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Erwin Haibach Betriebsfestigkeit

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Erwin Haibach

Betriebsfestigkeit

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Erwin Haibach

BetriebsfestigkeitVerfahren und Daten zur Bauteilberechnung

3., korrigierte und ergänzte Auflage

Mit 409 Abbildungen

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Prof. Dr.-Ing. Erwin HaibachAugustastr. 1565189 Wiesbaden

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Vorwort zur dritten Auflage

Die anhaltend rege Nachfrage des Buchs „Betriebsfestigkeit – Verfahren undDaten zur Bauteilberechnung“ erfordert seine dritte Auflage.

Dabei bleiben Inhalt und Gliederung des Buchs gegenüber der zweitenAuflage weitestgehend unverändert. Wesentliche sachliche Veränderungenwurden nach eingehender Prüfung nicht für erforderlich gehalten. Die vor-genommenen Änderungen beschränken sich auf einige kurze Nachträge zurAktualisierung sowie auf drucktechnische Korrekturen.

Dem Springer-Verlag danke ich für die einvernehmliche Entscheidung,diese dritte Auflage des Buchs in dieser Form in Druck zu geben.

Wiesbaden, im Herbst 2005 Erwin Haibach

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Vorwort zur zweiten Auflage

Das Buch „Betriebsfestigkeit – Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung“erscheint in seiner zweiten Auflage beim Springer-Verlag, der zwischenzeit-lich die Fachbuch-Sparte des VDI-Verlags übernommen hat. Für diese zweiteAuflage hat der Inhalt des Buchs eine kritische Sichtung und eine Über-arbeitung auf den aktuellen Stand der Entwicklung und eine entsprechendeErgänzung bei den Schrifttumshinweisen erfahren.

Die Grundlagen der bekannten Verfahren bleiben dabei in ihrer bisheri-gen Abhandlung weitestgehend gültig. Ausführungen über einige wenigeVerfahren konnten entfallen, weil diese keine praktische Bedeutung erlang-ten oder überholt sind. Neuere Erkenntnisse und Ergebnisse sind ergänzendaufgenommen. Sie beziehen sich zum einen auf die bisher bereits abgehan-delten Verfahren, zum anderen auf neu aufgenommene Verfahren mit Dar-stellung ihrer grundlegenden Ansätze und mit Ausführungen zur Vorgehens-weise.

Die Entwicklung und Anwendung dieser neueren Verfahren wurde durch-weg erst mit dem Einsatz leistungsfähiger Rechner möglich. Es würde des-halb wenig Sinn machen, die zumeist sehr anspruchsvollen Berechnungs-algorithmen im Detail zu beschreiben, da entsprechende kommerzielle Pro-gramme mit anwendungsfreundlicher Bediener-Oberfläche verfügbar sindund ein Anwender wohl keine eigene Programmieurng beabsichtigen dürfte.Zudem sind Details von den Programm-Anbietern verständlicherweise auchnur mit Einschränkungen offen gelegt. Als weitaus wichtiger für den interes-sierten Anwender werden deshalb Hinweise erachtet, die dem sachlichenVerständnis und dem zweckmäßigen Einsatz der Programme dienen, wie siein den Kap. 3 und 4 für die praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes dargeboten werden.

Wiederum habe ich zahlreichen Kollegen für sachdienliche Informationenzu danken. Namentlich gilt mein besonderer Dank den Herren

Dr.-Ing G. Bitsch, LMS Deutschland GmbH, Dr.-Ing. T. Bruder, LMS Deutsch-land GmbH, Dr. K. Dreßler, LMS Deutschland GmbH, Dr.-Ing. A. Esderts,Deutsche Bundesbahn AG, Forschungs- und Technologie-Zentrum, Dr.-Ing.K.-G. Eulitz, Technische Universität Dresden, Prof. Dr.-Ing. W. Fricke, Univer-sität Hamburg, Dr. M. Hack, LMS Deutschland GmbH, Dr.-Ing. M. Hoffmann,Mechanical Dynamics GmbH, Dr.-Ing. B. Hänel, IMA Materialforschung undAnwendungstechnik GmbH, Prof. Dr.-Ing. A. Hobbacher, Fachhochschule

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VIII Vorwort zur zweiten Auflage

Wilhelmshafen, Prof. Dr.-Ing. K.L. Kotte, Technische Universität Dresden,Dipl.-Ing. W. Lieven, nCode International Ltd, Prof. Dr.-Ing. H. Petershagen,Universität Hamburg, Dipl.-Ing. K. Rother, CADFEM, Dipl.-Ing. L. Seeger,nCode International Ltd, Prof. Dr.-Ing. T. Seeger, Technische UniversitätDarmstadt, Prof. Dr.-Ing. C. Sonsino, Fraunhofer-Institut für Betriebsfestig-keit, Dr. M. Speckert, LMS Deutschland GmbH, Dipl.-Ing. J. Steinbeck,MSC.Software GmbH, Dipl.-Ing. M. Steininger, MTS Systems GmbH, Dipl.-Ing. B. Unger, Technologie Zentrum Speyr, Prof. Dr.-Ing. M. Vormwald, Bau-haus-Universität Weimar, Dipl. Ing. G. Wirthgen, IMA Materialforschung undAnwendungstechnik GmbH, Prof. Dr.-Ing. H. Zenner, Technische UniversitätClausthal.

Und nicht zuletzt danke ich dem Springer-Verlag für seine Unterstützung beider redaktionellen Bearbeitung dieser zweiten Auflage.

Wiesbaden, im Herbst 2002 Erwin Haibach

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Vorwort zur ersten Auflage

50 Jahre liegen die Anfänge der Betriebsfestigkeitsforschung zurück. Seitdemwird bei Ingenieurtagungen und in Fachausschüssen über die Möglichkeiteneiner Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile nach Gesichtspunkten derBetriebsfestigkeit berichtet und über diesbezügliche Erfordernisse disku-tiert. Im Flugzeugbau und im Kraftfahrzeugbau kennzeichnet diese Ausle-gungsweise den Stand der Technik. Für den Kranbau und den Eisenbahn-brückenbau, ebenso wie für den Schiffbau und die Meerestechnik ist einNachweis der Betriebsfestigkeit durch Normen, Vorschriften oder Richtlinieneingeführt. Darüber hinaus wird in bestimmten Sparten des Maschinenbaus,des Stahlbaus und der Anlagentechnik ein Nachweis der Betriebsfestigkeitmit der Auftragsvergabe gefordert.

Der Begriff Betriebsfestigkeit steht dabei häufig als Oberbegriff. Erschließt dann die Begriffe Dauerfestigkeit und Zeitfestigkeit als Sonderfälleein. Ein geforderter Nachweis der Betriebsfestigkeit kann demnach unterentsprechenden Gegebenheiten des Einzelfalles auch als ein Nachweis derDauerfestigkeit oder als ein Nachweis der Zeitfestigkeit erbracht werden.

Neben einer Vielzahl vorliegender Veröffentlichungen zu meist recht spe-ziellen Einzelfragen der Dauerfestigkeit, Zeitfestigkeit und Betriebsfestigkeitfehlte bislang jedoch eine in sich geschlossene Darstellung zu diesem The-menbereich, welche neben dem traditionellen Nennspannungs-Konzept auchdie neueren Betrachtungsweisen nach dem Kerbgrund-Konzept oder demBruchmechanik-Konzept anwendungsorientiert für die Belange der Kon-struktionspraxis abhandelt.

So entstand dieses Buch aus dem Anliegen, die experimentellen Grundla-gen der Betriebsfestigkeit nach heutigem Erkenntnisstand sowie erprobteund neuere Rechenverfahren der Betriebsfestigkeit vor ihrem theoretischenHintergrund und in ihrer sachlichen Verknüpfung für eine ingenieurmäßigeAnwendung darzustellen.

Dabei wird die Art, in der die auftretende Beanspruchung und die ertrag-bare Beanspruchung für die Belange eines Betriebsfestigkeits-Nachweises zuermitteln sind, als eine verfahrensbedingt untrennbare Einheit gesehen undjeweils innerhalb des gleichen Abschnitts abgehandelt. Diese Darbietungsollte nicht nur dem leichteren Verständnis sondern auch einer anwen-dungsgerechten Zuordnung der Verfahren dienlich sein.

Zu den angeführten Rechenverfahren der Schadensakkumulation sindausführliche Herleitungen und jeweils kritisch bewertende Stellungnahmen

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X Vorwort zur ersten Auflage

aufgrund eigener Erfahrung gegeben. Dies insbesondere, um einer verbreite-ten Verunsicherung der Anwender durch widersprüchliche Wertungen derRechenverfahren im Schrifttum dadurch entgegenzutreten, dass anhand sta-tistisch aufbereiteter Daten dargelegt wird, in welchen Grenzen die betref-fenden Verfahren als verlässlich angesehen werden dürfen. So wird erkenn-bar, ob das in Betracht gezogene Verfahren im vorliegenden Anwendungsfallgeeignet ist bzw. mit welchem Sicherheitsfaktor seine Unzulänglichkeiten ab-gedeckt werden können.

