abbildung 10 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Parque das Nações und Abandoibarra Quelle: IIRM

Die Initiative zur Entwicklung und Planung des Projektes ging bei beiden Fallbeispielen von öffentlichen Akteuren aus. Nachdem Basel als Standort der ersten europäischen Guggenheimfiliale ausfiel, begab sich die Guggenheimstiftung erneut auf die Suche nach einer geeigneten Stätte und fand in der Stadt Bilbao den dafür notwendigen Partner. Auch in Lissabon ging die Initiative zur Revitalisierung der Uferflächen und zur Be-werbung für die Ausrichtung der Expo’98 von der Stadt Lissabon aus. Ferner erhielten beide Städte Unterstützung von staatlichen Institutionen.

Für die Durchführung und Umsetzung der Projekte setzten sowohl Bilbao als auch Lissabon auf einen treuhänderischen Entwicklungsträger mit mehrheitlich öffentlichen Anteilseignern. Auf diese Weise wollten sie gewährleisten, dass der Entwicklungsträger mit einem gewissen Abstand zu politischen Entscheidungsträgern operieren kann.

Bilbao und Lissabon beschränkten die Bürgerbeteiligung auf das gesetzlich vorgesehene Minimum und alle weitergehenden Formen des Dialogs mit den Bürgern entfielen. So fehlten umfassende Beteiligungsformen, z. B. zu frühen Phasen der Projektentwicklung, in denen in informellen und offenen Planungsschritten die Perspektiven und Belange der

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 122

Analyse der Fallbeispiele 122

Bürger hätten aufgenommen werden können. Dabei hätten die Entwicklungsträger auf die bestehenden Netzwerke zurückgreifen können, um die Beteiligung quantitativ und qualitativ zufriedenstellend zu realisieren.

Im Gegensatz dazu fanden in beiden Projekten intensive Abstimmungsprozesse mit den anderen beteiligten Institutionen statt. Zudem bezog Lissabon die Nachbargemeinde Loures in die Entwicklung ein, so dass auch diesem Fallbeispiel eine zwischengemeind-liche horizontale Kooperation zugrunde liegt.

Ziele

In der Zielstellung unterscheiden sich die untersuchten Beispiele. Das Projekt Abandoibarra zielte darauf ab, die Stadt Bilbao (wieder) in den internationalen Wett-bewerb der Städte und Regionen um neue Investoren und Nutzungen zu bringen. Initial-projekt war hierfür die Errichtung des Guggenheim Museums, die den sprichwörtlichen „Guggenheim-Effekt“ in der Stadt ausgelöst hat und zum Vorbild für andere Städte wurde. Daher standen insbesondere ökonomische Ziele im Vordergrund, mit denen auch stadtstrategische Ziele der öffentlichen Hand verbunden waren.

Das Projekt Parque das Nações verfolgte insbesondere die komplexe Erneuerung des nordöstlichen Stadtgebietes von Lissabon. Das Projekt sollte auch genutzt werden, um Familien aus der Mittelschicht von einer Abwanderung in das suburbane Umland abzu-halten. Dabei wurde eine Nutzungsmischung innerhalb des neuen Stadtteils realisiert, mit der insgesamt die sozioökonomisch schwächeren Quartiere in der Umgebung stabilisiert werden sollen. Initialprojekt für das Großprojekt war die Expo’98.

Insbesondere am Beispiel Abandoibarra zeigt sich, dass die Ziele der beiden Fallbeispiele durch ein (überdies von außen kommendes) Initialprojekt geprägt worden sind und nicht etwa durch den Standort. Trotz der Lage am Fluss (und auch z. B. der Ausrichtung der Expo’98 auf das Thema „Ozeane“) hat die Lage am Fluss nur eine geringe Bedeutung für die Transformation.

Großprojekte, die auch eine Umnutzung großer Flächen mit sich führen, sind mit großen Risiken und entsprechenden Kritiken verbunden. Für beide untersuchten Fallbeispiele ist festzustellen, dass nicht alle, aber die Mehrheit der Maßnahmen innerhalb des Groß-projektes erfolgreich waren.

Instrumente

Steuerung Für die Steuerung komplexer Entwicklungsaufgaben am Wasser haben sich Entwicklungs-träger bewährt.3 Wie dies oft der Fall ist, sind sie auch in den beiden untersuchten Fall-beispielen nicht nur für das temporäre bzw. das Initialprojekt beauftragt worden sondern bis heute im Einsatz.

Entwicklungsgesellschaften sind der politischen Willensbildung untergeordnet. Dabei ist eine Gratwanderung zu gewährleisten zwischen der vermeintlichen Eigenständigkeit der Entwicklungsgesellschaft und der Verpflichtung, bei der Abwägung von Entscheidungen treuhänderisch für die Politik das Wohl der Allgemeinheit zu verfolgen. Insbesondere bei öffentlichen Aufgaben dürfen Verwaltung und Politik das Verfahren nicht vollständig an einen Dritten übergeben. Umgekehrt ist die Politik letztlich für die Entscheidung über eine

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Analyse der Fallbeispiele 123

städtebauliche Planung verantwortlich. Dadurch werden städtebauliche Projekte rechtlich abgesichert.

Neben treuhänderischen Entwicklungsgesellschaften bieten sich jedoch auch andere Organisationsformen an, um das Projektmanagement zu gewährleisten. Insbesondere bei temporäreren Ereignissen können auch andere Steuerungsformen gefunden werden. Zielführend sind in Deutschland z. B. städtebauliche Verträge und Entwicklungsmaß-nahmen nach dem Besonderen Städtebaurecht.

Für den Erfolg des Steuerungsprozesses ist das Zusammenwirken formeller und in-formeller Instrumente von Bedeutung. Dennoch muss darauf geachtet werden, dass ein straffes Management eingesetzt wird, um ein Projekt in einem vorgesehenen bzw. fixierten Zeitraum zu realisieren.

Finanzierung Die Projekte Abandoibarra und Parque das Nações kommen beide ohne öffentliche Förderung aus: Lissabon refinanziert die Maßnahmen aus den Einnahmen der Weltaus-stellung und der Immobilienentwicklung ergänzt von Zuwendungen aus den Struktur-fonds der Europäischen Union. In Bilbao wird der Entwicklungsträger bis zum Abschluss der Revitalisierung sogar einen Überschuss von 21 Mio. € erwirtschaften, der bereits sozialen Projekt aus der unmittelbaren Nachbarschaft Abandoibarras zugute kam.

3.2.2 Ergebnisbezogene Analyse

Städtebauliche Aspekte

Lage, Größe und inhaltliche Ausrichtung der Großprojekte sollten zur Stadt und den Be-dürfnissen ihrer Bürger passen. Beide untersuchten Projekte zeigen, dass ein Großprojekt als Katalysator für eine umfassende städtebauliche Entwicklung funktionieren kann. Dabei wurde zunächst auf prestigeträchtige Maßnahmen abgezielt, die weit über die Stadtgrenze und auch über die Staatsgrenze hinaus wirken. Zugleich versuchen beide Projekte, negative gesamtstädtische wie teilräumliche Entwicklungstendenzen abzu-mildern. Neben der Revitalisierung industrieller Brachflächen sind die Aufwertung des Umfeldes und die Verbindung der neuen und alten Quartiere untereinander beabsichtigt. Trotz der ökonomischen Schwerpunkte wurden mit den städtebaulichen Erneuerungs-maßnahmen auch soziale und ökologische und somit insgesamt nachhaltige Maßnahmen umgesetzt.

Das Guggenheim Museum ist heute ein Wahrzeichen der Stadt Bilbao, das neue Lissabon wird mit der Expo’98 und dem Ostbahnhof verbunden. Dies zeigt, wie sehr eine städte-bauliche Entwicklung von Großprojekten mit hoher Ausstrahlungskraft abhängig ist. Zugleich zeigen die Nutzungen im Umfeld des Guggenheim Museums sowie die erfolg-reiche Nachnutzung des Expogeländes in Lissabon, dass ein Großprojekt nachhaltig das Ergebnis der Transformation prägen kann.

Ökologische Aspekte

Im Projekt Parque das Nações wurde eine eigene Strategie zur ökologischen Intervention entwickelt, die sich wiederum auf das in der Stadt vorhandene Nachhaltigkeitskonzept stützt. Die hierbei formulierten Ziele und Maßnahmen sind weit gefasst, u. a. beinhalten

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Analyse der Fallbeispiele 124

sie die Dekontamination der industriellen Brachflächen sowie die Sanierung und Säuberung des verschmutzten Flusses im Bereich des Projektgebietes.

Auch in Bilbao sind die Verschmutzungen des Gewässers und des Bodens beseitigt worden. Diese Maßnahmen wurden im Zusammenhang mit dem Stadterneuerungsprojekt als selbstverständlich angesehen. Daher wurden sie nicht gesondert als ökologische Ziele fixiert. Ebenso wenig waren sie der Beweggrund für die Entwicklung des Projektes.

Integration des Wassers

Obwohl beide Großprojekte an einem Fluss liegen, wurde das Gewässer nur in geringem Umfang in die Projektentwicklung integriert. In Bilbao war der Fluss Nervión kein direkter Bestandteil des Projektes Abandoibarra. Jedoch hat die Stadtverwaltung außerhalb des Großprojektes Maßnahmen ergriffen, um die Wasserqualität des ehemals als offener Ab-wasservorfluter genutzten Gewässers zu erhöhen. Insgesamt wurden ca. 900 Mio. € in-vestiert, um u. a. neue Kläranlagen zu errichten. Ziel war dabei, die Aufenthaltsqualität der neu gestalteten Ufer zu verbessern und den Lebensraum Fluss für die Flora und Fauna wiederherzustellen.

In Lissabon wird der Fluss Tejo nur in geringem Umfang genutzt. So ist es z. B. nicht gelungen, dort einen wassergebundenen ÖPNV einzurichten. Positiv zu bewerten ist als inszenierte Annäherung an das Gelände von Seiten des Flusses der Neubau der Brücke Ponte Vasco da Gama.

3.2.3 Zwischenfazit

In beiden Projekten wird deutlich, dass Großprojekte entscheidende Einflussgrößen für die Entwicklung einer Stadt sind und katalytisch für die Stadtentwicklung wirken können.

Zudem zeigen die Fallbeispiele, dass die dauerhafte Beauftragung einer Entwicklungs-gesellschaft zur Bündelung und Beschleunigung des Planungsprozesses auch über das temporäre oder das Initialprojekt hinaus sinnvoll ist.

Dagegen ist weder dem spanischen noch dem portugiesischen Entwicklungsträger eine ausreichende Bürgerbeteiligung gelungen. Dies erklärt sich durch die notwendige Dynamik und den Charakter als entscheidungsorientierte Planungsform. Demgegenüber erfolgte eine umfassende Beteiligung der öffentlichen Akteure, da sie für die Umsetzung des Projektes erforderlich ist.

In beiden Projekten zeigt sich nach der Weltfinanzkrise, dass es den Entwicklungsprozess verzögern kann, wenn sich zu sehr auf den Wert des Baulands verlassen wird.

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Analyse der Fallbeispiele 125

3.3 Dienstleistungszentren

Bei Dienstleistungszentren besteht eine enge Verzahnung zwischen öffentlichen Planungen und privaten Investitionen (vgl. Kapitel 2.2.3). Zugängliche Uferflächen werten das Arbeitsumfeld der Beschäftigten auf, und Investitionen in die Beräumung, Dekontamination und in die erforderliche Infrastruktur rechnen sich. Durch ökologische, soziale und kulturelle Inwertsetzungsprozesse werden beschäftigungswirksame Effekte erzielt und marktfähige Lagen generiert.

Auf die Potentiale für neue Wohnstandorte wird in dieser Studie nicht näher eingegangen. Dafür sei auf das parallele BBSR-Forschungsprojekt „Integrierte Stadtquartiersent-wicklung am Wasser“ verwiesen.

„Transformation“ steht im Themenfeld Dienstleistungszentren für die Umnutzung industrieller Brachflächen durch neue Dienstleistungsimmobilien.

„Erfolgreich“ ist ein Projekt dabei, wenn es ein Angebot schafft, das nachfrageorientiert ist und zugleich die gesellschaftlichen Belange einer nachhaltigen Stadtentwicklung ein-bezieht.

Für das Themenfeld wurden die folgenden Beispiele miteinander verglichen:

Graphisoft Park

Donau, Budapest (HU)

Campus Plus

Rhein, Basel (CH)

3.3.1 Prozessbezogene Analyse

Akteure

Abbildung 11 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Graphisoft Park und Campus Plus Quelle: IIRM

Bei der Entwicklung von Dienstleistungsstandorten am Wasser besteht eine enge Ver-zahnung zwischen öffentlicher Planungsvorstellung und privater Projektentwicklung. Daher sind neue Akteurskonstellationen und Kooperationen zwischen den Akteuren sinn-voll.

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Analyse der Fallbeispiele 126

Im Fall des Campus Plus Projektes gelang dies durch die Bildung einer informellen Projektorganisation, deren Gremien auf allen Planungs- und Projektebenen paritätisch besetzt waren bzw. weiterhin sind. Die Wartung und Instandhaltung der neu ent-standenen bzw. noch geplanten Anlagen wird jeweils einer der beiden Akteure eigenver-antwortlich übernehmen, wobei hierüber erst entschieden wird, wenn die Eigentums-grenzen am Projektende endgültig feststehen.

Demgegenüber ist die Immobilienentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft Graphisoft Park AG der maßgebliche Akteur am gleichnamigen Dienstleistungsstandort. Sie entwickelt die Flächen und Gebäude, stattet sie aus und hält sie Instand. Selbst Sondernutzungen der Mieter wie z. B. ein biotechnisches Labor werden zentral von der Firma konzipiert und umgesetzt. Insgesamt ist das Projekt daher durch eine zentrale Steuerung eines einzelnen privaten Akteurs geprägt. Weitere Akteure wie z. B. die Ein-wohner angrenzender Quartiere werden nicht beteiligt.

Unterdessen setzen die Novartis AG und der Kanton Basel-Stadt auf eine breite Stake-holder- und Öffentlichkeitsbeteiligung, obwohl die Schweizer Bevölkerung aufgrund des Direktdemokratischen Prinzips ohnehin über umfassende Anhörungs- und Mitsprache-rechte verfügt. So werden sowohl auf der Gesamtprojektebene als auch maßnahmen-bezogen Informationsveranstaltungen organisiert, um die Bürger über die Planungen bzw. den Verlauf des Projektes Campus Plus zu informieren.

Die Beteiligungsformen in beiden Projekten weisen Unterschiede auf. Im direkten Ver-gleich zeigt sich, dass das in Basel gewählte Beteiligungsmodell sinnvoller erscheint, weil es verschiedene Perspektiven und Belange integriert. Die verschiedenen Akteursgruppen sollten bereits während der Planungs- und Entwicklungsphase einbezogen werden. Dies ist besonders hilfreich, um ein Projekt mit dem übrigen Stadtgebiet zu vernetzen, und um von verschiedenen Bevölkerungsgruppen akzeptiert zu werden.

