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Bremerhaven ist ein Innovationsstandort erster Güte. Die Beschäftigungsentwicklung in For- schung und Entwicklung ist seit 2007 besonders hoch, in den Dynamikrankings der letzten Jahre rangiert Bremerhaven ganz oben. Das renommierte Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung mit ca. 800 Mitar- beiterInnen wächst kontinuierlich. Seine Exper- tise in der Klima- und Meeresforschung ist inter- national gefragt. Die Hochschule Bremerhaven mit 3.200 Studierenden forscht und bildet von Beginn an wirtschaftsnah aus. Mit Unterstützung des Landes Bremen und der Stadt Bremerhaven konnten in den letzten 10 Jahren bedeutende Wissenschaftseinrichtungen und innovative Unternehmen in Bremerhaven angesiedelt wer- den; u.a. das Fraunhofer-Institut für Windener- gie und Energiesystemtechnik (IWES) mit rund 150 Beschäftigten in Bremerhaven. Zusätzlich zur einzigartigen Infrastruktur entsteht derzeit ein Testfeld für Offshore-Anlagen. Die Thünen- Institute für Seefischerei und Fischereiökologie werden 2018 den Umzug nach Bremerhaven vollzogen haben. Und Ende des letzten Jahres fiel die Entscheidung für die Ansiedlung des DLR- Instituts für Maritime Sicherheit in Bremerhaven. Die Innovationskraft Bremerhavens zu stärken ist Herausforderung und Ansporn zugleich. Daran möchten wir auch in Zukunft mit Ihnen gemeinsam weiterarbeiten. Ihr Nils Schnorrenberger Geschäftsführer der BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven Einstieg Die Wirtschaftsförderung Bremerhaven informiert. Nr. 19 • Februar 2017 Bremerhaven setzt neue Maßstäbe Das Fraunhofer IWES errichtet dank Bundesförderung die derzeit größte Windenergieanlage der Welt. Kernstück ist der in Bremerhaven entwickelte 8-MW-Prototyp der Adwen AD 8-180. Schon auf Bodenhöhe lässt sich erahnen, was für ein Gigant hier bis zum Frühjahr 2017 in die Höhe wachsen wird. 51 Betonpfähle verankern die Plattform für den Offshore-Pro- totypen Adwen AD 8-180 mehr als 20 Meter tief im Erdboden im Bereich des westlichen Fischereihafens Bremerhaven. „Dies wird die größte rotierende Maschine, die die Mensch- heit je gebaut hat“, veranschaulicht IWES-Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Andreas Reuter. Mehr als 200 Meter hoch wird die Windenergieanlage wer- den: 115 Meter misst der Turm, der Rotor bringt es mit zwei 88-Meter-Blättern auf einen Durchmesser von insgesamt 180 Metern – durch diesen Kreis könnten zwei Airbus A380 neben- einander fliegen. Die Rekordleistung von 8 Megawatt übertrifft die Anlagen, die sich bisher auf hoher See drehen, um fast das Doppelte. Zum Ende Juni 2016 lag laut der offiziellen Statistik der Deutschen WindGuard GmbH die Leistung aller 835 einspei- senden Offshore-Windenergieanlagen in Deutschland durch- schnittlich bei 4,254 MW. Der Prototyp der AD 8-180 wird wie in der Branche üblich seine „Trockenübung“ an Land bestreiten. Dazu wird eigens ein neues Offshore-Testfeld des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) auf dem ehemaligen Flugplatz- gelände und damit in Sichtweite des Gondelprüfstandes errich- tet – ein Glücksfall für die Wissenschaftler: So lässt sich die An- bindung der Adwen-Turbine an die bestehende Infrastruktur des IWES unkompliziert umsetzen. Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen auf den bestehenden Prüfständen für Rotorblätter und Gondeln können nun systema- tisch mit den Messungen im Feld verglichen und die Testproze- duren entsprechend verbessert werden. „Mit dem Testfeld und der Forschungsanlage steht dem IWES eine weltweit einmalige Infrastruktur zur Verfügung, mit der grundlegende Fragestel- lungen im Bereich der Zuverlässigkeit und der Netzintegration bearbeitet und wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Optimie- rung von großen Turbinen gewonnen werden können“, erläutert IWES-Institutsleiter Reuter. Ähnlich wie beim Offshore-Forschungswindpark alpha ventus wird das Offshore-Testfeld zukünftig auch für weitere Partner als Forschungsplattform zur Verfügung stehen, aber primärer Kooperationspartner wird die Adwen GmbH sein, mit der das IWES bereits seit mehreren Monaten an dem Prototypen forscht. „Wir konnten bereits im IWES Gondelprüfstand intensiv unsere Technologie validieren und uns von der Leistungsfähigkeit und Zu- verlässigkeit der Anlage überzeugen. So können wir mit minima- lem Risiko wettbewerbsfähige Technologien entwickeln. Dies ist essentiell, wenn wir weiter die Energiegestehungskosten von Off- shore-Windenergie verringern wollen“, erklärt Adwen-Geschäfts- führer Luis Álvarez. Als marktreife Anlage werde die AD 8-180 schon durch ihre hohe Leistung zur Kostensenkung beitragen. Die Argumente überzeugten auch im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das mit rund 18,5 Millionen Euro den Aufbau des IWES Testfelds und den Erwerb des Prototyps durch das IWES fördert. „Forschung und Entwicklung sind der Schlüs- sel, um die Kosten für den Ausbau der Offshore-Windenergie weiter zu senken“, begründet der parlamentarische Staatsse- kretär Uwe Beckmeyer (SPD) die Entscheidung. „Damit leisten wir einen Beitrag zur Stärkung der Offshore-Windenergie als wichtige Säule der Energiewende.“ Mehr über das Offshore-Innovationszentrum Bremerhaven lesen Sie auf den Seiten 4 und 5. www.offshore-windport.de Dies wird die größte rotierende Maschine, die die Menschheit je gebaut hat. Prof. Dr.-Ing. Andreas Reuter, Leiter des Fraunhofer IWES Foto: © Adwen Häfen und Logistik Maritime Wirtschaft Windenergiewirtschaft Im Fokus: Offshore- Innovationszentrum Wissenschaft Tourismus Green Economy Kreativwirtschaft Fisch- und Lebensmittelwirtschaft

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Page 1: Foto: © Adwen Bremerhaven setzt neue Maßstäbe … · Metern – durch diesen Kreis könnten zwei Airbus A380 neben-einander fliegen. Die Rekordleistung von 8 Megawatt übertrifft

Bremerhaven ist ein Innovationsstandort erster Güte. Die Beschäftigungsentwicklung in For-schung und Entwicklung ist seit 2007 besonders hoch, in den Dynamikrankings der letzten Jahre rangiert Bremerhaven ganz oben.

Das renommierte Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung mit ca. 800 Mitar-beiterInnen wächst kontinuierlich. Seine Exper-tise in der Klima- und Meeresforschung ist inter-national gefragt. Die Hochschule Bremerhaven mit 3.200 Studierenden forscht und bildet von Beginn an wirtschaftsnah aus. Mit Unterstützung des Landes Bremen und der Stadt Bremerhaven konnten in den letzten 10 Jahren bedeutende Wissenschaftseinrichtungen und innovative Unternehmen in Bremerhaven angesiedelt wer-den; u.a. das Fraunhofer-Institut für Windener-gie und Energiesystemtechnik (IWES) mit rund 150 Beschäftigten in Bremerhaven. Zusätzlich zur einzigartigen Infrastruktur entsteht derzeit ein Testfeld für Offshore-Anlagen. Die Thünen-Institute für Seefischerei und Fischereiökologie werden 2018 den Umzug nach Bremerhaven vollzogen haben. Und Ende des letzten Jahres fiel die Entscheidung für die Ansiedlung des DLR- Instituts für Maritime Sicherheit in Bremerhaven. Die Innovationskraft Bremerhavens zu stärken ist Herausforderung und Ansporn zugleich. Daran möchten wir auch in Zukunft mit Ihnen gemeinsam weiterarbeiten.

Ihr Nils SchnorrenbergerGeschäftsführer der BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven

Einstieg

Die Wirtschaftsförderung Bremerhaven informiert. Nr. 19 • Februar 2017

Bremerhaven setzt neue MaßstäbeDas Fraunhofer IWES errichtet dank Bundesförderung die derzeit größte Windenergieanlage der Welt. Kernstück ist der in Bremerhaven entwickelte 8-MW-Prototyp der Adwen AD 8-180.