Schließlich werden Hinweise gegeben, wie das Konzept eines Betriebsfes-tigkeits-Nachweises in die Konstruktionspraxis umzusetzen ist. Diese Hin-weise orientieren sich an einer in dieser Form erstmalig aufgezeigten Leit-linie der abzuhandelnden Teilaufgaben sowie an den Erfordernissen der neu-zeitlichen Konstruktionsmethodik.

Inhalt und Form des Buches lassen in vielfältiger Weise die Anleitung, denRat und die Unterstützung erkennen, die mir in Ausbildung und Beruf durchmeine Lehrer, durch meine Fachkollegen und durch meine Mitarbeiter zuteilwurden. All ihnen gilt mein Dank.

Bochum, im Mai 1989 Erwin Haibach

Korrekturen, Nachträge und allgemeine Hinweise zum Buch sind zu finden unter www.haibach-buch.de

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Inhaltsverzeichnis

1 Einführung und Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1 Problemstellung der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2 Abriss der Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.1.3 Kenngrößen und Grenzfälle der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . 111.1.4 Nachweis der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1.2 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.2.1 Anliegen und Gliederung dieses Buches . . . . . . . . . . . . . . 151.2.2 Begriffe und Formelzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2 Experimentelle Grundlagen der Betriebsfestigkeit . . . . . . . 21

2.1 Wöhler-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.1.1 Kennzeichnung der Schwingbeanspruchung . . . . . . . . . . . 212.1.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung . . . . . . . . 232.1.3 Darstellung der Ergebnisse durch Wöhlerlinien . . . . . . . . . 252.1.4 Darstellung der Ergebnisse im Dauerfestigkeits-Schaubild . . . 272.1.5 Statistische Belegung der Zeitfestigkeitslinie . . . . . . . . . . . 302.1.6 Statistische Belegung des Dauerfestigkeitswertes . . . . . . . . . 352.1.7 Normierte Wöhlerlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.1.8 Kritik des Wöhler-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

2.2 Blockprogramm-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512.2.1 Betriebsbeanspruchung und Beanspruchungskollektiv . . . . . 512.2.2 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung . . . . . . . . 582.2.3 Einfluss der Kollektivform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632.2.4 Normverteilung als Einheitskollektiv . . . . . . . . . . . . . . . 642.2.5 Amplitudenkollektiv, Mittelspannung, Spannungsverhältnis . . 662.2.6 Überlagerte Schwingungen unterschiedlicher Frequenz . . . . . 682.2.7 Umlaufend beanspruchte Teile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 732.2.8 Einflüsse des Werkstoffs und der Bauteileigenschaften . . . . . 772.2.9 Kritik des Blockprogramm-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . 82

2.3 Zufallslasten-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 842.3.1 Unterscheidung von Beanspruchungs-Zeit-Funktionen . . . . . 84

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XII Inhaltsverzeichnis

2.3.2 Beschreibung stochasticher Beanspruchungsvorgänge . . . . . . 892.3.3 Versuchsdurchführung und Versuchsauswertung . . . . . . . . 932.3.4 Betriebslastennachfahr-Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 962.3.5 Digitale Aufbereitung gemessener Beanspruchungs-Zeit-

Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 992.3.6 Analoge Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-

Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1032.3.7 Digitale Erzeugung stochastischer Beanspruchungs-Zeit-

Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1062.3.8 Standard-Lastfolgen mit Gauß’scher Häufigkeitsverteilung . . . 1142.3.9 Kritik des Zufallslasten-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

2.4 Einzelfolgen-Versuche und spezielle Versuchstechniken . . . . 1242.4.1 Beanspruchungs-Zeit-Funktionen mit veränderlicher

Mittelspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1242.4.2 Standard-Lastfolge Twist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1252.4.3 Lebensdauer bei verändertem Kollektiv

der Standard-Lastfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1292.4.4 Experimentelle Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung . . . 1322.4.5 Experimentelle Ermittlung des Rissfortschritts . . . . . . . . . . 1352.4.6 Kritik des Einzelfolgen-Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

2.5 Übertragbarkeit von Betriebsfestigkeits-Werten . . . . . . . . . 1392.5.1 Übereinstimmung von Lebensdauerwerten aus Labor

und Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1392.5.2 Schrifttumsauswertungen zum Reihenfolge-Einfluss . . . . . . 143

3 Rechnerische Verfahren der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . 151

3.1 Berechnen der auftretenden und ertragbaren Spannungen . . . 1513.1.1 Nennspannung, Formzahl, bezogenes Spannungsgefälle . . . . 1513.1.2 Spannungen aus Finite-Element- oder Randelement-

Berechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1603.1.3 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien gekerbter

Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1753.1.4 Rechnerische Abschätzung der Wöhlerlinien geschweißter

Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1983.1.5 Rechnerische Behandlung des Eigenspannungseinflusses . . . . 2253.1.6 Rechnerische Behandlung einer mehrachsigen

Schwingbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2393.1.7 Kritik der Verfahren zur Spannungsberechnung . . . . . . . . . 260

3.2 Lebensdauerberechnung anhand der Nennspannungen . . . . 2663.2.1 Miner-Regel (Hypothese der linearen Schädigungs-

akkumulation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

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Inhaltsverzeichnis XIII

3.2.2 Elementare Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . 2683.2.3 Völligkeitsgrad und Schädigungsfunktion eines Kollektivs . . . 2713.2.4 Schädigungsgleiches Rechteck-Ersatzkollektiv . . . . . . . . . . 2743.2.5 Sinnvolle Festlegung der Kollektivtreppung . . . . . . . . . . . 2773.2.6 Amplitudentransformation auf ein Kollektiv mit Ri = – 1 . . . . 2823.2.7 Original-Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2833.2.8 Modifizierte Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . 2853.2.9 Konsequente Form der Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . 2943.2.10 Schädigungsäquivalente Spannungsamplitude . . . . . . . . . . 3033.2.11 Überprüfung der Miner-Regel an Versuchsergebnissen . . . . . 3053.2.12 Folgerungen für die praktische Anwendung . . . . . . . . . . . 3243.2.13 Kritik der Miner Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

3.3 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 3353.3.1 Dehnungskontrollierte Wöhler-Versuche . . . . . . . . . . . . . 3353.3.2 Experimentell ermittelte Kerbgrundbeanspruchung

und Lebensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3533.3.3 Rechnerische Ermittlung der Kerbgrundbeanspruchung . . . . 3583.3.4 Rainflow-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3703.3.5 Lebensdauerberechnung anhand der Kerbgrundbeanspruchung 3843.3.6 Lebensdauerberechnung mittels Amplituden-Transformation . . 4043.3.7 Lebensdauerberechnung ausgehend von Finite-Element-

Berechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4143.3.8 Kerbgrundbeanspruchung und normierte Wöhlerlinie . . . . . 4243.3.9 Kritik des Kerbgrund-Konzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429

3.4 Lebensdauerberechnung anhand des Rissfortschritts . . . . . . 4313.4.1 Spannungsfeld eines Risses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4313.4.2 Rissfortschrittsgesetz bei Schwingbeanspruchung . . . . . . . . 4363.4.3 Rissfortschritt bei konstanter Schwingbreite der Spannung . . . 4433.4.4 Wöhlerlinie eines Bauteils mit Anfangsriss . . . . . . . . . . . . 4473.4.5 Normierte Wöhlerlinie für Risse in hochbeanspruchten

Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4493.4.6 Rissfortschritt bei veränderlicher Schwingbreite der Spannung 4513.4.7 Rissfortschritt und Miner-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4533.4.8 Berücksichtigung von Reihenfolgeeinflüssen . . . . . . . . . . . 4553.4.9 Rissfortschrittsverhalten kurzer Risse . . . . . . . . . . . . . . . 4683.4.10 Rissmodell sowie Bauteil- und Werkstoffeigenschaften . . . . . 4873.4.11 Kritik des Bruchmechanik-Konzeptes . . . . . . . . . . . . . . . 498

3.5 Berechnen der Sicherheitszahl und Ausfallwahrscheinlichkeit 5013.5.1 Lebensdauer, Ausfallwahrscheinlichkeit, Sicherheitszahl . . . . . 5013.5.2 Extrapolation auf niedrige Ausfallwahrscheinlichkeiten . . . . . 5113.5.3 Streuung der betrieblichen Beanspruchungshöhe . . . . . . . . 5183.5.4 Abdeckung der Zufälligkeiten weniger Einzelversuche . . . . . 5233.5.5 Anzusetzende Streuspannen und abzudeckende Streueinflüsse 526

