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Fremdsprache Deutsch Zeitschrift für die Praxis des Deutschunterrichts Sondernummer I 1994 Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. © Copyright Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2018 - (www.fremdsprachedeutschdigital.de) - 26.04.2018 - 06:04 - (ds) 587013053879

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Fremdsprache Deutsch

Zeitschrift für die Praxis des Deutschunterrichts

Sondernummer I 1994

Neue Wege in derDeutschlehrerausbildung

Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt.©

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Fremdsprache Deutsch Sondernummer 1994

Sondernummer 1994Neue Wege in derDeutschlehrerausbildung

4 Editorial: Neue Wege

6 HANS-JÜRGEN KRUMM:Neue Wege in derDeutschlehrerausbildung

12 GERHARD NEUNER:Germanisten oder Deutschlehrer?– Zur curricularen Planung einer wissenschaftlichen Deutschlehrer-ausbildung

16 LÄNDERBERICHTE

17 NIKKY KEILHOLZ-RÜHLE:Deutschlehrermangel? – Perspektivender Deutschlehrerausbildung in derTschechischen Republik

22 CHRISTIANE GÜNTHER/HALINA STASIAK:Zur Situation der Deutschlehrerausbil-dung in Polen

27 ANNA ZALÁN-SZABLYÁR:Dreijährige Deutschlehrerausbildung.Curriculumentwicklung an der Eötvös Loránd Universität/Budapest

31 JÜRGEN H. OTT:Die Ausbildung von Deutschlehrern fürdie Sekundarstufe in Frankreich

36 BRENNPUNKTE EINER BERUFSBEZOGENEN AUSBILDUNGVON DEUTSCHLEHRERN

37 MAGDOLNA OROSZ:Die Rolle der Literatur

40 ERZSÉBET HAJDÚ:Die Sprachpraxis

44 KATALIN PETNEKI:Die methodisch-didaktische Kompetenz

48 DAS SCHULPRAKTIKUM

49 CAMILLA BADSTÜBNER-KIZIK:Schulpraktische Ausbildung vonDeutschlehrern am Fremdsprachen-lehrerkolleg der Universität Gdansk

55 EDITH MORVAI:Das Schulpraktikum in der dreijährigenDeutschlehrerausbildung an der EötvösLoránd Universität/Budapest

59 BERND KAST:Lehrertraining durch Microteaching

66 ANGELA PFAFF:Internationalisierung:Auslandsaufenthalte in der Deutsch-lehrerausbildung

2 Impressum

70 Bücher und Aufsätze zum Thema

72 Unsere Autorinnen und Autoren

73 Neuer Deutschlehrerverband

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Fremdsprache Deutsch Sonderheft 1994 – Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung, ISBN 978-3-19-869183-0, © Hueber Verlag 2007

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Fremdsprache Deutsch Sondernummer 1994

N E U E W E G E I N D E R D E U T S C H L E H R E R A U S B I L D U N G2

Fremdsprache DeutschZeitschrift für die Praxis des Deutschunterrichts

herausgegeben vomVorstand des Goethe-InstitutsundHans-Jürgen KrummGerhard Neuner

im Verlag Klett Edition Deutsch, München

Schriftleitung: Elisabeth Lattaro, Bereich 52 Goethe-Institut

Redaktionsbeirat des Goethe-Instituts: Klaus Fischer,Bernd Kast, Hendrik Kloninger, Jochen Neuberger, Ilsemarie Waechter

Korrespondierendes Mitglied: Diethelm Kaminski (Zentralstelle für das Auslands-schulwesen)

Verantwortliche Themenheftherausgeber: Bernd Kast, Hans-Jürgen Krumm

Redaktion: Eva-Maria JenkinsSatz und Gestaltung: Hans-Werner KleinAnzeigenleitung: Verlag Klett Edition Deutsch

Druck: Ludwig Auer GmbH, Donauwörth

Umschlagfoto: Veit Mette

Themen der nächsten Hefte: Manuskriptabgabe: Erscheint:Heft 13: Die ersten Stunden und Wochen

Deutschunterricht 1.3.1995 Herbst 1995Heft 14: Sprechen 1.9.1995 Frühjahr 1996Heft 15: Redewendungen 1.3.1996 Herbst 1996Sondernummer 1995: Fremdsprachenlerntheorien

1.4.1995 Ende 1995Sondernummer 1996: Autonomes Lernen

Für Fremdsprache Deutsch gibt es zwei verschiedene Jahresabonnements:Abonnement 1 umfaßt zwei reguläre Hefte pro Jahr zum Preis von DM 25,80, fürStudenten DM 19,50 zuzüglich Versandkosten.Abonnement 2 umfaßt die beiden regulären Hefte wie in Abonnement 1. Dazu einebenfalls jährlich erscheinendes Sonderheft. Es kostet DM 39,00 zuzüglichVersandkosten.Die Hefte können auch einzeln bestellt werden. Einzelhefte kosten DM 15,80zuzüglich Versandkosten.© Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Auchunverlangt eingesandte Manuskripte werden sorgfältig geprüft. Unverlangteingesandte Bücher werden nicht zurückgeschickt.

Die als Arbeitsblatt oder Material bezeichneten Unterrichtsmittel dürfen bis zurKlassen- bzw. Kursstärke vervielfältigt werden.

Adresse der Schriftleitung: Dr. Elisabeth Lattaro, Goethe-Institut, Bereich 52, Postfach 190 419, D-8 0604 München (Tel.: 0 89/159 21-295;Telefax 0 89/159 21-523)

Verlagsadresse: Klett Edition Deutsch GmbH, Kühbachstraße 11,D-81543 München, (Tel.: 0 89/62 30 84-0; Telefax 089/65 02 56)

Bestelladresse für Einzelhefte: Ernst Klett Verlag für Wissen und Bildung, Abt. AW,Postfach 10 60 16, D-70049 Stuttgart

Bestelladresse für Abonnements: Ludwig Auer, Postfach 1152,D-86601 DonauwörthISBN 3-12-675522-4

I M P R E S S U M Liebe Leserin,lieber Leser,

jetzt endlich haben Sie die Sondernummer 1994von Fremdsprache Deutsch erhalten! Sie wundernsich, haben sich wohl auch geärgert. Außerdemist es nicht das erste Mal, daß es bei einer unsererSondernummern eine solche Verzögerung gibt.

Es läßt sich erklären:Die Sondernummern fallen aus dem normalenRahmen der Themenhefte von FremdspracheDeutsch heraus. Sie wenden sich an andere Ziel-gruppen oder sind speziellen Themen gewidmet,die manchmal eine lange Vorbereitungszeit undeine besonders intensive Zusammenarbeit mitden Autorinnen und Autoren erfordern. Das warauch im vorliegenden Heft der Fall, bei dem Erfah-rungen mit neuen Entwicklungen erst noch aufge-arbeitet werden mußten.

Die Sondernummern sind zwar im Hinblick auf dasAbonnement den einzelnen Jahrgängen zugeord-net, erscheinen aber nicht immer im jeweiligenKalenderjahr.

Wir bitten Sie hierfür um Verständnis.Herausgeber und Verlag

Das Titelbild zeigt die Situation einer „Unter-

richtsbeobachtung“: einer der beiden Beob-

achter greift – nach vorheriger Absprache –

gerade in das Unterrichtsgeschehen ein (teil-

nehmende Beobachtung); der andere sitzt am

Rand des Geschehens und macht sich Notizen

(nicht-teilnehmende Beobachtung).

Fremdsprache Deutsch Sonderheft 1994 – Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung, ISBN 978-3-19-869183-0, © Hueber Verlag 2007

Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt.©

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it dem vorliegenden Heft wenden wir uns an alle in der Leh-reraus- und -fortbildung tätigen Kolleginnen und Kollegen,aber wir wollen auch diejenigen ansprechen, die ihre Ausbil-

dung schon lange hinter sich haben. In einer Zeit, in der neueAnforderungen an den Fremdsprachenunterricht gestellt werden(Stichworte: Internationale Mobilität, Mehrsprachigkeit und Interkul-turelles Lernen), geht die Diskussion über die Ausbildung keineswegsnur Bildungspolitiker und Lehreraus- und -fortbildner an, sondern auch

Lehrbuchautoren, dieunterrichtenden Leh-rerinnen und Lehrerund deren Schüler.Ausbildungsinhaltewirken auch auf denUnterricht, auf dasLehrmaterial und in

die Lehrerfortbildung hinein – insofern verstehen wir die Auseinanderset-zung mit Formen und Inhalten der Lehrerausbildung auch als ein gemein-sames Nachdenken von Praktikern und Wissenschaftlern über veränderteAufgaben des Deutschunterrichts in einer sich verändernden Welt.

Seit vielen Jahren wird an der Ausbildung von FremdsprachenlehrernKritik geübt – überwiegend oder gar ausschließlich akademisch-philologischorientiert, bereiteten nur wenige Hochschulen die angehenden Lehrkräftetatsächlich auf das Unterrichten vor. Die politischen Umwälzungen in Mittel-und Osteuropa und die damit verbundene große Nachfrage nach Fremd-sprachen (insbesondere auch nach Deutsch) haben zahlreiche Projekte und

Initiativen zur Neuordnung des Bildungswesens insgesamt,vor allem aber auch zur Aus- und Fortbildung hervorge-bracht. Auch in den westlichen Ländern lassen sichReformbestrebungen erkennen, beginnt sich doch dieErkenntnis durchzusetzen, daß zunehmende internationaleVerflechtung auf gute Kenntnisse mehrerer Fremdsprachenmöglichst bei allen Bürgern angewiesen ist und daß guterFremdsprachenunterricht gut ausgebildete Fremdsprachen-lehrerinnen und Fremdsprachenlehrer voraussetzt.

Mit dem vorliegenden Heft wollen wir Konzepte undPraxisberichte dieser Reformbemühungen dokumentierenund damit zum Erfahrungsaustausch, aber auch zumNachdenken über Alternativen gegenüber verkrusteten

Aus- und Fortbildungsverfahren anregen. Zwar stehen Konzepte der Lehrerausbildungim Mittelpunkt, dennoch können viele Beiträge auch Anregungen für die Lehrerfort-bildung bieten, weil Fortbildung versäumte Ausbildungsphasen ja nachholen muß unddabei auf die vorliegende Ausbildung abgestimmt sein sollte.

Nicht zufällig dominieren in unserem Heft Beiträge aus Mittel- und Osteuropa,insbesondere aus Polen und Ungarn. Hier hat die Reform der Deutschlehrerausbildungund des Deutschunterrichts bereits früh nach der Öffnung der Grenzen begonnen, hier

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Neue Wege

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Fremdsprache Deutsch Sonderheft 1994 – Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung, ISBN 978-3-19-869183-0, © Hueber Verlag 2007

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liegen bereits erste konkrete Ergebnisse einer internationalenKooperation vor, an denen sich viele andere Länder, nicht zuletztauch im „Westen“, orientieren können. Die Länderberichte imersten Teil des Heftes zeichnen durchweg die Entwicklung nach, diesich nach der politischen Wende in Mittel- und Osteuropa vollzogenhat: Umgestaltung des Bildungswesens in Richtung zu weniger Zen-tralismus, Öffnung für die westlichen Fremdsprachen, Suche nachVorbildern, ohne dabei eigene Traditionen ganz zu verdrängen.Dabei muß betont werden, daß wir im Rahmen unserer Zeitschrift nurexemplarisch Entwicklungen aufzeigen können. Auch inden baltischen Ländern, in Bulgarien, Slowenien, in derSlowakei und Rumänien ebenso wie in zahlreichen weite-ren Ländern sind engagierte und kompetente Projekte zurNeugestaltung der Deutschlehrerausbildung im Gange.

Es soll allerdings auch nicht verschwiegen werden,daß die hier vorgestellten Modelle in den jeweiligen Län-dern keineswegs unumstritten sind. So werden sowohl inPolen wie auch in Ungarn die dreijährigen „Kurzstudi-engänge“ im Hinblick auf eine Überführung in vier- oderfünfjährige Ausbildungsgänge kritisch diskutiert und müs-sen sich dabei gegen Tendenzen einer Re-Philologisierungzur Wehr setzen. Auch die großen wirtschaftlichen Probleme in vielen Län-dern gefährden die gerade erprobten neuen Wege in der Lehrerausbildung.Wir wollen mit diesem Heft daher auch ein Plädoyer für die Erhaltung diesergerade im berufspraktischen Ausbildungsteil in den letzten Jahren gewonne-nen Erkenntnisse und Modelle vorlegen.

Im vorliegenden Heft werden vor allem auch diejenigen Elemente derDeutschlehrerausbildung beleuchtet, die sich als besonders schwierig erwiesenhaben, weil hier hartnäckig philologische Traditionen die Entwicklung einerBerufsorientierung behindern. Zu diesen schwierigen aber zentralen Punkten derDeutschlehreraus- und -fortbildung zählen wir vor allem• die sprachpraktische Ausbildung (vgl. den Beitrag von E. Haidú),• die Entwicklung von Inhalten und Verfahren für die methodisch-didaktische Aus-

bildung (vgl. den Beitrag von K. Petneki),• die Entwicklung der „Lehrkompetenz“ und die Gestaltung von Schulpraktika als

integrale Bestandteile der Deutschlehrerausbildung (vgl. B. Kast sowie E. Morvaiund C. Badstübner-Kizik),

• die Umgestaltung der traditionell philologischen Ausbildungsinhalte der Art, daßihre Relevanz für die Lehrtätigkeit bereits im Studium deutlich wird: hier deutet derBeitrag von M. Orosz einen Weg an, der allerdings sicher in der Literaturwissen-schaft wie in der Sprachwissenschaft noch konsequent weiterentwickelt werdenmuß.

Wir laden Sie ein, sich an der Weiterführung des hier angebotenen Erfahrungs-austausches zu beteiligen; Schriftleitung und die Herausgeber dieses Heftes würdensich über die Zusendung weiterer Erfahrungsberichte freuen.

Bernd Kast, München Hans-Jürgen Krumm, Wien

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Die Ausbildung von Fremdsprachenlehrernerfolgt in den meisten westeuropäischen Län-dern nach Ausbildungskonzepten, deren Ent-stehung in die 50er Jahre zurückreicht und dieden modernen Anforderungen an den heutigenFremdsprachenunterricht nicht mehr gerechtwerden. An der Lehrerausbildung in Frankreich,Deutschland und Österreich wird seit über zweiJahrzehnten Kritik geübt (vgl. Bausch/Christ/Krumm 1990), es ist bislang jedoch in diesen Län-dern kaum gelungen, Innovationen gegenüber staat-lichen Bildungsverwaltungen durchzusetzen. Nachwie vor werden im Studium Philologen ausgebildet,die auf ihre Tätigkeit als Fremdsprachenlehrerinnenund -lehrer in einer mehrsprachigen Welt nur unzurei-chend vorbereitet sind und deshalb erst auf Kostenihrer Schüler langsam auch zu Fremdsprachenlehrernwerden. So heißt es in dem 1988 nach fünfjähriger inter-nationaler Diskussion publizierten MADRIDER MANIFEST(1988, S. 40f):

„In ihrer heutigen Form entsprechen weder das Philolo-giestudium an den Hochschulen noch die anschließendepädagogische Ausbildung ausreichend den Bedürfnissen inter-kultureller Kommunikation. Die übliche Lehrerausbildung istmeist zu ausschließlich literarisch, in zu engem Sinne lingui-stisch oder auf eine nur folkloristische Landeskunde beschränktund vernachlässigt die Geschichte, die Kenntnis der politischen,wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse und die Ein-führung in interkulturelle Fragen. Viele Lehrer tun selbst nicht,was sie ihren Schülern vermitteln sollen. Es geht um nichts Gerin-geres als eine Neudefinition der Rolle des Lehrers als Anreger undFührer durch die fremde Kultur.“

Den Luxus einer solchen Lehrerausbildungkönnen sich die westlichen Länder ein Stück weitleisten, da einerseits der Bedarf an Fremdspra-chenlehrern zur Zeit relativ gering ist, anderer-seits die Nachfrage nach effektivem Fremdspra-chenunterricht vielfach außerhalb der Schule,

in Volkshochschulenund privaten Institu-ten, gedeckt werdenkann. In Länderndagegen, in denen eingroßer Bedarf aneffektiver Sprachver-mittlung und ein

quantitativer und qualitativer Nachholbedarf an Fremd-sprachenlehrern besteht, sollte die anstehende Curri-culumentwicklung für die Lehrerausbildung solchefragwürdigen Strukturen nicht übernehmen. Hier liegteine Gefahr, wenn westliche Experten, weil sie selbstnichts anderes kennen, die (überholten) Strukturenihrer Heimatländer nun auf Reformstaaten übertra-gen, in denen durchaus die Möglichkeit zu grundle-genden Erneuerungen und einer von vornhereinberufsbezogen orientierten Deutschlehrerausbil-dung besteht.

Eine eigenständige Entwicklung bietet hierauch die Chance, die sprachpraktische und diesprachdidaktische Forschung und Lehre in derHochschulgermanistik zu verankern und damitauf die vorhandene philologische Ausbildungim Sinne eines stärkeren Praxisbezuges einzu-wirken. Mit der Entwicklung von Curricula fürdie Lehrerausbildung wird eine entscheiden-de Weiche für die langfristige Struktur des Bil-dungssystems in diesen Ländern gestellt.Nur über die systematische Entwicklungeigenständiger Expertise ist der Aufbaueiner Fremdsprachenlehrerausbildungmöglich, die auch dann, wenn die Westeu-phorie in Politik und Öffentlichkeit gründ-lich verflogen sein wird, die Existenz derAusbildung von Deutschlehrern sichert– so übrigens hat die Deutschlehrer-ausbildung in den sozialistischen Län-dern in der Nachkriegszeit sich trotzder verständlichen Ablehnung desDeutschen halten und entwickelnkönnen (ich verweise auf den Berichtvon FÖLDES 1993, der dies am Bei-spiel der Pädagogischen Hochschu-le von Szeged sehr deutlich zeigt).

In acht Thesen sollen Eck-punkte einer zukunftsweisendenLehrerausbildung skizziert wer-den:

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Der Einleitungsbeitrag stellt in acht Thesendie Eckpunkte einer zukunftsorientiertenDeutschlehrerausbildung zur Diskussionund steckt den Rahmen ab, den die Länder-berichte und Fallstudien dieses Sonderheftesauszufüllen suchen.

Hans-Jürgen Krumm,Wien

Neue Wege in derDeutschlehrerausbildung

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These 1:

Mit dieser These wird zunächsteinmal die Notwendigkeit einer Lehrer-ausbildung postuliert, die nicht miteinem traditionellen Philologiestudiumidentisch ist, sondern neben diesem eineigenständiges, berufsorientiertes Profilbeanspruchen kann. So ist es problema-tisch, wenn in Anlehnung an die deutscheFachstruktur lediglich die traditionelle ger-manistische Ausbildungsstruktur

A. SprachwissenschaftB. Literaturwissenschaft

ergänzt wird um die Komponenten Fachdi-daktik, Landeskunde, Sprachpraxis, schonweil Sprach- und Literaturwissen-schaft keineswegs in allen Län-dern ähnlich strukturiert und ori-entiert sind. Das mag zwar aneinzelnen Hochschulen zur Zu-friedenheit aller funktionieren, istaber, funktional gesehen, ein diszi-plinorientierter Ansatz, dem diedidaktische Komponente lediglichadditiv angefügt wird. Grundlage fürdie Planung der Lehrerausbildungsollte nicht die Struktur der etablier-ten akademischen Disziplinen sein,sondern ein problemorientierterAnsatz, d.h. eine Curriculumreform, dieein Anforderungsprofil für Fremdspra-chenlehrer entwickelt, von dem her Aus-bildungsinhalte und eine Studienstrukturabzuleiten wären (siehe Tabelle rechts).

Ähnlich hat Gerhard Neuner (in NEU-NER 1993, 20 f, vgl. auch den Beitrag vonNEUNER in diesem Heft) für eine berufs-orientierte Deutschlehrerausbildung argu-mentiert:

„Aus der Perspektive der beruflichen Tätig-keit verändern sich zunächst einmal dieGewichtungen der einzelnen Fachdisziplinenund die Auswahl und Gewichtung der Studienin-halte radikal! Für den Deutschlehrer sind wichtig– und hier kommt es mir auch auf die Reihenfol-ge der Nennungen an:

1. Gute Deutschkenntnisse, vor allem solche, die unmittelbar fürden Unterricht verwertbar sind;

2. Eine solide methodische Ausbildung (Unterrichten lernen);3. Linguistische Kenntnisse, vor allem solche, die für den

Deutschunterricht unmittelbare Relevanz haben;4. Landeskundliche Kenntnisse, die als Hintergrundwissen für

den sprachpraktischen Unterricht benötigt werden;5. Beschäftigung mit aktueller Kurzprosa, die auch im Sprach-

unterricht verwendet werden kann.“

In den beiden zuletzt genannten Punkten müssen wir m.E. aber noch einen Schritt weiter gehen: die interkulturelleDimension ist nicht nur zentrale Grundlage des Sprach-unterrichts, sondern auch für die Einstellung der künfti-gen Deutschlehrer/innen eine zentrale Kategorie, die ihreHaltung zu Unterrichtszielen und -inhalten durchgehendbestimmt und sie erst zum „kulturellen Mittler“ macht.Entsprechend muß auch die Text- und Inhaltsdimen-sion des Fremdsprachenunterrichts so umfassend ein-bezogen werden, daß Fremdsprachenlehrer/innenzentrale Aspekte der Kultur und Literatur der Ziel-sprache kompetent vertreten können. Umfassendezielgruppenspezifische Kompetenzen im Hinblickauf Literatur und ihre Vermittlung, zum Beispiel imBereich der Kinder- und Jugendliteratur, gehörenebenfalls zur Kompetenz von Fremdsprachenleh-rer/innen. Die Literaturwissenschaft tut sich, wie

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In einer mehrsprachigenWelt ist die Ausbildung vonFremdsprachenlehrerinnenund -lehrern eine Ausbildungvon Experten in SachenSprachvermittlung und Mehr-sprachigkeit für unterschiedli-che Altersgruppen.

SprachkönnenSprachwissen (Pädagogische Grammatik, Termi-nologie), Sprachfunktionen, sprachliche Fertig-keiten, Kontrastivität, Kommunikationstheorie

Lernbedingungen und Lernvoraussetzungen, Mo-tivation, Aktivierung, Relation Mutter- und Fremd-sprache, autonomes Lernen, Lernstrategien

Lehrverhalten, Lehrerrolle, Unterrichtsmethoden,Unterrichtsplanung, Progression, Unterrichtsaus-wertung, Unterrichtsmedien

Text- und Themenauswahl, die Rolle der Literatur,Sach- und Fachtexte, Landeskunde

Stereotype und Vorurteile, Geschichte und Ge-genwart der Beziehungen zwischen D, CH, Aund dem eigenen Land; Kulturkontrastivität

Weshalb Deutsch lernen: Mehrsprachigkeit in Eu-ropa, die Rolle der deutschsprachigen Länder Institutionen und Arbeitsmittel für Deutschlehrerim Land

sprachliche Dimension

die Dimension desLernens

die Dimension desLehrens

die Inhalts-dimension

die interkultu-relle Dimension

die sprachen-politischeDimension

Ziele und Inhalte der Deutschlehrerausbildung– problemorientierter Ansatz –

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These 3:

Für bilinguale Unterrichtskonzepte (vgl. KOSCHAT/WAGNER 1994) werden Zwei-Fach-Lehrer gebraucht, willman nicht auf muttersprachliche Geschichts- oder Geo-graphie-Lehrer zurückgreifen, die ihre Schüler dann aberoft sprachlich überfordern und die notwendige Fach-sprachenvermittlung nicht leisten können. Ausbildungvon Deutschlehrkräften als Experten von Mehrspra-chigkeit – das bedeutet also auch, das Konzept derAusbildung von zukünftigen Lehrern für nur ein Unter-richtsfach, wie es insbesondere in Mitteleuropa zurZeit realisiert wird, noch einmal kritisch zu überprüfen.

Für eine in zwei Unterrichtsfächern ausgebildeteLehrkraft ergibt sich eine Reihe von Vorteilen:• Sie hat größere Chancen auf dem außerschuli-

schen Arbeitsmarkt.• Sie ist flexibler in der Schule einzuplanen und

im Bildungswesen eines Landes leichter ein-zusetzen.

• Nur auf diese Weise kann eine effektive Nut-zung des Fachunterrichts für das Sprachen-lernen gelingen.

• Schließlich ergänzen sich die beidenFächer gegenseitig und bereichern die Per-sönlichkeit der Lehrperson.

Damit ist nicht gemeint, die Fächerkom-binationen der völlig unberatenen Zufällig-keit zu überlassen, sondern gezielte, auchim Hinblick auf die Studierbarkeit sinn-volle Kombinationen zu ermöglichen.Zugleich darf natürlich die Zulassung fürein solches Studium nicht doppelt soschwer sein wie bei einem Ein-Fach-Stu-dium. Zu erreichen wäre dies, wenn dieZulassung z.B. für Deutsch erfolgt unddas Zweitfach dann im Rahmen einersorgfältigen, auch den gesellschaftli-chen Bedarf einbeziehenden Bera-tung gewählt wird. Daher ist esnicht sinnvoll, Lehrkräfte nur nochfür bestimmte Schulstufen undSchularten auszubilden. Für Län-der, die jetzt Kollegs mit einerdreijährigen Kurzausbildung ein-gerichtet haben, sollte dahergelten, die Verzahnung mit dervier- bzw. fünfjährigen Ausbil-dung von Anfang an mitzube-

auch der Beitrag von Magdol-na Orosz in diesem Heft illu-striert, nicht leicht damit, ihreGegenstände im Hinblick auf dasPraxisfeld des Deutschunter-richts neu zu gewichten und zuordnen, also zum Beispiel die Lite-raturgeschichte nicht von denAnfängen bis zur Gegenwart syste-matisch zum Gegenstand derDeutschlehrerausbildung zu ma-chen, sondern

1. vergleichend, indem Beziehun-gen zwischen der eigenen Nationallite-ratur und der deutschsprachigen Lite-ratur thematisiert werden, und

2. rückwärts, d. h. daß von derGegenwart her nach Ursprüngen undVorläufern heutiger literarischer Äuße-rungen gefragt wird.

Professionalisierung der Lehrerausbil-dung darf nicht verhindern, daß sich dieangehenden Deutschlehrer/innen auch mitdem Gegenstand ihres Studiums, und dasheißt immer auch, mit der Literatur, identifi-zieren. Bisher allerdings ist die Deutschlehrer-ausbildung viel zu literaturlastig und vergißt,daß Identifikation mit dem Fach auch über Lin-guistik und Didaktik möglich sein muß und daßfür ein berufsorientiertes Studium eine Selektionund Zuordnung literaturwissenschaftlicher Fra-gestellungen auf das Berufsfeld hin erforderlich ist.

These 2:

Eine solche Ausbildung käme dem Deutschunterrichtzugute, insoweit die Fähigkeiten zu kontrastivem Arbeitendurch das Studium der Muttersprache erheblich verbes-sert würden; sie würde diese Lehrerkräfte aber auch zuspezifischen Integrationshelfern und Mittlern für Kinderund Jugendliche sprachlicher Minderheiten machen undihnen ein Gespür für Mehrsprachigkeit vermitteln. Kontrasti-ve Studien, die allerdings auch Kulturkontraste einbeziehenund nicht auf der sprachlichen Oberfläche stehen bleiben,sowie Fragen der Koordination von schulischem und außer-schulischem Spracherwerb müßten im Mittelpunkt einer sol-chen Dimension der Lehrerausbildung stehen.

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Für bilinguale Unterrichtsmodelle werden Lehrerund Lehrerinnen gebraucht, die eine Fremdspra-che und ein schulisches Sachfach gut beherr-schen, um dieses im Medium der Fremdspracheunterrichten zu können.

In Ländern mit sprachlichen Minderhei-ten sollten möglichst viele Fremdspra-chenlehrer/innen auch lernen, ihre eigene

Muttersprache als Fremd- oder Zweitsprachezu unterrichten.

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denken – sei es, daß Absolven-ten der Kurzausbildung nacheiner festzulegenden Unter-richtstätigkeit von 5–8 Jahrendie Möglichkeit eines vertiefen-den Aufbaustudiums an der Uni-versität und damit der Erweite-rung ihrer Lehrbefähigung oderaber das Studium eines ergänzen-den zweiten Unterrichtsfachesermöglicht wird. Dies ist dann auchdie Stelle, an der Fernstudien undLehrerweiterbildung eine qualifika-tionserweiternde Funktion erhalten.

These 4:

Lehrerinnen und Lehrer orientieren sich –vor allem, weil sie es nicht anders gelernthaben – primär an der Förderung monolingua-ler und monokultureller Fähigkeiten. Einemehrsprachige und multikulturelle Schule kannnur Wirklichkeit werden, wenn zunächst die Leh-rerinnen und Lehrer (und dann auch die Ler-nenden) über eine entsprechende positive Ein-stellung verfügen.

Im Zuge der immer engeren europäischen Ver-flechtungen, der Arbeits- wie auch der Flüchtlings-und Armutsmigration werden die Klassenzimmer inallen Ländern zunehmend mehrsprachig. Aufgabevon Deutschlehrkräften ist es, ihre Schüler im Rah-men des Sprachunterrichts auf Mehrsprachigkeit auchüber Deutsch hinaus vorzubereiten. Die Ausbildungdarf sich daher nicht in der Vermittlung unmittelbarberufsrelevanter Fähigkeiten erschöpfen. Sie muß eineSensibilisierung für Mehrsprachigkeit leisten, am bestendadurch, daß innerhalb der Lehrerausbildung noch ein-mal eine (weitere) Fremdsprache gelernt wird, wie diesviele neuere Ausbildungskonzepte vorsehen.

Lehrerinnen und Lehrer müssen es lernen, im Unter-richt Sprachen, die sie selbst nicht verstehen, zuzulassenund aktiv einzusetzen (z. B. dadurch, daß die Schülerinnenund Schüler diese Sprachen benutzen und erklären). Dies istfür Lehrkräfte, denen die Herkunftssprachen ihrer Schülerunbekannt sind, eine anstrengende Anforderung. Sie ist aberwichtig, weil die Einstellung der Lernenden zur Mehrsprachig-keit stark durch die Einstellung ihrer Lehrer geprägt wird.

These 5:

Lehrerinnen und Lehrer werden in ihrer Berufsrolle sehrstark auf Rollenerfahrungen und Arbeitsformen zurückgrei-fen, mit denen sie im Studium konfrontiert worden sind:nicht nur die methodische, sondern auch die pädagogi-sche Kompetenz und die Fähigkeit zu kultursensiblem Ver-halten müssen daher bereits das Studium prägen. DieDeutschlehrerausbildung darf sich daher nicht in einemlehrerzentrierten Vorlesungsbetrieb erschöpfen, viel-mehr müssen die Studierenden hier Partner- und Team-arbeit, selbständiges Lernen und induktives Vorgehenerfahren und in interkulturellem Wahrnehmungstrai-ning auch die eigene ethnozentrische Fixierung ken-nen- und überwinden lernen (vgl. REY 1986). Diesgeschieht am effektivsten da, wo die StudierendenSprachunterricht am eigenen Leib erleben, in dersprachpraktischen Ausbildung. Aber auch die Aus-bildung in Methodik, Literatur- und Sprachwissen-schaft darf davon nicht unberührt bleiben undsollte intensive Lehrtrainingsphasen umfassen.

These 6:

Das bedeutet zunächst einmal, daßpraktische Phasen der Lehrerausbildungkein unwissenschaftliches Anhängsel fürdie letzten Studienmonate sind, sondernintegrierter und früher Bestandteil derAusbildung, wie dies am LehrerkollegGdansk m. E. vorbildlich konzipiert ist.Alle vorliegenden Untersuchungen zurLehrerausbildung machen deutlich,daß die Trennung in eine erst fach-wissenschaftliche, dann praktischeAusbildungsphase dazu führt, daßdie angehenden Lehrer überfordertsind, die Verbindung zwischenTheorie und Praxis herzustellenbzw. ihnen dies oft nur in unzuläs-siger Verkürzung gelingt. Auf dieFrage, ob Unterrichten Kunst oderWissenschaft sei, hat NathanielGage (1978), in Analogie zurChirurgie, Unterrichten als eineKunstfertigkeit, die auf Wissen

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Die Entwicklung einer positivenEinstellung zur Mehrsprachigkeitund Interkulturalität gehört insZentrum der Lehrerausbildung.

Die Arbeits- und Lernformen des Studiums müssendenjenigen entsprechen, die von den Deutschlehrernin ihrer zukünftigen Berufspraxis erwartet werden.

Kennzeichen einer berufsorientier-ten Fremdsprachenlehrerausbildungist ihr durchgängiger Praxisbezug.

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beruht, bezeichnet. Ich willden Vergleich mit der Medizinoder Juristerei hier nicht zuweit treiben, aber doch festhal-ten: um die Theorie für die Kunst-fertigkeit nutzen zu können, mußdie Anwendungspraxis vonAnfang an als Filter, Bezugspunktund Maßstab für theoretischeAnsätze präsent sein. Das heißtzunächst einmal, daß die Studieren-den in einem frühen Ausbildungssta-dium lernen sollten, Deutschunter-richt zu beobachten und zu analysie-ren, um von daher Fragen an dieWissenschaft zu artikulieren und dieRelevanz theoretischer Aspekte einse-hen zu können. In ganz besonderemMaße gilt dieser Weg von der Praxis zurTheorie für den Bereich der methodi-schen Ausbildung. Ich halte es für völligverfehlt, wenn Methodiker in dem Be-mühen, akademisch anerkannt zu werden,nun eben jene Theorielastigkeit und Praxis-ferne praktizieren, die den Philologien in derLehrerausbildung bislang zurecht vorgewor-fen wird. Methodik gewinnt ihre wissenschaft-liche Dignität nicht aus Praxisferne und Ab-straktion, sondern dadurch, daß sie sich aufdie Unterrichtspraxis einläßt und diese – unterZuhilfenahme theoretischer Modelle und empi-rischer Verfahren – einer die Faktorenkomplexi-on des Unterrichtsgeschehens aufklärenden Ana-lyse unterzieht. Methodik muß sich also zuersteinmal auf die Praxis einlassen, den Studierendenhelfen, Strukturen zu erkennen und zu beschreiben.Dann erst können Rückfragen an didaktische Theo-rie und andere Disziplinen gestellt und Versucheeiner Systematisierung unternommen werden.

These 7:

Mit dieser These ist nicht gemeint, wie vielfach in derVergangenheit, die Forschungsinteressen hochspeziali-sierter Wissenschaftler wieder zum Gegenstand desLehrerstudiums zu machen. Die Zeiten aber, in denenFremdsprachenlehrer, versehen mit einer narrensi-cheren Methode, in den Unterricht geschickt wurden,sind mit dem Ende der audiolingualen Methode vor-bei – kommunikativer und interkultureller Unterrichtbedeuten, Individuen mit ihren unterschiedlichenLern-, Sprach- und Kulturerfahrungen ernst zu neh-men, einen dem wechselnden gesellschaftlichenBedarf und den individuellen Bedürfnissen ange-paßten Unterricht zu erteilen – und dies in einerZeit, in der sich die landeskundlichen Inhalte, diesprachlichen Ausdrucksformen, die Normeninterkultureller Kommunikation rasant ändern.Ich erinnere nur daran, wie mit der Umweltdis-kussion auf einmal die physikalische und bio-chemische Fachsprache zum Bestandteil derAlltagskommunikation geworden ist und wiedie Internationalisierung der Wirtschaft, dieComputerisierung der Kommunikation inden letzten drei Jahren unsere Sprache ver-ändert haben und wie sich auch die Lern-interessen der Schüler ändern.

Wir wissen wenig darüber, was denn„gutes Lehrverhalten“ unter diesen Be-dingungen bedeutet – in jedem Falljedoch nicht, nach festgelegtem Schemazu unterrichten. Die amerikanischenPsychologen Brophy und Good (1974)erklären aufgrund einer Analyse ent-sprechender empirischer Untersu-chungen: es gibt kein einziges Lehr-verhalten, für das unzweifelhaftnachgewiesen ist, daß es für alleLernenden und in allen Situationengünstige Effekte hat. Der amerika-nische Psychologe Ausubel for-muliert diese Erkenntnis provo-zierend positiv: Bringe in Erfah-rung, was dein Schüler weiß,und unterrichte demgemäß.Beide Aussagen weisen daraufhin, daß es die Aufgabe von

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Die Deutschlehrerausbildung bereitet auf einenBeruf vor, der der Entwicklung der dynamischenMehrsprachigkeit von Individuen in einer wech-selvollen, mehrsprachigen und multikulturellenWelt dient. Eine solche Ausbildung ist nur danntragfähig, wenn sie als wissenschaftliche Ausbil-dung konzipiert wird, d.h. auch für die Studie-renden eine Forschungskomponente enthält.