Schon auf Bodenhöhe lässt sich erahnen, was für ein Gigant hier bis zum Frühjahr 2017 in die Höhe wachsen wird. 51 Betonpfähle verankern die Plattform für den Offshore-Pro-totypen Adwen AD 8-180 mehr als 20 Meter tief im Erdboden im Bereich des westlichen Fischereihafens Bremerhaven. „Dies wird die größte rotierende Maschine, die die Mensch-heit je gebaut hat“, veranschaulicht IWES-Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Andreas Reuter.

Mehr als 200 Meter hoch wird die Windenergieanlage wer-den: 115 Meter misst der Turm, der Rotor bringt es mit zwei 88-Meter-Blättern auf einen Durchmesser von insgesamt 180 Metern – durch diesen Kreis könnten zwei Airbus A380 neben-einander fliegen. Die Rekordleistung von 8 Megawatt übertrifft die Anlagen, die sich bisher auf hoher See drehen, um fast das Doppelte. Zum Ende Juni 2016 lag laut der offiziellen Statistik der Deutschen WindGuard GmbH die Leistung aller 835 einspei-senden Offshore-Windenergieanlagen in Deutschland durch-schnittlich bei 4,254 MW.

Der Prototyp der AD 8-180 wird wie in der Branche üblich seine „Trockenübung“ an Land bestreiten. Dazu wird eigens ein neues Offshore-Testfeld des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) auf dem ehemaligen Flugplatz-gelände und damit in Sichtweite des Gondelprüfstandes errich-tet – ein Glücksfall für die Wissenschaftler: So lässt sich die An-bindung der Adwen-Turbine an die bestehende Infrastruktur des IWES unkompliziert umsetzen.

Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen auf den bestehenden Prüfständen für Rotorblätter und Gondeln können nun systema-

tisch mit den Messungen im Feld verglichen und die Testproze-duren entsprechend verbessert werden. „Mit dem Testfeld und der Forschungsanlage steht dem IWES eine weltweit einmalige Infrastruktur zur Verfügung, mit der grundlegende Fragestel-lungen im Bereich der Zuverlässigkeit und der Netzintegration bearbeitet und wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Optimie-rung von großen Turbinen gewonnen werden können“, erläutert IWES-Institutsleiter Reuter.

Ähnlich wie beim Offshore-Forschungswindpark alpha ventus wird das Offshore-Testfeld zukünftig auch für weitere Partner als Forschungsplattform zur Verfügung stehen, aber primärer Kooperationspartner wird die Adwen GmbH sein, mit der das IWES bereits seit mehreren Monaten an dem Prototypen forscht.

„Wir konnten bereits im IWES Gondelprüfstand intensiv unsere Technologie validieren und uns von der Leistungsfähigkeit und Zu-verlässigkeit der Anlage überzeugen. So können wir mit minima-lem Risiko wettbewerbsfähige Technologien entwickeln. Dies ist essentiell, wenn wir weiter die Energiegestehungskosten von Off-shore-Windenergie verringern wollen“, erklärt Adwen-Geschäfts-führer Luis Álvarez. Als marktreife Anlage werde die AD 8-180 schon durch ihre hohe Leistung zur Kostensenkung beitragen.

Die Argumente überzeugten auch im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das mit rund 18,5 Millionen Euro den Aufbau des IWES Testfelds und den Erwerb des Prototyps durch das IWES fördert. „Forschung und Entwicklung sind der Schlüs-sel, um die Kosten für den Ausbau der Offshore-Windenergie weiter zu senken“, begründet der parlamentarische Staatsse-kretär Uwe Beckmeyer (SPD) die Entscheidung. „Damit leisten wir einen Beitrag zur Stärkung der Offshore-Windenergie als wichtige Säule der Energiewende.“

Mehr über das Offshore-Innovationszentrum Bremerhaven lesen Sie auf den Seiten 4 und 5. www.offshore-windport.de

Dies wird die größte rotierende Maschine, die die Menschheit je gebaut hat.Prof. Dr.-Ing. Andreas Reuter, Leiter des Fraunhofer IWES

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Häfen und Logistik

Maritime Wirtschaft

Windenergiewirtschaft

Im Fokus: Offshore-Innovationszentrum

Wissenschaft

Tourismus

Green Economy

Kreativwirtschaft

Fisch- und Lebensmittelwirtschaft

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#nachgefragt

Die Talsohle haben wir durchschrittenDr. Gerd Kraus, Leiter des Thünen-Instituts für Seefischerei

Einst war Bremerhaven der Heimathafen einer bedeuten-den deutschen Fischereiflotte, der hiesige Fischereihafen der größte seiner Art auf Europas Festland. Heute, nach einem drastischen Strukturwandel in der Fischerei, ist der Hafen ein Cluster aus leistungsfähigen Unternehmen der Fisch- und Lebensmittelwirtschaft und ein Forschungs-standort, der künftig durch zwei Thünen-Institute ver-stärkt wird. Mit Dr. Gerd Kraus, Leiter des Thünen-Instituts für Seefischerei, sprach BIS aktuell über die Zukunft der Fischerei und Herausforderungen der Branche.

Sind die Meere bald leergefischt? Oder müssen wir uns in der Hinsicht keine Sorgen machen?

Im Moment sieht es so aus, als ob wir das Problem der Überfischung langsam aber sicher in den Griff bekom-men. Viele Bestände, gerade bei uns in Europa, haben sich deutlich erholt. Das soll aber nicht heißen, dass wir uns keine Sorgen machen müssten. Wenn wir uns jetzt zurücklehnen und den Dingen ihren freien Lauf lassen würden, könnte sich der Trend ganz schnell wieder um-kehren.

Wem oder was haben wir die gute Entwicklung zu verdanken?

Unter anderem guter Wissenschaft und gutem Ma-nagement. Seit 2002 haben wir in der europäischen Fischereipolitik das Prinzip des maximalen Dauer-ertrags verankert. Man schöpft also nur das ab, was man auf lange Sicht aus dem Ökosystem entnehmen kann, ohne die natürliche Produktivität der Bestände zu gefährden. Das ist das oberste Managementziel, und daran wird sich auch mehr und mehr gehalten. Dazu kommt, dass wir für viele der großen Fischbestände langfristige Managementpläne implementiert haben, die kurzfristige Wünsche und Begehrlichkeiten aus-bremsen.

Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Fische und die Fischerei aus?

Global betrachtet wird es sich negativ auf die Fischerei-wirtschaft auswirken. Die Ozeane werden wärmer und durch die vermehrte Aufnahme von CO

2 kommt es auch

zu einer Versäuerung der Meere. Es gibt aber regionale Unterschiede. In den gemäßigten Breiten und der Ark-tis, also auch in unseren Gewässern, könnten wir den Prognosen zufolge sogar vom Klimawandel profitieren, da Artenvielfalt und Fangpotenzial hier zunehmen.

Mit dem Thünen-Institut für See fischerei liefern Sie wissenschaftliche Daten als Grundlagen für Politik und Wirtschaft. Wie schaffen Sie es, die kompletten Bestände in Nordsee und Nord atlantik im Auge zu behalten?

Das ist tatsächlich nicht ganz so einfach, denn das Meer ist groß, dreidimensional und man kann nicht reingucken. Daher müssen wir mit kleinen Stichproben arbeiten und bedienen uns zusätzlich der kommerziel-len Fischerei, die mit ihren Fängen für uns ein sehr großflächiges Sammelprogramm fährt. Wir analysieren, wie die Fänge und Proben zusammengesetzt sind. Dann benutzen wir ähnlich wie die Bevölkerungsforscher beim Menschen demographische Modelle. Anhand von Daten wie Altersstruktur, Nachwuchs- und Sterblich-keitsraten der Fische aus verschiedenen Datenquellen prognostizieren wir die künftige Entwicklung der Be-stände und des Ökosystems.

Aquakulturen liegen im Trend. Essen wir bald nur noch gezüchtete Fische?

Global gesehen hat die Aquakultur die Fangfischerei eingeholt, beide sind heute in etwa gleichauf. Und da der Fischmarkt globalisiert ist, kommt auch bei uns immer mehr Fisch aus Aquakultur in die Verarbeitung. Was die Produktion von Zuchtfischen anbelangt, hinken

wir in Europa der globalen Entwicklung aber weit hinter-her. Aufgrund der sehr strengen Umweltauflagen ist es praktisch nicht möglich, innerhalb der EU und beson-ders in Deutschland, neue Aquakulturen aufzubauen. Durch diesen sehr starken regulatorischen Deckel wer-den die Chancen und Potenziale bei uns ausgebremst.