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XIV Inhaltsverzeichnis

3.5.6 Statistischer Größeneinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5363.5.7 Kritik der anzusetzenden Sicherheitszahl . . . . . . . . . . . . . 548

4 Praktische Umsetzung des Betriebsfestigkeits-Konzeptes . . . 551

4.1 Abzuhandelnde Teilaufgaben als Leitlinie des Vorgehens . . . . 5514.1.1 Festlegen der Anforderungen und der Vorgehensweise . . . . . 5514.1.2 Erkennen der schwingbruchkritischen Querschnitte . . . . . . . 5554.1.3 Bestimmen der einwirkenden Betriebslasten . . . . . . . . . . . 5574.1.4 Berechnen der kennzeichnenden Beanspruchung . . . . . . . . 5684.1.5 Ermitteln der ertragbaren Beanspruchungshöhe . . . . . . . . . 5704.1.6 Ableiten der angemessenen Sicherheitszahl . . . . . . . . . . . . 5744.1.7 Erstellen und Beurteilen des Nachweises . . . . . . . . . . . . . 5774.1.8 Dokumentieren des Nachweises . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579

4.2 Maßnahmen bei unbefriedigendem Betriebsfestigkeits-Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580

4.2.1 Maßnahmen bei unbefriedigendem Ergebnis des Nachweises . . 5804.2.2 Maßnahmen bei Schwingbrüchen im Betrieb . . . . . . . . . . . 584

4.3 Betriebsfestigkeit und methodisches Konstruieren . . . . . . . 5924.3.1 Wesen des methodischen Konstruierens . . . . . . . . . . . . . 5924.3.2 Knotenpunkte zur Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 6004.3.3 Gewinnen der erforderlichen Informationen . . . . . . . . . . . 6014.3.4 Bewertungskriterien zur Lösungsauswahl . . . . . . . . . . . . . 605

4.4 Betriebsfestigkeit und unternehmerische Entscheidungen . . . 6104.4.1 Gesichtspunkte einer Kosten-Nutzen-Analyse . . . . . . . . . . 6104.4.2 Neuzeitliche Konzepte der Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . 6134.4.3 Elemente eines Gesamtkonzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . 6224.4.4 Unternehmerische Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . 624

5 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625

5.1 Daten zu statistischen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6255.2 Typisierte Kollektive und Standard-Lastfolgen . . . . . . . . . . 6365.3 Approximationsformeln für Formzahlen . . . . . . . . . . . . . 6415.4 Ältere Vorschläge zur Abschätzung der Dauerfestigkeit . . . . . 6495.5 Kurzfassung des Berechnungsablaufs nach der FKM-Richtlinie 6525.6 Hinweise auf Daten zur Betriebsfestigkeit . . . . . . . . . . . . 663

6 Schrifttumshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681

7 Verwendete Formelzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707

8 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737

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1 Einführung und Übersicht

„Maschinen, Apparate, Fahrzeuge und Bauwerke versucht man ohneunnötigen Aufwand an Werkstoff und Arbeit grundsätzlich so zu be-messen, dass sie den zugemuteten, erwarteten oder möglichen Bean-spruchungen auf die Dauer oder für eine vorgesehene Zeit widerste-hen. Die Lösung dieser in der Praxis vielfältig abgewandelten Auf-gabe gelingt umso sicherer, je klarer die Beanspruchungsverhältnisseerkundet sind, je genauer das Verhalten der Werkstoffe bei solchenBeanspruchungen bekannt ist, je zweckmäßiger die Beanspruchungund die im Werkstoff darstellbare Widerstandsfähigkeit an den ent-scheidenden Stellen aufeinander abgestimmt wurden und je besserdiese Voraussetzungen im fertigen Gegenstand erfüllt sind.“

M. Pfender [1]

1.1Einführung

1.1.1Problemstellung der Betriebsfestigkeit

Schwingbeanspruchte Bauteile können durch Schwingbruch oder auch schondurch Schwinganriss versagen. Das Erscheinungsbild solcher Schwingbruch-schäden aus Praxis und Labor ist ebenso vielfältig wie die Ursachen und Ein-flüsse, die das Bauteilversagen bestimmen [1, 2]. Entsprechend zahlreich sindauch heute noch Schadensfälle an schwingbeanspruchten Bauteilen [1–9, 11,12], die im normalen Betrieb unerwartet auftreten und nicht selten ein fol-genschweres Ausmaß annehmen, Abb. 1.1–1 und 1.1–2 sowie Tabelle 1.1–1.

Die Problemstellung der Betriebsfestigkeit ergibt sich aus der technischen,wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Notwendigkeit, Schwingbruchschä-den durch eine geeignete Gestaltung, Bemessung, Fertigung und Qualitätssi-cherung der Bauteile zu vermeiden. Schon im Zuge der Entwicklung muss un-ter Einsatz geeigneter Methoden, Verfahren und Werkzeuge auf ihr befriedi-gendes Betriebsfestigkeitsverhalten konsequent hingewirkt werden.

Eine schwingbruchsichere Bemessung der Bauteile ist insbesondere danngeboten, wenn als mögliche Folgen eines Schwinganrisses oder Schwing-bruchs Gefahren für Menschen, Gefahren für die Umwelt oder Schäden auf

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2 1 Einführung und Übersicht

Abb. 1.1–1 a, b, c. 101 Menschen starben, als der ICE „Wilhelm Conrad Röntgen“ am 3. Juni1998 bei Eschede entgleiste und eine Brücke zum Einsturz brachte a; Ursache war derSchwingbruch eines zu stark abgefahrenen bzw. abgedrehten Radreifens, der sich aufgrundseiner elastischen Bettung auf Gummielementen unter der Radlast örtlich übermäßig ab-flachte und damit auf der Innenseite unzulässige Biegezugspannungen erfuhr b, c [3, 4]

a

c

(Quelle: KM-Press)

(Quelle: Fraunhofer-Institut LBF)

b

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1.1.1 Problemstellung der Betriebsfestigkeit 3

b

Abb. 1.1–2 a, b. 123 Menschen verloren im Jahr 1980 ihr Leben, als die halbtauchende Bohrplattform „Alexander L. Kielland“ durch den Schwingbruch einer Strebe kenterte.a Schwingbruchfläche der horizontalen Strebe, ausgehend von einem als Hydrophonhaltereingeschweißten Stutzen, b Stabwerk mit Lage der Strebe und der Säule D, die als Folge desSchwingbruchs seitlich ausbog [5]

a

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4 1 Einführung und Übersicht

Tabelle 1.1–1. Auswertungen über Schwingbruchschäden

Nach einer Auswertung der Allianz-Versicherung für die Jahre 1968 bis 1970 veröffentlicht imAllianz-Handbuch der Schadensverhütung [6], waren die häufigsten Schadensbilder an Ach-sen und Wellen entstanden als umlaufend oder einseitig erzeugte Biegeschwingbrüche sowieTorsionsschwingbrüche, vereinzelt auch als überlagerte Biege- und Torsionsschwingbrüche;Gewaltbrüche waren hingegen selten. Die Schadensursachen verteilten sich wie folgt:

60% Produktfehler 80% Konstruktive Kerben30% Betriebsfehler oder: 15% Korrosionsstellen10% Fremdeinflüsse 5% Sonstige Stellen.

Schwingbruch-Schäden in Hüttenwerksanlagen wurden im Auftrag des Vereins DeutscherEisenhüttenleute erfasst. Einer ersten Auswertung, veröffentlicht 1975 [7], lagen nahezu 200Schadensfälle zugrunde, die in den Jahren 1970 bis 1974 in acht Hüttenwerken auftraten.Die betroffenen Bauteile hatten Einsatzzeiten von 0,7 bis 11 Jahren und mehr als 100000 Ar-beitsspiele erreicht. 54 dieser Schadensfälle wurden ausführlich erfasst und sie betrafen zu

50% Bauteile von Walzwerks- und Kranantrieben bzw.85% rotierende Bauteile mit einer wechselnden oder schwellenden

Verdrehbeanspruchung oder mit einer überlagerten Biege- und Verdreh-Schwingbeanspruchung, und hierbei