Ziele

In der Zielstellung zur Entwicklung neuer Dienstleistungsstandorte besteht potentiell die Möglichkeit, öffentliche und privatwirtschaftliche Zielvorstellungen zu verbinden. Bei-spielsweise werten begrünte Uferflächen sowie eine auf die Dienstleistungen ab-gestimmte Infrastruktur, wie z. B. Tagesgastronomie, das Arbeitsumfeld der Be-schäftigten auf und tragen zur Akzeptanz neuer Standorte bei. Zu beachten ist jedoch, dass die Zielstellung ausgewogen ist. Privatwirtschaftliche Ziele, hinter denen In-vestitionen und neue Arbeitsplätze stehen, haben nicht von vornherein Vorrang gegen-über gesellschaftlichen Zielen. Sinnvoll ist es, in einem Dialog zwischen Planung, Privat-wirtschaft und Bürgern Synergien und Zielkonflikte herauszuarbeiten. Dabei gilt es zu ermitteln, welche spezifischen öffentlichen Interessen bei der immobilienwirtschaftlichen Verwertung von Siedlungsflächen am Wasser bestehen, und welche Konsequenzen diese Interessen für die privaten Projekte haben. In diesem Abwägungsprozess an der Ufer-kante sollte vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit auch ökologischen Zielstellungen Gewicht verliehen werden. Dementsprechend legen die Novartis AG und der Kanton Basel-Stadt ihrem Projekt nahezu gleichberechtigt ökonomische, ökologische und soziale Ziele (Stärkung des Life Science Standortes Basel, Anlage eines unterbrechungsfreien Wanderkorridors für Flora und Fauna sowie Öffnung des Quartiers zum Wasser) zugrunde und entsprechen damit annährend dem Ideal der nachhaltigen Stadtentwicklung. So ent-stehen gleichermaßen auch positive Rückwirkungen für die private Projektentwicklung.

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Analyse der Fallbeispiele 127

Demgegenüber dominieren in der Entwicklung des Graphisoft Parks vornehmlich öko-nomische Zielvorstellungen. Folglich unterliegen auch dessen Einzelmaßnahmen, wie z. B. die Anlage von Grünflächen diesen wirtschaftlichen Prämissen und können bei ent-sprechender Änderung der Ziele angepasst werden.

Eine Evaluierung hat in beiden Projekten nicht stattgefunden.

Instrumente

Steuerung Trotz des Institutionen übergreifenden Ansatzes des Projektes Campus Plus setzen die Novartis AG und der Kanton Basel-Stadt auf informelle und flexible Steuerungsstrukturen und -prozesse, ohne dabei einzelne Anspruchsgruppen auszugrenzen oder gar zu be-nachteiligen. Grundsatzvereinbarung und Projektorganisation wurden absichtlich schlank gehalten, so dass alle notwendigen Entscheidungen schnell und flexibel getroffen werden können. Auch im Fall des Graphisoft Parks zeigt sich, dass eine kleine Organisations-struktur den Planungs- und Umsetzungsprozess beschleunigen kann. In diesem Fall ist der Erfolg jedoch nicht auf das besonders innovative institutionelle Arrangement zurück-zuführen, sondern vielmehr auf die Dominanz der ökonomischen Zielstellungen und der fehlenden Beteiligung externer Anspruchsgruppen.

Finanzierung Der Campus Plus wird zum überwiegenden Teil aus öffentlichen Mitteln des Kantons Basel-Stadt sowie anteilig aus zuvor vereinbarten Zuschüssen der Novartis AG und Fördermitteln des Bundes finanziert. Zur Refinanzierung tragen zum einen der Verkauf der Hafen- und Quartiersparzellen an die Novartis AG (100 Mio. CHF) und zum anderen die aus dem Ausbau des Novartis-Standortes erwarteten Steuermehreinnahmen von etwa 10 Mio. CHF jährlich bei.

Demgegenüber werden der Graphisoft Park und alle damit in Verbindung stehenden Maßnahmen ausschließlich durch den privaten Betreiber finanziert. Dementsprechend ist dieser auch angehalten, die entstandenen Kosten durch die Projekteinnahmen zu re-finanzieren.

In den unterschiedlichen Finanzierungsmodellen spiegeln sich die unterschiedlichen Akteurskonstellationen und damit die unterschiedlichen Prämissen der beiden Projekte wieder. In dem Projekt Campus Plus ist es aufgrund der anteiligen öffentlichen Finanzierung möglich und notwendig, Maßnahmen zur Verfolgung öffentlicher Ziele um-zusetzen. Daher ist es im Sinne nachhaltiger Stadtentwicklung sinnvoll, Steuerung in öffentlicher Verantwortung zu halten.

3.3.2 Ergebnisbezogene Analyse

Städtebauliche Aspekte

Dienstleistungsprojekte am Wasser haben mehr als Projekte an anderen begünstigten Standorten (etwa an einer Parkanlage) das Potential für eine hohe Nachfrage. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine vergleichsweise höhere Nachfragegunst. Eine

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Analyse der Fallbeispiele 128

Adresse „am Wasser“ ist gegenwärtig attraktiver als eine Adresse „am Park“. Diese Präferenz unterliegt auch Moden.

Projekte passen sich der Nachfrage an. Die Adresse am Wasser ist daher eher als Stand-ortfaktor relevant als zur Nutzung. Nur noch selten werden an der Uferkante wasser-bezogene Dienstleistungen realisiert. Daher entsprechen die städtebaulichen Maßgaben guter Projektentwicklung am Wasser im Wesentlichen den Maßgaben für Projekte am Rande von Grünanlagen.

Nicht jedes Dienstleistungszentrum am Wasser ist sinnvoll. Im Sinne einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung sind die Lage des Projektes in der Stadt sowie die Nutzungsmischung zu beachten. Eine isolierte Projektentwicklung ohne Vernetzung und ÖPNV-Anbindung ist nicht nachhaltig. In dem Transformationskonzept sollte daher be-achtet werden, dass sich viele industrielle Brachflächen nicht in integrierter Lage der Stadt befinden, weshalb dort eine Umnutzung mit hoher Nachfrage zu vermeiden ist. Demgegenüber ist es an integrierten Standorten möglich, bestehende Verkehrsnetze zu nutzen. Beide untersuchten Projekte liegen innerhalb der Stadt und erfüllen daher die Maßgabe der integrierten Entwicklung.

Eine ausschließlich gewerbliche (d. h. monofunktionale) Projektentwicklung ist ebenfalls nicht nachhaltig. Der Begriff Dienstleistungszentren ist daher nicht im Sinne einer mono-funktionalen Nutzungsstruktur zu verstehen, sondern sollte immer eine Funktions-mischung beinhalten4. Erforderlich ist die Herausbildung eines Quartiers mit Nachbar-schaften, einer Vernetzung mit der Umgebung, einer Abfolge öffentlicher und privater Räume, einer Baukörperkonfiguration, die möglichst vielen Nutzern den Bezug zur Wasserlage ermöglicht, sowie mit einer Nutzungsmischung von Wohnen und Arbeiten. Diese Maßgaben werden in dem Projekt Campus Plus eher erfüllt als im Graphisoft Park. Letzterer ist eher isoliert. Eine Vernetzung des Graphisoft Parks mit der Umgebung ist auch deshalb nicht zustande gekommen, weil die Steuerungsform ausschließlich auf die Optimierung des Projektes nach innen ausgerichtet ist.

Für die städtebauliche Analyse sind folgende Fragestellungen relevant:

Bedeutung der Wasserlage für das Projekt,

Verhältnis zwischen bebauter Fläche und Freiraum,

Verhältnis zwischen gewerblichen und sonstigen baulichen Nutzungen,

Bedeutung überragender gewerblicher Einrichtungen mit Ausstrahlungskraft für die Gesamtstadt, die Region oder darüber hinaus sowie

Anteil an Versorgungseinrichtungen für das Quartier und die Umgebung.

In beiden Projekten überwiegen die ökonomischen Zielstellungen eines großen privaten Akteurs, der jeweils intensiv in den Stadtentwicklungsprozess einbezogen war oder diesen initiierte. Im Projekt Graphisoft Park beherrscht die Nachfrage das Projekt. Sind Nachfrageverschiebungen erkennbar, wird das Angebot angepasst. Ist z. B. die Grün-fläche für die Nutzer der Gewerbeimmobilien nicht mehr von Bedeutung, wird sie um-gestaltet oder umgenutzt.

Auch das Projekt Campus Plus unterliegt Nachfrageveränderungen und -schwankungen. Anstelle einer ursprünglich geplanten Hochschulzone wird nun zunächst ein Park ge-schaffen. Sobald die Nachfrage sich wieder positiv entwickelt, sollen an dieser Stelle Hochhäuser entstehen.

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Analyse der Fallbeispiele 129

Ökologische Aspekte

Die ökologischen Aspekte stehen bei beiden Projekten nicht im Mittelpunkt. Dennoch leistet die Umnutzung des Hafens St. Johann, die die Sanierung der Altlasten, die Re-naturierung des Hafenufers, die Minimierung der Versiegelung sowie die Schaffung von Grün- und Freiflächen umfasst, auch einen Beitrag zur ökologischen Stadtentwicklung. Zudem soll der Rhein wieder als Wanderkorridor für Pflanzen und Tiere dienen.

In Budapest wird als ökologisches Ziel die Einhaltung der aktuellen Umweltstandards, unter anderem zur Energieeffizienz, genannt, was aber nicht weiter ausgeführt wird.

Integration des Wassers

In beiden Projekten konzentriert sich die Projektentwicklung vor allem auf die Schaffung neuer Adressen am Wasser. Dennoch sind vor allem am Campus Plus auch wasser-bezogene Nutzungen vorgesehen. Als Besonderheit soll die bereits heute am Rhein vor-handene gesetzlich erlaubt Schwimmstreckte erweitert werden. Auch die Personenschiff-fahrt im gewerblichen und privaten Bereich soll gefördert werden.

Die Donau ist nicht Teil des Konzeptes für den Graphisoft Park, sondern es handelt sich lediglich um eine Projektentwicklung am Wasser, die sich durch die raumbegrenzende Bepflanzung (Hecke) entlang der historischen Ufermauer eher vom Fluss abwendet, als sich ihm zu öffnen.

Es zeigt sich, dass in den untersuchten Projekten dem Fluss als Dienstleister, der wichtige Funktionen für die Stadt übernimmt, keine besondere Bedeutung zukommt. Lediglich die Lage am Fluss wird als besonderes Standortkriterium für die Immobilien-entwicklung genutzt.

3.3.3 Zwischenfazit

Dienstleistungsprojekte am Wasser sind trotz des hohen privatwirtschaftlichen Interesses der Projektentwicklung nicht insulär zu betrachten. Es gilt, ein Konzept zu entwickeln, das zwischen der neuen Adresse am Ufer und dem bisherigen, vom Ufer abgetrennten Stadtgebiet vermittelt. Die Vernetzung mit der Umgebung erfordert daher auch die Ein-beziehung der verschiedenen Akteursgruppen in die Planung. Dies unterscheidet Projekte am Wasser nicht wesentlich von anderen Stadtentwicklungsprojekten mit hohem privat-wirtschaftlichem Anteil sowie von Projekten an öffentlichen Grünflächen. Als Besonderheit stellt sich jedoch die Herausforderung, neue Nutzungen am Wasser so zu planen, dass keine nachbarschaftlichen Konflikte zu den bestehenden Gebieten entstehen.

Die Entwicklung von Dienstleistungszentren am Wasser ermöglicht, Synergien zwischen öffentlichen und privaten Zielen zu vereinen. Dabei können private Aktivitäten zur Ent-wicklung neuer Adressen genutzt werden. Dennoch muss die öffentliche Hand die Planungshoheit behalten. Auch darf beim Finanzierungsmodell nicht das privatwirtschaft-liche Interesse dazu führen, dass gesellschaftliche Zielvorstellungen zugunsten der not-wendigen privatwirtschaftlichen Verwertung aufgegeben werden.

Auch bei immobilienwirtschaftlich dominierten Projekten kann dem Fluss als Dienstleister gestalterisch und funktional, unter Wahrung der ökologischen Maßgaben, eine wichtige Bedeutung zukommen. Dies Potential sollte stärker diskutiert und genutzt werden.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 130

Analyse der Fallbeispiele 130

3.4 Parkanlagen

Parkanlagen dienen der Freizeitgestaltung und Naherholung, und sie sind besonders reiz-voll, wenn sie am Fluss liegen (vgl. Kapitel 2.2.4). Gelingt es, mit Parkanlagen diese be-sondere Zone der Stadt gestalterisch und funktional aufzuwerten und hier einen Er-holungsraum für die Bevölkerung zu schaffen, wird eine neue Adresse am Wasser mit dem historischen und wiederauflebenden Geist des Ortes verknüpft.

„Transformation“ bezieht sich bei Parkanlagen auf die Aufwertung bestehender sowie die Anlage neuer Parkanlagen. Diese Aufwertung dient der nachhaltigen Stadtentwicklung.

„Erfolgreich“ ist ein Projekt, wenn es eine nachhaltige Freiflächenentwicklung implementiert oder zumindest teilweise abgeschlossen hat.

Der folgenden Analyse sind die beiden Fallbeispiele zugeordnet:

Quais jardinés

Garonne, Bordeaux (FR)

Lágymányosi Bucht

Donau, Budapest (HU)

3.4.1 Prozessbezogene Analyse

Akteure

Abbildung 12 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Quais jardinés und Lágymányosi Bucht Quelle: IIRM

Die Akteurskonstellation im Projekt Quais jardinés hat sich insofern während der Laufzeit nicht verändert, dass sie immer aus der Gruppen der Techniker (sowohl der Communauté Urbaine de Bordeaux als auch der Stadt Bordeaux), der Gruppe der Ab-geordneten sowie der Gruppe der Einwohner und Geschäftsleute bestand. Diese drei Gruppen trafen sich sehr häufig zu Versammlungen, an denen entweder die Gesamtheit der Akteure teilnahm, oder, wenn es um spezifische Fragestellungen ging, nur ein jeweils relevanter Teil. Auch die breite Öffentlichkeit wurde von Anfang an über Informationsver-anstaltungen und Präsentationen einbezogen.

Der bisherige Verlauf des Projektes Lágymányosi Bucht ist von einigen Veränderungen in der Akteurkonstellation geprägt. Das Projekt begann als Gemeinschaftsunternehmen

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 131

Analyse der Fallbeispiele 131

namens Öböl XI, dessen Anteile ein ungarischer Investor und die Stadt Budapest zu gleichen Teilen hielten. Bereits in der Planungsphase reduzierten sich die Stimmanteile der Stadt Budapest auf lediglich ein Prozent, da sie außerstande war, bei den für den Landerwerb notwendigen Kapitalerhöhungen mitzugehen. Seither dominieren privatwirt-schaftliche Interessen das Projekt und die Stadt wird lediglich bei öffentlichen Ver-waltungsakten beratend hinzugezogen. 2007 übernahmen portugiesische Investoren die nunmehr private Entwicklungsgesellschaft Öböl XI und führen seitdem die Planung und Umsetzung des Projektes fort. Auch für die Zukunft sind weitere Veränderungen in der Akteurszusammensetzung nicht auszuschließen. Zum einen war zum Zeitpunkt der Untersuchung noch offen, wer nach Abschluss der Immobilienentwicklung für den Unter-halt der Parkanlage verantwortlich sein wird. Zum anderen bedrohten die Auswirkungen der Weltfinanzkrise den Fortgang des Lágymányosi Projektes. Infolge der Dominanz der ökonomischen Zielstellung ist die Bevölkerung der angrenzenden Quartiere bisher zu keinem Zeitpunkt bemerkenswert an der Planung und Umsetzung des Projektes beteiligt worden. Dies liegt möglicherweise auch an den geringeren Erfahrungen mit Bürgerbe-teiligung in Mittel- und Osteuropa.

