2008 XX Tiroler Schützenzeitung Sondernummer 2008

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Bozen, Innsbruck, Weyarn, Kronmetz im April 2008 Mitteilungsblatt der Schützen der Alpenregion 50 Jahre Südtiroler Schützenbund Am . März des Jahres 1958 wurde in Bozen der Südtiroler Schützenbund gegründet. Zum Jubiläum findet am kommenden Samstag, 6. April, in Bozen ein Festakt statt. Verschiedene Schützenkompanien werden an diesem Tag im Rahmen eines Exerzier- wettbewerbs durch die Stadt Bozen marschieren und ihr Bild prägen (siehe dazu das detaillierte Programm und eigene Berichte). Das Jubiläum ist ein Anlass, in dieser Sondernummer der Schützenzeitung auf die Ge- schichte und das Selbstverständnis der Schützen im südlichen Tirol und insbesonde- re auf die letzten 50 Jahre zu blicken. Viele Menschen in Stadt und Land haben das Schützenwesen in jahrzehntelanger Kleinarbeit aufgebaut, mitgewirkt und nicht nur in Summe so manches erreicht. Die Gründungsväter haben es sich bestimmt nicht er- träumt, wie prächtig ihre Saat aufgehen und zu welch wichtiger Institution der Südti- roler Schützenbund heranwachsen sollte. Daher wird in den folgenden Seiten auch auf die Entstehungsgeschichte des Südtiroler Schützenbundes ausgiebig eingegangen. Sondernummer 32. Jahrgang Versand im Postabonnement Art. , Abs. 0c Ges. 66/96 Fil. Bozen 26. April 2008 Bozen - Waltherplatz Die Schützen in der Kritik Die Schützen stehen in Süd-Tirol ganz besonders im Lichte der Öf- fentlichkeit. Sie werden nicht immer nur geschätzt, sondern von manchen Seiten auch angefeindet. Sofern dies von italienischer Seite geschieht, mag es nicht weiter verwundern. Es gibt in Süd-Tirol noch genug itali- enische Nationalisten, denen es ein Dorn im Auge ist, dass sich die Tiro- ler südlich des Brenners noch immer nicht haben assimilieren lassen. Sie wissen auch, dass die Schützen mit ihrem Festhalten an tirolerischen Traditionen und mit ihrem entschie- denen Eintreten für ein geeintes Ti- rol wohl das größte Hindernis für die „Endlösung“ der Süd-Tirolfrage im Sinne der Nationalisten sind. Kritik kommt aber auch aus den Rei- hen der eigenen Tiroler Landsleute, und mit dieser Kritik muss man sich doch etwas näher auseinanderset- zen. Die Schützen seien zu konser- vativ, heißt es da unter anderem. Es stimmt, dass die Schützen konser- vativ sind, weil sie Traditionen und überlieferte Werte bewahren wol- len. Dies schließt aber keineswegs die Aufgeschlossenheit für Neues www.schuetzen.com Im Internet unter weiter auf Seite 2

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2008 XX Tiroler Schützenzeitung - Informationen aus Tirol - Süd-Tirol, Nord-Tirol und Ost-Tirol über das Tiroler Schützenwesen.

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Bozen, Innsbruck, Weyarn, Kronmetz im April 2008

Mitteilungsblatt der Schützen der Alpenregion

Bozen, Innsbruck, Weyarn, Kronmetz im April 2008

Mitteilungsblatt der Schützen der Alpenregion

50 Jahre Südtiroler SchützenbundAm �. März des Jahres 1958 wurde in Bozen der Südtiroler Schützenbund gegründet. Zum Jubiläum findet am kommenden Samstag, �6. April, in Bozen ein Festakt statt. Verschiedene Schützenkompanien werden an diesem Tag im Rahmen eines Exerzier-wettbewerbs durch die Stadt Bozen marschieren und ihr Bild prägen (siehe dazu das detaillierte Programm und eigene Berichte).

Das Jubiläum ist ein Anlass, in dieser Sondernummer der Schützenzeitung auf die Ge-schichte und das Selbstverständnis der Schützen im südlichen Tirol und insbesonde-re auf die letzten 50 Jahre zu blicken. Viele Menschen in Stadt und Land haben das Schützenwesen in jahrzehntelanger Kleinarbeit aufgebaut, mitgewirkt und nicht nur in Summe so manches erreicht. Die Gründungsväter haben es sich bestimmt nicht er-träumt, wie prächtig ihre Saat aufgehen und zu welch wichtiger Institution der Südti-roler Schützenbund heranwachsen sollte. Daher wird in den folgenden Seiten auch auf die Entstehungsgeschichte des Südtiroler Schützenbundes ausgiebig eingegangen.

Sondernummer 32. Jahrgang

Versand im Postabonnement Art. �, Abs. �0c Ges. 66�/96 Fil. Bozen

26. April 2008Bozen - Waltherplatz

Die Schützen in der KritikDie Schützen stehen in Süd-Tirol ganz besonders im Lichte der Öf-fentlichkeit. Sie werden nicht immer nur geschätzt, sondern von manchen Seiten auch angefeindet. Sofern dies von italienischer Seite geschieht, mag es nicht weiter verwundern. Es gibt in Süd-Tirol noch genug itali-enische Nationalisten, denen es ein Dorn im Auge ist, dass sich die Tiro-ler südlich des Brenners noch immer nicht haben assimilieren lassen. Sie wissen auch, dass die Schützen mit ihrem Festhalten an tirolerischen Traditionen und mit ihrem entschie-denen Eintreten für ein geeintes Ti-rol wohl das größte Hindernis für die „Endlösung“ der Süd-Tirolfrage im Sinne der Nationalisten sind. Kritik kommt aber auch aus den Rei-hen der eigenen Tiroler Landsleute, und mit dieser Kritik muss man sich doch etwas näher auseinanderset-zen. Die Schützen seien zu konser-vativ, heißt es da unter anderem. Es stimmt, dass die Schützen konser-vativ sind, weil sie Traditionen und überlieferte Werte bewahren wol-len. Dies schließt aber keineswegs die Aufgeschlossenheit für Neues

www.schuetzen.comIm Internet unter

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aus. So setzen sich die Schützen z. B. schon seit langem für die Er-haltung der Umwelt ein, und sozi-ales Denken und Solidarität gehö-ren seit jeher zu ihren Werten. Altes mit Neuem zu verbinden, ist sicher eine der großen Stärken dieser ge-nerationenübergreifenden Vereini-gung. Der Zustrom vor allem junger Mitglieder in jüngster Zeit beweist, dass auch viele Jugendliche erkannt haben, wie wichtig es ist, überliefer-te Werte zu pflegen und mit neuem Schwung zu erfüllen.

Die Schützen seien zu weit rechts, hört man auch immer wieder. Nichts ist falscher als das. Gerade die Schüt-zen sind sich bewusst, welche ver-heerenden Folgen Faschismus und Nationalsozialismus für die ganze Welt, besonders auch für das süd-liche Tirol hatten. Sie lehnen daher alle extremistischen, autoritären Ide-ologien, seien sie rechts oder links, entschieden ab. Gerade in jüngster Zeit hat der Südtiroler Schützen-bund bewiesen, dass er sich von rechtslastigen Tendenzen eindeutig zu distanzieren weiß.

Die Aktionen der Schützen seien eine Provokation für die Italiener und würden das friedliche Zusammenle-ben stören, heißt es schließlich von Seiten mancher Gutmenschen. Mit der gleichen Argumentation könnte man den Gewerkschaften empfeh-len, des lieben Friedens willen keine Verbesserungen rechtlicher und ge-haltlicher Art zu fordern.

Wenn der Einsatz für Gerechtigkeit – und nichts anderes tun die Schüt-zen – eine Provokation sein sollte, dann muss man feststellen, dass solche „Provokationen“ höchst not-wendig sind. Friedlich zusammenle-ben kann man umso besser, je mehr Respekt gegenüber dem Nächsten, gegenüber seiner Geschichte und gegenüber seinen Rechten vorhan-den ist. Genau dafür setzen sich die Schützen ein.

Nikolaus Mayr

50 Jahre Südtiroler Schützenbund – ein Grund zum Feiern. Es waren Jahre der Freude, der Genugtuung, aber auch Jahre des zähen Ringens um den Erhalt des tirolischen Geistes in unserer Heimat.

Viele Menschen in Stadt und Land, in Berg und Tal haben das Schützenwesen seither jahrzehntelang in Kleinstarbeit aufgebaut, mitgewirkt und nicht nur in Summe so manches erreicht. Ange-fangen von der Kultur- und Denkmal-pflege in unseren Gemeinden, über die gesellschaftlichen und sozialen Beiträge bis hin zum volkstumspoli-tischen Bekenntnis haben Schützen und Marketenderinnen in den letzten 50 Jahren mit ihrem Einsatz viel be-wegt. All diesen Menschen wollen wir danken - ohne ihren Beitrag wäre unser Land heute sowohl geistig als auch kulturell um vieles ärmer.

Mit den Feierlichkeiten zu unserem Jubiläum wollen wir am �6. April auch signalisieren, dass das, was unsere Väter und Großväter gesät haben, in den vergangenen Jahren reiche Früchte getragen hat. Der Südtiroler Schützen-bund ist heute zu einer wichtigen und viel beachteten Institution im Lande herangewachsen, hat keine Nach-

wuchssorgen und ist vitaler denn je.Die Zuwächse der vergangenen Jahre sind beachtlich und zugleich der Be-weis dafür, wie gut Alt und Jung sich auch heute noch für dieselben Ziele und Ideale einsetzen können. Vieles hätte man sich vor fünfzig Jahren nicht träumen lassen. Genau dieser Umstand stimmt mich für die Zukunft optimis-tisch.

Mein größter Wunsch und der Wunsch vieler Menschen im Lande ist ein wiedervereintes Tirol, kulturell, geistig, aber auch politisch. Der Frei-heitswunsch der Slowenen, Montene-griner und Kosovaren gibt uns Auftrieb und zeigt, dass alles möglich ist – man muss nur wollen. Vor allem muss aber der politische Wille vorhanden sein. Es ist zu wenig, bei Sonntagsreden von „Selbstbestimmung“ und „Tiroler Einheit“ zu reden, wenn man dann im täglichen Leben nur halbherzig dazu steht. Die Zukunft kann nicht gutma-chen, was in der Gegenwart versäumt wurde.

In diesem Sinne: Der Freiheit entgegen!

Paul BacherLandeskommandant

Tiroler Landsleute!

