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Freitag, 10. Juli / Samstag, 11. Juli 2020 Helmut List Halle, 18 / 19.30 / 21 Uhr Pastorale.SOAP Ludwig van Beethoven (1770–1827) Symphonie Nr. 6 in F, op. 68, „Pastorale“ Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande: Allegro ma non troppo Szene am Bach: Andante molto moto Lustiges Zusammensein der Landleute: Allegro Gewitter. Sturm: Allegro Hirtengesang. Frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm: Allegretto styriarte Festspiel-Orchester Dirigent & Moderation: Andrés Orozco-Estrada

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Freitag, 10. Juli / Samstag, 11. Juli 2020Helmut List Halle, 18 / 19.30 / 21 Uhr

Pastorale.SOAP

Ludwig van Beethoven (1770–1827)

Symphonie Nr. 6 in F, op. 68, „Pastorale“Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft

auf dem Lande: Allegro ma non troppoSzene am Bach: Andante molto motoLustiges Zusammensein der Landleute: AllegroGewitter. Sturm: AllegroHirtengesang. Frohe und dankbare Gefühle

nach dem Sturm: Allegretto

styriarte Festspiel-OrchesterDirigent & Moderation: Andrés Orozco-Estrada

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Patronanz:

Dauer der Vorstellung: ca. 60 Minuten Vorspiel: etwa 10 Minuten

Hörfunkübertragung: Montag, 21. Juli 2020, 19.30 Uhr, Ö1

verfügbar ab Samstag, 11. Juli um 18 Uhr auf https://styriarte.com/styriarte-2020-streaming/

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17.40 / 19.10 / 20.40 Uhr

Ludwig van Beethoven (1770–1827) aus Sextett, op. 71

für 2 Klarinetten, 2 Hörner und 2 Fagotte

Ein Bläserensemble von recreation:Arnold Plankensteiner und Manuela Höfler, KlarinetteRadu Petrean & Karl-Heinz Tappler, HornTonia Solle & Michela Bozzano, Fagott

1796 komponierte Beethoven angeblich „in einer einzigen Nacht“ sein Sextett für je zwei Klarinetten, Hörner und Fagotte. Erst fünf Jahre nach seinem Tod erhielt es die verwirrend hohe Opuszahl 71. Es handelt sich um eine typische Wiener „Nachtmusique“, wie sie von Bläserensembles quasi als Ständchen dargeboten wurden, die auf Bestellung von Haus zu Haus zogen. 1805 war es jedoch auch im Konzertsaal zu hören, aufgeführt von dem berühmten Klarinettisten Joseph Beer und seinem Ensemble. Die Dimensionen der vier Sätze sind beeindruckend großzügig. Deshalb entscheiden sich unsere Musiker spontan, welchen Satz oder welches Satzpaar sie für das Vorspiel auswählen möchten. Auf eine langsame Ein-leitung mit feierlichem Fanfaren-Einstieg folgt ein Allegro von fast 300 Takten Länge, das sich ganz aus dem Kopfmotiv, einem Drei-Achtel-Auftakt im Staccato, speist. Mozartisch mutet das Adagio an, in dem die verschiedenen Instrumente aufs Schönste singend hervortreten. Mit keckem Staccato und kurzen Vorschlä-gen ist das Menuett gewürzt, dem ein intimeres Trio zur Seite gestellt wird. Das Rondothema ist nichts anderes als ein Marsch, der seinen Weg ein wenig forsch, fast schon ironisch antritt. Klangschöne kantable Episoden werden ihm gegenübergestellt.

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Pastorale.SOAP

„Wer auch nur je eine Idee vom Land-

leben erhalten, kann sich ohne viele

Überschriften selbst denken, was der

Autor im Sinn hatte.“ So notierte

Ludwig van Beethoven in seinen

Skizzen zur Sechsten Sinfonie, als er

sie noch „Sinfonia pastorella“ nennen

wollte. Das heutige Landleben sieht

freilich anders aus als vor 200 Jahren.

Deshalb hilft Andrés Orozco-Estrada

unserer Vorstellungskraft nach und

veranschaulicht, was Beethoven mit

seiner „Pastorale“ im Sinn hatte.