Die gewählten Beteiligungsformen reflektieren die materiellen Herausforderungen bei den beiden Projekten (öffentliche Aufgabe – privatwirtschaftliches Projekt). Im Sinne der Pfadabhängigkeit der Planungskulturen dokumentieren sie jedoch auch die Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und privaten Investoren bzw. den Bürgern.

Ziele

Übergeordnete Zielstellung in Bordeaux war es, den Fluss wieder als Rückgrat der Stadt anzuerkennen. Schlüsselelemente dabei waren die Wiederherstellung der Zugänglichkeit der Quais, die Reduzierung des mobilisierten Individualverkehrs sowie die Verbindung der Stadtteile mit den Ufern. Sie reflektieren alle die übergeordnete öffentliche Zielstellung des Projektes. Um zu vermeiden, dass die Umsetzung der Zielstellungen an den Nutzungsbedingungen und den Kapazitäten der Stadt zur Unterhaltung der Anlagen vorbeigehen, war der kontinuierliche Dialog zwischen dem Landschaftsarchitekten und den zuständigen Abteilungen der Stadt von zentraler Bedeutung.

Das Projekt Lágymányosi Bucht wird von der Vision getragen, ein multifunktionales Quartier zu schaffen, das einerseits als Standortvorteil die Nähe zum Budapester Stadt-zentrum nutzt, andererseits aber Qualitäten der Lage am Fluss entfaltet. Für die Ver-wirklichung dieser Vision ist die Errichtung der Parkanlage von zentraler Bedeutung. Entsprechend ist sie als eine der ersten Maßnahmen umgesetzt worden, um so potentielle Investoren und Nutzer der Immobilien vom Standort überzeugen zu können. Folglich stand der Uferpark nicht im Mittelpunkt der Zielstellung, sondern ist lediglich ein Mittel zur Erreichung des privatwirtschaftlich intendierten Zwecks.

Die Maßnahmen in Bordeaux wurden mit einem positiven Ergebnis evaluiert. Auf Grund-lage dieses Erfolges werden für die Zukunft weitere Maßnahmen geplant. Demgegenüber fand im Projekt Lágymányosi Bucht noch keine Evaluation statt.

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Analyse der Fallbeispiele 132

Steuerung

Das Projekt Quais jardinés umfasst sowohl Zuständigkeiten des Kommunalverbands Communauté Urbaine de Bordeaux als auch der Stadt Bordeaux. Zur Realisierung des Projektes übertrug die Stadt dem Kreis sämtliche Kompetenzen für das Projekt, um Zu-ständigkeitskonflikte zu vermeiden. Dennoch erfolgte die Umsetzung des Projektes in enger Abstimmung zwischen Stadt und Kommunalverband. Dies erfolgte individuell nach der jeweiligen Aufgabenstellung. Es zeigt sich, dass eine Kooperation zwischen unter-schiedlichen Handlungsebenen, die individuell ausgestaltet werden kann, sehr sinnvoll ist. Der Erfolg des Projektes begründet sich insbesondere mit dieser intensiven Zu-sammenarbeit.

Die maßgebliche Entwicklung des Projektes durch einen privaten Akteur erleichtert wie beim Projekt Lágymányosi Bucht die realitätsnahe Konzeption und damit auch die Um-setzung von Maßnahmen, solange es keine konjunkturellen Probleme gibt. Es entstehen auch neue Betriebsmodelle wie etwa die Refinanzierung von Investitions- und Betriebs-kosten für die Grüninfrastruktur durch angrenzende wirtschaftliche Nutzungen.

Am Beispiel Lágymányosi Bucht zeigt sich aber auch die Anfälligkeit dieser Steuerungs-formen in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Insbesondere die dauerhafte Finanzierung des Betriebes durch einen privaten Akteur ist nicht sicher. Steht ein Investor in der Pflicht der Nachsorge, bleibt unklar, wer diese Aufgabe übernimmt, wenn er nicht mehr zahlungs-fähig ist. Daher sollte die übergeordnete Verantwortung bei der öffentlichen Hand ver-bleiben.

Finanzierung

Bei der Umsetzung des Projektes Quais jardinés entstanden erhebliche Kosten. Die Bau-kosten wurden zu 80% von der Communauté Urbaine de Bordeaux, zu 15% von der Stadt Bordeaux und zu 5% aus EU-Fördermitteln finanziert.

Das Projekt Lágymányosi Bucht wurden hingegen ausschließlich privat finanziert. Die Refinanzierung erfolgt aus der Immobilienentwicklung.

3.4.2 Ergebnisbezogene Analyse

Städtebauliche Aspekte

Mit der Anlage der Quais jardinés erfolgte eine Konversion von Industrie- und Verkehrs-flächen in öffentliche Park- und Gartenanlagen. Dabei sind neue städtebauliche Quali-täten erreicht worden, die über das eigentliche Projektgebiet ausstrahlen und die Stadt insgesamt aufwerten. Hierzu trägt auch die Vernetzung mit der angrenzenden Altstadt bei, indem die zum Fluss führenden Gassen neue Querungsmöglichkeiten an der Ufer-straße erhielten. Die Wertsteigerung bei den Häuserzeilen entlang des Nordufers zeigen, dass sich eine Investition in den öffentlichen Raum am Fluss lohnt. Die Errichtung von Gärten hat einen hohen Wiedererkennungseffekt, und zudem wurden bei der Freiraum-gestaltung die Sichtachsen historischer Gebäude zum Fluss beachtet.

Das Projekt in der Lágymányosi Bucht formuliert zwar die Errichtung eines neuen multi-funktionalen Quartiers. Jedoch bezieht sich dies nur auf die Nutzungsmischung innerhalb

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Analyse der Fallbeispiele 133

des eigenen Projektes. Eine Mischung und Vernetzung mit den angrenzenden Quartieren ist nicht vorgesehen. Es handelt sich vielmehr um eine introvertierte Planung. So werden die Uferwege nicht nach Norden in Richtung Innenstadt verlängert. Die Anlage eines neuen Parks, ist nur Mittel zum Zweck der Immobilienentwicklung.

An stadtweit bedeutenden Stellen wie an der Garonne in Bordeaux ist es sinnvoll, die Ufer öffentlich zugänglich zu halten. Eine Öffentlichkeit der Ufer entspricht einem demo-kratischen Verständnis in der Nutzung der Stadt, da die erholsame Wirkung des Wassers allen Bewohnern zuteil werden soll. An anderen Abschnitten der Flussufer können jedoch auch ökologische Ziele überwiegen; daher ist es nicht sinnvoll, überall eine öffentliche Uferpromenade anzulegen. Einer öffentlichen Zugänglichkeit sollte jedoch der Vorrang gegenüber privaten Freiräumen am Wasser eingeräumt werden. Die Stadt ist vom Wasser aus anders erlebbar als von der Landseite aus. Daher kommt auch der Qualität der Parkanlage im Sinne von Landschaftsarchitektur eine hohe Bedeutung zu. Entsprechend sind trotz der privatwirtschaftlichen Verwertungsinteressen im Budapester Beispiel die Parkanlagen in der Bucht für alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zu-gänglich.

Zusammenfassend zeigt sich insbesondere am französischen Beispiel, dass Investitionen in den öffentlichen Raum am Wasser und die Gewährleistung der Öffentlichkeit der Ufer zu positiven städtebaulichen Effekten, als wertsteigernde Effekte auch für die an-grenzenden privaten Immobilien, führt.

Ökologische Aspekte

In Budapest wurde eine Dekontamination und Reinigung der angrenzenden Fließgewässer durchgeführt, allerdings stand sie nicht im Mittelpunkt der Transformation. Das Projekt Quais jardinés beinhaltete keine Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität. Hier stand vielmehr die Förderung des auto-unabhängigen Verkehrs und die Aufwertung und Verbindung der natürlichen Räume im Vordergrund. Beide Projekte haben gemeinsam, dass die ökologischen Aspekte nicht die größte Rolle spielen. Während in Bordeaux soziale Ziele als Schwerpunkt angeführt wurden, verfolgten die Akteure in Budapest ins-besondere eine ökonomische Verwertung des Areals.

Integration des Wassers

In Bordeaux bestehen zahlreiche historische Brücken, mit denen die neue Parkanlage erreicht wird. Eine ergänzende neue Hubbrücke ist in Planung. Die gestalterische Ein-bindung des Flusses in die Parkplanung ist unter anderem durch Freihalten der Sicht-achsen gelungen, aber eine stärkere funktionale Einbeziehung des Wassers in das Projekt wäre sinnvoll. So hat der Fluss für den Güterverkehr keine Bedeutung mehr. Im Personenverkehr sind nur wenige Ausflugsschiffe unterwegs, während regelmäßige Fähr-verbindungen fehlen. Auch fehlen Freizeitnutzungen auf und in dem Gewässer. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Garonne um einen gefährlichen Fluss handelt, dessen Tidenhub während der Gezeiten um 5 bis 6 Meter steigen bzw. sinken kann.

Demgegenüber sollen in Budapest insbesondere die Nutzungen auf und in der Donau zum zentralen Bestandteil der Naherholung rund um die Lágymányosi Bucht werden. Allein aufgrund der zeitweise ungenügenden Wasserqualität des Flusses ist das Baden in der Lágymányosi Bucht bisher noch nicht dauerhaft möglich. Für Einzelveranstaltungen

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Analyse der Fallbeispiele 134

wie z. B. der Drachenboot- und Triathlon-Weltmeisterschaft erhielten die Veranstalter allerdings bereits Ausnahmegenehmigungen seitens der verantwortlichen Behörden. Ferner integrieren der Jachthafen in der Bucht und der Kreuzschifffahrtshafen an der Donau den Fluss in seiner Funktion als Personenverkehrsweg. Insofern ist dem Buda-pester Fallbeispiel grundsätzlich eine umfassende gestalterische und funktionale Ein-bindung des Wassers gelungen.

3.4.3 Zwischenfazit

Die Kooperationen zwischen unterschiedlichen Akteuren und Handlungsebenen führen bei Parkanlagen zu nachhaltigen Ergebnissen. Der mehrdimensionale Blick und die Be-teiligung der Bürger gewährleisten, dass diese den Park nach der Umsetzung annehmen.

Parkanlagen sind Gegenstand öffentlicher Daseinsvorsorge. Es ist zwar möglich, privates Engagement einzubinden, um Parks zu errichten und sie zu pflegen. Die öffentliche Hand muss jedoch dafür sorgen, dass Pflege und Betrieb der Parkanlage dauerhaft gewähr-leistet werden. Die öffentliche Hand ist in der Pflicht, bei der Entwicklung von Park-anlagen am Wasser das Allgemeinwohl zu wahren und es gegenüber privaten Interessen zu verteidigen.

Investitionen in den öffentlichen Raum am Wasser lohnen sich für die Gesellschaft und die angrenzenden Grundstücksbesitzer. Als Beitrag nachhaltiger Stadtentwicklung sind die Uferzonen an stadtweit bedeutenden Stellen öffentlich zugänglich zu halten. Neue Grünräume am Wasser erfordern eine Multifunktionalität, die zwischen städtebaulichen und ökologischen Zielstellungen vermittelt. Daher sollten eine gesellschaftliche Nutzung sowie der Hochwasserschutz gleichermaßen möglich sein. Entlang des Flusses sollte zu-dem eine grüne Vernetzung mit den angrenzenden Quartieren entstehen.

3.5 Flussinseln mit Kulturangebot

Die Transformation einer Flussinsel erfordert besondere Aufmerksamkeit, die es sinnvoll erscheinen lässt, eine öffentlichkeitsorientierte Nutzung vorzusehen (vgl. Kapitel 2.2.4). Sowohl in der Steuerung als auch in der Nutzung kommt der öffentlichen Hand daher eine besondere Aufgabe zu.

„Transformation“ bezieht sich hinsichtlich der Flussinseln mit Kulturangebot auf die Um-nutzung von Flussinseln für kulturelle Zwecke. Es werden öffentlichkeitsorientierte Nutzungen am Fluss geschaffen, die auch für den Flussraum in der Stadt insgesamt eine positive Ausstrahlung entwickeln können. Sie steigern damit die Aufenthaltsqualität und leisten zudem einen Beitrag zu einem positiven Image des Projektgebietes.

„Erfolgreich“ ist ein Projekt zur Entwicklung einer Kulturinsel, wenn es gelingt, eine neue kulturelle Nutzung anzusiedeln, die dem Geist des Ortes gerecht wird, eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit erreicht und sich hinsichtlich ihrer Inhaltlichkeit und lang-fristigen Finanzierbarkeit dauerhaft trägt.

Die untersuchten Beispiele sind:

Mühleninsel

Brda, Bydgoszcz (PL)

L’Ile

Rhône, Genf (CH)

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Analyse der Fallbeispiele 135

3.5.1 Prozessbezogene Analyse

Akteure

Abbildung 13 Organisations- und Beteiligungsformen in den Fallbeispielen Mühleninsel und L’Ile Quelle: IIRM

Bei beiden Fallbeispielen übernahmen öffentliche Akteure die Planung und Umsetzung der Revitalisierungsmaßnahmen. Für die Mühleninsel in Bydgoszcz tat dies die Stadt Bydgoszcz, wobei eine enge Abstimmung zwischen vielen verschiedenen Abteilungen der Stadtverwaltung erfolgte.

In Genf führte der Kanton den Umbau des Bâtiment des Forces Motrices in ein Theater durch. Die Stadt Genf realisierte den Umbau der Halles de l’Ile in eine Brasserie und im Rahmen des Konzeptes „Le Fil du Rhône“ die Aufwertung der Promenade des Lavandières sowie die Restaurierung der Brücke Pont de la Machine und den Bau der Plattform auf dem Wasser. Der Umbau eines Gebäudeteils des Bâtiment du Pont de la Machine geht auf die Services Industriels de Genève zurück.

In Bydgoszcz wurden in den jeweiligen Planungsphasen die Pläne für die vier Teilprojekte zur Mühleninsel den Bürgern vermittelt. Dadurch wurde eine Zustimmung der Bürger zu den geplanten Maßnahmen erreicht. Darüber hinaus gab es auch später noch die Möglichkeit zum Einspruch auf der Grundlage im Internet veröffentlichter Informationen. Darüber hinaus gab es Treffen mit den Stakeholdern, dem Leon Wyczółkowski Bezirks-museum und dem Sportverein ZAWISZA.

