Freundschaft - theologische-buchhandlung.de · 2016. 5. 16. · Wie wird »Freundschaft« zu einem...

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  • 1KU-Praxis 59 (2014)

    für die Arbeit mit Konfirmandinnenund Konfirmanden

    PRAXIS 59

    Freundschaft

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  • 2 KU-Praxis 59 (2014)

    Inhalt

    Editorial

    Uwe Martini Vorab ................................................................................................................................................................ 4

    Michael Meyer-Blanck 1974–2013 – 40 Jahre »Verein KU-Praxis«: Ein Rückblick ............................................................................ 5

    Orientierungen

    Marius Harring und Carsten RohlfsFreundschaft und Zugehörigkeit. Grundbedürfnis, Entwicklungsaufgabe und Herausforderungfür die schulische und außerschulische Bildungsarbeit ........................................................................................ 6

    Bausteine

    Stefan Kammerer»Freundschaft ist wie ein Regenbogen«. Ein Tag mit Konfirmandinnen und Konfirmanden ............................ 12

    Sabine Commichau und Dietmar GertsGut ist deine Liebe. Eine Lernstraße für die Konfirmandenarbeit ...................................................................... 17

    Thomas EbingerFreundschaft virtuell. Soziale Netzwerke im Konfi ........................................................................................... 21

    Andreas Große, Silvia Frey, Marie-Luise LautenbachMein bester Freund/Meine beste Freundin.Ein Wochenende zur Gestaltung eines Konfirmandengottesdienstes zum Thema »Freundschaft« ....................... 26

    Barbara SchleunigerMädchen sind anders – Jungs auch. Die Suche nach einer respektvollen Sprache ........................................ 30

    Robin Banerjee und TeamFreundschaft. Bausteine für eine Konfirmandenfreizeit ...................................................................................... 33

    Kai SteffenFreundschaftsanfrage von Jesus. Eine Jesus-Reihe im Zeitalter der neuen Medien ....................................... 39

    Gottesdienste

    Anette KleineFreundschaft bringt Licht ins Leben.Ein Vorstellungsgottesdienst mit Konfirmandinnen und Konfirmanden ................................................................. 47

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  • 3KU-Praxis 59 (2014)

    Inhalt

    Bildnachweis

    S. 8: Robin Banerjee; S. 9, 14, 15, 16: Stefan Kammerer; S. 17: Fotolia; S. 40, 42, 45, 57, 58: Kai Steffen; S. 53, 54: Annette Kleine

    Ergänzende Materialien zu den einzelnen Artikelnsowie eine pdf-Datei des Buchinhaltes finden Sie auf der beiliegenden CD-ROM

    Forum

    Sönke von Stemm»Viele Freunde bei Facebook – das war was!« Ein Interview mit einem fast noch jugendlichen Teamerzur Nutzung von Facebook in der Konfirmandenarbeit ........................................................................................ 56

    Kai SteffenEin bisschen kuscheln. Ideenbausteine für eine sexualpädagogische Arbeit in der Konfirmandenzeit ............... 57

    Sönke von StemmSchnäbi. Ein Kurzfilm zum Mitfühlen! Oder: Warum Freundschaft und Beziehung stärker sind als Gewalt. .... 60

    Sönke von Stemm»Arme Kinder haben keine Freunde?!«Armut als Thema in der Konfirmandenarbeit. Arbeit mit Kurzfilmen aus dem Projekt »Zukunft(s)gestalten« ........... 63

    Impressum ...................................................................................................................................................... 64