45% Wellen von 70 bis 700 mm Durchmesser45% Gelenkwellen mit 600 bis 1070 mm Außendurchmesser10% Zahnräder stirnverzahnt mit Modul 6 bis 16 mm bzw. pfeilverzahnt

mit Modul 16 bis 24 mm und Breiten von 2 ¥ 400 bis 2 ¥ 600 mm.Eine zweite Auswertung für die Jahre 1979 bis 1981 erfasste insgesamt 355 Schwingbruch-Schäden in Hüttenwerksanlagen [8]. 69 dieser Schadensfälle hat man ausführlich doku-mentiert. Als vornehmliche Schadensursachen wurden mangelhafte konstruktive Bauteil-gestaltung, nicht berücksichtigte dynamische Belastungen oder eine rein statisch angeleg-te Bemessung erkannt. Die Instandsetzungskosten lagen im Schadensfall damals im Mittelbei 50000,– DM (≈ € 25000). Die Schadenshäufigkeiten lieferten ein der ersten Auswertungvergleichbares Gesamtbild:

45% Walzwerksanlagen 30% Wellen42% Krananlagen oder: 14% Verzahnungen13% Stahlwerksanlagen 38% Schweißverbindungen

18% Sonstige Elemente.In einer Sammlung und Analyse von Schwingbruch-Schäden, die innerhalb von 15 Jahrenan 27 Flugzeugmustern im Betrieb auftraten, wurden insgesamt 529 Schadensfälle analy-siert mit dem Ziel, Schwachstellen der Konstruktionen und Gründe für den vorzeitigenSchwinganriss aufzuzeigen und mit typischen Beispielen zu erläutern [9]. Schadensbe-stimmend waren zu

64% Verbindungen 9% Ausschnitte17% Beschläge 2% Offene Bohrungen

8% Sonstige Elemente.Vornehmliche Ursachen der Schwingbruch-Schäden waren (Nennung mit abnehmenderHäufigkeit:

1. Spannung zu hoch 4. Scharfe Kerben2. Zwangsverformung 5. Offene Bohrungen3. Zusatz-Biegung 6. Fertigungsfehler.

Nach einer neueren Studie des amerikanischen Energieministeriums sind sogar 90% allerVersagensfälle von Bauteilen auf Schwingbruch-Schäden zurückzuführen [10].

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1.1.1 Problemstellung der Betriebsfestigkeit 5

wirtschaftlichem Gebiet zu bedenken sind. Darüber hinaus ist sie als Quali-tätsmerkmal technischer Erzeugnisse allgemein bedeutsam.

Kennzeichen eines Schwingbruchs ist, dass er nicht wie der Gewaltbruch alsFolge einer einmaligen extremen Beanspruchung auftritt, sondern im Verlaufder Zeit unter der schwingend einwirkenden Betriebsbeanspruchung entsteht.Die bis Bruch oder Anriss ertragene Einwirkungszeit der Schwingbeanspru-chung wird als die Lebensdauer des Bauteils bezeichnet.

Die typische Ausbildung einer Schwingbruchfläche weist auf drei Phaseneines Schwingbruchs hin: Die Phase einer zunächst submikroskopischen unddann mikroskopischen Rissbildung geht über in die Phase eines makroskopi-schen Rissfortschritts, bis in der Phase des Restbruchs ein Gewaltbruch desRestquerschnitts auftritt, Abb. 1.1–3. Vergl. auch Abb. 1.1–1c.

Der Begriff Betriebsfestigkeit steht heute für eine neuzeitliche, lebensdau-erorientierte Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile und Konstruktionen,die den gesetzmäßig fassbaren Zusammenhang zwischen Lebensdauer undGröße der Schwingbeanspruchung berücksichtigt. Sie ist dadurch gekenn-zeichnet, dass

– die zumeist zufallsartig in unterschiedlicher Größe und Häufigkeit auftre-tenden Betriebsbeanspruchungen wirklichkeitsnah angesetzt werden.

Abb. 1.1–3. Typische Ausbildung einer Schwingbruchfläche mit submikroskopischer An-rissbildung an der Bruchausgangsstelle A, einer durch Rissfortschritt erzeugten Schwing-bruchfläche D und einer als Gewaltbruch G entstandenen Restbruchfläche [1]

A

D

G

D

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6 1 Einführung und Übersicht

– die Konstruktion auf eine endliche Lebensdauer ausgelegt wird, die sich ausihrer vorgesehenen Nutzungsdauer ableitet,

– die geforderte Lebensdauer über eine statistisch begründete Sicherheits-zahl mit einem Grenzwert der Ausfallwahrscheinlichkeit verknüpft wirdund

– alle maßgeblichen Einflüsse werkstofflicher, konstruktiver, fertigungsbe-dingter, betrieblicher und umgebungsbezogener Art beachtet werden, diedas Schwingfestigkeitsverhalten der Bauteile bestimmen [13].

Gegen Ende der dreißiger Jahre für den Flugzeugbau entwickelt [14–16], hatdiese Betrachtungsweise der Betriebsfestigkeit über die zurückliegendenmehr als 60 Jahre außer im Flugzeugbau auch im Straßen- und Schienenfahr-zeugbau, im Kran- und Brückenbau, im Schiffbau und in der Meerestechnik,sowie im Maschinen- und Anlagenbau als Grundlage einer sicheren und zu-gleich wirtschaftlichen Auslegung schwingbeanspruchter Bauteile breite An-erkennung erlangt und in einschlägigen Normen, Vorschriften, Richtlinienund Empfehlungen ihren Niederschlag gefunden, Abb. 1.1–4.

Vor allem in der Art und Weise, wie die betrieblich auftretende Beanspru-chung wirklichkeitsnah berücksichtigt wird, geht die Betrachtungsweise derBetriebsfestigkeit über die bis dahin bekannten Betrachtungen zur Dauer-

Abb. 1.1–4. Technikbereiche, in denen Betrachtungen zur Betriebsfestigkeit von Bedeutungsind (nach Seeger)

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1.1.2 Abriss der Zusammenhänge 7

festigkeit oder Zeitfestigkeit hinaus: diese sind jedoch als Sonderfälle unterdem Begriff Betriebsfestigkeit eingeschlossen, wie nach Abschn. 1.1.3 erkenn-bar wird.

Das Ziel einer Bauteilauslegung nach Grundsätzen der Betriebsfestigkeit istin zweifacher Hinsicht vorgegeben: Zum einen gilt es, ein vorzeitiges Bauteil-Versagen durch Schwingbruch oder gefährlichen Schwinganriss mit der gebo-tenen Sicherheit auszuschließen, zum anderen soll diese vorrangige Forde-rung ohne Überbemessen der Querschnitte und ohne unnötigen Fertigungs-aufwand auf wirtschaftliche Weise erfüllt werden.

Nach E. Gaßner, Begründer und Bahnbrecher der Lehre von der Betriebsfes-tigkeit, handelt es sich dabei um die Aufgabe,„unter Anwendung neuzeitlicherMethoden der rechnerischen und experimentellen Spannungs- und Dehnungs-analyse und der Techniken des Betriebsfestigkeits-Versuchs, ausgehend von einer bekannten oder als repräsentativ angenommenen Beanspruchungs-Zeit-Funktion, die betrachtete Konstruktion durch eine fallbezogene Kombinationvon Werkstoff, Formgebung und Fertigung so zu optimieren, dass bei kleins-tem Raum-, Werkstoff- und Herstellungsaufwand ein Höchstmaß an Ausfall-sicherheit gegen Schwinganriss oder Schwingbruch erreicht wird“ [17].

Dieses Konzept einer wirtschaftlich optimalen und zugleich ausfallsicherenAuslegung schwingbeanspruchter Bauteile nach den Grundsätzen der Be-triebsfestigkeit hat sich mittlerweile in der Praxis vielfältig bewährt. Die Ent-wicklung zu seinem heutigen Erkenntnis- und Anwendungsstand dokumen-tiert sich in einem umfangreichen Schrifttum, wie aus den hier gegebenenSchrifttumshinweisen [1–445] und aus den Schrifttumsverzeichnissen derÜbersichten [24–26, 28, 29, 32, 35, 37, 38] und den Regelwerken [39–50] zu er-sehen. In seiner Gesamtheit ist dieses Schrifttum nur noch datenbankweise er-fassbar und erschließbar. Zunehmend ist der erreichte Erkenntnisstand inpraktischen Anwendungen nur noch mit hochentwickelten Rechnerprogram-men nutzbar [51].

1.1.2Abriss der Zusammenhänge

Die grundlegenden Begriffe und Zusammenhänge und der Gültigkeitsbereicheiner Bauteilauslegung nach Gesichtspunkten der Betriebsfestigkeit lassensich ausgehend von Abb. 1.1–5 erläutern:

Aus der Spannungs-Dehnungs-Kurve des Werkstoffs (a) sind die Zugfestig-keit Rm und die Streckgrenze Re als obere Grenzwerte der Beanspruchung zuentnehmen. Im Sinne des allgemeinen Maximalspannungs-Nachweises würdeihr einmaliges Überschreiten ein Versagen des Bauteils bedeuten.

Die Dauerfestigkeit SD liefert einen Beanspruchungsgrenzwert, bis zu des-sen Höhe eine schwingende Beanspruchung (b) beliebig oft ohne Bruch er-tragbar ist.