In Genf wurde eine Öffentlichkeitsbeteiligung in keinem der fünf Projekte als notwendig erachtet. Hingegen wurden in jedem Fall relevante Stakeholder einbezogen. Für den Um-bau des Bâtiment des Forces Motrices war dies das Grand Théâtre, für die Restaurierung der Brücke Pont de la Machine und Plattform auf der Rhône waren dies v. a. die Services Industriels de Genève als Betreiber des Staudamms, die benachbarten Hotels, die Denkmalschützer und die kantonale Fischereikommission, und für die Halles de l’Ile waren dies die spätere Betreiberin und ein Verein, der mit einem ähnlichen Gastronomie-konzept arbeitet und daher nützliche Hinweise zur Umsetzbarkeit geben konnte. Bei der Promenade des Lavandières und dem Bâtiment du Pont de la Machine gab es keine Stakeholder.

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Analyse der Fallbeispiele 136

Die Plattform auf der Rhône war die umstrittenste Maßnahme, die eine sehr umfang-reiche und langwierige Stakeholderbeteiligung erforderte. In diesem Fall wird die Not-wendigkeit einer konstanten Personalkonstellation auf der Seite des Projektträgers deut-lich, da so ein Projekt leicht in seiner Umsetzung gefährdet sein kann, wenn es nicht eine Konstante gibt, die die Geschichte des Projektes und die Interessen der einzelnen Stake-holder verinnerlicht hat und stringent damit umzugehen weiß.

Auch beim Umbau des Südflügels der Halles de l’Ile in eine Brasserie gab es Einwände, die den Planungsprozess verzögerten. Darüber hinaus wird an diesem Projekt deutlich, wie wichtig es ist, den späteren Betreiber bereits frühzeitig festzulegen und einzu-beziehen, da so doppelte Umbauarbeiten hätten vermieden werden können.

Ziele

Bei der Einrichtung und dem Betrieb kultureller Infrastruktur und der Aufwertung der umliegenden Freiflächen handelt es sich um eine überwiegend öffentliche Zielstellung. Dies kommt auch in den Fallbeispielen in Bydgoszcz und Genf zum Ausdruck.

In Bydgoszcz wurden als Hauptziel die Zugänglichkeit der Insel für die Bürger sowie das Angebot guter Freizeitmöglichkeiten genannt. In Genf zielten die einzelnen Maßnahmen auf die Einrichtung eines Theaters (Bâtiment des Forces Motrices), auf die Schaffung eines für die Öffentlichkeit zugänglichen Kultur- und Treffpunkts (Halles de l’Ile) sowie eines neuen Erholungsraums (Promenade des Lavandières und Plattform auf der Rhône) und das Angebot für alle zugänglicher Ausstellungen über alle Achsen nachhaltiger Ent-wicklung. Diese sozialen Schwerpunktsetzungen folgen dem Anspruch, auf der Insel öffentlichkeitsorientierte Nutzungen einzurichten.

Bei der Mühleninsel wurde jedes Teilprojekt evaluiert. Im Ergebnis zeigte sich jeweils, dass die formulierten Ziele erreicht worden sind und die neuen Nutzungen von der Be-völkerung angenommen werden. Auch wenn es bisher für keine der Maßnahmen in Genf eine formelle Evaluation gab, lässt sich ihr Erfolg daran ablesen, dass die neu ge-schaffenen Räume zur allgemeinen Zufriedenheit rege genutzt werden.

Instrumente

Steuerung Bis zum aktuellen Stand wurde die Transformation der Mühleninsel in vier Phasen von der Stadtverwaltung durchgeführt. Es gibt der Insel ein Grundstück, das aufgrund der Größe des darauf befindlichen Gebäudekomplexes von der Stadt veräußert wurde und daher nicht Bestandteil des Projektes ist. In dem historischen Gebäudekomplex soll ein Hotel errichtet werden. Jedoch hat das Gelände aufgrund der Wirtschaftskrise bereits mehrmals den Besitzer gewechselt.

Gegenstand der Untersuchung der Insel L’Ile ist nicht die gesamte Insel, sondern nur ehemalige industriell genutzte Gebäude an und auf der Insel sowie die sie verbindenden öffentlichen Räume. Während letztere durch das Konzept „Le Fil du Rhône“ entwickelt wurden, ist dies für die Gebäude nicht der Fall. Die Aufwertung der öffentlichen Räume wird von der Stadtverwaltung koordiniert. Die Transformation der Gebäude obliegt dem jeweiligen Besitzer. Das Bâtiment des Forces Motrices gehört dem Kanton, das Gebäude

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Halles de l’Ile gehört der Stadt und das Bâtiment du Pont de la Machine gehört den Stadtwerken.

Finanzierung Die Finanzierung der Maßnahmen auf der Mühleninsel erfolgt überwiegend durch öffentliche Mittel, insbesondere durch europäische Fördermittel, wobei der Ko-finanzierungsanteil durch die Stadt Bydgoszcz in den vier Teilprojekten mit 77%, 56%, 35% und 50% unterschiedlich hoch ist. Ohne diese öffentliche Förderung hätte das Projekt nicht umgesetzt werden können.

In Genf wurden die durch die Stadt umgesetzten Maßnahmen aus dem kommunalen Haushalt finanziert. Bemerkenswert ist bei der Transformation des Bâtiment des Forces Motrices in ein Theater, dass 2/3 der Kosten von einem Mäzen übernommen wurden, was zumindest in diesem Umfang zum ersten Mal der Fall war. Anzumerken ist, dass der Mäzen zum einen dem Grand Théâtre sehr verbunden ist, und zum anderen ist er ein Urenkel von Théodore Turrettini, der das ehemalige Pumpwerk erbaute und nach dem auch der neue Theatersaal benannt ist. Das übrige Drittel des Gebäudeumbaus wurde vom Kanton finanziert, der Besitzer des Gebäudes ist.

Der Umbau des Ausstellungs- und Informationsraums im linken Flügel des Bâtiment du Pont de la Machine wurde von der Firma Swatch finanziert, als sie den Mittelteil des Ge-bäudes von den Services Industriels de Genève anmietete.

3.5.2 Ergebnisbezogene Analyse

Städtebauliche Aspekte

In beiden Fallbeispielen ist die stadtentwicklungspolitische Chance ergriffen worden, mit der städtebaulichen Aufwertung eines besonderen Ortes in der Stadt positive Impulse für die Entwicklung der Stadt insgesamt zu setzen, indem historische Inselgebäude um-genutzt worden sind.

Auf beiden untersuchten Flussinseln ist eine Nutzungsmischung öffentlichkeitsorientierter Einrichtungen realisiert worden. In Bydgoszcz wurde die städtebauliche Entwicklung in einzelne Teilprojekte unterteilt wodurch es möglich war, gezielt über einzelne Projekte zu diskutieren, tragfähige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Dadurch wurden die Erfolge der Transformation schneller sichtbar. Dieser Vorteil trifft ebenfalls auf Genf zu, auch wenn es dort keine bewusste Unterteilung in Teilprojekte gab, sondern die Maß-nahmen unabhängig voneinander von den unterschiedlichen Projektträgern entwickelt und umgesetzt wurden. Den einzigen Zusammenhang gibt es zwischen den Maßnahmen zur Aufwertung des öffentlichen Raums, die sich im Konzept „Le Fil du Rhône“ wieder-finden.

Von Bedeutung in der Entwicklung sowohl der Mühleninsel als auch der Insel in der Rhône ist die Lage innerhalb des Stadtgebietes: Beide liegen sehr zentral. In Bydgoszcz befindet sich zudem das Operngebäude direkt auf der gegenüberliegenden Uferseite, wodurch ein Teil der Insel auch am Abend belebt ist. In Genf findet sich ebenfalls teil-weise eine abendliche Nutzung, die u. a. auf die Brasserie und das Bâtiment des Forces Motrice zurückzuführen ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die nächsten

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Hauptstraßen weit genug von den jeweiligen Orten entfernt sind, um nicht den Er-holungseffekt zu mindern.

Mit dem Bau neuer Brücken wurde die Erreichbarkeit der Mühleninsel in Bydgoszcz ver-bessert. Hierbei handelt es sich um drei Fußgängerbrücken. Zugleich ist jedoch auch die Erreichbarkeit für den motorisierten Verkehr über eine zuvor bereits bestehende Brücke gewährleistet. Die Insel in Genf wird von mehreren Hauptstraßen gequert, so dass die Stadt Genf im Rahmen des Konzeptes „Le Fil du Rhône“ darauf abzielt, den nicht motorisierten Verkehr zu fördern. Zu den bereits an der Insel umgesetzten Maßnahmen zählen die Restaurierung der sehr stark frequentierten Fußgängerbrücke Pont de la Machine, die Aufwertung der Promenade des Lavandières und die Konstruktion eines Fußgängerstegs entlang des Bâtiment des Forces Motrices.

Ökologische Aspekte

Im Projekt Mühleninsel wurden Maßnahmen getroffen, mit denen eine weitere Ver-schmutzung des Flusses verhindert werden soll. Da der Fluss zukünftig stärker für Frei-zeitzwecke und den Wassertourismus genutzt werden soll, sind Maßnahmen zur Reinigung, zur Reduzierung des Uferbewuchses und zur Vertiefung der Sohle vorgesehen. Während die Umweltauflagen bei der Umsetzung eingehalten wurden, standen keine spezifischen ökologischen Ziele im Vordergrund. Abgesehen von Bildungsaspekten zum Thema Nachhaltigkeit, auf die die Ausstellungen im Bâtiment du Pont de la Machine ab-zielen, und die Aufwertung des nicht motorisierten Verkehrs verfolgte keine der unter-suchten Maßnahmen ökologische Ziele. Jedoch spielte die Ökologie eine Rolle bei dem Bau der Plattform auf der Rhône, denn dort mussten Felsgruppen in der Rhône als Ersatz für die beseitigte ehemalige Wasserleitung angelegt werden, da diese den Fischen als Ruheort beim stromaufwärts Schwimmen gedient hatte.

Integration des Wassers

In Bydgoszcz wird der Fluss in mehrerer Hinsicht in das Projekt einbezogen. Das Projekt ist Bestandteil eines größeren Maßnahmenprogramms zu Stärkung des Wassertourismus auf der Brda. Ein Sportkomplex beherbergt die Kanuten, nach der Vertiefung des Flusses an einer Stelle ist eine Marina geplant. Darüber hinaus ist ein temporärer Strand vor-gesehen.

In Genf wurden an der Promenade des Lavandières Stufen zur Rhône angelegt, die u. a. von den Flussschwimmern als Ausstieg genutzt werden.

Eine Besonderheit stellt in Bydgoszcz eine „Wasserstraßenbahn“ dar, für die an der Mühleninsel über eine „Haltestelle“ diskutiert wird. Allerdings war diese kein Bestandteil des Projektes. Ähnlich verhält es sich in Genf mit den Fähren, den „Mouettes Genevoises“. Es wurden bereits von der Stadt Genf beim Bau der Plattform auf der Rhône erste Vorbereitungen für eine neue Anlegestelle getroffen, die jedoch nicht Bestandteil des Projektes ist, da zunächst weitere Planungen und Maßnahmen für den Betrieb einer neuen Fährlinie notwendig sind.

Den Brücken kommt in beiden Projekten sowohl hinsichtlich ihrer Funktion als auch Ge-staltung eine besondere Bedeutung zu. Dadurch wird der Übergang inszeniert, und zu-gleich wird dem Besucher verdeutlicht, dass er eine Insel und damit einen besonderen

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Analyse der Fallbeispiele 139

Ort betritt. Als Erfolgsmoment ist zudem die Erhaltung öffentlich begehbarer Ufer zu zählen.

Allerdings ist der Wasserbezug, den die historischen Nutzungen aufwiesen, durch die kulturelle Umnutzung verloren gegangen. Daher stellt sich die Frage, ob bei einer kulturellen Transformation von Flussinseln alternativ Nutzungen mit Wasserbezug stärker einbezogen werden könnten.

3.5.3 Zwischenfazit

Flussinseln sind besondere Orte in der Stadt. Die Erhaltung öffentlicher Ufer, Sicherung historischer Gebäude und deren Umnutzung sowie die Inszenierung der Übergänge sind wichtige Qualitätskriterien.

Die kulturelle Entwicklung einer Flussinsel ist eine wichtige öffentliche Aufgabe, da sie die Überplanung eines besonderen Standortes mit einer anspruchsvollen Nutzung verknüpft. Es handelt sich daher um eine Aufgabenstellung mit hoher gesellschaftlicher Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass die öffentliche Hand für die städtebauliche Ordnung und Entwicklung verantwortlich zeichnet. Entsprechend überwiegen in den untersuchten Fallbeispielen Investitionen durch die öffentliche Hand. Wenn die Möglich-keit besteht und die Verfolgung öffentlicher Ziele gewahrt bleibt, sollte aber auch privates und privatwirtschaftliches Engagement eingebunden werden. Entsprechend können privatwirtschaftliche Betreibermodelle eingesetzt werden.

3.6 Ergebnisbezogene Zusammenfassung

Die Ergebnismatrix bildet eine Zusammenfassung der Projektergebnisse ab. Dafür erfasst sie auf der horizontalen Achse die ökologische und auf der vertikalen Achse die städte-bauliche Dimension aller Fallbeispiele. An der Stärke der Kreuze ist abzulesen, dass der Schwerpunkt aller Projekte auf der Landseite lag. Demgegenüber spielten die Gestaltung des Ufers und die Qualitätsverbesserung des Gewässers selbst eine untergeordnete Rolle.

Abbildung 14 Ergebnismatrix Quelle: IIRM

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Ableitung von Strategien und Maßnahmen 140

4 Ableitung von Strategien und Maßnahmen Im Folgenden werden nach ein paar einleitenden Anmerkungen zur Übertragbarkeit der Fallbeispiele auf andere Projekte bzw. auf Deutschland die Handlungsempfehlungen dar-gelegt. Es handelt sich um die Schlussfolgerungen über erfolgreiche Transformationen, die aus den analytischen Erkenntnissen über die Fallbeispiele abgeleitet wurden. Die Aus-einandersetzung mit Transformationsprojekten im europäischen Ausland zeigt, dass jedes Projekt einmalig ist. Eine allgemeingültige Übertragung guter Beispiele auf andere Projekte bzw. auf Deutschland ist problematisch, weil sich die Ausprägungen der Trans-formation lokalspezifisch jeweils hinsichtlich der Ausgangslage, der Steuerung, der Be-teiligungsformen sowie der Zielsetzung der Transformation unterscheiden. Beispielsweise sind in jedem Staat andere rechtliche Rahmenbedingungen gegeben. Zusätzlich bestehen Unterschiede in den räumlichen und akteursspezifischen Rahmenbedingungen.