Lassen sich Umweltschutz und Aquakulturen nicht unter einen Hut bringen?

In der Forschung denkt man gerade über eine inte-grierte multitrophische Aquakultur nach. Dabei wird versucht, die Exkremente und Emissionen, die von der Fischzucht an die Umwelt abgegeben werden, durch Algen und niedere trophische Tiere wie Muscheln auf-zunehmen und abzubauen, so dass man insgesamt auf eine ausgeglichene Umweltbilanz kommt. Das könnte in Europa und Deutschland auf lange Sicht ein vielver-sprechender Weg sein.

In Bremerhaven war die Fischerei mal ein bedeutender Wirtschaftsfaktor – Vergangenheitsform. Welche Rolle spielt die Fischerei als Wirtschaftsbranche heute noch?

In Deutschland hat sie gesamtwirtschaftlich gesehen kaum noch eine Bedeutung. Sie spielt eine regionale, – man kann fast schon sagen – museale Rolle. Die Küs-tenfischerei in den kleinen Häfen an der Küste ist auch nur lokal bedeutsam, vor allem aber für die Attraktivi-tät als touristische Standorte. Die deutsche Hochsee-fischerei ist derzeit noch mit sieben Schiffen weltweit unterwegs. Sie arbeitet zwar sehr profitabel – ist im Vergleich zu anderen Ländern Europas und der Welt aber sehr übersichtlich.

Wird sich daran Ihrer Einschätzung nach noch einmal etwas ändern?

Das Fischereimanagement hat bereits dazu beige-tragen, dass die Fischer mehr Sicherheit bekommen, weil sie einfach verlässlichere Fangoptionen haben. Wenn man noch weiter in die Zukunft denkt und sich Szenarien für die weltweite Bevölkerungsentwicklung anschaut, wird sich global das Proteinversorgungspro-blem verstärken. In Europa ist der Eigenversorgungs-grad mit aquatischen Lebensmitteln noch recht gering. Daher könnte die Fischerei ein Baustein in einer euro-päischen Ernährungsstrategie sein, und müsste es in meinen Augen auch sein. Darum schätze ich die Zu-kunft der Fischerei eher positiv ein – die Talsohle haben wir auf jeden Fall schon durchschritten.

Thünen-Institute kommen nach Bremerhaven

Der Umzug der Thünen-Institute für Seefischerei und für Fischereiökologie nach Bremerhaven liegt gut im Zeitplan. Die Übergabe des Gebäudes ist nun für Au-gust 2017 terminiert. Danach beginnt die Einrichtung der Labore und experimentellen Einheiten. „Für die-sen Prozess haben wir uns knapp ein Jahr verordnet“, erläutert Dr. Gerd Kraus, Leiter des Thünen-Instituts für Seefischerei. „Wir werden im Mai 2018 in Ham-burg die Türen zuschließen und mit der kompletten Mannschaft in Bremerhaven sein.“ Von den rund 150 Mitarbeitern machen laut Dr. Kraus mehr als 90 Pro-zent den Umzug mit. „Nach anfänglichem Zögern haben wir einen erstaunlich hohen Anteil der Mitar-beiter überzeugen können, dass Bremerhaven Chan-cen bietet und wir hier sehr gute Arbeitsbedingungen haben werden.“ www.thuenen.de

Hintergrund

Die Wirtschaftsförderung Bremerhaven informiert.Nr. 19 • Februar 2017

In bester Nachbarschaft: Der Neubau der Thünen-Institute für Seefischerei und Fischereiökologie entsteht in erster Reihe am Fischereihafen I. Zukünftig können

Forschungsschiffe wie die „Walther Herwig III“, das Flaggschiff der deutschen Fischereiforschung, direkt am Institutsgelände festmachen. Foto: Wagner

Dr. Gerd Kraus. Foto: Thünen-Institut

Fisch- und Lebensmittelwirtschaft

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mh2 offshore GmbH verknüpft Stahlbau, Schweißtechnik und Industriekletterei

Mitten in der Ostsee, etwa 32 Kilometer nördlich von Rügen, steht – umringt von achtzig Windrädern – die Umspannplattform des Offshore-Windparks Baltic 2. Und dort, an der Unterseite dieses strahlend gelben Kolosses klettern zwei Männer. Mehrere Meter über den Wellen der Ostsee installieren sie Regenleitungen – ein ganz normaler Einsatz für das Team von mh2 offshore aus Bremerhaven.

So schwindelerregend diese Klettereinlage auf Außenstehen-de auch wirken mag, Abenteurer sind hier nicht am Werke. „Sicherheit ist unser A und O“, betont Markus Hummel, einer der drei Gründer von mh2 offshore. Das 15-köpfige Team aus Facharbeitern und Ingenieuren vereint Kenntnisse in Stahlbau und Schweißtechnik mit langjähriger Offshore-Erfahrung, ein Großteil von ihnen ist als Industriekletterer ausgebildet. Hum-mel erläutert: „Wir bedienen uns der Seilzugangstechnik, um Wartungen, Inspektionen und Reparaturen auch an schwer zugänglichen Stellen ausführen zu können.“ Und davon haben Windenergie-Anlagen auf hoher See ja einige zu bieten.

Die Gründungsgeschichte von mh2 offshore mutet ebenso spannend an wie die Offshore-Kletterei. Zusammengewach-sen ist das eingeschworene Team bei WeserWind, genauer bei der Servicesparte des Offshore-Stahlbauers, deren Leitung Markus Hummel bis zuletzt innehatte. Im Januar 2015 dann der Schock: WeserWind ist insolvent. Doch die Abteilung für Offshore-Services arbeitete profitabel und hatte Kunden, die auch weiterhin diese Dienste benötigen würden. Markus Hummel, René von der Hellen und Jens Metzen definierten die Notlage als Chance und entschlossen sich zur Gründung. Um die neuen alten Kunden zu gewinnen, gab es aber einen kleinen Haken: „Innerhalb von sechs Wochen mussten wir gegründet und einsatzfähig sein“, erzählt Hummel. Sechs Wochen um einen Businessplan zu erstellen, die Finanzierung

über Bremer Aufbau-Bank und Weser-Elbe-Sparkasse auf die Beine zu stellen, Büroräume zu beziehen, die GmbH ins Han-delsregister einzutragen, Verträge auszuhandeln und und und. „Es war ein Rennen gegen die Zeit, das wir ohne die Hilfe der Wirtschaftsförderer von der BIS kaum hätten gewinnen kön-nen“, meint der Geschäftsführer. Am 1. April 2015 nimmt die mh2 offshore GmbH mit Firmensitz im Technologiezentrum t.i.m.e.Port III offiziell die Geschäftstätigkeit auf – rechtzeitig für die alten neuen Kunden. Es erwarteten die junge Firma seitdem erste Monate, die Hummel einfach nur „bombas-tisch“ nennt: „Von Tag 0 an waren wir voll ausgelastet.“ Nach und nach kamen immer mehr ehemalige WeserWind-Kollegen an Bord.

Auch in die Zukunft blickt Hummel angesichts von derzeit rund 900 Anlagen in deutschen Gewässern optimistisch. „Die meisten Offshore-Windenergieanlagen sind heute für eine Be-triebsdauer von 25 Jahren zertifiziert“, führt er aus. Und jähr-lich müssten mindestens 25 Prozent der Anlagen eines Wind-parks auf Sicht inspiziert werden. „An Arbeit wird es uns nicht mangeln“, ist Hummel sicher, zumal die Erfahrung eines ein-gespielten Teams in der Branche einen immer höheren Stel-lenwert genieße. Und diese Erfahrung konnten die Schweißer, Stahlbauer und Industriekletterer von mh2 offshore nun schon mehrfach unter Beweis stellen – nicht nur in der Ostsee, 32 Kilometer nördlich von Rügen. www.mhquadrat.de

#angelegt

Winde, Seile, Windeseile

Wer im Supermarkt bei Fisch oder Feinkost auf Nährwertangaben, Haltbarkeit und Qualität vertraut, aber auch wer bedenkenlos Wasser aus der Leitung trinkt, kommt mit der Arbeit der Labor IBEN GmbH in Bremerhaven in Berührung. „Verbraucher erwarten eine hohe Sicherheit ihrer Lebensmittel und Umwelt“, weiß Dr. rer. nat. Erwin Schuirmann, der seit 2011 den Gründer Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Iben in der Geschäftsführung unterstützt. Diese Sicherheit liefert die Labor IBEN GmbH als privates, akkreditiertes Prüflabor für Lebensmittel- und Umweltproben. Spezialisiert auf Fisch- und Feinkost werden mehrere Tausend Proben pro Monat physikalisch und chemisch untersucht, sensorisch geprüft, mikrobiologisch analysiert, auf Rückstände und Kontaminanten getestet oder einer DNA-Analyse unterzogen.