LinguistikLiteratur(wissenschaft)LandeskundePädagogikPsychologieMethodik/Didaktik

SprachbeherrschungUnterrichten– was heißt „Unterrichten können“ überhaupt ?

Einstellung zur deutschen SpracheEinstellung zum UnterrichtenEinstellung zu den deutschsprachigen LändernReflexion der eigenen Rolle als Lehrer

Vom Germanistikstudenten zum Deutschlehrer ...

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K ö n n e n

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Lehrkräften ist, die konkretenVoraussetzungen und Bedürf-nisse ihrer Schüler, die örtli-chen, zeitlichen und sozialen Be-dingungen ihrer Klasse und ihresUnterrichts zu analysieren und mitden vorhandenen Lehrplänen undRessourcen in einem Unterrichts-konzept zu verbinden.

Das bedeutet aber: Lehrkräftemüssen in ihrer Ausbildung lernen,analysierend und gewichtend mitLehr- und Lernprozessen, auch mitihrem eigenen Lehrverhalten wie mitsprachlichen Veränderungen umzuge-hen. Das bedeutet, daß jeder Lehrerund jede Lehrerin ein Stück weit auchals Sprachlehr- und Sprachlernforschergefordert wird. Verfügen Lehrkräfte überdiese Fähigkeit nicht, so besteht dieGefahr eines unflexiblen, an präskriptivenmethodischen und sprachlichen Normenorientierten Lehrverhaltens, das der Dyna-mik sprachlicher Prozesse nicht gewachsenist. Forschendes Lernen, z.B. durch die Mit-wirkung der Studierenden an Lernerspra-chen- und Unterrichtsanalysen, an sprachwis-senschaftlicher Feldforschung o.ä. gehörtdaher ebenso in die Lehrerausbildung hineinwie das kontrollierte Lehrverhaltenstraining –dies setzt eine Einbindung auch der Lehrkräfte,etwa der Lehrerkollegs in Polen (siehe den Bei-trag von Christiane Günther in diesem Heft), inForschungszusammenhänge voraus.

Mir ist klar, daß diese Forderung insbesonderebei den Kurzstudiengängen und hochschulfernenLehrerkollegs an Grenzen stößt. Kurzfristig sind hiersicher Kompromisse erforderlich, in einer langfristi-gen Curriculumentwicklung für die Lehrerausbildungdarf ein fest verankerter Forschungsbezug meinesErachtens jedoch nicht fehlen.

These 8:

Mit diesen Bemerkungen ist nicht nur eine hohe wis-senschaftliche Qualifikation gemeint, sondern auch eineals akademischer Lehrer oder akademische Lehrerin.Schließlich werden die zukünftigen Deutschlehrer vonihren Universitäts- oder Kolleg-Dozenten Arbeitsformenund Einstellungen in die eigene Lehrtätigkeit überneh-men. Katalin Petneki hat für das Krakauer Symposion1992 (vgl. Günther 1992) eine beeindruckende, viel-leicht sogar abschreckende Liste solcher Qualifikati-onsmerkmale vorgelegt. Eine solche Liste würdeihren Schrecken verlieren, gäbe es an der Hochschu-le Möglichkeiten der Fortbildung, würden wir auchin der Hochschule mehr Gebrauch von Teamarbeitmachen, so daß nicht eine Person allein über alldiese Qualifikationen verfügen muß. Die kontinu-ierliche Weiterbildung der Lehrerausbilder gehörtjedenfalls zu den wichtigsten Voraussetzungenfür eine gelingende Reform der Lehrerausbil-dung.

Die hier skizzierte Lehrerausbildung, überdie wir in den deutschsprachigen Ländern seitvielen Jahren viel schreiben, die wir aber auchfür uns bislang nur in Einzelfällen und An-näherungen erreicht haben, wird sich sicherauch andernorts nur schritt- und stückweiseund mit Kompromissen realisieren lassen.Wichtig ist daher, die allen Einzelschrittender Curriculumentwicklung zugrunde lie-gende Ausbildungs- oder noch deutlichergesagt: Bildungsphilosophie. Sie istdurch die Stichworte Mehrsprachigkeitund Multikulturalität gekennzeichnet.Ich möchte sie abschließend in einemweiteren Rahmen als ’Ausbildungskon-zeption für eine Schule gleicher Chan-cen und gemeinsamer Förderung‘bezeichnen, die wir – auch wenn dieRealität der Verwirklichung einersolchen Schule noch lange entge-genstehen wird – als Ziel nicht ausdem Auge verlieren sollten (vgl.Osswald 1991, 317/318). Eineberufsorientierte Deutschlehrer-ausbildung kann daher nur imEinklang mit einem entspre-chenden Curriculum für denDeutschunterricht ihre volleWirkung entfalten.

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Eine professionelle Fremdsprachenlehrerausbildung setztauch entsprechend qualifizierte Ausbilder und Ausbilde-rinnen voraus, über die die Hochschulen aber nicht ver-fügen. Qualifizierungsprogramme für Lehrerausbildermüssen daher hohe Priorität genießen.

Literaturhinweise:Bausch, Karl-Richard/Christ, Herbert/ Krumm, Hans-Jürgen (Hrsg.): Die Ausbil-

dung von Fremdsprachenlehrern: Gegenstand der Forschung. Bochum1990, 2.Aufl. 1992 (=Manuskripte zur Sprachlehrforschung Bd. 33).

Brophy, J.E./Good, T.L. : Die Lehrer-Schüler-Interaktion. 1974. München 1976.DAS MADRIDER MANIFEST, hrsg. von Robert Bosch Stiftung/Fondation Européen-

ne de la Culture. Gerlingen 1988.Földes, Csaba: Deutschlehrerausbildung und Germanistik im Wandel der Zeiten.

In: ders. (Hrsg.): Germanistik und Deutschlehrerausbildung. Szeged/Wien1993, 11–32.

Gage, Nathaniel L.: Unterrichten - Kunst oder Wissenschaft ? 1976. München 1976.Grucza, Franzisek/ Krumm, Hans-Jürgen/ Grucza, Barbara: Beiträge zur wissen-

schaftlichen Fundierung der Ausbildung von Fremdsprachenlehrern. Warsza-wa 1993.

Günther, Christiane (Hrsg.): Symposion „Deutschlehrerausbildung im europäischenVergleich“. Vervielf. Krakau 1992.

Koschat, Franz/ Wagner, Gottfried (Hrsg.): Bilinguale Schulen. Wien 1994.Neuner, Gerhard: Regionale und regionenübergreifende Perspektiven der Deutschleh-

rerausbildung in Europa. In: Neuner, Gerhard (Hrsg.): Regionale und regionenü-bergreifende Perspektiven der DaF-Lehrerausbildung. Kassel 1993, 14–31.

Oswald, Elmar: Organisationsentwicklung in Schulen – Ein Beitrag aus Basel. In: U. Greberu. a.: Auf dem Weg zur „guten Schule“. Weinheim 1991, S. 310–333.

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Curriculumentwick-lung – die systemati-sche Planung derDeutschlehrerausbil-dung im Kontext dervorhandenen Fächerund der Zielsetzungendes Deutschunterrichts –wird im folgenden Bei-trag als Entscheidungs-und Planungsprozeß kon-kretisiert, der andere Zieleverfolgt als ein Germani-stikstudium.

1. Zur EinführungDie Frage, die ich in der Überschrift dieses Beitrags stelle,mag für die Leserinnen und Leser in vielen Ländern unver-ständlich erscheinen: die Ausbildung von Germanisten istdoch dasselbe wie die von Deutschlehrern, oder nicht ?

Neue Modelle der Deutschlehrerausbildung werden z. Zt.vor allem in den Ländern Mittel- und Osteuropas an sog.Fremdsprachenkollegs erprobt, weil ein großer Bedarf anUnterricht in westlichen Fremdsprachen entstanden ist, derrasch gedeckt werden muß. Da die Ausbildung von Deutschleh-rerinnen und -lehrern sich an den Standards der Studiengänge

der universitären Germanistikabteilungen orientieren muß, gerätsie schnell in die Zwickmühle: die an der Vermittlung von Fach-wissen (Literatur, Linguistik, Landeskunde) ausgerichteten Uni-versitätsstudiengänge bereiten künftige Lehrer nicht zurei-chend auf ihren Beruf vor, wer aber praxisorientiert ausbildet,setzt sich leicht dem Vorwurf aus, diese Ausbildung sei „un-akademisch“ und damit minderwertig im Vergleich zur Uni-versitätsausbildung.

Die Grundfrage der curricularen Reform der Deutschleh-rerausbildung lautet also: wie müßte eine Konzeption aus-sehen, in der die Ansprüche des fachwissenschaftlich ori-entierten Germanistikstudiums mit den Anforderungeneiner praxisorientierten Berufsbildung 'unter einen Hutgebracht' werden ? Um diese Frage zu beantworten, müs-sen die Besonderheiten einer akademisch orientiertenGermanistikausbildung und der berufsorientiertenDeutschlehrerausbildung näher ins Auge gefaßt werden.

2. Bezugspunkte curricularerPlanung einer wissenschaft-

lichen Deutschlehrerausbildung

GERMANISTENAUSBILDUNG:Ihr Ziel – etwa in einem Magisterstudiengang – istdie Vermittlung bzw. der Erwerb eines möglichstumfassenden Fachwissens in Verbindung mitder Entwicklung eines Methodenbewußtseins(Forschungsansätze und -perspektiven) in dengermanistischen Fachdisziplinen.

Das Lehrangebot des traditionellen Ger-manistikstudiums ist also von der Wissenssy-stematik der germanistischen Teilgebiete herkonzipiert (Literaturwissenschaft/Sprach-wissenschaft; dazu in der Auslandsgermani-stik: Landeswissenschaften, sowie die ver-gleichende Perspektive). Die Studierendenweisen zum Ende des Studiums ihre Qua-lifikationen u.a. durch eine Magisterar-beit nach, in der ein ausgewähltes wis-senschaftliches Thema 'nach den Re-geln der Kunst' bearbeitet wird.

DEUTSCHLEHRERAUSBILDUNG:Das leitende Interesse der Deutsch-lehrerausbildung ist dagegen anderszu formulieren: fachliches Wissen istkein Selbstzweck, sondern es soll aufdie künftige Berufstätigkeit vorbe-reiten. Das bedeutet, daß im insti-tutionellen Rahmen (Schule) inden einzelnen Schulfächern Kennt-nisse entfaltet und Fertigkeitenausgebildet werden sollen undHaltungen/Einstellungen entste-hen sollen, die den Vorstellun-gen der jeweiligen Gesellschaftvon einer „sinnvollen Vorberei-

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Gerhard Neuner, Kassel

GermanistenoderDeutschlehrer?Zur curricularen Planung einerwissenschaftlichen Deutschlehrer-ausbildung

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tung auf das Leben“ entsprechen. DieseDefinition ist bewußt vage formuliert. Siemacht aber auf jeden Fall deutlich, daß dasDeutschlehrerstudium nicht ein auf das Wis-sen des jeweiligen Schulfaches reduziertesund 'didaktisiertes' Germanistikstudium ist,sondern daß es sehr viel breiter angelegt seinmuß und nicht nur fachliches 'Wissen', sondernauch berufliches 'Können' (Sprachbeherr-schung, Unterrichtspraxis) umfassen muß.

Diese Feststellungen sind selbstverständlichnicht neu. Wenn man sie aber ernst nimmt, wirddeutlich, warum eine wissenschaftliche Deutsch-lehrerausbildung anders aussehen muß als ein tra-ditionelles Germanistikstudium:� Zwar haben auch in einem Deutschlehrerstudium

die germanistischen Fachinhalte eine tragendeFunktion, aber die Auswahl, Gewichtung und Per-spektivierung der fachwissenschaftlichen Kennt-nisse erfolgt nicht von der Systematik der Gegen-stände her, sondern wird strukturiert durch dasübergreifende fachdidaktische Interesse. Die Beschäf-tigung mit linguistischen, literaturwissenschaftlichenund landeswissenschaftlichen Themen ist Teil der wis-senschaftlichen Auseinandersetzung mit der „Theorieund Praxis des fremdsprachlichen Deutschunterrichts“.

� In dieser Theorie und Praxis des Fachunterrichts spielenneben der Germanistik weitere Bezugswissenschafteneine wichtige Rolle, etwa die Pädagogik, die AllgemeineDidaktik, die Psychologie, die Lerntheorie, die Gesell-schaftswissenschaften etc., die sich auf die Rahmenbedin-gungen, Ziele, Prozesse usw. des institutionalisiertenLernens beziehen.

� Zu den Bezugswissenschaften der Theorie und Praxis desfremdsprachlichen Deutschunterrichts zählen auch alle die-jenigen Wissenschaften, die sich mit der eigenen Sprache undSoziokultur und ihren Wechselbeziehungen zur Zielsprache

und ihrem soziokulturellen Kontext befassen. Dasist in der Vergangenheit oft übersehen worden.

� Nicht zuletzt sind es auch die Bereiche prakti-schen Könnens – der Sprachbeherrschung unddes Unterrichtenkönnens –, die einen breitenRaum in der Deutschlehrerausbildung einneh-men.

Die Grundlagen curricularer Planung desDeutschlehrerstudiums liegen also – anders alsim Germanistikstudium – nicht in den fachwis-senschaftlichen Gegenständen selbst, sieergeben sich vielmehr aus den Fragen, die beider Entfaltung der „Wissenschaft von derTheorie und Praxis des fremdsprachlichenDeutschunterrichts“ an die einzelnen fach-wissenschaftlichen und fachpraktischenTeile der Ausbildung formuliert werden(vgl. Abb. oben).

3. Konturen descurricularen Konzepts

der Deutschlehrer-ausbildung

Wenn das strukturierende Leitinter-esse der Deutschlehrerausbildungdie wissenschaftliche Beschäfti-gung mit den theoretischen Grund-lagen und den praktischen Verfah-ren des Lehrens und Lernens vonFremdsprachen, genauer: desDeutschen als Fremdsprache,ist, dann lassen sich darausThemenbereiche und Aufga-benfelder entwickeln, die für

13

Theorie undPraxis des

fremdsprachlichenDeutschunterrichts

Sprachpraktische AusbildungFachpraktischerBereich

FachtheoretischerBereich

Bezugswissenschaften IGermanistik:– Literaturwissenschaften– Linguistik– Landeskunde deutschsprachiger Länder

Bezugswissenschaften III– Pädagogik– allgemeine Didaktik– etc.

Bezugswissenschaften II– eigene Literatur/Linguistik/Landeskunde– Muttersprachenunterricht

Unterrichtspraktikum

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das Deutschlehrerstudiumkonstitutiv sind (wobei die imfolgenden genannten Teilaspek-te in der curricularen Planungweiter aufgeschlüsselt werdenmüssen).

Die Ausdifferenzierung desKernbereichs „Didaktik undMethodik“• Aspekte des Lehrens (synchro-

nisch/diachronisch):– Bedingungsgefüge des fremd-

sprachlichen Deutschunter-richts im eigenen Land

– Übergreifende und fachspezifi-sche Leitvorstellungen, Lehrzieleund Lehrinhalte

– Methoden und Medien des Unter-richts

– Lernkontrollen– Unterrichtsplanung, -durchführung

und Unterrichtsevaluation

• Aspekte des Lernens (synchronisch/diachronisch):– Erst-, Zweit- und Fremdsprachenerwerb– Lernermerkmale– Aspekte des Lernprozesses (etwa Lerntechniken und -

strategien)

Die Integration der Bezugswissenschaften (vgl. Abb. S. 13)

In praktisch allen oben genannten Teilbereichen finden sichwichtige Aspekte der Bezugswissenschaften I, II und IIIgebündelt. In der Tabelle links unten soll die Integration dergermanistischen Fachwissenschaften bei der curricularenPlanung an einigen Beispielen verdeutlicht werden.

Die Entfaltung des beruflichen Könnens:sprachpraktische und unterrichtspraktischeAusbildungDie curriculare Planung der Deutschlehrerausbildungkommt zu einer deutlich anderen Gewichtung der ein-zelnen Teilbereiche, als sie vom Germanistikstudiumher vertraut ist: sprachpraktische und unterrichts-praktische Ausbildung als charakteristische Ausbil-dungselemente nehmen einen markanten Raum ein.Aber: die Deutschlehrerausbildung ist keine ’Hand-werkslehre‘, die sich im sprachpraktischen Trai-ning und in der Methodik erschöpft. Ein curricula-rer Ansatz, der nur vom ’Praktisch-Nützlichen‘bestimmt ist und nur diejenigen Ausbildungsele-mente ernst nimmt, die unmittelbar verwertbarsind, greift zu kurz und ist auch gefährlich, weiler auch die künftigen Lehrerinnen und Lehrer(und Schüler!) im Sinne der jeweils herrschen-den „Lehr-Ideologie“ funktionalisiert. Bei derDeutschlehrerausbildung kann es nicht dar-um gehen, Fachmarionetten mit Scheuklap-pen auszubilden, sondern es geht darum,daß die künftigen Lehrenden die Qualifika-tionen erwerben, die sie später bei ihrenSchülern entfalten sollen: die Lust amFremdsprachenlernen, Weltaufgeschlos-senheit und Weltverstehen, den Aus-gleich zwischen persönlicher Entwick-lung und sozialer Verpflichtung etc.Künftige Deutschlehrer/innen müssendeshalb in ihrem Studium Gelegenheitzur Entfaltung vielfältiger Qualifikatio-nen bekommen:– als Fachfrau/Fachmann auf dem

jeweiligen Fachgebiet;– als Pädagogin/Pädagoge: Schü-

lern helfen, sich in einer sichständig wandelnden Welt mitspezifischen Beziehungen zumZielsprachenland und seinenLeuten, zurechtzufinden;

– als Menschen, die sich durchdas Studium in ihrer perso-nalen Identität wie auch inihren geistig-kreativ-ästheti-

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FACHWISSENSCHAFTLICHER BEZUG

– Welche Aspekte von Syntax, Morphologieetc. sind für das Fremdsprachenlernenvon besonderer Bedeutung ?

– Welche Aspekte der Semantik/Lexikologiehaben für die Wortschatzarbeit besondereRelevanz ?

– kontrastive Aspekte des Bedeutungslernens– Wortschatzauswahl: pragmatische/ fachliche

Perspektive

– Verstehensgrammatik– textlinguistische und pragmatische Aspekte– psychische Prozesse: Wahrnehmen und Erken-

nen, Speichern, Aktivieren

– Merkmale fiktionaler Texte gegenüber Sachtexten– literaturtheoretische Aspekte– Kanonbildung aus fremdsprachendidaktischer Sicht– Literaturgeschichte und Fremdsprachenlernen– Beziehungen zwischen der muttersprachlichen und

der zielsprachlichen Literatur

– Welche Methoden der Sprachbeschreibung waren/sindfür die Entwicklung fremdsprachlicher Lehrmethodenvon besonderer Ergiebigkeit?

• Beispiel 1:Entfaltung dersprachlichenSystemez.B. Grammatik

z.B. Wortschatz

• Beispiel 2:Entfaltung dersprachlichenFertigkeitenz.B. Leseverstehen

• Beispiel 3:Literatur imfremdsprachlichenDeutschunterricht

• Beispiel 4:Methoden

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schen Dimensionen weiter-entwickeln. Dabei spieltgerade die Beschäftigung mitfachwissenschaftlich orien-tierten Fragestellungen (Lite-ratur, Sprache, Landeskunde),die über das rein Praktisch-Nützliche und 'Funktionale' hin-ausgeht, eine wesentliche Rolle.

4. Das Prinzip„Integration“ bei dercurricularen Planung

Für die curriculare Planung des Germa-nistikstudiums ist das relativ unverbun-dene Nebeneinander der Wissensbestän-de der Teildisziplinen des Faches charak-teristisch. Dieses „Schubladenprinzip“der additiven Wissensvermittlung kannund sollte bei der Deutschlehrerausbil-dung, deren curriculare Planung vom über-greifenden Leitinteresse der wissenschaftli-chen Beschäftigung mit der „Theorie undPraxis des fremdsprachlichen Deutschunter-richts“ her geprägt ist, vermieden werden.

Die Integration betrifft nicht nur dieBezugswissenschaften I, II und III (vgl. Abb. S.13 und Tabelle S. 14), sondern auch die sprach-praktische Ausbildung und die Praktika. Dieinhaltliche Verknüpfung der einzelnen Teilgebie-te der Ausbildung ist auch aus zeitökonomischenGründen sinnvoll (bessere Nutzung der knappenzur Verfügung stehenden Zeit) und trägt ganzsicher dazu bei, die Studienmotivation der Teilneh-mer zu erhöhen (man kann ihnen einsichtigmachen, warum Kursschwerpunkte gesetzt werden,wie sich die einzelne Lehrveranstaltung in dasGesamtkonzept der Ausbildung einfügt und welcheBedeutung die Kursinhalte für die spätere beruflicheTätigkeit haben). Je klarer die Aufgliederung des Kern-bereichs „Theorie und Praxis des fremdsprachlichenDeutschunterrichts“ ist, desto einfacher ist es, Aussa-gen darüber zu treffen, welche Aspekte der Bezugswis-senschaften I, II und III auszuwählen sind.

Sehr gute Integrationsmöglichkeiten gibt es natürlichauch bei den einzelnen Teildisziplinen der Ausbildunguntereinander:– Literatur und Landeskunde/Landeskunde und Literatur.

Beispiele: literarische Landschaften, Literatur und Kunst,thematisch orientierte Literaturgeschichte, etc.

– Literatur und Linguistik/Linguistik und Literatur.Beispiele: Textlinguistik fiktionaler Texte, Stilistik poetischerTexte, linguistische Aspekte literarischer Gattungen, etc.

– Linguistik und Landeskunde/Landeskunde und Linguistik.Beispiele: Dialekte/Soziolekte, sprachliche Aspekte desBedeutungslernens, etc.

– Linguistik und Lerntheorie.Beispiele: Entwicklungsstadien beim Sprachenlernen, sprach-liche Progression, Fremdsprachenlernen und Gedächtnis, etc.

– Sprachpraktische Ausbildung, die fachdidaktische Themenund Texte integriert (etwa Fachtexte, Unterrichtsspracheetc.)

– Vorbereitung und Durchführung von Unterrichtspraktika:im konkreten Unterricht treten die einzelnen Fachgebieteimmer in integrierter Form auf!

5. Curriculare Planung undpraktische Umsetzung

Selbstverständlich weiß ich, daß es in der Praxis derAusbildung Bedingungen und Faktoren geben kann, diedas, was in der curricularen Planung als „wünschens-wert“ erscheint, behindern oder verhindern können.Dazu gehören die institutionellen Voraussetzungen(von der Kursstärke über die Medienausstattung biszur Fachbibliothek) wie auch die personellen Vor-aussetzungen (Wer soll fachdidaktisch orientierte,integrierte Lehrveranstaltungen anbieten, wenn fastalle Dozenten nur eine germanistische Ausbildungplus Erfahrung in der Unterrichtspraxis mitbrin-gen ?). Aber ohne ein übergreifendes curricularesAusbildungskonzept und ohne ein klar formulier-tes Ziel läßt sich keine bestehende Praxis weiter-entwickeln.

Weil sich die soziokulturellen, politischen,institutionellen und fachlichen Grundlagen desfremdsprachlichen Deutschunterrichts wieauch die beteiligten Menschen ständig verän-dern, können wir davon ausgehen, daß diecurriculare Form der Deutschlehrerausbil-dung nichts Statisches ist und stets weiter-entwickelt werden muß.

Literaturverzeichnis:Henrici, G.: Die Kontur des Faches Deutsch als Fremd-

sprache. Ein Vorschlag. In: DEUTSCH ALS FREMD-SPRACHE , Heft 2/1992, 67–71.

Neuner, G.: Germanistenausbildung an ausländischenHochschulen zwischen Allgemeinbildung undberuflicher Spezialisierung – welchen Beitragkönnen die Bezugsfächer an deutschen Hoch-schulen zur Reformdiskussion leisten? In:INFORMATIONEN DEUTSCH ALS FREMDSPRA-CHE , Heft 4/1986, 44–56.

Neuner, G.: Regionale und regionenübergreifendePerspektiven der DaF-Lehrerausbildung.Kassel 1993.

Nunan, D.: Syllabus Design. Oxford: 1988.Petneki, K. u.a. (Hrsg.): Curriculumevaluation der

Deutschlehrerausbildung aus didaktischerSicht (Budapester Beiträge zur Germa-nistik Bd. 25). Budapest1994.

White, R.V.: The ELT Curriculum: Design.Innovation and Management. Oxford1988.

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N E U E W E G E I N D E R D E U T S C H L E H R E R A U S B I L D U N G16

LÄNDERBERICHTEDie Öffnung des eisernen Vorhangs und die

Auflösung der ehemaligen Sowjetunion

haben auch den Fremdsprachenunterricht in

Mittel- und Osteuropa grundlegend verän-

dert: an die Stelle von Russisch als Pflicht-

sprache sind vor allem Deutsch und Englisch

als die besonders gefragten Fremdsprachen

getreten. Damit standen und stehen die

mittel- und osteuropäischen Länder

vor ungekannten Aufgaben in der

Lehrerausbildung: Tausende von

Deutschlehrerinnen und

Deutschlehrern

müssen

möglichst

schnell ausge-

bildet werden, um der

wachsenden Nachfrage

nach Deutsch in Schulen,

Hochschulen und Erwachsenen-

bildung gerecht zu werden. In

vielen Ländern sind daher neue

Wege der Lehrerausbildung beschritten und

Modelle entwickelt worden. Im folgenden

werden Ausbildungskonzepte aus drei Län-

dern, aus Polen, der Tschechischen Republik

und Ungarn vorgestellt, auf die ein Bericht aus

Frankreich folgt, wo sich – unter ganz ande-

ren Bedingungen – ähnliche Fragen stellen.

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Vier Jahre nach der politischenÖffnung der TschechischenRepublik liegen nun die Entwür-fe des neuen Gesetzes für dasSchul- und Hochschulwesen vor.Sie sollen 1995/96 in Kraft tre-ten und damit, nach der unruhi-gen Anfangsphase, einen sicht-baren Einschnitt im Zuge dergesamtgesellschaftlichenUmstrukturierung bringen. Indiesem Zusammenhang stehenauch die Lehrerausbildung undinsbesondere der BereichFremdsprachen, in dem sich indiesen vier Jahren viel bewegthat und viel bewegt worden ist– mit welchem Ergebnis und mitwelchen Perspektiven, sei inden nachfolgenden Betrachtun-gen aus der Sicht des Goethe-Instituts, das ebenfalls seit fastvier Jahren in Prag existiert, zurDiskussion gestellt.

1. Die Entwicklung in denJahren 1989–1994

Der häufigste Begriff in Berichten über denFremdsprachenunterricht in den ehemals sozia-listischen Staaten ist der Begriff des Mangels:Mangel an Lehrpersonal, an Material, an Lehr-plänen, an Forschungstätigkeit, an ausländischerUnterstützung. Auch ich werde von einem quan-titativen Aspekt – der allerdings bisher wenigBeachtung gefunden hat –, nämlich der Entwick-lung der Studentenzahlen in Fremdsprachenstu-diengängen, ausgehen und aus der Interpreta-tion dieser Zahlen die wichtigsten Merkmaleableiten, welche die Situation der Deutsch-lehrerausbildung in der Tschechischen Republikkennzeichnen.

Entwicklung der Studienanfänger fürdas Fremdsprachenstudium

1989–1990:Mit der politischen Öffnung nach Westenbestand auch Konsens über die herausragendeBedeutung von Fremdsprachenkenntnissen fürden Prozeß der gesellschaftlichen Transformati-on. An den bestehenden Hochschulen gründeteman neue Lehrstühle für Fremdsprachen, vondenen viele 1980 „endgültig“ abgeschafft wordenwaren. Zusätzlich wurde für die arbeitslosenRussischlehrer, angebunden an elf pädagogischeFakultäten, die Möglichkeit eines dreijährigenFernstudiums geschaffen. Das Lehrpersonalbestand und besteht größtenteils aus Dozenten,die bis 1989 nicht lehren durften und an Gymna-sien, Sprachschulen oder in Bibliotheken arbei-teten.

In dieser ersten Phase steht der quantitativeAspekt im Mittelpunkt. Es geht um den schnellst-

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Nikky Keilholz-Rühle, Prag

Deutschlehrer-mangel?Perspektiven derDeutschlehrerausbildungin der TschechischenRepublik

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möglichen Ausbau von Kapazitäten, die Studien-pläne der germanistischen Fakultäten werden innur leicht variierter Form übernommen, d.h. Ein-teilung nach Studienjahren mit festem Stunden-plan, mindestens 20 Pflichtwochenstunden und7–8 Prüfungen pro Semester.

Die Russischlehrer absolvieren dieses Pro-gramm in reduzierter Form, je nach Fakultät zwi-schen 350 und 700 Stunden an einem wöchentli-chen Präsenztag. Die Lehrbefähigung erhaltensie für die Stufe, auf der sie bereits unterrichten.

1990 –1991:Die Zahl der Studienanfänger für Fremdsprachenstagnierte, von den studierwilligen Russischlehr-kräften wurden sogar weniger als im ersten Jahraufgenommen. Weiterhin fehlen aber 6500Fremdsprachenlehrkräfte an den Schulen. DieHochschulen klagen über Überlastung vor allemdurch die Prüfungen. Doch sie geben weder mitBlick auf die quantitativen noch auf die qualitati-ven Erfordernisse neue Anstöße und verharrenin den traditionellen Studienformen. Aufgrundihrer Autonomie besteht keine wirkungsvolleEinflußmöglichkeit für das Schulministerium.

1991–1992:Angesichts Tausender fehlender Fremdspra-chenlehrkräfte konnte das Schulministeriumvom Parlament Sondermittel für ein neben denUniversitäten laufendes Ausbildungsmodellerhalten. An neu eingerichteten Zentren sollennun in einem dreijährigen Ein-Fach-Fremdspra-chenstudium bis 1997 mehr als 3 000 Fremd-sprachenlehrkräfte mit Lehrbefähigung für dieSekundarstufe I ausgebildet werden. Diese Zen-tren werden extensiv von deutsch- und englisch-sprachigen Institutionen durch Lektorinnen undLektoren unterstützt. Man erhofft sich von staat-licher Seite einen gewissen Konkurrenzdruck aufdie Hochschulen. Der Staat reagiert so auf dieUnbeweglichkeit der Hochschulen und schafftdie institutionellen und in begrenztem Umfangauch finanziellen Bedingungen für ein neuesModell zur Ausbildung von Fremdsprachenleh-rern unter seiner Regie.

1992/1993–1993/1994:Sowohl die Hochschulen als auch die neuen Zen-tren nehmen weniger Studierende als im Vorjahrauf, obwohl die Zahl der Studienbewerber wei-terhin steigt und der Bedarf an Fremdsprachen-lehrkräften bei weitem noch nicht gedeckt ist.Für die Russischlehrkräfte endet sogar die Mög-lichkeit der kostenlosen universitären Weiterbil-dung, die nur bis 1993 gesetzlich garantiert war.

2. Die dreijährige Fremd-sprachenlehrerausbildung

Welche Rückschlüsse lassen sich zum jetzigenZeitpunkt aus den gesunkenen Zahlen ziehen?Sind es die organisatorischen Schwierigkeiten,rechtliche Unsicherheiten und die schlechteBezahlung der Dozenten, die eine umfassendeDemotivation bewirken? Oder deutet sich nun imProzeß des Aufbaus eines neuen Bildungssy-stems eher eine Abkehr von quantitativen hin zuqualitativen Überlegungen an? Welche längerfri-stigen Auswirkungen sind damit für die Deutsch-lehrerausbildung verbunden?

Eine Palette möglicher Antworten läßt sichan dem Projekt der dreijährigen Ausbildung zumEin-Fach-Fremdsprachenlehrer aufzeigen. In ihmkristallisieren sich allmählich eine Reihe eherutopischer und eine Reihe sehr realistischerAspekte der Deutschlehrerausbildung in derTschechischen Republik.

Die Ausgangsbedingungen waren, verglichenmit der Situation an den bestehenden Germani-stiklehrstühlen, optimal. Es waren staatlicheSondermittel und umfangreiche ausländischefinanzielle und personelle Unterstützung zuge-sagt. Zu dieser materiellen Absicherung kamendie geplante inhaltliche und organisatorischeUnabhängigkeit von traditionellen Hochschul-studiengängen. Da die erste Initiative zu diesemProjekt vom Schulministerium ausging, war fürdie Startphase eine gewisse Konzentration derEnergien auf die Einhaltung eines vergleichbarenStudienniveaus zu erwarten. Denn zum einenbestand und besteht das Interesse des Staates,auf dem „Wege nach Europa“ innerhalb kürzesterZeit möglichst viele Fremdsprachenlehrerinnenund -lehrer auszubilden und das Niveau derFremdsprachenkenntnisse in der Bevölkerung zuheben. Darüber hinaus gewinnt der Staat durcheine angestrebte staatsexamens-ähnliche Ab-schlußprüfung inhaltlichen Einfluß auf die Leh-rerausbildung.

Der Studiengang unterscheidet sich von denAusbildungsgängen der Philosophischen undPädagogischen Fakultäten inhaltlich und organi-satorisch in folgenden Punkten:� An erster Stelle des Programms steht die Stun-

dentafel, in der die Einteilung nach einzelnenFächern und deren Stundenumfang pro Seme-ster sowie die Anzahl der Prüfungen festgelegtsind (vgl. Tabelle S. 21).

� Es gibt ein dreizehnseitiges Rahmenstudien-programm, das für Deutsch, Englisch undFranzösisch gemeinsam gilt. An der Erstellungdieses Programms waren auch das Goethe-Institut und der British Council beteiligt.

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� Das Studium ist in drei Studienjahre eingeteiltund beschränkt sich auf eine Fremdsprache.

� Auch ein pädagogisches Praktikum ist vorge-schrieben. Dabei kommen die Studierendeninsgesamt 14 Wochen in unterschiedlicherIntensität mit dem Schulunterricht in Be-rührung.

� Den Hauptanteil der Stunden haben sprach-praktische Übungen und Linguistik (Morpholo-gie, Phonetik, Syntax).

� Das Rahmenprogramm beschreibt in allge-meiner Form den Wissensstand, der pro Stu-dienjahr in jeder Teildisziplin erreicht werdensoll. Eine Verbindung der Teildisziplinen istvorgesehen.

� Das Studium wird seit September 1992 anneun Zentren für jeweils 15–60 Studierendepro Zentrum und Jahrgang angeboten.

� Aus rechtlichen Gründen muß das Zentruman eine Fakultät angebunden sein. Dabei gibtes drei unterschiedliche Organisationsformen:– innerhalb eines Germanistiklehrstuhles mit

gleichem Lehrpersonal für „Normal“- und„Sonderstudiengang“,

– als selbständige organisatorische Einheitmit eigenem Leiter und Personal für alledrei Fremdsprachen oder

– als Mischform mit eigenem Leiter und Per-sonal, die aber organisatorisch und fach-lich den einzelnen Fremdsprachenlehr-stühlen der Fakultät untergeordnet sind.

� Mindestens 50 % des Unterrichts werden vondeutschen und österreichischen Lektor/innenbestritten. Das Lehrmaterial besteht fast aus-schließlich aus deutschen Lehrwerken undUnterlagen der Lektoren.

� Die österreichische Fachberaterin konzen-triert sich darüber hinaus auf die systemati-sche Fortbildung von Hospitationslehrern unddie Begleitung von Unterrichtspraktika.