Dennoch ist es zielführend, Erfolgsmomente der Projekte herauszuarbeiten und die Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit auf Projekte in Deutschland zu dis-kutieren. Gerade wegen bestimmter Unterschiede, die zwischen den Steuerungsformen in Deutschland und anderen Staaten bestehen, kann der Vergleich Impulse geben. Zudem wurde im Forschungsprojekt ein Kompendium von Fallbeispielen zusammengestellt (vgl. Kapitel 2.4), in dem Akteure gute Ideen und Anregungen, die jeweils zu ihrem Projekt passen, finden können.

In dem Projekt wurden Fallbeispiele untersucht und zur Grundlage für die Handlungs-empfehlungen gemacht, die noch vor der Einführung der Europäischen Wasserrahmen-richtlinie entwickelt und umgesetzt wurden. Die heutige Reflektion dieser Projekte erfolgt daher vor dem Hintergrund geänderter Rahmenbedingungen, die gegenwärtig und zu-künftig eine stärkere Einbeziehung des Wassers in den Planungsprozess und die Ergeb-nisse des Transformationsprozesses erfordern. Stichworte hierfür sind der integrative Ansatz, der Hochwasserschutz sowie die Multifunktionalität der Gewässer und Ufer-flächen. Diese veränderten Rahmenbedingungen beeinflussen die Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse. Daher steht nicht die unmittelbare Übertragbarkeit im Vorder-grund des Projektes, sondern vielmehr wird ein „Lernen aus Beispielen“ möglich. Insbesondere ist es möglich, Prüfkriterien zur Entwicklung und Bewertung zukünftiger Transformationsprojekte am Fluss herauszuarbeiten. Mit diesem Anspruch wurden die folgenden Handlungsempfehlungen formuliert.

4.1 Prozessbezogene Handlungsempfehlungen

Aus den obigen Kapiteln geht hervor, dass es sich in den untersuchten Beispielen vor allem um innergemeindliche Steuerungsprozesse handelt, und dass sich lediglich ein Paarvergleich auf überregionale Steuerungsvorgänge bezieht. Die Aussagen zu letzteren werden in den Handlungsempfehlungen entsprechend gekennzeichnet.

4.1.1 Akteure

Für das Handlungsfeld Wasser andere Formen der Bürgerbeteiligung entwickeln Das Handlungsfeld Wasser ermöglicht (leichter als viele andere Umweltressourcen wie z. B. Energie und Boden) eine emotionale Ansprache der Bürger („Wasser ist Leben“). An

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der Wasserlage sind neue Formen der aktiven Bürgeransprache zu entwickeln, ins-besondere da die Komplexität des Übergangs vom Wasser auf die Stadt verdeutlicht werden muss.

Bürgerbeteiligung ist zwar in förmlichen Verfahren gesetzlich vorgeschrieben. Sie fängt jedoch bereits mit einer umfassenden Informationspolitik an. Dabei reicht es nicht aus, Informationen zusammenzustellen, sondern diese müssen zielgruppenspezifisch auf-bereitet und ebenso spezifisch kommuniziert werden. Zugleich ist es möglich, das im Raum gebundene Wissen frühzeitig zu erfassen und in den Planungsprozess zu integrieren. Damit kommt auch den Bürgern die Rolle als Experten zu.

Zur frühzeitigen Einbindung sind neue, offene Verfahren sinnvoll, denn dadurch können auch überörtliche sowie abstrakte Themen mit den Bürgern diskutiert werden. Eine früh-zeitige Einbindung verhindert, dass ein bereits konkret geplantes Projekt boykottiert wird, weil sich die Bürger nicht einbezogen fühlten. Die frühe Einbindung kann jedoch auch dazu führen, dass sich ein Planungszeitraum verlängert und aufwändiger wird.

Bürgerbeteiligung auch institutionalisiert vorsehen Sinnvoll ist es, gezielt auf bestehenden Netzwerken aufzubauen. Expertengruppen, in denen sich das Wissen vor Ort bündelt, sollten herangezogen oder neu gegründet werden. Diesen Gruppen kommt die Funktion eines Beirats zu, der über die Qualität der Projekte am Wasser urteilt.

Darüber hinaus sollten benachteiligte Gruppen durch eine Institutionalisierung ein-bezogen werden. Dies gewährleistet, dass Projekte am Wasser sich nicht nur an Zielen zur Neuentwicklung von Nutzungen orientieren, sondern auch die bestehenden Bedürf-nisse der Bevölkerung vor Ort umfassend berücksichtigen. Durch diese Einbeziehung in institutionalisierter Weise können benachteiligte Gruppen die Fähigkeit zur Artikulation ihrer Belange besser entfalten. Die Einbindung sozial benachteiligter Gruppen ist dann erfolgreich, wenn sich die Ansprache auf eine definierte Gruppe bezieht und ihr die Intention vermittelt wird, dass gemeinsame Problemlösungen gefunden und umgesetzt werden sollen.

Alternativen zur hoheitlichen Steuerung nutzen Bei Projekten am Wasser, insbesondere wenn es sich um Großprojekte handelt, ist eine Bündelung der Verantwortlichkeiten sinnvoll. Dabei sind verschiedene Steuerungs- und Organisationsmodelle denkbar. Neben städtebaulichen Verträgen und Entwicklungsmaß-nahmen hat sich insbesondere die Beauftragung eines treuhänderischen Entwicklungs-trägers bewährt. Sie ermöglicht die Einführung von Managementprozessen in die städte-bauliche Entwicklung sowie die Bündelung von Verantwortlichkeiten. Der treuhänderische Entwicklungsträger sollte über die Umsetzung des temporären bzw. Initialprojektes hinaus beauftragt werden und die Dauerhaftigkeit der Projektentwicklung gewährleisten.

Trotz der Beauftragung Dritter mit dem Planungs- und Implementierungsprozess zeichnet die öffentliche Hand für den Planungsprozess verantwortlich und muss das Wohl der All-gemeinheit gewährleisten.

Die Nutzung alternativer Steuerungsmodelle zur traditionellen Gesamtplanung bezieht sich nicht nur auf die Transformation am Wasser, sondern ist auch an anderen Stand-orten erprobt. Allerdings ist bei der Bündelung der Verantwortlichkeiten eine erweiterte Aufgabenstellung erforderlich, weil sie gesamtplanerische mit fachplanerischen Hand-

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lungsfeldern vereint. Dies begründet sich mit der Komplexität der Aufgabenstellung am Wasser sowie mit der Heterogenität der Zuständigkeiten.

Investition und Betrieb öffentlicher Infrastruktur als öffentliche Ver-antwortung Die öffentliche Hand muss die öffentliche Daseinsvorsorge gewährleisten. Dennoch ist grundsätzlich die Beteiligung der Privatwirtschaft an öffentlicher Infrastruktur (Park-anlagen und Gebäude) denkbar. Allerdings ist die langfristige Sicherung des Betriebs, vor allem auch der dauerhaften Finanzierung, zu gewährleisten.

Am Wasser kommt gegenüber anderen Standorten ein zusätzlicher Aufwand für die In-vestition und Pflege der Infrastruktur hinzu, insbesondere im Uferbereich und bei der Unterhaltung der Gewässer. Dabei handelt es sich um Kosten, die häufig nur schwer durch privatwirtschaftliches Engagement refinanzierbar sind. Die ökologische Trans-formation von Flussgebieten ist daher eine öffentliche Aufgabe, die ggf. die dauerhafte Bereitstellung öffentlicher Haushaltsmittel erfordert. Ziehen private Akteure wie z. B. die angrenzenden Grundstücksbesitzer aus der ökologischen Transformation einen hohen Nutzen, sollte jedoch auch geprüft werden, inwieweit sie an den Kosten, z. B. für die Pflegemaßnahmen, beteiligt werden können.

4.1.2 Ziele

Zielkonflikte aufzeigen und gemeinsame Zielvorstellungen heraus-arbeiten An Gewässern überlagern sich verschiedene Zielvorstellungen, die einander ergänzen können, häufig jedoch zu Konflikten führen. Insbesondere zwischen der gesamt-planerischen städtebaulichen Umnutzung von Uferrandbereichen und dem fach-planerischen wasserbehördlichen Umbau des Gewässers können Zielkonflikte entstehen. Weitere Konflikte ergeben sich durch das Oberlieger-Unterlieger-Problem zwischen Grundstückseigentümern oder auch Gebietskörperschaften.

Daher gilt es, sich zunächst der verschiedenen Zielvorstellungen für die Entwicklung der Wasser-, Ufer- und Landseite bewusst zu werden und sie einander aufzuzeigen. Darauf aufbauend müssen Synergien und Konflikte herausgearbeitet werden. Auf dieser Grund-lage sind optimierte Ziele festzulegen und Maßnahmen daraus abzuleiten. Die Heraus-arbeitung gemeinsamer Ziele hat Auswirkungen auf den Planungsvollzug, da dabei ent-weder die Überwindung institutioneller Grenzen und die Schaffung neuer Organisations-formen oder die klare Arbeitsteilung zur Umsetzung auf der Land- und der Wasserseite erforderlich ist.

Herausarbeitung gemeinsamer Ziele durch eine übergeordnete Organisation Das Konzept der Herausarbeitung von Zielvorstellungen und Maßnahmen, die von den unterschiedlichen Akteuren mitgetragen werden, impliziert die Frage nach der zu-ständigen Organisation. Auf gemeindlicher Ebene ist hier die örtliche Planungsbehörde in Verbindung mit dem politischen Entscheidungsträger verantwortlich. Überörtlich kommt diese Aufgabe der Planungsregion zu. Allerdings handelt es sich dabei nicht um die hoheitliche Abwägung, sondern vielmehr um einen offenen Dialog.

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Beauftragte externe Planungsträger können als Dienstleister die Herausarbeitung ge-meinsamer Ziele übernehmen, wobei allerdings auch in diesem Fall die Abwägung bei den politisch legitimierten Organen verbleiben muss.

Das Allgemeinwohl gegenüber privaten Zielen als vorrangig ansehen Die Transformation industrialisierter Flussgebiete erfordert die Formulierung zusätzlicher Qualitätsziele. So sind u. a. neben städtebaulichen Zielstellungen Umweltqualitätsziele zur Wiederherstellung nachhaltiger Gewässerstrukturen erforderlich, da eine nachhaltige Stadtentwicklung am Wasser nur bei einer guten Wasserqualität möglich ist.

Es ist sinnvoll, Ziele zu formulieren, die öffentliche und private Zielvorstellungen ver-einen. Dies kann im Sinne einer Vorgehensweise erfolgen, die die Verfolgung eines Zieles ermöglicht, ohne die Verfolgung eines anderen Zieles auszuschließen. Insbesondere in vertikalen Abstimmungsprozessen zwischen der regionalen und der gemeindlichen Hand-lungsebene bietet sich diese Vorgehensweise an.

Die Wahrung des Allgemeinwohls hat bei der Projektentwicklung am Wasser Vorrang. Private Ziele sind nicht vorrangig zu behandeln, auch wenn es sich um große privatwirt-schaftliche Investitionen, z. B. im Sinne von Großprojekten oder der Neuerrichtung von Dienstleistungsstandorten, handelt.

Das Allgemeinwohl basiert am Flussufer oft auf einer sozialen Stabilisierung. Quartiere im Umfeld brachgefallener Industrieflächen am Ufer weisen im gesamtstädtischen und regionalen Vergleich oft soziökonomische Nachteile auf. Daher überlagern sich an Fluss-räumen oft Konflikte. Ziel muss entsprechend zum einen eine soziale Stabilisierung dieser rückwärtigen Quartiere sein, und zum anderen dürfen die neuen Nutzungen an den Uferflächen nicht zu neuen Konflikten mit den bestehenden Nutzungen oder zu er-heblichen Verdrängungseffekten führen.

Am Flussufer bestehen oftmals Gemengelagen. Durch die Transformation industrieller Brachflächen können Konflikte zwischen der verbleibenden industriellen und gewerblichen sowie der Wohn- und Freizeitnutzung verschärft werden oder neu entstehen. Hier muss eine neue Form der Toleranz diskutiert werden, da die Stadt am Wasser immer ein Ort der Verbindung von Wohnen und Arbeiten war. Die Gemengelage kleinerer Logistikstand-orte, Häfen und Gewerbebetriebe ist nicht von vornherein ein Hindernis für eine Siedlungsentwicklung in der Umgebung. Sie sollte vielmehr als neue Qualität einer fluss-bezogenen Urbanität anerkannt werden.

4.1.3 Instrumente

Komplexität der Steuerungsprozesse am Wasser berücksichtigen Die umfassende Integration des Wassers in die Planung erfordert eine komplexe Steuerung. Die planerische Herausforderung am Fluss besteht darin, dass Wasser über verschiedene institutionelle Grenzen hinweg fließt: über die Grenzen zwischen Fach- und Gesamtplanung, zwischen öffentlichem und privatem Engagement, zwischen benach-barten Gemeinden sowie zwischen der gemeindlichen und der regionalen Zuständigkeit für Planungsaufgaben.

Der Dialog zwischen den Beteiligten muss daher intensiviert werden, um anstelle einer gegenseitig konkurrierenden Planung und der sektoralen Betrachtung zu einem

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interdisziplinären Ansatz zu gelangen. Dabei sind ebenso die Bürger zu beteiligen, um ihre Belange größtmöglich zu erfassen.

Kooperative und hoheitliche Formen der Steuerung vorsehen Aufgrund der vielfältigen Interessenlagen und der verteilten Kompetenzen am Flussufer sind neue kooperative Steuerungsformen in Ergänzung zum hierarchischen Vorgehen der öffentlichen Hand zielführend. Dies bezieht sich auf die Kooperation zwischen Gemeinden in einem Flussraum, zwischen Gemeinden und dem regionalen Planungsträger sowie zwischen Gemeinden und privaten, privatwirtschaftlichen und sonstigen Akteuren. Dadurch ist es möglich, Lösungen bei Konflikten zwischen Konkurrenten (z. B. zwischen Oberlieger und Unterlieger) zu entwickeln und umzusetzen. Kooperationen eignen sich als Steuerungsform, wenn sich gleichrangige Akteure gegenüberstehen und sich durch ein gemeinsames Vorgehen sowohl der einzelne als auch der übergeordnete Nutzen er-höhen. Die konsensorientierte Vorgehensweise ist daher der Vorteil der kooperativen Steuerung.

Demgegenüber werden Kooperationen erschwert, wenn sich der Nutzen nicht für alle Akteure gleichermaßen erhöht oder wenn trotz Kooperationen einzelner Akteure die übergeordnete Zielstellung nicht gewahrt wird. Dies umfasst die Nachteile kooperativer Steuerung: Der Prozess wird verlangsamt und beeinträchtigt, die Zielerreichung er-schwert oder nicht erfüllt.

Die neuen, auf Konsens zielenden Steuerungsformen entbinden die öffentliche Hand daher nicht von ihrer Verantwortung der Ordnungs- und Entwicklungspolitik und der Ver-folgung des Allgemeinwohls. Sie sollte auch weiterhin auf entsprechende hierarchische Steuerungsformen zurückgreifen. Die zur Verfügung stehenden ordnungspolitischen und Anreizinstrumente sollten herangezogen werden, um ggf. das öffentliche gegenüber individuellen Interessen zu wahren. Daher verbleibt die öffentliche Hand bei öffentlich-privaten Kooperationen als besonderer Akteur im Mittelpunkt der Netzwerke.