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    Vorab

    Mit meinen Freunden zusammen hab ich einfach unheimlich viel Spaß. Wir hängen rum und chillen. Meine Freundin nimmt mich so wie ich bin. Mein Freund hilft mir bei Aufgaben, die ich allein nicht schaffe. Er hilft auch beim Schummeln. Mit der Freundin kann ich über alles, einfach alles reden. Dem Freund kann ich vertrauen, auch wenn ich keinem sonst vertrauen kann. In der Freundschaft reden wir über alles, was echt wich-tig ist. Der »beste Freund« kennt meine Geheimnisse und ich seine. Die Freundin ist wichtiger als Geschwister und der Freund wichtiger als die Eltern. Allerdings können solche Freundschaften zerbrechliche Gebilde sein. Sie können von einem Tag auf den anderen enden, wenn etwa auf einmal eine andere »beste Freundin«, ein anderer »bester Freund« auf-taucht. In einer falschen Clique sein, kann fatale Konsequenzen haben. Ein missbrauchtes Vertrauen führt in eine Lebenskrise.Freundschaften ermöglichen es den Jugendlichen mehr über sich selbst zu erfahren und sich in verschiedenen Rollen aus-zuprobieren. Waren es im Kindesalter eher Spielkameraden, werden Freunde nun in der Jugendzeit zu Vertrauten und Ge-fährten. Freundschaften bieten einen geschützten Raum, in dem die Entdeckung des Selbst stattfindet, in dem Eigenwahr-nehmung und Wahrnehmung durch andere in eine spannungs-volle Beziehung gebracht werden kann. Die Zugehörigkeit zu Freundschafts-Cliquen schafft Feedbackstrukturen. Dies kann zu einer verbesserten Selbsteinschätzung, zu einem höheren Selbstwertgefühl und auch mehr Selbstsicherheit führen. Freundinnen und Freunde geben einem das Gefühl, dass man zusammengehört und dass man Menschen hat, die das Leben mit einem teilen. Oft sind dabei die Freundschaften gar nicht so eindeutig, sondern sehr ambivalent und es wird gar oft gerangelt und kritisiert. Man freut sich miteinander, mal leidet aber auch aneinander.Wie wird »Freundschaft« zu einem Thema evangelischer Kon-firmandenarbeit? Mit den sogenannten Lebensthemen tun wir

    uns oft schwer. Wie suchen dann stets additiv den »theologi-schen Bezug«. Beim Thema »Freundschaft« fällt uns Verläss-lichkeit und Vertrauen und bei verlässlichen Beziehungen Gott und oder Jesus ein. Oder wir suchen nach biblischen Beispiel-geschichten für Freundschaft. Ich glaube mittlerweile, dass die Verortung lebensweltlicher Themen in der Konfi-Arbeit an-ders zu denken ist. Die Jugendlichen sollen lernen, was es bedeutet, als Christ und Christin zu leben. Also stehen wir als Verantwortliche in der Konfirmandenzeit in der Pflicht, mit ih-nen darüber zu reden und zu streiten, was es bedeutet, als Christ Freundschaften zu pflegen, Freunde zu haben und an-deren Freund zu sein. Ich bin angefragt, als Christ meine Hal-tungen rückzubinden an meine Überzeugungen und diese Rückbindung auch zu reflektieren und zu kommunizieren. Die Jugendlichen können dann ausprobieren, an welcher Stelle sie »andocken« können. Sie können austesten, ob und wie die christliche Überzeugungen und Inhalte, die sie an uns ent-decken, für sie hilfreiche Orientierung bieten.Möglicherweise komme ich beim Thema Freundschaft auf mein Menschenbild, oder auf mein Gottesbild, oder auf eine be-stimmte Vision des Zusammenlebens von Menschen. Aber ich bin sicher, dass solche reflektierten Haltungen, in denen Christ-sein erkennbar und in seinen Konsequenzen erfahrbar wird, für Jugendliche spannend ist. Also: Bevor Sie eine der in die-sem Heft vorgestellten Impulse zum Thema »Freundschaft« ausprobieren, stellen Sie sich dieser Herausforderung und überlegen einmal, worin spiegeln sich meine christlichen Über-zeugungen, meine evangelische und meine ganz persönlichen theologischen Wahrheiten in meinen Freundschaften. Kann ich das für mich beschreiben? Bin ich dort als Christ erkennbar? Und mit diesen eigenen gewonnene Erkenntnisse gehen Sie in die Auseinandersetzung mit Ihren Konfis. Sie werden sich wundern, was dann alles geschehen kann.