Das wachsende Bedürfnis nach Sicherheit zeigt sich auch im Wachstum der 1980 gegründeten GmbH. Mit 20 Mitarbeitern zog die Firma 2000 in einen Neubau am Lunedeich. Nach einer ers-ten Erweiterung im Jahr 2007 sind es nun schon 70 Mitarbeiter, die bei der Labor IBEN GmbH Analysen und Beratung und bei der IBEN Mikro Stop GmbH Lebensmitteloptimierung anbieten.

300 Quadratmeter zusätzlicher Büro- und Laborflächen sowie eine neue Versuchsküche konnte die Firma durch die Aufstockung des hinteren Gebäudeteils schaffen. Diese Investition wurde durch die BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH aus Mitteln des Bundes und des Landes Bremen gefördert.

Es ist ein weiteres Bekenntnis zum Standort Bremerhaven. „Wir arbeiten für die Lebensmittel-produzenten, aber auch für deren Kunden wie große Handelsketten“, erläutert Dr. Schuirmann. Auch wenn der Kundenkreis sich inzwischen bis ins Ausland erstrecke, so sei Bremerhaven doch „nach wie vor ein Zentrum für Fisch und Feinkost“. www.labor-iben.de

#erste_adresse

… Kontrolle ist besserLabor IBEN GmbH vergrößert Labor- und Büroflächen

Die Wirtschaftsförderung Bremerhaven informiert.Nr. 19 • Februar 2017

Fisch- und Lebensmittelwirtschaft

Windenergiewirtschaft

Ein eingespieltes Team: René von der Hellen, Jens Metzen und Markus Hummel (von links nach rechts) haben die mh2 offshore GmbH

gemeinsam gegründet. Foto: mh2 offshore GmbH

Pro Monat werden im Labor IBEN mehrere Tausend Proben von Fisch- und Feinkost untersucht. Foto: Labor IBEN GmbH

Inspektionen an schwer zugänglichen Stellen wie die Beine oder Unterseiten

von Offshore-Plattformen sind für die Industriekletterer kein Problem.

Foto: mh2 offshore GmbH

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#schwerpunkt

Hier dreht sich alles um die Offshore-ZukunftDie hohe Kompetenz in der Forschung und Entwicklung der Offshore-Windenergie macht Bremerhaven zum erstklassigen Offshore-Innovationszentrum. Die einzigartige Wissenschaftsinfrastruktur erweist sich als Motor für Wachstum und Innovation.

Auf hoher See weht der Wind stark und er weht beständig. Nordwestlich von der Insel Borkum, 40 Kilometer entfernt von der Nordseeküste, erzeugen seit 2010 zwölf Offshore Wind-kraftanlagen im Windpark „alpha ventus“ Strom aus Wind-energie. Jede einzelne der 5-Megawatt-Anlagen könnte rund 5.000 Haushalte mit Strom versorgen. „alpha ventus“ ist der erste deutsche Offshore-Windpark. Die Anlagen von Multibrid (heute Adwen) und der Firma Senvion wurden in Bremerhaven entwickelt und gebaut.

Die Stadt Bremerhaven und ihre Wirtschaftsförderungsge-sellschaft BIS haben schon Anfang der 2000er-Jahre erkannt, dass die Windkraft auf See eine tragende Säule nachhaltiger Energieversorgung sein würde – lange bevor der Begriff Ener-giewende überhaupt geläufig wurde und knapp zehn Jahre vor der offiziellen Einweihung von „alpha ventus“. „Weil die Offshore-Windenergie so jung ist, hatte und hat sie einen hohen Bedarf an Forschung und Entwicklungsarbeit“, sagt BIS-Geschäftsführer Nils Schnorrenberger. Eine Forschungs-infrastruktur sei darum von Beginn an ein Teil der Offshore-Strategie in Bremerhaven gewesen. „Parallel zur Ausweisung von Teststandorten für Prototypen und Firmenansiedlungen entlang der gesamten Offshore-Wertschöpfungskette haben wir seit damals eine enorme Wissenschaftskompetenz in die-sem Bereich in Bremerhaven versammelt“, erläutert Schnor-renberger. „Hier wurde und wird die technologische Entwick-lung der Branche entscheidend geprägt.“

Der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung ist das Offshore-Testfeld mit dem leistungsstärksten Windrad-Prototypen der Welt (siehe Bericht auf Seite 1). Hier forscht das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES),

einer der Grundpfeiler des Offshore-Innovationszentrums Bremerhaven. 2009 wurde es als Institut offiziell gegründet, Vorläufer war aber schon einige Jahre früher das Fraunhofer-Center für Windenergie und Meerestechnik (CWMT). Über die Jahre hat das IWES in Bremerhaven eine umfangreiche und nach eigenen Angaben „weltweit einmalige“ Prüfinfrastruktur aufgebaut.

Einer der frühesten Bestandteile war das Rotorblatt-Testzent-rum in Bremerhaven mit zwei parallel betriebenen Einspann-vorrichtungen für Rotorblätter bis 90 Meter Länge. Im Okto-ber 2015 weitete das IWES sein Angebot mit dem „Dynamic Nacelle Testing Laboratory“ (DyNaLab) aus. Dank einer An-triebsleistung von 10 MW und einem entsprechenden Netzsi-mulator mit der Versorgungskapazität einer Kleinstadt ist der

Gondelprüfstand auf Windenergieanlagen der nächsten Gene-ration ausgelegt. Über Monate wurde hier gemeinsam mit der Adwen GmbH in Bremerhaven jene 8-MW-Anlage getestet, die bald auf dem Offshore-Testfeld stehen wird. „Wir haben uns als Institut vom Kleinen zu immer größeren Bestandteilen vor-gearbeitet“, blickte IWES-Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Andreas Reuter zurück, als er den Förderbescheid des Bundes für die Testanlage entgegennahm. Getreu des Geschäftsmodells der Fraunhofer-Gesellschaft sieht sich das IWES dabei als Dienst-leister der Industrie, als Entwicklungspartner auf Augenhöhe.

„Das Ziel ist natürlich, die Energiegestehungskosten zu sen-ken“, verdeutlichte Reuter. „Die Offshore-Windenergie steht immer noch unter dem Generalverdacht, zu teuer zu sein. Das stimmt so pauschal längst nicht mehr. Die Dynamik der Kostenoptimierungen ist gewaltig, genauso wie die Technolo-gieentwicklung dahinter.“ Die Chancen sind enorm, ist auch Nils Schnorrenberger überzeugt. „Wenn es gelingt, die Kosten für Offshore-Windenergie dank effizienterer Technologien und Prozesse zu minimieren, kann die Branche ihre unbestreitba-ren Vorteile voll ausspielen.“ Und Bremerhaven als Produk-tions- und Forschungsstandort trage dazu bei, diese Chance zu nutzen. „Wie das Fraunhofer IWES ist die gesamte Bremer-havener Wissenschaftslandschaft sehr stark geprägt von in-dustrienaher, anwendungsorientierter Forschung und von in-tensiver Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft“, sagt Schnorrenberger.

Im Projekt BladeMaker zum Beispiel hat das Fraunhofer IWES zusammen mit 15 Partnern im April 2016 ein Fertigungs-zentrum für Rotorblätter eingeweiht. Noch bis Herbst 2017 untersuchen die Wissenschaftler Fertigungs- und Verfah-renstechniken und ermitteln das optimale Blattdesign, um die bislang stark von manueller Arbeit geprägte Produktion von Rotorblättern zu industrialisieren. Nächstes Etappenziel ist die Anfertigung eines Prototypen-Blatts, das die einzelnen Fertigungsschritte durchlaufen wird. Dessen Design wird öf-fentlich gemacht und soll insgesamt die Wettbewerbsfähig-keit qualitätsbewusster Hersteller stärken – und die Erzeu-gung von Windenergie kostengünstiger machen.

Die Wirtschaftsförderung Bremerhaven informiert.

Im Fokus: Offshore-Innovationszentrum

Nr. 19 • Februar 2017

Im BladeMaker-Fertigungszentrum können bis zu acht Prozessschritte der Rotorblatt-Produktion an einem Maschinenplatz ausgeführt werden.