Nicht nur Investitionen, sondern auch laufende Instandhaltung dauer-haft sichern Die Transformation industrieller Flussgebiete erfordert die Finanzierung von Maßnahmen zur Beräumung, Dekontamination und Umnutzung der Brachflächen und Gewässer-abschnitte, zum Um- oder Neubau von Infrastruktur sowie zur Neuerrichtung baulicher und sonstiger Anlagen. Aufgrund der hohen Standortgunst können viele Investitions-kosten refinanziert werden. Daher sind auch neue Formen der Finanzierung von Infra-strukturmaßnahmen durch privatwirtschaftliche Akteure tragfähig. Allerdings müssen in diesen Konzepten auch die Kosten für die dauerhafte Pflege der Infrastruktur und der Gewässer berücksichtigt werden.

Die Einbindung privatwirtschaftlicher Akteure auch bei laufenden Kosten ist denkbar. Sie birgt allerdings die Gefahr, dass die Finanzierung der Maßnahmen nicht mehr sicher-gestellt ist, wenn der Akteur seinen Pflichten nicht mehr nachkommt (etwa wenn er In-solvenz anmeldet). Daher ist insbesondere bei laufenden Kosten die öffentliche Hand in der Verantwortung der Pflege und deren Finanzierung, und sie muss über vertragliche oder sonstige Regelungen das dauerhafte Engagement der privaten Akteure absichern.

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Wettbewerbe Wettbewerbe eignen sich in besonderer Weise, um die städtebauliche Qualität, aber auch die Umweltqualität von Projekten zu gewährleisten bzw. zu verbessern. Auf der gemeind-lichen Ebene sind städtebauliche Wettbewerbsverfahren seit langem etabliert. Sinnvoll erscheint ein Wettbewerb jedoch auch auf regionaler Ebene. Zielführend ist nicht ein völlig freier Wettbewerb, sondern vielmehr sind zunächst auf regionaler Ebene das Gesamtziel und Restriktionen der gemeindlichen Entwicklung zu formulieren. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen können sich Gemeinden der Region um Fördergelder be-werben.

Ein regionaler Wettbewerb eignet sich jedoch nur innerhalb eines beschränkten Hand-lungsspielraumes, der durch die gemeindliche Selbstverwaltungsautonomie, Pflichtauf-gaben der Gemeinden und ordnungspolitischen regionalen Aufgaben wie dem Hoch-wasserschutz begrenzt wird.

Projekte in Abschnitte unterteilen und dadurch Flexibilität wahren Stadtentwicklungsprojekte am Fluss erfordern ein ganzheitliches und integriertes Vor-gehen, das alle Belange berücksichtigt und einen Ausgleich zwischen Zielkonflikten ver-mittelt. Dabei handelt es sich um eine strategische Ausrichtung, die durch ein lokalspezi-fisches Leitbild untermauert werden muss.

Auf der operativen Ebene empfiehlt es sich, Projekte am Fluss in einzelne räumliche Ab-schnitte zu unterteilen. Dies gilt insbesondere bei größeren Projekten. Eine Unterteilung erreicht drei Vorteile: Zunächst sind kleinere Projektabschnitte leichter kommunizierbar. Darüber hinaus ist es sinnvoll, die Abschnitte zeitlich nacheinander zu realisieren, um in verhältnismäßig kurzer Zeit lebenswerte Quartiere zu erhalten. Schließlich ermöglicht es die Realisierung in Abschnitten, die realisierten Maßnahmen zu evaluieren, die Gesamt-planung kritisch zu reflektieren und bei den folgenden Abschnitten ggf. eine Änderung der Planungen vorzunehmen.

Entsprechend sind bei Großprojekten Masterpläne als übergreifende Konzepte sinnvoll, die jedoch zugleich für eine Nachjustierung oder Verfeinerung offen sind. Masterpläne sollten daher keine detaillierte Planung für alle Entwicklungsabschnitte beinhalten. Größere Projekte am Flussufer sind folglich als lernende Projekte auszugestalten. Hierfür ist auch eine kontinuierliche Evaluierung erforderlich.

4.2 Ergebnisbezogene Handlungsempfehlungen

Die integrierte Formulierung der ergebnisbezogenen Handlungsempfehlungen vereint die städtebaulichen und ökologischen Aspekte. Die ergebnisbezogenen Handlungs-empfehlungen basieren auf der Auswertung der fünf Themenkomplexe (vgl. Kapitel 3). Beziehen sie sich nur auf einen bestimmten Typus (z. B. Dienstleistungszentren), wird dies gesondert erwähnt.

Stadtentwicklung mit dem Wasser anstelle eines Städtebaus am Wasser Die Gewässer sind in den Städten in den vielfältigsten Formen in die Stadtentwicklung und das gestalterische Netz integrierbar. Jedoch ist ein Städtebau am Wasser, der seine Bezüge zum Wasser nur durch eine Erholungsnutzung sowie eine Freizeitnutzung auf den Flüssen und Seen herzustellen versucht, nicht ausreichend. Zielführend ist eine weiter-gehende Stadtentwicklung mit dem Wasser, die die Aspekte Ressource, Verkehr, Nutzung

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und Gestaltung der Uferränder und Ufer sowie Gestaltung und Nutzung der Landseite gleichermaßen einbezieht. Stadtentwicklung mit dem Wasser berücksichtigt demnach gleichberechtigt zum Städtebau die funktionalen und gestalterischen Potentiale und Restriktionen, die ein Fluss in der Stadt mit sich führt. Daher handelt es sich bei der Stadtentwicklung mit dem Wasser um ein Oberziel, das operationalisierbar ist. Zugleich hat die Zielstellung („mit dem Wasser“) eine strategische Bedeutung, der sich andere Belange unterordnen.

Bei der Stadtentwicklung mit dem Wasser fungiert der Fluss zum einen als Dienstleister für die Stadtentwicklung. Zum anderen unterliegt er als Umweltressource jedoch auch einem bestimmten Schutz. Diese Ambivalenz ist bei dem Drang der Städte zum Fluss zu diskutieren, und lokalspezifisch ist dabei ein nachhaltiges Gleichgewicht zwischen Schutz und städtebaulicher Entwicklung zu erzielen. Eine Stadtentwicklung mit dem Fluss be-inhaltet auch, dass eine gute Wasserqualität angestrebt wird.

Den Fluss als Rückgrat und vernetzendes Element in der Stadt nutzen Der Fluss ist der „blaue Faden“ durch die Stadt und die Region, das Rückgrat und die (potentielle) mental map: Er verbindet alle anliegenden Orte miteinander, auch wenn diese unterschiedlicher Ausprägung sind. Bestehende trennende Wirkungen im Fluss-raum, z. B. aufgrund fehlender Querungsmöglichkeiten, sind zu überwinden.

Flächen nach stadträumlicher Lage und funktionalen Besonderheiten unterscheiden Industrielle Brachflächen am Fluss sind hinsichtlich ihrer stadträumlichen Lage zu unter-scheiden. Nicht alle ehemaligen Industrieflächen befinden sich in integrierter Lage, teil-weise wurden sie (auch aus immissionsschutzrechtlichen Gründen) an peripheren Stand-orten angelegt. Nicht integrierte Standorte sollten jedoch nicht städtebaulich verwertet, sondern vorrangig renaturiert werden, um eine nachhaltige Siedlungsentwicklung sicher-zustellen.

Weitere stadträumliche Besonderheiten in der Bewertung industrieller Brachflächen be-ziehen sich auf die Vorhaltung für Industrie- und Gewerbebetriebe, die einen Wasser-anschluss für den Umschlag benötigen (darunter auch Erweiterungsflächen bestehender Firmen), auf die Schutzzonen der Wasserschutzgebiete sowie auf durch Hafenstandorte und den damit zusammenhängenden landseitigen Ziel- und Quellverkehren immissions-belastete Flächen.

Die Städte zum Wasser öffnen Industrielle Flächen am Fluss waren in der Vergangenheit oft baulich, funktional und mental von ihrer Umgebung abgegrenzt. Daher gilt es, Verbindungen zwischen den be-stehenden und den neu entstehenden Stadtquartieren herzustellen, so dass die Stadt neue öffentliche Zugänge zum Wasser erhält, und auch umgekehrt vom Ufer aus be-stehende Quartiere neu erreicht werden. Die Bevölkerung wird damit zum Fluss geführt und kann sich mit ihm auf neue Weise identifizieren. Auch für den Personenverkehr auf dem Wasser ist die neue Zugänglichkeit von großer Bedeutung. Die Herstellung neuer Verbindungen zwischen der bestehenden Stadt und dem Ufer stärkt demnach den Ver-kehr auf dem Wasser.

Daher ist es auch erforderlich, an den Haltestellen des gewerblichen und öffentlichen Personenverkehrs auf dem Wasser attraktive städtebauliche und architektonische

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Lösungen umzusetzen. Die Standorte dienen so als neue wasserbezogene Portale zur Stadt. Zudem sind die Uferbereiche, an denen neue Verbindungen zwischen der Stadt und dem Fluss hergestellt werden, öffentlichen Nutzungen zu widmen. Eine hochwertige Gestaltung muss darüber hinaus eine Robustheit gegenüber Hochwasser aufweisen.

Ufer an stadtstrukturell bedeutenden Stellen öffentlich zugänglich machen Uferwege sollten weitestgehend durchgängig sein, wenngleich hier naturräumliche und privatrechtliche Belange sowie bestehende Sondernutzungen (wie z. B. Hafenflächen) zu beachten sind. Um private oder sondergenutzte Grundstücke zu umgehen, sollten ge-gebenenfalls Stege vorgelagert werden.

An stadtstrukturell bedeutenden Standorten sind öffentlich zugängliche Uferstreifen sowie Parkanlagen zu errichten, die als nutzungsintensive und -gemischte Flächen ausgestaltet und unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zur Verfügung gestellt werden. Zum einen kann es durch die Anlage eines öffentlichen Raumes gelingen, den Fluss als identitäts-stiftendes und imageförderndes Element in der Stadt zu stärken. Zum anderen kann durch die Lenkung intensiver Nutzungen auf abgegrenzte Standorte der naturräumliche Schutz anderer Stellen am Fluss erzielt werden.

Errichtung von Parkanlagen und Renaturierung der Uferränder Bei der Entwicklung neuer Parkanlagen sind Hochwasserschutz- und Renaturierungsziele in die Freiraumplanung zu integrieren. Zugleich ist auf die unterschiedlichen Nutzer-gruppen in Parkanlagen zu achten. Die Multifunktionalität von Parkanlagen bezieht sich schließlich auf die Überlagerung verschiedener siedlungsstruktureller und ökologischer Funktionen (insbesondere Hochwasserretention, Freizeit, Erholung, Öffentlicher Raum, Vernetzung).

Uferränder sind so zu gestalten und zu nutzen, dass die ökologischen Funktionen des Flussraumes soweit wie möglich gestärkt werden. Die ökologische Aufwertung bezieht sich auch auf die Böschung und die Sohle.

Vorhandene Optionen zur Vernetzung von Grünflächen entlang des Flussufers sind aus ökologischen Gründen umzusetzen, weil sie sich positiv auf das Mikroklima auswirkt und die Ausbildung eines Biotopverbundes gewährt.

Attraktive neue Adressen bilden Die Transformation industrieller Flussgebiete bietet die Chance, neue attraktive Adressen der Stadt und der Region auszubilden. An diesen Adressen ist eine Ergänzung des vor Ort bestehenden Immobilienangebotes durch neue Wohn- und Gewerbeflächen möglich. Allerdings sind eine städtebauliche Nutzungsmischung sowie eine sozioökonomische Durchmischung der neuen Adressen anzustreben.

Eine Adressenbildung erfordert eine hohe städtebauliche und architektonische Qualität sowie zudem eine hohe Gewässerqualität. Sie ist daher hinsichtlich der Investition und der Unterhaltung kostenintensiv. Jedoch ermöglicht sie auch einen höheren Gewinn. Daher nutzt sie sowohl dem Privaten (z. B. Investor, Betreiber, Nutzer, Bewohner) als auch der Gesellschaft, die mit neuen Adressen eine Aufwertung des Quartiers und der Stadt insgesamt erlebt.

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Ableitung von Strategien und Maßnahmen 148

Die Stadt am Wasser ist kein privatwirtschaftliches Produkt. Hier steht die öffentliche Hand in der Verpflichtung, eine geordnete städtebauliche Entwicklung unter Abwägung aller Belange herbeizuführen. Unter dem Vorzeichen schwacher Immobilienmärkte sollten private Investoren, die sich auf den Konversionsflächen engagieren, durch Investitionen der öffentlichen Hand unterstützt werden, insbesondere in qualitativ hochwertiger Weise bei der Investition in den öffentlichen Raum. Demgegenüber sollten bei einem hohen Nachfragedruck öffentliche Investitionen durch Abschöpfung des Planungsgewinns auf privaten Flächen refinanziert werden.

Historisches Erbe am Fluss erhalten und neu nutzen Bauliche Zeugen der ehemaligen Hafennutzung leisten einen identitätsstiftenden Beitrag auch nach dem Transformationsprozess. Sie sollten erhalten bleiben, auch wenn dies mit Kosten für die Sanierung und dauerhafte Erhaltung verbunden ist.

Von besonderem Reiz ist es, nicht nur gestalterisch an die industrielle Geschichte des Flussraumes anzuknüpfen, sondern auch Nutzungen zu finden, die einen Bezug zum Flussufer haben (z. B. schiffs-, fisch- und hafenbezogene Gewerbe, Handels- und Dienst-leistungsbetriebe).

Die Sicherung industriegeschichtlicher Spuren bezieht sich auch auf den Erhalt von Um-schlaggeräten innerhalb der neu angelegten Uferpromenaden, von historischen Quaimauern, Anlegestellen und Liegeplätzen.

Mit geeigneten Bautypen die Lage am Wasser ausnutzen Die Lage am Wasser sollte bautypologisch nicht nur für die erste Reihe der Häuser an der Uferpromenade ein Standortvorteil sein. Mithilfe von Punkt-, Zeilen-, U- und Kamm-strukturen ist es vielmehr möglich, nicht nur in das erste, sondern auch in die weiteren Baufelder hinein die Sichtbeziehungen zum Fluss zu bewahren. Durch weitere Elemente wie z. B. Oberflächenabflüsse, die zum Fluss leiten, wird in den Baufeldern zudem die besondere Lage am Fluss funktional, gestalterisch und mental verdeutlicht.

Zugleich ist es sinnvoll, neue lokale Wasserkreisläufe zu initiieren. In den neuen Quartieren am Fluss sollte vorbildhaft ein nachhaltiges Wassermanagement realisiert und dadurch der Wasser- und der Nährstoffkreislauf weitestgehend wiederhergestellt werden. Hierfür ist ein Maßnahmenkatalog zu entwickeln, nach dem Bauprojekte abgeprüft und entsprechend genehmigt werden sollen.