Anders als bei ähnlichen Projekten in Ungarnund Polen bestand in der Tschechischen Repu-blik von Anfang an ein sehr großes Interesse anAbstimmung und inhaltlichem Austausch. Des-halb organisierte das Goethe-Institut in Abspra-che mit dem Schulministerium vor dem Start indas erste Studienjahr ein Treffen aller an denZentren Lehrenden sowie mit Vertretern der eng-lischen und französischen Seite. Hier konstitu-ierten sich Arbeitsgruppen zu Teilaspekten desStudiums. Während des ersten Studienjahresging es in den Arbeitsgruppen vor allem um Fest-legung und Austausch von Lehrmaterial, dieOrganisation einzelner Lehrveranstaltungen, umvereinzelt stattfindende Kooperation zwischenden Teildisziplinen, die Einrichtung von Handap-paraten usw. Nach dem ersten Jahr wurden aufeinem gemeinsamen Folgetreffen die Ergebnisse

vorgestellt und nächste Schritte zu Planung undVerbesserung des Studiums erörtert. Ins Zen-trum traten dabei Inhalt und Form derAbschlußprüfung und damit eine Reihe von Fra-gen, die unter dem Druck der Anfangsproblemeunbeachtet geblieben waren:

� Welches sprachliche Niveau kann im Verhält-nis zur Eingangsprüfung bei der Abschlußprü-fung tatsächlich verlangt werden?

� Welchen Stellenwert haben die Schulpraktika?Können sie Thema der schriftlichen Arbeitsein?

� Kann diese Arbeit aus einer kleineren Semi-nararbeit hervorgehen?

� Sollen Didaktik, Pädagogik und Psychologie indie Prüfung integriert, als eigene Teile odernicht abschließend geprüft werden?

� Wie soll sich die Prüfungskommission zusam-mensetzen?

� Welchen Status hat diese Prüfung?

Nach wie vor besteht ein enormer Zeitdruck,diese Fragen zu beantworten. Denn einige derTeildisziplinen sind ab dem dritten Studienjahrnicht mehr auf der Stundentafel, andere müßtenmit diesen gemeinsam geprüft werden usw. Dochwie bei Beginn des Studiums werden sicher auchjetzt Lösungen gefunden. Eine fächerübergrei-fende Arbeitsgruppe wird Modelle für Prüfungs-teile erarbeiten, an denen sich die Zentren orien-tieren können.

3. PerspektivenDas Hauptinteresse des Schulministeriums, daßnämlich durch das Projekt mehr Deutschlehr-kräfte ausgebildet werden als derzeit in „Normal-

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Lehrer/innen … … demonstrieren …

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studiengängen“, ist damit gesichert. Daß dieUnterstützung durch die deutschen und öster-reichischen Mittlerorganisationen angemessenist, ebenfalls. Doch wie wird es weitergehen, dadie finanziellen Mittel für diese Form der Lehrer-ausbildung ja auf drei Durchgänge begrenzt sind?Wo stecken die zukunftsträchtigen Aspekte, wel-che Auswirkungen kann das Projekt generell aufdie Lehrerausbildung haben?

Hier stoßen wir wieder auf das eingangsbeschriebene Phänomen rückläufiger Zahlenvon Studienanfängern an etablierten Lehrstühlenebenso wie an neuen Ausbildungszentren. Undhier treffen wir letztendlich auch auf möglicheAntworten und ansatzweise Lösungen:

Es gibt zu wenig tschechische Dozenten undLehrkräfte. Viele von ihnen qualifizieren sich erstnach dem Prinzip „learning by doing“ zu Hoch-schullehrern. Für diese Gruppe gibt es keinsystematisches Weiterbildungsangebot, einePromotion ist aus finanziellen Gründen nichtmöglich. Bezeichnenderweise hat sich deshalbgerade mit dem Ende des ersten Durchlaufsdurch das neue Ausbildungsprojekt aus der Fra-ge nach einer angemessenen Abschlußprüfungein neuer Themenkomplex für die Arbeitsgrup-pen aufgetan: Die allgemeinen Vorstellungen desRahmenprogramms sollen nun in Lernzielen defi-niert werden, die den zweijährigen Erfahrungenaus der Praxis entsprechen, aber auch über denAspekt des momentan Machbaren hinausweisen.

Ebenfalls aus der Diskussion um dieAbschlußprüfung hat die Frage des Status dieserPrüfung – was gilt sie, wenn ein Student an einerHochschule weiterstudieren will? – den Wunschnach Zusammenarbeit mit den bestehendenHochschulstudiengängen verstärkt. Deshalbarbeiten nun in diesen Gruppen auch interes-sierte Hochschullehrer der sogenannten Nor-malstudiengänge mit, so daß im Austausch mitausländischen Hochschulen und mit Koordinati-onshilfe des Goethe-Instituts die fachliche (cur-riculare) Kompetenzerweiterung auf eine breite-re Basis gestellt wird.

Diese Form der Weiterbildung ist wiederumfür Berufsanfänger durchaus attraktiv, was erste„Neuzugänge“ bereits andeuten. Es scheint, daßdiese jungen Absolventen, die gerade ein Germa-nistik-Studium beendet haben, besonders offensind für methodisch-didaktische Fragen undExperimente. Mittlerweile haben einige Germa-nistiklehrstühle an Pädagogischen FakultätenInteresse an der Ausarbeitung eines weiterfüh-renden Studienangebotes für die „Ein-Fach-Leh-rer“ geäußert. Hier bietet sich die Zusammenar-

beit mit bereits bestehenden LehrstühlenDeutsch als Fremdsprache an anderen europäi-schen Universitäten z. B. über Tempus-Program-me an. Denn auch ein solches Angebot erfordertcurriculares Know-how und damit verbundeneine Ausrichtung des Studiums auf den Lehrer-beruf, wie es bisher in der Tschechischen Repu-blik nicht üblich war. Lehrpläne jeglicher Artlagen ja bis 1989 in der Zuständigkeit der staatli-chen Forschungsabteilungen der Akademie derWissenschaften.

Durch diese Form der Zusammenarbeitkommt auch eine Annäherung von Lehre undForschung, bisher in Hochschule und Akademiestrikt getrennt, als Erfordernis der Praxis insBlickfeld und nicht allein aufgrund der finanziel-len und personellen Kürzungen, die der Akade-mie vom Parlament auferlegt worden sind.

Können diese Bewegungen als Folge staatli-cher zentral eingeleiteter Projekte im weitestenSinne angesehen werden, so entstehen aberauch gleichsam „von unten“, aus der Schulpraxisder Begleitlehrer/innen, durch Gymnasialleh-rer/innen, die nun an Hochschulen lehren, unddurch einzelne Studierende, Initiativen, die in dieZukunft weisen. Das Interesse an einer berufsbe-zogenen Ausbildung, die nicht in drei oder fünfStudienjahren nach festgelegtem Plan erworbenwird, wird verknüpft mit dem individuellen Inter-esse, bei der Gestaltung der Lehr- und Lerninhal-te mitzusprechen.

Durch und für unsere tägliche Arbeit immerwieder gefordert, den Stand der Deutschlehrer-ausbildung in der Tschechischen Republik zubeschreiben, wage ich folgende These: Der Staathat positive Impulse zur Behebung des Deutsch-lehrermangels gegeben wie in keinem anderender sog. Reformstaaten Mittel- und Südosteuro-pas. Es gibt auch Anzeichen, daß diese Impulsezu einer längerfristigen qualitativen Veränderungder Ausbildung im Sinne eines berufsbezogenenAnforderungsprofils führen können, wenn sichdie aufkommende Bereitschaft zur Zusammenar-beit und Weiterqualifizierung des knappen Hoch-schulpersonals verstärkt. Auch die Kooperationzwischen einzelnen europäischen Universitätenfiele in diesen Bereich. Ob diese Bereitschaftgefördert und genügend Motivation für die Hoch-schul- und Lehrerlaufbahn freigesetzt werden,hängt allerdings in hohem Maße vom Prozeß dergesellschaftlichen Demokratisierung ab. Und die-ser Prozeß hat auch im Bildungswesen geradeerst begonnen.

N E U E W E G E I N D E R D E U T S C H L E H R E R A U S B I L D U N G20

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21

Fach

1. Vorangestellter intensiverFremdsprachenkurs –zweiwöchiger Block, 60Stunden

2. Einführung in das Studiumder Fremdsprache

3. Sprachkurs/Sprach- undKommunikationsübungen

4. Gegenwartssprache– Phonetik u. Phonologie

– Morphologie

– Syntax

– Lexokologie

– Textlinguistik

5. Literatur– Grundkurs und ausge-

wählte Epochen undGattungen

6. Landeskunde

7. Ausgewählte Kapitel ausder Pädagogik undPsychologie

8. Didaktik der Fremdsprache

10. Seminar zur Vorbereitungder Abschlußarbeit

Stundenzahl pro Woche

Zahl der Prüfungen imSemester

1. StudienjahrWS SS

September2 Wochenà 30 Stunden

1/1 1/1 P

-/13 -/11PP PP

1/2PP

1/2PP

-/2 1/1

-/2

2/18 3/17

1 2

2. StudienjahrWS SS

-/8 -/8PP

1/2PP

1/2PP

-/2 -/2P+BV

-/2 -/2PP

1/1 1/1P

1/2 1/2SA

3/17 3/17

2 2

3. StudienjahrWS SS

-/6 -/6PP

-/2PP

-/4 -/4P

-/2 -/2

-/14 -/12

1(+1?)

Syllabus* Studium einer Fremdsprachefür Grundschullehrer/innen**

*wörtlich: aus dem tschechischen „Lehrplan“** Grundschule: Klassen 1–8

Im Original unter Punkt 9. aufgeführtes Pädagogisches Praktikum:• Hospitationen im 2. Studienjahr:

WS: 2 Wochen im Februar à 10 StundenSS: 3 Wochen

• Hospitationen im 3. Studienjahr:WS: 4 Wochen im November (Gruppenunterricht)SS: 5 Wochen im März (Einzelunterricht)

Abkürzungen:P = ZwischenprüfungPP = Zwischenprüfung in zwei

zusammengelegten DisziplinenBV = Vorlesung in Form eines BlocksSA = Seminararbeit1/1 Erste Ziffer = Vorlesung;

Zweite Ziffer = Seminar

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Wie in anderen mittel- und osteuropäischenLändern wuchs auch in Polen mit der Abschaf-fung von Russisch als schulischem Pflichtfach imJahre 1989 in allen Schultypen die Nachfragenach Englisch, Deutsch und Französisch. DieZunahme des Deutschunterrichts an Grundschu-len stieg so stark, daß die Anzahl der deutsch-lernenden Schülerinnen und Schüler und derDeutschlehrkräfte an Grundschulen zur Zeit fastan diejenige an Sekundarschulen heranreicht.

Dieser rasch steigenden Nachfrage nachDeutschunterricht konnte mit den vorhandenenDeutschlehrkräften allein nicht begegnet wer-den. Bei über einer Million deutschlernenderSchüler in Polen unterrichteten im Schuljahr1992/93 über 3600 Deutschlehrer mit abge-schlossenem Fachstudium und über 2200Deutschlehrer ohne Fachstudium. An Grund-schulen vor allem in ländlichen Bereichenmachen diese sogenannten nicht-qualifiziertenDeutschlehrer bis zu 80% aus. Der weitere Bedarfan qualifizierten Deutschlehrkräften wird aufmehrere Tausend geschätzt.

1. Wo werden Deutschlehrerin Polen ausgebildet?

Zur Zeit gibt es drei Wege, das Berufsziel„Deutschlehrer“ zu erreichen.� Der traditionelle fünfjährige, neuphilologisch

orientierte Studiengang mit Magisterabschlußkann an den elf Universitäten und fünf

Pädagogischen Hochschulen mit Germanistik-Instituten, an denen z. Zt. ca. 3100 Studentenin allen fünf Studienjahren studieren, absol-viert werden. Von den Absolventen geht nurein kleinerer Teil in den Schuldienst.

� Der neue dreijährige Studiengang mit berufs-praktischer Orientierung wird an den Fremd-sprachenlehrerkollegs durchgeführt. DieseInstitutionen wurden im Studienjahr 1990/91geschaffen, um dem großen Mangel an qualifi-zierten Fremdsprachenlehrern möglichstschnell zu begegnen; sie bilden Englisch-,Deutsch- und Französischlehrer aus. Die Kol-legs wurden vom Goethe-Institut mit einerDeutsch-als-Fremdsprache-Bibliothek ausge-stattet und können bei der Robert-Bosch-Stif-tung Lehrbücher und Zusatzmaterialien (imKlassensatz) bestellen.

� Bei diesen Institutionen läßt sich eine rascheZunahme beobachten: Gab es 1990/91 vier-zehn Kollegs mit einer Deutschabteilung, sosind es im Studienjahr 1993/94 schon 47 Kol-legs mit Deutsch (und zwei Filialen). Insge-samt existieren derzeit 67 Fremdsprachenleh-rerkollegs.

Vom ersten Jahrgang der Kollegs mitDeutschabteilung, der 1993 abschloß, gingenzwischen 30 und 80% der Absolventen in dieSchule, ein gewisser Prozentsatz nahm ein Auf-baustudium an einer Universität auf.

Für nicht-qualifizierte Deutschlehrer mitHochschulabschluß ist seit 1992 das Bestehender Zentralen Mittelstufenprüfung (ZMP) desGoethe-Instituts als erste Stufe und das KleineDeutsche Sprachdiplom (KDS) als abschließen-der sprachlicher Qualifizierungsnachweis erfor-derlich, dazu kommt ein einjähriger Methodik-Kurs an einem Kolleg.

Hinzuzufügen ist, daß ZMP und KDS zwarvom Ministerium für Bildung verlangt werden,daß jedoch ungefähr 30% der nicht-qualifiziertenDeutschlehrer, und dies vor allem in ländlichenGebieten, höchstens Sprachkenntnisse auf demNiveau des Zertifikats Deutsch als Fremdsprache(ZDaF) haben dürften.

2. Probleme derVereinheitlichung der

AusbildungsgängeDiese Struktur des Deutschlehrer-Ausbildungs-systems schafft strukturelle und inhaltliche Pro-bleme bei der angestrebten Vereinheitlichungder Ausbildungsgänge. Hier sollen vor allem dieunterschiedlichen Fremdsprachenkollegs (imfolgenden „Kollegs“ genannt) betrachtet werden.

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Christiane Günther, Kraków, und Halina Stasiak, Gdansk

ZurSituation der Deutschlehrer-

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Institutionelle Struktur:Die Mehrzahl der Kollegs untersteht den Schul-behörden auf Wojewodschaftsebene (den „Kura-torien“) und damit dem Ministerium für Bildung(„MEN). Einige Kollegs sind den - autonomen -Universitäten angegliedert, ein kleinerer Teil derKollegs sind privat. Alle Kollegs werden voneiner Hochschule wissenschaftlich betreut. Aller-dings haben Studenten an Kuratorienkollegsnicht den gleichen Status und nicht die gleichenRechte wie die Studenten der universitären Kol-legs, die den Universitätsstudenten gleichgestelltsind.

Die nicht-universitären Kollegs sind alsosowohl von der zentralen Bildungsbehörde, demMEN, abhängig – welches auch die Umsetzungdes vorliegenden, 1990 vom MEN in Auftrag gege-benen Curriculums vorschreibt –, wie auch voneiner Universität, die autonom ist. Dies könnteeine Art von „Double Bind“ schaffen. Bildet näm-lich die wissenschaftliche Betreuung durch eineHochschule einerseits die notwendige wissen-schaftliche Grundlage für eine Deutschlehrer-ausbildung, kann sie andererseits im ungünsti-gen Falle den Ausbildungsgang aber auch in eine

eher neuphilologische Richtung drängen, diedem angestrebten berufsbezogenen Ausbil-dungsziel entgegensteht.

Noch gibt es keine klare Entscheidung, wiebreit die Verantwortungs- und Bestimmungsbe-reiche der wissenschaftlichen Betreuer sein soll-ten, auch keine eindeutigen Verträge, welche zwi-schen den Kuratorien und den jeweiligen betreu-enden Hochschulen geschlossen werden unddiese Bereiche klar definieren.

Status der Abschlüsse:Die Abschlüsse der einzelnen Kollegtypen habenunterschiedlichen Status. Kuratorienkollegs undprivate Kollegs schließen mit dem „Kollegab-schluß“ ab, der einem Hochschuldiplom nichtgleichgestellt ist, Universitätskollegs mit demsogenannten Lizenziat, welches als Hochschuldi-plom anerkannt ist.

Das MEN hat zugesichert, daß sowohl einKollegdiplom wie auch ein Hochschuldiplom dievolle Lehrberechtigung an Grund- und Sekundar-schulen verleihen. Die Studenten mißtrauen die-ser Zusicherung jedoch und drängen darauf, dasLizenziat ablegen und ein universitäres Aufbau-studium aufnehmen zu können; die Geschichte

23

Struktur des Bildungssystems in Polen

MEN

Wojewodschaft 2 Wojewodschaft 3Wojewodschaft 1

Schulen Schulen Schulen

PädagogischeWojewodschafts-Bibliothek

MENKuratoriumCODNWOM

= Ministerium für nationale Bildung/Warschau= Schulbehörde auf Wojewodschaftsebene= Zentrales Lehrerweiterbildungsinstitut/Warschau= Lehrerweiterbildungsinstitut auf Wojewodschaftsebene

PädagogischeWojewodschafts-Bibliothek

wissenschaftlicheBetreuung

wissenschaftlicheBetreuung

wissenschaftliche Betreuung

PädagogischeWojewodschafts-Bibliothek

Kuratorium KuratoriumKuratorium

Universitätskolleg

+ Fremdsprachenlektorat

Kuratorienkolleg

privates Kolleg

CODN

WOM WOM WOM

= Deutschlehrer-Ausbildung

Universität oder PH

+ Fremdsprachenlektorat

Universität

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der Lehrerausbildung hat zu diesem Mißtrauenin die Gültigkeit eines Nicht-Hochschuldiplomsbeigetragen.

Die Studierenden der Kuratorienkollegs kön-nen an den betreuenden Hochschulen das Lizen-ziat – als Hochschuldiplom – nachholen. Wäredas Lizenziat auf den Kollegstudieninhalten auf-gebaut, wäre dagegen nichts einzuwenden. Oftist das Lizenziat jedoch mehr traditionell-philo-logisch orientiert; die Fixierung der Studieren-den auf diese Prüfung kann also unerwünschteRückwirkungen auf die Inhalte des Kollegstu-diengangs haben. So wäre auch eine Hauptaufga-be der wissenschaftlichen Betreuer, die Realisie-rung der vereinbarten Ausbildungsinhalte zuüberwachen und das Kolleg entsprechend ander Hochschule zu vertreten.

Personelle Situation:An den Kollegs unterrichten Lehrende der Uni-versitäten und Hochschulen, sowie ehemaligeSekundarschullehrer. Beide betreten mit dieserArt der Deutschlehrerausbildung ein gewissesNeuland, wenn man berücksichtigt, daß die Kol-legausbildung eine neue, professionalisierteRichtung der Deutschlehrerausbildung darstellt.

Es fehlt jedoch – und dies nicht nur in Polen! –an brauchbaren Vorbildern für einen Unter-richt im Hochschulbereich, der den Praxisbezugimmer gegenwärtig hält, der die einzelnenFächer verzahnt und integriert, dessen Arbeits-und Vermittlungsformen zum Vorbild für die spä-tere Schulpraxis werden können – zu einem Vor-bild, das beobachtet und analysiert werdenkann, das auf seinen methodischen und pädago-gischen Ansatz hin reflektiert und auf dieübergeordneten Ziele der Deutschlehrerausbil-dung hin befragt werden kann. Die beidenGoethe-Institute in Polen bieten Ausbildern vonDeutschlehrern an Kollegs und Universitätenregelmäßig Seminare an, die sowohl Fortbildungwie auch ein Forum für Erfahrungsaustauschdarstellen und zentrale methodisch-didaktischeThemen sowie inhaltliche Schwerpunkte derFächer der Deutschlehrerausbildung zum Themahaben. Dazu kommen Symposien in Polen mitTeilnehmenden aus anderen europäischen Län-dern sowie ein Stipendienangebot für Seminarein Deutschland.

Die polnischen Ausbilder/innen werdenunterstützt durch muttersprachliche Gastlekto-ren, die meist durch den Deutschen Akademi-schen Austausch Dienst oder die Zentralstellefür das Auslandsschulwesen vermittelt sind,teilweise auch österreichische Lektoren und Lek-torinnen. Ihnen werden in Polen große Erwar-tungen entgegengebracht. Ihre Teilnahme amLehrerausbildungsprozeß ist außerordentlich

wichtig, so daß eine differenzierte Vorbereitungauf ihre Aufgaben sowohl im fachlichen wie auchim methodisch-didaktischen Bereich von großerBedeutung ist. Es wäre empfehlenswert undbesonders jetzt nach der ersten Entwicklungs-phase der Kollegs erforderlich, vor dem Entsen-den der deutschen und österreichischen Kolle-ginnen und Kollegen die jeweiligen Kollegs inbezug auf ihre Bedürfnisse zu konsultieren undvor allem Methodiker/Didaktiker zu entsenden,die schon Erfahrungen in der Ausbildung vonDeutsch- bzw. Fremdsprachenlehrern gesammelthaben. Wichtig wäre auch eine exakte Vorberei-tung der Kandidaten auf ihre Aufgaben, etwadurch mehrmonatige Kurse in Polen unter Teil-nahme polnischer Ausbilder an den Kollegs.

Ein weiteres Problem der personellen Situati-on an den Kollegs ist die Überforderung der Kol-legs mit zusätzlichen Aufgaben. Waren sie einst-mals „nur“ als Ausbildungsinstitutionen fürzukünftige Fremdsprachenlehrer konzipiert, sowächst derzeit der Trend, ihnen auch andereAufgaben zu übertragen, die mit der Fort- undWeiterbildung von qualifizierten und nicht-quali-fizierten Deutschlehrern zu tun haben. In einigenWojewodschaften ist ihnen schon der Fortbil-dungs-Auftrag für die Fremdsprachenlehrerübergeben, der früher bei den Weiterbildungs-zentren der Schulbehörden lag, sowie die Aufga-be, das methodische Jahr für die nicht-qualifi-zierten Deutschlehrer durchzuführen.

3. Umsetzung desCurriculums

Die überwiegende Mehrzahl der polnischen Kol-legs arbeitet nach einem 1990 erstellten, vomMEN vorgeschriebenen Curriculum. Dennocherfolgt die Umsetzung der Programminhalte inunterschiedlicher Weise. Zwar wird die Strukturdes Curriculums kaum angetastet, es werdenjedoch Verschiebungen und Modifikationen,Reduzierungen oder Erweiterungen, Verzicht aufeinzelne Fächer und Einführung von Zusatz-fächern vorgenommen. Wie eine vergleichendeAnalyse der realisierten Curricula an den Kollegsergeben hat, gehören zu den Hauptproblemenbei der Umsetzung des Curriculums vor allem• Schwierigkeiten bei der Integration von neu-

philologischen und berufsspezifischen Ausbil-dungsinhalten,

• Schwierigkeiten, besonders die traditionellneuphilologischen Fächer wie Literaturwis-senschaft und Literaturgeschichte, Linguistik,Geschichte, Pädagogik und Psychologie aufdie praxisorientierte Ausbildung abzustim-men,

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• eine starke Prägung durch die neuphilologi-schen Studiengänge der Universitäten,

• die unterschiedliche inhaltliche „Füllung“ dereinzelnen Fächer,

• unterschiedliche Eingangsniveaus und unter-schiedliche Abschlußprüfungen, sowie

• eine zu hohe Pflichtstundenzahl (max. 2220).

Aufgrund der Erfahrungen im ersten Durch-lauf des gesamten Ausbildungsprogramms(1990–1993) stellte sich daher die Frage, ob dasvorliegende Curriculum geeignet sei, die gesetz-ten Ausbildungsziele zu erreichen.

Entwicklungstendenzen im curricularenBereich:Im September 1993 formierte sich am Ministeri-um für Bildung unter Vorsitz von Frau Prof. Dr.Halina Stasiak, Leiterin des universitären Kollegsin Gdansk/Danzig, ein Programmausschuß fürdie Revision des Kollegcurriculums Deutsch. Die-ser arbeitet parallel zu der Revision des Curricu-lums für Französisch und Englisch. Ziel ist dieRevision, Angleichung und Vereinheitlichung derKollegcurricula für Englisch, Deutsch und Fran-zösisch.

Festgelegt wurden:A. Gemeinsame Ausbildungsziele und Qualifi-

kationsprofile der AbsolventenMan einigte sich auch auf folgende grundlegen-de Bestimmungen für das Studium an den Leh-rerkollegs:• Die Ausbildung von Deutschlehrern ist weder

ein neuphilologisches Studium noch ein addi-tives Konzept dazu. Sie darf keine bloße Vor-stufe zu einem weiterführenden Germani-stikstudium darstellen.

• Sie bereitet die zukünftigen Lehrer auf denDeutschunterricht an Grund- und Sekundar-schulen vor.

• Der Unterricht soll Wissen vermitteln undMethoden darstellen, gleichzeitig soll er eindidaktisches Vorbild für die eigene spätereUnterrichtstätigkeit sein und als solchesreflektiert werden.

• Der Unterricht soll selbständiges Denken undProblemlösen in Diskussion mit anderen för-dern, er soll zur Analyse und Bewertung deseigenen Unterrichts und des eigenen Lernensanleiten, d.h. zur kritischen Selbstevaluationund zur Beurteilung anderer.

• Die Absolventen sollen im sprachlichenBereich mindestens das Niveau des KleinenDeutschen Sprachdiploms besitzen, sowieKenntnisse in Phonetik, den sprachlichen Fer-tigkeiten und in Unterrichtssprache; sie soll-ten Bescheid wissen über aktuelle Sprach-entwicklungen.

• Die Absolventen sollten Kenntnisse in Litera-tur, Landeskunde, Kulturkunde und Ge-schichte der deutschsprachigen Länder auf-weisen.

• Im Bereich der Methodik sollten die Absol-venten u. a. über folgende Kenntnisse verfü-gen: Prozesse der Aneignung und Methodender Vermittlung von Fremdsprachen, alters-und niveaugerechte Anwendung von Metho-den, polnische Lerntraditionen, Planung undDokumentation von Unterrichtsprozessen,Auswahl von didaktischen Materialien,Umgang mit Curricula und Leistungsmessung.

• Anwendbare Kenntnisse in pädagogischerPsychologie sowie die Vorbereitung zum auto-nomen Lernen und zu einer permanenten Wei-terbildung sollen weitere Teile der Deutsch-lehrerausbildung an Kollegs darstellen.

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B. Ein obligatorisches Minimal-Curriculum,in welchem folgende Aufteilung der Fächer vor-genommen wurde:

1. Block = 30% aller Veranstaltungsstunden:Sprachpraktische Übungen, d.h. integrierteFertigkeiten, praktische Grammatik mit Ele-menten der beschreibenden Grammatik,Aussprache (praktische kontrastive Phone-tik).Landeskunde und Methodik-Didaktik wird inalle Veranstaltungen eingebettet.

2. Block = 45% aller Veranstaltungsstunden:Methodik, Didaktik, Psychopädagogik, d.h.Einführung in die Methodik/Didaktik, Übun-gen zur Didaktik (u.a. Didaktik der Landes-kunde, Literaturdidaktik, Lehrwerkanalyse);Einführung in die Lehr- und Lerntheorie,Schulpraktikum.

3. Block = 25% aller Veranstaltungsstunden:Ergänzungsdisziplinen:– Kulturkunde und Geschichte– Einführung in die Literaturwissenschaft– Einführung in die Sprachwissenschaft– Zweite Fremdsprache– Vom wissenschaftlichen Betreuer festge-

legte Erweiterung der oben genanntenFachbereiche.

Alle Richtprozente können um +/- 10% erhöhtoder verringert werden. (In der Zwischenzeitkommen schon verschiedene Protestmeldungenin bezug auf die verringerte Stundenzahl für denpraktischen Sprachunterricht.)

Wie Methodik/Didaktik und Landeskundesollte auch das Schulpraktikum einen integralenTeil des Ausbildungssystems und der berufli-chen Vorbereitung bilden und sollte dement-sprechend in allen Fächern angeboten werden.Ein zentrales Anliegen ist die adäquate Prakti-kumsdurchführung und entsprechende Hospita-tionsbetreuung, sowie eine systematische undreflektierte Beobachtung von Unterricht schonwährend der eigenen Ausbildung.

C. Zu den Zielen der Arbeit des Programm-ausschusses gehört weiterhin die Erarbeitungvon Curricula für jedes Fach samt Beispielpro-grammen, Beschreibung der Inhalte und Schwer-punkte, Durchführungsformen und Fachliteratur.Im April 1994 bildeten sich fünf Arbeitsgruppenzu den folgenden Bereichen:1. Sprachpraxis, Phonetik, Integrierte Fertigkei-

ten, Grammatik (mit Elementen der Sprach-wissenschaft)

2. Methodik/Didaktik, Schulpraxis, Psychopäda-gogik

3. Literatur und Literaturdidaktik4. Landeskunde, Kulturkunde, Geschichte und

ihre Didaktik5. Aufnahme- und Diplomprüfung

Diesen Fächer-Arbeitsgruppen gehören Kol-leglehrer aus ganz Polen, sowie Vertreter der bei-den Goethe-Institute in Polen, des DAAD und derZfA an. Die Entwürfe liegen inzwischen vor undwurden Anfang 1995 dem Ministerium überge-ben. Nach einer Überarbeitung werden sie in die-sem Jahr noch an die Kollegs zur Erprobunggehen. Die Fächer-Curricula sollen Lernziele undGrundprinzipien formulieren, die den Bezug zurPraxis, eine bessere Verankerung von Didak-tik/Methodik und des Schulpraktikums sowieeine Betonung des Anwendungsbezugs (z. B. beiLiteratur) ermöglichen und eine Integrierungs-möglichkeit der unterschiedlichen Teildiszipli-nen aufzeigen. Vom methodischen Ansatz hersoll die Betonung auf Methodenvielfalt und Ver-anstaltungsformen wie Seminare, Übungen undWerkstätten liegen (wobei auf Vorlesungen nachMöglichkeit verzichtet werden soll).

D. Beschlossen wurde die Vereinheitlichungdes Niveaus der Aufnahme- und Abschlußprü-fung.

Das Aufnahmeniveau sollte dem ZertifikatDeutsch als Fremdsprache vergleichbar sein.Kollegs, die keine Kandidaten auf ZDaF-Niveauaufnehmen können, sollen zu einer „Ruhepause“in Form von auf das ZDaF-Niveau vorbereitendenIntensiv-Sprachkursen verpflichtet werden. DasAbschlußniveau sollte dem Kleinen DeutschenSprachdiplom vergleichbar sein. Das Abschluß-diplom soll neben den anderen Abschlußprüfun-gen aus einer theoretisch untermauertenAbhandlung mit praktischen Unterrichtsvor-schlägen bestehen. Dieses Diplom sollte auch alsLizenziat anerkannt werden.

Die Arbeit der Curriculumkommission stellteinen großen Schritt in Richtung auf vereinheit-lichte Lehrpläne, Anforderungen und Abschluß-prüfungen in Polen dar. Die Kommission hofft,sowohl auf die Deutschlehrerausbildungsgängeanderer Länder Mittel- und Osteuropas berei-chernd einzuwirken, wie auch aus den parallelenEntwicklungen in diesen Ländern Nutzen zu zie-hen.

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1. Die Ausgangssituation inUngarn

Nach einer im Januar 1993 veröffentlichten Stati-stik sprechen etwa 50% der BevölkerungUngarns überhaupt keine Fremdsprache, undnur etwa 6% haben gute Sprachkenntnisse ineiner Fremdsprache. Auch die Russischkenntnis-se der Bevölkerung waren sehr mangelhaft (1980haben lediglich 1,2% behauptet, Russisch zu kön-nen), Defizite und Ineffektivität des Fremdspra-chenunterrichts haben viele mit der Rolle undden Folgen des Russischunterrichts erklärt.

Zu den Gründen dieser fehlenden Effektivitätzählen außerdem die jahrzehntelange zentralePlanung sowie von oben diktierte Lehrpläne,Lehrbücher und Methoden. Ein kommunikativorientierter Fremdsprachenunterricht konntesich bis zum heutigen Tag nicht durchsetzen.Das hängt eng mit der Tatsache zusammen, daßFremdsprachendidaktik als Forschung und Leh-re bis vor kurzem an den meisten HochschulenUngarns ziemlich schwach vertreten war bzw.noch immer ist. Vor der Wende gab es kaumMöglichkeiten zur wissenschaftlichen Qualifizie-rung, und eigentlich ist es bis heute nur aufUmwegen und recht kompliziert zu erreichen.Das Fach ist noch immer nicht gleichberechtigt.

Nach der Abschaffung des Russischen alsPflichtsprache zeigte sich ein erhöhter Bedarfvor allem an Deutsch- und Englischlehrern: 1990fehlten in Ungarn etwa 15000.

Viele Experten sind sich einig, daß die Schu-len Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrer brau-chen, die den Anforderungen eines modernen,kommunikativen Fremdsprachenunterrichtsgewachsen sind. Das Stichwort war und ist Pro-fessionalisierung. Die Lehrerstudenten könnenund müssen während des Studiums auf ihre Leh-rerrolle vorbereitet werden, es genügt nicht, washäufig vor der Wende galt, daß die Studentenerst nachher, in den Schulen, als angehende Leh-rer die Methoden, Griffe und Kniffe des Lehr-berufs erlernen.

2. Gründung neuer Zentrenfür die Lehrerausbildung

1990 wurden an der ELTE Budapest zwei selb-ständige Zentren für Lehrerausbildung gegrün-det, eins für Deutsch (Institut für Deutsch alsFremdsprache) und eins für Englisch (CETT), mitdem Auftrag, ein neues dreijähriges Modell derFremdsprachenlehrerausbildung zu erstellenund zu etablieren. Beide Zentren haben parallelzur Pilotphase mit einer in Ungarn in dieser Formfrüher unbekannten, intensiven, curricularen

Planungs- und regelmäßigen Evaluationsarbeitbegonnen.

Geplant wurde ein Intensivstudium von 6Semestern (3 Studienjahren) mit einer integrier-ten Referendarzeit im dritten Studienjahr. AlsHauptziel wurde im Entwurf des Curriculums(1991) folgendes formuliert:

„Entwicklung einer angemessenen Unterrichts-kompetenz für den Deutschunterricht in der Pri-marstufe, Sekundarstufe I und II. Ziel ist die ganz-heitliche Entwicklung einer Lehrerpersönlichkeit,weshalb nicht nur kognitive Inhalte, sondern auchAktivitäten, Erlebnisse und Kreativität berücksich-tigt werden.“

Die Studierenden können wegen der Inten-sität des Studiums nur ein Fach studieren. Diefachbezogene Gesamstundenzahl beträgt näm-lich einschließlich Unterrichtspraktikum 1168Stunden. Seit 1990 werden jährlich etwa 100Bewerber nach einer Aufnahmeprüfung zum Stu-dium zugelassen.

Unterstützung bei der Einrichtung dieses Stu-diums erhielt die Universität durch Lektoren, Sti-pendien u.ä. aus dem Westen sowie durch Mittelaus einem Weltbankkredit. Bei der Entwicklungdes Curriculums war die Zusammenarbeit mitExperten einiger deutscher Universitäten (Bie-lefeld, Bochum, Hamburg, Kassel) besonderswichtig, die von diesen Experten propagierten

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Anna Zalán-Szablyár, Budapest

DreijährigeDeutschlehrer-ausbildungCurriculumentwicklung an der Eötvös Loránd Universität/Budapest

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Modelle einer Deutsch-als-Fremdsprache-Ausbil-dung und die konkrete Zusammenarbeit habendie Entwicklung des neuen Curriculums unter-stützt. Die Mitarbeiter der beiden Zentren kamenvon außerhalb der Universität. Es handelt sichum erfahrene und engagierte Kollegen, die vorder Wende z.B. in privaten Sprachschulen tätigwaren und die nun die Möglichkeit bekommenhaben, ihre praktischen Erfahrungen reflektie-rend in der Universität umzusetzen, neue Erfah-rungen im Ausland zu machen und Defizite in derTheorie aufzuarbeiten.

3. Inhalte und Formen derAusbildung

Im Gegensatz zum Philologiestudium und zur tra-ditionellen Lehrerausbildung in Ungarn, wo derSchwerpunkt auf Systemlinguistik und Literatur-geschichte lag und Sprachpraxis und Didak-tik/Methodik nur eine geringe Rolle spielten, legtdas neue Curriculum besonderen Wert auf dieVermittlung von Kenntnissen in angewandterLinguistik , in Didaktik und Methodik sowie aufdie Entwicklung der erforderlichen sprachlichenFertigkeiten und Kompetenzen.

Die Stundenaufteilung (siehe Übersicht unten)zeigt, wie diese neuen Schwerpunkte in den Lehr-veranstaltungen zum Ausdruck kommen.