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Ad notam

Entstehung und Uraufführung„Eine zweite neue große Sinfonie, von ihm selbst ländlich (Pasto-rale) genannt, ist ein kaum weniger merkwürdiges und eigen-thümliches Produkt ... Hierzu thut bisweilen ein Wort – eine pas-sende Benennung, gute Dienste.“ So meinte schon im April 1809 ein Kritiker der „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ nach der Erstaufführung von Beethovens Sechster Sinfonie im Leipziger Gewandhaus. Seinen Rat beherzigt Andrés Orozco-Estrada im heutigen Konzert. Denn Beethovens Angaben zu den fünf Sätzen lassen noch viel Spielraum für „passende Benennungen“ und ausdeutende Worte.

Komponiert wurde die Sechste quasi in einem Zug, vom Sommer 1807 bis zum Sommer des Folgejahres, überwiegend in Heiligenstadt vor den Toren Wiens. Dort frönte Beethoven auf weiten Spazier-gängen seiner Liebe zur Natur, und dort empfing er die Eindrücke für die musikalischen Bilder des Werkes. Bis zur Uraufführung in seiner berühmten Akademie vom 22. Dezember 1808 besann er sich eines Besseren, was den Titel des Werkes betraf:

„Eine Symphonie unter dem Titel: Erinnerung an das Landleben, in F-dur (mehr Ausdruck der Empfindung als Mahlerey)“

So lautete nun die Ankündigung auf dem Programmzettel des Konzerts. Beethoven wollte unter allen Umständen den Eindruck vermeiden, eine bloß tonmalerische Musik geschrieben zu haben. „Jede Malerei, nachdem sie in der Instrumentalmusik zu weit ge-trieben, verliert“, notierte er in seinen Skizzen zur „Pastorale“. Es ging ihm vielmehr um das befreiende Gefühl, das den Menschen unweigerlich umfängt, sobald er die Enge der Stadt hinter sich gelassen hat und auf dem Land eintrifft, zur Sommerfrische. Mit-ten im Winter uraufgeführt, konnte seine neue Sinfonie dieses

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Gefühl ohnehin nur als „Erinnerung an das Landleben“ beschreiben. Dies machte Beethoven im Programm der Uraufführung auch durch die detaillierten Überschriften der fünf Sätze deutlich. Sie weichen noch leicht von den späteren Versionen ab, wie sie der Verlag Breitkopf & Härtel 1809 in der Erstausgabe abdruckte (ver-gleiche unten „Zur Musik“):

Erster Satz: „Angenehme heitere Empfindungen, welche bei der Ankunft auf dem Lande im Menschen erwachen“

Zweiter Satz: „Szene am Bach“

Dritter Satz: „Lustiges Zusammensein der Landleute“

Vierter Satz: „Sturm. Donner“

Finale: „Hirtengesang. Wohltätige, mit Dank an die Gottheit ver-bundene Gefühle nach dem Sturm“

FinalsinfonieSchon aus diesen Beschreibungen wird deutlich, dass die Pasto- rale eine „Finalsinfonie“ ist: Alles steuert auf den erlösenden Hirtengesang nach dem Sturm hin, Beethovens eigentlichen Hym-nus auf die Natur. Dementsprechend ist der erste Satz zu einer Art Einleitung herabgestuft. Dies spürte schon 1809 der bereits zitier-te Kritiker aus Leipzig. Er schrieb, der Kopfsatz sei „ein ziemlich einfaches und gemüthliches Pastorale, dem es an originellen Wendungen gar nicht fehlt, obgleich es so gehalten ist, dass der Haupteffekt auf die letztern Sätze fallen soll“. Die übrigen Sätze beschreiben in zwingender Abfolge einen Sommertag im Grünen: zuerst ein Idyll am sommerlichen Bach mit plätschernden Quellen, rauschenden Blättern und dem Gesang der Vögel; dann ein länd-liches Fest mit Bauerntanz, dem Andrés Orozco-Estrada in seiner Einführung besondere Aufmerksamkeit widmen wird. Plötzlich hört man das ferne Grollen eines Gewitters, das sich sehr rasch in Donner und Blitzen, Sturm und peitschendem Regen entlädt. Zu