Foto: Harry Zier / Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik

Der 8-MW-Antriebsstrang des Adwen-Prototypen AD 8-180 wurde über Monate im DyNaLab-Prüfstand des Fraunhofer IWES getestet. Foto: Adwen GmbH

Weil die Offshore-Windenergie so jung ist, hatte und hat sie einen hohen Bedarf an Forschung und Entwicklungsarbeit.

Nils Schnorrenberger, Geschäftsführer BIS

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Kontakt

#angelegt

Die Bente mischt die Branche aufBremerhavener Firma macht mit einem selbst entwickelten Klein-kreuzer das Segeln erschwinglich

„Unser Ziel ist, möglichst viele Menschen aufs Wasser zu be-kommen und ihnen das einzigartige Freiheitsgefühl des Se-gelns zu vermitteln“, sagt Jan Paul Schirmer, der zusammen mit dem Jacht-Designer Alexander Vrolijk die Bente GmbH in Bremerhaven gegründet hat. Der Weg, ihre Mission zu erfül-len, ist die Bente24. Etwas mehr als 24 Fuß lang und 275 Zen-timeter breit ist der von Vrolijk entworfene Kleinkreuzer. Rund 30.000 Euro kostet er in der Grundkonfiguration, die sich viel-fältig und individuell ausstatten lässt. „Innovativ, bezahlbar und sexy“ nennen das die beiden segelverrückten Gründer. Und die Idee kommt an: Seit ihrer Gründung im Januar 2015 haben sie bereits mehr als 50 Boote verkauft – und das bei einem rückläufigen Gesamtmarkt.

Hinter dem missionarischen Eifer des Bente-Teams steckt eine umfangreiche Analyse des Marktes. „In unseren Augen hat die Segelbranche die Form eines Oligopols“, sagt Schirmer. Die Großwerften seien vor allem an den höheren Deckungs-beiträgen bei größeren Booten ab 30 Fuß aufwärts interes-siert. „Das Angebot hat sich über die vergangenen Jahre im-mer weiter von der wirklichen Nachfrage entfernt.“ Vrolijk und Schirmer erkannten ihre Chance.

Wendig und windschnittig wie ihre Segelboote spielt die Bente GmbH dabei die Vorteile eines jungen, dynamischen Unter-nehmens gegenüber der schwerfälligen Konkurrenz aus. In Segel-Blogs und sozialen Netzwerken schürten sie Begeiste-rung. Anfang 2015 konnten sie einen ersten Prototyp auf der Messe „boot“ in Düsseldorf präsentieren und prompt die ers-ten Bestellungen aufnehmen. Investiert hatten sie zu diesem Zeitpunkt dank intensiver Kooperationen mit anderen Markt-teilnehmern kaum Geld, sondern vor allem Zeit, Engagement und Herzblut. „Wer bei einer Messe zu uns auf den Stand kommt, hat das Gefühl beim FC St. Pauli des Segelns gelandet zu sein“, scherzt Schirmer. Kauft ein Nichtsegler eine Bente werde das vom gesamten Stand wie ein Auswärtssieg bei den Bayern gefeiert.

Statt sich Investoren und „Interessenkonflikte“ ins Boot zu ho-len, sprachen die Bente-Gründer mit der BIS Wirtschaftsför-derung Bremerhaven. „Im Verlauf von mehreren Gesprächen haben wir gemeinsam unsere mittel- und langfristige Strate-gie analysiert und wertvolles Feedback erhalten“, berichtet Schirmer. Dank der BIS erhielt die junge Firma ein geförder-tes, zinsvergünstigtes Darlehen, mit dem sie eine kleinere und leicht zu bedienende Version ihres Segelboots, die Bente20, und ein Boatsharing-Konzept entwickelt. Denn die Mission steht: „Möglichst viele Menschen aufs Wasser bringen.“ www.bente24.com

Die Wirtschaftsförderung Bremerhaven informiert.

In die Reihe passt hervorragend auch das Windkanal- Zentrum der Deutsche WindGuard Engineering GmbH in Bremerhaven. Als nahezu perfekte Ergänzung zur Bremerha-vener Infrastruktur des IWES bietet das Zentrum seinen Part-nern einen akustisch optimierten Windkanal, in dem Bauteile von Rotorblättern aerodynamisch und aeroakustisch entwi-ckelt und optimiert werden können.

Ein weiteres Herzstück des wissenschaftlichen Offshore-Netzwerkes ist das Institut für Windenergie fk-wind: der Hochschule Bremerhaven. Bereits seit 2004 betreibt es an-gewandte Forschung auf dem Gebiet der Windenergietechnik. Getreu dem Motto „die Windenergieanlage als Ganzes verste-hen“ bearbeitet das Institut themenübergreifende Fragestel-lungen in enger Kooperation mit Partnern aus Wirtschaft, Wis-senschaft und Bildung. Paradebeispiel ist das von der fk-wind: Institut für Windenergie koordinierte Forschungsprojekt „Off-shore Windenergie – Schutz und Sicherheit“ (OWiSS), in dem sechs Projektpartner noch bis Dezember 2017 erforschen, wie Störungen von Offshore-Windparks verhindert oder mi-nimiert und deren Sicherheit gewährleistet werden können.

Auch die eher grundlagenorientierten Forschungsinstitute Bremerhavens tragen zur anwendungsorientierten Offshore-Forschung bei – allen voran das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Die Einrichtung, die im Rah-men der Klimaforschung international Renommee erlangt hat, erforscht seit Jahren gemeinsam mit Partnern die Auswirkun-gen von Offshore-Windenergieanlagen auf die Meeresumwelt.

Innovationen werden getragen von Menschen. Der Bedarf der jungen Offshore-Branche an qualifizierten Arbeitskräften ist groß. Für Nils Schnorrenberger ist dies ein entscheidender

Erfolgsfaktor für den Standort. „Mit dem Wachstum der Wind-industrie und neuen Technologien steigen auch die Anforde-rungen an die Mitarbeiter“, führt er aus. Mit Unterstützung der Wirtschaft ist es gelungen, seit dem Wintersemester 2009 den Masterstudiengang Windenergie an der Hochschu-le Bremerhaven einzurichten. Die Absolventen sind gefragte Mitarbeiter des Fraunhofer IWES und der Windenergieunter-nehmen.

Zudem haben sich auch die Weiterbildungsträger auf die neuen Anforderungen eingestellt. Unter dem Titel AufWind – Weiterbildungsallianz Windenergie Nordwest hat sich unter Führung der Hochschule und des Fraunhofer IWES ein brei-tes Bündnis aus Schulen, Qualifizierungsträgern, Firmen, For-schungseinrichtungen und Förderern wie der BIS zusammen-getan. Ihr Ziel ist ein durchlässiges Weiterbildungsangebot für die Windenergiebranche einzurichten, das vom Brücken-kursus bis zum berufsbegleitenden Bachelor Wind Career ein breites Spektrum abdeckt.

Ebenso dynamisch wie sich die Offshore-Branche technolo-gisch und wirtschaftlich weiterentwickelt, wächst auch das Offshore-Innovationszentrum Bremerhaven weiter. Wie im November 2016 aus Berlin bekannt wurde, soll in Bremer-haven ein Standort des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit dem Schwerpunkt „Maritime Sicherheit“ entstehen. Das Institut soll satellitengestützte Systeme zum Schutz kritischer maritimer Infrastrukturen wie Hafenanlagen, Handelsrouten, Schiffe sowie Offshore-Windkraftanlagen ent-wickeln. www.windenergie.iwes.fraunhofer.de

www.hs-bremerhaven.de www.windkanalzentrum.de

www.awi.de www.alpha-ventus.de

Nr. 19 • Februar 2017

Der Großwindkanal der Deutsche WindGuard Engineering GmbH ermöglicht Untersuchungen an Segmenten von Rotorblättern beziehungsweise realitätsnahen