    Uwe Martini

    Editorial

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    Editorial

    1974–2013 – 40 Jahre »Verein KU-Praxis«: Ein R ückblick

    Mit Ablauf des Jahres 2013 hat sich der Verein KU-Praxis auf-gelöst und die rechtliche Verantwortung für die Schriftenreihe geht an das Gütersloher Verlagshaus über. Die Leserinnen und Leser und die Verantwortlichen für die Konfirmandenarbeit wer-den von diesem Wechsel nichts merken, da die Zeitschrift schon seit der ersten Nummer im Jahre 1974 ihren verlegeri-schen Ort im Gütersloher Verlagshaus gefunden hatte. Den-noch sind einige wenige Bemerkungen zu dem Wechsel sinn-voll, da der Verein KU-Praxis für eine besondere, basisorientierte Publikations- und Rechtsform steht. Diese entsprach der Auf-bruchszeit in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts und war an den Prinzipien »Kirchenreform durch Konfirman-denunterricht« sowie »Innovation durch Basisorientierung« ori-entiert. Die Dozenten für Konfirmandenunterricht an den Reli-gionspädagogischen Instituten, Weert Flemmig in Loccum sowie seine Kollegen Klaus Hahn in Bonn-Bad Godesberg, Hans-Peter Martensen in Kiel, Klaus Meyer zu Uptrup in Stutt-gart, Klaus Middel in Heidelberg sowie Johannes Opp in Heils-bronn, sie waren Redaktion, Ideengeber und Verein zugleich. Die Zeitschrift wurde in enger Zusammenarbeit mit den Refe-renten für Konfirmandenunterricht in den landeskirchlichen Arbeitsstellen, Katechetischen Ämtern und Religionspädago-gischen Instituten herausgegeben. Dies schaffte eine weite Verbreitung und ermöglichte zahlreiche Impulse aus der Praxis. 40 Jahre lang hat der Verein KU-Praxis grundlegende Verän-derungen im Konfirmandenunterricht nicht nur begleitet, son-dern diese auch vielfach selbst angestoßen.Ziel des Vereins KU-Praxis war es unter anderem, in einer Zeit, in der der Konfirmandenunterricht als pädagogisch ver-krustet wahrgenommen wurde, einen neuen didaktischen Zugriff anzuregen. Die Inhalte sollten nicht mehr nur von der

    kirchlichen Tradition, sondern primär von den Bildungspro-zessen Jugendlicher her erschlossen werden. Dazu traten die neuen Arbeitsformen wie beispielsweise Konfirmandenprak-tikum, Gottesdienstvorbereitung durch Konfis und schließlich die Konfi-Camps. Wenn heute nicht mehr von »Konfirman-denunterricht«, sondern von »Konfirmandenarbeit« die Rede ist und sich darüber hinaus diese Konfirmandenarbeit als ein zentrales Feld von Bildungsarbeit in der Gemeinde profiliert hat, dann hat zu dieser Veränderung auch KU-Praxis beige-tragen.Das Gütersloher Verlagshaus ist ein guter verlegerischer Ort für die Schriftenreihe, weil es sich der Tradition und dem Erfolg des Vereins verpflichtet sieht. KU-Praxis soll auch weiterhin Impulse für eine lebendige und vielfältige Konfirmandenarbeit bieten. Dabei liegen die Herausforderungen heute nicht mehr darin, im Raum der Volkskirche neue Wege etablieren zu müs-sen. So wichtig dies bleibt: Gegenwärtig erfolgt die Konfir-mandenarbeit in einem Umfeld, in dem Kirche und Glaube an Selbstverständlichkeit verloren haben. Es geht in dieser Situ-ation darum, Konzepte zu entwickeln und zu begleiten, die für viele Jugendliche attraktiv sind und die es ihnen ermöglichen, in der Konfirmation ein »Ja« zur eigenen religiösen Geschichte zu sagen und zu einer begrenzten, aber ernst genommenen Verantwortung für Kirche und Gemeinde zu finden. Kurz: Auch weiterhin kann das Programm der Schriftenreihe mit der tref-fenden und einprägsamen Formulierung des ersten Heftes von KU-Praxis aus dem Jahre 1974 umschrieben werden: »Lernen, was es heißt, als Christ in unserer Zeit zu leben.«

    Für die Herausgeberinnen und HerausgeberMichael Meyer-Blanck

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  • Orientierungen

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    Marius Harring und Carsten Rohlfs

    Freundschaft und ZugehörigkeitGrundbedürfnis, Entwicklungsaufgabe und Herausforderungfür die schulische und außerschulische Bildungsarbeit