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Recht meinte der Leipziger Kritiker von 1809: „Der brausende Sturm mit alle dem, was ihn zu begleiten pflegt, ist mit einer Ener-gie und Beharrlichkeit durchgeführt, dass man wirklich über den Reichthum und die Kunst des Meisters erstaunen muss“. Beetho-ven habe die „zu diesem Zweck gewöhnlich angewendeten Mittel verschmäht“, sprich: die üblichen Konventionen italienischer Operngewitter. Dafür hatte er allerdings bedeutende Vorbilder in Haydns „Jahreszeiten“ und Mozarts „Idomeneo“ (siehe unten „Zur Musik“). Den Finalsatz, auf den alles hinsteuert, fand unser Leip-ziger Gewährsmann noch zu wenig „sanft und kunstlos“, dabei wagte Beethoven mit diesem hymnisch strömenden Satz eine für damalige Begriffe unerhörte Neuheit, die viele Zeitgenossen irri-tierte. In vielen Aufführungen des 19. Jahrhunderts machte dieses Finale keinen Effekt. Der langjährige Gewandhaus-Kapellmeister Carl Reinecke berichtete aus eigener Erfahrung: „Die Schlusswir-kung aber ist entscheidend für das Schicksal eines Werkes, und in der Tat ist die Pastoral-Symphonie hinsichtlich der allgemeinen Wertschätzung hinter des Meisters übrigen Symphonien zurück-geblieben“ (Carl Reinecke, Meister der Tonkunst, Berlin 1903).

Zur MusikErster Satz, „Erwachen heiterer Emp-findungen bei der Ankunft auf dem Lande“ (Allegro ma non troppo, Leb-haft, aber nicht zu schnell): Der Satz hebt mit einem ganz simplen Gei-genthema an – eine Melodie, wie sie auf einer Drehleier oder einem Dudelsack gespielt werden könnte. Dazu passen die Quinten der Brat-schen und Celli, ein volksmusikali-scher „Bordun“. Das Thema darf sich quasi wie improvisiert entfalten –

Zeit verschwendend, nicht zupa-ckend wie der Anfang der Fünften. Erst mit dem Einsatz der Oboe und der Hörner nimmt der Satz Fahrt auf und erreicht in einem ersten, rau-schenden Crescendo das volle Glücksgefühl des Menschen in der Sommerfrische. In diesen vollen Orchesterklang tönen Vogelstim-men der Flöten hinein. Das nächste Crescendo mündet in eine ländliche Melodie von ganzen vier Noten, die

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ständig wiederholt werden, das dritte Crescendo gipfelt in typischen Dudelsack-Klängen. Alle diese Klang-zitate aus der ländlichen Sphäre sind nur „der wahren Freude inniger Widerhall im Tempel der Natur“, wie es Beethoven an anderer Stelle (im „Heiligenstädter Testament“) ge-nannt hat. Der ganze erste Satz be-steht aus solchen Kürzest-Motiven, die gleichsam aufblühen, sich zur vollen Pracht entfalten, um am Ende wieder zu verschwinden. Die vier Abschnitte der klassischen Sonaten-form sind dennoch klar erkennbar und meisterhaft behandelt, etwa die Reprise des Hauptthemas, die gleich-sam im Vorübergehen sich einstellt, oder die Coda, die nach einem letzten leuchtenden Fortissimo in einem langen Decrescendo immer mehr ausgedünnt wird und in eine letzte rustikale Bläserepisode mündet, be-vor die ersten Geigen und die Flöte das Hauptthema in simpelster Wei-se zu Ende führen.

Zweiter Satz, „Szene am Bach“ (An-dante molto moto, Gehend, sehr bewegt): Beethoven hat sich das Tempo dieses Satzes noch zügiger gedacht, „quasi allegretto“, um die großen Bögen des 12/8-Taktes zu-sammenzufassen. Erst die Roman-tiker machten daraus ein feierliches Adagio. Für sie war es schlechter-dings undenkbar, dass dem Meister dieser berühmte Satz im stillen Käm-merlein eingefallen sein könnte.