Modellen. Foto: Deutsche WindGuard Engineering GmbH

Maritime Wirtschaft

#networking

2. Bremerhavener Wirtschaftsdialog

Ein gutes Netzwerk bereitet den Boden für Entwicklung und Wachstum. Der Bremerhavener Wirtschaftsdialog der Fisch- und Lebensmittelwirtschaft bietet beste Voraussetzungen, das eigene Netzwerk zu knüpfen und zu erweitern. Nach dem großen Erfolg der ersten Veranstaltung gibt es am 26. und 27. Mai im Rahmen des SeeStadtFestes 2017 nun erneut die Ge-legenheit, im maritimen Ambiente der Seestadt Ideen, Erfah-rungen und Zukunftsvisionen auszutauschen. Impulsvorträge von hochkarätigen Referenten wie z.B. dem Zukunftsforscher Prof. Peter Wippermann und Prof. Dr. Michael Braungart (Geschäftsführer von EPEA Internationale Umweltforschung GmbH), Diskussionsrunden und Betriebsbesichtigungen ma-chen die Veranstaltung ebenso einzigartig wie der abendliche

Segeltörn auf einem Traditionssegler oder das exklusive Buf-fet. Das richtungsweisende Branchenevent wird veranstaltet von der Stadt Bremerhaven, der BIS Wirtschaftsförderung sowie der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bre-merhaven. Über Möglichkeiten der Beteiligung informieren wir Sie gerne. www.wirtschaftsdialog-bremerhaven.de

Insa RabbelBIS Wirtschaftsförderung BremerhavenTelefon: 0471 [email protected]

Fisch- und Lebensmittelwirtschaft

Page 6: Foto: © Adwen Bremerhaven setzt neue Maßstäbe … · Metern – durch diesen Kreis könnten zwei Airbus A380 neben-einander fliegen. Die Rekordleistung von 8 Megawatt übertrifft

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#ausgezeichnet

„FISH“-Fang der etwas anderen Arti3- Life Sciences Cluster Nordwest beginnt mit Forschungsprojekt

Das i3-Life Sciences Cluster Nordwest hat der Öffentlich-keit gezeigt, dass in der Region innovative, individuelle, intelligente Dienstleistungen und Produkte in der medizi-nischen Analytik und Diagnostik entwickelt werden. Schon in der Aufbau-Phase wurde das junge Netzwerk als „Ort im Land der Ideen“ ausgezeichnet. Jetzt beginnt die For-schungsarbeit: Die erste Förderung für das Projekt „Klick-FISH“ konnte das Cluster bereits in die Region holen.

„Bei Biotechnologie und Medizintechnik denkt man sicher-lich nicht zuerst an Bremerhaven. Aber dem Namen nach passt das erste Projekt doch wunderbar in den Nordwes-ten“, scherzt Guido Ketschau, der für die BIS Wirtschaftsför-derung Bremerhaven das i3-Life Sciences Cluster Nordwest managt. „Klick-FISH“ ist eines von mehreren Projekten aus der Forschungspipeline des Clusters. FISH hat in diesem Fall allerdings nichts mit Meerestieren zu tun, sondern steht für Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung. „Es ist eine molekularbio-logische Methode, mit der gezielt Nukleinsäuren, die zum Bei-spiel für bestimmte Krankheitsbilder verantwortlich sind, in Gewebe oder einzelnen Zellen nachgewiesen werden“, erläu-tert der Biologe. Die FISH-Sonden bestehen aus zwei Teilen: Ein DNA-Strang, der über Basenpaarung an die nachzuwei-sende Nukleinsäure bindet, sowie ein fluoreszierendes Mole-kül, das die erfolgte Bindung optisch nachweist.

Mit dem Ziel, dieses Verfahren zu verbessern, gehen die vier Kooperationspartner ZytoVision GmbH (Bremerhaven), Biolog LSI Forschungslabor und Biochemica-Vertrieb GmbH (Bremen), Sirius Fine Chemicals SiChem GmbH (Bremen) und das Universitätsklinikum Jena in die Entwicklung. Für ihr Forschungsprojekt konnte das i3-Life Sciences Cluster Nord-west Bundesfördermittel von rund 700.000 Euro einwerben – 500.000 Euro davon gehen in die Region.

„Eine solche Förderung wäre für kleine bis mittelständische Unternehmen bislang fast unerreichbar gewesen“, sagt Ketschau. „Aber gemeinsam können wir ein solches Projekt stemmen“, stellt er die Grundidee des i3-Life Sciences Clus-ter dar. Derzeit acht kleine bis mittelständische Unternehmen sowie zwei Forschungseinrichtungen haben sich in dem 2015 gegründeten hochinnovativen Netzwerk zusammengetan. Ein Konzept, das auch die Jury der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ überzeugte. Das i3-Cluster verkörpere das Motto „NachbarschafftInnovation – Gemeinschaft als Erfolgsmodell“, hieß es bei der Preisverleihung im September 2016.

Die Mittelbewilligung für „Klick-FISH“ bettet sich dabei ein in die großen, langfristigen Ziele des Clusters, die vielen Patien-ten in Zukunft zu Gute kommen werden. Zum Einen geht es den Partnern darum, eine Plattform für molekularbiologische Analysen zu entwickeln. „Wenn wir deren Anwendung so weit

vereinfachen, könnten Labortests, die bisher nur in medizi-nischen Zentren vorgehalten werden, auch dezentral etwa bei Hausärzten oder sogar in Apotheken angeboten werden“, führt Guido Ketschau aus. „Patienten insbesondere auf dem Land blieben dadurch weite Wege erspart. Und Ergebnisse würden statt nach Tagen schon innerhalb einiger Stunden vorliegen.“ Eine weitere Verbreitung molekularbiologischer Analysen eröffne auch den Weg zu einer individuelleren Be-handlung, erläutert Ketschau. „Derzeit gibt es oft nur eine einzige Behandlungsmethode für alle Menschen. Wenn wir Patienten aber basierend auf genetischen Merkmalen grup-pieren können, ermöglicht das den behandelnden Ärzten, eine passendere, wirkungsvollere und schonendere Behandlung auszuwählen.“ www.i3-lifesciences-nordwest.de

#ausgezeichnet

Hochschulpreis für Logistik geht nach Bremerhaven

Für ihr herausragendes Lehrangebot im Bereich Logistik er-hielt die Hochschule Bremerhaven den Hochschulpreis für Güterverkehr und Logistik 2016 des Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur. Bundesminister Alexander Dobrindt verlieh die besondere Auszeichnung im Rahmen der Nationalen Konferenz Güterverkehr und Logistik in Neuss. Den Preis nahmen der Rektor der Hochschule, Prof. Dr.-Ing. Peter Ritzenhoff, sowie der Hochschullehrer im Master studiengang Integrated Safety and Security Management und Direktor des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), Prof. Dr. Frank Arendt, entgegen. „Die Hochschule Bremerhaven wird heute insbesondere für ihr herausragendes Angebot in Lehre und Forschung im Bereich Risikobewältigung und wi-derstandsfähige Logistikketten prämiert – ein Thema, das auf dem stark globalisierten Logistikmarkt mehr denn je von Be-deutung ist“, lobte Dobrindt.

#erste_adresse

Kreuzfahrtterminal ist auf Rekordkurs

Das Columbus Cruise Center Bremerhaven (CCCB) erwartet ein Rekordjahr. „Auf das Jahr 2017 schauen wir mit großer Spannung: Wir erwarten über 150.000 Passagiere im Turna-round und freuen uns darauf, unseren Gästen einen neuen, circa 8.000 Quadratmeter großen Parkplatz in fußläufiger Entfernung des Terminals anbieten zu können“, blickt CCCB-Geschäftsführer Veit Hürdler voraus. Maßgeblich zu den gu-ten Aussichten trägt bei, dass Costa Crociere S.p.A. (Genua) im Mai 2016 überraschend verkündet hat, Bremerhaven als vierten deutschen Hafen mit in ihren Fahrplan aufnehmen zu wollen. So wird die „Costa Magica“, ein 3.500-Betten-Schiff, laut Fahrplan 2017 elf Mal das Bremerhavener Kreuzfahrt-terminal anlaufen. Der bisherige Rekord lag bei etwa 130.000 Passagieren im Jahr 2008, in der Kreuzfahrtsaison 2016 wur-den rund 96.500 Menschen an der Kaje begrüßt.

#kiosk

Wenn Studenten wie Könige leben

„Traumwohnungen mit Stuck und Wasserblick zu kleinen Preisen“, die sich auch Studenten leisten können – als „Ge-heimtipp unter Studenten“ hat es Bremerhaven in die größten deutschen Zeitungen und Zeitschriften wie die Welt, die Süd-deutsche Zeitung oder den Focus gebracht. Den Geheimtipp populär gemacht hat der junge Bremerhavener Fotograf Tim David Müller-Zitzke mit seiner Fotoserie „Live like Kings“ – Le-ben wie Könige. Der Student der Digitalen Medienproduktion fotografierte dafür seine Kommilitonen in ihren „für studen-tische Verhältnisse luxuriösen vier Wänden“, wie es die Welt beschreibt. Die Journalisten haben dies auch mit harten Fak-ten untermauert. So stellt zum Beispiel die Welt einen durch-schnittlichen Quadratmeterpreis in Bremerhaven von 4,92 Euro fest – im Vergleich zu 10,19 Euro und 13,06 Euro in den Studentenstädten Münster und Freiburg.