Eine Schwingbeanspruchung oberhalb der Dauerfestigkeit (c) führt nacheiner endlichen Anzahl von Schwingspielen zum Bruch, wobei der Bruch

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8 1 Einführung und Übersicht

umso eher eintritt, je höher die Beanspruchung ist. Für eine Schwingbean-spruchung mit gleichbleibenden Amplituden wird diese Abhängigkeit darge-stellt durch die Zeitfestigkeitslinie, dem geneigten Teil der Wöhlerlinie im Be-reich der Zeitfestigkeit. Die vollständige Wöhlerlinie erstreckt sich von derZugfestigkeit über die Zeitfestigkeitslinie bis zur Dauerfestigkeitsgrenze.

Tritt die Schwingbeanspruchung nicht mit gleichbleibenden Amplitudenauf, sondern bei gleichem Höchstwert wie im Fall (c) mit einer mehr oder we-niger zufallsartigen Folge unterschiedlich großer Amplituden (d), so wird dieertragbare Schwingspielzahl die Zeitfestigkeitslinie überschreiten. Ein Bean-spruchungsablauf dieser Art ist für die Betriebsbeanspruchung der meistenBauteile kennzeichnend und mit Verfahren und Werten der Betriebsfestigkeitzu beurteilen. Mit der Gaßner’schen Lebensdauerlinie besteht dabei eine der Zeitfestigkeitslinie entsprechende Abhängigkeit zwischen der Beanspru-chungshöhe und der endlichen Lebensdauer, ausgedrückt in Zahl derSchwingspiele.

Die Lebensdauerlinie kann experimentell in Betriebsfestigkeits-Versuchendurch Simulation des zufallsartigen Beanspruchungsablaufs ermittelt werden,Kap. 2, sie lässt sich aber auch, ausgehend von der Wöhlerlinie, mit Hilfe einerSchädigungsakkumulations-Hypothese rechnerisch gewinnen, Abschn. 3.2oder 3.3.

In welchem Maße sich die Lebensdauerlinie von der Wöhlerlinie nach höheren Schwingspielzahlen absetzt, ergibt sich aus den Eigenschaften der betrachteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Sie kommen in der Form desBeanspruchungskollektivs zum Ausdruck, Abb. 1.1–6.

Bei dem Beanspruchungskollektiv handelt es sich um eine Darstellung derHäufigkeiten, mit denen Schwingbeanspruchungswerte einer bestimmten Größe in der betrachteten Beanspruchungs-Zeit-Funktion enthalten sind. Fürdie Wöhlerlinie treffen Beanspruchungs-Zeit-Funktionen zu, bei denen alle

Abb. 1.1–5. Begriffe und Zusammenhänge der Betriebsfestigkeit (dargestellt für den Fallder Schwellbeanspruchung)

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1.1.2 Abriss der Zusammenhänge 9

Schwingbeanspruchungswerte gleiche Größe haben (Fall a und b in Abb. 1.1–5bzw. Abb. 1.1–6a). Für Beanspruchungs-Zeit-Funktionen, die neben großenauch kleinere Schwingbeanspruchungswerte mit zunehmendem Häufigkeits-anteil enthalten, Abb. 1.1–6b oder c, sind die betreffenden Lebensdauerliniengegenüber der Wöhlerlinie in zunehmendem Maße nach höheren Schwing-spielzahlen versetzt. Die Wöhlerlinie erweist sich somit als unterer Grenzfall aller möglichen Lebensdauerlinien.

Die Frage, wie die Häufigkeitsverteilung der Schwingbeanspruchungswertezur Darstellung des Beanspruchungskollektivs zu gewinnen ist, führt auf denProblemkreis der dazu anwendbaren statistischen Zählverfahren, Abschn.2.2.1.Wegen ihres statistischen Charakters gehen mit der Kollektivdarstellungallerdings Informationen darüber verloren, in welcher Reihenfolge die unter-schiedlichen Schwingbeanspruchungswerte in der betreffenden Beanspru-chungs-Zeit-Funktion aufeinanderfolgen. Um entsprechende Reihenfolgeein-flüsse zu berücksichtigen, die die Lage der Lebensdauerlinie in gewissen Gren-zen zusätzlich verändern können und nur bei der Wöhlerlinie vom Grundsatzher ausgeschlossen sind, erweist sich deshalb die Kollektivdarstellung für sichalleine als unzureichend. Um den Reihenfolgeeinflüssen Rechnung tragen zukönnen, muss deshalb die Beanspruchungs-Zeit-Funktion auf andere Art ausführlicher beschrieben werden, Abschn. 2.3.

Eine weitere Bestimmungsgröße für die Lebensdauerlinie ist mit einer sta-tischen Vorspannung gegeben, die z.B. aus dem Eigengewicht entsteht und dersich die Schwingbeanspruchungswerte überlagern. Als Folge einer solchenVorspannung verengt sich der Bereich der Zeit- und Betriebsfestigkeit, weildie Dauerfestigkeit (als Oberspannung) näher an die Streckgrenze heranrücktund im Grenzfall sogar mit ihr zusammenfallen kann, Abb. 1.1–7c. Das heißtaber auch, dass mit einer höheren Vorspannung die Erfordernisse des stati-schen Festigkeits-Nachweises gegenüber denen des Betriebsfestigkeits-Nach-weises an Bedeutung gewinnen.

Neben den beanspruchungsabhängigen Einflüssen bestehen die unter demBegriff der Gestaltfestigkeit bekannten Einflüsse des Werkstoffs, der kon-struktiven Gestaltung und der Fertigungsart auf die Höhe der Dauer-, Zeit-

Abb. 1.1–6 a – c. Beanspruchungskollektiv als Darstellung der Größe und Häufigkeit vonSchwingbeanspruchungswerten in einer Beanspruchungs-Zeit-Funktion. Schwingbean-spruchungswerte a alle von gleicher Größe, b relativ viele große, relativ wenige kleine,c relativ wenige große, relativ viele kleine; jeweils dargestellt für den Fall der Schwellbean-spruchung

a b c

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10 1 Einführung und Übersicht

und Betriebsfestigkeitswerte. Durch ungünstige Einflüsse dieser Art wird dieDauer-, Zeit- und Betriebsfestigkeit relativ zur Streckgrenze erniedrigt, womitder Betriebsfestigkeits-Nachweis an Bedeutung gewinnt, Abb. 1.1–7a. Durchgünstige Einflüsse auf die Gestaltfestigkeit wird hingegen die Dauerfestig-keit angehoben und der Bereich der Zeit- und Betriebsfestigkeit eingeengt,Abb. 1.1–7b.

Schließlich stellen sich experimentell ermittelte Wöhler- und Lebensdauer-linien wegen einer aus Werkstoff- und Fertigungseinflüssen bedingten Streu-ung der Versuchsergebnisse nicht als Linien sondern, wie in Abb. 1.1–8 an-gedeutet, mit einem Streuband dar. Statistische Verfahren sind deshalb ein

Abb. 1.1–7. Ausweitung des Bereichs der Zeit- und Betriebsfestigkeit durch Einflüsse, dieden Abstand der Dauerfestigkeit von der Streckgrenze bestimmen. (KZF = Kurzzeitfestig-keit, ZF = Zeitfestigkeit, BF = Betriebsfestigkeit, DF = Dauerfestigkeit, VS = statische Vor-spannung)

Abb. 1.1–8. Aufgrund von Streueinflüssen bedingte Betrachtung der Wöhler- und Lebens-dauerlinien sowie der kennzeichnenden Beanspruchungshöhe als Streubänder

a b c

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1.1.3 Kenngrößen und Grenzfälle der Betriebsfestigkeit 11

unabdingbarer Bestandteil jeder qualifizierten Betriebsfestigkeits-Untersu-chung, um Wöhler- und Lebensdauerlinien nach Mittelwert und Streubreite zu belegen. Wird in gleicher Weise auch die durch Messung, Rechnung oder Simulation ermittelte Höhe der kennzeichnenden Betriebsbeanspruchung mit ihrer Streuung bzw. ihrer statistischen Unsicherheit in Ansatz gebracht,Abb. 1.1–8, dann lassen sich die in einem Betriebsfestigkeits-Nachweis an-zusetzenden Sicherheitszahlen statistisch begründet als Funktion der zu er-wartenden Ausfallwahrscheinlichkeit ableiten, Abschn. 3.5.