Héctor Berlioz schrieb dazu im poe-tischen Überschwang seiner Zeit: „Dieses anbetungswürdige Adagio hat Beethoven sicher erschaffen, als er im Gras lag, die Augen zum Him-mel, das Ohr im Wind, fasziniert von Tausenden und Abertausenden von süßen Klang- und Lichtreflexen. Hö-rend und sehend – beides zugleich – nahm er die kleinen, weißen, glit-zernden Wellen des Baches wahr, wie sie sich mit einem leichten Ge-räusch an kleinen, weißen, glitzern-den Steinen brechen; wie entzü-ckend!“ Dergleichen Vorstellungen wurden von Beethovens Adlatus Schindler nach Kräften genährt. Er behauptete, der Meister habe diesen Satz 1807 an einem Bach in der Nähe von Heiligenstadt entworfen, inspi-riert vom Gesang der Vögel. 1823 habe man sich gemeinsam auf die Suche nach diesem Bach begeben. Diese Geschichte kann schon allein deshalb nicht stimmen, weil Beet-hoven in seinen Skizzen zu dem Satz ausdrücklich einen Bach im heutigen Wiener Stadtteil Dornbach nennt. Außerdem findet sich eine Figur aus diesem Satz schon auf einem Skiz-zenblatt von 1804 mit der Über-schrift „Murmeln der Bäche“. Tatsäch lich hat Beethoven das „Mur-meln der Bäche“ hier ganz wunder-voll eingefangen. Im wiegenden Zwölfachteltakt setzen die mittleren Streicher über dem Pizzicato der Bässe mit „murmelnden“ Figuren ein (zweite Geigen, Bratschen und

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zwei solistische Celli). Die Bläser deuten dazu nur Farbtupfer an – oder auch Schaumkronen auf dem Wasser. Die ersten Geigen spielen ein kleines, sich kräuselndes Motiv. Wenn es später in der Oboe wiederkehrt, spielt die Flöte dazu einen gebroche-nen Dreiklang im Staccato. Schindler behauptete, Beethoven habe hier den Vogelruf einer Goldammer imi-tiert. Gegen Ende des Satzes melden sich drei andere Vögel zu Wort: die Nachtigall in der Flöte, die Wachtel in der Oboe und der Kuckuck in der Klarinette. Zweimal unterbrechen sie das sanfte Strömen des Wassers.

Dritter Satz, „Lustiges Zusammen-sein der Landleute“ (Allegro, Leb-haft): Wie oft mag Beethoven den Dorfmusikanten in den Weinlokalen von Dornbach oder Heiligenstadt gelauscht haben? Im Scherzo der „Pastoralen“ hat er ihnen ein Denk-mal gesetzt, in der Form eines Scher-zos mit zweimaligem Trio. Der Satz beginnt leise, mit einem erwartungs-voll „trippelnden“ Unisono der hohen Streicher – ein Schachzug Beetho-vens, der die Spannung erhöht. Denn wie es weitergehen wird, bleibt je-weils offen. Dreimal folgt auf die leise „Annonce“ in F-Dur ein sanft wiegendes Thema in D-Dur, schein-bar das Hauptthema des Scherzos. Von Ferne nähert man sich dem Tanzboden, auf dem die Bauern schließlich in einen kräftigen Zweier takt übergehen, einen Bau-

erntanz mit allem, was dazugehört. Die feucht-fröhliche Laune steigert sich jeweils bis zum Fortissimo, dann kehrt plötzlich der Pianissimo- Anfang wieder. In dieser Spannung schwebt das ganze „lustige Zusam-menseyn der Landleute“, bis sich im letzten Pianissimo das Gewitter an-kündigt – von Ferne grollend, lang-sam bedrohlich heranziehend (über Des-Dur und es-Moll), bis es in f-Moll mit voller Wucht ausbricht.

Vierter Satz, „Gewitter, Sturm“ (Al-legro, Lebhaft): Welches früher kom-ponierte Gewitter könnte Beethoven als Vorbild für seinen f-Moll-Sturm gedient haben? Am 3. August 1806 hatte am Wiener Hoftheater „Ido-meneus, König von Creta“ Premiere, Mozarts Münchner Oper in der Übersetzung von Treitschke. Beet-hoven hat sicher eine der Auffüh-rungen erlebt und aus Mozarts Par-titur viel gelernt: die Wirkung der Tonart f-Moll, die Sturmmotive der Streicher, den Wechsel zwischen aufbrausendem Fortissimo und be-drohlichem Pianissimo, die Donner-schläge, das Schäumen des Wassers. Auch den Einsatz des Piccolos, um das Pfeifen des Windes zu imitieren, hat er sich beim großen Kollegen abgeschaut. Beethovens Gewitter-sturm ist freilich nicht die Unterma-lung zu einem Opernchor, sondern authentische Instrumentalmusik. Selbst einem Berlioz fehlten die Wor-te, „um dieses Wunder zu beschrei-

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ben ... Das ist nicht mehr Regen, nicht mehr Wind; das ist eine grauener-regende Naturkatastrophe, die Sint-flut, das Ende der Welt. Tatsächlich bekommt man davon Schwindel-anfälle.“ Beim Abklingen des Sturms zucken noch die letzten Blitze von Ferne über den Horizont. Danach erhebt aber die Flöte ihre Stimme und leitet zum Finale über, dem Dankgesang der frommen Hirten an Gott.