Guido KetschauClustermanager des i3-Life Sciences Clusters NordwestTelefon: 0471 946 [email protected]

Die Wirtschaftsförderung Bremerhaven informiert.Nr. 19 • Februar 2017

i3- Life Sciences Cluster Nordwest

Das Cluster wurde 2015 von acht KMUs und zwei Forschungseinrichtungen etabliert und wird mit För-dermitteln aus dem ZIM-KN-Programm des Bundes-ministeriums für Wirtschaft und Energie unterstützt. Die BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven hat das Netzwerkmanagement übernommen. Die Weiterent-wicklung des Clusters und Beteiligung weiterer pas-sender Netzwerkpartner ist Teil des Konzeptes. Die Gründungspartner sind:

– adjutem GmbH, Oldenburg – BIAMOL Bremerhavener Institut für angewandte Molekularbiologie an der Hochschule Bremerhaven

– Biolog Life Science Institut Forschungslabor und Biochemica Vertrieb GmbH, Bremen

– Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS, Bremen

– Q-Bioanalytic GmbH, Bremen – SilberPharma GmbH, Bremen – Sirius Fine Chemicals SiChem GmbH, Bremen – Uzuner Consulting GmbH, Bremen – ZytoVision GmbH, Bremerhaven – 42 life sciences GmbH & Co. KG, Bremerhaven

Hintergrund

Kontakt

Guido Ketschau sorgt dafür, dass beim Netzwerk i3 Life Sciences Cluster Nordwest alle Puzzleteile

zusammenpassen. Foto: Deutschland – Land der Ideen / Bernd Brunert

Gemeinsam treiben die Cluster-Partner Innovationen im

Bereich der medizinischen Diagnostik und Analyse voran.

Foto: Sirius Fine Chemicals SiChem GmbH

Wissenschaft

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Kontakt

#angelegt

Auf dem Schotterweg in die gute StubeMit ihrem Kulturcafé „Findus“ in der Alten Bürger gehen Fiona Steller und Christian Brinker abseits der gewohnten Wege – von der Gründung via Crowdfunding bis zu einer Speisekarte ohne Preise

Ein Kulturcafé, eine Kunstgalerie mit Bar, eine Bäckerei, ein öffentliches Wohnzimmer, eine Konzertlocation, ein Pausen hof – eine im besten Sinne des Wortes „gute Stube“ eben. Diese Idee hegten Christian Brinker und Fiona Steller zusammen mit einem Glauben an die Stadt, besonders die Szenemeile Alte Bürger.

„Bremerhaven überfordert einen nicht – es fordert einen he-raus, seine Ideen selbst zu verwirklichen“, fasst es Brinker in Worte. Das junge Paar machte sich auf den Weg, „Findus - Die gute Stube für Esskultur“ Realität werden zu lassen. „Es war uns aber wichtig, das finanzielle Risiko möglichst niedrig zu halten und nicht große Schulden anzuhäufen“, erklärt Fiona Steller. Nach eingehender Beratung bei der BIS Wirtschafts-förderung Bremerhaven wählten sie daher einen in Deutsch-land noch recht ungewöhnlichen Weg: Crowdfunding. Auf „Schotterweg“, der lokalen Crowdfunding-Seite der BAB - För-derbank für Bremen und Bremerhaven warben sie um Unter-stützung für ihre Idee. 6.000 Euro, vor allem für Küchengeräte und -ausstattung, hatten sie sich als Finanzierungsziel ge-setzt. „Innerhalb von nur zwei Wochen hatten wir die Summe zusammen“, erzählt Fiona Steller. „Das hat uns Mut gemacht. Das Crowdfunding war der erste Beweis, dass wir mit unserer Idee richtig liegen und ein Publikum finden können.“

Den Laden und die Ladenmiete in der Bürgermeister-Smidt-Straße 212 teilt sich „Findus“ mit der 2014 gegründeten Werkstatt 212, die nach anfänglicher EFRE-Förderung nun vom Förderverein Alte Bürger betrieben wird. Deren künst-lerischer Leiter Robert Worden ist von der Kooperation be-geistert: „Wir haben hier zwei Konzepte zusammengebracht, die sich perfekt ergänzen“. Er sieht darin ein nachhaltiges Zukunftsmodell für Bremerhaven. „Es warten so viele Ideen in

dieser Stadt darauf, verwirklicht zu werden. Wenn sie sich ein Dach teilen, erhalten junge Unternehmen eine Chance und Kulturangebote wie die Werkstatt 212 können ihre Identität bewahren und sich nachhaltig weiterentwickeln.“

„Findus“ vereint die Talente und Leidenschaften der jungen Existenzgründer. Christian Brinker ist gelernter Bäckermeister und für das Studium der Lebensmitteltechnologie aus dem Sauerland nach Bremerhaven gekommen. Brote „mit Charak-ter“ backt und kredenzt er: Leinsaatbrot, Kürbisbrot, Rote-Beete-Brot. „Ein Grünkohlbrot mit Kartoffelaufstrich – und schon wird aus der Brotzeit eine vollwertige Mahlzeit“. Neben wechselnden Brot- und Aufstrichsorten gibt es eine Suppe nach Saison und selbst gebackene Kuchen.

Fiona Steller ihrerseits hat bereits mehrere Konzerte in der Stadt auf die Beine gestellt und Kulturprojekte unterstützt. Die gebürtige Bremerhavenerin holt regelmäßig Bands in die „gute Stube“ und organisiert verschiedene Events – zusätz-lich zu den Kunstausstellungen und bewährten Kulturveran-staltungen der Werkstatt 212. „Ich habe den Kopf voller Ideen, die wir im Findus ausprobieren können“, verspricht sie.

Aber auch ihre Werte konnten die beiden mit der Existenz-gründung verwirklichen: ein fairer, verantwortungsvoller und nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und miteinander. Das fängt bei den Rohstoffen an, die von einer solidarischen Land-wirtschaft aus der Region stammen. Und es endet bei der Preisgestaltung. „Jeder Gast darf selbst entscheiden, welchen Preis er bezahlen will oder kann“, erläutert Steller. „So werden auch Menschen mit geringem Einkommen nicht ausgeschlos-sen.“ Die beiden nennen das „preislos glücklich“. Das Prinzip funktioniere, versichert Brinker. „Manche zahlen etwas mehr, manche weniger, aber die meisten Gäste landen im Durch-schnitt bei den Preisen, die wir auch kalkuliert hätten.“

Die Wirtschaftsförderung Bremerhaven informiert.

#gut_beraten

Für jeden die richtige FinanzierungBarbara Schieferstein berät ExistenzgründerInnen bei der BIS

Wer durch die Tür von Barbara Schieferstein tritt, bekommt ein Lächeln und einen Mutmacher: „Für jede erfolgverspre-chende Gründung gibt es auch eine passende Finanzierung.“ Schieferstein betreut bei der BIS Wirtschaftsförderung Bre-merhaven seit einem Jahr ExistenzgründerInnen und die Kul-tur- und Kreativwirtschaft. Zuvor hat sie 15 Jahre Erfahrung bei der Wirtschaftsförderung Bremen sowie im Wirtschafts-ressort des Landes Bremen gesammelt.

Existenzgründungswillige, die idealerweise schon mit einem kleinen Businessplan ausgestattet zu ihr kommen, hilft sie bei der Sondierung möglicher Finanzierungsmodelle. Das Crowd-funding über „Schotterweg“ ist in ihren Augen besonders für lokale Projekte aus Kunst, Kultur oder Forschung geeignet. „Wenn genügend Unterstützer die Idee verwirklicht sehen wollen, ist das auch ein guter Gradmesser für den späteren Markterfolg.“ Bei Gründungen bietet sich der Mikrokredit der Bremer Aufbau-Bank GmbH (BAB) - Förderbank für Bremen und Bremerhaven - für kleine Gewerbebetriebe sowie für Frei-berufler an. Damit lassen sich auch ohne Eigenmittel bis zu 100.000 Euro finanzieren, und die Tilgung beginnt erst nach der oft schwierigen Startphase von bis zu zwei Jahren. Nicht zuletzt unterstützt Barbara Schieferstein auch dabei, Kredit-gespräche mit der Hausbank für eine ganz klassische Grün-dungsfinanzierung optimal vorzubereiten.