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50 Jahre Südtiroler Schützenbund bedeutet natürlich nicht, dass es Schützen im süd-lichen Tirol erst seit 50 Jahren gibt. Das Tiroler Schützenwesen hat sich schon im Spätmittelalter entwickelt, als die Tiroler ihren Landesfürsten immer mehr Freiheiten abrangen. Dazu gehörten etwa die Beseitigung der Leibeigenschaft (ab 1�06!) und die Wehrfreiheit, die alle Untertanen vom Kriegsdienst außerhalb des Landes be-freite, sie aber zur Verteidigung des Landes verpflichtete. Seit 1��� saßen die Tiroler Bauern und Bürger auch schon neben dem Adel und den Prälaten im Landtag. Diese Freiheiten, von denen man in anderen Gegenden Europas für einige hundert Jahre erst noch träumte, waren natürlich keine reinen Geschenke der Landesfürsten aus lauter Liebe zu ihren Tirolern. Sie ergaben sich vielmehr aus der Notwendigkeit, Bürger und Bauern als Verbündete gegen den Adel zu gewinnen; zudem haben auch der Freiheitswille und eine gewisse Unnachgiebigkeit der Tiroler eine Rolle gespielt, die stets auf ihre Privilegien pochten und sie immer weiter auszubauen versuchten, so dass Tirol auch innerhalb der Habsburger Monarchie immer eine Sonderstellung hatte.

Kaiser Maximilian I. hat 1511 mit dem „Landlibell“, das er mit dem Landtag ausgehan-delt hatte, die Wehrfreiheit, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hatte, bestätigt und eine Verteidigungsordnung geschaffen, die in großen Zügen bis 1918 in Kraft blieb. Das Schützenwesen bewies vor allem in den napoleonischen Kriegen seine Stärke ge-gen eine gewaltige Übermacht. In Frankreich war eben erst nach der Revolution ein Volksheer gebildet worden, das dann zu Eroberungen in ganz Europa antrat, während Tirol schon seit Jahrhunderten ein Volksheer hatte, das ausschließlich seine Heimat verteidigte, mit militärischen Erfolgen, die ganz Europa verwunderten.

Trotz der letzten Endes unvermeidbaren militärischen Niederlage war 1809 ein Fanal für den Freiheitswillen in ganz Europa, der schließlich zum Sturz des Tyrannen führ-te. Die Erinnerung daran war und ist für Tirol prägend. „Tirol 1809“ wurde zum Sym-bol für Freiheitswillen und Wehrhaftigkeit. Wie stark diese Erinnerung auch nach 100 Jahren war, spürte man bei den Jubiläumsfeiern 1909. Im großen Festumzug im September 1909 in Innsbruck marschierten allein aus Südtirol über 10.000 Schützen mit. Ein letztes Mal wurde das Schützenwesen im Ersten Weltkrieg auf eine harte mi-litärische Probe gestellt. Nach der Kriegserklärung Italiens vom Pfingstsonntag 1915 hielten die Standschützen, unterstützt nur durch ganz wenig reguläres Militär und durch das bayerische Alpenkorps, den italienischen Angriff auf, bis Kaiserjäger- und Landesschützenregimenter von der Ostfront nach Tirol verlegt werden konnten.

Von den Anfängen der Schützen

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Tirol und die Schützen zerschlagen

Nach dem unglücklichen Ausgang des Ersten Weltkrieges wurde nicht nur Tirol ge-teilt, sondern auch das Schützenwesen zerschlagen. In den bei Österreich gebliebe-nen Teilen Tirols, also in Nord- und Osttirol, verloren die Schützen ihre Rolle in der Landesverteidigung und wandelten sich in Traditionsvereine um. So konnten sie die Zwischenkriegszeit und den Zweiten Weltkrieg, wenn auch mit einigen Problemen, überleben. Nach dem Krieg lebten die Schützen im Bundesland Tirol sofort wieder auf, besonders gefördert ab 19�7 von der französischen Besatzungsmacht, die auch Gewehre und Säbel erlaubte. Bereits 1950 konnte der Bund der Tiroler Schützenkom-panien gegründet werden.

Im südlichen Teil Tirols bedeutete das Ende des Ersten Weltkrieges hingegen ein vorläufiges Aus für das Schützenwesen. Die Schützen wurden verboten, die Schieß-stände enteignet, ganz gleich, ob sie den Kompanien oder den Gemeinden gehörten, die sie mit den Geldern der Bevölkerung gebaut hatten. Die Faschisten veranstalte-ten eine regelrechte Jagd auf historische Waffen, Fahnen, Trachten, Schützenschei-ben usw., die sie entweder rücksichtslos vernichteten oder in irgendwelchen Mu-seen verschwinden ließen. Nur wenige Exemplare überlebten diese Zeit. Auch viele schriftliche Aufzeichnungen, Mitgliederlisten, Urkunden, Versammlungsprotokolle usw. wurden zerstört. Option und Auswanderung bedeuteten dann einen weiteren empfindlichen Aderlass.

Die deutsche Besetzung 19�3 –19�5 wurde vom Großteil der Südtiroler Bevölkerung zunächst als Befreiung begrüßt, da sie das Ende der Unterdrückung durch das fa-schistische Italien bedeutete. Erst allmählich wurde klar, dass der Nationalsozialismus – global gesehen – sogar noch schlimmer als der Faschismus war. Das frühere, zutiefst demokratische Schützenwesen, bei dem die freie Wahl der Offiziere selbstverständ-lich war, wurde auch von den Nazis nicht geduldet. Wohl aber versuchten die Nati-onalsozialisten, Trachtenträger für ihre Zwecke einzuspannen und mit ihnen Feste zu veranstalten, wobei alles von oben diktiert wurde.

Am Ende des Ersten Weltkriegs.Österreichische Soldaten auf dem Weg in die Gefangenschaft.

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Wenig Freiheit nach „Befreiung“

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die feindselige Einstellung Italiens gegen alles Tirolerische und damit auch gegen das Schützenwesen bestehen. Auch nach der „Be-freiung“ von Faschismus und Nationalsozialismus war der faschistische Geist überall spürbar. Der Gedanke des Schützenwesens war aber lebendig geblieben und begann langsam wieder zu erstarken. Vereinzelt hatten Schützenkompanien im Geheimen überlebt oder ihre Angehörigen hatten zumindest untereinander Kontakt gehalten. Sie suchten die geretteten Trachten zusammen und begannen wieder, vor allem bei kirchlichen Festen, auszurücken. Dafür mussten sie sich meist als „Gruppo folcloristi-co“ (Trachtengruppe) anmelden.

So waren beim 150-Jahr-Jubiläum des Herz-Jesu-Bundes im Jahr 19�6 bereits wieder einige Schützenabordnungen dabei, ebenso bei der 50-Jahr-Feier des Bauernbundes 195� in Sterzing. Treibende Kraft bei dieser Wiederbelebung des Schützenwesens und bei den zaghaft einsetzenden Wiedergründungen, die offiziell immer noch als Trachtengruppen erfolgen mussten, war Georg Klotz aus Walten, der nicht nur im Passeiertal, sondern im ganzen Land wirkte. Wenn es sein musste, marschierte er auch zu Fuß bei Schneetreiben über den Jaufen in das Wipptal, um dortige Kompa-niegründungen zu betreuen. Beim Oktoberfestumzug im Jahr 1957 in München führ-te Georg Klotz einen Block Südtiroler Schützen an. Dieses erste Auftreten Südtiroler Schützen im Ausland nach dem Zweiten Weltkrieg fand in der deutschen Presse ein enormes Echo und gab damit auch dem Schützenwesen in Südtirol Auftrieb. Italien reagierte höchst verärgert, und es kam zu den üblichen Schikanen gegen einzelne Schützen.

Im Hinblick auf die bevorstehende 150-Jahr-Feier der Tiroler Erhebung von 1809 wurde gleich nach der Kundgebung von Sigmundskron (17. November 1957), bei der über 35.000 Südtiroler ihrem Wunsch nach Selbstbestimmung, „Los von Rom“ und Rückkehr zu Österreich Ausdruck gegeben hatten, die Gründung des Südtiro-ler Schützenbundes angegangen. Landeshauptmann Dr. Ing. Alois Pupp berief für den �. März 1958 die Gründungsversammlung im Südtiroler Kulturinstitut in der

Die Gründung des Südtiroler SchützenbundesDer erste Landeskommandant (1958-1961), damals noch Landesobmann des Südtiroler Schützenbundes war ein Ladiner. Alois (Vijo) Pupp (*1902 in Antermëia / San Martin de Tor; †1969 in Brixen) war in dieser Zeit (1956 – 1960) auch Landeshauptmann, später war er bis 1968 Halbzeitpräsident und Halbzeitvizepräsident des Landtages. Er war Mitglied der Trenser Schützenkompanie.

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Dr.-Streiter-Gasse in Bozen ein. Rund �00 Männer aus dem ganzen Land kamen zu-sammen, darunter auch 30 Mitglieder der zehn bereits bestehenden Schützengrup-pen in Passeier, im Eisacktal und im Wipptal. Anwesend waren auch weitere Süd-tiroler Politiker sowie die gesamte Bundesleitung der Nordtiroler Schützen. Georg Klotz erläuterte den Zweck des geplanten Südtiroler Schützenbundes. Einstimmig genehmigte die Versammlung das Statut, in dem als Zweck des Bundes die Pflege und Erhaltung des Schützenwesens, die Erhaltung und Förderung der Trachten, die Pflege des Schießwesens und die Vertretung gemeinsamer Ziele im Interesse der Heimat genannt werden. Zum ersten Landeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes wurde einstimmig Landeshauptmann Alois Pupp gewählt. Georg Klotz aus Walten wurde sein erster Stellvertreter, Josef Badstuber aus Trens zweiter. August Pardatscher aus Kaltern wurde Bundesgeschäftsführer (später Bundesmajor), Dr. Albrecht Lutz aus Bozen Bundeskassier und Dr. Norbert Mumelter aus Bozen Bundesreferent für Brauchtum und Veranstaltungen.

Schwieriger Wiederaufbau

Von den über 10.000 Schützen, die es in Südtirol vor dem Ersten Weltkrieg gegeben hatte, waren noch etwa �00 übriggeblieben. Der neu gegründete Südtiroler Schüt-zenbund setzte daher alles daran, schnell wieder möglichst viele Kompanien auf die Beine zu stellen und nach einheitlichen Richtlinien zu organisieren. Dies war auch deswegen schwierig, weil viele Trachten verloren gegangen waren und die Neuan-schaffung trotz der vom Land gewährten Beiträge ein großes finanzielles Opfer für die Schützen bedeutete. Zudem beobachteten die italienischen Behörden die Neu-gründungen sehr argwöhnisch, so dass immer mit Schikanen zu rechnen war. Trotz-dem war die Begeisterung groß, und überall im Lande regte sich der Wunsch, wieder Schützenkompanien zu gründen. Dazu muss man auch erwähnen, dass die Südti-roler damals weitgehend rechtlos waren, wie auch der Prozess gegen die Pfunderer Burschen vom Jahr 1956 gezeigt hatte, bei dem aus einem Unglücksfall ein Mord konstruiert worden war. Für Südtiroler gab es keine Staatsstellen und keine der vie-len Sozialwohnungen, die nur zur Förderung der italienischen Zuwanderung gebaut wurden. Allein in den 50er-Jahren mussten etwa �0.000 Südtiroler auswandern, weil sie im eigenen Land keine Arbeit fanden, während zugleich Tausende von Italienern zuwanderten. Diskriminierungen aller Art bei Behörden und Polizei waren an der Tagesordnung. Wer Schütze wurde, bewies damit Zivilcourage im ungleichen Kampf um Gerechtigkeit.