1.1.3Kenngrößen und Grenzfälle der Betriebsfestigkeit

Als Kenngrößen der Betriebsfestigkeit dienen, Abb. 1.1–5:

– der Dauerfestigkeitswert,– die Zeitfestigkeitslinie, beschrieben durch ihre Neigung und die Schwing-

spielzahl an ihrem (idealisierten) Abknickpunkt in die Dauerfestigkeit,– die Lebensdauerlinie, beschrieben durch eine ihren S-förmigen Verlauf be-

reichsweise ausmittelnde Neigung sowie die Spannung und Schwingspiel-zahl an einem zu definierenden Bezugspunkt, z.B. bei 107 Schwingspielen,in Abhängigkeit von den Eigenschaften der betreffenden Beanspruchungs-Zeit-Funktion,

– die maximal zulässige Beanspruchung im Sinne des statischen Festigkeits-Nachweises.

Als Grenzfälle der Betriebsfestigkeit werden erkennbar:

Der Dauerfestigkeitswert als beliebig oft ertragbare Beanspruchung

Tritt der Höchstwert der Beanspruchung innerhalb der geforderten Lebens-dauer mit großer Häufigkeit auf, z.B. mehrere Millionen mal, so muss die Be-messung des Bauteiles sicherstellen, dass dieser Beanspruchungswert eindeu-tig unter dem Dauerfestigkeitswert bleibt. Bei dieser Art der Bemessung ergibtsich eine unbegrenzte Lebensdauer.

Die Zeitfestigkeitslinie als Untergrenze der ertragbaren Häufigkeit

Ist die Beanspruchungs-Häufigkeit geringer als die ertragbare Schwingspiel-zahl, die sich bei dem Höchstwert der Beanspruchung von der Zeitfestigkeits-linie ablesen lässt, Abb. 1.1–5c, so erübrigt sich ein weitergehender Betriebs-festigkeits-Nachweis und zwar unabhängig von den Eigenschaften der Bean-spruchungs-Zeit-Funktion bzw. der Form des Beanspruchungskollektivs.

Die statische Festigkeitsgrenze als maximal zulässige Beanspruchung

Für schwingbeanspruchte Bauteile ist grundsätzlich eine ausreichende Be-messung gegenüber dem Maximalwert der auftretenden Beanspruchung im

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12 1 Einführung und Übersicht

Sinne des statischen Festigkeits-Nachweises oder des Stabilitäts-Nach-weises vorauszusetzen. Wird dazu die maximal zulässige Beanspruchung aus der Streckgrenze des Werkstoffs abgeleitet, so ergibt sich daraus eine notwendige Abgrenzung gegen den Bereich der Kurzzeitfestigkeit. Denn fürdie Kurzzeitfestigkeit ist weniger die einwirkende Spannung als vielmehr die elastisch-plastische Wechselverformung des Werkstoffs bestimmend und dementsprechend eine elastisch-plastische Beanspruchungsanalyse,Abschn. 3.3, eventuell sogar unter Einbeziehung von Kriechvorgängen, er-forderlich.

Eine an der Streckgrenze orientierte statische Bemessung beinhaltet zu-gleich den Betriebsfestigkeits-Nachweis für einen gewissen Mindestwert derLebensdauer, der sich bei der maximal zulässigen Beanspruchungshöhe vonder Lebensdauerlinie für das zutreffende Beanspruchungskollektiv ablesenlässt, Punkt e in Abb. 1.1–5. Genügt dieser Wert der geforderten Lebensdauer,so kann die statische Bemessung den Betriebsfestigkeits-Nachweis erübrigen.Erweist sich dieser Lebensdauerwert als unzureichend, so muss die Beanspru-chung gemäß der Lebensdauerlinie abgemindert werden, z.B. auf den Wertnach Punkt d in Abb. 1.1–5, oder die Schwingfestigkeit des Bauteils muss ver-bessert werden.

Es darf aber nicht übersehen werden, dass die mit dem statischen Festig-keits-Nachweis entsprechend Punkt e nachgewiesene Lebensdauer eine be-achtliche Abhängigkeit von der Form des Beanspruchungskollektivs, von derHöhe einer etwaigen Vorspannung, von der Streckgrenze des Werkstoffs undvon den Einflussgrößen der Gestaltfestigkeit aufweist.

Die Wöhlerlinie als Grundlage des Betriebsfestigkeits-Nachweises

Eine Bemessung nach der Wöhlerlinie, bei der in vereinfachender Weise derHöchstwert der Beanspruchung für die Gesamtheit der auftretenden Schwing-spiele in Ansatz kommt, bedeutet eine stets auf der sicheren Seite liegende Artder Bemessung. In vielen Fällen erweist sich diese einfache Handhabung je-doch als unvertretbar weit auf der sicheren Seite liegend und deshalb mit denGrundsätzen eines wirtschaftlichen Leichtbaus unvereinbar.

Früher wurde vielfach versucht, aufgrund der Erfahrung und gestützt aufeine Auswertung von Schadensfällen zu einem vereinbarten Nennwert der Be-anspruchung geeignete Beiwerte und Sicherheitszuschläge zu bestimmen, umdiese unrealistische Bemessungsweise mit den Erfordernissen in Einklang zubringen. Rückblickend belegt eine Vielzahl von Beispielen, dass es sich dabeium ein wenig erfolgversprechendes Konzept handelte, weil allein durch empi-rische Beiwerte den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles wohl kaum an-gemessen Rechnung getragen werden kann.

Neuerdings erfährt diese Betrachtungsweise jedoch eine Wiederbelebung,indem dabei der dominante Einfluss der Kollektivform auf dem Weg einerSchädigungsakkumulations-Rechnung berücksichtigt wird,Abschn. 3.2.4 und3.2.10.

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1.1.4 Nachweis der Betriebsfestigkeit 13

1.1.4Nachweis der Betriebsfestigkeit

Um das Konzept der Betriebsfestigkeit praktisch umzusetzen, bieten sich, al-ternativ oder in zweckmäßiger Kombination, zwei Wege an:

– der Weg des experimentellen Betriebsfestigkeits-Nachweises, der vornehm-lich bei Bauteilen einer Serienfertigung, wie z.B. im Kraftfahrzeugbau, beiextremem Leichtbau, wie z.B. im Flugzeugbau, wie auch ganz allgemein beibesonderen Anforderungen an die Schwingbruchsicherheit oder zu einerletztgültigen Abklärung in wichtigen Einzelfällen beschritten wird, oder

– der Weg des rechnerischen Betriebsfestigkeits-Nachweises, der für Bauteileder Einzelfertigung, insbesondere für die großen und teuren Bauteile desSchwermaschinenbaus, der Anlagentechnik, des Brückenbaus usw., der ein-zig gangbare Weg ist, aber auch in der Konstruktionsphase derjenigen Bau-teile zumindest orientierend durchlaufen wird, für die anschließend ein ex-perimenteller Nachweis ansteht.

Dabei bestehen als Möglichkeiten, den rechnerischen Betriebsfestigkeits-Nachweis

– anhand von Nennspannungen, d.h. nach dem Nennspannungs-Konzept,– anhand von Strukturspannungen, d.h. nach dem Strukturspannungs-Kon-

zept,– anhand von Kerbspannungen, d.h. nach dem Kerbspannungs-Konzept,– anhand der elastisch-plastischen Kerbbeanspruchung, d.h. nach dem Kerb-

grund-Konzept, oder– anhand von Spannungsintensitätsfaktoren und Rissfortschrittsdaten nach

dem Bruchmechanik-Konzept

durchzuführen, Abschn. 3.1 bis 3.4 und insbesondere 3.1.7.Aus methodischer Sicht erfordert ein Betriebsfestigkeits-Nachweis, einerlei

ob er experimentell oder rechnerisch geführt werden soll, die in Tabelle 1.1–2in Form einer Leitlinie aufgelisteten Teilaufgaben abzuhandeln. Diese Teilauf-gaben werden in Kap. 4 ausführlich erörtert, nachdem in den Kap. 2 und 3 diezu ihrer Abhandlung relevanten Sachfragen und Vorgehensweisen klargelegtworden sind. Der bereits sachkundige Leser kann sich auch sogleich dem Kap. 4 zuwenden und im Bedarfsfall den Rückverweisen auf die Kap. 2 und 3nachgehen.

Aus den abzuhandelnden Teilaufgaben wird ersichtlich, dass sich der Be-triebsfestigkeits-Nachweis als eine fachlich anspruchsvolle Aufgabe erweist,zu deren Lösung die Arbeitsmethoden aus verschiedenen Fachgebieten einge-setzt werden. Beispielsweise sind gefragt: Methoden der Statik, der Dynamikund der Schwingungstechnik, Methoden der Festigkeitslehre und Beanspru-chungsanalyse, Methoden der Werkstofftechnik und der Werkstoffmechanik,speziell der Schwingfestigkeit, der Gestaltfestigkeit und der Schwingbruchme-chanik, Methoden der Statistik, der Qualitätssicherung und der Technischen

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14 1 Einführung und Übersicht

Tabelle 1.1–2. Abzuhandelnde Teilaufgaben im Konzept der Betriebsfestigkeit

Teilaufgabe 1:Ist über die Notwendigkeit eines Betriebsfestigkeits-Nachweises im Grundsatz befunden,so sind dazu als Anforderungen die nachzuweisende Lebensdauer bei bezifferter Ausfall-wahrscheinlichkeit für die gleichfalls vorzugebenden Betriebsbedingungen festzulegen.Sodann bleibt über die geeignete Vorgehensweise zu entscheiden.