Die Ersteller des Curriculums sind von denerforderlichen Kompetenzen eines Sprachleh-rers ausgegangen (Kenntnisse, Fertigkeiten, Ein-stellung) und haben überlegt, in welchen Studi-eneinheiten, mit welchen Inhalten und mit Hilfewelcher Arbeitsformen diese Ziele am effektiv-sten zu verwirklichen sind. Die wichtigste Bestre-

bung war, Theorie und Praxis zu verzahnen undauf beiden Ebenen für wissenschaftlich fundier-tes Vorgehen zu sorgen.

Die neue Form des einjährigen Schulprakti-kums stellt zweifelsohne das Herzstück des neu-en Modells dar. Dieses Schulpraktikum hat sichnach Meinung der Dozenten, der Studenten undnicht zuletzt auch nach der Meinung der Schu-len, in denen das Praktikum durchgeführt wird,gut bewährt. Trotzdem plant die Leitung der Uni-versität gerade, das Praktikum aus finanziellenGründen zu kürzen. Dies würde freilich dasursprüngliche Konzept untergraben. Der Erfolgdes Schulpraktikums hängt in großem Maße vonder Funktionsfähigkeit des Dreiecks Schule-Stu-dierende-Universität ab. Die Mitarbeiter desBereichs Fachdidaktik an der ELTE haben Lehreran verschiedenen Schultypen aufgrund von Hos-pitationen und Nachbesprechungen ausgewählt,die im Rahmen eines Fortbildungskurses mitUnterstützung des Goethe-Instituts Budapest aufdie Mentortätigkeit vorbereitet worden sind.

Nach Bedarf und Möglichkeiten der Schulensowie entsprechend den Bedürfnissen der Stu-dierenden versuchen die Mitarbeiter des Be-reichs Sprachdidaktik, Studierende und Schulen(Mentoren) optimal zusammenzubringen undden jeweils günstigsten der beiden folgendenPraktikumstypen zu wählen:

Typ A: Wegen des Mangels an Deutschlehrenden an denSchulen übernimmt ein Teil der Studierenden fürein Jahr selbständig eine Klasse. Unterstützt vomjeweiligen Mentor, übernehmen sie also Schrittfür Schritt die volle Verantwortung für Planung,

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Studienjahr

I.

II.II.

II.

III.

III.

III.

III.

III.

Semester

SS

WSSS

SS

WS–SS

WS–SS

WS–SS

SS

SS

Studieneinheit

Einführung in dieSprachpädagogik

Grundlagen 1Grundlagen 2

Zwischenprüfung

Fachseminar 1–2

Unterrichtsprakti-sches Seminar 1–2

Schulpraktikum

Diplomarbeit

Staatsexamen

Stunde/Woche

2

44

2+2

2+2

6+6

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Noten, Klassenarbeiten etc. Eine Umfrage unterden ersten Absolventen hat gezeigt, daß vielediesen Typ des Praktikums für besonders effek-tiv halten.

Typ B:Die Studierenden unterrichten in den Klassenihrer Mentoren, wie das auch im Falle der Ger-manistikstudenten im 5. Studienjahr praktiziertwird.

Schließlich bildet das Schulpraktikum auchdie Grundlage für die Diplomarbeiten (vgl. denBeitrag von K. Petneki in diesem Heft).

4. GeänderteRahmenbedingungen

Im April 1992 entstand eine neue Situation mitweitreichenden Folgen für den neuen Bildungs-weg: Das Germanistische Institut der ELTE wur-de gegründet; der Bereich Deutsch als Fremd-sprache wurde in dieses Institut integriert. SeitSeptember 1992 werden die Lehrveranstaltun-gen für die dreiährige Deutschlehrerausbildungvon den vier verschiedenen Lehrstühlen bzw.Bereichen des Instituts angeboten. Damit ist esschwieriger geworden, die Programme aufeinan-

der abzustimmen und ein fächerübergreifendesKonzept durchzusetzen. Die vorgenommeneTrennung der Bereiche Sprachpraxis undSprachdidaktik kann u.U. aus didaktischer Sichtals eine Fehlentscheidung bezeichnet werden.Andererseits ist im Rahmen dieser Maßnahmedas erste Mal in der Geschichte der Deutschleh-rerausbildung in Ungarn ein Lehrstuhl (Bereich)der Fachdidaktik mit 10 –12 Mitarbeitern ent-standen, der zu einer Aufwertung der Fachdidak-tik führen könnte. Die Dozenten arbeiten anForschungsthemen, durch die in beispielhafterForm versucht wird, die Einheit von Lehre undForschung zu realisieren.

An der ELTE wurde also ein neues Modell derpraxisorientierten Lehrerausbildung erstellt, ver-wirklicht und evaluiert. Damit ist aber nur einTeil der Aufgaben geleistet worden, denn nunsteht eine engere Verzahnung der „alten“ fünf-jährigen Germanistikausbildung mit der neuendreijährigen Deutschlehrerausbildung an. Stu-dierende, die ihr Sprachlehrerdiplom in der drei-jährigen Ausbildung erwerben, können seit 1993anschließend ihr Studium fortsetzen und dasvolle Philologiestudium absolvieren - was vieleaus Sorge, daß nur ein Studienfach beruflich zuunsicher sei, auch tun.

Seitdem die didaktischen Studieneinheitenauch für die Germanistikstudenten zugänglich

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sind, besteht auf seiten der Dozenten derWunsch, den unterschiedlichen Grad derPraxisorientierung in der fünfjährigen und derdreijährigen Ausbildung aufzulösen, indem derAnteil der Didaktikstunden der Germanistikstu-denten erhöht und mit wichtigen Inhalten gefülltwird. Die Diplome, die die Studierenden gegen-wärtig erhalten, sind nämlich nicht gleichwertig(Philologiestudium: Universitätsdiplom, Deutsch-lehrerausbildung: Hochschuldiplom).

Im November 1993 hat der Bereich Deutschals Fremdsprache versucht, Daten über dieberufliche Tätigkeit der ersten Absolventen inForm einer Umfrage einzuholen. Leider habenwir nur von insgesamt 30 ehemaligen Studenteneine Antwort bekommen. Davon unterrichteten• an Grundschulen 3• an Gymnasien und Fachmittelschulen 10• an privaten Sprachschulen 10• im Ausland waren 4• und 3 haben zum Zeitpunkt der Umfrage nicht

unterrichtet.

Von diesen 30 Befragten studieren 17 weiter,15 von den 17 gaben an, daß sie später unter-richten wollen.

Im Auftrag des Bildungsministeriums wurdeeine Studie über die Weiterentwicklung des drei-jährigen Modells erstellt. Die Autoren der Studieschlagen vor, das Studium auf vier Jahre zu ver-längern, u.a. wegen der hohen Belastung der Stu-dierenden im 3. Studienjahr und aufgrund derTatsache, daß ein großer Teil der Absolventendas Studium zunächst fortsetzt und nicht in denSchuldienst geht. Die Autoren empfehlen auch,den Abschluß der dreijährigen Deutschlehrer-ausbildung als Universitätsdiplom anzuerken-nen.

Würden diese Vorschläge realisiert, wärenviele der erwähnten Probleme ausgeräumt. Wür-de man die innovativen Züge des dreijährigenModells bewahren und weiterentwickeln, könntedie Fremdsprachenlehrerausbildung noch effek-tiver und praxisnäher gestaltet werden. Dieswürde in erheblichen Maße zur Förderung undzur ersehnten Professionalisierung des Deutsch-unterrichts beitragen.

5. ErgebnisseAufgrund der vierjährigen Erfahrung mit der neu-en Deutschlehrerausbildung lassen sich folgen-de positive Ergebnisse festhalten:� Erstellung und regelmäßige Evaluierung des

Curriculums für die dreijährige Deutschleh-

rerausbildung mit positiver Wirkung auf dieEffektivität der Lehrveranstaltungen;

� neue Lehrveranstaltungstypen (klares Profilanstelle universeller Veranstaltungen, z.B.unterrichtsbegleitendes Seminar; Einführungin das Studium in Form von „Dialogvorlesun-gen“);

� neue Arbeitsformen wie Teamteaching; quasitutoriale Betreuung der Diplomarbeiten;

� Erfahrungen mit jährlich etwa 70 Diplomar-beiten in Didaktik/Methodik;

� Arbeit an verschiedenen Forschungsthemen: – Ausspracheschulung– Curriculumentwicklung– frühes Fremdsprachenlernen– interkulturelle Kompetenz– Lehrerfortbildung– Lehrerverhalten, Lehrersprache– Lehrwerkanalyse, Lehrwerkkritik– Lernerorientiertheit im Bedingungsgefüge

Curriculum, Lehrmaterial, Unterricht– schülerorientierter Fremdsprachenunter-

richt– Mediendidaktik

� Arbeit an für den Fremdsprachenunterrichtwichtigen Projekten, die von der Weltbankund von verschiedenen Stiftungen finanziertwerden, z.B.: Curricula für den schulischenDeutschunterricht, Lehrwerk für Gymnasia-sten, Unterrichtsmitschnitte für Didaktiklehr-veranstaltungen und Lehrerfortbildung, Rea-der für die Studierenden etc.

� Zusammenarbeit mit etwa 50 Mentoren anverschiedenen Schultypen; Planung undDurchführung von Fortbildungsveranstaltun-gen und -kursen für diese Mentoren;

� Im Rahmen des Bereichs Sprachdidaktik hatsich ein Team aus deutschen und ungari-schen Kollegen herausgebildet, die ähnlicheZiele der Deutschlehrerausbildung verfolgenund entschlossen nach neuen Realisierungs-möglichkeiten suchen;

� Ausbau einer Infrastruktur;� Aufbau einer Fachbibliothek und einer Prä-

senzbibliothek für Studierende.

Literaturhinweis:Eine ausführliche Dokumentation findet sich in:K. Petneki/W. Schmitt/A. Szablyár (Hrsg.): Curriculumevaluation der

Deutschlehrerausbildung aus didaktischer Sicht. BudapesterBeiträge zur Germanistik Nr. 25, Budapest 1994.

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In Frankreich, Italien und Portu-gal, Ländern, deren Deutschlehrer-ausbildung bisher als besonderspraxisfern bezeichnet wurde,sind in den letzten Jahren Refor-men eingeleitet worden, die aufeinen stärkeren Berufsbezugder Lehrerausbildung hinzielen:das hat zum einen dazu geführt,daß Fragen der Didaktik erst-mals in die Studienprogrammeaufgenommen wurden und an

den Universitäten einen Platzfinden, zum andern haben dieseReformansätze die Neu-gestaltung der Lehrer-Prüfungenund die Einrichtung von Referen-dariaten bzw. schulpraktischenStudien bewirkt. Der folgendeBeitrag aus Frankreich dokumen-tiert diese Bemühungen, zeigtaber zugleich die Probleme undungelösten Fragen, die sich beidem Versuch ergeben, traditio-nelle Studiensysteme zu refor-mieren.

1. VorbemerkungenSeit Mitte der 80er Jahre häuften sich in Frank-reich die Klagen über den qualitativen und quan-titativen „Niedergang“ des Deutschunterrichtsim Sekundarschulbereich, wobei sich die Kritikerim wesentlichen auf persönliche Erfahrungswer-te stützten. Für das Erziehungsministerium wardie andauernde Diskussion über das Sinken desSprachniveaus und der Leistungsbereitschaftjedenfalls Grund genug, eine Expertenkommissi-on einzusetzen, die 1990 ihre Empfehlungen vor-gelegt hat. Das Fazit dieser Empfehlungen war,die Lehrerausbildung zu reformieren, sie den rea-len Erfordernissen des Lehrerberufs anzupassen(Janitza 1991, 17). Als Teilstück der daraufhineingeleiteten Reform wurden die 26 IUFM („Insti-

tuts Universitaires de Formation des Maîtres“,eine Art Pädagogische Hochschulen) gegründet,die in Zusammenarbeit mit den Universitäten diepädagogische und fachdidaktisch-methodischeAusbildung der zukünftigen Lehrer gewährlei-sten sollen. Die „akademischen“ Fächer Litera-turwissenschaft, Linguistik und Landeskundewerden wie bisher an den Universitäten gelehrt.Parallel zu dieser institutionellen Reform wurdedie Staatsexamensprüfung (CAPES = „Certificatd'Aptitude au Professorat de l'Enseignement duSecond Degré“ = Eignungsprüfung für das Lehr-amt im Sekundarschulbereich) um eine didakti-sche Komponente erweitert. Sie enthält seit 1992eine berufsbezogene Teilprüfung (épreuve surdossier), auf die ich in Teil 3 näher eingehen werde.

Es gibt in Frankreich zwei „Stufen“ von Staats-prüfungen, die beide zum Lehramt im Sekundar-schulbereich führen: das schon genannte CAPESund die schwierige Agrégation (= ursprünglichOberstufenlehrer, die jetzt aber auch in der

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Jürgen H. Ott, Strasbourg

Die Ausbildung vonDeutschlehrern für dieSekundarstufe in Frankreich

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Sekundarstufe I eingesetzt werden). Da diewesentlichen berufsbezogenen Teile der Reformdie Agrégation nicht berühren und das CAPESdie (inzwischen nicht mehr nur) quantitativeHauptsäule der Lehrerausbildung ist, werde ichmich im folgenden auf die Beschreibung dieserStaatsprüfung beschränken.

Die Rahmenbedingungen und die Prüfungs-anforderungen für das CAPES gelten für ganzFrankreich. Die Ausbildung der Lehramtskandi-daten kann allerdings im Detail variieren. Die imfolgenden angeführten Daten beziehen sich aufdas Lehrangebot an der Universität Strasbourg IIund am IUFM d'Alsace. Sie können aber als Teileines immer noch stark zentralisierten Hoch-schulsystems zur Charakterisierung des Ganzenherangezogen werden.

2. Das fachwissenschaftlicheStudium

Studierende, die Lehrer werden wollen, studie-ren in der Regel nur ein Fach. Das Studium dau-ert mindestens drei Jahre: Das Grundstudium (2Jahre) wird mit dem DEUG (Diplôme d'EtudesUniversitaires Générales) abgeschlossen. DasDiplom erhält, wer den Nachweis über das Beste-

hen von zehn voneinander unabhängigen Studi-eneinheiten verschiedenen Umfangs erbringt.Davon entfallen fünf auf das Studienfach, in unse-rem Fall die Germanistik (z.B Literaturgeschich-te, Landeskunde, Übung zum Kommentieren vonTexten usw.) als Pflichtfächer, eine auf Franzö-sisch ebenfalls als Pflichtfach, zwei auf Wahl-pflichtfächer (meist eine zweite Sprache oderGeschichte), zwei auf Wahlfächer, die aus demgesamten geisteswissenschaftlichen Lehrange-bot ausgewählt werden können.

Das Hauptstudium (1 Jahr) schließt mit der„Licence“ ab. Die im Grundstudium erworbenenKenntnisse werden in der Licence vertieft. DasStudienprogramm umfaßt fünf Studieneinheiten,davon vier Pflichteinheiten und eine Wahleinheit.Die meisten Studierenden benötigen jedochmehr Zeit, um die notwendige Zahl von Lei-stungsnachweisen zu erbringen und sich auf diePrüfungen vorzubereiten. Die Licence ist (als„nationales“, staatlich anerkanntes Diplom) einberufsqualifizierender Abschluß. Sie berechtigtauch zum Weiterstudium (Magisterstudium)oder zur Vorbereitung der Auswahlprüfung fürden Staatsdienst (CAPES).

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3. Das Prüfungsjahr(Vorbereitung des CAPES und

Examen)Frühestens im vierten Studienjahr (nach bestan-dener Licence) können die Studierenden dasStaatsexamen vorbereiten. Es handelt sich hier-bei um eine Auswahlprüfung („Concours derecrutement“) für eine bestimmte, vom Erzie-hungsministerium jährlich festgesetzte Anzahlvon Stellen. So waren 1994 für Deutsch imSekundarschulbereich 350 Planstellen für dasCAPES ausgeschrieben. Von 1139 Bewerbern, diean den schriftlichen Prüfungen teilgenommenhatten, wurden 401 für die mündlichen Prüfun-gen zugelassen. Davon bestanden 241.

Die Prüfung umfaßt folgende Teilbereiche:

Schriftlicher Teil:1. Aufsatz („dissertation“) über ein Thema ausdem für das laufende Prüfungsjahr auf nationalerEbene festgelegten Programm (in Literatur oderLandeskunde); Sprache: Deutsch, Dauer: 4 Std.,Koeffizient: 3.2. Übersetzung: dt. - frz., frz. - dt.; Dauer: 4 Std.,Koeffizient: 3.3. Kommentieren eines Textes aus dem Prü-fungsprogramm („commentaire“); Sprache: Fran-zösisch, Dauer: 4 Std., Koeffizient: 3.

Die Durchschnittsnote aus diesen drei Teil-prüfungen ist die Grundlage für die Zulassungder Kandidaten zur mündlichen Prüfung.

Mündlicher Teil:4. Analyse eines literarischen oder landeskundli-chen Textes („explication de texte“); Sprache:Deutsch, daran anschließend die Analyse einigerim Text vorkommender grammatischer Erschei-nungen („commentaire grammatical“); Sprache:Französisch; Vorbereitung: 3 Std., Prüfung: 1 Std.,Koeffizient: 7.5. Berufsbezogene Prüfung („épreuve sur dos-sier“), bestehend in der didaktischen Analyseverschiedener, von der Prüfungskommissionzusammengestellter Materialien, z.B. Vergleichvon Lehrmaterialien aus Lehrwerken verschie-dener Generation, Vergleich von Lehrmaterial,Analyse von Texten usw.; Sprache: Französisch,Vorbereitung: 2 Std., Prüfung: 1 Std., je zur Hälftebestehend aus dem „Exposé“ des Kandidatenund dem Gespräch mit den drei Mitgliedern derPrüfungskommission. Koeffizient: 4.

Die mündlichen Prüfungen finden zentral inParis statt. Mitte Juli erfahren die Prüfungsteil-nehmer dann, ob sie bestanden haben, wobei dieGesamtnote aus den fünf Teilprüfungen über die

vorläufige Zulassung zum Lehramt entscheidet.Mit dem Schuljahresbeginn im Septemberbeginnt das Referendariat, in den meisten Fällenin der Schulregion, zu der auch das IUFM gehört,an dem der Referendar im Vorbereitungsjahr fürdas CAPES eingeschrieben war.

Das Vorbereitungsjahr bedeutet für die Stu-dierenden eine hohe physische und psychischeBelastung. In elf Präsenzstunden pro Woche wer-den die einzelnen Prüfungsfächer vorbereitet(mit Vorlesungen zur Literaturwissenschaft, Lan-deskunde, Linguistik, Didaktik usw., mit Semina-ren und Übungen zum Kommentieren von Textenusw.), hinzu kommen in unregelmäßigen Abstän-den Sitzungen zur Wiederholung oder Vertiefungdes Stoffs, Probeklausuren und schließlich par-allel dazu die Vor- und Nachbereitung der Prä-senzstunden und die vertiefenden Lektüren zuden literarischen bzw. landeskundlichen Pro-grammbereichen.

Berufsbezogene Prüfung: épreuve surdossierDie berufsbezogene Teilprüfung ist das Reform-stück in dem oben beschriebenen Prüfungsver-fahren. Die Prüfungsinhalte sind hier nicht wiebei den anderen Fächern durch eine Programm-vorgabe eingegrenzt. Deshalb ist die Vorberei-tung der Kandidaten schon eine schwierigeSache. Hinzu kommt, daß Grund- und Hauptstu-dium „akademisch“ ausgerichtet sind, d.h. daßdie Studierenden im Vorbereitungsjahr zumersten Mal mit fachdidaktischen Fragestellungenkonfrontiert werden. Der Lehrende beginnt(abgesehen von den eigenen Erfahrungen derStudierenden als Schüler) praktisch bei Null, aufVorkenntnissen kann kaum aufgebaut werden.Und daneben müssen die Studierenden natürlichnoch die anderen Prüfungsfächer bearbeiten.

In Anbetracht dieser Ausgangssituation sinddie Erwartungen sehr hoch angesetzt. So hat dieberufsbezogene Prüfung folgende Hauptziele:a) die Beurteilung der analytischen Fähigkeitender Kandidaten in bezug auf ausgewählte fachdi-daktische Materialien;b) die Beurteilung der reflexiven Fähigkeiten inbezug auf Zielsetzungen des Deutsch als Fremd-sprache-Unterrichts, Lernziele, Sozialformen,methodische Entwicklungen u.ä.c) die Beurteilung der rhetorischen Fähigkeiten.

Die Vorbereitung auf die berufsbezogene Prü-fung enthält drei Komponenten: eine Vorlesungund Übungen zur „Didaktik Deutsch als Fremd-sprache“, ein Beobachtungspraktikum und eini-ge fachübergreifende Blockseminare. Die ersteKomponente beinhaltet Themen wie Geschichteder Lehrmethoden, Terminologie des nationa-len Lehrplans („Instructions ministérielles“),

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Linguistik und Didaktik, Lehrbuchanalyse, dievier Fertigkeiten, Grammatikarbeit, Wortschatz-arbeit. Außerdem werden die Studierendenanhand von Videoaufzeichnungen auf das Beob-achtungspraktikum vorbereitet (vgl. Cieutat-Mer-ly, 1993). Das Beobachtungspraktikum von etwa20 Stunden ist fakultativ. Die Studierenden kön-nen sich im Exposé und im Prüfungsgespräch aufDaten und Erfahrungen aus dem Beobachtungs-praktikum stützen. In den Blockseminaren wer-den transdisziplinäre Aspekte behandelt wie„Die Jugendlichen heute“, „Die Disziplin in derKlasse“, „Kooperative Pädagogik“, „Schüleraus-tausch und Interkulturalität“, „Die sozio-ökono-mischen Aspekte des Erziehungssystems“, „DieOrganisation in einer Schule“.

4. Das ReferendariatBevor die jungen Kolleginnen und Kollegen nachbestandenem CAPES endgültig in den Staats-dienst übernommen werden, müssen sie ein ein-jähriges Referendariat absolvieren, bei dem fach-wissenschaftliche Zusatzangebote, fachdidakti-sches und methodisches Wissen, pädagogischeund lernpsychologische Kenntnisse in einerberufspraktischen Perspektive „verschmolzen“werden. Die Ausbildung enthält wiederum dreiKomponenten: Blockseminare, Praktika und einepädagogisch-didaktische Arbeit. Die inhaltlicheund organisatorische Gestaltung des Referenda-riats obliegt ausschließlich dem IUFM.

1. Die BlockseminareIn den Blockseminaren werden drei Themenbe-reiche behandelt: Literatur, Landeskunde undGrammatik/Linguistik unter anwendungsbezoge-ner Perspektive. Hier ist zugleich die Fortsetzungund Vertiefung fachwissenschaftlicher Fragestel-lungen möglich. Den zeitlich größten Block bil-den die Seminare zur Fachdidaktik und Metho-dik, die von erfahrenen und kompetenten Kolle-gen aus dem Sekundarschulbereich abgehaltenwerden. In den fachübergreifenden Seminarenwerden pädagogische, psychologische, soziale,kommunikative juristische, administrativeAspekte des Lehrerberufs behandelt.

2. Das SchulpraktikumDas Praktikum findet an zwei Schulen statt. Ander Schule, der der Referendar zugewiesen ist,unterrichtet er (nach einem Beobachtungsprak-tikum bei seinem Mentor zu Beginn des Schul-jahres) eigenverantwortlich in zwei Klassen (6Stunden pro Woche während des ganzen Schul-jahres) unter der Anleitung und mit der Betreu-ung des Mentors. Dieses Langzeitpraktikum wirdergänzt durch ein zweites, das in der Regel aufeiner anderen Schulstufe (Unterstufe:„collège“,

Oberstufe: „lycée“, oder umgekehrt) stattfindetund von einem anderen pädagogischen Beraterangeleitet wird.

3. Schriftliche AusarbeitungDie pädagogisch-didaktische Arbeit beschreibtin den meisten Fällen einen selbst durchgeführ-ten Unterrichtsversuch. Die Thematik sollte sichaus den ersten Lehr-Erfahrungen ergeben. Ofthandelt es sich um einen Problembereich derDeutschdidaktik. Es wird erwartet, daß das The-ma aus der Praxis begründet, der Problembe-reich eingegrenzt, die wichtigste dazu schon vor-handene Literatur rezipiert und ihre Relevanz inbezug auf die eigene Lehrsituation dargestelltwird. Die Arbeit soll Lösungsvorschläge enthal-ten und die erzielten Ergebnisse mit kritischerDistanz reflektieren. Die Arbeit wird von einemSekundarschul- oder Universitätslehrer betreut.Sie muß am Ende vor einer Prüfungskommission,bestehend aus dem Betreuer und einem „Oppo-nenten“, verteidigt werden (am IUFM d'Alsace istdie Richtzahl 30 Seiten).

In die abschließende Beurteilung am Endedes Referendariats gehen folgende Teilbewer-tungen ein:- die aktive Teilnahme an den Blockseminaren,- der Bericht des Schulleiters, - drei (kurze) Gutachten über Lehrproben: einsdes Mentors, eins des Betreuungslehrers und einGutachten eines externen pädagogischen Bera-ters bzw. eines Schulrats,- die Bewertung der pädagogisch-didaktischenArbeit.

Bei zufriedenstellenden Leistungen schlägteine Fachkommission, bestehend aus einemRegionalschulrat, einem Universitätslehrer undeinem Betreuungslehrer aus dem Sekundar-schulbereich, die jungen Kollegen und Kollegin-nen der obersten Schulbehörde zur endgültigenÜbernahme in den Staatsdienst vor. Danach wirdvom Erziehungsministerium auf nationaler Ebe-ne über den zukünftigen Dienstort entschieden.

5. Einige SchlußbemerkungenMan könnte lange die Vor- und Nachteile einesSelektionssystems erörtern, in dem finanzpoliti-sche Vorgaben (jährliche Zahl der Lehrerstellen)den Abschluß eines akademischen Studiumsbeeinflussen. Daran könnte man anschließen mitder Klage über die Kluft zwischen akademischenLehrinhalten und Lehrmethoden und dem, wasim Sekundarschulbereich davon „verwendbar“ist. Schließlich könnte man darüber räsonnieren,inwieweit ein monovalentes Studium den geisti-gen Horizont prägt. Die hierbei auftauchendenFragen müssen mittel- oder langfristig sicher

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eine gesellschafts- bzw. hochschulpolitische Ant-wort erhalten. Ich möchte an dieser Stelle nur aufBereiche eingehen, für die ich in überschauba-rem Zeitraum eine Veränderung zum Besserenfür möglich und wünschenswert halte.

Wenn die berufsbezogene Teilprüfung dieKandidaten veranlassen soll, sich Fragen überihren zukünftigen Beruf zu stellen, dann solltedies nicht erst im Vorbereitungsjahr auf dasCAPES „stimuliert“ werden, am Ende des Studi-ums und in einer Periode, wo in Anbetracht derzu verarbeitenden Stoffülle nur wenig Zeit zumFragenstellen bleibt. Eine Möglichkeit, der Didak-tik einen seriöseren, ihr gebührenden Status zugeben, bestünde darin, sie als gleichberechtigteStudienkomponente anzuerkennen und die Leh-re auf die vorausgehenden Studienjahre auszu-dehnen. Das wäre aus meiner Sicht möglich,ohne die ohnehin schon große Stundenzahl zuvergrößern, indem bestehende fachwissen-schaftliche Lehrangebote didaktisch „angerei-chert“ werden. Erste Erfahrungen an der Univer-sität Strasbourg II sind ermutigend.

Die systematische Integration der Didaktik inden Studiengang würde sich sicher auch positivauf die Qualität der im Referendariat anzuferti-genden pädagogisch-didaktischen Arbeit auswir-ken. Nicht wenige junge Kollegen und Kollegin-nen haben große Schwierigkeiten bei dieserArbeit, zum einen weil es für die meisten dieerste größere wissenschaftliche Arbeit ist, zumanderen weil es am didaktischen und methodi-schen Überblick fehlt. Dadurch geht der franzö-sischen Deutsch als Fremdsprache-Didaktik einwichtiges Potential an kleinen empirischen For-schungsarbeiten verloren.

Im jetzigen System kommt der Einstieg in dieDidaktik spät und ist kurz. Und sehr früh schonim Referendariat sind die jungen Kolleginnenund Kollegen mit Situationen konfrontiert, aufdie sie nicht vorbereitet werden konnten. Alsofordern sie von ihren Beratern schnell wirksameLösungen, wodurch die Gefahr entsteht, daß dasNachdenken über pädagogische, didaktische,methodische Alternativen zugunsten einer Über-lebensstrategie zu kurz kommt. In der Folge wirdder von der Reform zu erwartende „Innovations-schub“ gemindert.

Das Fehlen thematischer Vorgaben für dieberufsbezogene Teilprüfung wird unter anderemdamit begründet, daß das Einpauken bestimmterBearbeitungsschemata verhindert werden soll,daß sich die Kandidaten bei der Behandlung desThemas frei fühlen sollen und Kreativität bewei-sen können. Das ist in der jetzigen Situation, inder das didaktische „Handgepäck“ der Kandida-

ten doch noch sehr klein ist, vielleicht sogar einerichtige Entscheidung. Andererseits darf abernicht übersehen werden, daß die Kollegen, diedie Kandidaten auf diesen Prüfungsteil vorberei-ten, a posteriori versuchen, einen Erwartungs-horizont herauszufiltern – aus Gesprächen mitden Kandidaten nach der Prüfung, aus rekon-struierten Themenstellungen, aus dem Ab-schlußbericht des Prüfungsvorsitzenden. Dieses„Filtrat“ wird dann für das nächste Vorberei-tungsjahr in Betracht gezogen, ohne jedoch dieGewähr zu haben, daß es wieder in demselbenMaße prüfungsrelevant wird. Eine solche Kom-munikationssituation, die ich pervertiert nennenmöchte, schadet auf Dauer dem Fach(vgl. Ott1993, 141–146). Eine Wissenschaft, die ernstgenommen werden will, muß für eine Prüfungeinen dem Stand der Forschung entsprechendenErwartungshorizont formulieren können, ohnegleich normativ zu werden.

Literaturhinweise:Cieutat-Merly, Brigitte: L'épreuve professionnelle au CAPES d'Alle-

mand: Sa préparation à l'Université Strasbourg II – IUFM d'Al-sace. In: LES LANGUES MODERNES, Nr.4/1993,15–22.

Janitza, Jean: Propositions pour l'évolution de la formation initiale etcontinue des enseignants en France dans le cadre de la con-struction européenne. In: NOUVEAUX CAHIERS D'ALLEMAND,Nr. 1/1991, 1–18.

Janitza, Jean: Les IUFM et la formation des einseignants de langues.In: LES LANGUES MODERNES, Nr. 4/1993, 7–14.

Ott, Jürgen: Probleme beim Einsatz von Fernstudieneinheiten alskurstragenden Materialien in der Ausbildung von DaF-Leh-rern. In: Neuner, Gerhard (Hrsg.): Regionale und überregio-nale Perspektiven der DaF – Lehrerausbildung. Kassel 1993,137–149.

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B R E N N P U N K T Eeiner berufsbezogenen

Ausbildung vonDeutschlehrern

Literatur

Sprachpraxis

Und IhreBrennpunkte?

Didaktisch-methodischeKompetenz

Fremdsprache Deutsch Sonderheft 1994 – Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung, ISBN 978-3-19-869183-0, © Hueber Verlag 2007

Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt.©

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1. Literatur undgesellschaftlicher Kontext

Die Probleme des universitären Literaturunter-richts und -studiums sind nicht nur universitäreProbleme. Diese Probleme hängen sehr eng mitallgemeinen gesellschaftlichen und kulturellenFaktoren zusammen und sind letzten Endes mitdem Prestige der Literatur und des Philologie-bzw. Lehrerstudiums in einer gegebenen Gesell-schaft verbunden. In dieser Hinsicht gibt es lei-der sehr negative Tendenzen in Ungarn, die seitder Wende – wahrscheinlich infolge der großengesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verände-rungen – den Erneuerungen des Hochschulwe-sens entgegenwirken.

2. Neuorientierung desLiteraturstudiums

Die Zielsetzung:Die dreijährige Deutschlehrerausbildung an derEötvös Loránd Universität (ELTE) in Budapestbot eine ausgezeichnete Gelegenheit, Ziele, Struk-turen und Inhalte der Deutschlehrerausbildungneu zu definieren (vgl. den Beitrag von Zalán-Sza-blyár in diesem Heft). In diesem Zusammenhangwurden auch die Studieneinheiten der Literatur-wissenschaft abweichend von dem traditionellenfünfjährigen Philologiestudium definiert: Litera-turwissenschaft wurde nicht mehr nur oder vorallem als Literaturgeschichte verstanden, siesollte vielmehr auch einen „textwissenschaftli-chen Ansatz vermitteln“ (Curriculum S. 8). Diesentspricht den neuesten Erkenntnissen und For-derungen der Texttheorie.

Die allgemeinen Zielsetzungen der Literatur-wissenschaft im dreijährigen Deutschstudiumwurden im Curriculum folgendermaßen formu-liert:„Neben einer theoretischen Einführung in allge-meine literaturwissenschaftliche Grundbegriffeund Methoden sollen die Studierenden eine Über-sicht über wichtigste Epochen, Gattungsvielfalt undEntwicklungstendenzen der deutschen Literatur be-kommen. Die aktive Beschäftigung mit literari-schen Texten sollte sowohl die analytische wie

auch die synthetische Denkfähigkeit fördern, kul-turelles und interkulturelles Wissen vermitteln, undauch zu einem Verständnis über Anwendbarkeitliterarischer Texte im schulischen Deutsch alsFremdsprache-Unterricht führen“ (Curriculum S. 8).

Die Umsetzung:Literaturveranstaltungen in der dreijährigenAusbildungszeit:

Die so geplanten Studienangebote konzentrier-ten sich also weniger auf eine systematischeDarstellung der deutschen Literaturgeschichte,sondern bauten diese in die Einführungsphase,d.h. ins erste Studienjahr ein. Die erste Studien-einheit sollte einen ersten Einblick in wichtigeBegriffe, Probleme und Methoden der allgemei-nen Literaturwissenschaft, der Gattungstheorieund in die Annäherungsweisen der wichtigstenliteraturwissenschaftlichen Richtungen des 20.Jahrhunderts geben. Dadurch sollten die theore-tisch-methodologischen Grundlagen aller dar-auffolgenden Veranstaltungen des literaturwis-senschaftlichen Studiums geschaffen werden.Das nachfolgende Studienangebot zur Literatur-geschichte wurde ebenfalls in der Einführungs-phase des Studiums angesiedelt; es bietet eineÜbersicht über die Epochen und die Entwick-lungsgeschichte der deutschen Literatur.

Die eigentliche Hauptphase bildeten die dar-auffolgenden drei Studieneinheiten, die je eineÜbersicht über die drei großen Gattungen, d.h.Epik, Drama und Lyrik geben sollten. In diesenVeranstaltungen sollten allgemeine gattungs-

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Magdolna Orosz, Budapest

Die Rolle der Literatur

Studieninhalte Veranstaltung Wochenstunde Semester

Einführung in die Vorlesung 1 1Literaturwissenschaft Seminar 2 1

Literaturgeschichte Vorlesung 1 2Seminar 2 2

Die deutsche Epik Vorlesung 1 3Seminar 2 3

Das deutsche Drama Vorlesung 1 4Seminar 2 4

Die deutsche Lyrik Vorlesung 1 5Seminar 2 5

Fachseminar Seminar 2 6

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theoretische Erkenntnisse in einen literaturge-schichtlichen Kontext eingebettet und eine Syn-these von theoretischer und historischer (oder:synchroner und diachroner) Annäherung ver-wirklicht werden. Die in dieser Phase geplantenSeminare hatten in erster Linie die Aufgabe, denkreativen Umgang der Studierenden mit literari-schen Texten, ihre Problemsensibilität und Ana-lysefähigkeit zu fördern, ihre in der Einführungs-phase erworbenen theoretischen Kenntnisse zuvertiefen und in die Praxis umzusetzen.

In der als „Fachseminar“ bezeichneten letz-ten Studieneinheit ging es darum, die Beziehun-gen von Literatur, Kultur und Unterricht in einenbreiteren Zusammenhang zu stellen, und auchbestimmte, im klassischen Philologiestudiumnur selten berücksichtigte Themen wie z.B. lite-ratursoziologische Fragen, Aspekte der Unter-haltungsliteratur u.a.m. zu behandeln. Zugleichsollte es auch die Möglichkeit zur Verbindungvon Literaturstudium und Literaturdidaktikschaffen und dadurch auf verschiedene Aktivitä-ten und eventuelle Problemquellen des späterenBerufs vorbereiten.