Finale, „Hirtengesang. Frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm“ (Allegretto, Etwas lebhaft, von Beet-hoven auch „quasi Allegro“ genannt): Der Satz beginnt mit einem ländli-

chen Rufmotiv in Klarinette und Horn, bevor in den ersten Geigen pianissimo das wunderschöne Hauptthema einsetzt. Es ist ein pastorales Gebet, ein „heiliger Dank-gesang an die Gottheit“ in Form einer Hirtenweise im pastoralen 6/8-Takt. Nur ganz allmählich wird sie bis zum Fortissimo gesteigert und kehrt da-nach in vielfältigen Verwandlungen immer wieder. Diesem unschuldigen Gesang entsprechen die hymnischen Seitenthemen, die alle das Gleiche ausdrücken sollen: „Ausdruck des Danks. Herr, wir danken dir!“ So hat es Beethoven in den Skizzen zur Sinfonie notiert.

Josef Beheimb

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Die Interpreten

Andrés Orozco-Estrada, DirigentEnergie, Eleganz und Esprit – das ist es, was Andrés Orozco-Estra-da als Musiker besonders auszeichnet. Sechs Jahre ist er nun neben der Stelle als Music Director beim Houston Symphony Orchestra auch Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters Frankfurt. Ab der Spielzeit 2020/21 wird er außerdem Chefdirigent der Wiener Sym-phoniker.

Andrés Orozco-Estrada dirigiert viele der führenden Orchester weltweit, darunter die Wiener und Berliner Philharmoniker sowie bedeutende amerikanische Orchester wie das Chicago Symphony Orchestra und das Philadelphia Orchestra. Beim Glyndebourne

Festival, bei den Salzburger Festspielen und bei der sty riarte dirigierte er sehr

erfolgreiche Konzerte und Opern-aufführungen. Im Februar 2020 leitete er als designierter Chefdi-rigent der Wiener Symphoniker drei Konzerte im Wiener Musik-

verein. Zudem engagiert er sich auch für den musikalischen Nach-

wuchs: 2019 leitete er ein gemeinsames Education-Projekt des Tonhalle-Orches-

ters Zürich mit der Filarmónica Joven de Colombia, mit der er an-schließend auf Tournee ging.

Große Aufmerksamkeit finden seine Plattenveröffentlichungen bei Pentatone: Mit dem hr-Sinfonieorchester Frankfurt legte er Strawinskis „Feuervogel“ und „Sacre du Printemps“ vor, von der Kritik als „betörende Einspielung“ (Gramophone) gelobt. Jüngst erschien die Einspielung der „Alpensymphonie“ aus seinem Richard-Strauss-Zyklus mit dem hr-Sinfonieorchester, für den er

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von Gramophone als „a fine Straussian“ bezeichnet wurde. Mit der Houston Symphony hat er einen Dvořák-Zyklus eingespielt – laut „Pizzicato“ ein „vitaler Dvořák mit warmen Farben“. Außerdem liegen mit ihm sämtliche Brahms- und Mendelssohn-Sinfonien vor.

In Medellín (Kolumbien) geboren, begann Andrés Orozco-Estrada seine musikalische Ausbildung mit dem Violinspiel. Als 15-Jähriger erhielt er seinen ersten Dirigierunterricht und ging 1997 zum Studium nach Wien, wo er an der renommierten Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in die Dirigierklasse von Uroš Lajo-vic, einem Schüler des legendären Hans Swarowsky, aufgenommen wurde. Orozco-Estrada lebt in Wien.

styriarte Festspiel-OrchesterDas styriarte Festspiel-Orchester wurde im Jahr 2014 gegründet, um besonderen orchestralen Aufgaben im Rahmen der styriarte gerecht werden zu können. 2014 waren das etwa die styriarte- Produktionen „Pastorale“ und „Der Freischütz“, die unter der Leitung von Michael Hofstetter standen. Im Jahr 2018 arbeitete das Orchester erstmals gemeinsam mit Andrés Orozco-Estrada und brachte Beethovens „Fidelio“ heraus.