Aber auch wer noch nicht so weit ist, dass die Finanzierung an-gegangen werden kann, werde deswegen nicht wieder vor ihre Tür gesetzt, versichert Schieferstein. „Netzwerke knüpfen und Brücken bauen“ gehört für sie zur Beratung dazu. Sie arbeitet dabei eingebettet in das Be-ratungsnetzwerk B.E.G.IN, die „BremerExistenzGrün-dungsINitiative“. „Bisweilen brauchen die Gründerinnen und Gründer aber auch nur einen Brainstormpartner auf Augenhöhe, um ihre Idee vo-ranbringen zu können“, sagt Barbara Schieferstein und macht noch einmal Mut, das Beratungsgespräch zu su-chen: „Einfach mal anrufen oder eine E-Mail schreiben.“

Dr. Barbara SchiefersteinExistenzgründungsberatungTelefon: 0471 [email protected]

Nr. 19 • Februar 2017

Kreativwirtschaft

Christian Brinker und Fiona Steller (mit ihrem Sohn Adam) haben mit dem Kulturcafé Findus in der „Alten Bürger“ ihren Traum verwirklicht.

Möglich machte dies auch die Kooperation mit der Werkstatt 212 und deren Leiter Robert Worden (rechts). Foto: Wagner

Crowdfunding„Schotterweg“ ist eine lokale Crowdfunding-Seite der BAB – Förderbank für Bremen und Bremerhaven auf der Plattform Startnext, dem Crowdfunding-Marktführer in Deutschland. Der „Schotterweg“ hilft Existenzgründern und Projektinitiato-ren aus Bremerhaven und Bremen, ihre Ideen zu verwirklichen. Über eine Website können sie ihre Projekte kostenfrei mit Video, Text und Fotos vorstellen. Im Gegenzug für Spenden ist es üblich, verschiedene Dankeschöns auszuloben – bei „Findus“ gab es zum Beispiel Brotbackkurse oder einmal „Speis und Trank“. Mehr als 2.100 Unterstützer haben auf dem „Schotterweg“ bislang rund 50 Projekte mit insgesamt über 170.000 Euro finanziert. www.schotterweg-crowdfunding.de

Hintergrund

Hinweis: Findus – die gute Stube für Esskultur ist donners-tags bis sonntags von 15 bis mindestens 22 Uhr geöffnet. www.findusesskultur.de

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#gut_beraten

Das Team der BIS macht Wirtschafts förderung mitten im Herzen der Stadt – kreativ und überraschend anders! Lassen Sie sich vom Aufbruch des Wirtschaftstandortes Bremerhaven inspirieren! Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.

Reiseveranstalter SE-Tours GmbH baut neuen Firmensitz

Die MS Normandie, ein gemütliches 3-Sterne Flussschiff, glei-tet durch das Wasser der Donau, entlang abwechslungsrei-cher Landschaften, berühmter Klöster, imposanter Schlösser, namhafter Städte. Bei dieser kombinierten Rad- & Schiffsreise durch vier europäische Länder liegt Bremerhaven zwar nicht auf der Route, ist aber dennoch mit „im Boot“ – dank des Rei-severanstalters SE-Tours GmbH.

Das im Oktober 1993 als SE-Pressereisen GmbH in Bremer-haven gegründete Unternehmen ist zum europäischen Markt-führer in diesem Segment gewachsen. Frühzeitig wurde ein Trend erkannt: 1997 brachte SE-Tours seine erste Rad- und Schiffsreise auf den Markt. So sind aus einem Katalog mit zwölf Seiten inzwischen zwei mit mehr als 100 Reiseseiten geworden, aus 1.000 Gästen im Premierenjahr wurden mehr als 20.000 in 2016.

Die steigende Nachfrage wird – seit 2015 unter dem Dach der Eurofun Touristik GmbH aus Obertrum in Österreich – von

mittlerweile 18 Mitarbeitern unter der Geschäftsführung des bisherigen Prokuristen Jörg Gövert bewältigt. Die Kapazitäten des Büros am derzeitigen Firmensitz in der Barkhausenstra-ße sind damit erschöpft – zumal die Belegschaft 2017 weiter wachsen soll. Damit wurde die Standort-Frage neu gestellt. „Wir haben uns dabei ganz bewusst für Bremerhaven ent-schieden“, sagt Geschäftsführer Jörg Gövert.

Nach Zustimmung der Gesellschafter in Österreich wird 2017 deshalb der Grundstein für ein neues Firmengebäude mit Fahrradhalle in der Batteriestraße in Bremerhaven gelegt. „Wir schätzen alle die zentrumsnahe Lage. Den Gesellschaf-tern aus Österreich, seit jeher begeistert von Bremerhaven, gefällt vor allem die Nähe zum Wasser und zum Hafen mit sei-nen Schiffen – quasi als Kontrastprogramm zu den Bergen“, erläutert Gövert. „Nicht zuletzt war auch die gute Betreuung und Beratung durch die BIS eine große Hilfe.“ Der nächste Abschnitt der Reise für SE-Tours beginnt damit also wieder in Bremerhaven. www.se-tours.de

Impressum

Herausgeber BIS Bremerhavener Gesellschaft

für Investitionsförderung und

Stadtentwicklung mbH

Am Alten Hafen 118

27568 Bremerhaven

Telefon: 0471 946 46-610

[email protected]

www.bis-bremerhaven.de

Konzeption & Text Marc-Alexander Wagner

Gedankenwerft

Redaktion (V.i.S.d.P.) Uwe Kiupel, BIS

Konzeption & Layout bigbenreklamebureau gmbh

Druck müllerditzen AG

WINDFORCE 9. – 11. MaiInternationale Fachvorträge, gute Netzwerk- und Gesprächsmöglichkeiten bietet seit Jahren die Konferenzveranstaltung WINDFORCE in Bremerhaven. Sie hat sich zu einem wichtigen Treffpunkt der Offshore-Windenergie-Branche entwickelt. Infos und Anmeldung: www.windforce.info

transport logistic 9. – 12. MaiDie BIS präsentiert den Logistikstandort Bremerhaven auf der Messe transport logistic in München. Besuchen Sie uns auf dem bremischen Gemeinschaftsstand in Halle B4 Stand 213/314.

2. Bremerhavener Wirtschaftsdialog 26. – 27. MaiFachinformation und Diskussion zum Thema Fisch- und Lebensmittelwirtschaft, Netzwerken in maritimer Atmosphäre des Seestadtfestes. Beteiligungsmöglichkeiten und Infos: Insa Rabbel 0471 946 46-926, [email protected]

HUSUM Wind 12. – 15. SeptemberIm September wird Husum für einige Tage zum Zentrum der deutschen Windenergiewirtschaft. Auf der Messe HUSUM Wind erhalten Sie alle wichtigen Informationen zum Standort Bremerhaven von der BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven am Stand der Windenergie-Agentur WAB.

Hingehen 2017

#erste_adresse

Bremerhaven liegt an der Donau

Die Wirtschaftsförderung Bremerhaven informiert.

Blickfang

Nr. 19 • Februar 2017

Mit Flussschiffen wie der MS Normandie bietet SE-Tours kombinierte Rad- und

Schiffsreisen in Europa an. Foto: SE-Tours GmbH

Der Windenergieanlagen-Her-steller Senvion in Bremerha-ven freut sich über volle Auf-tragsbücher: 2016 wurde der Offshore-Windpark „Norder-gründe“ mit 18 Senvion-Tur-binen von Bremerhaven aus errichtet. Nach weiteren 54 Anlagen für „Nordsee One“ in 2017 wird ein weiterer Groß-auftrag – 32 Anlagen für den Windpark „Trianel Borkum II“ – für Arbeit bis 2019 sorgen. Foto: BIS / Scheer

Tourismus

FSC-Label ab 01.01.2011

FSC MIX

Hoebelstraße 19 | 21572 Bremerhaven | Tel 0471 979899 | www.muellerditzen.de

Die Mindesthöhe von 12 mm darf nicht unter-schritten werden.

Die Mindestbreite von 17 mm darf nicht unterschritten werden.

Die Mindesthöhe von 12 mm darf nicht unter-schritten werden.

FSC RECYCLING

Die Mindestbreite von 17 mm darf nicht unterschritten werden.