3. Reformen in derSackgasse?

Die Realisierung der hier vorgestellten ursprüng-lichen Zielsetzungen des Curriculums blieb nachzwei Jahren stecken. Die Studierenden derDeutschlehrerausbildung wählen derzeit aus denim Philologiestudium angebotenen Studienein-heiten aus. Das aber bedeutet, daß die Unter-schiede zwischen den beiden Studienrichtungennur noch quantitativ sind (Deutschlehrerausbil-dung: etwa die Hälfte der für das Philologiestudi-um angebotenen Studieneinheiten).

Diese Veränderungen werfen wichtige Pro-bleme für beide Studienrichtungen auf (bzw.latente Probleme kommen dadurch besser zumVorschein). Diese Probleme können hier nurangedeutet werden:

� Ein grundlegendes Problem stellt die Dauerdes Studiums dar: die drei Jahre der jetzigenDeutschlehrerausbildung sind für ein Univer-sitätsstudium grundsätzlich zu wenig, um somehr, weil es in der Praxis eigentlich nur zweiJahre sind: im dritten Studienjahr unterrich-ten die Studierenden in verschiedenen Schu-len und haben kaum noch Veranstaltungen ander Universität. Deshalb sollte das Konzepteines vierjährigen Studiums für die Deutsch-lehrerausbildung ernsthaft erwogen werden;auf diese Weise könnte eine Integration, Ver-

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änderung und Gesamtplanung für die ver-schiedenen germanistischen Studiengängerealisiert werden (Grund-, Magister- und post-graduiertes Studium). Das würde nicht nur imPhilologie-, sondern auch im Deutschlehrer-studium zu einem mehrstufigen Systemführen, bei dem nach dem Grundstudium einMagisterstudium möglich ist.

� Quantität und Qualität der vermittelten Kennt-nisse sollten neu durchdacht werden – nebenumfassenden, aber eben deshalb oft ober-flächlichen Überblicksveranstaltungen wärenauch Vertiefungen bei bestimmten Themenwünschenswert. Dadurch wäre es vielleichtauch leichter, das Bedürfnis der Studierendennach der Beschäftigung mit Literatur zu fun-dieren und das Interesse an Literatur zuerhöhen. Auch „moderne“ Fragestellungensind wünschenswert, so z. B. theoretische undanalysetechnische Fragen des Medienwech-sels. Die Erfahrung zeigt, daß die Studieren-den für solche Themen durchaus offen sindund der Literatur, wenn sie aus einer unge-wohnten Perspektive dargeboten wird, mitmehr Interesse begegnen. Dazu wären auchdie traditionellen Darbietungsformen des uni-versitären Literaturunterrichts zu verändern:denkbar wären z.B. Ringvorlesungen, konsul-tativ-diskursive Vorlesungen oder von mehre-ren Dozenten gemeinsam abgehaltene Semi-nare. Erste Schritte dazu sind seit der Grün-dung des Germanistischen Instituts getanworden.

� Eine abgestufte Integration von Sprach- undLiteraturwissenschaft wäre sinnvoll, ja notwen-dig – moderne Literaturwissenschaft ist (ichverweise auf die Texttheorie) ohne Linguistikkaum mehr denkbar. Am leichtesten ist dieseAbstimmung in den Einführungskursen zu ver-wirklichen, wo Ergebnisse der modernenSprachwissenschaft als Grundlage für die„Einführung in die Literaturwissenschaft“ die-nen. Im fortgeschritteneren Studium könnteman darauf aufbauen und die gewonnenenErkenntnisse für die Literaturdidaktik in derDeutschlehrerausbildung fruchtbar machen.

� Literaturunterricht an der Universität bedeu-tet nicht nur (und vor allem nicht) die Ver-mittlung von Kenntnissen über Literatur, son-dern auch die Ausbildung der Fähigkeit/Fer-tigkeit, mit literarischen Texten adäquat undkreativ umgehen zu können.

Dazu müssen im Laufe des Studiums folgen-de Komponenten entwickelt werden:

PROBLEMSENSIBILITÄTDie Studierenden sollen in die Lage versetzt wer-den, bestimmte Fragen in bezug auf literarischeWerke selbständig zu erkennen, Themen für dieeigene Analyse auszuwählen, klar zu formulie-ren, abzugrenzen und auch (z. B. in Form einesReferats oder einer Hausarbeit) herauszuarbeiten.

ABSTRAKTIONSFÄHIGKEIT UND LOGISCHESDENKENDiese Fähigkeiten lassen sich durch verschiede-ne Tätigkeiten entwickeln: die Arbeit mit derSekundärliteratur, die gemeinsam besprochenund/oder individuell rezensiert wird; Diskussio-nen in den Seminarsitzungen; Protokolle, dieüber diese Diskussionen erstellt werden; text-analyische Fragestellungen und Aufgaben bis hinzur selbständigen Analyse literarischer Texte alsHausarbeit. (Diese Tätigkeiten können zugleichauch als Vorbereitung auf die von der Diplomar-beit gestellten komplexen Aufgaben betrachtetwerden.)

FÄHIGKEIT ZU SPEZIELLEM SPRACH-GEBRAUCHDiese Fähigkeit bedeutet sowohl Verstehen alsauch Verwenden nicht nur alltagssprachlicherKodes und muß deshalb besonders trainiertwerden. Hier liegt besonderer Nachdruck aufeinem effektiven Zusammenwirken zwischen Lite-raturstudium und sprachpraktischen Übungen.

ERWERB SPEZIELLER „TECHNISCHER“ KENNTNISSE UND FERTIGKEITENDiese Fertigkeiten und Kenntnisse dienenzugleich auch den anderen Bestandteilen der„literarischen Kompetenz“ als Rahmen (vgl. diesog. Techniken der Literaturwissenschaft), siekönnen aber auch durch die schon erwähntenTätigkeiten (z.B. Referate, Rezensionen, Hausar-beiten) geübt werden und zeugen auf diese Wei-se von der gegenseitigen Bedingtheit aller hieraufgezählten Faktoren.

4. FazitDie Entwicklung einer „literarischen Kompetenz“im weitesten Sinne wirkt sich auf alle anderenFächer des universitären Unterrichts sowie aufdie Persönlichkeitsentwicklung der Studieren-den positiv aus. Bei der Ausarbeitung des mehr-stufigen Studienprogramms des Germanisti-schen Instituts ist es deshalb u.a. sehr wichtig,eine echte Zusammenarbeit von Sprach- undLiteraturwissenschaft, Methodik/Didaktik undSprachpraxis zu verwirklichen.

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1. Der AnfangAls 1990 das Institut für Deutsch als Fremdspra-che an der Eötvös Loránd Universität ins Lebengerufen wurde, hatte das neue Dozentenkolle-gium unterschiedliche Erfahrungen und unter-schiedliche Vorstellungen von der Gestaltungeines sprachpraktischen Unterrichts für zukünf-tige Deutschlehrkräfte. Eines stand fest, dasbisher praktizierte „Stilübungssystem“ derGermanistenausbildung genügt den heutigenAnforderungen nicht mehr. Unser Ziel war kom-munikativer Sprachunterricht bzw. der selbstän-

dige kreative Sprachgebrauch. In Ungarn betra-ten wir damit Neuland.

Nach vielen Diskussionen einigten wir uns imersten Jahr auf folgende Aufteilung für diesprachpraktischen Übungen:1. Studienjahr, je Semester:

2 Std. Grammatik3 Std. gesprochene Sprache3 Std. Schriftsprache

2. Studienjahr, je Semester:2 Std. Grammatik2 Std. Projektarbeit

3. Studienjahr, je Semester:2 Std. Projektarbeit

Der Landeskundeunterricht ergänzte vonAnfang an diese Sprachpraxis mit insgesamt 3Seminaren.

Im zweiten Versuchsjahr empfanden die Stu-dierenden die drastische Reduktion des Sprach-unterrichts von 8 auf 4 Wochenstunden als nega-tiv. Sie bemängelten auch, daß der Kontrastivitätin unserem Curriculum zu wenig Platz einge-räumt wurde. Wir haben daher das Profil der Pro-jektarbeit entsprechend verändert.

Die nächste Herausforderung, die mit derGründung des Germanistischen Instituts auf unszukam, war die Vereinheitlichung des Sprachun-terrichts in der fünfjährigen und in der dreijähri-gen Ausbildung. Die größten Schwierigkeitenergaben sich durch den enormen Unterschied inder Stundenzahl der beiden Studiengänge (vgl.Tabelle links).

2. Das sprachpraktischeProgramm

Nach unserer Auffassung muß die sprachprakti-sche Ausbildung folgende Ziele erreichen:�Den Studierenden muß eine sichere Grund-

lage in der deutschen Sprache vermittelt wer-den, damit sie später in den Schulen als „Sprach-experte“ akzeptiert werden.

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Erzsébet Hajdú, Budapest

Die Sprachpraxis

Programm für Sprachpraxis und Landeskunde

fünfjährige Ausbildung(Reihenfolge frei wählbar)

1. Grammatik 2 Std.2. Grammatik 2 Std.3. Textanalyse, Textproduktion 2 Std.4. Mündliche Ausdrucksformen 2 Std.5. Schriftliches und mündliches Übersetzen 2 Std.6. Landeskunde 2 Std.7. Spezialübung 1 Std.

–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––insgesamt: 13 Stunden

dreijährige Ausbildung(Reihenfolge im Curriculum festgelegt)

1. Studienjahrje Semester 2 Std. Grammatik

3 Std. Mündliche Ausdrucksformen3 Std. Textanalyse, Textproduktion

2. Studienjahrje Semester 2 Std. Grammatik

2 Std. Schriftliches und mündliches Übersetzen3x 2 Std. Landeskunde (frei wählbar in den ersten vier Semestern)

3. Studienjahrje Semester 2 Std. Spezialübung

–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––insgesamt: 34 Stunden

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�Die Sprachübungen sollen auch die Bildungder Lehrerpersönlichkeit fördern.

�Grundlagen für eine „akademische“, d.h. wis-senschafts- und forschungsorientierte Lehr-tätigkeit sind zu vermitteln.

Zugelassen zum Studium werden nur Studie-rende, die bereits gute Sprachkenntnisse mit-bringen; das bedeutet allerdings noch langenicht, daß sie die Sprache ausreichend beherr-schen, geschweige denn weitervermitteln kön-nen.

GrammatikDa die Studierenden in den Linguistikvorlesun-gen und Seminaren die wissenschaftlichenGrundlagen zur Erklärung sprachlicher Erschei-nungsformen vermittelt bekommen, behandelnwir in den Grammatikübungen die Gebrauchs-grammatik; die Studierenden werden mit ver-schiedenen Lehrer- und Lernergrammatikenvertraut gemacht. Eigene Defizite werdenbewußtgemacht und ausgeglichen, der richtigeSprachgebrauch wird nicht nur morphologisch-syntaktisch, sondern auch kommunikativ geübt.

Die Studierenden werden darauf vorbereitet,daß sie Grammatik weitervermitteln müssen. Siehalten Referate und ergänzen diese mit selbstan-gefertigten, aus Lehrbüchern übernommenenoder adaptierten Übungen. Bei der Vorbereitungihres Kurzvortrages vergleichen sie verschiede-ne Lehrer- und Lernergrammatiken. In unseremGrammatikunterricht streben wir danach, dasVermitteln von neuem Wissen mit der Unter-richtspraxis zu verbinden. So wird z. B. diskutiertund erarbeitet, wie schwierige grammatischeFormen den Schülern am besten zu vermittelnsind. Einige grammatische Erscheinungen, wiez.B. der subjektive Gebrauch der Modalverbenoder der Nominalrahmen, werden kontrastiv,also sprachvergleichend behandelt. UnsereGrammatikübungen leiten stets über zur Arbeitim Klassenzimmer, sie bereiten die Studierendendidaktisch-methodisch darauf vor, den Gram-matikunterricht dem Lernziel bzw. dem Alter unddem Wissensniveau der Schüler entsprechendzu gestalten.

Textanalyse – TextreproduktionenIn dieser Studieneinheit ist die systematischeEntwicklung des selbständigen Schreibens einesunserer Hauptanliegen – dazu kommen die Ent-wicklung des Lese- und Hörverstehens, Übungenzur Orthographie, die Analyse der gelesenenoder gehörten Textsorten, das Erkennen derCharakteristika der unterschiedlichen Gattungenund natürlich der Versuch, eigene Texte zu ver-fassen. Unterschiede zwischen den außersprach-lichen Mitteln wie Mimik, Gestik, Blickkontakt,

die beim Sprechen zur Kommunikation beitragenbzw. die Möglichkeit der sofortigen Rückkopp-lung bieten, und der abstrakteren und ökonomi-schen Schriftsprache werden bewußt gemacht.Die Studierenden lernen, daß die gesprocheneSprache mit Hilfe der Intonation Sachverhalteausdrückt, die im geschriebenen Text mit ande-rer Wortstellung, mit sorgfältig gewählter Wort-wahl beschrieben werden. In diesem Studienab-schnitt sollen die Studierenden auch mit denMerkmalen der für sie relevanten Textsorten –Lebenslauf, Bewerbung, private und offizielleBriefe, Kommentar, Porträt, Interview usw. – sovertraut werden, daß sie diese selbst produzie-ren können.

Eine der wichtigsten Übungsformen ist, einenHörtext oder einen Lesetext zu resümieren. Dazugehört das Notizenmachen. Die Mehrzahl unse-rer zukünftigen Kollegen und Kolleginnenbeherrscht nicht einmal in der Muttersprachedie Technik des Notizenmachens: sie finden dieSchlüsselwörter nicht, verwenden keine Abkür-zungen, die Notizen sind nicht übersichtlichgeordnet, die Studierenden sind nicht imstande,das Gelesene oder Gehörte umzugestalten undzu resümieren.

Mit Spielen und abwechslungsreichen Übun-gen und Schreibaufgaben werden die Studieren-den motiviert, so daß sie Freude am Variierenund Experimentieren mit den eigenen Textenempfinden.

Mündliche AusdrucksformenBei fast allen Erstsemestern stellen wir ein Defizitim Hörverstehen und im freien Sprechen fest.Deshalb werden den Studierenden in dieser Stu-dieneinheit die wichtigsten Charakteristika dergesprochenen Sprache bewußt gemacht. Text-sorten in Monolog- bzw. Dialogform werdenanhand von Hörtexten analysiert, Situationen, indenen mehrere Teilnehmer an der Kommunikati-on beteiligt sind, werden in Gruppenarbeitgeübt.

Die Studierenden spielen Interviewer undInterviewte, sind Moderatoren bzw. Diskussions-leiter. Ihre Argumentationsfähigkeit wird weiter-entwickelt. Mit Hilfe von Referaten zu einemselbstgewählten Thema lernen die Studierenden,wie sie Inhalte unter Verwendung von Bildmate-rial, Overhead-Projektor, Statistiken, Worterklä-rungen abwechslungsreich präsentieren können.Dabei sollen sie – als angehende Lehrerinnenund Lehrer – auch auf Lautstärke, Körperhal-tung, Blickkontakt achten lernen. Geichzeitigmüssen sie lernen, ein Thema logisch aufzubau-en, korrekt zu zitieren und zu bibliographieren.

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Mündliches und schriftliches ÜbersetzenIn dieser Studieneinheit soll die translatorischeKompetenz der Studierenden entwickelt werden(Übertragung immer vom Textganzen, von derSituation, der Textsorte und Sprechintentionausgehend).

Erfreulicherweise unterhält jede Schule inUngarn Partnerschaftsbeziehungen mit Schulenauf deutschem Sprachgebiet. Da erwartet manvon den Deutschlehrkräften, daß sie Briefe, Pro-tokolle, Vertragstexte, Kommuniqués, Zeitungs-artikel genau übersetzen bzw. bei Telefonge-sprächen, Besprechungen, Ansprachen, Empfän-gen dolmetschen können.

In der letzten Etappe der sprachpraktischenAusbildung können die Studierenden aus dembreitgefächerten Angebot der Spezialübungenihre Wahl treffen. Die meisten wählen ein Projekt:eine Zeitschrift oder ein Studenteninfo wird her-ausgegeben, ein Stadtführer aus studentischerSicht zusammengestellt, ein Fotoalbum mit Kom-mentaren über das Nachtleben der Hauptstadtangefertigt; kreativer Umgang mit literarischenTexten wird geübt, auch eine Theatergruppewirkt in diesem Rahmen; Studierenden mit Aus-spracheschwierigkeiten werden phonetischeÜbungen angeboten usw.

Da die Sprachkenntnisse unserer über 600 indie Sprachpraxis einbezogenen Studierendenstark variieren (von Muttersprachlern über „bei-nah-Muttersprachler“ bis hin zu denen, derenSprachkompetenz noch viele Defizite aufweist),können die Studierenden in dieser Studienein-heit selbst entscheiden, in welcher Form sie ihrDeutsch vervollkommnen wollen.

LandeskundeBei der Gestaltung des Landeskundeunterrichtsgingen wir von den „ABCD-Thesen zur Rolle derLandeskunde im Deutschunterricht“ (in: FREMD-SPRACHE DEUTSCH Heft 3/1990) aus. Anstatt Tat-sachen und Daten zu vermitteln, wollen wir beiden Lernenden „Neugier und die Lust auf Ent-deckungen“ wecken sowie Fähigkeiten und Stra-tegien entwickeln, die das Verständnis andererKulturen fördern.

Da unsere Studierenden die deutsche Spra-che recht gut beherrschen, konnten wir ver-schiedene Formen autonomen Lernens in denMittelpunkt unseres Landeskundeunterrichtsstellen; eine Studienbibliographie wurde zusam-mengestellt, so daß die Studierenden entspre-chend ihren Interessen selbst recherchieren undReferate vorbereiten können. Das freie Vortragender Referate ist ein hervorragendes Training fürden Lehrberuf, die Studierenden verlieren ihreHemmungen, indem sie versuchen, der Gruppe

etwas logisch und zusammenhängend vorzutra-gen, sie in eine Diskussion miteinzubeziehen, dieGruppenteilnehmer dazu zu bewegen, aktiv mit-zuarbeiten. Die gewählten Themen sind dabeimeist Rahmenthemen wie z. B. „Kunst um dieJahrhundertwende“, „Literarische Texte im Lan-deskundeunterricht“, „Deutschland nach derWende“, „Zeitgeschichte in Film und Literatur“,„Aktuelle Texte aus der deutschsprachigen Pres-se“, „Feste und Feiertage in den deutschsprachi-gen Ländern“ usw.

Derzeit werden die Landeskunde-Seminarenoch überwiegend von Muttersprachlern gelei-tet. Unsere Lektoren aus Deutschland, Öster-reich und der Schweiz sind besonders auf die-sem Gebiet unentbehrliche Kollegen.

3. PrüfungenIn der ursprünglichen Fassung unseres Deutschals-Fremdsprache-Curriculums sahen wir zweiPrüfungen vor: eine Grundprüfung am Ende deszweiten Semesters und eine Abschlußprüfungnach dem vierten Semester. Die Praxis hatjedoch gezeigt, daß eine sprachliche Ab-schlußprüfung vor dem Antritt des einjährigenSchulpraktikums ausreicht, denn in den einzel-nen Seminaren und Sprachübungen erfolgtschon eine systematische Leistungskontrolle.

Anstelle der zweiten Grundprüfung muß jetztals Vorbereitung für die Diplomarbeit eine Haus-arbeit (Erörterung) angefertigt werden. In dieserArbeit sollen die Studierenden unter Beweis stel-len, daß sie die Grundbegriffe wissenschaftli-chen Arbeitens richtig anwenden können. ImLaufe des Semesters bekommen sie in denÜbungsstunden „Textanalyse, Textproduktion“eine Anleitung zur äußeren Gestaltung schriftli-cher Arbeiten; es werden Arbeitstechniken erör-tert und geübt, auch Theoretisches wird kurzvermittelt, die Hausaufgaben werden in derGruppe analysiert und besprochen. UnsereErfahrungen sind positiv, die Mehrzahl der Stu-dierenden hat sich die erwünschte Kompetenzerworben. Diese Arbeitsform wollen wir weiter-hin beibehalten.

Gegenstand der sprachlichen Abschlußprü-fung, die aus einem schriftlichen und einemmündlichen Teil besteht, sind die vier Fertigkei-ten und das Übersetzen.

Verstehendes Hören wird durch einen ca.5–10 Minuten-Vortrag, der von anderen anhandvon eigenen Notizen zusammengestellt wurde,geprüft.

Verstehendes Lesen sowie schriftliche Mittei-lungsfähigkeit prüfen wir anhand eines Lesetex-

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tes mit lexikalischen und grammatischen Fragenund einer Aufgabe zur freien Textgestaltung.

In der Übersetzung ins Deutsche sollen dieStudierenden nachweisen, daß sie imstandesind, einen fachspezifischen Text grammatischund lexikalisch korrekt, inhaltlich präzise undstilgerecht zu übersetzen.

In der mündlichen Prüfung müssen die Stu-dierenden zuerst einen Kurzvortrag halten undin der nachfolgenden Diskussion auf weiter-führende Fragen bzw. auf themenbezogenesZusatzmaterial (von den Prüfern eingebracht)argumentativ eingehen. Zu diesem Zweck müs-sen die Studierenden bis Semesterende ein Dos-sier zu einem bestimmten Thema vorlegen; dasDossier soll ein Thesenblatt und Kopien ver-schiedener verwendeter Unterlagen mit genauenbibliographischen Quellenangaben enthalten, sodaß ein Minimum an Recherche garantiert wird.Besonders die persönliche Meinung zum gewähl-ten Thema ist gefragt. Im zweiten Teil der Prü-fung wird ein freies Gespräch anhand eines vomPrüfer vorgelegten Zeitungsartikels (deutsch

und ungarisch) geführt. Zusammenfassung, Wort-erklärung, Stellungnahme usw. sollen die spon-tane Reaktionsfähigkeit der Deutschstudieren-den unter Beweis stellen.

Im Herbst 1993 organisierten wir ein Treffenmit unseren ersten Absolventen, von denen diemeisten schon unterrichten. Sie berichteten, daßdie Art und Weise, wie sie die deutsche Spracheunterrichten, sowohl bei der Schulleitung alsauch bei den Schülerinnen und Schülern Anklanggefunden hat.

Wir sehen darin u.a. eine Bestätigung unseresCurriculums. Es bedarf zwar immer wieder klei-nerer Modifizierungen, aber als Ganzes hat essich doch bewährt.

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Fremdsprache Deutsch Sondernummer 1994

1. ErwartungenDie meisten Studierenden unterrichten schonvor dem Studium und auch parallel dazuDeutsch, in der Überzeugung, daß sie das auchkönnen. Der Lehrermangel ist so groß, daß vieleSchulen bereit sind, Lehrkräfte einzustellen, dienur irgendwie geartete Sprachkenntnisse nach-weisen können (z.B. irgendein Zertifikat). DaßFachkenntnisse eines Fremdsprachenlehrersnicht nur aus Sprachkenntnissen bestehen, wirdnicht bedacht. So beginnen die meisten Studie-renden ihr Studium in Didaktik/Methodik ziem-lich selbstsicher. Sie meinen, daß sie nur nochein paar „Tricks und Tips“ dazuzulernen brau-chen und dann „diplomreif“ seien.

In der allerersten Lehrveranstaltung in Didak-tik/Methodik (Einführung in die Sprachpädago-gik) frage ich meine Studierenden, was sie vondiesem Seminar erwarten (siehe Kasten links).

Im Laufe der Ausbildung merken die Studie-renden, daß sie hier auf ihren zukünftigen Berufvorbereitet werden und wirklich das lernen, wassie später im Unterricht einsetzen können. Dieje-nigen, die parallel zum Studium bereits unter-richten, probieren die im Seminar besprochenenBeispiele im Unterricht aus. Im Seminar wird die„Unterrichtskompetenz“ Schritt für Schritt auf-gebaut. Eine wesentliche Rolle spielt dabei dieintegrierte Referendarzeit.

2. Vermittlungs- undArbeitsformen

An dieser Stelle möchte ich zunächst einige The-sen über die Vermittlungs- und Arbeitsformen imBereich Didaktik/Methodik darstellen:

N E U E W E G E I N D E R D E U T S C H L E H R E R A U S B I L D U N G44

B R E N N P U N K T E

Katalin Petneki, Budapest

Die methodisch-didaktischeKompetenz

Studentische Erwartungen Realisierung imam Anfang der Ausbildung: Seminar:

1. Grundlagen der Sprachdidaktik Einführung in die2. Kenntnisse über die Methoden Sp ra chpädagog i k

im Fremdsprachenunterricht 1. Studienjahr3. Theoretische und praktische (2. Semester)

Ansätze im Fremdsprachenunterricht

4. Verhältnis zwischen Grammatik Grundlagen Iund freiem Sprechen 2. Studienjahr

5. Vermittlung von mündlichem und (3. Semester)schriftlichem Sprachgebrauch + Fachseminare

6. Lehrmaterialien kennenlernen 3. Studienjahr

7. Aufbau des Unterrichts Grundlagen II8. Wie soll man anfangen? 2. Studienjahr9. Wie kann man Wissen einschätzen? (4. Semester)

10. Wie schafft man eine gute Unterrichts-Atmosphäre? praktisches Seminar

11. Besprechung von möglichen 3. StudienjahrProblemen

12. Wie lehrt man eine Fremd- Thema der ganzensprache „richtig“? Ausbildung

Auf die Entwicklung der „Unter-richtskompetenz“ wird bei derdreijährigen Deutschlehreraus-bildung an der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest großerWert gelegt. Der folgende Bei-trag stellt das Programm derAusbildung für die Sprachdidak-tik vor und geht besonders aufMöglichkeiten einer Überprü-fung im Rahmen der Diplom-arbeit ein.

Fremdsprache Deutsch Sonderheft 1994 – Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung, ISBN 978-3-19-869183-0, © Hueber Verlag 2007

Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt.©

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� Die Ausbilder sollen ihre eigene Lehrveran-staltung zum Gegenstand der Lehrveranstal-tung machen. Bei der Vermittlung von Kennt-nissen sollte die „klassische“ Vorlesungzugunsten anderer Formen wie selbständigeLektüre, Gruppenarbeit, Recherchen etc. auf-gegeben werden.

� Im Mittelpunkt der Seminare sollen die Selbst-erfahrung, Selbstreflexion, Dialog, Analysevon konkreten Beispielen, Präsentationen undAuswertungen durch die Studierenden selbststehen; Impulsgebung und Evaluierungobliegt den Seminarleitern.

� In der Seminararbeit sollen die StudierendenAufgabenstellungen theoretisch reflektierenund praxisbezogen darstellen.

� Die Studierenden müssen ihre Erwartungshal-tung ändern; ihre passive Haltung soll durchdie Übernahme von Mitverantwortung für dieLehrveranstaltungen und ihr eigenes Lernenüberwunden werden.

� In den Prüfungen sollte kein kanonisches Wis-sen abgefragt werden. Die Studierenden sollenanhand konkreter Beispiele ihre Analyse- undInterpretationsfähigkeit unter Beweis stellenund Schlußfolgerungen für den Unterrichtziehen.

3. Das AusbildungsprogrammDas Ausbildungsprogramm umfaßt die folgen-den Veranstaltungen; zu allen Veranstaltungenliegen inzwischen Erfahrungsberichte vor.

1. Einführung in die Sprachpädagogik

2. Grundlagen der Sprachpädagogik IDiese Lehrveranstaltung beschäftigt sich mit denLehr- und Lerninhalten des Deutschunterrichts,also mit Wortschatz- und Grammatikarbeit, mitTextarbeit, mit der Entwicklung der vier Fertig-keiten, mit den verschiedenen Übungstypen.

3. Grundlagen der Sprachpädagogik IIIn dieser Lehrveranstaltung werden die Interak-tionen und Sozialformen im Deutschunterrichtmit Hilfe von Unterrichtsbeobachtungen, Unter-richtsanalysen und eigenen Unterrichtsentwür-fen behandelt.

4. Zwischenprüfung SprachpädagogikDiese Prüfung dient als Schwelle zum Schulprak-tikum. Deshalb enthalten die Prüfungsaufgabenkomplexe Fragen zur Theorie und Praxis; die Stu-dierenden müssen einen Unterrichtsentwurf ent-wickeln, also eine praktische Aufgabe lösen, unddie dazu notwendigen theoretischen Hintergrün-de erläutern. In dieser Prüfung soll die Einheitvon Theorie und Praxis zur Geltung kommen.

5. FachseminareDie Fachseminare dienen zur Vertiefung einzel-ner Aspekte der Fremdsprachendidaktik. Im Stu-dienjahr 1992/93 wurden die folgenden Themenangeboten:– Lehrmaterialerstellung für Jugendliche– Lehrwerkanalyse– Literarische Kleinformen im Fremdsprachen-

unterricht– Mediendidaktik– Schülerorientierter Fremdsprachenunterricht– Landeskundedidaktik– Grammatik im kommunikativen Deutschunter-

richt– Primarschuldidaktik

6. Unterrichtspraktisches Seminar

7. Schulpraktikum

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8. DiplomarbeitIn der dreijährigen Ausbildung müssen die ange-henden Deutschlehrkräfte eine Diplomarbeit imBereich der Sprachpädagogik schreiben. Dazuheißt es im Ausbildungsplan (S. 10):

„Durch die Abschlußarbeit gilt es den Nach-weis zu erbringen, daß der Kandidat/die Kandida-tin die Fähigkeit besitzt, die während des Studiumserworbenen Kenntnisse anzuwenden, die ein-schlägige (wichtige und aktuelle) Fachliteratur zueiner spezifischen Frage der Didaktik und Metho-dik Deutsch als Fremdsprache bzw. der Sprach-pädagogik selbständig auszuwerten und sich über

die auftauchenden Fragen eine eigene Meinung zubilden. In bezug auf die Methodologie der Auswer-tung der Fachliteratur soll die Abschlußarbeit denan wissenschaftliche Abhandlungen gestelltenAnforderungen Rechnung tragen. Des weiteren solldie Abschlußarbeit auch darüber Auskunft geben,ob der Kandidat/die Kandidatin bei Fortsetzungdes Studiums fähig sein wird, sich wissenschaftlichzu betätigen.

Das Thema der Abschlußarbeit kann im Sinneder eigenen Sprachlehrforschungstätigkeit auf deneigenen schulischen Unterricht bezogen sein.

Die Abschlußarbeit ist in deutscher Sprachevorzulegen. Der Mindestumfang beträgt 40 Typo-skriptseiten (72.000 Anschläge). Anmerkungenund Bibliographie werden nicht angerechnet.“

Die ersten Erfahrungen mit Diplomarbeitenkonnten wir im Studienjahr 1992/93 sammeln, alsin der dreijährigen Ausbildung 64 Abschlußar-beiten eingereicht wurden. Bei der Behandlungder Themen wurden in fast jeder Arbeit theoreti-sche Kenntnisse mit den Erfahrungen im Schul-praktikum verknüpft. Die Übersicht (im Kastenlinks) kann über die Breite der behandeltenThemen Auskunft geben.

Kriterien der Bewertung:Die 64 Arbeiten wurden von acht Lehrkräftenbetreut und bewertet. Die Ziele und Anforderun-gen der Diplomarbeiten werden im Curriculumglobal beschrieben. Der folgende Fragenkatalogenthält eine Reihe weiterer Kriterien, die einegenauere Bewertung ermöglichen sollten:

� Wie ist die Gliederung der Arbeit und derenZusammenhang mit dem Inhalt?

� Wie klar ist die Zielsetzung der Arbeit und ihreRealisierung?

� Inwieweit haben die Studierenden selbständigLiteratur zu ihrem Thema gesammelt?

� Wie haben sie das Gelesene adaptiert, zitiert,eingesetzt?

� Wieviel Prozent der Arbeit machen Zitate aus?� Haben die Studierenden ihr Thema mit der

ungarischen Unterrichtswirklichkeit irgend-wie in Beziehung gesetzt?

� Wie ist die sprachliche Leistung (Fachtermi-nologie, Ausdrucksfähigkeit, grammatischeFehler, Tippfehler)?

Unter den Diplomarbeiten gab es ganz verschie-dene Leistungen, die von verschiedenen Lehr-kräften unterschiedlich bewertet wurden. DieseBewertungen lassen sich in folgenden Gruppenzusammenfassen:

N E U E W E G E I N D E R D E U T S C H L E H R E R A U S B I L D U N G46

B R E N N P U N K T E

Themen der Diplomarbeitenim Studienjahr 1992/93

THEMA Zahl der Arbeiten

Grammatik im kommunikativen Deutschunterricht 4

Fremdsprachenunterricht in alternativen Schulen (Waldorf, Freinet) 3

Lieder im Fremdsprachenunterricht 3

Spiele im Deutschunterricht 6

Fernsehen im Fremdsprachenunterricht 2

Video im Fremdsprachenunterricht 1

Einsatzmöglichkeiten des Tageslichtprojektors 1

„Medienabstinenz“ der ungarischen Deutschlehrer 1

Rolle der Visualisierung/Bilder 4

Disziplinprobleme im Fremdsprachenunterricht 1

Projektorientierter Deutschunterricht 4

Motivierendes Lehrerverhalten im Fremdsprachenunterricht 3

Psychologische Grundlagen des Fremdsprachenlernens 1

Lehrwerkanalyse 5

Literarische Textarbeit 6

Kreative Textproduktion 3

Landeskunde mit Hilfe literarischer Texte 2

Landeskundliche Themen für den Deutschunterricht 8

Motivierungstechniken 1

Gruppenspezifisches Lehrmaterial 3

Die Grammatik-Übersetzungs-Methode in der

ungarischen Unterrichtspraxis 1–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Insgesamt 64

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1. Sehr gute bzw. gute Diplomarbeiten (Note 5/4)� Fachliteratur durch den eigenen Kopf gefiltert,

mit eigener Interpretation versehen.� Aufgrund der Fachliteratur eigene, treffende

Beispiele gesammelt und dazu überzeugendeArgumentation gefunden.

� Die Fachliteratur weitergedacht, mit eigenenErfahrungen ergänzt, eventuell auch in Fragegestellt.

� Das Thema wurde auch in der Praxis erprobt,und die Ergebnisse wurden in der Arbeit ana-lysierend dargestellt.

� Es wurde darauf geachtet, daß das Themasowohl aus der Sicht der Theorie als auch ausder Sicht der Praxis analysiert wird.

� Das Thema wurde vielseitig, oder mehrper-spektivisch und anspruchsvoll, eingehenduntersucht.

2. Mittelmäßige Diplomarbeiten (Note 3)� Theoretische Zusammenfassung des Themas

ausschließlich aufgrund der Fachliteratur, dieBeispiele dazu stammen auch aus der Fachli-teratur.

� Keine eigenen Ideen erkennbar.� Es gibt zwar eigene Ideen, aber es ist nicht

gelungen, den theoretischen Hintergrunddazu zu schildern.

� Die im theoretischen Teil beschriebene Kon-zeption konnte nicht mit treffenden Beispielenunterstützt werden.

� Schwierigkeiten bei der Benutzung des philo-logischen Apparats.

3. Schwache bzw. schlechte Diplomarbeiten(Note 2/1)� Keine klare Vorstellung über das Thema.� Fachliteratur kritiklos übernommen, dazu kei-

ne Beispiele angeführt.� Der Bezug zwischen Theorie und Praxis fehlt

oder konnte nicht hergestellt werden.� Die zum Thema gehörenden wesentlichen

Begriffe konnten nicht geklärt werden.� Die eigenen Textproduktionen weisen so

große sprachliche Mängel auf, daß sie die Ver-mittlung des Inhalts stören.

� Das Thema wurde sehr oberflächlich behan-delt, die Arbeit wurde nicht gewissenhaftgemacht.

� Die Arbeit ist reines Plagiat.� Die Arbeit wurde von einer fremden Person

geschrieben.

Über 60% der bewerteten Arbeiten haben dieNote „gut“ bzw. „sehr gut“ erhalten. Das bedeu-tet, daß viele Studierenden den neuen Anforde-rungen durchaus gewachsen waren.

9. StaatsexamenIm Staatsexamen werden die Diplomarbeit ver-teidigt und Fragen zur breiteren Thematik derDiplomarbeit beantwortet. Die Fragen zu den ein-zelnen Themen werden mindestens einen Monatvor dem Staatsexamen bekanntgegeben. Die bei-den Aufgaben werden mit je einer Note bewertet;die dritte Note liefert die Lehrprobe. Aus diesendrei Noten entsteht die Note des Staatsexamens.Das Staatsexamen wird vor einer Prüfungskom-mission abgelegt.