Teilaufgabe 2:Im Einzelfall gilt es, mit hoher Verlässlichkeit alle schwingbruchgefährdeten Querschnitteder betrachteten Konstruktion zu erkennen.

Teilaufgabe 3:Für jeden schwingbruchkritischen Querschnitt sind die einwirkenden Betriebslasten nachGröße, Häufigkeit und Wirkungsrichtung zu bestimmen.

Teilaufgabe 4:Ausgehend von den einwirkenden Betriebslasten sind die im betreffenden Querschnitt er-zeugten Beanspruchungszustände in einer für die Schwingfestigkeit kennzeichnendenWeise zu errechnen.

Teilaufgabe 5:Für die so bezeichneten Beanspruchungsbedingungen, und abhängig von den vorliegen-den konstruktiven, werkstofflichen, fertigungstechnischen und umgebungsbestimmtenGegebenheiten, ist die ertragbare Beanspruchungshöhe zu ermitteln.

Teilaufgabe 6:Aus einer Betrachtung der verschiedenartigen Streueinflüsse gilt es, eine jeweils angemes-sene Sicherheitszahl für den Vergleich der einwirkenden und der ertragbaren Beanspru-chung abzuleiten.

Teilaufgabe 7:Der damit erstellbare Nachweis ist gemäß den Anforderungen zu beurteilen, sofern gefor-dert experimentell zu bestätigen, und erforderlichenfalls ist über Möglichkeiten einer Ver-besserung oder Optimierung zu befinden.

Teilaufgabe 8:Der erstellte Nachweis ist zu dokumentieren, die zu seiner Absicherung einzuhaltenden Be-dingungen sind in den Fertigungsunterlagen zu vermerken, notwendig erachtete Maßnah-men der Fertigungskontrolle oder einer späteren Überwachung im praktischen Betriebsind zu bezeichnen.

Zuverlässigkeit, Erfahrungen im beanspruchungsgerechten Konstruieren, so-wie unternehmerische und organisatorische Entscheidungen.

Insofern empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit der jeweiligen Fachleu-te, um die betreffenden Teillösungen ohne Schnittstellen-Problematik nachden speziellen Methoden der Betriebsfestigkeit zu der gewünschten Gesamt-lösung zu verknüpfen.

Allerdings können die Fragen der Betriebsfestigkeit wie auch die Verfahrenund Vorgehensweisen, die zu ihrer Behandlung im Rahmen des Konstruk-tionsprozesses zur Verfügung stehen, nicht allein aus technisch-wissenschaft-licher Sicht betrachtet werden. Durch das Einbeziehen von Gesichtspunkten

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1.2.1 Anliegen und Gliederung dieses Buches 15

einer Kosten-Nutzen-Analyse, Abschn. 4.4.1, wird die Vielschichtigkeit derProblematik und die sich daraus ergebende Verschiedenartigkeit des jeweilsoptimalen Lösungsweges erkennbar.

Das heißt mit anderen Worten, dass es auch kein universelles Lösungsver-fahren für Betriebsfestigkeits-Fragen geben kann. Mögen in einem Falle ex-treme Anforderungen an die Aussage-Genauigkeit des Lösungsverfahrens imVordergrund stehen, so mögen im anderen Fall nur einfache, kostengünstigeLösungsverfahren in Betracht kommen, selbst wenn die damit erzielbarenAussagen mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind und größere Sicherheits-zuschläge erforderlich machen.

Die in diesem Spektrum der Möglichkeiten zu treffende Auswahl des Lö-sungsweges muss schließlich auch noch den technisch wie betriebswirtschaft-lich nicht erfassbaren Gesichtspunkt des verbleibenden Risikos bewerten. Siewird damit zu einer unternehmerischen Entscheidung.

1.2Übersicht

1.2.1Anliegen und Gliederung dieses Buches

Anliegen dieses Buches ist es, die experimentellen Grundlagen der Betriebsfes-tigkeit nach heutigem Erkenntnisstand sowie erprobte und neuere Rechen-verfahren der Betriebsfestigkeit vor ihrem theoretischen Hintergrund und inihrer sachlichen Verknüpfung darzustellen. Dazu wird mit einer Erörterungder Teilaufgaben nach Tabelle 1.1–2 sowie mit Hinweisen auf die vorhandeneDatenbasis dargelegt, wie die bewährten Methoden der Betriebsfestigkeit inder Konstruktionspraxis für einen rechnerischen Betriebsfestigkeits-Nach-weis genutzt werden können.

Zu den einzelnen Verfahren, und insbesondere zu den Rechenverfahren derSchädigungsakkumulation, werden jeweils ausführliche Herleitungen undkritisch bewertende Stellungnahmen aufgrund eigener Erfahrung gegeben,um deutlich zu machen, unter welchen Voraussetzungen und mit welchemGrad der Verlässlichkeit sie anwendbar sind.

Zur Gliederung dieses darzubietenden Stoffes stehen verschiedene Möglich-keiten zur Wahl. Eine der Möglichkeiten wäre eine Gliederung im Sinne der ab-zuhandelnden Teilaufgaben nach Tabelle 1.1–2. Ihr augenscheinlicher Vorteilwürde aber nur bei rezeptartiger Beschränkung auf eine bestimmte Vorge-hensweise zutage treten.Wenn hingegen Lösungswege nach unterschiedlichemVerfahren aufzuzeigen beabsichtigt ist, kehrt sich dieser Vorteil in einen Nach-teil um, weil dann die sachbezogene Zuordnung nicht mehr offensichtlich ist,die zwischen den Verfahren zur Beschreibung der im Betrieb auftretenden Be-anspruchung und den davon ausgehenden Verfahren zur Bestimmung der er-tragbaren Beanspruchung besteht und die beachtet werden muss.

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16 1 Einführung und Übersicht

Aufgrund dieser Überlegungen fiel die Entscheidung zugunsten einer me-thodischen Gliederung. Bei ihr lässt sich die Art, in der die auftretende und dieertragbare Beanspruchung für die Belange eines Betriebsfestigkeits-Nachwei-ses zu ermitteln sind, als eine verfahrensbedingt untrennbare Einheit darstel-len und innerhalb des gleichen Abschnitts abhandeln.Der Leser wird unschwerdiese sachliche Gliederung erkennen, weil sie nicht nur einem leichteren Ver-ständnis, sondern auch einer anwendungsgerechten Zuordnung der Verfahrendienlich ist.

Davon unbeschadet dürften auch andersartige Leserinteressen dadurch be-rücksichtigt sein, dass die gewählte Gliederung durch zahlreiche Querver-weise und durch ein ausführliches Sachverzeichnis ergänzt ist.

Mit Kap. 2 werden zunächst die experimentellen Grundlagen der Betriebs-festigkeit aufgezeigt, wie sie sich in Verbindung mit Wöhler-Versuchen,Abschn. 2.1, mit Blockprogramm-Versuchen, Abschn. 2.2, mit Zufallslasten-Versuchen,Abschn. 2.3, oder mit Einzelfolgen-Versuchen,Abschn. 2.4, darstel-len. Daraus wird erkennbar, wie betriebliche Beanspruchungs-Zeit-Funktio-nen der unterschiedlichsten Art in ihrer auftretenden und in ihrer ertragbarenBeanspruchungshöhe zu kennzeichnen sind, und auf welche Art von Datensich ein rechnerischer Betriebsfestigkeits-Nachweis abstützen kann. Wie dieÜbertragbarkeit experimentell gewonnener Betriebsfestigkeitswerte einzu-schätzen ist, wird im Abschn. 2.5 dargelegt.

Die Ausführungen in Kap. 3 gelten den rechnerischen Verfahren der Be-triebsfestigkeit, die sich anbieten, um die Einflussgrößen der Gestaltfestigkeitbeim Abschätzen einer Bauteilwöhlerlinie zu berücksichtigen, Abschn. 3.1,um Schädigungsakkumulations-Rechnungen auf der Grundlage von Nenn-spannungen durchzuführen,Abschn. 3.2, um Einflüsse des Werkstoffs und derBauteilform bei der Schädigungsakkumulations-Rechnung über die elastisch-plastische Kerbgrundbeanspruchung zu erfassen,Abschn. 3.3, um die Lebens-dauer unter Rissfortschritt zu bestimmen, Abschn. 3.4, und um den statisti-schen Zusammenhang zwischen Sicherheitszahl und Ausfallwahrscheinlich-keit zu quantifizieren, Abschn. 3.5.