Nutzungsmischung auch sozioökonomisch und soziokulturell verstehen Die Stadt am Wasser muss von verschiedenen Bevölkerungsgruppen genutzt werden. Die im Beteiligungsverfahren differenzierten Akteursgruppen müssen sich daher auch im städtebaulichen Ergebnis wiederfinden. Im Kern ist daher eine Nutzungsmischung zu er-reichen, die nicht nur nach der Art der baulichen Nutzung, sondern auch nach der sozialen Aneignungsmöglichkeit der neuen Standorte am Fluss differenziert.

Demgegenüber sind monofunktionale sowie sozioökonomisch bzw. soziokulturell einseitig ausgeprägte Quartiere zu vermeiden.

Großprojekte als Katalysator nutzen Großprojekte müssen eine nachhaltige Stadtentwicklung am Wasser verfolgen. Sie sind im besten Falle ein Katalysator für die nachhaltige Stadtentwicklung. Daher müssen sie

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Ableitung von Strategien und Maßnahmen 149

an die Bedürfnisse einer Stadt bzw. einer Region angepasst werden. Die Nachhaltigkeit des Großprojektes bezieht sich auch auf die Nachhaltigkeit des temporären bzw. Initial-projektes.

Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, sollte daher im Sinne einer Marktanalyse die dauer-hafte Nachfrage einer ausreichend hohen Zielgruppe festgestellt werden. Ebenso sind monofunktionale Projekte zu vermeiden.

Inseln als „Besondere Orte im Fluss“ strategisch entwickeln Flussinseln sind besondere Orte in der Stadt. Insbesondere Flussinseln im historischen Zentrum stellen Knotenpunkte in einem funktionalen Sinne und bezogen auf die Wahr-nehmung im gesamtstädtischen Kontext dar. Folgerichtig sind sie mit einer hochwertigen Gestaltung und Nutzung, etwa einer öffentlichkeitsorientierten Funktion, auszustatten.

Die Entwicklungsstrategie für Flussinseln ist allerdings abhängig von der Lage der Insel sowie der Anzahl der Flussinseln in einer Stadt oder Region. Während für zentrale und historisch bedeutende Inseln eine Nutzung mit hoher öffentlichkeitsorientierter Aufmerk-samkeit sinnvoll ist, sollten für andere, insbesondere für periphere Standorte keine öffentlichkeitsorientierte Nutzungen geplant werden. Dort sind weniger öffentlichkeits-orientierte Nutzungen, wie z. B. Wohnstandorte, oder Renaturierungsmaßnahmen vorzu-ziehen.

Zudem ist die verkehrliche Erreichbarkeit der Insel zu berücksichtigen, vor allem wenn eine öffentliche Nutzung mit hohen Besucherzahlen geplant ist.

Die Erreichbarkeit der Flussinseln kann durch den Bau neuer Brücken sowie andere Formen der Übergänge (Fähren etc.) verbessert werden. Zugleich ist dabei eine In-szenierung der Querung möglich, die zur Identitätssteigerung des Ortes beiträgt.

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Ergebnisdiskussion und -dokumentation 150

5 Ergebnisdiskussion und -dokumentation Parallel zu den anderen Arbeitsschritten war das vierte Arbeitspaket der methodischen und inhaltlichen Dokumentation des Forschungsprojektes gewidmet.

5.1 Abstimmungsgespräche

Am 1. Februar 2010 fand im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung das erste Abstimmungsgespräch zum Forschungsvorhaben statt. In diesem Gespräch wurden die Zielstellungen des Projektes (vgl. Kapitel 1.2), die Kriterien zur Auswahl der Fallbeispiele (vgl. Kapitel 1.5) und ein Entwurf zur späteren ergebnis- und prozess-orientierten Typisierung der Fallbeispiele besprochen (vgl. Kapitel 3). Ferner wurden in dem Gespräch erste Beispiele transformierter Flussgebiete in Europa ergebnisoffen dis-kutiert. Daraufhin folgte der Beschluss, bis zum zweiten Abstimmungsgespräch eine weiter gefasste Auswahl an Projektbeispielen (ca. 30) mit kurzem Steckbrief zu erstellen (vgl. Kapitel 2.1). Den Abschluss des ersten Abstimmungsgespräches bildeten die Ent-wurfsfassungen des Steckbriefes und die Leitfragen für die Inhaltsanalyse (vgl. Kapitel 2.3). Beide Dokumente fanden die Zustimmung der Auftraggeber.

Das zweite Abstimmungsgespräch fand am 10. März 2010 ebenfalls im Bundes-ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Berlin statt. Ziel war es, die zwölf zu analysierenden Fallbeispiele zusammenzustellen. Aus dem Pool von 28 Fallbeispielen aus zwölf europäischen Ländern (vgl. Kapitel 2.1) wählten die Auftraggeber in Absprache mit den Auftragnehmern zehn Fallbeispiele. In der Nachbereitung des Gespräches wurde die Auswahl mit zwei weiteren Fallbeispielen vervollständigt. Die Fallbeispiele wurden entsprechend ihrer Ansätze thematisch typisiert und in Vergleichspaaren einander gegenübergestellt (vgl. Kapitel 2.2). Für den Fall, dass im Verlauf der vertiefenden Recherchen Schwierigkeiten entstehen, sollten in Absprache mit den Auftraggebern Ersatzprojekte herangezogen werden. Alle weiteren Fallbeispiele aus der weitgreifenden Recherche wurden von der weiteren Untersuchung ausgeschlossen. Darüber hinaus wurden die Matrizen (vgl. Kapitel 3) mit dem Ergebnis besprochen, dass die Ergebnis-matrix unverändert bleiben und die Prozessmatrix um die Komponente Öffentlichkeitsbe-teiligung erweitert werden sollte. Die Prozessmatrix war für jedes Beispielprojekt separat auszufüllen, um jeweils den Entwicklungspfad der Projektorganisation leicht nach-vollziehbar grafisch darzustellen.

Das dritte Abstimmungsgespräch fand am 9. Juni 2010 per Videokonferenz statt. Im Mittelpunkt standen dabei die Auswertung des Arbeitsstands und die Planung der nächsten Meilensteine: die Aktualisierung des Internetauftritts (vgl. Kapitel 5.3) und die Workshopvorbereitung (vgl. Kapitel 5.2). Darüber hinaus erfolgten Anregungen durch die Auftraggeber für den zweiten Zwischenbericht. Die Gliederung für den Endbericht und das Layout für die Länderkarten wurden abgestimmt, und der Überarbeitungsbedarf des ersten Infobriefes (vgl. Kapitel 5.4) wurde besprochen.

Gegenstand des vierten Abstimmungsgespräches, das am 16. September 2010 per Videokonferenz stattfand, war die Nachbesprechung des Workshops vom 10. September 2010 (vgl. Kapitel 5.2). Die Anmerkungen zu den Fallbeispielen und den Thesen wurden diskutiert, um die Beiträge der Experten möglichst optimal in die Formulierung der Hand-lungsempfehlungen einfließen zu lassen.

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Ergebnisdiskussion und -dokumentation 151

Darüber hinaus gab es ein fünftes Abstimmungsgespräch am 11. November 2010 und ein sechstes am 7. Dezember 2010. Beide Gespräche fanden per Videokonferenz statt und beinhalteten die weitere Abstimmung des Endberichts und des Handbuchs.

5.2 Workshop zur Übertragbarkeit der Handlungs-empfehlungen auf Deutschland

Im Rahmen des Forschungsprojektes veranstalteten das BMVBS, das BBSR und die Uni-versität Leipzig einen Expertenworkshop „Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa – Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit auf Deutsch-land“. Der Workshop fand am 10. September 2010 an der Universität Leipzig statt. Die 26 Teilnehmer der Veranstaltung setzten sich interdisziplinär aus deutschen Expertinnen und Experten aus der Praxis und der Wissenschaft zusammen. Ziel des Workshops war es, die Projektempfehlungen zu präsentieren und sie mit ausgewählten Expertinnen und Experten hinsichtlich der Übertragbarkeit auf Deutschland zu diskutieren.

Nach der Begrüßung durch Prof. Dr.-Ing. Robert Holländer (Universität Leipzig) und der Einführung in den Workshop durch Gina Siegel (BMVBS) präsentierten Linda Kochmann und Thomas Völkner (Universität Leipzig) die Ergebnisse der bisherigen Analyse der Fall-beispiele. Dabei wurden Erfolgsfaktoren und -hindernisse insbesondere für die ver-schiedenen Organisations- und Beteiligungsformen abgeleitet. Dies erfolgte anhand einer paarweisen Gegenüberstellung der ausgewählten Referenzprojekte in den Themenfeldern

Überregionale Transformationsprozesse

Großereignis als Ausgangspunkt

Parkanlagen

Dienstleistungszentren

Inseln mit Kulturangebot

Im Anschluss stellte Christian Strauß (Universität Leipzig) die vorläufigen, mitunter kontroversen Thesen vor. Die Thesen bezogen sich jeweils auf die Steuerung der Trans-formation, die Beteiligungsformen und das Ergebnis der Transformation. Sie wurden zu-nächst von drei Kommentatoren kritisch reflektiert. Prof. Dr. Kurt Faßbender (Universität Leipzig) diskutierte die Aussagen insbesondere aus planungsrechtlicher Sicht, Dr. Gérard Hutter (Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V.) reflektierte die Thesen hinsichtlich der Beteiligungsprozesse, und Stefan Heinig (Stadt Leipzig) kommentierte die Projektergebnisse im Bezug auf das Steuerungsergebnis. Die Thesen und die Kommentare bildeten die Grundlage für die anschließende Diskussion mit den weiteren Workshopteilnehmern. Die Heterogenität der Diskussionsgruppe erwies sich dabei als Vorteil, weil realitätsnah Probleme der Transformation beleuchtet und Lösungsmöglich-keiten diskutiert werden konnten.

Der im Projekt entwickelte Ansatz des paarweisen Vergleiches hat sich auch im Workshop als tragfähig erwiesen. Es zeigte sich zudem, dass auch die übergeordnete Diskussion bestimmter Themenfelder sinnvoll ist. Zum einen ist es von Bedeutung, die Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit ausländischer Projekterfahrungen auf das deutsche Planungssystem herauszuarbeiten. Die Vielseitigkeit der ausgewählten Projekte ermög-licht ein „Lernen von Beispielen“. Zum anderen wurde die Bedeutung des Flusses für die

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Ergebnisdiskussion und -dokumentation 152

Stadtentwicklung hervorgehoben. Die Experten kamen überein, dass nicht ein „Städtebau am Wasser“, sondern eine „Stadtentwicklung mit dem Wasser“ nachhaltig ist.

Zum Abschluss des Workshops führte Frau Zábojník von der Stadt Leipzig die Expertinnen und Experten zu ausgewählten Projekten der Wasserstadt Leipzig.

Die auf dem Workshop erfolgte Kommentierung sowie die Diskussionen lieferten wert-volle Beiträge zur weiteren Analyse des vorhandenen Materials der ausländischen Projekte und zur Erarbeitung der Handlungsempfehlungen für Deutschland. Im Nachgang zu dem Workshop wurden daher die Inhalte der Kommentare und die Ergebnisse der Dis-kussionsrunden protokolliert. Sie bildeten die Grundlage für die kritische Reflexion und Ergänzung der Analyse. Zudem wurde damit die Grundlage für die anschließende Ab-leitung der Handlungsempfehlungen geschaffen (vgl. Kapitel 4).

5.3 Internetauftritt

Für den Internetauftritt des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung wurden die wesentlichen Inhalte des Forschungsprojektes in deutscher und englischer Sprache wie folgt aufbereitet:

Deutsch

www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/FP/ReFo/Raumordnung/2010/Flusstransformation/01__Start.html

Englisch

www.bbsr.bund.de/BBSR/EN/RP/GeneralDepartmentalResearch/SpatialPlaning/RiverTransformation/01__Start.html

5.4 Infobriefe

Im Laufe des Projektes wurden drei Infobriefe in einer deutschen und einer englischen Version veröffentlicht. Der erste informierte über die Ziele des Projektes und die Auswahl der Fallbeispiele, im zweiten Infobrief wurde über den Expertenworkshop berichtet, und nach Fertigstellung des Endberichts und des Handbuchs wird ein dritter Infobrief heraus-gegeben, in dem auf die Projektergebnisse und Publikationen aufmerksam gemacht wird.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 153

Quellenverzeichnis 153

6 Quellenverzeichnis

6.1 Interviews

Mersey Waterfront Regional Park Mersey Waterfront – Telefoninterview am 17.08.2010

Speke and Garston Coastal Reserve Mersey Waterfront – Telefoninterview am 17.08.2010

Mersey Basin Campaign – Telefoninterview am 02.09.2010

Ruimte voor de Rivier H+N+S Landschaftsarchitekten/Q-Team – Telefoninterview am 07.09.2010

Rijkswaterstaat – Telefoninterview/Schriftverkehr am/seit 04.10.2010

Ruimte voor de Waal Stadt Nijmegen – Telefoninterview am 08.09.2010

Parque das Nações Parque Expo – Telefoninterview am 01.09.2010

Abandoibarra Bilbao Ría 2000 – Telefoninterview am 07.10.2010

Graphisoft-Park Graphisoft Park SE – Interview am 15.07.2010

Campus Plus Novartis AG – Interview am 07.07.2010 und

Kanton Basel Stadt - Interview am 08.07.2010

Quais jardinés Mairie de Bordeaux – Interview am 28.06.2010

Lágymányosi Bucht Öböl XI Ltd. – Interview am 14.07.2010

Mühleninsel Urząd Miasta Bydgoszczy – Interview am 27.07.2010

L’Ile Etat de Genève – Interview am 06.09.2010

Services industriels de Genève – Interview am 07.09.2010

Ville de Genève– Interviews am 08.09.2010

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 154

Quellenverzeichnis 154

6.2 Bildnachweis

S. 25, 28, 51, 64, 77, 90 Institut für Infrastruktur und Ressourcen-management der Universität Leipzig (IIRM),

ESRI Data and Maps/ AND Data Solutions, B. V.

S. 114, 115, 116, 121, 125, 130, 135, 139

Institut für Infrastruktur und Ressourcen-management der Universität Leipzig (IIRM)

6.3 Endnotenverzeichnis

1 Zusammenfassende Ausführungen aus Strauß, Christian (2001): Amphibische Stadt-entwicklung – Wasser im Lebensraum Stadt. Berlin: Leue.

2 Vgl. Mayntz, Renate (1987): Politische Steuerung und gesellschaftliche Steuerungs-probleme. In: dies. (Hrsg.) (1997): Soziale Dynamik und politische Steuerung. Theoretische und methodologische Überlegungen. Schriften des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung Köln, Band 29. Frankfurt/Main, New York: Campus Verlag, S. 186-208.

3 Vgl. Wasserstadt GmbH (Hrsg.) (2000): Wasser in der Stadt. Perspektiven einer neuen Urbanität. Berlin: Transit Buchverlag, S. 194.