Mit dem Staatsexamen ist die didaktisch-methodische Ausbildung der zukünftigenDeutschlehrkräfte abgeschlossen, und sie erhal-ten ihr Diplom.

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Die schulpraktische Ausbildung wird in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlichgehandhabt. In Deutschland schließt sich die zweijährige Referendarausbildung an die wis-senschaftliche Ausbildung an den Universitäten an. Diese zweiphasige Ausbildung hat wesent-liche Nachteile. Deshalb haben sich viele Länder für eine integrierte Ausbildung entschieden,die sie seit langer Zeit auch mit Erfolg praktizieren bzw. die zur Zeit eingerichtet und erprobtwird. So werden in Portugal „Orientadores“, den Universitäten zugeordnete Betreuungslehrer,qualifiziert, um den angehenden Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern den Übergang vonder Hochschule in die Schule zu erleichtern. In dem Beitrag von Ott über die Situation in Frank-reich ist gleichfalls ein neuer Stellenwert des Schulpraktikums zu erkennen.

In den folgenden beiden Beiträgen aus Polen und Ungarn stellen wirIhnen zwei Modelle genauer vor, die neben vielen Gemeinsamkeiten (u.a.der Tatsache, daß das Schulpraktikum eine zentrale Stellung in der Leh-rerausbildung einnimmt) eine ganze Reihe von Unterschieden aufweisen,die sich eher ergänzen als widersprechen. Ein wesentlicher Unterschied ist,daß an der ELTE in Budapest die Schulpraktikumslehrer gezielt auf ihreTätigkeit vorbereitet und über kontinuierliche Fortbildungsmaßnahmen qua-lifiziert werden. Untersuchungen und Erfahrungen bestätigen die Notwen-digkeit solcher Maßnahmen: Studierende werden schnell verunsichert,wenn in der Schule anders als in der Lehrerausbildung gelehrt und ver-fahren oder gar im Widerspruch dazu unterrichtet wird. Innovative Ansät-ze werden in den Schulen oft als undurchführbar abqualifiziert.

Diese Gefahr wird durch die Situation der Studierenden nach Abschluß ihrer Aus-bildung verstärkt, wenn den jungen Kolleginnen und Kollegen die Erfahrung der älte-ren und erfahreneren Lehrkräfte gegenübergestellt wird. Die jungen Lehrerinnen undLehrer sind dann leicht entmutigt, vor allem dann, wenn die Innovationen nicht sofortgreifen und sie keine Unterstützung von außen erhalten, z. B. in Form von Supervision,d.h. Unterstützung durch einen Betreuungslehrer, der berät und ermutigt. Die Zusam-menarbeit zwischen Hochschule und Schule ist daher eine wichtige Voraussetzung fürein erfolgreiches Praktikum. Schulpraktikums-Betreuungslehrerinnen und -lehrer solltenbei Fortbildungsmaßen vorzugsweise berücksichtigt werden, wobei einerseits eine all-gemeine fachdidaktische Qualifizierung benötigt wird, andererseits spezielle Maß-nahmen im Hinblick auf die Aufgaben der Studentenbetreuung eingeplant werden müssen.

N E U E W E G E I N D E R D E U T S C H L E H R E R A U S B I L D U N G48

Das Schulpraktikum

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1. Voraussetzungen undRealisierung

In Polen werden Deutschlehrkräfte für Grund-und Oberschulen an drei verschiedenen Institu-tionen ausgebildet,� an den Germanistischen Instituten der Uni-

versitäten (10 Semester),� an Pädagogischen Hochschulen (8-10 Seme-

ster),� an den fast 70 seit 1990 ins Leben gerufenen

Fremdsprachenlehrerkollegs (6 Semester).

Die drei Institutionen verfügen über kein ein-heitliches Curriculum für die Lehrerausbildung.Der Entwurf eines gemeinsamen Rahmencurri-culums für die Kollegs wurde im Januar 1995dem Ministerium und verschiedenen Gremienvorgelegt (vgl. dazu den Beitrag von Günther/Stasiak in diesem Heft).

Das 1990 in Kraft getretene Ministerialprojektgibt für die schulpraktische Ausbildung lediglichRahmenbedingungen an, deren Realisierung deneinzelnen Kollegs überlassen bleibt. Sie sehen im5. und 6. Semester je vier Wochenstunden für daspädagogische Praktikum vor. Darauf vorbereitensoll eine Veranstaltung unter dem Titel „Lern-und Lehrtheorien im Fremdsprachenbereich“,die als Vorlesung und begleitende Übung emp-fohlen wird. Durchgängig vom 3. bis 6. Semesterist eine Lehrveranstaltung „Methodik des Unter-richts Deutsch als Fremdsprache“ vorgesehen,ebenfalls als zweistündige Vorlesung mit zweiBegleitseminaren von je zwei Semesterwochen-stunden. Insgesamt würden Kollegstudierendedamit 120 praktische Unterrichtsstunden reali-sieren und 420 Semesterwochenstunden metho-disch vorbereitet und begleitet werden, eineStundenanzahl, die dem Ausbildungsziel der Kol-legs gerecht wird.

Am Kolleg zur Ausbildung von Fremdspra-chenlehrern der Universität Gdansk haben dieenglische, französische und deutsche Abteilungviel experimentiert und wiederholt gutgemeintePläne aufgrund der Praxiserfahrungen verwor-fen. In einigen Punkten jedoch glauben wirLösungen gefunden zu haben, die für die Fremd-sprachenlehrerausbildung in Polen wegweisendsein können.

Mit dem Jahrgang 1993/94 realisiert das Kol-leg – wie die gesamte Universität Gdansk – einBlockstudiensystem. Sämtliche Studienfächersind nun nach obligatorischen, fakultativ-obliga-torischen und fakultativen Fächern eingeteilt.Für jedes von ihnen erhalten die Studierendeneine festgelegte Punktzahl, zum Studienabschluß

müssen sie insgesamt 130 Punkte (insgesamt1950 Stunden) vorweisen (vgl. Abb. 1, S. 52).

Einer der beiden obligatorischen Blöcke um-faßt Methodik, Psychopädagogik, das Schulprak-tikum und ein Diplomseminar (vgl. Abb. 2, S. 52).

Konkret betrifft das folgende Veranstaltungen:1. Semester: 2 SWS* Seminar Lerntechniken2. Semester: 2 SWS Seminar Lehrtechniken

2 SWS Seminar Einführung indie Methodik2 SWS Übung zur MethodikDeutsch als Fremdsprache

3.–5. Semester: je 2 SWS Übungen zur Metho-dik Deutsch als Fremdsprachemit Elementen der Lehrwerka-nalyse

*Semesterwochenstunden

In den anderen Blöcken besteht die Möglich-keit, diese Pflichtveranstaltungen durch Work-shops, Seminare oder auch Vorlesungen auf denGebieten der Fremdsprachenmethodik, der All-gemeinen Methodik und auch der Pädagogik zuergänzen.

Das Schulpraktikum wurde auf insgesamtvier Semester gestreckt. Im 3. und 4. Semestersind zwei Wochenstunden obligatorisch, im 5.und 6. Semester jeweils drei. Diese Lösung war

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Camilla Badstübner-Kizik, Gdansk

SchulpraktischeAusbildung von Deutschlehrernam Fremdsprachen-lehrerkolleg der Universität Gdansk

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teilweise aus dem Wunsch heraus entstanden,den Schulen so schnell wie möglich die dringenderbetenen Praktikanten bereitzustellen. UnserGedanke war aber auch, die Studierenden sofrüh wie möglich an den Lehrerberuf heranzu-führen und ihnen die Möglichkeit zu geben, dieEntwicklung einer Schülergruppe über längereZeit hinweg begleiten und beobachten bzw. ver-schiedene Schultypen und Adressatengruppenkennenlernen zu können.

Die Zuteilung zu den einzelnen Schulenerfolgt durch das Kolleg. In Frage kommen öffent-liche Grundschulen (Klassen 1-8) und Lyzeen(Klassen 9-12), aber auch halböffentliche undneuerdings sogar private Schulen, etwa Schulenmit besonderem Unterrichtsprogramm. GegenEnde des Studienjahres liegt in der Regel eineListe aller Schulen vor, die bereit sind, Praktikan-ten aufzunehmen. Bei der Auswahl findet nachMöglichkeit der Wohnort der StudierendenBerücksichtigung, auf Wünsche der Studieren-den wird auch fast immer eingegangen. Viele Stu-dierende kehren gern als Praktikanten in dieSchule zurück, an der sie selber ihr Examengemacht haben. Dieser Entschluß ist, wie sie erst

später erkennen, nicht unproblematisch. Diemeisten Praktikanten werden in Anfängergrup-pen eingesetzt, eine Entscheidung der Schulen,auf die das Kolleg keinen Einfluß hat.

Für die Kollegstudierenden wird natürlichauch eine Betreuung durch qualifizierte Deutsch-lehrkräfte an der Schule angestrebt. Ich betonedas deshalb, weil oftmals sogar Praktikanten im3. Semester sprachlich und methodisch besserauf die Arbeit in der Schule vorbereitet sind alsLehrkräfte, die dort seit Jahren Deutsch unter-richten, aber häufig aus einem anderen Fachoder einem anderen Beruf kommen bzw. manch-mal überhaupt keinerlei Ausbildung besitzen.Bewährt hat sich in einigen Fällen die Betreuungdurch Englischlehrer, von denen es traditions-gemäß mehr gibt als für Deutsch. Die dritte Vari-ante, bei der die Schuldirektion wenigstens einenpädagogischen Betreuer zu stellen hat, wirdnoch seltener realisiert. Im allgemeinen sind nurwenige Lehrer/innen dazu bereit, die mit derBetreuung verbundene Mehrarbeit und Offenle-gung der eigenen Unterrichtpraxis auf sich zunehmen, da keine Stundenminderung und nur einsymbolisches finanzielles Entgelt gewährt wird.

N E U E W E G E I N D E R D E U T S C H L E H R E R A U S B I L D U N G50

D A S S C H U L P R A K T I K U M

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Methodisch werden die Praktikumslehrernicht fortgebildet, so daß sie den Ideen der Stu-dierenden sehr oft voller Unverständnis undsogar Mißtrauen gegenüber stehen. Das bedeu-tet, daß das empfohlene vorgeschaltete Hospita-tionspraktikum von 30 Stunden nur in den wenig-sten Fällen durchgeführt wird. In der Regel sinddie Studierenden von Anfang an auf sich gestellt.Über 20% arbeiten länger als die zwei bis dreiobligatorischen Stunden an ihren Schulen, dannallerdings gegen Bezahlung.

2. Vorbereitung auf dasSchulpraktikum

Der Ausbildungsgang „Lehrer/Lehrerin fürDeutsch als Fremdsprache“ an den Kollegs mitnur sechs Semestern wird von Studierenden wieDozent/inn/en als zu kurz empfunden. Da eserklärtes Ziel ist, sprachlich und methodischkompetente Lehrerinnen und Lehrer auszubil-den, haben wir nach einer Lösung gesucht, dieSchulpraktikum und Studiengang eng aneinan-der bindet und damit den Zeitmangel wenigstensteilweise auszugleichen hilft. Methodik ist inallen Fächern durchgängiges Unterrichtsprinzip,neben dem inhaltlichen „Was“ steht immer auchdas methodische „Wie“ im Zentrum des Unter-richtsgesprächs. Dozent/inn/en wie Studierendesind damit doppelt gefordert: die einen müsseneinen inhaltlich angemessenen und methodischdurchschaubaren Unterricht bieten, dessenArbeitsformen sich auf andere Inhalte übertra-gen lassen, die anderen müssen neben ihrer„Schülerrolle“ vom ersten Semester an ihre künf-tige Lehrerrolle im Blick haben und lernen,Arbeitstechniken und Übungsformen in ihre eige-ne Praxis zu übernehmen.

Schon im ersten Semester reflektieren dieStudierenden Lern- und Lehrtechniken. Mit Hilfeeines Beobachtungsbogens (Abb. 3, S. 53) wer-den sie dazu angehalten, den Unterricht amKolleg, das Lerner- und Lehrerverhalten in deneigenen Studiengruppen bewußt zu beobachten.Die Erfahrungen, die wir bisher mit diesem Vor-gehen gemacht haben, sind positiv, denn es führtzu einer Sensibilisierung für die methodischeSeite des Unterrichts am Kolleg.

In den beiden ersten Semestern können wirein Kompaktseminar zu Lern- und Lehrtechnikenanbieten, in dem vor allem auf psychologischeAspekte des Schüler- und Lehrerdaseins einge-gangen wird. Im zweiten Semester folgt eineSeminarreihe zur „Einführung in die Methodik“,in der Grundlagen der Fremdsprachenmethodik,die gültigen schulischen Curricula und ausge-wählte gängige Lehrwerke vorgestellt und

besprochen werden. Begleitet wird dieses Semi-nar von einer „Übung zur Methodik Deutsch alsFremdsprache“, die über vier Semester fortge-führt wird. Diese Veranstaltung ist stark praxis-orientiert und thematisiert in der Praktikumsvor-bereitung Fragen der Lernziel- und Stundenziel-bestimmung, der Anlage von Stundenentwürfen,der Unterrichtssprache, der Auswahl geeigneterÜbungs- und Arbeitsformen, des sogenanntenEinstiegs und der folgenden Stundenphasen usw.

Um wenigstens einige Möglichkeiten fürbewußte Unterrichtsbeobachtungen zu schaffen,haben grundsätzlich alle Studierenden die Mög-lichkeit, in den im Kolleg von Dozent/inn/enangebotenen Sprachkursen zu hospitieren unddiese anschließend gemeinsam zu besprechen.

3. PraktikumsbegleitungVom 3. bis zum 5. Semester wird das Schulprak-tikum im Seminar „Übungen zur Methodik“betreut. Die Studierenden arbeiten hier an Pro-blemen, mit denen sie im Laufe ihrer Schulpraxiskonfrontiert werden, etwa der Auswahl einesgeeigneten Lehrwerks (Elemente der Lehrwerk-analyse), der Arbeit mit Texten, Bildern, Liedern,der Einführung von Wortschatz oder grammati-schen Phänomenen, sie beschäftigen sich mitFragen der Progression, Korrektur u.ä.

Erfahrungsgemäß werden diese Seminareauch zunehmend zur Klärung konkreter pädago-gisch-psychologischer Probleme genutzt. MitBeginn des Schulpraktikums, in dem Maße also,in dem sie sich der Relevanz didaktisch-metho-discher Überlegungen bewußt werden, ent-wickeln die Studierenden einen neuen Blick fürden sprachpraktischen Unterricht. Es ist dahernur angemessen, zunehmend Vermittlungsfragenins Unterrichtsgespräch einzubringen und ange-wandte Methoden konsequent zu reflektieren.Die einzelnen Fächer lösen das auf unterschied-liche Weise. Die theoretischen methodischenGrundlagen spielen dabei in allen Fächern eineRolle. Vorbereitende und seminarbegleitendeLektüre sind in der Regel die einschlägigenFernstudieneinheiten des Goethe-Instituts, diethemenbezogenen Hefte der Zeitschrift FREMD-SPRACHE DEUTSCH und Abschnitte aus grundle-genden aktuellen Werken zur Fremdsprachen-methodik, soweit sie uns zur Verfügung stehen.

Alle Unterrichtsfächer werden durch einezusätzliche „methodische Klammer“ zusammen-gehalten: das dritte und das fünfte Semestermüssen durch eine Semesterarbeit abgeschlos-sen werden. Gefordert wird ein Stundenentwurfzu einem im Semester belegten Fach mit einermethodischen Einführung. Die Arbeit enthältBedingungsanalyse, Sachanalyse, didaktische

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und methodische Analyse und ist im besten Fallfür die Praktikumsklasse konzipiert und alsUnterrichtsstunde auch realisiert worden. Biszur Diplomarbeit im sechsten Semester erstellendie Studierenden auf diese Weise zwei vorberei-tende Stundenentwürfe in unterschiedlichenFächern.

Voraussetzung für den Erwerb des Lizentiatszum Studienabschluß ist eine schriftliche Arbeitsowie ihre Verteidigung. Die Arbeit ist didak-tisch-methodisch orientiert und beinhaltet eineneinleitenden Text zu einem vom Studierendengewählten Thema und einen detaillierten Stun-denentwurf für drei Unterrichtseinheiten, diethematisch und methodisch aufeinander aufbau-en. Der Unterrichtsentwurf soll ein Lernziel füreinen konkreten Adressatenkreis formulierenund diejenigen Lehrtechniken beschreiben, mitdenen es erreicht werden kann. In einer mündli-chen Kommissionsprüfung sind die Wahl desThemas und die methodischen Mittel zu vertei-digen. In den meisten Fällen bedeutet das eineAuseinandersetzung mit vorgeschlagenen Alter-nativen.

4. Zusätzliche AktivitätenDie sprachpraktische Ausbildung wird durcheinen fakultativen zweiwöchigen Sommerkursergänzt. Schwerpunkt des Kurses ist im allge-meinen die Verbesserung der sprachlichenFähigkeiten der Studierenden. Die Themen reich-ten im letzten Kurs von einer Einführung in dieFilmsprache und der Analyse eines Spielfilms,literarischen Sehweisen und Farbspielen überdie Produktion und Verbalisierung von Geräu-schen, musikalischen Stimmungen und einesHörspiels bis zu praktischen Back- und Koch-übungen (selbstverständlich nach sprachlicherVorbereitung) sowie Tast- und Balanceübungen.In einer morgendlichen Methodiksitzung wurdenim vergangenen Sommer Techniken der Wort-schatzvermittlung anhand von internationalenUnterrichtsmitschnitten und den eigenen Erfah-rungen im Kurs reflektiert.

Da der Sprachkurs gemeinsam mit der engli-schen Abteilung des Kollegs durchgeführt wird,gibt es für die Studierenden des ersten Studien-jahres noch vor dem Beginn des Schulprakti-kums im Oktober die Möglichkeit, praktischeErfahrungen beim Unterricht mit Anfängern zusammeln. Täglich wird für die „englischen“ Kol-legen eine Deutschstunde angeboten. Sechs„Schülern“ sitzen dabei oft ebenso viele Lehrer/-innen gegenüber, von denen jede/r einen ande-ren Abschnitt der Stunde leitet. Vor- und Nach-bereitung dieser Stunden sowie auch die Hospi-

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STUDIENPLAN ab Studienjahr 1993/94

Fach Erreichbare Mindest-Punktzahl Stundenzahl

obligatorisch

Sprachpraktische Fächer 56 840Methodik/Didaktik, Schulpraktikum 24 360Literatur- und Sprachwissenschaft 8 120Diplomseminar 2 30

fakultativ-obligatorisch

Vorlesung zur Wahl(Pädagogik, Psychologie, Entwicklungspsychologie,Spracherwerb, Einführungin die Literaturwissenschaft u.ä.) 8 120

Werkstatt/Projekte(Theater, technische Unterrichtsma-terialien, alternative Lehrmethoden,Translatorik, Phonetik/Rhetorik, Fachsprachen, Deutsch für Kinder,CALL u.ä.) 4 60

Zweite Fremdsprache(Englisch, Französisch, Spanisch, Latein) 16 240

fakultativ

Seminare, Vorlesungen, Übungen freierWahl innerhalb der Universität bzw.anderer Hochschulen(z.B. Geschichte, Polonistik, Anglistik, Germanistik, Psychologie, Pädagogik) 12 180

insgesamt 130 1950

Abb. 1

OBLIGATORISCHE FÄCHERPunkte Abschluß Stunden 1 2 3 4 5 6

in Sem. insgesamt

Einführung in die Methodik 2 2 30 – 30 – – – –

Übungen zur Methodik DaF mit Elementen der Lehrwerkanalyse 8 5 120 – 30 30 30 30 –

Lerntechniken 2 1 30 30 – – – – –

Lehrtechniken 2 2 30 – 30 – – – –

Schulpraktikum 10 6 150 – – 30 30 45 45

Diplomseminar 2 6 30 – – – – – 30

Abb. 2

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tation wurden bisher als sehr nützlich empfun-den. Auch die „Versuchskaninchen“, angehendeLehrer/innen in ähnlicher Lage wie unsere Stu-dierenden, äußern sich positiv über diese Erfah-rung, gibt sie ihnen doch die Möglichkeit, einmalbewußt die Position des Sprachlernanfängersneu zu erleben. Übrigens haben wir diese Kon-zeption, den Unterricht in der Zweitsprachegrundsätzlich durch Studierende abdecken zulassen, von Anfang an diskutiert. Das hätte für„Schüler“ wie „Lehrer“ sicherlich den Vorteil,sich ihrer Doppelrolle stärker als sonst bewußtzu werden und Methoden besser zu reflektieren.Ab 1994/95 sollen die am Kolleg obligatorischenDrittsprachenlektorate (Englisch, Deutsch, Fran-zösisch) zum Großteil von Studierenden derjeweiligen Sektionen durchgeführt werden.

Die am Kolleg durchgeführten Sprachkurse,meist Vorbereitung auf die ZertifikatsprüfungDeutsch als Fremdsprache von Goethe-Institut/Deutscher Volkshochschulverband, bieten ein zu-sätzliches Beobachtungs- und Experimentierfeldfür die oberen Semester. Es hat sich eingebür-gert, daß jeweils ein Kollegdozent mit zwei bisdrei Studierenden einen solchen Kurs betreut undmindestens ebenso viele Beobachter hinten sitzen.

5. Betreuung des Schul-praktikums durch das Kolleg

Unabhängig davon, ob die Praktikumsschuleeinen Betreuer stellt, werden die Studierendenzweimal im Semester von Dozent/inn/en des Kol-legs in ihrem Unterricht besucht. In der Regelgeht dem eine Konsultation voraus und folgt eineNachbesprechung, in der die Stundenplanungbesprochen bzw. ausgewertet wird. Grundlageder Unterrichtsbeobachtung ist ein Hospitati-onsbogen (Abb. 4), der vom „Besucher“ auszu-füllen ist. Während die ersten sechs Unterrichts-besuche vom 3. bis 5. Semester ausschließlichder Ermutigung und Beratung dienen, werdendie beiden letzten bewertet.

Die Praktikanten sind angehalten, ein Prakti-kumsheft zu führen, das ihre Stundenentwürfeund persönlichen Bemerkungen enthält. Bei derVerzahnung der sprachlichen, fachlichen undschulpraktischen Ausbildung für Fremdspra-chenlehrer haben sich folgende Elemente unse-res Modells besonders bewährt:

� Beginn des Schulpraktikums so früh wie mög-lich (ab 3. Semester);

� Schulpraktikum über einen möglichst langenZeitraum bei zumutbarer Wochenstundenzahl(vier Semester, jeweils zwei bzw. drei Stundenpro Woche);

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BEOBACHTUNGSBOGEN1. Gegenstand der Beobachtung:

Lehrer/Unterrichtsablauf

2. Welche Mittel wurden angewandt und wie wurden sie eingesetzt ?– Sprachliche Mittel: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .– Außersprachliche Mittel: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .– Gestik/Mimik: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .– Technische Unterrichtsmittel: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3. Ist das Unterrichtsziel von Anfang an klar? Wenn ja, woran können Sie es erkennen?: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4. Wurde das Ziel mit Hilfe der angewandten Mittel erreicht ?– Wenn ja, warum?: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .– Wenn nein, warum nicht?: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5. Was würden Sie aus diesem Unterricht für Ihre zukünftige Schulpraxis übernehmen?: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6. Andere Bemerkungen: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

HOSPITATIONSBOGEN

Name des Studenten/der Studentin: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Semester: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Schultyp: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Angaben zur unterrichteten Klasse: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .(Schüleranzahl, Unterrichtsbedingungen, angewandte Lehrbücher etc.)

1. EINSCHÄTZUNG DES STUNDENVERLAUFSThema/Schwerpunkt:Planung der Unterrichtseinheit:Tatsächlicher Stundenverlauf:Didaktische Techniken:Angewandte Methoden:

2. EINSCHÄTZUNG DER AKTIVITÄTENAktivität des Studenten/der Studentin:Schüleraktivität:

3. EINSCHÄTZUNG DER LEHRERPERSÖNLICHKEITAllgemeine Bemerkungen, Gesamteindruck:Einstellung zu den Schülern:Verhalten in Konfliktsituationen:Verhalten in Streßsituationen:Sprachbeherrschung:

4. EINSCHÄTZUNG DER UNTERRICHTS- UND ARBEITSBEDINGUNGENBetreuung durch die Schule:Verhältnis Direktion – Praktikant/in:Interesse der Eltern am Fremdsprachenunterricht:Weitere Bemerkungen:

GESAMTEINSCHÄTZUNG:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Abb. 3

Abb. 4

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� Intensive Vorbereitung und Begleitung desSchulpraktikums:– frühe Sensibilisierung der Studierenden für

unterrichtsmethodische Fragestellungsowie für ihre Doppelrolle als Lerner undLehrer,

– praxisbezogenes Seminar zur Methodik desUnterrichts Deutsch als Fremdsprache übermehrere Semester hinweg,

– ständige methodische Reflexion und Trans-parenz in allen Ausbildungsfächern,

– eine zusätzliche „methodische Klammer“um die Ausbildungsfächer in Form vonStundenentwürfen und Semesterarbeiten,

– eine Diplomarbeit, die auf der Entwicklungeiner Unterrichtsreihe für eine konkreteZielgruppe sowie ihrer umfassenden metho-dischen Reflexion beruht.

Unzureichend und unbefriedigend für Studie-rende und Kolleg blieben bisher vor allem:� die Zusammenarbeit zwischen Kolleg und

Schulen in den Bereichen– Auswahl von Betreuungslehrern,– methodische Schulung von Betreuungsleh-

rern;� die praktische Betreuung der Praktikanten

durch das Kolleg in den Bereichen– schulpädagogische Schulung und Kompe-

tenz der Kollegdozenten,– laufende pädagogische Beratung der Stu-

dierenden (etwa Einrichtung eines „päda-gogischen Kummerkastens“),

– häufigere Unterrichtsbesuche,– intensivere Vor- und Nachbereitung der

Praktikumsstunden.

Im März 1994 habe ich den Studierenden des4. und 6. Semesters einen Fragebogen vorgelegt(Abb. 5), um die Reaktionen der Studierendenauf die schulpraktische Ausbildung zu ermitteln.Für uns sind solche regelmäßigen Befragungenwichtig, um die Stimmung in Kolleg und Schulezu erfahren und die Ausbildung weiterzuent-wickeln.

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D A S S C H U L P R A K T I K U M

UMFRAGE ZUM SCHULPRAKTIKUMMärz 1994Semester 4 und 6

Wie schätzt du die Dauer des Schulpraktikums im Hinblick auf diekünftige Berufspraxis ein?

a) zu vielb) ausreichendc) ich arbeite mehr als 2-3 Stunden pro Woche in der Schule/

in Kursen

Wie schätzt du die Vorbereitung auf das Schulpraktikum am Kolleg ein?1. sprachlich

a) ausreichend b) nicht ausreichend2. methodisch

a) ausreichend b) nicht ausreichend3. pädagogisch

a) ausreichend b) nicht ausreichend

Durch welche Fächer am Kolleg fühlst du dich besonders gut auf dasSchulpraktikum vorbereitet ?

Wie könnte die Vorbereitung auf das Praktikum organisatorisch undinhaltlich verbessert werden ? (Wünsche, Alternativen)

Wie schätzt du die Betreuung durch das Kolleg während des Praktikumsein ?

a) ausreichendb) nicht ausreichendc) andere Meinungen

Wie sollte die Betreuung durch das Kolleg verbessert werden ?(Wünsche, Alternativen)

Wie schätzt du die Betreuung durch deine Praktikumsschule ein ?a) Betreuung durch einen Deutschlehrerb) Betreuung durch einen anderen Lehrerc) keinerlei Betreuungd) Art der Betreuung

Kannst du deine Ideen/Vorstellungen/Wünsche in den Unterricht an derPraktikumsschule einbringen und realisieren ?

a) ja/meistensb) nie/kaumc) wenn nie/kaum, warum nicht?

Wie fühlst du dich während des Schulpraktikums ?(kurze Beschreibung, wenn möglich Gründe nennen)

Haben die Erfahrungen im Schulpraktikum deine Meinung zumLehrerberuf verändert ?

a) jab) neinc) wenn ja, wie

Ergänzungen – Wünsche – Bemerkungen

Abb. 5

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Das Modell des Schulpraktikums im Rahmender dreijährigen Deutschlehrerausbildung be-deutet eine grundsätzlich neue Form in der uni-versitären Ausbildungspraxis Ungarns undgehört mit unter die ersten Versuche, professio-nelle Fremdsprachenlehrer auszubilden.

Der Grundgedanke des neuen Modells ist, diein mehreren Ländern übliche zweiphasige Leh-rerausbildung mit dem herkömmlichen einphasi-gen System in Ungarn zu kombinieren, so daßdadurch eine Art „integrierte Referendarzeit“entsteht, bei der die Studierenden bereitswährend des Studiums auf ihre Rolle als Lehrervorbereitet werden.

In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt,daß das Praktikum die optimale Voraussetzungfür die Verzahnung von universitärer Theorieund schulischer Praxis schafft und für alle Betei-ligten von Vorteil ist.

Das neue Modell der schulpraktischen Aus-bildung ist gewissermaßen aus dem Nichts ent-standen. Geschaffen werden mußte zunächst derorganisatorische Rahmen, und dieser war dannmit den entsprechenden Inhalten zu füllen. Solief die Arbeit von Anfang an zweigleisig:• Organisation und inhaltliche Planung der

Arbeit mit den Schulen bzw. den künftigenMentoren;

• Organisation und inhaltliche Planung derschulpraktischen Ausbildung der Studieren-den ab dem 4. bzw. 5. Semester.

Der Vergleich zwischen dem alten und demneuen Modell (siehe Kästen rechts) macht dieUnterschiede deutlich:

55

Edith Morvai, Budapest

Das Schulpraktikum in der dreijährigen Deutschlehrer-ausbildung an der EötvösLoránd Universität/Budapest

•• Einzelhospitation (zweiWochen lang, unterschiedlichviele Stunden)

• anschließend Eigenunterricht(15–20 Stunden)

– in den Klassen des Mentors

– in Gymnasien oderFachmittelschulen

• Gruppenhospitationen (einSemester lang, einmal proWoche)

• anschließend ein SchuljahrPraktikum mit Eigenunterricht(130–150 Stunden)– bedarfsdeckend bzw.

jeweils ein halbes Jahrvollverantwortlich in zweiverschiedenen Klassen desMentors

– in allen Schultypeneinschließlich Grundschulen(Klassen 1–8)

Hospitation und Praktikumtraditionell neu

• in Ausbildungsschulen, derenLehrer automatisch undunbefristet als Mentorenfungieren

• die Lehrer bekommen für dieMentorentätigkeitStundenerlaß und erhöhtesGehalt

• einzelne Bewerber ausverschiedenen BudapesterSchulen

• die Lehrer werden vom„Fachdidaktischen Zentrum“ausgewählt und für die Arbeitals Mentor ausgebildet

• die Universität schließt mit denLehrern befristete Verträge(jeweils für ein Schuljahr)

• die Lehrer werden für dieMentorentätigkeit honoriert,aber nicht freigestellt

Betreuungtraditionell neu

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Um einen Eindruck von der konkreten Arbeitzu vermitteln, sollen im folgenden kurz die wich-tigsten Etappen in der Durchführung des Pro-gramms, das vom „Fachdidaktischen Zentrumdes Germanistischen Instituts“ geleitet wird,skizziert werden.

1. Die MentorenqualifizierungA. VORBEREITUNGSPHASEN• Hospitationen bei den per Ausschreibung

gesuchten Bewerbern• Auswahl vor dem Hintergrund der Zielvorstel-

lungen

B. AUSBILDUNGSPHASEN

Ausbildungsphase l• Grundausbildung

Ziele:– Aktualisierung der Kenntnisse in den Kom-

petenzbereichen Pädagogik-Psychologie,Didaktik/Methodik und Landeskunde

– Vorbereitung auf die Arbeit mit Studieren-den, Grundlegung der speziellen Mentoren-kompetenzen

Ausbildungsphase 2 • Zweiwöchiges Kompaktseminar in Deutsch-

land. Schwerpunkte: Unterrichtsplanung,-begleitung, -bewertung

• Regelmäßige Seminare im FachdidaktischenZentrum. Schwerpunkte:– Auswertung der Erfahrungen des Schul-

praktikums– Thematisierung der Probleme– Teilnahme an aktuellen Veranstaltungen

des Fachdidaktischen Zentrums zu Themenwie z.B. Fehlerkorrektur, Lieder im Unter-richt, narrativer Ansatz usw.

• Wochenendseminar. Schwerpunkte: inhaltli-che und organisatorische Vorbereitung derersten Lehrproben; im Zusammenhang damit:– Kriterien der Unterrichtsbewertung– wünschenswerte Persönlichkeitsmerkmale – Aufgabenbereiche von Lehrern– angestrebte Kompetenzen von Referendar,

Lehrer, Mentor

Ausbildungsphase 3• Regelmäßige Betreuung der Mentoren in Form

von– Evaluationsgesprächen in bezug auf die

gemeinsame Arbeit– Teilnahme an aktuellen Veranstaltungen

des Fachdidaktischen Zentrums• Kompaktkurs in Österreich: sprachliche Fort-

bildung mit landeskundlichen Inhalten

• Einwöchiger Kompaktkurs im Germanisti-schen Institut. Thema: Umgang mit Konfliktenin der Arbeit mit Referendaren

Ausbildungsphase 4 (noch in derPlanung)• Aufbaukurs in Deutschland. Schwerpunkt:

Methodik/Didaktik• Fachseminare zu den Themen:

– Dramapädagogik– Lyrik im Fremdsprachenunterricht– Kreatives Schreiben

• Mitwirkung an Projekten des Fachdidakti-schen Zentrums

Wir arbeiten zur Zeit mit zwei Mentorengene-rationen, insgesamt 29 Lehrerinnen und Lehrern,zusammen. Das Ausbildungsprogramm der zwei-ten Gruppe wurde inhaltlich und seminardidak-tisch verbessert. So geben wir z.B. bei einembewußt langsameren Tempo Kursteilnehmernund Seminarleitern mehr Zeit für Reflexionen.

Wir rechnen selbstverständlich damit, daßeinige Mentoren – wenn auch nur vorüberge-hend – aussteigen. Lehramtsstudenten zubetreuen, bedeutet psychische und physischeBelastung, und nicht jeder ist in der Lage, überJahre hinweg durchzuhalten. Auf der anderenSeite haben wir durch das System der befristetenVerträge die Möglichkeit, Studierende nur zudenjenigen Kolleginnen und Kollegen zuschicken, die gern mit uns zusammenarbeitenund mit deren Arbeit wir zufrieden sind. Wirbrauchen also auf keine Kompromißlösungeneinzugehen. Die ausfallenden Lehrkräfte könnenspäter durch Junglehrer – vorzugsweise ehema-lige Studierende unseres Instituts, die wir imRahmen eines kürzlich gestarteten Programmsin drei bis fünf Jahren als Mentoren und Multipli-katoren fortbilden – ersetzt werden. Erarbeitetwerden müssen noch die genauen Bedingungenfür die Erteilung des Mentorenzertifikats. DieQualifikation „Mentor des Fachdidaktischen Zen-trums“ soll Rang haben und darf keinesfallsunbefristet gelten. Wir stellen uns vor, daß sie inregelmäßigen Abständen erneut nachgewiesenwerden muß.

2. Das StudentenprogrammDer andere große Bereich unserer Aufgaben imZusammenhang mit der schulpraktischen Aus-bildung ist natürlich die Arbeit mit den Studie-renden selbst.

DIE HOSPITATIONENZwei Formen von Hospitationen haben wir aus-probiert:

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1. Eine Seminargruppe wird in mehrere Klein-gruppen unterteilt, die alle in verschiedenenSchulen an Unterrichtsstunden teilnehmenund von denen jeweils eine vom SeminarleiterGrundlagen II (siehe Seminarplan S. 44) betreutwird;

2. Die Seminarteilnehmer gehen in geschlosse-ner Gruppe hospitieren.

Beide Formen haben Vor- und Nachteile. Beider Großgruppe können Nachbesprechung undgemeinsame Auswertung leichter organisiertwerden. Die Themen der besuchten Stunden undder Seminare können besser aufeinander abge-stimmt werden. Auf der anderen Seite bedeutetaber der regelmäßige Besuch von etwa fünfzehnStudierenden für Klasse und Lehrer eine großeBelastung. Wir haben vor, in Zukunft die Hospi-tationen auch anders zu organisieren, z.B. so,daß die Studierenden die Arbeit einer Klassebzw. eines Lehrers in ihrer Kontinuität beobach-ten können.