In Kap. 4 wird die praktische Umsetzung des Konzeptes der Betriebs-festigkeit abgehandelt. Die Teilaufgaben nach Tabelle 1.1–2 bieten dazu eineLeitlinie des sachgemäßen Vorgehens, Abschn. 4.1, wie auch eine Leitlinie bei der Suche nach Maßnahmen, um das Betriebsfestigkeits-Verhalten einesBauteils bei Bedarf zu verbessern, Abschn. 4.2. Betrieblich gilt es, den Betriebsfestigkeits-Nachweis in den Konstruktionsprozess einzubinden,Abschn. 4.3, und das nutzbringende Umsetzen von Erkenntnissen der Be-triebsfestigkeit durch geeignete Management-Entscheidungen zu unterstüt-zen, Abschn. 4.4.

Auf eine ausführliche Abhandlung zurückliegender Entwicklungen desheutigen Erkenntnisstandes wird verzichtet. Sachfragen werden nach verant-wortungsbewusster Einschätzung und nach persönlicher Erfahrung darge-stellt um zu vermeiden, dass widersprüchliche Ansichten und Befunde unbe-wertet nebeneinander stehen und den Leser verwirren.

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1.2.2 Begriffe und Formelzeichen 17

Mit Bedauern ist zu vermerken, dass der schon jetzt erreichte Umfang desBuches es nicht erlaubte, die Anwendung der dargestellten Verfahren auchnoch durch Beispiele zu veranschaulichen. Dass die wenigen, im Text oder inden Bildern enthaltenen Beispiele vorwiegend dem Kraftfahrzeugbau oderdem Flugzeugbau entstammen, ist damit begründet, dass sich die Entwicklungder Betriebsfestigkeit vornehmlich auf diesen Gebieten vollzog, und bedeutetkeine Einschränkung für die Anwendbarkeit der betreffenden Verfahren oderDaten auf anderen Fachgebieten.

Die Nutzung bestehender Möglichkeiten unterliegt unter Umständen derEinschränkung,dass neuere Rechenverfahren meist einen Rechnereinsatz undein entsprechendes Rechnerprogramm voraussetzen [51]. Mit dem Hinweisauf einschlägiges Schrifttum wird in solchen Fällen auf eine detaillierte Dar-stellung des Rechenganges verzichtet, da er mit dem Rechnerprogramm gege-ben ist.Abzuprüfen,ob ein vorhandenes oder angebotenes Rechnerprogrammden fachlichen Anforderungen genügt, bleibt Sache des Anwenders; auch da-bei mag dieses Buch von Nutzen sein.

1.2.2Begriffe und Formelzeichen

Allgemeine Begriffe der Schwingfestigkeit sind in DIN 50100 [32] genormt.Darüber hinaus haben sich gewisse Begriffe der Schwingfestigkeit mit einerfesten Bedeutung im Schrifttum eingeführt. Spezielle Begriffe der Betriebs-festigkeit definiert Gaßner im Lueger Lexikon der Technik [13]. Leider ist aberim technischen Sprachgebrauch eine stete Tendenz zur Verwässerung einmalgetroffener Begriffsbestimmungen zu vermerken.

Für die anzuwendenden Formelzeichen ist eine mehr als unbefriedigendeSituation zu verzeichnen. Derzeitige Festlegungen erlauben weder eine eindeu-tige Formelsprache, noch kommen sie heutigen Belangen der Textverarbeitungoder der Rechneranwendung entgegen. So vereinbart sich, um ein Beispiel zunennen, das neue Formelzeichen Rm für die Zugfestigkeit [40] nur schlecht mittraditionell und international üblichen Formelzeichen der Schwingfestigkeit.Dort gilt das Formelzeichen R für das Spannungsverhältnis, und der Index mist für den Begriff der Mittelspannung oder Mittellast reserviert.

Mit zahlreichen Zeichen aus dem griechischen Alphabet und vielfältigenIndizes sind aber auch die bisherigen Formelzeichen nicht gerade anwender-freundlich, wenn man an den Einsatz marktgängiger Textsysteme, an den Fotodruck maschinengeschriebener Texte oder an die Lesbarkeit von Rech-nerprogrammen denkt. Insofern ist es angezeigt, auf den Zeichenvorrat vonSchreibmaschinen und Textsystemen weitgehend Rücksicht zu nehmen undgriechische Buchstaben oder Indizes nur dort zu verwenden, wo es unver-meidbar ist.

Ein bekanntes Problem besteht auch bei der Bezeichnung der Kollektiv-Kennwerte, wo sich die Gaßner’sche Schreibweise mit Querstrich, z.B. S–a oderN–, mit der statistischen Kennzeichnung eines Durchschnittswertes, z.B. als x–,

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18 1 Einführung und Übersicht

überschneidet. Andererseits ist auch die mit DIN 15018 [41] eingeführteSchreibweise als Höchstwert, z.B. Sa oder N, insofern nicht glücklich, als derKollektiv-Höchstwert nicht unbedingt ein Beanspruchungs-Höchstwert imeigentlichen Sinne des Begriffs sein muss. In Abwägung verschiedener Alter-nativen soll hier an der Gaßner’schen Schreibweise mit Querstrich festgehal-ten werden.

Als eine Entscheidung, die sicherlich nicht nur der schreibtechnischen Ver-einfachung, sondern auch der sachlichen Klarheit dient, muss dem Leser auf-fallen, dass die Formelzeichen s und e nur für die wahren Spannungen undDehnungen verwendet werden. Demgegenüber werden die vereinfachend be-rechneten Nennspannungen und Nenndehnungen nicht durch den Index n,sondern der angelsächsischen Schreibweise folgend, mit den Formelzeichen Sund e bezeichnet. Bei den Schubspannungen wird entsprechend zwischen tund T unterschieden.

Sicherlich trüge es ebenso zu einer klaren Darstellung bei,wenn auch Kenn-werte der Beanspruchung und Kennwerte der Beanspruchbarkeit mit deutlichunterscheidbaren Formelzeichen belegt wären. Nach dem derzeitigen Standder Normung erscheint es allerdings nicht vertretbar, die neuen Formelzei-chen Rm,Rp0,2 oder Re für die Kennwerte aus Zugversuchen,DIN EN 10002 [40],dahingehend fortzuschreiben, dass nun auch die Kennwerte der Schwingfes-tigkeit mit dem Formelzeichen R, z.B. Rw für die Wechselfestigkeit des glattenProbestabs, bedacht sind: Die wünschenswerte Unterscheidung von wahrenSpannungen s und Nennspannungen S wäre auf Seiten der Beanspruchbarkeitalleine mit dem Formelzeichen R nicht durchzuhalten. Auch gilt das Formel-zeichen R schon nicht mehr für die aus Kennwerten des Zugversuchs er-mittelten zulässigen Spannungen. Die ertragbaren und die zulässigen Span-nungen der Betriebsfestigkeit sind zudem keine aus genormten Versuchen ge-wonnenen Kennwerte, sondern vielmehr Spannungswerte in funktionaler Ab-hängigkeit vom Beanspruchungskollektiv,von der Lebensdauerforderung undvon der Ausfallwahrscheinlichkeit. Es wird deshalb an der in der Schwingfes-tigkeit üblichen Bezeichnung für die ausgezeichneten Werte der Beanspruch-barkeit festgehalten, wonach diese als Index einen Großbuchstaben haben,z.B. sW [39]. Ertragbare oder zulässige Spannungen werden hingegen, wo esdie Formelschreibung erfordert, durch den Vorsatz „ertr“ oder „zul“ unter-schieden, z.B. zul Sa = ertr Sa/jS .

Schließlich wird die maximal ertragbare Nennspannung eines Bauteilquer-schnitts als „Formfestigkeit“ mit dem Formelzeichen SM belegt, wobei die spe-zielle Wertzuweisung für SM je nach dem betrachteten Bauteilquerschnitt mitder Zugfestigkeit, mit der Kerbzugfestigkeit [26] oder mit der Spannung ander Traglastgrenze [42] erfolgt. Entsprechend wird die ertragbare Nennspan-nung an der Verformungsgrenze als „Formdehngrenze“ mit SF bezeichnet, wo-bei die spezielle Wertzuweisung mit der Dehn- oder Streckgrenzenspannungoder mit der Formdehngrenzenspannung [26] geschieht.

Es liegt also nicht in der Absicht dieses Buches, einen Vorschlag zu unter-breiten, der in Fragen der Begriffsbestimmung und der Festlegung von For-