Im styriarte Festspiel-Orchester werden üblicherweise Musike-rInnen von recreation – GROSSES ORCHESTER GRAZ mit interna- tional agierenden Gästen zusammengeführt, die ihre spezifische Erfahrung in das Projekt einbringen. So setzt sich das Orchester 2020 aus MusikerInnen von recreation, vom Concentus Musicus Wien und vom Chamber Orchestra of Europe zusammen, nebst weiteren internatio nalen Gästen.

Die Arbeit mit Darm- saiten im Streicher-korpus und mit Na-turinstrumenten im Blech ist für das Fest-spiel-Orchester Stan-

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dard. Für die Pastorale.SOAP sind auch die Holzblasinstrumente historische, und der Stimmton des Orchesters wurde der Musik der Wiener Klassik entsprechend auf a=430 Hz eingestellt. Beim eröffnenden Barockkonzert der styriarte 2020 spielte man auf a=415 Hz Vallotti.

Die Besetzung:Violinen 1: Maria Bader-Kubizek (Konzertmeisterin), Mónica Waisman, Albana Laci, Florian Deuter, Harald Winkler, Marina Bkhiyan, Viktoria Narizhna (Orchesterakademie)Violinen 2: Christian Eisenberger, Toshie Shibata, Katharina Stangl, Daniela Hölbling, Simone Mustein, Angelika Messanegger, Sarah Fournier (Orchesterakademie)Violen: Axel Kircher, Ilse Wincor, Christian Marshall, Barbara PalmaVioloncelli: Hannah Freienstein, Elisabeth Zeisner, Jan ZdanskyKontrabässe: Martin Hinterholzer, Bernd Konzett, Jernej Budin (Orchesterakademie)Flöten: Annie La Flamme, Heide Wartha, Barbara PeyerOboen: Alessandro Piqué, Georg FritzKlarinetten: Rupert Fankhauser, Simon PibalFagotte: Ivan Calestani, Anna FlumianiNaturhörner: Christian Binde, Stefan OetterNaturtrompeten: Christian Gruber, Thomas ScheiflingerPosaunen: Alexander Ladreiter-Knauß, Christian GodetzPauken: Janos Figula

Mitglieder des Orchesters recreationrecreation • GROSSES ORCHESTER GRAZ besteht seit 2002 und gibt in Graz jährlich neun Doppelkonzerte im Rahmen seines Konzertzyklus im Stefaniensaal, ergänzt durch einen vierteiligen Barockzyklus der Originalklangformation des Orchesters, war aber auch schon im Wiener Musikvereinssaal oder an der Oper Frankfurt zu Gast. recreation kann auf die Zusammenarbeit mit hervorragenden Dirigenten und Dirigentinnen verweisen (Hein-rich Schiff, Andrés Orozco-Estrada, Jordi Savall). Fünf Jahre war Michael Hofstetter Chefdirigent. Seit der Saison 19/20 ist die Taiwanesin Mei-Ann Chen „Erste Gastdirigentin“ des Orchesters.

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Aviso

Freitag, 17. Juli / Samstag, 18. JuliHelmut List Halle, 18 / 19.30 / 21 Uhr

Don Giovanni in Nöten

Mozart: Ouvertüre und Arien aus „Don Giovanni“, KV 527

Miriam Kutrowatz, Tetiana Miyus, Angelo Pollak, Damien GastlHarry Lampl, Schauspieler, als Leporellostyriarte Festspiel-OrchesterDirigent: Andrés Orozco-Estrada

Vorspiel im Foyer:Adrian Schvarzstein & Yurate Sirvyte

Einfach nur kürzen, kam für die styriarte nicht in Frage. Aus der Not wird nun eine Tugend: eine neue Geschichte rund um die Nöte des Musiktheaters, in Zeiten der Krise Kunst zu machen. Ein verzweifelter Impresario, ein verkühlter Leporello mit Mund- schutz und ein Maestro, der rettet, was noch zu retten ist, das

sind die Protagonisten. Dazwischen treten vier wunderbare junge Sän-gerinnen und Sänger in den Ring, die im Probe-singen für diese Produk-tion ausgewählt wurden. Andrés Orozco-Estrada zieht alle Register seines pulsierenden Mozart- Stils.

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Der Haltung gewidmet.

Haltungsübung Nr. 16

Blickwinkel ändern.

Haltungsübung für Fortgeschrittene: Legen Sie jeden Tag ein paar Mal den Kopf zur Seite und betrachten Sie die Welt aus einem anderen Blickwinkel. Das ist gut für den Nacken. Und noch besser für Ihren Kopf.

derStandard.at

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