Da die Studierenden bei den Hospitationendie Möglichkeit haben, verschiedene Schultypenkennenzulernen (die Einteilung für die Gruppen-hospitationen wird zentral vom Fachdidakti-schen Zentrum erstellt), fällt es ihnen am Endedes zweiten Studienjahres nicht mehr so schwer,sich für die eine oder andere Altersgruppe zuentscheiden.

DAS SCHULPRAKTIKUMMit unseren Fragebögen, Informationsmateriali-en für die Schulen bzw. Studierenden verfügenwir bereits über ein brauchbares System für dieEinteilung zum Schulpraktikum. Die Hauptsacheist: Keiner wird gezwungen, in eine bestimmteSchule oder zu einem bestimmten Mentor zugehen. Bis zu einer gewissen Grenze steht alsoden Studierenden die Wahl der Praktikumsstellefrei.

Der Erfolg des Schulpraktikums hängt ingroßem Maße von der Funktionsfähigkeit desDreiecks Schule-Student-Universität ab. Deshalbgeben wir uns besonders viel Mühe, einerseitseine echte Kommunikation unter den Beteiligtenherzustellen, andererseits die unterrichtsbeglei-tenden Seminare in ständiger Rücksprache mitden Studierenden und ihren Mentoren mit denrichtigen, jeweils aktuellen Inhalten zu füllen.

Es erscheint uns wichtig, daß wir ständigenKontakt nicht nur mit den Mentoren, sondernauch den einzelnen Schulleitern halten. Ohnederen Unterstützung dürfte das Praktikum kaumeffektiv gestalten werden können. Wir legen auchWert darauf, daß unsere Studierenden mit in dasSchulleben einbezogen werden. Sie nehmen oftund gern an Elternversammlungen, Nachmittags-veranstaltungen und sogar an Schullandheim-

aufenthalten teil. Die Teilnahme an den monatli-chen Sprechstunden versteht sich von selbst. Dadie Studierenden schrittweise die volle Verant-wortung für die Arbeit der Klasse mit überneh-men, müssen sie den Eltern Auskunft über ihreArbeit, über die Lernfortschritte ihrer Schülerbzw. eventuelle Probleme geben können.

Die Studierenden werden während ihrer Prak-tikumszeit nicht nur vom Mentor, sondern mehr-mals auch von Mitarbeitern des Lehrstuhlsbesucht. Damit verfolgen wir die Absicht, daßjeder, der am Lehrstuhl arbeitet, Einblick in dasschulische Leben und ständigen Kontakt mit derschulischen Praxis hat.

DIE LEHRPROBENNeu an der ELTE ist die Art und Weise, wie imRahmen des schulpraktischen Modells des Fach-didaktischen Zentrums Leistungen nachgewie-sen und Lehrproben durchgeführt werden.

•Im Herbstsemester gibt es keine Noten fürdas Schulpraktikum – ins Studienbuch der

Studierenden wird vom Mentor nur „bestanden“bzw. „nicht bestanden“ eingetragen. Dadurchmöchten wir vermeiden, daß die Studierendendurch ein frühes Urteil über ihre Arbeit anSchwung und Begeisterung verlieren (zu denMöglichkeiten, die Studierenden gestuft auf ihrPraktikum vorzubereiten und zunächst nichtbe-wertend das Unterrichten zu trainieren, vgl. denBeitrag von Kast „Microteaching“ in diesemHeft).

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… sind selbstkritisch …

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: Veit

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Fremdsprache Deutsch Sonderheft 1994 – Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung, ISBN 978-3-19-869183-0, © Hueber Verlag 2007

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•Am Ende des Frühlingssemesters wird danndie Leistung im Schulpraktikum benotet,

wobei sich die Endnote aus mehreren Teilnotenzusammensetzt. Das Erarbeiten des endgültigenSystems der Leistungsbewertung braucht vielZeit. Was wir bereits jetzt wissen: Als Basis beider Beurteilung bzw. Bewertung soll dieganzjährige Arbeit der Studierenden als Lehrerund Erzieher dienen und keinesfalls die Lehrpro-be allein, die ja nur den Endpunkt eines Entwick-lungsprozesses darstellt.

•Für die Lehrprobe müssen die Studieren-den nach bestimmten Vorgaben einen

Unterrichtsentwurf erstellen. Dabei sollen siezeigen, inwieweit sie in der Lage sind, einemFremdbeobachter über ihre Arbeit (Planung,Durchführung und Auswertung) in überzeugen-der Weise Rechenschaft zu geben, bzw. nachwei-sen, daß ihre schulische Tätigkeit fachwissen-schaftlich und fachdidaktisch fundiert ist.Die Länge dieses Entwurfs ist nicht vorgeschrie-ben, die Studierenden müssen selber entschei-den können, in welchem Umfang sie sich zu deneinzelnen Fragen äußern möchten.

•Auch für die Bewertung gibt es keine direk-ten Richtlinien. Entscheidend ist die

Brauchbarkeit des Entwurfs für die Beobachter.

•An der Lehrprobenstunde und der anschlie-ßenden Nachbesprechung nehmen außer

der Studentin bzw. dem Studenten der Mentoroder die Mentorin, dazu mindestens eine Personvom Lehrstuhl (möglichst der Leiter des unter-richtsbegleitenden Seminars) sowie ein Mitstu-dent, den der zu prüfende Student einladenkann, teil.

3. Erfahrungen undEmpfehlungen

Ich bin davon überzeugt, daß die Studierendenmit Hilfe des vom Fachdidaktischen Zentrumerarbeiteten Modells die in den Schulen ver-brachte Zeit optimal ausnützen können:

•Wir haben uns gegen die Arbeit mit Ausbil-dungsschulen entschieden. Die Studieren-

den finden dort zwar eine verbesserte pädagogi-sche Praxis vor, diese Schulen unterscheidensich aber zugleich sehr stark von den „norma-len“ Schulen. Viel nützlicher, weil wirklichkeits-näher ist es, wenn die Studierenden in irgendeineSchule geschickt werden, deren Schüler nichtbereits für die Arbeit mit Referendaren trainiertsind und wo alle möglichen Hilfsmittel (angefan-

gen bei den teuren Lehrbüchern aus dem Aus-land bis hin zum flip chart) zur Verfügung stehen.

Mit Hilfe gut vorbereiteter Mentoren läßt sichdie Effektivität des Praktikums ganz unabhängigvom Schultyp garantieren. Auf diese Art und Wei-se können wir unseren Studierenden den ofterwähnten Praxisschock mit ziemlicher Sicher-heit ersparen.

•Wichtige Voraussetzung bei der Vorberei-tung der Studierenden auf den Lehrerberuf

ist die Vorbereitung ihrer Mentoren. Nicht jeder,der guten Unterricht macht, ist automatisch einguter Mentor – und auch gute Mentoren müssensowohl fachlich als auch sprachlich kontinuier-lich fortgebildet werden.

•Ebenfalls von großer Bedeutung ist, daß dieMitarbeiter des Fachdidaktischen Zen-

trums ihren Kontakt mit der schulischen Praxisnicht verlieren, daß sie also oft Unterrichtsbesu-che machen, im Optimalfall selbst als GastlehrerUnterricht an Schulen erteilen.

•Sowohl in der Vorbereitungsphase als auchwährend des Praktikums soll der erzieheri-

sche Aspekt den ihm gebührenden Stellenwert inder Ausbildung bekommen. Die Studierendenhaben über entsprechende pädagogische undpsychologische Kenntnisse zu verfügen, bevorsie in die Schulen gehen, aber sie sollen auchwährend der Praktikumszeit Konsultationsmög-lichkeit in pädagogischen und psychologischenFragen erhalten.

•Wichtig ist weiterhin, daß die Studierendendurch regelmäßige Hospitationen noch vor

dem Praktikumsbeginn die Chance bekommen,verschiedene Altersgruppen und Schultypenkennenzulernen, damit sie sich bei der Wahl derPraktikumsstelle leichter orientieren können.Kein Student aber, der das Gefühl hat, doch diefalsche Wahl getroffen zu haben, darf gezwungenwerden, ein Jahr lang in dieser Klasse zu bleiben.Spätestens nach einem halben Jahr sollte jedemdas Wechseln der Praktikumsstelle freistehen.

•Die Studierenden müssen in den Schulendie Möglichkeit bekommen, schrittweise die

volle Verantwortung für die Arbeit in der vonihnen unterrichteten Klasse zu übernehmen.Sicher bedeutet das in den ersten Monaten eineerhöhte Belastung für alle Beteiligten, langfristiglohnt sich diese Mühe.

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Bernd Kast, München

Lehrertraining durchMicroteaching

VON DEN TRÄUMEN EINES HOCHSPRINGERS:Angefangen hat es mit einer Sportsendung im Fernsehen. Felix war fasziniert vom

Wettkampf der Hochspringer: Von den Konzentrationsübungen vor dem Sprung (inzwi-schen weiß er, daß sie da den Sprung in ihrem Kopf vorwegnahmen), von dem federn-den Anlauf, dem kraftvollen Absprung, der eleganten, geradezu akrobatischen Bewe-gung über der Latte, dann der entspannten Landung in den Schaumgummimatten. Felixkaufte sich Literatur oder ließ sie sich zum Geburtstag schenken: „Das 1x1 des Hoch-sprungs“, „Die Geschichte des Hochsprungs von den Anfängen bis zur Gegenwart“,„Die besten Hochspringer des 20. Jahrhunderts“ usw. Er versäumte kein Hochsprung-Meeting in der näheren und weiteren Umgebung. Und abends beobachtete er die Hoch-springer bei ihrem Training und versuchte, sich die Abläufe einzuprägen und die Hin-weise des Trainers zu merken. In seinen Träumen sprang er tausend Sprünge, und vieledavon trugen ihn weit über die 2 m-Marke.

Eines Tages dann war es soweit: Im Sportunterricht war Hochsprung an der Reihe.Felix fühlte sich als Experte, hatte aber trotzdem (oder deswegen ?) heftiges Herzklopfenvor lauter Aufregung (oder war es Angst?)…

Ich möchte die Geschichte hier erst einmal abbrechen. Was meinen Sie: SprangFelix höher als seine Mitschüler? War er nach all der Zeit intensiver Beschäftigung mitdem Hochsprung ein Hochspringer geworden?

VON DER AUSBILDUNG EINER LEHRERIN:Ich könnte jetzt die Geschichte von Felix paraphrasieren und die Geschichte von

Felicitas erzählen, die Lehrerin werden wollte. Sie tat, was Felix tat: staunte, war begei-stert, las, hörte sich Vorträge an, beobachtete, lernte auswendig, hielt Referate, schriebSeminararbeiten usw. Eines Tages dann war es soweit ...

Ich will das jetzt nicht weiter ausführen. Ich möchte nur die These aufstellen: Hoch-springer wird man, indem man das trainiert, was einen Hochspringer zu einem Hoch-springer macht, immer und immer wieder, jahrelang. Und Lehrerin wird man, indem mandas trainiert, was eine Lehrerin zu einer guten Lehrerin macht, immer und immer wieder,jahrelang.

Einen Anfang für diese Karriere müßte die Lehrerausbildung machen.Wie das aussehen könnte und welche Erfahrungen es da gibt, möchte ich Ihnen ein

wenig ausführlicher beschreiben.

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1. MicroteachingEine Form des Lehrertrainings ist das sogenann-te Microteaching, ein Trainingsmodell, das inden 60er Jahren an der Universität Stanford inden USA fachunspezifisch entwickelt und danachfür den Fremdsprachenunterricht adaptiert wur-de. Vorläufer dieses Modells gab es freilichbereits im 19. Jahrhundert in der Lehrerausbil-dung, u.a. in Deutschland (zur Entwicklung desMicroteaching siehe Nehm 1976, 4–39).

Microteaching bietet den Studierenden einenersten angstfreien Erfahrungsraum und ein expe-rimentelles Erprobungsfeld für die in den davorliegenden Studienphasen erworbenen theoreti-schen Kenntnisse, sprachpraktischen Erfahrun-gen und didaktischen Vorstellungen.

Was ist Microteaching?Beim Microteaching geht es um das systemati-sche, praxisbezogene, kleinschrittige Trainierenvon Lehrverhalten und Lehrfertigkeiten in Klein-gruppen (Schülern oder Lehrerstudenten). DasMicroteaching-Modell hat folgende konstitutivenElemente:

� Unter dem Aspekt der Reduktion von Kom-plexität:– Verringerung der Schüler-/Teilnehmerzahl

(etwa fünf),– Verkürzung der Unterrichtszeit (etwa 10

Minuten),– Einschränkung des Lernstoffs (eine Phase,

eine Fertigkeit usw.),– Konzentration auf eine Lehrfertigkeit/einen

Aspekt von Lehrverhalten.

� Unter dem Aspekt von Rückmeldung und Kon-trolle:Unmittelbare kritische Rückmeldung durch– Schüler/Teilnehmer (mündlich, Fragebo-

gen, Ratingskalen),– Betreuer (mündlich),– Videoaufzeichnung.Ich werde auf diese Punkte ausführlicher zu

sprechen kommen.

Warum Microteaching?Meine Geschichte vom Hochspringer Felix willdarauf hinweisen, daß man nicht ohne ständigesÜben weiterkommt (besser: höherkommt), willman etwas lernen. Felicitas muß die Lehrfertig-keiten und das Lehrverhalten üben, das sie inder Klasse benötigt. Dafür gibt es das Schulprak-tikum. Das freilich hat den Nachteil, daß dieStudierenden dort einer äußerst komplexenSituation ausgesetzt sind, bei der es um tausendFaktoren geht, nicht zuletzt auch um Disziplin-probleme, die Felicitas in eine Streßsituation ver-

setzen (u.a. bekannt als sogenannter Praxis-schock), der sie in erster Linie unversehrt ent-kommen möchte. Den Nachbesprechungen mitdem Schulpraktikumsdozenten bzw. dem Mentorvon der Lehrerausbildung fehlt der gemeinsameBezugsrahmen, „da beide aufgrund selektiverWahrnehmungsverzerrungen den Unterrichtunter verschiedenen Aspekten erleben und beur-teilen“ (Schmitz 1975, 203) und oft nicht klar ist,auf welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Haltun-gen besonders zu achten ist.

Beim Microteaching können die einzelnenFertigkeiten und Haltungen, die den Lehrer-Schüler-Interaktionsprozeß bestimmen, isoliertund systematisch geübt werden, ohne daß ande-re Faktoren von der Konzentration auf denAspekt ablenken, der trainiert werden soll. HatFelicitas Sicherheit und Vertrauen gewonnen, hatsie erfahren, daß sie die Fertigkeit beherrschtoder hat sie das ins Auge gefaßte Verhaltengeübt, vielleicht schon erworben, muß es inkomplexere Situationen integriert werden. DasMicroteaching selbst erlaubt eine solche Pro-gression, indem stufenweise komplexere Situa-tionen trainiert werden (Krumm 1973, 103). DerTransfer dessen, was im Microteaching gelerntwurde, gelingt umso besser, je näher Trainings-bedingungen und konkrete Unterrichtspraxisbeieinander liegen, so daß es sich empfiehlt,vom isolierten Lehrtraining zunächst zum Team-Teaching überzugehen und damit das Schulprak-tikum vorzubereiten.

Um also Mißverständnisse von vornhereinauszuräumen: es geht nicht gegen das Schul-praktikum und für Microteaching, sondern esgeht zum einen darum, die Voraussetzungen füreinen möglichst effektiven, angstfreien und erfolg-reichen Verlauf des Schulpraktikums zu schaf-fen, und zum andern um eine sinnvolle Ergän-zung, d. h. Microteaching kann auch nach demSchulpraktikum eingeplant werden, um dort fest-gestellte Defizite, Verhaltensprobleme, Schwä-chen im Fertigkeitsbereich usw. gezielt zu trai-nieren.

Organisationsformen des MicroteachingSeit den ersten systematischen Versuchen inStanford hat es zahlreiche, z.T. sehr stark von-einander abweichende und heftig miteinanderkonkurrierende Microteaching-Modelle gegeben.Ich möchte sie weder aufzählen, noch gar kri-tisch bewerten. Dagegen möchte ich Ihnen eineOrganisationsform vorstellen, mit der ich selbstfünfzehn Jahre lang fast täglich in der Lehreraus-bildung und (mit den durch die andere Zielgrup-pe notwendigen Modifikationen) über zwanzigJahre ziemlich regelmäßig in der Lehrerfortbil-

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dung Erfahrungen sammeln konnte. Diese Orga-nisationsform ist stark geprägt von dem vonHans-Jürgen Krumm in Tübingen entwickeltenMicroteaching-Kurs. Krumm unternahm alserster den Versuch, Unterrichtsbeobachtung,Unterrichtsdokumentationen (auf Video aufge-nommene Unterrichtsstunden), Unterrichts-analyse (Auflistung und Auswertung von Beob-achtungsdaten), Unterrichtsplanung und Micro-teaching integriert zu berücksichtigen, wobeisich die Unterrichtsplanung orientiert an denErgebnissen der Beobachtung und Analyse desausgewerteten Unterrichts. Krumm faßt seinStudienmodell in zwei Diagrammen (Abb. 1 u.Abb 2) zusammen und betont, „daß in diesemModell weder Microteachingnoch Modellfilme beziehungs-weise Unterrichtsdokumentationals selbständige Verfahren ange-sehen werden, die die Einführungdes Lehrerstudenten in die Unter-richtspraxis durch eine ’Ersatz-Erfahrung‘ allein übernehmenkönnten ...; beide Verfahren ...übernehmen in dem vorgeschla-genen Modell eine Stütz- undTrainingsfunktion zur Bewälti-gung der gestuft eingeführtenPraxis-Probleme“ (Krumm 1973,128 –130).

� UNTERRICHTSBEOBACHTUNGWas sind Kriterien für einen guten Unterricht?

Die Fachliteratur äußert sich dazu sehrzurückhaltend und hat dafür gute Gründe. Esgibt nur wenige zuverlässige und allseits aner-kannte Kriterien für das, was guter kommunika-tiver Unterricht ist. Was für den einen gut ist, istes für den anderen noch lange nicht. Eine Mög-lichkeit, Kriterien zu finden, besteht darin, daßdie Studierenden die eigene sprachpraktischeund fachdidaktische Ausbildung „ausbeuten“,vorausgesetzt, daß diese zumindest Ansätze despostulierten kommunikativen Unterrichts bietet,die Dozenten ihren Studierenden also Haltungenund Fertigkeiten demonstrieren, die die Studie-

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kursbegleitend:

Kurssequenzen:

Studieneinheit für die praxisbezogene Ausbildung von Fremdsprachenlehrern

Angewandte LinguistikFachdidaktik/MethodikLernpsychologieErziehungs- und SozialwissenschaftenCurriculumrevision

Revision und Entwicklung von LehrmaterialProduktion von ModellfilmenDiskussion und Modifikation von Systemen der UnterrichtsanalyseVergleich von UnterrichtsmethodenLernziel-Diskussion

1. Sprachlern- Erfahrungen

2. Unterrichts- analyse

3. Skill- Diskussion

4. Unterrichts- planung

5. Unterrichts- versuch

6. Auswertungdes Versuchs

7. Micro- teaching

Teach-Reteach-Zyklus

Sprach-praxisderHoch-schule

AVSG-Unter-richtfremdeSprache

Ein-übung

Anwen-dung

Modellfilme

Unterrichts-dokumentationen

weitereMicroteaching-Kurse

Übergang zumzweiten Unterrichtsversuch

Abb. 1 (Krumm 1973, 129):AVSG=Audio-visuellestrukturell globale Methode

Lerner Lehrer

Stufen der „Praxis“ im vorgeschlagenen Modell

Lernerfahrung

– Sprachpraxis der Hochschule

– Sprachkurs in unbekannterSprache

Analyse

– Unterrichts-dokumentation

– Modellfilme

– Unterrichtsanalyse

Planung

– Lehrmaterial

– Diskussionteaching skills

Simulation

– Microteaching mit peer group

Lehrerfahrung

– Unterrichtsversuchein einem Sprachkurs

Abb. 2 (Krumm 1973, 130)

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renden in gleicher oder ähnlicher Form in denTrainingsphasen und später in der Berufspraxisanwenden können. Diese Didaktik des doppeltenBodens (das heißt: erstens Angebote für die Stu-dierenden und zweitens Transfer dieser Angebo-te auf die Schulsituation) erfordert freilich hoch-schuldidaktisch qualifizierte Dozenten undDozentinnen, die einen entsprechenden Modell-unterricht vorführen und ihn auch mit den Stu-dierenden regelmäßig reflektieren unter der Fra-gestellung: Was davon ist für das Lehrertrainingund die spätere Berufspraxis von Bedeutung?

Eine weitere Möglichkeit, solche Kriterien zufinden, besteht in der Beobachtung und der Ana-lyse von Unterrichtsdokumentationen, d.h. vonauf Video aufgenommenem Unterricht. Dabeigeht es nicht um Modell- und Musterstunden,weil sie „den Anfänger entmutigen und ihm erfolg-reiches Lehrverhalten als unnachahmbare Kunsterscheinen lassen“ (Buttjes und Kane 1976, 402),sondern um alltäglichen Unterricht mit seinenStärken und Schwächen. Solche Dokumentatio-nen liegen vor und können ausgeliehen werden(vgl. Hinweis auf S. 65), solche Dokumentationensollten aber auch speziell für jedes Land und dieSchultypen erstellt werden, für die die Studie-renden ausgebildet werden.

Anhand von Beobachtungsaufträgen schau-en sich die Studierenden den Unterricht an undäußern sich anschließend dazu, wobei bereitshier systematisch positive Feedback-Regelngeübt werden sollten (siehe unten „Rückmel-dung“). In einem Schema werden in einer Spaltedie Aspekte gesammelt, die der Student bzw. dieStudentin gern für den eigenen Unterricht über-nehmen würde (das finde ich spannend/interes-sant/nachahmenswert/gut, das würde ich auchgerne so machen usw.), in einer anderen Spaltedas, was er/sie anders machen würde. Auf dieseWeise sammeln und diskutieren die Studieren-den Kriterien für einen Unterricht, den sie gut fin-den. Selbstverständlich kann diese Liste ständigergänzt werden durch weitere Kriterien, denensie begegnen und die sie überzeugen, z.B. ausder Fachliteratur. Diese induktive Erarbeitungvon Kriterien ist einem Katalog vorgegebenerLehrfertigkeiten vorzuziehen.

�UNTERRICHTSVORBEREITUNGNach der Unterrichtsbeobachtung bereiten jefünf bis sechs Studierende gemeinsam undselbständig einen Microteaching-Lehrversuchvor, später dann, im Sinne zunehmender Kom-plexität, eine ganze zusammenhängende Unter-richtsreihe. Voraussetzung ist, daß die Studie-renden über entsprechende Planungskriterienverfügen: Modell für didaktische Analyse, Unter-richtsphasen, Raster für Unterrichtsentwürfe

usw. (Eine Vorbereitungsmöglichkeit wäre dieFernstudieneinheit von Bimmel/Kast/Neuner1994). Dabei ergibt sich die grundsätzliche Fra-ge, ob der Lehrversuch mit Schülern oder Stu-dierenden (die die Schülerrolle spielen), durch-geführt wird. Erfahrungen liegen mit beidenGruppen vor. Untersuchungen zum Effekt vonTraining mit Schülern bzw. Studierenden ergebenkeine wesentlichen Unterschiede (vgl. dazuNehm 1976, 22), so daß es sich anbietet, ausorganisatorischen Gründen das Training mit ‘Stu-dierenden als Schüler’ durchzuführen, vor allemin der Anfangsphase (Stichwort: Reduktion vonKomplexität: die Studierenden beherrschenbereits die Zielsprache usw.). Die Studierendenkönnen sich erfahrungsgemäß nach einer kurzenGewöhnungszeit durchaus mit dieser Schülerrol-le identifizieren; so lange liegt die eigene Schüler-zeit nicht zurück.

Entscheidet man sich für die Arbeit mitSchülergruppen, muß darauf geachtet werden,daß der unterrichtende Lehrerstudent umfas-send über den Lernstand und die Ausgangslageder Schüler informiert ist, um Fehleinschätzun-gen und Fehlverhalten zu vermeiden (Behand-lung von bereits behandeltem Stoff; Stoff alsbekannt voraussetzen, der noch unbekannt istusw.).

Nach der Vorbereitung entscheiden die Stu-dierenden, wer unterrichten wird (gegebenen-falls durch Los).

� DER LEHRVERSUCH (MICROTEACHING)Die Studierenden situieren ihren Lehrversuch(was geschah zuvor, Ausgangslage der Schülerusw.) und stellen kurz das Lehrwerk vor, sollte esnicht bekannt sein. Dann beginnt der Unterricht,bei dem weder Lehrer noch Schüler ihre Rolleverlassen dürfen (es ist also kein Kommentarzulässig etwa im Sinne von: „Und dann üben dieSchüler in dieser Form weiter“ usw.).

Die Studierenden können auch nacheinanderim Zehnminutentakt unterrichten, so daß eineganze zusammenhängende Stunde gegeben wird,was freilich eine präzise Abstimmung vor allemder Schnittstellen erforderlich macht (u. U. müß-te die Zeitvorgabe flexibler gehandhabt und dieStunde in einzelne Phasen unterteilt werden).

� RÜCKMELDUNGDie Rückmeldung kann in unterschiedlicherForm, sollte aber in der hier vorgeschlagenenReihenfolge erfolgen:• Der Lehrerstudent bekommt zuerst eine Gele-

genheit, sich zu seinem Unterricht zu äußernund diesen Unterricht einzuschätzen, weileine Veränderung unterrichtlichen Verhaltenseine Auseinandersetzung mit dem eigenenUnterricht und den gemachten Erfahrungen

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voraussetzt: Verlief der Unterricht wiegeplant? Wurden die geplanten Ziele erreicht?Wurde von der Planung abgewichen? Warum(nicht)? Was fand der Lehrerstudent gut? Waswürde er beim nächsten Mal warum andersmachen? usw.

• Nach dieser Selbsteinschätzung erhalten dieMitstudierenden, die die Schülerrolle gespielthaben, Gelegenheit, sich zu den gleichenPunkten zu äußern.

• Als nächstes reagieren die Mitstudierenden,die in der Beobachterrolle den Unterricht ver-folgt und sich Notizen gemacht haben.Zunächst werden nur positive Rückmeldun-gen zugelassen im Sinne von: Das würde ichgenauso machen. Das hat mir gefallen. Dasfand ich gut (Tafelbild Spalte 1). Eine beurtei-lende Kritik trägt nicht zu einer Veränderungdes Lehrerverhaltens bei, sondern schüchtertein und verunsichert. Die Chance, daß einLehrerstudent sein Verhalten ändert, ist amgrößten, wenn– er weiß, welches Verhalten erwartet wird

bzw. erwünscht ist;– er davon überzeugt ist, daß dieses erwarte-

te Verhalten wünschenswerter ist als seinbisheriges Verhalten;

– er erkennt, in welchen Situationen er diesesVerhalten noch nicht aufweist;

– er weiß, wann das neue Verhalten angemes-sen ist;

– er weiß, wie er die Wirkung des veränder-ten Verhaltens einschätzen kann (A. C. Wag-ner 1976, 650 f.).

Erst nachdem alle positiven Reaktionen indem Tafelbild gesammelt sind, können Ände-rungsvorschläge gemacht und in Spalte 2 (Daswürde ich aus diesen und jenen Gründen andersmachen) inventarisiert werden.• Jetzt erst bekommen der Mentor und der

Schulpraktikumsdozent Gelegenheit, zumUnterricht und den bisherigen Rückmeldun-gen Stellung zu nehmen; auch für sie gilt, daßsie erst einmal positive Aspekte zur Sprachebringen und erst in einem zweiten SchrittÄnderungsvorschläge machen.

Untersuchungen haben gezeigt, daß häufige undunmittelbare positive Rückmeldungen das ange-strebte Verhalten und die gewünschten Fertig-keiten nachhaltig fördern.

In Stanford und danach in vielen Lehreraus-bildungen wurden die Microteaching-Kurse aufVideo aufgenommen und ausgewertet, wobei oftStudierende selbst den Videorekorder bedienten(die Unterrichtsskizze stand ihnen als Regiehilfezur Verfügung). Den großen Vorteilen, daß derLehrerstudent bzw. die Lehrerstudentin sieht,

wie er/sie unterrichtet hat, (er/sie also zum eige-nen Objekt der Unterrichtsbeobachtung werdenkann) und der Möglichkeit, das Band an jederbeliebigen Stelle zu stoppen und Sequenzen zuwiederholen, steht der Nachteil gegenüber, daßdiese objektive Darstellung des eigenen Verhal-tens zu starken psychischen Belastungen undÄngsten führen kann. Wie immer man sich ent-scheidet, welche Möglichkeiten auch immer zurVerfügung stehen: Entscheidend ist das Vertrau-ensverhältnis, das zwischen dem Lehrerstuden-ten einerseits und den anderen Studierenden,dem Mentor und Schulpraktikumsdozenten ande-rerseits vorhanden sein muß und durch das hierbeschriebene Verfahren der positiven Rückmel-dungen auch aufgebaut werden kann. Herrschteine gute, vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre,dann können kombinierte Rückmeldungen durchVideo, Mitstudierende und Mentor/Schulprakti-kumdozent eine optimale Situation darstellen.Sicher ist aber auch, daß Video-Rückmeldungenkeine Voraussetzung für ein effektives Microtea-ching sind.

Ein wichtiger Aspekt des systematischenTrainings von positivem Feedback ist, daß sichdie Studierenden ein Verhalten aneignen, dasihnen in ihrer späteren Berufspraxis von großemNutzen ist.

� VORBEREITUNG DES ZWEITVERSUCHSAusgehend von den Rückmeldungen bereiten dieStudierenden für den nächsten Sitzungsterminden Zweitversuch vor: Sie versuchen das beizu-behalten, was positiv eingeschätzt wurde, undsie versuchen, das zu berücksichtigen, eventuellauch schon „trocken“ zu üben, was verändertwerden sollte. Dabei sollten sie sich auf einigewenige Verhaltensaspekte oder Fertigkeiten,unter Umständen sogar nur auf einen neuenAspekt bzw. eine Fertigkeit konzentrieren. Gera-de in der Isolierbarkeit und damit Trainierbarkeiteinzelner Aspekte liegt die Stärke des Microtea-ching.

� ZWEITVERSUCHDer Zweitversuch verläuft im wesentlichen wieder Erstversuch, er sollte wenn irgend möglichdurchgeführt werden.

Das zeigen folgende Bemerkungen auf einemEvaluationsbogen: „Schade, daß wir keine Mög-lichkeit bekamen, die Stunde zum zweiten Mal zuspielen/üben“. „Nach den Bemerkungen hätteich Lust gehabt, die Stunde noch einmal zugeben.“

� RÜCKMELDUNGAuch hier ändert sich das Verfahren nicht. Eswird vor allem darauf geachtet, inwieweit das

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intendierte Verhalten bzw. die angestrebte Fer-tigkeit erreicht werden konnten.

Microteaching ist Praxis und Simulation vonPraxis zugleich, indem der Lehrerstudent einzel-ne Verhaltensaspekte und einzelne Lehrfertigkei-ten systematisch trainieren kann. Dabei ist dasVerfahren nicht unumstritten, besteht doch dieGefahr, daß die angehenden Lehrerinnen undLehrer zu sehr auf die ‘Lehrtechniken’ vertrauenund in der realen Interaktionssituation danndoch versagen. Die durch Microteaching erreich-bare Verhaltenssicherheit stellt jedoch auch einwichtiges Element für Lehrer dar, die sich imUnterricht dann ganz auf ihre Schüler konzen-trieren wollen und können. Und unumstritten istin jedem Fall die positive Einschätzung bei Stu-dentinnen und Studenten, überzeugend ist auchdie in vielen Untersuchungen nachgewieseneEffizienz des Lehrertrainings.

(Aber auch Mentoren und Schulpraktikum-dozenten fallen normalerweise nicht vom Him-mel, sondern müssen systematisch auf dieseTätigkeit vorbereitet werden. Und ein Mittel, umdiese Qualifikationen zu erreichen, ist Micro-teaching. Auch für die Aus- und Fortbildung vonMentoren und Schulpraktikumdozenten liegenüber 30jährige Erfahrungen vor).

2. Microteaching alsForschungsinstrument

Die bisherigen Ausführungen bezogen sich aus-schließlich auf Microteaching im Rahmen desLehrertrainings und zu Ausbildungszwecken. Ichhabe außerdem bereits darauf hingewiesen, daßsich Microteaching auch hervorragend für dieLehrerfortbildung eignet. Einen weiteren Anwen-dungsbereich findet Microteaching als Instru-ment der Forschung in der Fremdsprachendi-daktik bereits seit Ende der sechziger Jahre.Ulrich Nehm gibt dazu einen kleinen Überblick(1976, 76–78, 250–260), zeigt in seiner Disser-tation aber auch, wie diese Forschungstechnikpraxisnah angewendet werden kann, indem eruntersucht, welche der drei damals aktuellenFremdsprachenlehrmethoden (die audiovisuelle,die bilinguale und die traditionelle) die optimaleMethode für die Phase der Sprachaufnahme ist(1976, 92–217). „Alle wesentlichen Aspekte derFremdsprachendidaktik“, meint Nehm, könnenim Microteaching in den „zu erforschendenUnterricht mit hineinspielen. Zudem kann esgelingen, Phänomene des Fremdsprachenleh-rens und -lernens, die den Unterrichtsforscherbesonders interessieren, sichtbar zu machenund zu erfassen, wie es im normalen Klassen-

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… empfinden und vermitteln Freude an ihrem Fach …

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unterricht nur ansatzweise möglich ist.“ (Nehm1976, 252).

Aus sehr unterschiedlichen Gründen istMicroteaching ein hervorragend geeignetes Ver-fahren, praxisrelevante Forschung zu betreiben,die didaktische Fragen als ernstzunehmendenGegenstand von Wissenschaft auch in der Ger-manistik verankern hilft. Professionelle Lehrer-ausbildung findet entsprechend im Micro-teaching ein Instrument, um sich durch einenForschungsansatz zu profilieren, der zu konkretauf den Fremdsprachenunterricht übertragbarenErgebnissen führt und die oft beklagte Theorie-Praxis-Diskrepanz aufheben kann.

3. Autonomes LernenMicroteaching als integrierter Bestandteil einerLehrerausbildung ist eine zeitliche Mehrbela-stung. Dieser Aspekt soll nicht heruntergespieltwerden. Aber zeitliche Mehrbelastung darf nichtzu dem Argument führen, man solle auf Micro-teaching-Verfahren verzichten, denn Lehrertrai-ning ist unverzichtbar, und die benötigte Zeitkann eingespart werden, wenn das Ausbildungs-curriculum daraufhin befragt wird, welche Aus-bildungsteile von den Studierenden selbständigerarbeitet werden können. Eine Möglichkeit fürden autonomen Umgang mit Teilaspekten derAusbildung sind die Fernstudieneinheiten, diedie Gesamthochschule Kassel und das Goethe-Institut in München entwickeln. Diese Materiali-en werden zwar speziell für die Lehrerfort- und-weiterbildung entwickelt, Erfahrungen in vielenLändern zeigen jedoch, daß sie auch unter ver-schiedenen Gesichtspunkten hervorragend inder Lehrerausbildung eingesetzt werden können(siehe dazu die ausführlichen und ermutigendenPraxisberichte in Neuner 1993). Dabei geht esdarum, diejenigen curricularen Bereiche zu mar-kieren, die Studierende besser selbständig alsbetreut mit Hilfe dieser Selbstlernmaterialiendurcharbeiten können. Das ist keine Notlösung,um sonst fehlende Zeit zu gewinnen; autonomesLernen ist ein wesentliches Lern- und Studien-ziel. Mit den Fernstudieneinheiten können dieStudierenden zum selbständigen Lernen angelei-tet werden, sie machen die Erfahrung, daß siebestimmte Ziele besser durch selbständigesArbeiten erreichen, sie erwerben Strategien undHaltungen, die ihnen später in ihrer Berufspraxisvon Nutzen sind. Schließlich müssen sie auchihre Schülerinnen und Schüler dazu anleiten,selbständig zu arbeiten.

4. Zum guten SchlußDem Happy-End unserer Geschichte von Felixund Felicitas steht nichts mehr im Wege: Er wird

ein guter Hochspringer, indem er springt, Felici-tas eine gute Lehrerin, indem sie (wie obenbeschrieben) unterrichtet. Und natürlich treffensich beide bei irgendeiner Gelegenheit, springensich in die Arme und unterrichten sich beide.Professionell.

Literaturhinweise:Bimmel, Peter/Kast, Bernd/Neuner, Gerd: Arbeit mit Lehrwerklek-

tionen (Fernstudienprojekt zur Fort- und Weiterbildung imBereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache). Lan-genscheidt: Berlin und München 1994 (Erprobungsfassung).

Buttjes, Dieter: Microteaching im Fachpraktikum Englisch. In: NEU-SPRACHLICHE MITTEILUNGEN AUS WISSENSCHAFT UND PRA-XIS, Heft 2/1977, 91–96.

Buttjes, Dieter/Kane, Lawrence: Microteaching als schulpraktischerBestandteil der Lehrerausbildung. In: PÄDAGOGISCHE WELT,Heft 30/1976, 400–404.

Krumm, Hans-Jürgen: Analyse und Training fremdsprachlichenLehrverhaltens. Ansätze für die berufsbezogene und praxis-nahe Ausbildung von Fremdsprachenlehrern. Beltz: Wein-heim und Basel 1973 (leider vergriffen).

Nehm, Ulrich: Microteaching als Ausbildungs- und Forschungsver-fahren der Fremdsprachendidaktik (Bd. 8 der Reihe: Mono-graphien Pädagogik). Scriptor: Kronberg/Ts. 1976 (leider ver-griffen).

Neuner, Gerd (Hrsg.): Regionale und regionenübergreifende Per-spektiven der DaF-Lehrerausbildung. Eine Tagungsdokumen-tation (Heft 2 der Reihe: Kasseler Werkstattberichte zurDidaktik „Deutsch als Zweit- und Fremdsprache“). Gesamt-hochschule Kassel: Kassel 1993.

Schmitz, Rolf-Albert: Erprobung eines Lehrertrainings durch Micro-Teaching. In: ZEITSCHRIFT FÜR ENTWICKLUNGSPSYCHOLO-GIE UND PÄDAGOGISCHE PSYCHOLOGIE, Bd.VII, Heft 3/1975,203–213.

Wagner, Angelika C.: Ist Übung wirklich notwendig? TheoretischeÜberlegungen und experimentelle Ergebnisse zur Rolle desDiskriminationslernens bei Verhaltensänderungen. In: W.Zifreund (Hrsg.): Training des Lehrverhaltens und Interakti-onsanalyse. Beltz: Weinheim und Basel 1976, 633–657.

Hinweis:Unterrichtsdokumentationen für die Deutsch-lehrerausbildung

Das Goethe-Institut hat für die Lehreraus- und-fortbildung Unterrichtsdokumentationen erstellt: mitGrundschülern in Griechenland und Deutschland, mitSekundarschülern in Polen.

Am umfassendsten sind die Dokumentationen ausdem Sekundarschulbereich, die im Rahmen desschon 1988 vorgelegten Projekts „Grammatik imUnterricht“ erstellt worden sind. Zwar steht Gramma-tik im Zentrum, die Unterrichtsmitschnitte freilich sindunter ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten nutz-bar: zur Beobachtung der Lehrer-Schüler-Interaktionund der Sozialformen, zur Fehleranalyse, zum Fer-tigkeitsstraining und zum Stundenaufbau – um nureinige Beispiele zu erwähnen.

Die Unterrichtsdokumentationen liegen allenGoethe-Instituten vor und können dort ausgeliehenwerden.

Ähnliche Projekte werden z. Zt. auch in anderenLändern realisiert, so im Rahmen eines Weltbank-Projektes an der Eötvös Loránd Universität in Buda-pest.

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Die Lehrerausbildung in denNiederlanden

Die Lehrerausbildung für Lehrkräfte der Sekun-darstufe I an der Utrechter Hochschule hat sichseit1990 grundlegend geändert. Seit diesem Jahrwerden die Studierenden nicht mehr für zweiFächer, sondern nur noch für ein Fach ausgebil-det. Ausgangspunkt für diesen bei einemschlechten Arbeitsmarkt doch recht ungewöhn-lichen Beschluß war die Überlegung, daß derLehrerberuf in den letzten Jahrzehnten sehranspruchsvoll geworden ist. Zu der starken Auf-gabenbelastung (28 Wochenstunden mit manch-mal mehr als den zugelassenen 32 Schülern inder Klasse) kommen technische Entwicklungenwie zum Beispiel computergestützter Unterrichtund neue pädagogisch-didaktische Anforderun-gen wie die Präsenz von Schülerinnen undSchülern anderer Herkunft in den Klassen oderder aufgabengesteuerte Unterricht mit seinerneuen Lehrerrolle. Die Beschränkung auf einFach soll Vertiefung gewährleisten, die Breite willman erreichen, indem Studierende sowohl anWahlfächern anderer Fakultäten unserer Hoch-schule wie auch an fachübergreifenden Kursenteilnehmen. Unsere Fakultät unterstützt dieseEntwicklung durch den Aufbau von Netzwerkenmit anderen Hochschulen und Universitäten inEuropa, um sowohl Studierenden- wie Dozenten-mobilität zu fördern.

Aber auch an niederländischen Schulenhaben sich tiefgreifende Veränderungen vollzo-

gen. Seit 1993 gibt es die BAVO (basisvorming,am besten vielleicht übersetzt mit Orientie-rungsstufe). In der BAVO sind sogenannte Kern-ziele festgelegt, die für alle Schüler von 12 bishöchstens 16 Jahren an allen Schularten der Nie-derlande gelten. Diese Kernziele wurden für alleFächer festgeschrieben. Für die modernenFremdsprachen wurden vier Lernbereiche for-muliert. Einer davon, der dritte, ist die soziokul-turelle Kompetenz. Das Kernziel dafür lautet:

Die Schüler haben Einblick in den besonderenCharakter der Lebenswelt, in der die Fremdspra-che als Muttersprache gesprochen wird, und siehaben Kulturäußerungen kennengelernt, die fürdas betreffende Sprachgebiet spezifisch sind.

Wenn wir unsere Studierenden auf die Anfor-derungen der BAVO vorbereiten wollen, machtallein schon dieses Kernziel einen Auslandsauf-enthalt während des Studiums zwingend not-wendig.

PflichtfachAuslandsaufenthalt

Um die für Spracherwerb, soziokulturelle Kom-petenz und Selbständigkeit bzw. Urteilsfähigkeitder Studierenden so wichtigen Auslandsaufent-halte gewährleisten zu können, wurden sie insStudienangebot eines jeden Jahres als „Pflicht-fach“ integriert. Die Nähe zur deutsch-niederlän-dischen Grenze spielte bei dieser Entscheidungnatürlich eine wichtige Rolle.

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Ein Auslandsaufenthalt während des Studiums - ein Muß? Zumindest ein Desideratin vielen Ländern! – Wie man den Auslandsaufenthalt in grenznahen Bereichen inden regulären Studienplan integrieren kann, zeigt der folgende Beitrag.

Angela Pfaff, Utrecht

Internationalisierung:Auslandsaufenthalte in derDeutschlehrerausbildungEin Bericht von einer niederländischen Hochschule

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Das erste Studienjahr

MONSCHAUDie Studierenden des ersten Studienjahres fahrennach einer kurzen Vorbereitungsphase (siehedazu den Abschnitt „Organisation“, weiterunten) an einem Adventswochenende im Dezem-ber nach Monschau in der Eifel. Sie wohnen ineiner romantischen Jugendherberge, einer mit-telalterlichen Burg, und unternehmen von hieraus Ausflüge nach Aachen, zum Aachener Domund auf den Weihnachtsmarkt. Oberstes Ziel die-ses Wochenendes ist gegenseitiges Kennenler-nen: nach den ersten drei Studienmonaten, indenen so viel Neues über die jungen Menschenhereingebrochen ist, soll jetzt Zeit sein für Aus-tausch, private Gespräche, Reflexion – und natür-lich Weihnachtsgeschenke kaufen, damit Familieund Freunde auch was vom Studium haben!Nebenbei wird deutsche Geschichte sichtbar:Kaiser Karl, Barbarossa, das Dreiländereck, dieSiegfried-Linie. Der Kontakt mit der Fremdspra-che Deutsch bleibt meist auf die Jugendherbergeund die Vorbereitung (Busverbindungen erfra-gen, Restaurant reservieren) beschränkt. DaStudierende in den Niederlanden kostenlosreisen dürfen und Monschau nur 25 km hinterder Grenze liegt, kostet dieser Ausflug nur ca.60,– DM (Weihnachtsgeschenke und Glühweinnicht mitgerechnet).

TRIERMit dem Besuch in Trier im Mai wird das Eifel-Programm fortgesetzt. Neben privaten rückennun auch berufliche Interessen stärker ins Blick-feld. Der Fachbereich Deutsch als Fremdspracheder Universität Trier ist Partner in einem Eras-mus-Programm für Studierenden- und Dozenten-mobilität. Jetzt können erste Kontakte mit deut-schen Studierenden des Faches Deutsch alsFremdsprache geknüpft werden. Es wird auchgezielt an landeskundlichen Aspekten gearbeitet:dazu gehört ein Abstecher zum Haus derGeschichte in Bonn, zur französischen Grenze,Entdeckung der römischen Geschichte, die ja inund um Trier sehr greifbar wird, Entdeckung derKirchengeschichte und andere aktuelle Themen,die von den Studierenden selbst eingebrachtwerden können. Auch hier ist die Vorbereitung(Bus mieten, Karten reservieren, Hotel reservie-ren, Informationen einholen) in den Händen derStudierenden: für die Dozenten und Dozentinneneine Arbeitserleichterung, für die Studierendenoft eine Mutprobe und ein Test ihrer kommuni-kativen Sprachfertigkeiten. Die Reisekosten(300,–DM) werden von der Hochschule zu 50%subventioniert.

Das zweite Studienjahr

FRANKFURTER BUCHMESSEKurz und bündig ist der Auslandsaufenthalt imzweiten Jahr: Mit dem Bus nach Frankfurt, Be-such der Frankfurter Buchmesse, Übernachtungin einer Jugendherberge, und schnell wiedernach Holland. Ihredeutsche Gesprächs-fertigkeit üben dieStudierenden an denBücherständen. Im all-gemeinen zeigen sie da-bei eine gewisse Vorlie-be für Bücher, die sichauch fürs Studium ge-brauchen lassen: Fo-tobücher, Landeskun-de, Geschichte, Studien-bücher Deutsch alsFremdsprache. Die hiererworbenen Kenntnis-se über Verlage, Buchhandlungen und Messendürften ihnen in ihrem späteren Beruf von Nut-zen sein.

Das dritte Studienjahr

SONNENBERG IM OBERHARZIm dritten Studienjahr steht ein zehntägiger Auf-enthalt im Internationalen Haus Sonnenberg an.Dies ist gewissermaßen das Herzstück unseresAuslandsprogramms. Da der deutsche Staat denAufenthalt in dieser Tagungsstätte subventio-niert, wenn mindestens zwei gleich große Grup-pen unterschiedlicher Nationalität daran teil-nehmen, ist diese Tagung für unsere Studieren-den erschwinglich. Und da das Ganze immer imziemlich schneesicheren Februar stattfindet,sind die Ski- und Langlaufmöglichkeiten ein extraAnreiz.

THEMEN:Die Thematik der Tagung wechselt ständig undreicht von „Jugendliteratur“ oder „Medien imUnterricht“ über „Rechtsradikale Jugendliche“bis „Umweltschutz“. Auch die Partnerhochschu-le oder -universität wechselt (leider) häufig,obwohl hier ein fester Partner angestrebt wird.Die Tagungsleitung ist in den Händen von dreiLeuten: dem Leiter der niederländischen Part-nergruppe, dem Leiter der deutschen Partner-gruppe und dem Betreuer „vor Ort“, den derInternationale Arbeitskreis Sonnenberg stellt.

DIE TAGUNG:In der Vorbereitungsphase wird in Kleingruppenvon höchstens vier Studierenden gearbeitet,wobei Aspekte des Tagungsthemas diskutiert

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Sollten Sie an einer Sonnenberg-Tagungmit einer niederländischen Hochschuleinteressiert sein, können Sie sich direkt andie Autorin wenden oder an denInternationalen Arbeitskreis Sonnenberg(Postfach 2654, D-38016 Braunschweig,Tel. 0531-49242). Auch FREMDSPRACHEDEUTSCH bietet sich gerne als Forum an,Austauschpartner zu finden, indem wirIhren Wunsch in der nächsten Nummerveröffentlichen.

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und für die Tagung als Beitrag aufbereitet wer-den. Daneben informieren die Studierenden sichüber die Ziele des Internationalen ArbeitskreisesSonnenberg und erweitern ihr landeskundlichesWissen in bezug auf den Harz. Die Studierendenbefinden sich ständig in einer Doppelrolle: siesind Lernende und Lehrende zugleich, da sie ihrgerade eben erst selbständig erworbenes Wissenauch didaktisieren und anderen präsentierenmüssen unter dem Motto: Studierende unter-richten Studierende.

Während der Tagung wird hart gearbeitet.Obwohl die Nachmittage frei sind und nur dieVormittage und Abende für Arbeitssitzungen ver-plant werden, empfinden unsere Studierendenden Aufenthalt als sehr fruchtbar, aber auchimmens anstrengend. Das liegt sicher auch dar-an, daß sie durch die internationale Gruppenzu-sammenstellung fast den ganzen Tag in derFremdsprache reden müssen und in ganz engem„Hautkontakt“ mit der anderen Kultur leben. Diejeweiligen Arbeitssitzungen werden in multina-tionalen Kleingruppen vorbereitet, wobei auchdie zuhause ausgearbeiteten Beiträge mit ein-fließen. Zusätzlich werden Sachverständige zuden jeweiligen Themen eingeladen, die durchVorträge die Weiterarbeit in den Kleingruppenanregen sollen. Alle Arten von Medien stehen aufdem Sonnenberg zur Verfügung und werden vonden Studierenden auch für ihre Präsentationeneingesetzt.

ZIELE:Für ihre zukünftige Berufspraxis ist es für die Stu-dierenden wichtig, daß sie mit aktuellen Themenkonfrontiert werden, einen eigenen Standpunktentwickeln können und lernen, mit anderenTagungsteilnehmern, die eine andere Sprachesprechen und einer anderen Kultur und Lebens-welt angehören, zusammenzuarbeiten. Die Ziele,die für die Sonnenberg-Tagung formuliert wur-den, lauten:� Die Studierenden sind fähig und bereit, in den

verschiedensten Kommunikationssituationenihre Meinung zu den anstehenden Themen zuäußern und zu begründen.

� Die Studierenden sind fähig und bereit, mitTagungsteilnehmern anderer Nationalität(meist deutscher) zusammenzuarbeiten, umauf diesem Wege ihr Wissen, ihr Können undihre Erfahrung im sozialen, sprachlichen, lan-deskundlichen usw. Bereich zu vertiefen.

� Relevanz für die Schulpraxis ergibt sich ausden angesetzten Themen, aus Zusammenar-beit mit anderen Tagungsteilnehmern, sowieaus dem hauseigenen Tagesablauf im Interna-tionalen Haus Sonnenberg.

Daß diese Ziele erreicht werden, zeigen nichtnur die Evaluationsgespräche am Tagungsende;die niederländischen Dozenten haben darüberhinaus das Gefühl, ihre Studenten und Studen-tinnen würden in dieser langen Woche ganzplötzlich reifer und erwachsener. Viele Studie-

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„Ichwußte gar nicht, daßich schon so gut Deutschkonnte. Verstehen konnte ichfast alles, und sprechen gingmit Händen und Füßen vielbesser, als ich dachte.“

„Ich fahre sowieso

gerne ins Ausland: eine

andere Welt sehen, eine

andere Kultur. Daß es Geld

kostet, finde ich nicht so

schlimm.“

„Unser

Sonnenberg-Thema

war Umwelt. Die Deutschen

wußten viel mehr und waren

auch viel strenger.“

„Diewohnen ganzanders als wir.“

„Am schönsten

war der Theater-

besuch: So zwischen

lauter Deutschen sitzen

und über deutschen

Humor lachen.“

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rende berichten im Rückblick, daß der Sonnen-berg für sie ein Wendepunkt war: der bewußtere,gezieltere Umgang mit dem Studium, die Argu-mente und Meinungen, die sie entwickeln, ableh-nen oder annehmen mußten, die andere Kultur,die sie kennen und besser verstehen gelernthaben. Internationalisierung im wahrsten Sinnedes Wortes.

Das vierte Studienjahr

Im vierten Studienjahr wird die Reihe der Aus-landsaufenthalte mit einem Semester an einerdeutschen Universität oder Hochschule abge-schlossen. Die Studierenden üben so ihreSprachfertigkeit in einer längeren Periode aufAbschlußniveau – der abschließende Test desSprachfertigkeitsprogramms an der Hochschulein Utrecht wird deshalb erst nach Beendigungdes Aufenthalts abgenommen. Außerdem ver-bessern die Studierenden ihre landeskundlichenKenntnisse, zumal sie nicht mehr zusammen miteiner muttersprachlichen Gruppe reisen, son-dern für die Zeit ihres Aufenthalts auf sich selbstund ihre deutschen Bekannten und Freundeangewiesen sind. Und schließlich lernen sie auseigener Anschauung Ausbildung und Fachinhaltean einer deutschen Hochschule oder Universitätkennen.

OrganisationAbgesehen vom Programm des vierten Studien-jahrs, das naturgemäß anderen Bedingungenunterliegt, werden alle Auslandsaufenthalte nachdem gleichen Muster gestaltet:� Es gibt eine Vorbereitungsphase, in der die

Studierenden in Kleingruppen zur jeweiligenStadt/zum jeweiligen Thema ihr eigenesUnterrichtsmaterial entwickeln. Das kann inPräsentationen, Referaten oder einem Readergeschehen. Die Doppelrolle des Lehrendenund Lernenden ist auch ein Vorgriff auf denspäteren Beruf.

� Zur Vorbereitung gehört auch die Logistik,ebenfalls eine Aufgabe der Studierenden: Aus-kundschaften der besten Zugverbindung, desbilligsten Verkehrsmittels, Reservierung einerJugendherberge oder eines Hotels, Eintritts-karten, Reiseversicherung für Gruppen usw.Im Klassenzimmer gelernte Sprache mußkommunikativ und frei angewendet werden:neben dem ersten Schrecken („Die nuschelnja alle“) führt das auch zu einem erhöhtenSelbstvertrauen ( „Ich war so stolz, daß ich soviele Komplimente für mein gutes Deutschbekam“). Natürlich müssen die Dozenten mitAdressen und Tips im Hintergrund bereitste-

hen, in vielen Fällen werden sie jedoch über-haupt nicht beansprucht.

� Aus der Vorbereitungsphase ergibt sich vonselbst, daß das Programm des Aufenthaltsvon den Studierenden weitgehend selbstgestaltet wird. Hinzu kommen „Pflichtnum-mern“, die entweder von den betreuendenDozent/inn/en oder von eventuellen Gastge-bern eingebracht werden. Die Dozent/inn/ensind somit eher gleichberechtigte Reiseteil-nehmer zwischen den Studierenden undhaben nur begrenzt eine führende Rolle. Aller-dings werden sie stärker mit sozialen Aspek-ten und Gruppenprozessen konfrontiert – aberdas ist wohl auf jeder „Klassenfahrt“ ähnlich.

AdressenEs gibt eigentlich nur zwei Schwierigkeiten beiunserem Auslandsprogramm: Austauschpartnerund Geld. Was die Partner betrifft, kann es erfah-rungsgemäß recht schwer sein, eine Gruppe zufinden, die im Hinblick auf Alter und Niveau ähn-lich zusammengestellt ist und auch noch in der-selben Zeitspanne zur Verfügung steht. Hinder-nisse sind da Ferien, Semesterbeginn, Testwo-chen usw. Oft hängen Kontakte mit solchenGruppen von den Initiativen einzelner Dozent/-inn/en ab. Durch Krankheiten, Entlassungenoder Änderungen in der Hochschulpolitik könnensolche Kontakte empfindlich gestört werden.Allerdings lernt man auch immer wieder neuepotentielle Partner auf internationalen Studien-tagen, Kongressen oder über private Kontaktekennen. Adressen in den Niederlanden bekommtman am besten über eine Anzeige in der nieder-ländischen Fachzeitschrift für Sprachlehrer„Levende Talen“.

KostenDas Geldproblem ist der Grund dafür, daß zweiunserer Auslandsaufenthalte nur sehr kurz sind:mehr Ausgaben können wir unseren Studieren-den nicht zumuten. Wer sich für solche Studien-reisen interessiert, findet jedoch interessanteFinanzierungsmöglichkeiten bei den Erasmus-Programmen, die ab 1996 Sokrates-Programmeheißen und jeweils von den Hochschulen inBrüssel beantragt werden müssen (Bedingungist die Zusammenarbeit mit einer ausländischenHochschule). Auch andere europäische Aus-tauschprogramme (z.B. über das Bureau Linguain Brüssel) subventionieren Austausch- oderZusammenarbeitsprojekte. Sonnenberg-Tagun-gen allerdings sind relativ billig, da sie subven-tioniert werden.

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Literaturverzeichnis:Eine Auswahl zum Thema „Auslands-

aufenthalte für Studierende“:Apeltauer, Ernst: Aus Erfahrung ler-

nen. Exkursionen und Aus-landspraktika im Bereich DaZund DaF. Schneider Hohen-gehren: Baltmansweiler 1994.

Büll, Ricarda: Deux livres allemands,deux livres francais. Sur sta-ges et rapports de stages. In:NOUVEAUX CAHIERS D’ALLE-MAND, Heft 3. Nancy 1991.

Fandrych, Christian: Grenzüber-schreitung auf Probe. In: Jahr-buch Deutsch als Fremdspra-che Bd.19 iudicium: München1993, 287-327.

Jansen, Lutsen B.: Bekend en onbe-mind. Het beeld van Duitslanden Duitsers onder jongerenvan vijftien tot negentien jaar.Clingendael: Den Haag 1993.

Koldijk, Dick (Hrsg.): InterkulturellesLernen. Aspekte zur Förde-rung der soziokulturellenKompetenz. InternationalerArbeitskreis Sonnenberg: BadHarzburg 1993.

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1. Veröffentlichungenzum ForschungsstandNach der Diskussion in den70er Jahren (vgl. die Litera-turangaben im Beitrag vonBernd Kast in diesem Heft)nimmt erst in jüngster Zeitdas Forschungsinteresse anFragen der Lehrerausbildungwieder zu:

Karl-Richard Bausch/ Her-bert Christ/ Hans-Jürgen-Krumm (Hrsg): Die Ausbil-dung von Fremdsprachen-lehrern: Gegenstand derForschung (= Manuskriptezur SprachlehrforschungBd. 33). Brockmeyer:Bochum 1990, 2. Aufl. 1992.

Francizek Grucza/ Hans-Jür-gen Krumm/ BarbaraGrucza: Beiträge zur wis-senschaftlichen Fundie-rung der Ausbildung vonFremdsprachenlehrern.Universität Warschau: War-schau 1993.

Herbert Christ: Der Fremd-sprachenlehrer in der Wei-terbildung (= GiessenerBeiträge zur Fremdspra-chendidaktik). Narr: Tübin-gen 1990.

Eine empirische Studie zurAusbildungsrealität und zuAusbildungsprofilen vonFremdsprachenlehrern inder Bundesrepublik.

Antony J. Peck: LanguageTeachers at Work. PrenticeHall: New York/London1988.

Empirische Untersuchungüber das Methodenreper-toire von Lehrern in Groß-britannien.

Dietmar Rösler: Deutsch alsFremdsprache (SammlungMetzler Bd. 280). Metzler:Stuttgart/Weimar 1994.

Dieser Band gibt eine kom-pakte Einführung in den For-schungsstand im Bereichdes Deutschen als Fremd-

sprache. Er erlaubt, sichrasch über aktuelle Erkennt-nisse und Kontroversen zuinformieren und erschließtdie Fachliteratur. Insofernist das Buch für die Handdes Lehrenden sowie alszusammenfassende Über-sicht für fortgeschritteneStudierende geeignet. Dieeinzelnen Kapitel sind leidersehr unausgewogen (z. B.Hören/Sprechen/Schreiben3 1/2 Seiten, Lesen 6 Seiten).Der Dokumentationsteil ent-hält leider zahlreiche Fehlerund Ungenauigkeiten.

2. ErfahrungsberichteDie hier genannten Titel fas-sen konkrete Erfahrungenaus verschiedenen Ländernzusammen und enthaltenauch direkt anwendbare Vor-schläge insbesondere für denmethodisch-didaktischen Teilder Ausbildung.

AUPELF/The British Coun-cil/Goethe-Institut: Aus- undFortbildung von Fremd-sprachenlehrern: Proble-me und Modellvorschläge(= Triangle No. 6). Didier:Paris 1987.

Goethe-Institut/The BritishCouncil/ENS-CREDIF: Dieeuropäische Dimension inder Aus- und Fortbildung

von Fremdsprachenleh-rern: neue Ansätze (= Tri-angle No. 12). Didier: Paris1994.

Gerhard Neuner (Hrsg):Regionale und regionen-übergreifende Perspekti-ven der DaF-Lehrerausbil-dung (= Kasseler Werkstatt-berichte zur Didaktik‘Deutsch als Zweit- undFremdsprache’ Heft 2). Uni-versität/GesamthochschuleKassel: Kassel 1993.

Enthält vor allem Erfah-rungsberichte zur Nutzungder Fernstudieneinheitendes Goethe-Instituts undder Universität Kassel imRahmen der Lehrerfortbil-dung.

Katalin Petneki/W. Schmitt/A. Szablyár (Hrsg): Curricu-lumevaluation der Deutsch-lehrerausbildung aus di-daktischer Sicht (= Budape-ster Beiträge zur Germa-nistik Bd. 25). Germanisti-sches Institut der Universi-tät/Budapest 1994.

Darstellung der Lehrerausbil-dung an der Eötvös-Loránd-Universität Budapest.

Peter Döbrich u.a. (Hrsg):Lehrerbildung für multikul-turelle Schulen in ausge-wählten Ländern (Studien

und Dokumentationen zurvergleichenden Bildungsfor-schung Bd. 22/1). Böhlau:Köln/Wien 1984.

Länderberichte zur Lehrer-bildung für den Unterrichtmit Kindern fremdsprachi-ger Minderheiten in derSchweiz, in Großbritannien,in den USA, in Frankreich,Dänemark und Deutschland.

3. Trainingsmodelleund Seminarunter-lagenAn erster Stelle sind hier dieFERNSTUDIENEINHEITENDEUTSCH ALS FREMD-SPRACHE zu nennen, dievom Goethe-Institut, derGesamthochschule Kasselund dem Deutschen Institutfür Fernstudien erarbeitetwerden. Konzipiert sind siefür die Lehrerfortbildung,doch lassen sie sich durch-aus auch als Arbeitsmateria-lien in der Ausbildung ein-setzen. Von Vorteil ist dabeidie didaktische Aufbereitung(mit Arbeitsaufgaben, Glossa-ren etc.), allerdings mußbeachtet werden, daß auf diewissenschaftliche Vertiefung(kontroverse Meinungen undunterschiedliche Problem-lösungen, Theoriebezug) viel-fach verzichtet wurde, dieseMaterialien also keineswegsdie Schaffung der wissen-schaftlichen Grundlagen fürangehende Deutschlehrer/in-nen ersetzen können.

Die im folgenden genanntenTitel sind in dieser Hinsichtdurchweg anspruchsvollerkonzipiert, enthalten aberalle auch konkrete Übungs-materialien und Beispiele.

Hilbert Meyer: Unterrichts-Methoden. I: Theorieband,II: Praxisband. Scriptor:Frankfurt 1987.

Eine hervorragende Ein-führung in die Unterrichts-planung, nicht speziell aufdie Situation des Deutsch-

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Fremdsprache Deutsch Sonderheft 1994 – Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung, ISBN 978-3-19-869183-0, © Hueber Verlag 2007

Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt.©

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unterrichts bezogen, dochlassen sich die pädagogi-schen Konzepte gut auf denDeutschunterricht anwen-den.

Heinz Klippert: Methoden-Training. Übungsbausteinefür den Unterricht. Beltz:Weinheim/Basel 1994, 3. Aufl. 1995.

Ein Trainingsprogramm, mitdem Schüler (in den ver-schiedensten Fächern)‘methodenmündig’ werdensollen – d.h. es geht darum,den Lernenden Strategiender Informationsbeschaf-fung und -verarbeitung, derArbeits- und Lernpla-nung an die Hand zugeben. Diese Lernstra-tegien sind übersicht-lich zusammengefaßt,durch ausgearbeiteteArbeitsblätter illustriert. Inder methodischen Ausbil-dung angehender Deutsch-lehrer/innen erfüllt diesesProgramm eine doppelteFunktion, es verhilft denStudierenden zu Studien-techniken in der Fremdspra-che und wird dadurchzugleich zum methodischenInstrumentarium für ihrenkünftigen Unterricht.

Michael J. Wallace: TrainingForeign Language Teachers.A Reflective Approach.Cambridge UniversityPress: Cambridge 1991.

Gert Henrici/Claudia Riemer(Hrsg): Einführung in dieDidaktik des UnterrichtsDeutsch als Fremdsprachemit Videobeispielen.2 Bände. Schneider Ver-lag Hohengehren: Balt-mannsweiler 1994.

Die für die methodisch-didaktische Ausbildungwichtigen Themen wer-den in einzelnen Kapi-teln verschiedenerAutoren erarbeitet,wobei Aufgabenstellun-

gen und weiterführendeLiteraturhinweise die selb-ständige Arbeit erleichtern.Die beiden Bände eignensich gut als Arbeitsbuch imMethodik-Seminar. Aller-dings sind die einzelnenKapitel von unterschiedli-cher Qualität (vgl. dieBesprechung in FREMD-SPRACHE DEUTSCH Heft 12,1995, S. 62).

HANS-JÜRGEN KRUMM

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Fremdsprache Deutsch Sonderheft 1994 – Neue Wege in der Deutschlehrerausbildung, ISBN 978-3-19-869183-0, © Hueber Verlag 2007

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Page 72: Fremdsprache · PDF fileFremdsprache Deutsch Sondernummer 1994 it dem vorliegenden Heft wenden wir uns an alle in der Leh-reraus- und -fortbildung tätigen Kolleginnen und Kollegen,

Fremdsprache Deutsch Sondernummer 1994

Dr. Camilla Badstübner-KizikKollegium Ksztalcenia Nauczycieli Jez. ObcychUniwersytet Gdanskiul. Chodiswiecza 14PL - 80-506 GdanskPOLENDozentin am Deutschlehrerkolleg der Universität Warschau.

Dr. Christiane GüntherGoethe-Institut KrakauRynek Glówny 20PL-31-008 KrakówPOLENLeiterin der Pädagogischen Verbindungsarbeit am Goethe-InstitutKrakau.

Dr. Erzsébet HajduEötvös-Loránd-UniversitätInstitut für GermanistikAjtósi Dürer sor 19-21H-1146 BudapestUNGARNLehrstuhlleiterin des Bereichs Sprachpraxis am GermanistischenInstitut der ELTE.

Dr. Bernd KastGoethe-InstitutHelene-Weber-Allee 1D-80637 MünchenDEUTSCHLANDIm Goethe-Institut für Projekte der methodisch-didaktischen Grund-lagenarbeit und Materialentwicklung zuständig.

Dr. Nikky Keilholz-RühleGoethe-InstitutMasarykovo nábrezi 32CS-11121 Praha 1TSCHECHOSLOWAKISCHE REPUBLIKLeiterin der Pädagogischen Verbindungsarbeit am Goethe-InstitutPrag.

Prof. Dr. Hans-Jürgen KrummUniversität WienInstitut für Germanistik/Deutsch als FremdspracheDr. Karl-Lueger-Ring 1A-1010 WienÖSTERREICHProfessor für Deutsch als Fremdsprache. Arbeitsgebiete: Aus- undFortbildung von Fremdsprachenlehrern, Lehrverhalten, DidaktischeGrammatik, Lehrwerkanalyse.

Edith MorvaiEötvös-Loránd-UniversitätInstitut für GermanistikAjtósi Dürer sor 19-21H-1146 BudapestUNGARNMitarbeiterin im Bereich Sprachdidaktik des Germanistischen Insti-tuts der ELTE.

Prof. Dr. Gerhard NeunerUniversität Fachbereich 9Germanistik/Deutsch als FremdspracheGeorg-Forster-Str. 3D-34109 KasselDEUTSCHLANDProfessor für Deutsch als Fremdsprache an der GesamthochschuleKassel. Arbeitsgebiete: Curriculumentwicklung, Lehrwerkentwick-lung, Methodik des Deutschen als Fremdsprache, Lehrerfortbildung.

Dr. Magdolna OroszEötvös-Loránd-UniversitätInstitut für GermanistikAjtósi Dürer sor 19-21H-1146 BudapestUNGARNWissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Deutschsprachige Lite-raturen des Germanistischen Instituts der ELTE.

Prof. Dr. Jürgen H. OttInstitut für deutsche Sprache und LiteraturUniversität Strasbourg II22, rue René DescartesF - 67084 Strasbourg CedexFRANKREICHProfessor für deutsche Sprache an der Universität Strasbourg.

Katalin PetnekiEötvös-Loránd-UniversitätInstitut für GermanistikAjtósi Dürer sor 19-21H-1146 BudapestUNGARNWissenschaftliche Mitarbeiterin des Bereichs Sprachdidaktik am Ger-manistischen Institut der ELTE.

Angela PfaffHogeschool van UtrechtFachgruppe DeutschPostbus 14007NL-3508 SB UtrechtDozentin für Lehreraus- und -fortbildung.

Prof. Dr. Halina StasiakKollegium Ksztalcenia Nauczycieli Jez. ObcychUniwersytet Gdanskiul. Chodiswiecza 14PL - 80-506 GdanskPOLENLeiterin des Fremdsprachenlehrerkollegs der Universität Danzig.

Anna Zalán-SzablyárEötvös-Loránd-UniversitätInstitut für GermanistikAjtósi Dürer sor 19-21H-1146 BudapestUNGARNLehrstuhlleiterin des Bereichs Sprachdidaktik am GermanistischenInstitut der ELTE.

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Page 73: Fremdsprache · PDF fileFremdsprache Deutsch Sondernummer 1994 it dem vorliegenden Heft wenden wir uns an alle in der Leh-reraus- und -fortbildung tätigen Kolleginnen und Kollegen,

ULAN BATOR. Anfang März1995 erhielt der bisher formloseZusammenschluß mongoli-scher Deutschlehrer undDeutschlehrerinnen an Schulenund Hochschulen seine offiziel-le Anerkennung als eingetra-gener Verein.

Wie in vielen anderen Län-dern auch ist der Deutschunter-richt in der Mongolei fest inFrauenhand, so daß es nur fol-gerichtig ist, daß auch eine Frauzur Präsidentin gewählt wurde.

Der Verein mit 17 Grün-dungsmitgliedern hat sich zumZiel gesetzt, die Zusammenar-

beit unter den mongolischenDeutschlehrern und -lehrerin-nen an Schule und Hochschulezu fördern und über die Landes-grenzen hinaus Kontakte mitDeutschlehrern, Deutschlehrer-verbänden und Institutionen,die sich mit Deutsch als Fremd-sprache in Unterricht und For-schung beschäftigen, herzustel-len. Am 8. Juli 1995 wurde derVerband in den InternationalenDeutschlehrerverband (IDV)aufgenommen.

Der Verein hat vom 8.–11.Juni 1995 an der „Internationa-len Arbeitstagung Deutsch als

Fremdsprache an Schule undHochschule in Zentralasien“,die in Zusammenarbeit vonDAAD, Fachberatung Deutschals Fremdsprache und demMongolischen Bildungsministe-rium in Ulan Bator durchgeführtwurde, erfolgreich teilgenom-men.

Die Mitglieder des Verban-des freuen sich auf Kontaktauf-nahme über ihre Präsidentin,Frau Ojunzezeg, unter der Ver-einsadresse:

Mongolischer Deutschlehrer-verband e.V., P.O. Box 338,210613 Ulan Bator/Mongolei.

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Mongolischer Deutschlehrerverband gegründetInternationale Zusammenarbeit angestrebt

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