Dieses Bild wurde bei einer Ausrückung gleich nach der Gründung des Bundes aufgenommen. Links der spätere 2. Landeskommandantstellvertreter Jörg Pircher jun. - Hofmann

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Gedenkjahr 1959 gibt Auftrieb

Noch im Jahr 1958 konnte im September bereits in Kaltern ein Schützenfest mit über 1000 Schützen aus ganz Tirol gefeiert werden. Es folgte gleich das Gedenk-jahr 1959, das zu Jahresbeginn mit Feiern am Reichrieglerhof und beim Sandhof in Passeier eröffnet wurde und dem Schützenwesen im südlichen Tirol starken Auf-trieb gab. Bei den Bezirksfeiern im Sommer 1959 in Kaltern, Olang, Schlanders und Brixen wurde deutlich, dass das Schützenwesen im südlichen Tirol wieder lebte. An der Peter-Mayr-Feier in Brixen, einer Art Generalprobe für den großen Festumzug in Innsbruck, nahmen schon �� Kompanien mit rund 1900 Schützen und 150 Mar-ketenderinnen sowie elf Musikkapellen teil. Für den Festumzug in Innsbruck am 13. September 1959 stellte Südtirol dann 3� Fahnenabordnungen und 57 Kompanien mit �050 Schützen und 170 Marketenderinnen sowie 16 Musikkapellen. Der Eindruck in ganz Tirol und im gesamten deutschen Sprachraum war überwältigend. Italien al-lerdings sah diesen Ausdruck neu erwachten Selbstbewusstseins der Südtiroler mit großer Verärgerung und bereitete scharfe Gegenmaßnahmen vor. Mit polizeilichen Repressionsmaßnahmen sollte den Südtirolern untersagt werden, sich öffentlich als Tiroler zu zeigen.

Italien setzt auf Repression

Mit Regierungsdekreten vom 13. Dezember 1960 und vom ��. April 1961 wurde den Schützen praktisch jede Tätigkeit untersagt: Sie durften keine Fahnen, keine Rangab-zeichen und nicht einmal mehr Federn auf den Hüten tragen, und das geschlossene Ausrücken wurde nur noch ausnahmsweise mit Sondergenehmigung bei kirchlichen Veranstaltungen geduldet. Der Landtag protestierte vergeblich. Die Bundesleitung des Südtiroler Schützenbundes, in der Anfang 1961 der SVP-Kammerabgeordnete Dr. Marl Mitterdorfer Landeshauptmann Pupp als Landeskommandant abgelöst hat-te, stellte daraufhin die Tätigkeit des Bundes ein. Die Geschäftsstelle in der Gummer-gasse wurde aufgelassen, und mit Rundschreiben vom �6. Februar 196� verordnete die Bundesleitung auch den Kompanien eine Zwangspause.

1961 – der Südtiroler Schützenbund war seit gerade 3 Jahren gegründet – und in Süd-Tirol herrschte praktisch Ausnahmezu-stand. Obwohl als Organisation vollkommen unbeteiligt, verdächtigte man die Schützen damals pauschal, Urheber der Attentate zu sein.

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Dramatische Situation in Südtirol

Die Situation hatte sich damals in Südtirol zugespitzt. Einzelne Sprengstoffanschläge aus Protest gegen die von Italien fast wie in der faschistischen Zeit weiter geführte Unterdrückung hatte es schon ab 1956 gegeben. Auf der anderen Seite hetzten na-tionalistische Presse und Parteien gegen die Südtiroler, und Polizei und Carabinieri gebärdeten sich als repressive, unduldsame Besatzermacht, der die Südtiroler hilflos ausgeliefert waren. Am 30. Jänner 1961 flog der Aluminium-Duce in Waidbruck, ein Reiterstandbild des faschistischen Diktators Mussolini, in die Luft. Italien, das sich durch diesen Anschlag anscheinend mehr provoziert fühlte als durch frühere Atten-tate z. B. gegen Eisenbahnlinien, reagierte darauf unter anderem mit den erwähnten scharfen Maßnahmen gegen die Schützen, noch bevor in der Feuernacht vom 11./1�. Juni 1961 rund �0 Stromleitungsmasten gesprengt wurden.

Danach war es endgültig aus. In Südtirol herrschte für einige Jahre praktisch Ausnah-mezustand. Hotels wurden beschlagnahmt, um tausende zusätzliche Polizisten un-terzubringen, es gab wahllos Hausdurchsuchungen, Massenverhaftungen und Folte-rungen. An den Sprengaktionen, die die Weltöffentlichkeit auf das im südlichen Tirol herrschende Unrecht aufmerksam machen sollten, hatten sich Südtiroler aller Gesell-schaftsschichten, darunter selbstverständlich auch Schützen beteiligt. Der Schützen-bund als Organisation war aber vollkommen unbeteiligt gewesen. Trotzdem richtete sich die Wut der im Dunkeln tappenden Ermittler, die von der Eigenart des Landes und seiner Geschichte meist überhaupt keine Ahnung hatten, hauptsächlich gegen die Schützen, die man wegen ihres offen bekannten Tirolertums pauschal verdäch-tigte. Zu den Verboten für die Tätigkeiten der Kompanien kamen noch Schikanen gegen einzelne Schützen hinzu, so dass manche aus Angst um ihre Existenz und aus Rücksicht auf ihre Familie die Kompanien verließen. Einige Kompanien stellten die Tätigkeit vollkommen ein, andere versuchten den Zusammenhalt zu bewahren und mit Sondergenehmigung zumindest bei kirchlichen Veranstaltungen auszurücken.

Zivilcourage zeigten jene Schützen, die an den Beerdigungen der an den Folterungen verstorbenen Freiheitskämpfer Franz Höfler in Lana (�9. November 1961), Anton Gostner in St. Andrä (1�. Jänner 196�) und Luis Kerschbaumer in St. Pauls (13. De-zember 196�) oder an der Beerdigung des vom italienischen Geheimdienst ermorde-ten Luis Amplatz in Bozen (10. September 196�) teilnahmen.

Die Zügel werden etwas gelockert

Ab 1967 wurden die strengen Maßnahmen langsam gelockert. Zuerst wurde in die-sem Jahr das Verbot des Ausrückens aufgehoben. Auf Druck der Basis wurde daher für den ��. Juni eine Generalversammlung des Südtiroler Schützenbundes einberufen, bei der Dr. Karl Mitterdorfer erneut zum Landeskommandanten gewählt wurde. Dr. Bruno Hosp als neuer Bundesmajor brachte frischen Schwung in den Bund. Es galt, den Schützenbund, dessen Mitgliederzahl sich wegen der erwähnten Schikanen von 3�00 auf 1700 halbiert hatte, neu aufzubauen und den wiedergewonnenen Tätig-keitsspielraum auszuweiten. So war das Tragen der Fahnen nach 1967 zunächst noch verboten: Polizei und Carabinieri drohten mit Beschlagnahmungen der Fahnen und Auflösung der Umzüge oder Prozessionen, wenn Fahnen mitgetragen würden. Um dieses Verbot zu überwinden, ordnete Hosp an, bei der Beerdigung des ehemaligen Landeskommandanten und Landeshauptmannes Alois Pupp am Andreas-Hofer-Tag 1969 in Brixen trotzdem geschlossen die Kompaniefahnen mitzutragen. An die 80 Fahnen erwiesen dem Landeshauptmann die letzte Ehre, und angesichts der vielen tausende, zum Teil auch prominenten Trauergäste wagten es Polizei und Carabinie-ri nicht, dagegen einzuschreiten. Seither gehörten die Fahnen wieder zum Bild der Schützenkompanien.

(v.r.) Jörg Klotz, der spätere Landeskom-mandant Dr. Karl Mitterdorfer und Josef Badstuber in Trens, Ende der 50er Jahre.

Nicht wenige Schützen wurden nach der Feuernacht verhaftet, viele von ihnen wur-den gefoltert. Franz Höfler, Oberjäger der Lananer Kompanie, starb an den Folgen der Misshandlungen im italienischen Kerker.

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Neuer Aufschwung des Schützenbundes

Karl Mitterdorfer blieb bis 198� Landeskommandant. In diese Zeit fällt ein beacht-licher Aufschwung des Schützenbundes. 1969 wurde im Waltherhaus wieder eine Geschäftsstelle eröffnet. 1975 schlossen sich die Schützenbünde Bayerns, Nordtirols und Südtirols unter der Schirmherrschaft der damaligen Landeshauptleute bzw. Mi-nisterpräsidenten Goppel, Wallnöfer und Magnago zur Alpenregion der Schützen zusammen. Später kamen auch noch die Welschtiroler Schützen hinzu. Zu den Al-penregionsfesten, die abwechselnd von einem der Mitgliedsbünde ausgerichtet wer-den, kommen jeweils mehr als 5000 Schützen aus ganz Tirol und Bayern. Seit 1977 erscheint auch die Schützenzeitung als Mitteilungsblatt der drei Bünde.

Schützen werden unabhängig

Von 198� bis 1989 leitete Dr. Bruno Hosp als Landeskommandant den Südtiroler Schützenbund. Ein einschneidendes Ereignis war die Aktion „Götterdämmerung“ bei der Landesversammlung der SVP am 1�. April 1986. Einige Burggräfler Schützenof-fiziere, die sich als Angehörige des Ordnungsdienstes getarnt hatten, unterbrachen kurz die Landesversammlung, um in einer Stellungnahme und auf einem Transparent gegen die Paket („Verzichts“)politik der SVP zu protestieren. Die aufsehenerregende Aktion hatte Folgen. Gegen die Verantwortlichen wurden zwar Disziplinarmaßnah-men verhängt, aber das enge Verhältnis SVP / Schützen, das sich auch in der Perso-nalunion wichtiger Ämter ausgedrückt hatte, war gestört. Der Schützenbund profi-lierte sich nun immer mehr als parteiunabhängige Organisation. Dieser Kurs setzte sich auch unter dem Nachfolger von Bruno Hosp, Pius Leitner, fort, der von 1989 bis 1993 Landeskommandant war. Die Schützen begannen immer mehr, ihre Vorstel-lungen von der Entwicklung des südlichen Tirol und der angestrebten Landeseinheit an die Öffentlichkeit zu tragen. Sie äußerten sich zu wichtigen Fragen wie Paket-abschluss, Ortsnamenfrage oder Schule nicht nur mit Pressemitteilungen, sondern auch mit aufsehenerregenden Aktionen. So demonstrierten rund �000 Schützen am �0. Mai 1991 gegen die geplante Restaurierung des faschistischen Siegesdenkmals, für die der Staat einige hundert Millionen Lire bereitgestellt hatte. Fanatische italie-nische Faschisten beschimpften und bespuckten die Schützen, die sich nicht provo-zieren ließen, womit sie international beeindruckten. Die Faschisten, die auch tätlich wurden, wurden nicht belangt, während die Bundesleitung des Schützenbundes eine Anzeige erhielt, weil die Demonstration von der Polizei verboten worden war. Der Prozess zog sich bis zum Kassationsgerichtshof hin, der schließlich entschied, dass die Demonstrationsfreiheit wichtiger sei als ein nicht gerechtfertigtes Verbot der Po-lizei.

Da Pius Leitner 1993 für den Landtag kandidierte, trat er als Landeskommandant zurück. Das Amt wurde ein Jahr lang nicht besetzt, sondern von seinen Stellvertre-tern Prof. Dr. Luis Ploner und Wolfram Klotz ausgeübt. Danach wurde der Durst-Manager Dr. Richard Piock zum Landeskommandanten gewählt. Auch unter ihm gab es spektakuläre Aktionen zu den Themen Ortsnamenfrage und faschistische Denkmäler. 1995 wurde zudem der „Gesamttiroler Schützenbund“ als Dachverband der Schützenbünde des historischen Tirol gegründet. Die Landeshauptleute der drei Landesteile und die Äbte der fünf Hochstifte unterstrichen durch ihre Teilnahme die Bedeutung dieses Aktes.

Die erste Salve nach 82 Jahren

Im Jahr �000 erhielten die Südtiroler Schützen nach langen Verhandlungen die Ge-nehmigung, historische Waffen zu tragen, nachdem der Schützenbund sich bereit erklärt hatte, dass die Gewehre als Waffen unbrauchbar gemacht werden und nur noch für Platzpatronen benützbar sind, während die Säbel stumpf sein müssen. Die erste Ehrensalve nach den letzten Salutschüssen des Jahres 1918 wurde am ��. Juni �000 am Bozner Waltherplatz bei der Uraufführung des „Tiroler Zapfenstreiches“ von Florian Pedarnig geschossen. Inzwischen haben die meisten Kompanien des Landes

Zwei eindrucksvolle Kundgebungen gegen die Restaurierung des Siegesdenkmals sollten als herausragende Ereignisse in die Geschichte des Schützenbundes eingehen. Friedlich demonstrierende Schützen wurden von Neofaschisten handfest und lautstark gestört.

Mit der unkonventionellen Aktion „Götter-dämmerung“, bei der Burggräfler Schützen die 13. Landesversammlung der SVP am 12. April 1986 blockierten, begann die effektive politische Unabhängigkeit des Südtiroler Schützenbundes.

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ihre Gewehre und können nach intensiver Ausbildung und nach strengen Richtli-nien Ehrensalven schießen. Es kann nicht genug betont werden, dass das Salven-schießen kein aggressiver Akt ist. „Salve“ bedeutet auf Latein „heil“ bzw. „unversehrt“. Eine Salve schießt man zu Ehren Gottes, dem verstorbenen Kameraden oder dem Landesfürsten und Staatsgästen, indem die Mitglieder der betreffenden Formation ihre nach oben gerichteten Gewehre zugleich entladen (man spricht daher auch von Generaldecharge) und so dem Geehrten beweisen, dass sie keine Kugel mehr im Lauf haben und ihm in friedlicher Absicht entgegentreten. Nicht zufällig ist „salve“ auch ein Friedensgruß.

Schützen-Petition erregt Aufsehen

Im Jahr �001 wurde Paul Bacher aus Bozen neuer Landeskommandant. Unter seiner ebenso ausgewogenen wie entschiedenen Führung verbesserte sich das Verhältnis zur Kurie, die den Schützen mit Prof. Dr. Paul Rainer einen Landeskuraten zur Seite stell-ten. Es gab auf Bundesebene wiederum zahlreiche Aktionen in den Bereichen Kultur (z. B. die Wanderausstellung über den Ersten Weltkrieg mit 15.000 Besuchern), Um-welt (z. B. die Transit-Tagungen „Stoppt die Zerstörung“ in Neumarkt und „Landun-ter“ in Vahrn), Soziales (Spendenaktion für die Überschwemmungsopfer in Nordtirol mit einem Ergebnis von �60.000 Euro!) und zu politischen Themen.

Besonderes Aufsehen erregte im Jahr �006 die „Schützen-Petition“ an den österrei-chischen Nationalrat, die 11� der 116 Südtiroler Bürgermeister mit unterzeichnet haben. In der Petition wurde ersucht, das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol so-wie die Schutzmachtfunktion Österreichs für Südtirol in der österreichischen Ver-

fassung festzuschreiben, wobei das Selbstbestimmungsrecht inter-national anerkannt ist und die Schutzmachtfunktion sich aus dem Gruber-Degasperi-Abkommen ergibt. Trotz der Proteste Italiens sprach sich das österreichische Parlament am �1. September �006 für die Eintragung der Schutzmachtfunktion in der Verfassung aus. Welchen Anklang der Südtiroler Schützenbund mit seiner klaren, gegen alle Extremismen von links und rechts scharf abgegrenzten und gleichzeitig allen faulen Kompromissen abgeneigten Linie fin-det, beweist die Entwicklung der Mitgliederzahlen. Von �00� bis �008 hat sich die Zahl der aktiven Mitglieder von �176 auf �903 sehr stark erhöht, wobei gleichzeitig das Durchschnittsalter von �1,� auf 39,�� Jahr gesunken ist, also immer mehr Jugendliche in

die Kompanien eintreten.

Arbeit in Bezirken und Kompanien

Zu dieser kurzen Auswahl an Tätigkeiten des Südtiroler Schützenbundes auf Bundes-ebene kommt natürlich noch die umfangreiche Arbeit auf Bezirks- und Kompanie-ebene. Entgegen der landläufigen Meinung stellen die Schützenfeste nur einen klei-nen Teil der Tätigkeiten dar, obwohl ihre Bedeutung als kameradschaftliche Treffen zwischen Schützen verschiedener Gebiete und verschiedener Sprachen (die Welschti-roler sind immer gern gesehene Gäste) nicht zu unterschätzen ist. Das Auftreten in Tracht ist zudem ein Bekenntnis zur Bewahrung überlieferter Traditionen und des Selbstbewusstseins als Tiroler. Weit mehr Zeit und Arbeit als die Feste nehmen al-lerdings die eher unauffälligen Aktionen in Anspruch. Schützen leisten wertvolle kulturelle Arbeit mit der Erhaltung von Kapellen, Bildstöcken und Wegkreuzen, mit Vorträgen, Publikationen und Lehrfahrten. Sie leisten soziale Arbeit mit Spendenakti-onen, Altersheimbesuchen und freiwilliger Arbeit für soziale Zwecke. Sie engagieren sich im Umweltbereich mit Säuberungsaktionen, Tagungen und Informationsveran-staltungen, Stellungnahmen und, wenn es sein muss, auch mit friedlichen Demons-trationen. Ziel all dieser Aktivitäten ist es, das südliche Tirol als Heimat so gut wie möglich zu erhalten und zu entwickeln und die Landeseinheit Tirols nie aus den Au-gen zu verlieren.

fassung festzuschreiben, wobei das Selbstbestimmungsrecht inter-national anerkannt ist und die Schutzmachtfunktion sich aus dem Gruber-Degasperi-Abkommen ergibt. Trotz der Proteste Italiens sprach sich das österreichische Parlament am �1. September �006 für die Eintragung der Schutzmachtfunktion in der Verfassung aus. Welchen Anklang der Südtiroler Schützenbund mit seiner klaren, gegen alle Extremismen von links und rechts scharf abgegrenzten und gleichzeitig allen faulen Kompromissen abgeneigten Linie fin-det, beweist die Entwicklung der Mitgliederzahlen. Von �00� bis

sehr stark erhöht, wobei gleichzeitig das Durchschnittsalter von

Paul Bacher, Mitglied der Schützenkompa-nie Gries, sorgt mit einem ausgeglichenen Führungsstil seit 2001 für einen starken Aufschwung, besonders unter jungen Mit-gliedern.

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11

Der Südtiroler Schützenbund

im 50. Jahrseiner Gründung

Der Südtiroler Schützenbund zählt derzeit 138 Mitglieds-kompanien sowie zwei Schützenkapellen (Meransen und Pichl), mit insgesamt �.903 aktiven Mitgliedern. Davon sind �31 Jungschützen und Jungmarketenderinnen (bis 16 Jahre), 60� Marketenderinnen und 3.868 Schützen und Offiziere.

Zu den �.903 aktiven Mitgliedern kommen 181 Ehrenmit-glieder und 9�8 unterstützende Mitglieder in den Kompa-nien hinzu, insgesamt ergibt das 6.01� Mitglieder. Insgesamt sind seit Anfang letzten Jahres ��3 Männer und Frauen in Süd-Tirol einer Schützenkompanie beigetreten. Im Vergleich zu �007 hat der SSB um genau 91 aktive Mitglieder zuge-nommen. Die mitgliederstärksten Kompanien sind Meransen (76), Algund (73), und „Franz Höfler“ - Lana, „Alte Pfarre“ - Natz und „Peter Kemenater“ - Schabs (je 71).

Diese Zahlen der Mitgliederstatistik sind umso erfreulicher, wenn man das Durchschnittsalter in den Südtiroler Schützen-kompanien ansieht. Ebenfalls seit dem Jahre �00� ist dem-nach das Durchschnittsalter konstant im Sinken begriffen.Im Vergleich zum Vorjahr hat es auf Bundesebene um 0,�9 Jahre abgenommen. Statistisch gesehen sind die Süd-Tiroler Schützen im Schnitt 39,5 Jahre alt. Bedenkt man, dass in den Schützenkompanien aktive Mitglieder – anders als etwa bei der Feuerwehr – nicht altersbedingt ausscheiden, ist diese Statistik um so beachtenswerter.

Die stärksten Jahrgänge stellen die 1990-Geborenen (15�), gefolgt von den 1988ern (1�7), 1989ern (1��), 1981ern (1��) und 1987ern (1�0). Das jüngste Mitglied einer Kom-panie ist � Jahre alt, das älteste 95. Der jüngste Bezirk im Bezug auf das Alter seiner Mitglieder ist der Bezirk südliches Wipptal mit durchschnittlichen 36,5 Jahren, der Bezirk Bo-zen ist mit ��,8 Jahren der älteste. Das Durchschnittsalter der Kompanien reicht von �6,9 Jahren der Kompanie Altrei (Eggen �7,35 und Ehrenburg �7,55) bis zu den 59,59 Jahren der Kompanie St. Ulrich - Gröden („Mjr. Josef Eisenstecken“ - Gries 57,�7 und Anpezo Hayden 53,03).

Die Mitgliederzahl bei den Jungschützen und Jungmarke-tenderinnen hat mit �31 (+1�) weiter zugenommen. Hierbei muss erwähnt werden, dass der gesamte Jahrgang der 1991 Geborenen zu den aktiven Schützen und Marketenderinnen übergetreten ist, dies sind immerhin 106 Mitglieder. Den größten Zuwachs konnte der Bezirk Pustertal verzeichnen, der nun mit 101 Burschen und Mädchen die meisten Jung-mitglieder aufzuweisen hat. Erfreulich ist besonders der Um-stand, dass sich in den vergangenen Jahren die Anzahl der Jungschützen stets gesteigert hat. Waren es im Jahr �001 noch �56 Mädchen und Buben, so sind es im heurigen Jahr ganze �31 Jungschützen und Jungmarketenderinnen. Und dies, obwohl jedes Jahr – wie bereits erwähnt – der Jahrgang der 16-jährigen zu den aktiven Schützen und Marketende-rinnen übertritt.

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

43404382

4233 42434176

4294

4496

4586

46974812

4903

Die Mitgliederzahlen in Süd-Tirols Schützenkompanien der letzten zehn Jahre. Der Trend zeigt steil aufwärts. Schütze und Marketenderin sein ist wieder „in“.

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

41,23

40,52

40,31

Während die Mitgliederzahlen steigen, sinkt in Süd-Tirols Schützenkompanien das Durchschnittsalter der Kompanien kontinuierlich. Ein Zeichen dafür, dass vermehrt junge Leute zu den Schützen finden.

41,21

40,83

39,97

39,73

39,44

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1�

50 Jahre Schützenbund

der

Schützen

Die statutarischen

Aufgaben

Der Südtiroler Schützenbund ist ein Verein, der, aufbauend auf die Tradition der Landes- und Zuzugsordnungen der Ti-roler Geschichte, die Aufgabe hat, die Heimat und die Iden-tität des Tiroler Volkes gegen innere und äußere Feinde und Bedrohungen zu schützen und diese Tiroler Identität, ange-passt an die moderne Zeit, der Jugend weiterzuvererben.

Die Aufgabe der Schützen in den früheren Jahrhunderten war die bewaffnete Verteidigung des Landes gegen militä-rische Feinde, welche die Selbstständigkeit und die besonde-ren Freiheiten des Erbkronlandes Tirol bedrohten.

Die Aufgabe der Schützen heute:

…ist die Verteidigung Tiroler Identität, wann immer sie be-droht wird. Identität wird definiert als Sprache, Kultur, Sit-te, Brauch, Rechtsempfinden, Glauben, Wertesystem und allgemein gelebte Verhaltensnormen von Menschen eines bestimmten Raumes; Identität ist also die Summe der Cha-raktereigenschaften, die über Generationen tradiert, die Menschen eines bestimmten Gebietes (Heimat) geprägt ha-ben und ihnen ein unverwechselbares Gesicht verleihen. Der geographische Raum dieser Menschen – ihre Heimat – ist einerseits von diesen Menschen geprägt, andererseits prägt Heimat die Menschen.

Schützen sind – so gesehen – aktive Heimatschützer!Aus diesem Ziel sind dreierlei Aufgaben ableitbar:• gesellschaftspolitische (volkstumspolitische) Aufgaben; • kulturelle Aufgaben; • gesellschaftlich-soziale (solidarische) Aufgaben

Schützen haben nicht nur volkstumspolitische Aufgaben, sonst wären sie eine politische Partei, wohl aber die Aufgabe als „politisches Gewissen“ des Landes auf all jene offenen und schleichenden Bedrohungen der Tiroler Identität aufmerk-sam zu machen und gegen sie mobil zu machen; einen sol-

chen gesellschaftspolitischen Einsatz hatten Schützen auch in der Vergangenheit.

Beispielsweise entsandten 1813/1� die Schützen einen eige-nen Delegierten nach Wien, um die Wiederherstellung der alten Landesverfassung zu fordern, 186� erzwangen Tiroler Schützen, dass der von Herzog Ernst II. von Sachsen-Co-burg-Gotha zum 1. Allgemeinen Schützenfest in Frankfurt eingeladene Garibaldi und seine Mannen wieder ausgeladen wurden, ansonsten sich die Tiroler Schützen geweigert hät-ten, daran teilzunehmen.

Schützen haben nicht nur kulturelle Aufgaben, sonst wären sie ein auf Trachten, Denkmalrenovierung und Brauchtums- erhaltung spezialisierter Heimatpflegeverband.

Schützen haben nicht nur gesellschaftlich-soziale, solida-rische Aufgaben der Nachbarschaftshilfe, sonst wären sie eine Art trachtentragender Vinzenzverein.

Die Trinität der Aufgaben – gesellschaftspolitische, kultu-relle und soziale – ausgerichtet auf das Ziel der Identitätser-haltung Tirols, machen die Schützen heute aus.

Zweck und Aufgaben einer Schützenkom-panie laut § 2 der Satzungen sind:

a) Festhalten am überlieferten Väterglauben;b) Pflege und Erhaltung der Tradition der Schützenkompa-

nie, des heimatlichen Schützenwesens und des damit ver-bundenen Brauchtums;

c) die beispielgebende Ausübung der Rechte und Pflichten der Süd-Tiroler zur Erhaltung der Tiroler Wesensart und der Existenzsicherung der deutschen und ladinischen Volksgruppe in der angestammten Heimat;

d) die Erhaltung und Förderung der heimatlichen Trachten;e) die heimatkundliche Ausbildung ihrer Mitglieder und die

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Förderung des örtlichen kulturellen Lebens durch Zu-sammenarbeit mit den verschiedenen kulturellen Einrich-tungen und Organisationen des Ortes;

f) die Pflege des Scheibenschießens;g) Pflege und Schutz der heimatlichen Landschaft und Na-

tur sowie Schutz der Natur- und Kunstdenkmäler;h) die Beflaggung mit Tiroler- und Schützenfahnen bei fest-

lichen und kirchlichen Anlässen; i) die Förderung kameradschaftlicher Zusammenarbeit in-

nerhalb des Südtiroler Schützenbundes sowie mit Schüt-zenkompanien der Alpenregion.

Gesellschaftspolitische (volkstumspolitische) Aufgaben:• Schützen treten für die Selbstbestimmung und die fried-

liche Wiedervereinigung Tirols in einem europäischen Kontext ein; sie verfechten unter anderem die Idee eines europäischen Bundeslandes Tirol, in dem nur die überge-ordneten Aufgaben der Verteidigung, der Währung und der großen Außenpolitik den Nationalstaaten oder einem europäischen Bundesstaat übertragen bleiben, während alle anderen Funktionen durch diese grenzüberschreiten-de Regionalgemeinschaft selbstständig erfüllt werden;

• Bekenntnis zum Vaterland Österreich• Lösung der Toponomastikfrage (Ortsnamengebung) im

historischem Sinne, d.h. Abschaffung der faschistischen Namensdekrete und Wiedereinführung der historisch gewachsenen deutschen, ladinischen und italienischen Orts- und Flurnamen;

• Durchsetzung der Zweisprachigkeit auf allen Verwal-tungsbereichen;

• Einsatz für die Erhaltung der Natur, von Naturdenkmä-lern und gegen rein ökonomisch orientierte Ausbeutung der Natur;

• Eintreten für Minderheitenrechte und Kampf gegen Ver-letzungen des Gleichheitsprinzips der Menschen vor dem Gesetz;

Kulturelle Aufgaben• Pflege des Geschichtsbewusstseins durch Begehen von

Gedenktagen, Wiederherstellung von Denkmälern und Gebäuden sowie die Herausgabe von Publikationen;

• Wiederbelebung von Bräuchen, Prozessionen, die Beflag-gung an Feiertagen;

• Pflege und Wiederbelebung der Dialektsprache und -aus-drücke;

• Pflege des alten Liedgutes;• Pflege der heimischen Trachten;• Pflege und Wiederbelebung des Scheibenschießens so-

wie der damit verbundenen kulturellen Riten.

Gesellschaftlich-soziale (solidarische) Aufgaben• Pflege der Kameradschaft ohne Unterschied des Stan-

des;• Nachbarschaftshilfe in den Dorfgemeinschaften durch

Pflege der Soldatenfriedhöfe, Hilfe in karitativen Orga-nisationen

• Integration von Jugendlichen durch Vermittlung von Ge-meinschaftssinn, Verantwortungsbewusstsein für die Ge-meinschaft;

• Engagement und Hilfe für in Not geratene Schützen (Herz-Jesu-Notfonds).

Angelobung in einer Schützenkompanie: Die Neueintritte bekunden dabei feierlich, zu den Satzungen des Schützenbundes und der eigenen Kompanie zu stehen.

Mitteilungsblatt der Schützen der Alpenregion

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1�

Günther Andergassen ist am 17. April 1930 in Margreid in Süd-Tirol geboren und lebt in Innsbruck. Er ist Musikpädagoge und -wissen-schaftler. Vor seiner Pensionierung war er Di-rektor des Vorarlbergers Landeskonservatoriums in Feldkirch. Für sein vielseitiges Schaffen wurde ihm von Bundespräsident Rudolf Kirchschläger 1981 der Titel Professor verliehen. 1989 erhielt er das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1991 zeichnete ihn das Land Tirol mit dem Verdienstkreuz des Landes aus. Im Jahre 1940 wanderte Günther Ander-gassen, damals ein 10-jähriger Bub, mit seiner Familie aus, wie eben 70.000 andere Süd-Ti-roler auch, die sich im Zuge der Option für die Auswanderung entschieden hatten.

Als nach der Herz-Jesu-Nacht 1961 durch Vi-sumspflicht und „Schwarze Listen“ Nordtiroler Teilnehmer an Aktionen die Grenze versperrt blieb, übernahm Günther Andergassen die Ver-antwortung im BAS. Wunderbarerweise wurde Andergassen erst ab Herbst 1963 beschattet. Schließlich wurde er auf einer Fahrt mit seinen Salzburger Kulturkunde-Studenten am 2. April 1964 in Venedig verhaftet. Das Urteil lautete im II. Mailänder Prozess „30 Jahre Gefängnis“. Nach 7 Jahren Haft wurde Günther Andergas-sen auf Intervention vieler Menschen, darunter Politiker wie Bundeskanzler Bruno Kreisky oder Kardinal König, aus der Haft entlassen. LH Wallnöfer empfing Prof. Andergassen am 23. Dezember 1970 im Innsbrucker Landhaus mit den Worten: „Wenn ös net g’wesen wart’s, hatt’n mer net amol a Paket“. Zum 50. Geburtstag des Südtiroler Schützen-bundes fordert Prof. Andergassen zum Mut zur Wahrheit auf.

Ich gehöre jenen Generationen an, die in den 30er-Jahren Volksschüler waren und vom Kindergarten an bis 1939 ausschließlich italienischen Un-terricht über sich ergehen lassen muss-ten. Deutsch war verboten! Das Glück, in der deutschen Sprache unterrichtet zu werden, verdanke ich der „Kata-kombenschule“ und meinen mutigen Eltern. Dazu ging ich von Quirein aus einmal in der Woche – mit einem Heft unter dem Hemd versteckt – an jenem so genannten „Siegesdenkmal“ vorbei in die Grieser Fagenstraße, wo meine Deutschlehrerin, Frau Kurzmaneck, wohnte.

Einmal mussten wir Buben mit über-gestülpten Schwarzhemden, die Mäd-chen in weißen Blusen, so Aufstellung nehmen, dass sich das Luftbild „DUCE“ ergab. Auf dem Siegesdenkmal steht – von Liktorenbündeln gerahmt – jener menschenverachtende und alle Süd-Tiroler verletzende Spruch „hinc cete-ros excoluimus lingua legibus artibus“ (frei übersetzt: „Wir haben „denen da“ Sprache, Gesetz, Künste (Kultur) bei-gebracht!“) Es ist anzunehmen, dass der Oberste Denkmalschützer soviel La-tein kann, dass er die Arroganz dieser Inschrift erfasst hat.

Denn: Süd-Tirol hatte vorher und durch Jahrhunderte seine eigene Spra-che (Deutsch und Ladinisch) kultiviert, seine eigene gültige Gesetzgebung (der mussolinianische Codice Rocco

Gastkommentar

WahrheitMut zur

Günther Andergassen, Musikwissenschaftler mit Süd-Tiroler Wurzeln.

wäre angebracht!

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aus dem Jahr 19�9 hatte uns gerade noch gefehlt!), hatte seine eigenen Künste und Kultur. Dieses provokante Denkmal steht immer noch da in seiner protzigen Überheblichkeit! Wer aber dieses und die anderen faschistischen Denkmäler aufbewahren will, muss entweder von faschistischer Einstellung geprägt oder ein Faschistenfreund oder gar selber Faschist sein, selbst wenn es der oberste Denkmalschützer in Süd-Tirol ist.

Dieses und die anderen faschistischen Denkmäler sind weder aus historischen, noch aus politischen, oder aus kunst-historischen Gründen aufzubewahren! Denn, wenn das „Kunst“ ist, dann ist Michelangelo und Leonardo und Ma-saccio und Ghirlandaio und Vivaldi und Verdi und Mozart und Schubert und Beethoven und Bach und Händel nicht „Kunst“!

Diese Denkmäler gehören allesamt schärfstens geächtet. Wenn das nicht geschieht, so abgebaut und weit weg von einem öffentlichen Platz (nicht in Bozen!) auf einem „Friedhof“ aufge-stellt, wo der „Kitsch der Geschichte“ aufbewahrt wird und die „Ewiggestri-gen“ ihre Kränze niederlegen mögen.

Wenn überhaupt möglich, ist noch un-erträglicher für uns Süd-Tiroler jenes an faschistischer Überheblichkeit nicht zu überbietende monströse Riesenrelief am Bozner Finanzgebäude (gegenüber

dem Gericht!), das bedauerlicherweise von der Hand des Süd-Tirolers Hans Piffrader stammt, worauf noch einge-gangen werden müsste, will man die-ser tragischen Künstlergestalt gerecht werden.

Auf diesem Relief ist ein protziger Mussolini dargestellt, womöglich eins-tens sogar „denkmalgeschützt“, wie er – gerahmt vom „credere obbedire com-battere“ und dem „PNF“ (Partito Nazio-nale Fascista) hoch zu Ross nach Äthi-opien reitet; jener Kriegsverbrecher Mussolini, der – ohne Kriegserklärung 1935 das unbewaffnete Land überfällt, mit seinen Giftgasbombern unter der Zivilbevölkerung Hunderttausende hinmorden lässt, unter anderen auch koptische Mönche, alles unter dem Motto „Missionierung“ von „Barbaren“, Lazarette, Frauen und Kinder nicht verschonend, Flüsse verseuchend, gan-ze Landwirtschaften, Viehherden mit Giftgas zerstörend.

Objektive Dokumentationen – auch von italienischen Historikern getragen, – bezeugen das! Man sollte an alle ver-nunftbegabten Italiener die Aufforde-rung zur Einsicht richten, endlich zu verstehen, dass alle diese menschenver-achtenden und die Süd-Tiroler Volks-gruppe verletzenden Denkmäler von einer deklarierten Mehrheit mit uns geächtet werden müssen: In einem de-mokratischen Land darf es keinen Platz für sie geben!

Da stehen – zum „Beweis“ für die „Gül-tigkeit“ der Grenzen nach Norden jene „Friedhöfe“, die solche keine sind! Man hat die armen Knochen von itali-enischen Gefallenen des Ersten Welt-kriegs, die ihren Tod im Süden und nicht auf Süd-Tiroler Boden gefunden hatten, dort beigesetzt. In Mals ruhen so auch 5� österreichische Soldaten, die zu „soldati italiani“ gemacht wur-den, um der „Befreiung Süd-Tirols wil-len“ – was für ein Hohn!

Den Faschisten war das Grab am Ison-zo nicht „heilig“ genug: Die Gebeine kamen ihnen für eine „Geschichtsfäl-schung“ gerade recht! Sie schreckten vor einem Transfer in „fremde“ Erde nicht zurück und nicht vor dem Recht auf „friedliche Grabesruhe“!

Alle Straßennamen in Bozen, die zu-dem Kriegsverbrecher aus dem Abes-sinienkrieg verewigen sollten, gehören abgeschafft, Alpini-Denkmäler, z.B. jenes in Bruneck (genannt „Kapuziner Wastl“), gehören geschleift, wobei man nur auf jenen Alpini-General Pirzio Bi-roli verweisen muss und dessen Appell an seine Soldaten zur Ausrottung der äthiopischen Eliten („Hier könnt ihr gar nicht genug Räuber, Mörder und Vergewaltiger sein!“).

Nirgends im deutschsprachigen Raum gibt es auf einem öffentlichen Platz ein Nazi- Denkmal mehr, geschweige denn ein Hitler-Portrait. Und hätte da einer

WahrheitWenig Mut zur Wahrheit: Keine italienische Nachkriegsregierung hat sich bislang für die von Mussolini an den Süd-Tirolern begangenen Untaten nach 1922 entschuldigt. Im Gegenteil. Faschistische Denkmäler wurden aufwändig restauriert und – wie hier am Finanzgebäude in Bozen – teilweise sogar erst nach dem Krieg fertiggestellt.

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einmal Hitler als „größten Staatsmann des �0. Jahrhunderts“ bezeichnet, wie das noch vor 15 Jahren Gianfranco Fini mit Benito Mussolini getan hat, er wäre wegen „Wiederbetätigung“ mit vielen Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Und all das in einem europäischen Land demokratischen Anstrichs? Jeder „anständige“ Italiener muss sich dafür wohl zu Recht schämen! Zusammen-fassend möchte ich festhalten: Alle angesprochenen faschistischen Denk-mäler und Erinnerungen an diese un-heilvolle Zeit sind eine Schande nicht nur für Italien, sondern für das ganze demokratische Europa! „Faschisten“ oder Personen mit „faschistoider“ Ein-stellung sollen sich ihre „Helden“ aus Geschichtsbüchern holen, die heute sogar in Italien mit der Vergangenheit aufgeräumt haben und in denen Benito Mussolini als Kriegsverbrecher entlarvt ist, der er war. Frieden und Versöhnung zwischen den Volksgruppen?

In der täglichen Praxis gibt es damit kaum noch Probleme! In Bozen hätte sich eine qualifizierte Mehrheit mittels Referendum zum Entschluss durchrin-gen müssen, den „Sieges-Platz“ in einen „Friedens-Platz“ zurückwidmen zu las-sen. Dann wären erst recht die „Pace“-Fähnchen vor Fenstern und Balkonen überflüssig geworden!

Zudem sei allen italienischen Regie-rungen der Nachkriegszeit nochmals

vorgeworfen: Keine, ich betone noch-mals: Keine hat sich bislang für die von Mussolini an der Süd-Tiroler Volks-gruppe begangenen Untaten nach 19�� bis 19�3 entschuldigt. Keine hat sich für die von Mussolini noch 1938 herausgegebenen italienischen Rassen-gesetze entschuldigend zu Wort ge-meldet! Noch hat keine Regierung den Mut zur Wahrheit aufgebracht!

Keine italienische Regierung hat bis-lang die innere Kraft und Größe an den Tag gelegt, sich der faschistischen Vergangenheit und ihrer Aufarbeitung zu stellen. Das gleiche gilt auch für das Verhältnis Italiens zur deutschen Volks-gruppe in Süd-Tirol. Diese Vergangen-heitsbewältigung steht ebenfalls aus.

Am 6. Juni 1936 wurde der Alpino, imVolksmund „Kapuziner-Wastl“ genannt, in Bruneck feierlich enthüllt. Er erinnert an die kämpfenden faschistischen Truppen in Afrika Nach mehrmaliger Zerstörung durch Freiheitskämpfer wurde er immer wieder aufgerichtet.

Keiner ist für dieses Land gefallen. Im April 1938 wurden im staatlichen Auftrag am Soldatenfriedhof in St. Jakob die Gebeine exhumiert und in dieses Mausoleum in Burgeis überführt. Auch am Reschenpass soll so der Eindruck einer rechtmäßigen, tapfer erkämpften Grenze erweckt werden. Der Reisende erkennt nicht, dass diese Sol-daten weit weg von hier und zum Großteil erst nach dem Krieg verstorben sind.

7. JUNI 2008INNSBRUCK

Günther Andergassen, Hans Stieler Sepp Mitterhofer, Siegfried Steger

Die Freiheitskämpfer:

7. JUNI 2008INNSBRUCK

Veranstaltungshinweis

TAG DER TIROLER EINHEIT

Tummelplatz

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Antreten

Ehrentribüne

Be

wertungs

p o s t e n1

Be

wertungs

p o s t e n2

Be

wertungs

p o s t e n3

Be

wertungs

p o s t e n5

Die Bewertungsposten und ihre Kriterien:

Punkt 1: Antreten und Meldung der Kompanie, Sauberkeit und Einheit der Tracht, Unterladen (Sicherheit), Doppelreihenspringen und Abmarsch

Punkt �: Links Front, GeneraldechargePunkt 3: Marschieren und WendungenPunkt �: DefilierungPunkt 5: Fahnenaustritt und Gewehrvisitierung

Die Bewertungsposten und ihre Kriterien:

Punkt 1: Antreten und Meldung der Kompanie, Sauberkeit

Be

wertungs

p o s t e n4

Abtreten Ein wesentlicher Teil der Feier zum 50-Jahr-Jubiläum des Südtiroler Schützenbundes ist der Marschwettbewerb am Samstag, �6. April, mit Schwerpunkt am Bozner Walther-platz. Von 13 bis etwa 17 Uhr werden sich elf Kompanien des Südtiroler Schützenbundes im Herzen von Bozen an diesem Wettbewerb beteiligen und dabei die Zuschauer er-ahnen lassen, welche Menge an Arbeit und Idealismus hinter dem anscheinend mühelosen Auftreten, Marschieren und Salveschießen der Schützen steckt.

Der Marschwettbewerb beginnt um 13 Uhr am Musterplatz. Dort muss jede der elf teilnehmenden Kompanien zunächst einmal Meldung machen, wobei die Genauigkeit der Mel-dung sowie Sauberkeit und Einheitlichkeit der Tracht be-wertet werden. Zum Klang der Trommeln marschieren die Kompanien dann auf den Waltherplatz, wo sie zunächst eine Generaldecharge abgeben. Mit der Generaldecharge (wörtlich „Generalentladung“) ist die Ehrensalve gemeint, die nach ganz strengen Regeln und natürlich möglichst gleichzeitig erfolgen muss. Es handelt sich um eine alte mili-tärische Ehrenbezeugung, die zutiefst friedlichen Charakter hat; das Entladen der Gewehre soll nämlich beweisen, dass man keine Kugel mehr im Lauf hat und dem zu Ehrenden in friedlicher Absicht entgegentritt. Unter Begleitung der Mu-sikkapelle Zwölfmalgreien – auch dies ein weiterer Grund, sich den Wettbewerb nicht entgehen zu lassen – müssen die Kompanien dann am Waltherplatz beim Marschieren und bei den Wendungen Präzision beweisen. Ein eigener Pro-grammpunkt ist die Defilierung vor der Ehrentribüne.

Vom Waltherplatz ziehen die Kompanien weiter zum Korn-platz, wo der Fahnenaustritt bewertet wird und die Gewehr-visitierung stattfindet. Am Wettbewerb beteiligen sich die Schützenkompanien Völser Aicha, Kurtatsch, Göflan, Kal-tern, Platt, Laas, Ehrenburg, Lana, Pfalzen, Lüsen und St. Andrä.

50 Jahre Schützenbund

Bozen im Zeichen der SchützenMarschwettbewerb

im Herzen der Stadt

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50 Jahre Schützenbund

Wasgeschieht bei den

Schützen?Rund 5.000 Schützen und Marketen-derinnen, 138 Mitgliedskompanien, � Schützenkapellen – das ist der Südti-roler Schützenbund im 50. Jahr seines Bestehens. Ein Verein, dem die Erhal-tung der Heimat, die Traditionspflege und der Väterglaube am Herzen liegt, wie kaum einem anderen.

Überparteilich, aber einem klaren volkstumspoli-tischen Auftrag folgend

Die Aufgaben des Schützenbundes leiten sich grundsätzlich nicht aus po-litischen Vorgaben ab. Überparteilich und trotzdem einem klaren volkstums-politischen Auftrag folgend, erarbeiten die höchsten Gremien, die Bundesver-sammlung und der Bundesausschuss, Vorgaben, nach denen die ausführen-den Organe auf Bundes-, Bezirks- und Kompanieebene auf demokratische Art und Weise ihrem Schützenauftrag gerecht werden.

Kultur nicht nur pflegen, sondern vor allem leben

Dieser Leitspruch bestätigt sich im konsequenten Einsatz der Schützen in verschiedenen Bereichen: So wird die heimische Trachtenlandschaft lebendig und natürlich erhalten, hei-mische Bau- und Kulturdenkmäler wie Kapellen, Bildstöckln oder Wegkreuze

werden restauriert und gepflegt, und es wird bewusst überliefertes Brauch-tum gefördert und weitergegeben.

Fit, nicht nur in Landeskun-de und Geschichte

Der Südtiroler Schützenbund bietet seinen Mitgliedern jedes Jahr ein reichhaltiges Fortbildungsprogramm an: Es reicht vom Wissen über die Ge-schichte der Heimat über Redeschu-lungen bis zu Seminaren über Stil und Etikette. Außerdem sind auf der stets aktualisierten Homepage des Südtiro-ler Schützenbundes: www.schuetzen.com rund um die Uhr Informationen zu verschiedensten Themen zugäng-lich.

Heimat leben und gestaltenEs gibt viele Wege, auf denen Men-schen im ganzen Land zu den Schüt-zen finden. Manch einen bringt die Familientradition schon in frühester Jugend als Jungschütze in die örtliche Kompanie, andere finden im Pflicht- und Oberschulalter bei den Schützen in der Kameradschaft von Gleichge-sinnten ihren Platz. Letztendlich tritt auch eine nicht unerhebliche Anzahl als Erwachsene den Schützen bei, um gemeinsam mit jüngeren und älteren Kameraden Heimat zu erleben und zu gestalten.

Klares Bekenntnis für Tirol, klare Absage an totalitäre Staatsformen. Süd-Tiroler Schützen in Innsbruck im Juni 2007.

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Gegen Ungerechtigkeit und gegen Verherrlichung von totalitären Staats-formen

Sich gesellschaftspolitisch einzu-setzen, klar die eigene Meinung zu vertreten und als Gewissen des Landes zu wirken, wo immer es notwendig erscheint, sehen die Schützen wohl seit jeher als ihren Auftrag an. Aus diesem Selbstverständnis heraus lässt sich leicht erkennen, warum sich die Schützen gegen Ungerechtigkeit und die Verherrlichung von totalitären Staatsformen auflehnen. Unsere Heimat ist einzigartig und darf nicht schlechten Ideologien zum Opfer fallen. Die Landeseinheit und das Va-terland Österreich sollen dabei nicht nur leere Worthülsen bleiben.

Kameradschaft mit gleich-gesinnten in ganz Tirol und in Bayern

Der Lohn allen Tuns könnte größer nicht sein: Dicke Kameradschaft mit Gleichgesinnten in ganz Tirol und in Bayern. Hier, wo sich Alt und Jung, Mann und Frau ohne Unterschied des gesellschaftlichen Standes mit einem freundschaftlichen „Du“ ansprechen, findet jeder seinen Platz und seine Aufgabe. Es spielt dabei keine große

Rolle, ob man als Schütze unter Ge-wehr ausrückt oder als Marketenderin neben dem Hauptmann in der ersten Reihe steht. Allen gemeinsam sind dieZiele, die Freude an der Traditions-pflege und die Bereitschaft, sich für die Heimat einzusetzen.

Liebe zur Heimat als Auftrag

Die Liebe zur Heimat bedeutet für Schützen vor allem auch die Liebe zu ihren Menschen. Spontane Nachbar-schaftshilfe und solidarische Aufgaben

Zusammenstehen, einander Heimat sein. In den Kompanien des Südtiroler Schützenbundes hat jeder den gleichen Stellenwert. Ob Student oder Unternehmer, ob Beamter, Bauer oder einfacher Arbeiter. Alle sprechen sich mit einem freundschaftlichen „Du“ an.

in den Gemeinden macht sie zum wichtigen Träger des in Tirol seit Jahrhunderten ausgeprägten Gemein-schaftssinns.

Gemeinsam Tirol erleben. Alt und Jung sind gleich viel wert.

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�0

Hartmuth Staffler

und

bewusstseinDas Heldentum - ein strapazierter Begriff. Neben vielen unscheinbaren Zeitgenossen sind für viele Schützen auch jene Menschen Helden, die in kriegerischen Auseinandersetzungen für die Heimat ihr Leben lassen müssen, auch wenn man damit scheinbar nicht immer dem Zeitgeist entspricht.

Wenn wir unserer Tiroler Freiheits-helden gedenken, so soll dies kein leeres Ritual sein, sondern ein echtes Gedenken und damit auch ein Nach-denken über unsere Geschichte, für die der Freiheitskampf 1809 ein ein-schneidendes, prägendes Erlebnis war. Echtes Geschichtsbewusstsein ist ja heute leider keine Selbstverständlich-keit. Es gibt Menschen, die glauben, dass man keine Wurzeln brauche, dass Traditionen überflüssig seien, dass Ge-schichte etwas für Rückwärtsgewandte sei, während wir im Heute leben und an das Morgen, nicht an das Gestern zu denken hätten.

Wer so spricht, beweist, dass er aus der Geschichte nichts gelernt hat. Seit den napoleonischen Kriegen hat Europa immer wieder schreckliche Katastrophen erlebt, ganz beson-ders im vergangenen Jahrhundert. Es waren Politiker, die glaubten, über die Geschichte erhaben zu sein und eine eigene, neue Geschichte schreiben zu können, es waren verblendete Ideolo-gen, die Millionen ins Verderben führ-ten. Machtbesessen und rücksichtslos wollten sie einen „neuen Menschen“

schaffen. Dabei haben sie die Ge-schichte nicht als Lehrmeister akzep-tiert, sondern entweder verleugnet oder als Machtinstrument verfälscht und missbraucht.

Bezeichnend ist, dass sowohl Napole-on als auch Mussolini mit dem Beginn ihrer Herrschaft auch eine neue Zeitrechnung einführten als Zeichen dafür, dass sie mit der Vergangen-heit gebrochen hatten. Noch heute kann man am Mussolini-Denkmal am Finanzamt in Bozen lesen, dass es im �0. Jahr der faschistischen Ära begon-nen wurde. Fertiggestellt wurde es ja erst im Jahr 1957 von einem Staat, der sich inzwischen demokratisch nannte. Dieser leichtfertige Umgang mit der Geschichte, die entweder geleugnet oder verfälscht wird, ist bezeichnend für Diktaturen, für menschenverach-tende Ideologien.

Echtes, das heißt ehrliches und auch selbstkritisches Geschichtsbewusst-sein ist hingegen die Grundlage für die gesunde Weiterentwicklung einer Gesellschaft auf der Grundlage ihrer überlieferten Werte.

Geschichtsbewusstsein braucht kon-krete Anhaltspunkte, und es braucht bewusst gelebte Rituale, also Feiern beziehungsweise Gedenkfeiern. Ein solcher Anhaltspunkt ist für Tirol das Gedenken an den Freiheitskrieg von 1809 und an den Tod Andreas Hofers

am �0. Februar 1810, in der Brixner Gegend auch an Peter Mayr, den Wirt an der Mahr, der am gleichen Tag wie Andreas Hofer in Bozen erschossen wurde. Die Tiroler Freiheitskämpfer von 1809 sind in letzter Zeit von gewisser Seite oft als rückständige, stockkonservative Bauern dargestellt worden, die sich gegen die modernen, aufklärerischen Ideen der franzö-sischen Revolution gestellt hätten. Als Beweis dafür wurde sogar herangezo-gen, dass sie sich gegen die von den Bayern eingeführte Pockenimpfung gewehrt hätten. Abgesehen davon, dass es auch heute noch durchaus respektable Impfgegner gibt, gehen solche Vorwürfe am Wesen der Sache vorbei. Sie sind vielmehr ein Beweis dafür, dass sich manche Berufskri-tiker an Kleinigkeiten aufhängen müssen, weil es ihnen in den wich-tigen, grundsätzlichen Dingen an Argumenten fehlt. Unsere Tiroler Vorfahren von 1809 waren nämlich in vieler Hinsicht fortschrittlicher als die Franzosen, die zwar eben erst eine Revolution gemacht hatten, dann aber in einen schlimmen, aggressiven Absolutismus zurückgefallen waren. Unsere Tiroler Vorfahren hatten sich ja ihre Freiheiten bereits lange vorher ohne blutige Revolution erworben, allen voran die Wehrfreiheit, die sie verpflichtete, ihr Land zu verteidigen, die sie aber von jeder Wehrpflicht außerhalb des Landes befreite. Und da kamen die Franzosen und die mit

Von HeldenGeschichts-

kritischem

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ihnen verbündeten Bayern daher, un-terwarfen im Namen ihrer Freiheit das Land, führten eine allgemeine Wehr-pflicht ein, erhöhten die Steuern und verboten eine Reihe von altvertrauten, liebgewordenen Bräuchen.

Sich dagegen aufzulehnen, wie es unsere Männer von 1809 getan haben, war also keineswegs reaktionär, son-dern es war eine aus dem Volke kom-mende Aktion der Selbstbehauptung und der Selbstbestimmung. Angesichts der Übermacht der Feinde und ihrer Brutalität gegenüber der Zivilbevölke-rung war der Kampf auf Dauer nicht zu gewinnen. Gerade in ihrer Nieder-lage sind aber unsere Männer vom Jahr 1809 zu Helden geworden. Wir ver-ehren sie nicht wegen ihrer erstaun-lichen militärischen Erfolge, sondern vor allem wegen ihrer menschlichen Größe auch in schweren Stunden.Peter Mayr hatte sich, nachdem der Kampf der Tiroler Landesverteidiger gegen den übermächtigen Gegner bereits aussichtslos geworden war, noch einmal zum letzten Widerstand in der Brixner Gegend hinreißen lassen. Die Folgen waren schreck-lich. Die Franzosen brannten zur Vergeltung rund �00 Bauernhöfe und beinahe 30 Ansitze um Brixen nieder und stürzten damit unzählige Familien in bittere Not. Peter Mayr hat dieses Elend schwer getroffen, weil er sich dafür mit verantwortlich fühlte. Er hätte sich durch Flucht in Sicherheit

bringen können. Aber nein, er hat sich beim Loaterer wenig oberhalb seines Mahrwirtshauses versteckt, fast als ob er auf seine Festnahme warten wollte, und er hat dann auf einen möglichen Freispruch verzichtet, weil er sich das Leben nicht mit einer Lüge erkaufen wollte. Es war wohl nicht nur die sicher vorhandene große Wahrheits-liebe, die Peter Mayr dazu getrieben hat. Es war auch eine große Liebe zu seinem Land und zu seinen Landsleu-ten. Er war bereit, die Verantwortung auf sich zu nehmen und sein Leben zu opfern, um damit vielleicht andere Landsleute zu retten. Diese Haltung macht ihn zum Helden, den wir zu Recht verehren. Dieser Geist von Peter Mayr und den anderen Männern von 1809 ist zum Glück auch heute noch zu spüren in vielen Menschen im Lande, die sich selbstlos für andere einsetzen.

Peter Mayr ist ein wunderbares Bei-spiel für diese Verbundenheit mit dem Land und seinen Leuten, das heißt für die Heimatliebe, die wir heute mehr denn je brauchen, gerade in dieser Zeit der Globalisierung.

Es gibt in unserem Lande leider noch Denkmäler, die die menschenver-achtende faschistische Ideologie und ihre brutale Aggressionspolitik gegen andere Völker verherrlichen. In der Mahr aber stehen wir vor einem Denkmal für einen Menschen, der

bewusstseinseine Mitmenschen und sein Land liebte und der sich dafür aufgeopfert hat. Erweisen wir ihm unsere Ehre und versuchen wir, in seinem Geiste für unser Land Tirol zu arbeiten.

Peter Sigmair, der Held der Vaterliebe. Peter Sigmair, geb. 1775 in Olang, Freiheitskämpfer 1809. Als die Franzosen, an seiner statt, den Vater verhaften wollten, stellte er sich und wurde am 14. Jänner 1810 in Olang hingerichtet.

Geschichts-Peter Mayr, der Held der Wahrheit. Anführer des Aufstandes von 1809. Als er in Gefangenschaft geriet, erhielt Peter Mayr die Möglichkeit, sich zu retten, indem er öffentlich erklärte, nicht gewusst zu haben, dass das Tragen von Waffen bei Todesstrafe verboten war. Doch er wollte sein Leben nicht durch eine Lüge erkaufen. Und wurde hingerichtet.

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Jungschützen waren im Statut des Südtiroler Schützenbundes ursprüng-lich gar nicht vorgesehen; in einigen Kompanien des Landes war man trotzdem bereit, begeisterte Buben einzukleiden und mitmarschieren zu lassen, auch wenn sie jünger als 16 Jahre alt waren. Es wurden ihrer aber immer mehr, so dass die Bundesleitung Ende der 70er-Jahre beschloss, ein Referat für die Jüngsten im Bund zu schaffen. Ebenso wurden in Kom-panien, Bezirken und Bundesleitung Betreuer ernannt. Das war der Beginn gezielter Jugendarbeit im Südtiroler Schützenbund. Die ersten Bundesbe-treuer hatten es allerdings nicht leicht, da sie zum einen absolutes Neuland betraten, zum anderen auch auf keinen Mitarbeiterstab als Unterstützung zurückgreifen konnten.

1996 beschloss die Bundesleitung, der Jugendarbeit mehr Gewicht zu geben. Da in den Kompanien immer mehr Mädchen aufgenommen wurden, wurde zusätzlich eine Bundesjugendre-ferentin ernannt.

Die beiden Referenten gingen als erstes daran, eine Jugendleitung, bestehend aus den Bezirksbetreuern und den Bezirksmarketenderinnen aufzubauen, da nur im Team effizi-ente und kontinuierliche Jugendarbeit gewährleistet werden konnte. Die Betreuer und Marketenderinnen aus den Bezirken machten mit viel Begeis-

terung mit. Regelmäßig stattfindende Sitzungen garantierten gute freund-schaftliche Kontakte und es wurde ein Schwerpunktprogramm erstellt.Ziel der Jugendarbeit ist laut der Sat-zung die religiöse und charakterliche Bildung und Festigung, die Förderung der Tiroler Gesinnung, Kameradschaft zwischen den Jungschützen und -marketenderinnen ganz Tirols unter-einander sowie das aktive Interesse für das Tiroler Schützenwesen, so dass die Jungschützen und -marketenderinnen als aktive Mitglieder in die jeweilige Schützenkompanie übertreten können, wenn sie es möchten.

In diesem Sinn wurden mehrere Pro-jekte erfolgreich umgesetzt:

• Aus der Erkenntnis heraus, dass Kinder mit einem chronologischen Bogen über 1000 Jahre Geschichte voller Daten und Namen überfordert sind, wurde angeregt, das Konzept für das Jungschützen-Leistungsabzeichen zu ändern. In der Folge wurden vier Broschüren unter dem Titel „Tirol anno . . .“ mit jeweils wechselnden Schwer-punktthemen verfasst. Mit deren Hilfe bereiten sich die Jungschützen darauf vor, zwölf Fragen zu beantworten und das Leistungsabzeichen in Bronze, Silber oder Gold – je nach Alter und Schwierigkeit – zu erwerben. Das Hauptziel dieser Initiative ist, die Neugier der Jungschützen auf die Ge-schichte unserer Heimat zu wecken.

Jungschützen

im Südtiroler

Schützenbund

Jugendarbeit

Die Flagge, welche bei den Zeltlagern der Jungschützen über dem Lager weht: „Wir Jungschützen bauen Tirol!“

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• Jungschützenschießwettbewerbe in allen Bezirken sollen die Freude am Schießsport wecken, außerdem werden die fünf besten Jungschützen ermittelt, die dann am jährlich stattfin-denden Tiroler Jungschützenschießen teilnehmen.

• Alle drei Jahre findet ein Tiroler Jungschützentreffen statt, es wird abwechselnd von den Jungschützenbe-treuern des Südtiroler Schützenbundes und des Bundes der Tiroler Schüt-zenkompanien (Nord- und Osttirol) veranstaltet.

• Das Jungschützenzeltlager findet seit dem Jahr �000 unter dem Motto „Abenteuer Heimat“ jährlich statt, und zwar jeweils in einem anderen Tal. Es bietet den Jungschützen Gelegenheit, sich gegenseitig kennen zu lernen und mit allen Ecken unserer Heimat vertraut zu werden.

• Die Bundesleitung gewann die Überzeugung, dass auch die 16-Jäh-rigen – obwohl nun schon aktive Schützen – als Jugendliche eine ihnen gemäße Aufmerksamkeit benötigen. So entstand �00� das Grundsemi-nar „Schützen – fit für den Alltag“, das seitdem jährlich veranstaltet wird. Übertretende Jungschützen und Neumitglieder werden über die Geschichte des Tiroler Wehrwesens, Geschichte, Struktur und Aufbau des Südtiroler Schützenbundes informiert

und bekommen die Möglichkeit, sich über Sinn und Inhalt der Gelöbnisfor-mel Gedanken zu machen.

• Schon seit längerem war der Wunsch nach einer eigenen Jung-schützenflagge vorhanden, ein junger Betreuer steuerte das Motto bei: „Wir Jungschützen bauen Tirol.“ Seitdem weht diese Flagge über jedem Zeltla-ger.

• Im Jahr 1999 wurde das Jungschüt-zenstatut neu formuliert und den Bedingungen des Jugendförderungsge-setzes angepasst.

Eine besondere Initiative wurde �006 in Zusammenarbeit mit dem Kulturre-

Burggräfler und Passeirer Jungschützen bei der Defilierung

ferat des Schützenbundes verwirklicht: In Erinnerung an die 158.000 Süd-Ti-roler Unterschriften für eine Rückkehr Süd-Tirols zu Österreich, die 19�6 dem damaligen Bundeskanzler Vigl übergeben wurden, überreichten Jung-schützen dem Nationalratspräsidenten Andreas Khol im Wiener Parlament eine Arbeitsmappe mit ihren Vorstel-lungen über die Zukunft Süd-Tirols.

Die Zahl der Jungschützen hat sich im letzten Jahrzehnt verdreifacht, obwohl die 16-Jährigen laut Statut zu den Schützen und Marketenderinnen übertreten. Dies bestätigt, dass die Jugendleitung mit ihrer Arbeit auf dem richtigen Weg ist.

Impressum:

Sondernummer der Tiroler Schützenzeitung 3-�008Eigentümer und Herausgeber: Südtiroler Schützenbund, Schlernstraße 1, Bozen Eingetragen beim Landesgericht Bozen 6/77.

Verantwortlicher Schriftleiter im Sinne des Pressegesetzes: Hartmuth Staffler. Die Tiroler Schützenzeitung versteht sich als Mitteilungsblatt des Südtiroler Schützen-bundes, des Welschtiroler Schützenbundes, des Bundes der Tiroler Schützenkompanien und der Bayerischen Gebirgsschützenkompanien.

Die Veranstaltungen zur 50-Jahr-Feier und diese Sondernummer konnten Dank der freundlichen Unterstützung der Autonomen Region Trentino-Südtirol, der Autonomen Provinz Bozen - Abteilung Familie und Kultur, sowie der Stiftung Südtiroler Sparkasse durchgeführt werden. Die Veranstaltung am Waltherplatz steht unter dem Ehrenschutz der Stadt Bozen.

Schriftleiter SSB: Martin Huber, Schlernstraße 1, 39100 Bozen

Druck: Athesiadruck, Bozen

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17. April 2008, Bozen: Waltherhaus, 4. Stock

10 Uhr: Pressekonferenz und Buchvorstellung 50 Jahre Südtiroler Schützenbund

26. April 2008, Bozen: Waltherplatz und Stadttheater

1�.30 Uhr: Eintreffen der Teilnehmer am Marschwettbewerb auf dem Waltherplatz

13 Uhr: Beginn des Marschwettbewerbes mit 11 Kompanien des Südtiroler Schützenbundes und der Musikkapelle Zwölfmalgreien

18 –18.30 Uhr: Angelobung der landesweiten Neuzugänge

18.30–19.30 Uhr: „Tiroler Zapfenstreich“ auf dem Waltherplatz, aufgeführt durch die Schützenkapelle Pichl, mit der Gesamt-Tiroler Ehrenformation

�0 Uhr: Abmarsch zum Stadttheater

�0.30 Uhr: Festversammlung im Stadttheater

Festprogramm

Die Veranstaltung am Waltherplatz steht unter dem Ehrenschutz der Stadt Bozen