    Soziale Beziehungen zu Gleichaltrigen haben für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eine zentrale Bedeu-tung, da sie sowohl im Hinblick auf Inte-grationsprozesse als auch vor dem Hin-tergrund von Anerkennung, Wohlbefinden und eigener Selbstvergewisserung eine wichtige Rolle einnehmen. Speziell im Ju-gendalter scheinen Peers allgegenwärtig zu sein und entwickeln dabei nicht nur hinsichtlich der Freizeitgestaltung, son-dern darüber hinaus auch bezogen auf die (kulturelle) Lebensführung und soziale Orientierung eine hohe Relevanz. Peers lösen im Rahmen dieser Altersphase in vielen Bereichen die Familie als primäre Bezugsinstanz ab und eröffnen damit neue Bildungs- und Sozialisationsräume (vgl. z. B. Krüger et al. 2008, 2010, 2012; Harring et al. 2010). Entsprechend be-deutet Lernen in der Jugendphase größ-tenteils auch Lernen mit und von Gleich-altrigen1 (vgl. Grunert 2007, 26), womit laut Du Bois-Reymond (2000) – in Anleh-nung an Bourdieu – die Entwicklung von »Peerkapital« einhergeht. Die Wirksam-keit der Peerbeziehungen im Jugendalter kann dabei auf das Konzept des »sozia-len Lernens« zurückgeführt werden, in dem die Freundin bzw. der Freund als Modell fungiert und unterschiedliche Bil-dungsprozesse auslöst (vgl. Krappmann 2010). Auf diese Weise haben Peerbezie-hungen – insbesondere Freundschaftsbe-ziehungen – einen bedeutsamen Einfluss auf den Erwerb von fachlichen und über-fachlichen Kompetenzen (vgl. hierzu ge-nauer Harring 2011, S. 108ff.) und bieten unter dieser Perspektive vielfältige Lern-, Erfahrungs- und Experimentierchancen, welche zur Entwicklung eigener Lebens-stile, Normen, Werte und Ausdruckswei-sen dienen (vgl. Engel/Hurrelmann 1993, 82).

    Die Bedeutung vonFreundschaften und Cliquenin der Lebensphase Jugend

    Die Präsenz der »besten Freundin« bzw. des »besten Freundes« ist für die Jugend-lichen seit den 1950er Jahren immer selbstverständlicher geworden: In den 1950er Jahren gaben lediglich 64 % der Jugendlichen unter 20 Jahren an, eine Freundschaftsbeziehung aufgebaut zu haben (Hurrelmann 1999, 150). Demge-genüber bekunden in aktuellen Studien rund 90 % der jugendlichen Befragten, ihre Freizeit nicht alleine, sondern in ers-ter Linie im Kontext von Gleichaltrigen-beziehungen zu gestalten (vgl. Harring 2011 sowie auch Deutsche Shell 2000, 209). Diese Zahlen spiegeln die beträcht-

    lich angewachsene Rolle dieser Form der sozialen Bindung wider. Dabei besteht der Kreis der Freunde nur selten aus le-diglich einer Bezugsperson. Vielmehr pflegen die weitaus meisten Jugendli-chen über die Vertrauensbeziehung zum »besten Freund« bzw. zur »besten Freun-din« hinaus weitere Freundschaftskon-takte. Vorwiegend ab etwa dem 14. Le-bensjahr gewinnt eine gelockerte Form von Gleichaltrigengruppierungen an Be-deutung, die häufig als »Cliquen« be-zeichnet werden (vgl. hierzu auch Hurrel-mann/Quenzel 2012, 173; Scherr 2010, 75ff.).Die Cliquen-Mitgliedschaft2 Jugendlicher hat dabei gegenüber den 1960er Jahren stark zugenommen: Berichteten zu Be-ginn der 1960er Jahre gerade mal 16 %

    Abbildung 1: Cliquenzugehörigkeit nach Altersstufen und Geschlecht.Jugendliche im Alter von 10 bis 22 Jahren. (n [männliche Jugendliche] = 190; n [weibliche Jugendliche] = 228; n [Gesamt] = 418)(Harring 2011, 107)

    10–12jährige 13–15jährige 16–18jährige 19–22jährige

    20 %

    40 %

    60 %

    80 %

    38,7 33,9 35,6

    59,3 59,0 59,1

    71,9 63,6 67,5

    56,3 66,7 59,1

    männlich

    weiblich

    gesamt

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