4 Ebd.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 155

Anhang 155

Anhang

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 156

Interviewleitfaden 156

I Interviewleitfaden

Projektgrundlagen

Projektname

Steckbrief

1.1 Lage In welcher Stadt, in welchem Stadtteil liegt das Projekt?

1.2 Träger/Investor(en) Wer ist der/sind die Träger des Projektes?

1.3 Beginn, Ende

(und ggf. Meilensteine)

Bitte beschreiben Sie kurz die Projekt-chronologie:

Wann begannen die Planungen für das Projekt?

Was waren die wesentlichen Meilen-steine im Projektverlauf? (z. B. Bau-beginn, Bauende etc.)

Wann wurde/wird das Projekt ab-geschlossen?

1.4 Fläche Bitte beschreiben Sie, die Dimensionen des Projektgebietes:

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 157

Interviewleitfaden 157

Gesamtfläche ohne Wasseranteil

Insgesamt einbezogene Wasserfläche

Länge entlang des Flussufers

1.5 Kosten Wie hoch sind die Projektkosten ins-gesamt?

Wie verteilen sich die Kosten auf die wesentlichen Meilensteine/Projekt-phasen?

1.6 Informationsquellen Bitte benennen Sie, falls vorhanden, weitere Informationsquellen, wie Projektwebseite etc.

Projektdetails

Städtebauliche Ausgangssituation

2.1 Räumliche Abschnitte In welche verschiedenen Abschnitte kann das Projekt eingeteilt werden, die sich funktional, städtebaulich und bezogen auf die Einbindung des Wassers von-einander unterscheiden?

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 158

Interviewleitfaden 158

2.2 Verflechtungen Welche physisch- und gesellschaftsräum-lichen, funktionalen und ggf. mentalen Verbindungen bestehen zu anderen Quartieren und zum Stadtzentrum?

2.3 Bedeutung des Standortes Welche Bedeutung hat der Standort für das unmittelbare Umfeld, die Stadt und die Agglomeration?

Vision, Idee und Ziele

3.1 Vision, Idee Bitte benennen Sie die Auslöser für die Initiierung des Projektes:

Was ist die Idee hinter dem Projekt?

Was waren die wesentlichen Motive für die Entstehung des Projektes?

3.2 Projektziele

Ökologische Ziele Bitten beschreiben Sie in maximal drei Sätzen die wesentlichen ökologischen Ziele des Projektes.

Ökonomischen Ziele Bitten beschreiben Sie in maximal drei Sätzen die wesentlichen ökonomischen Ziele des Projektes.

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 159

Interviewleitfaden 159

Städtebauliche Ziele Bitten beschreiben Sie in maximal drei Sätzen die wesentlichen städtebaulichen Ziele des Projektes.

Soziale Ziele Bitten beschreiben Sie in maximal drei Sätzen die wesentlichen sozialen Ziele des Projektes.

Hauptziel Bitte wählen Sie aus den oben genannten Zielkategorien die für das Projekt wichtigste aus.

3.3 Rolle des Flusses im

Rahmen des Projektes

Welche Bedeutung hat der Fluss hinsicht-lich folgender Aspekte:

Gewässer als Ökosystem

Gewässer als Verkehrsweg für Güter

Gewässer als Personenverkehrsweg

Freizeitnutzungen des Gewässers

Ausbildung der Nutzung und Ge-staltung der Uferzone

Schlussfolgerungen zur Einbeziehung des Wassers in die Nutzungen und Gestaltung der Landseite

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Interviewleitfaden 160

Projektinitiatoren/„Die treibenden Kräfte“

4.1 Projektinitiator(en)/

„Die treibenden Kräfte”

Welche(r) Akteur(e) entwickelte(n) die Projektidee?

Welche(r) Akteur(e) initiierte(n) die Projektumsetzung?

Welche(r) Akteur(e) warb(en) für das Projekt?

Welche(r) Akteur(e) hielt(en) das Projekt am Leben?

Planung und Implementierung

5.1 Planungsprozess Planungsprozessbeschreibung von der Initialisierung zur Realisierung (politische Entscheidungen, Landerwerb, Zeitplan):

Wie sah die rechtliche Situation aus?

Wie sah der Zusammenhang zwischen der Fachplanung (verantwortliche Be-hörden für das Gewässer) und der Gesamtplanung (verantwortliche Ein-richtungen für den Städtebau) aus?

Wer traf die Entscheidungen?

Gab es eine Lenkungsgruppe?

Wer war jeweils für die Konzeption,

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 161

Interviewleitfaden 161

Planung und Durchführung zuständig?

Wie konnte ggf. der Landerwerb durchgeführt werden?

Wie lange dauerte der Planungs-prozess?

5.2 Pläne und Dokumente

Welche Art(en) von Plänen war(en) notwendig?

Welche Planungsinstrumente wurden angewendet: In welchem Verhältnis standen informelle und formelle Planung zueinander?

Welche Art(en) von Fachplanung war(en) notwendig?

War die Planung Bestandteil über-geordneter Pläne?

5.3 Genehmigungen Welche Genehmigungen waren not-wendig?

5.4 Implementierungsprozess Welche Maßnahmen wurden um-gesetzt?

Wie lang waren die Zeiträume der Projektumsetzung/die Bauzeit?

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 162

Interviewleitfaden 162

5.5 Unterhaltung Wer ist nach dem Abschluss des Projektes für die Unterhaltung der An-lage(n) zuständig?

5.6 Erfolgsermittlung Wurde eine Evaluation vor-genommen? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

Welche Schlussfolgerungen für das weitere Engagement ziehen die ver-antwortlichen Akteure?

Wie wird das Gebiet von der Be-völkerung angenommen (Grund-stückseigentümer, Be-wohner/Beschäftigte/Nutzer, Be-sucher)?

Beteiligung

6.1 Beteiligung der

Interessengruppen,

Öffentlichkeitsarbeit

Hat sich die Akteurskonstellation im Laufe der Zeit geändert?

Welche Stakeholder wurden in welcher Phase, in welchem Umfang und auf welche Art beteiligt?

In welcher Phase, in welchem Umfang und auf welche Art wurde die Öffentlichkeit beteiligt?

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 163

Interviewleitfaden 163

Wer organisierte die Beteiligung?

Zu welchen Ergebnissen führte die Beteiligung?

Wer war für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig?

Finanzierung

7.1 Finanzierung Wie viel kosteten die Teilprojekte/-Bauabschnitte/Meilensteine? Bitte unterscheiden Sie zwischen:

Kosten für die Vorbereitung der Bebaubarkeit (Baufreimachung, ggf. Dekontamination, ggf. Um-verlegung von Infrastruktur)

Kosten für die Bebauung (Ge-bäude, Infrastruktur),

Kosten für Projektentwicklung, Projektmanagement, Planungs-kosten, Informationsmanagement

Kosten für die Einbeziehung/Re-naturierung des Gewässers (falls entstanden)

Kosten für die Unterhaltung (falls

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 164

Interviewleitfaden 164

entstanden)

Wie konnte die Finanzierung realisiert werden?

Wie wurden die Kosten auf die Be-teiligten verteilt?

Welche Förderprogramme konnten genutzt werden?

Welche öffentliche Kofinanzierung war nötig?

Fotos und Grafiken

8.1 Fotos und Grafiken Falls verfügbar: Luftbild, Fußgänger-perspektive, Umgebungsplan, Maßstäb-licher Gebietsplan

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 165

Kontaktdaten der Ansprechpartner zu den Fallbeispielen 165

II Kontaktdaten der Ansprechpartner zu den Fallbeispielen Projekt Anrede Name Vorname Institution Funktion Telefonnummer

Mersey Waterfront Regional Park (UK)

Frau Elwin Cathy Mersey Waterfront (http://www.merseywaterfront.com)

Projektmanager +441512373947

Speke and Garston Coastal Reserve Liverpool (UK)

Herr Workman Thomas Liverpool Sailing Club (http://www.liverpoolsailingclub.org)

- +441514892234

Speke and Garston Coastal Reserve Liverpool (UK)

Herr Menzies Walter Mersey Basin Campaign (http://www.merseybasin.org.uk)

Chief Executive Officer +447736351024

Ruimte voor de Rivier (NL)

Herr Sijmons Dirk H+N+S Landscape Architects (http://www.hnsland.nl)

Leiter des Q-Teams +31334328036

Ruimte voor de Rivier (NL)

Frau Havinga Regina Programmadirectie Ruimte voor de Rivier/ Rijkwaaterstat (http://www.ruimtevoorderivier.nl)

Clustercoordinator Ruimtelijke kwaliteit

+31652596884

Ruimte voor de Rivier (NL)

Frau Marije Tilstra Programmadirectie Ruimte voor de Rivier/ Rijkwaaterstat (http://www.ruimtevoorderivier.nl)

- -

Ruimte voor de Waal Nijmegen (NL)

Herr Nijssen Pim Nijmegen (http://www2.nijmegen.nl)

Omgevingsmanager Ruimte voor de Waal

+31622548516

Parque das Nações Lissabon (PT)

Herr Loff Paolo Parque Expo (http://www.parqueexpo.pt)

Nucleo de Comunicação e Assessoria Mediática

+351218919020

Abandoibarra Bilbao (ES)

Frau de la Madrid Susana Bilbao Ría 2000 (http://www.bilbaoria2000.org)

- +34946613500

Abandoibarra Bilbao (ES)

Herr Duque Gurrutxaga Iñaki Bilbao Ría 2000 (http://www.bilbaoria2000.org)

Head of Communication and External Relations

+34946613515

Abandoibarra Bilbao (ES)

Herr Álvaro Alayo Azcarate

Juan Bilbao Ría 2000 (http://www.bilbaoria2000.org)

Development Planning Director

+34946613524

Graphisoft Park Budapest (HU)

Herr Kocsány János Graphisoft Park SE (http://www.graphisoftpark.hu)

CEO +3618153425

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 166

Kontaktdaten der Ansprechpartner zu den Fallbeispielen 166

Projekt Anrede Name Vorname Institution Funktion Telefonnummer

Campus Plus Basel (CH)

Herr Eugster Christian Novartis AG (http://www.novartis.ch)

Project Leader Novartis Corporate Learning Center & Special Projects

+41613245327

Campus Plus Basel (CH)

Herr Waltert Thomas Kanton Basel Stadt (http://www.bs.ch)

Gesamtprojektkoordination Campus Plus/Basel Nord

+41612676745

Quais jardinés Bordeaux (FR)

Herr Duchène Michel Mairie de Bordeaux (http://www.bordeaux.fr)

Adjoint au Maire, Vice Président de la CUB

+33556102279

Quais jardinés Bordeaux (FR)

Frau Fruauff Maryvonne Mairie de Bordeaux (http://www.bordeaux.fr)

Communication Presse +330556102171

Quais jardinés Bordeaux (FR)

Herr Pesme Eric Mairie de Bordeaux (http://www.bordeaux.fr)

Adjoint au Directeur des Parcs et Jardins

-

Lágymányosi Bucht Budapest (HU)

Frau Szörcsök Gabriella Öböl XI Ltd. (http://www.obol.hu)

Sales and Marketing Director

+3612034850

Lágymányosi Bucht Budapest (HU)

Herr Melykuti Bence Nagy Öböl XI Ltd. (http://www.obol.hu)

Chief Financial Officer +3612034850

Mühleninsel Bydgoszcz (PL)

Frau Drostek Jolanta Urząd Miasta Bydgoszczy - Wydział Inwestycji (http://www.bydgoszcz.eu)

– +48525858215

Mühleninsel Bydgoszcz (PL)

Frau Pawłowska Bożena Urząd Miasta Bydgoszczy - Referat Rewitalizacji i Europejskich Projektów Inwestycyjnych - Wydział Rozwoju i Strategii Miasta (http://www.bydgoszcz.eu)

– +48525858073

Bâtiment des Forces Motrices Genf (CH)

Herr Perroud Pierre Etat de Genève - Département des constructions et des technologies de l'information - Office des bâtiments (http://www.ge.ch)

Chef de projets +41225466222

Bâtiment des Forces Motrices Genf (CH)

Herr Picenni Bernard Atelier d’architecture Bernard Picenni Architecte +41228401919

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 167

Kontaktdaten der Ansprechpartner zu den Fallbeispielen 167

Projekt Anrede Name Vorname Institution Funktion Telefonnummer

Halles de l’Ile Genf (CH)

Frau Payeras Isis Ville de Genève - Département des constructions et de l'aménagement - Service d’architecture (http://www.ville-geneve.ch)

Cheffe de service –

Promenade des Lavandières, Pont de la Machine Genf (CH)

Herr Matthey Dominique Ville de Genève - Département des constructions et de l'aménagement - Service de l’aménagement urbain et de la mobilité (http://www.ville-geneve.ch)

Adjoint à la cheffe de service

+41224182078

Bâtiment du Pont de la Machine Genf (CH)

Herr Abdilah Taufiq Services industriels de Genève (http://www.sig-ge.ch)

Chargé de communication +41224207572

Bâtiment du Pont de la Machine Genf (CH)

Herr Roberto Multari Services industriels de Genève (http://www.sig-ge.ch)

Responsable Sites et Patrimoine

Page 168: Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa

Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 168

Teilnehmerliste des Expertenworkshops 168

III Teilnehmerliste des Expertenworkshops

Titel Name Vorname Institution

Bürgow Grit aquatectura - studio Berlin c/o „TU Berlin Fak. VI Planen-Bauen-Umwelt“

Prof. Dr. Faßbender Kurt Universität Leipzig, Lehrstuhl für öffentliches Recht, insbesondere für Umwelt- und Planungsrecht

Fehr Rolf Innenstadt Duisburg Entwicklungsgesellschaft mbH

Gailing Ludger IRS Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung e.V.

Galler Carolin Leibniz Universität Hannover, Institut für Umweltplanung

Hartz Andrea Planungsgruppe agl

Heinig Stefan Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt

Hofmann Aljoscha TU Berlin, Institut für Soziologie, FG Planungs- und Architektursoziologie

Dr. Hutter Gerard Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V.

Klama Katrin Regionaler Planungsverband Westsachsen, Regionale Planungsstelle Leipzig

Krüger Helga bgmr Becker Giseke Mohren Richard, Landschaftsarchitekten

Pieper Thomas Landeshauptstadt Dresden, Stadtplanungsamt Abteilung, Stadterneuerung

Schaufuß Daniela Landeshauptstadt München, Baureferat Tiefbau, Abt. Ingenieurbauwerke und Gewässer

Steeg Ralf LURI.watersystems.GmbH

Dr. Steglich Anja topoment // landscapes

Wilhelm Falk Architekt

Witzenhausen Nicole Universität Leipzig

Zábojník Angela Stadt Leipzig, Amt für Stadtgrün und Gewässer, Abt. Wasserwirtschaft/Flächenmanagement

Dr. Timmerhaus Simone Emschergenossenschaft/Lippeverband

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Erfolgreiche Transformation industrialisierter Flussgebiete in Europa 169

Teilnehmerliste des Expertenworkshops 169

Beckmann Gisela Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

Siegel Gina Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Prof. Dr.-Ing. Holländer Robert Universität Leipzig, Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement

Kochmann Linda Universität Leipzig, Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement

Völkner Thomas Universität Leipzig, Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement

Strauß Christian Universität Leipzig, Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft

Schade André Universität Leipzig, Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft