Führer durch die Stadt Mělník 1

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1 Führer durch die Stadt Mělník Sieh da, diese zahlreichen Besucher unseres altehrwürdigen Mělník, wie sie durch die Stadt irren, nicht wissend, wohin sie sich in Unkenntnis der zahlreichen Denkmäler und Sehenswür- digkeiten wenden sollen, an denen unsere Stadt und ihre Umgebung so reich sind! Und da ha- be ich mich entschlossen, diesen „Führer“ zu verfassen... Ganz gleich von welcher Seite wir uns Mělník nähern, so sehen wir bereits aus der Ferne, wie es sich auf der hübschen Anhöhe malerisch ausbreitet. Namentlich der majestätische Turm der Kirche ist nicht nur bereits vom Aussichtsturm auf dem Laurenziberg zu sehen, son- dern auch vom Milleschauer Berg, vom Jeschken, vom Bösig und anderen höheren Stellen der nördlichen Hälfe unseres Königreichs aus. Zur malerischen Lage von Mělník trägt allerdings nicht wenig bei, dass es über dem Zu- sammenfluss unserer großen Landesströme Elbe und Moldau liegt, dem sich jetzt als Drilling der Lateralkanal Hořín – Vraňany gesellt. Die reizvolle Lage ergänzen die sich um Mělník ausbreitenden Gärten, Parks, Haine und Weinberge, von denen die letzteren unserem Mělník seinen weltweiten Ruf als Quelle des wohlbekannten und berühmten Mělníker Weins eroberten. Jedoch auch unterschiedliche Denkmäler und Sehenswürdigkeiten, die unsere Stadt in ih- rem Schoß birgt, zu denen sich in der neuesten Zeit die moderne Hoříner Wasserschleuse ge- sellt, locken immer mehr Ausflügler hierher, die, alles sich beschauend und an der zauberhaf- ten Aussicht auf die weite Umgebung sich labend, nur ungern von der Stadt und unserem Wein Abschied nehmen. B. Marjanko: Malerischer Führer durch Mělník und Umgebung, 1906 Die Worte des einhundert Jahre alten Stadtführers für Mělník können auch heute die Seiten eines Führers durch die ehemalige königliche Stiftsstadt eröffnen. Bis heute be- grüßt der Turm der Kirche des hl. Petrus und Paulus den Besucher, auch wenn die dreiek- kige Silhouette der Stadt mit dem höchsten Punkt gerade im Kreuz des Turms aufgrund der sich ausbreitenden Bebauung nicht mehr so klar sichtbar ist. Weinberge finden wir eher in einem entfernteren Ring vom historischen Kern, in dem sich uns aber zahlreiche Möglichkeiten bieten, den Wein Mělničina zu probieren, ähnlich wie es z.B. P. D. Bartoloni machte und anschließend in der Hymne auf den Mělníker Wein schrieb (1694): „… eilen wir alle ohne Unterlass – meinen ausgezeichneten Mělníker Wein zu trinken …“ Wir kön- nen in aller Ruhe auf dem Aussichtspunkt sitzen und den Horizont mit dem sagenhaften Berg Říp betrachten oder noch weiter bis zu den Gipfeln des Böhmischen Mittelgebirges schauen. Und wenn unser Blick über die Weinberge den Hügel hinuntergleitet, werden wir Zeugen der ständigen Verbindung der beiden größten böhmischen Flüsse, zu denen sich der Lateralkanal gesellt, der in der Zeit von B. Marjanko ein ganz neuer, moderner Bau war, heute jedoch bereits zu den technischen Denkmälern gehört. Gerade die Aussicht macht unsere Stadt einzigartig, die jedoch bei der Besichtigung der Stadt, die zwar keinen großen Raum einnimmt, aber durch mehr als zehn Jahrhunder- te führt, auch weitere Anregungen zum Stehenbleiben bietet. Einleitung

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1Führer durch die Stadt Mělník

Sieh da, diese zahlreichen Besucher unseres altehrwürdigen Mělník, wie sie durch die Stadt irren, nicht wissend, wohin sie sich in Unkenntnis der zahlreichen Denkmäler und Sehenswür-digkeiten wenden sollen, an denen unsere Stadt und ihre Umgebung so reich sind! Und da ha-be ich mich entschlossen, diesen „Führer“ zu verfassen...

Ganz gleich von welcher Seite wir uns Mělník nähern, so sehen wir bereits aus der Ferne, wie es sich auf der hübschen Anhöhe malerisch ausbreitet. Namentlich der majestätische Turm der Kirche ist nicht nur bereits vom Aussichtsturm auf dem Laurenziberg zu sehen, son-dern auch vom Milleschauer Berg, vom Jeschken, vom Bösig und anderen höheren Stellen der nördlichen Hälfe unseres Königreichs aus.

Zur malerischen Lage von Mělník trägt allerdings nicht wenig bei, dass es über dem Zu-sammenfluss unserer großen Landesströme Elbe und Moldau liegt, dem sich jetzt als Drillingder Lateralkanal Hořín – Vraňany gesellt.

Die reizvolle Lage ergänzen die sich um Mělník ausbreitenden Gärten, Parks, Haine und Weinberge, von denen die letzteren unserem Mělník seinen weltweiten Ruf als Quelle des wohlbekannten und berühmten Mělníker Weins eroberten.

Jedoch auch unterschiedliche Denkmäler und Sehenswürdigkeiten, die unsere Stadt in ih-rem Schoß birgt, zu denen sich in der neuesten Zeit die moderne Hoříner Wasserschleuse ge-sellt, locken immer mehr Ausflügler hierher, die, alles sich beschauend und an der zauberhaf-ten Aussicht auf die weite Umgebung sich labend, nur ungern von der Stadt und unserem Wein Abschied nehmen.

B. Marjanko: Malerischer Führer durch Mělník und Umgebung, 1906 Die Worte des einhundert Jahre alten Stadtführers für Mělník können auch heute die Seiten eines Führers durch die ehemalige königliche Stiftsstadt eröffnen. Bis heute be-grüßt der Turm der Kirche des hl. Petrus und Paulus den Besucher, auch wenn die dreiek-kige Silhouette der Stadt mit dem höchsten Punkt gerade im Kreuz des Turms aufgrund der sich ausbreitenden Bebauung nicht mehr so klar sichtbar ist. Weinberge finden wireher in einem entfernteren Ring vom historischen Kern, in dem sich uns aber zahlreiche Möglichkeiten bieten, den Wein Mělničina zu probieren, ähnlich wie es z.B. P. D. Bartoloni machte und anschließend in der Hymne auf den Mělníker Wein schrieb (1694): „… eilen wir alle ohne Unterlass – meinen ausgezeichneten Mělníker Wein zu trinken …“ Wir kön-nen in aller Ruhe auf dem Aussichtspunkt sitzen und den Horizont mit dem sagenhaften Berg Říp betrachten oder noch weiter bis zu den Gipfeln des Böhmischen Mittelgebirges schauen. Und wenn unser Blick über die Weinberge den Hügel hinuntergleitet, werden wir Zeugen der ständigen Verbindung der beiden größten böhmischen Flüsse, zu denen sich der Lateralkanal gesellt, der in der Zeit von B. Marjanko ein ganz neuer, moderner Bau war, heute jedoch bereits zu den technischen Denkmälern gehört.

Gerade die Aussicht macht unsere Stadt einzigartig, die jedoch bei der Besichtigung der Stadt, die zwar keinen großen Raum einnimmt, aber durch mehr als zehn Jahrhunder-te führt, auch weitere Anregungen zum Stehenbleiben bietet.

Einleitung

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2 Führer durch die Stadt Mělník

GeschichteMělník – ein Ort der mit den Anfängen des Aufbaus des

tschechischen Staates verbunden ist, Stiftsstadt der tsche-chischen Fürstinnen und Königinnen

Der historische Kern der Stadt Mělník, also die mittel-alterliche Stadt innerhalb der Stadtmauern, entwickelte sich im Raum der ursprünglichen Burgstätte, die Pšov ge-nannt wurde, deren Befestigung durch eine archäologi-sche Untersuchung ins 9. Jahrhundert zurück nachgewie-sen ist. Durch die Eheschließung des ersten historisch belegten böhmischen Fürsten Bořivoj im Jahr 874 mit Ludmila, der Tochter des Fürsten Slavibor, ging Pšov unter die Verwaltung der Přemysliden über. Es wurde einer der Stützpunkte am Rand ihrer mittelböhmischen Domäne und später eines der Zentren des Burgsystems, also der Verwaltungsanordnung, die am Ende des 10. Jh. vom Für-sten Boleslav II. errichtet wurde. Seine Frau Emma ließ hier Münzen prägen – Denare, auf denen ihr Name (Emma Re-gina) und auch die Benennung Mělník (Civitas Melnic)

auftaucht, was die Wand-lung der Ortsbezeichnung belegt. Nicht nur die eige-nen Münzen sind ein Beweis für die Außerge-wöhnlichkeit Emmas. Ein weiterer ist die Handschrift der Gumpold-Legende über den hl. Wenzel, wel-che die Fürstin Anfang des 11. Jh. von der berühmten Malereischule in Fulda illu-strieren ließ und auf deren erster Seite Emma selbst ist, wie sie sich vor dem hl. Wenzel verneigt. Es gibt auch Ansichten, dass unter Emmas Wirken in Mělník das Stiftskapitel bei der Kirche des hl. Petrus und Paulus, die zu den ältesten in Böhmen gehört, ge-gründet wurde. Ihr erster nachgewiesener Probst war Severus, dem Kosmas seine „Chronik von Böhmen“ widmete (1125). Wohl gerade aus Emmas Zeiten stammt die Tradition von Mělník als Stifts-sitz der böhmischen Fürstinnen und Königinnen.

Als Stadt wird Mělník erstmals in der Urkunde des Kö-nigs Přemysl Otakar II. vom 25. November 1274 erwähnt, wo der Herrscher den Mělníkern einen privilegierten An-teil aus dem Elbehandel erteilt. Die Stadt war Besitzer ei-ner Reihe weiterer Rechte (z.B. das Meilenrecht, das Sie-derecht, das Blutrecht, das Marktrecht, das Recht auf Nutzung des Baches Pšovka, das Privileg der Unveräußer-lichkeit und Unverpfändbarkeit der städtischen Besitzun-gen). Im Jahr 1449 erhielt die Stadt das Recht, über ihre Angelegenheiten selbst zu entscheiden, mittels von Schöf-

fen mit dem Bürgermeister an der Spitze. Die bisherige Gerichtsstätte wurde zum Rathaus.

Damals hatte die Stadt bereits die unruhigen Zeiten der Hussitenkriege hinter sich, wo sie sich 1421 auf die Seite der gemäßigten Prager schlug und sich als einzige Stadt neben dem katholischen Pilsen an der Niederlage der Taboriten und Waisen durch die Kelch-Katholiken-Ko-alition in der Schlacht von Lipan am 30. Mai 1434 beteilig-te. Im Verlauf der Kriege erlosch das Mělníker Kapitel und die Stadt wurde utraquistisch, hier fanden auch einige Versammlungen und Treffen der Utraquisten (1438, 1439,1442) statt.

An Ruhm gewann die Stadt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts dank dem Weinanbau, dessen Anfänge hier bereits ins Ende des 9. Jahrhunderts fallen, allerdings wur-den die Voraussetzungen für seine tatsächliche Entwick-lung erst unter Karl IV. (1346–1378) geschaffen, der Wein-reben aus Burgund in das Gebiet von Mělník einführen ließ, und er errichtete für den Schutz der Weinberge ein spezielles Bergmeisteramt. Karl IV. erklärte ebenso Mělník als eine dauerhafte königliche Leibgedingstadt. In Mělník hatten ihren Sitz Kunigun-de von Ungarn, die Ehe-frau von Přemysl Ottokar II., Elisabeth Přemyslovna, die Ehefrau von Johann von Luxemburg, die hier im Jahr 1322 den Sohn Jo-hann Heinrich gebar, den späteren Markgraf von Mähren, Elisabeth von Pommern, die Ehefrau von Karl IV., Sophie, die Ehefrau von Wenzel IV., Barbara von Cilli, die Ehefrau von Sigismund von Luxem-

Geschichte

Luftaufnahme von Mělník – im Grundriss ist die Grenze der ursprünglichen Stadt in den Burgwällen erkennbar

Denar der Fürstin Emma(um das Jahr 1000)

Stadtsiegel vom Beginn des 14. Jahrhunderts

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burg, Johanna von Rosental, die Ehefrau von Georg von Podiebrad, die 1475 in Mělník starb und hier beerdigt wurde. Ihr Sitz war eine Burg, ursprünglich eine romani-sche, später gotische, die sich ab dem 16. Jahrhundert in ein Schloss zu verwandeln begann. Dieses war zuerst als Pfand und dann als Eigentum in Besitz von Adelsge-schlechtern, von den bedeutendsten nennen wir die Ber-kas von Dubá, die Czernins und das Geschlecht der Lobko-wiczer.

Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts mit den Ereignis-sen des Dreißigjährigen Kriegs (1618 –1648) brachte einer Reihe von Städten Leid. An den böhmischen Ständeauf-stand (1618 –1620) schloss sich Mělník gemäßigt an (Aus-leihen an Direktoren, durch Anerkennung der Wahl von Friedrich von der Pfalz), aber trotzdem wurde die Stadt bestraft – durch Konfiskationen von Vermögen, es beganndie stufenweise Rekatholisierung, und so war im Jahr 1628 seine Bevölkerung bereits überwiegend katholisch. Mělník musste sich mit feindlichen Militäreinfällen ausein-andersetzen, insbesondere von Sachsen und Schweden, es wurde ebenso von verheerenden Bränden (1646, 1652, 1681) heimgesucht, durch die Tore der Stadt trat der

schwarze Tod (Pest). Die Kir-che, das Schloss und auch das Rathaus wurden be-schädigt, „dem Verderben fielen auch die Schule, dasSpital, das Kirchengut, die Burgwälle und andere Bau-ten anheim, die Felder wur-den verwüstet, die Wein-berge lagen brach“.

Auch das achtzehnte Jahrhundert mit den öster-reichischen Erbschaftskrie-gen (1740 – 1748) und dem

Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) brachten der Stadt be-deutsamen Schaden, am stärksten wurde sie jedoch von dem Brand im Jahr 1765 heimgesucht, der 42 Häuser zer-störte, einschließlich des Rathauses und des Kapuziner-klosters. Danach folgte eine weitere Etappe der barocken Umwandlung der Stadt.

Zur Entwicklung der Stadt kam es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, im Zeitraum der sich entfaltenden Nationalbewegung, deren Hauptträger in Mělník der Leh-rer Josef Věnceslav Vlasák und der Dekan Antonín Hnojek waren, seine Rolle spielte auch das Mělníker Theaterwe-sen. Eine wahrhafte Entfaltung des bürgerlichen Lebens brachte erst der Fall des Bach-Absolutismus (1859). Es ent-standen Verbände und Vereinigungen, von denen einige besonders aktiv waren, wie bspw. der Gesangsverein (1862) oder der Sokol (1868).

Im Jahr 1850 wurde Mělník Kreisstadt, in der die ent-sprechenden Institutionen ihren Sitz hatten – die Haupt-mannschaft, die Gendarmerie, das Gericht. Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung waren die Verkehrswe-ge – im Jahr 1874 wurde Mělník an die Eisenbahnstrecke

angebunden (Nordwestbahn), im Jahr 1888 wurde eine Brücke über die Elbe errichtet, am Ende des 19. Jahrhun-derts entstand der Umschlagsplatz, die Grundlage des späteren Hafens. Es wurden Geldinstitute gegründet. Die zweite Hälfte des 19 Jahrhunderts brachte ebenso eine Entwicklung des Fach- und Mittelschulwesens. Bis heute existiert die im Jahr 1885 errichtete Obst- und Weinbau-schule, deren Entstehung das wachsende Interesse am Weinbau widerspiegelt. Die landwirtschaftliche Produkti-on orientierte sich ebenfalls auf den Anbau und die Verar-beitung von Zuckerrüben, im Jahr 1869 begann die Zuk-kerfabrik zu arbeiten, für lange Zeit das einzige Industriewerk in der Stadt.

Weitere begannen in der Nähe von Mělník nach der Verkündung der selbständigen Tschechoslowakischen Republik (1918) in den Gemeinden zu entstehen, die im Jahr 1923 mit Mělník verbunden wurden (Pšovka, Mlazice, Rousovice). Es begann eine viel versprechende Entwick-lung der Stadt, systematisch und fachlich von dem neu gegründeten Bauamt (1926) geleitet, an dessen Spitze Ing. J. B. Zelený stand. Es wurde die Wohnbebauung um ein Villenviertel erweitert, es wurden die städtischen tech-

Geschichte

Tschechische Übersetzung der Urkunde von Přemysl Otakar II. vom 25. November 1274

Stadtwappen von Mělník am Rathaus. Es verbindet den böhmischen Löwen als Landes- und Königszeichen und den Adler als Zeichen der Přemysliden.

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nischen Anlagen (Wasserleitung, Kanalisation) errichtet, die Straßen wurden neu her-gerichtet, es wurden neue öffentliche Gebäude erbaut (bspw.: Postamt, Kulturhaus,Wirtschaftssparkasse, Kreisamt) und Anlagen, die zur sportlichen Tätigkeit und zur Er-holung dienten (bspw. öffentliche Bäder, Ruderklub), das Rathaus wurde hergerichtet.Es wurde ebenso der Verkehr in der Stadt gelöst, mit dem Ziel, den historischen Kern zu schützen. Alle Vorhaben wurden jedoch nicht erfüllt. Die hoffnungsvoll begonneneurbanistische Wandlung der Stadt Mělník, wo sich die Werte der historischen Bebau-ung mit der modernen Entwicklung gegenseitig respektierten und ergänzten, wur-den von den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs gestoppt. Mělník wurde Grenzstadt des Protektorats mit Sitz der Okkupationsbehörden. Befreit wurde Mělník am 10. Mai 1945 von den Soldaten der 1. ukrainischen Front, in deren Reihe sich auch die 2. pol-nische Armee an den Kämpfen beteiligte. Diesem freudigen Moment ging jedoch un-mittelbar eine Tragödie voraus, als Mělník am 9. Mai 1945 von der 2. sowjetischen Luft-armee bombardiert wurde, mit dem Ziel, den Rückzug der deutschen Einheiten in die Gefangenschaft zu den Amerikanern einzugrenzen. Es kamen 27 Mělníker Bürger ums

Leben, die am Ende der Reihe der Kriegsopfer stehen – neben den Angehörigen des zweiten Widerstands der inländischen und ausländischen sowie der jüdischen Mit-bürger.

Während es das Mělník unter der Ersten Republik schaffte, das historische mitdem Modernen zu verbinden, war das Mělník der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun-derts bereits weniger rücksichtsvoll. Es wurde der zentrale historische Teil der Pra-ger Vorstadt liquidiert und durch einen neuen Aufbau ersetzt, der die Stadt unwie-derbringlich beschädigte. In der Umgebung wuchsen chemische und energetische Industrieobjekte.

Trotzdem behielt die Stadt durch ihre Lage auf einer Anhöhe, die ein Gefühl der Ungezwungenheit und Freiheit verleiht, ihren Zauber und trägt auch weiterhin die Aussage über ihre mehr als tausendjährige Geschichte in sich.

Geschichte

Mělník aus der Vogelperspektive; Chronik von J. J. Albrecht

Vedute der Stadt Mělník, 1771; Chronik von J. J. Albrecht

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5Führer durch die Stadt Mělník

PersönlichkeitenJede Stadt hat ihre steinernen Objekte, Naturdenkmäler,

Interessantheiten und Schönheiten, Gedenkbäume, deren Beschreibung – kurz und bündig oder ausführlicher – Inhalt von Informationsmaterialien ist. Weniger Aufmerksamkeit wird bereits den Menschen gewidmet, die den gegebenen Ort formten, ihn in der Weiterentwicklung voranbrachten, ihm Leben einhauchten und für dessen Entwicklung sie uner-lässlich waren. Mussten Sie immer berühmt sein? Viele von denen, die im Zeitraum ihres Lebens bekannt waren, gerieten heutzutage (unberechtigt) in Vergessenheit, einige sind all-gemein bekannt. Wem die Aufmerksamkeit schenken? Den böhmischen Fürsten und Königinnen, denen Mělník gehörte und von denen viele hier lebten? Den Bürgermeistern und Ratsherren, den gewählten Gemeindevertretern, denen das Vertrauen gegeben wurde, damit sie die Stadt verwalteten? Sollen wir von denen sprechen, die zwar von hier stammten, aber deren Lebensbahn sie außerhalb der Stadtgrenzen führ-te, wie bspw. den Glockenbauer Jakob von Mělník oder den Il-luminators Paul von Mělník? Oder sollen wir die erwähnen, die hierher berufen wurden und sich in der Stadt unauslösch-

lich durch ihre Kunst ein-trugen, wie bspw. die Bau-herren Johann Spiess aus Frankfurt, Benedikt Ried, G. B. Maderna, die Archi-tekten Jindřich Freiwald und Jaroslav Böhm, Bohu-mil Hübschmann, Jaros-lav Fragner, die Maler Ka-rel Škréta (der hier auch einen Weinberg besaß) oder Josef Stern, Luděk Marold oder Otakar Ne-jedlý? Ein besonderes Ka-pitel könnten auch die Eh-renbürger und später die

Bürger der Stadt Mělník oder die Ordensträger der Stadt bil-den. Blickwinkel gibt es unzählige. Wir erinnern an die, von denen die Gedenktafeln sprechen.

Jindřich Matiegka (1862 – 1941)Platz Náměstí Míru 29,Kirche des hl. Petrus und Paulus

Prof. MUDr. et RNDr. h. c. Jindřich Matiegka, Gründer der Anthropologie bei uns, Rektor der Karlsuniversität, ist unabtrennbar mit der Stadt Mělník verbunden. Seine Ehe-frau Marie Stránská stammte aus Mělník und auch Jindřich Matiegka fand Gefallen an der Stadt und hielt sich oft hier auf (er trat aktiv in ihr Geschehen ein). In den Jahren 1915 – 1919 ordnete er das Mělníker Beinhaus in der Krypta der Kirche des hl. Petrus und Paulus. Im Jahr 1932 wurde er Eh-renbürger der Stadt Mělník. Eine Reihe der Facharbeiten von Matiegka ist gerade Mělník und seiner Umgebung ge-widmet. Im Jahr 1941 ist er in Mělník gestorben und hier

auch bei der Kirche der Höchsten Dreifaltigkeit in Chloumek beerdigt worden. Die Stadt Mělník bekennt sich auch zum Vermächtnis von J. Matiegka, sie ist Mitor-ganisator des Memorials J. Matiegka (seit 2005 „Memorial J. Matiegka und J. Malý“) in Zusammenarbeit mit dem Hrdlička-Museum des Menschen der Karlsuniversität.

Jiří Malý (1899 – 1950)Platz Náměstí Míru 29

Prof. MUDr. Jiří Malý wurde 1899 in Mělník im Haus Nr. 29 geboren, das der Familie Matiegka bzw. Stránský gehörte. Gerade hier begann die Verbindung der beiden Persönlichkeiten, der Repräsentanten der tschechischen Anthropologie – des Lehrers Jindřich Matiegka und seines Schülers Jiří Malý. Ihre erste „Fachzusammenarbeit“ fällt in den Zeiten der Gymnasialstudien von Jiří Malý, wobei er Jindřich Matiegka bei der Arbeit an der Anordnung des Mělníker Beinhauses half. Nach Absolvierung der Studien

Persönlichkeiten

Luděk Marold: Mělník von Sidonka; Bild im Masaryk-Kulturhaus

Illuminator Pavel Mělnický im Graduale von Louny, 1530

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6 Führer durch die Stadt Mělník

an der medizinischen Fakultät wurde Jiří Malý Assistent von Jindřich Matiegka, er gewann von ihm Erfahrungen, und später half er dafür bei der Herausgabe der Gipfelwer-ke von Matiegka aus, einige Arbeiten gaben sie gemein-sam heraus. Jiří Malý wurde 2002 Ehrenbürger der Stadt Mělník, in dem gleichen Jahr wurde er von Präsident Vá-clav Havel mit der Medaille 1. Grads für Verdienste ausge-zeichnet.

Am Haus Nr. 29, wo sich die Lebensschicksale von Ma-tiegka und Malý verbanden, wurde im Jahr 2003 eine Ge-denktafel angebracht, ein Werk von Miroslav Kroupa.

Jaroslav Krombholc (1918 – 1985)Straße Krombholcova 329

Eine der markantesten Persönlichkeiten im Bereich der Musik, die mit der Stadt Mělník verbunden ist, ist Ja-roslav Krombholc, langjähriger Dirigent des Nationalthea-ters und des Symphonieorchesters des Tschechoslowaki-schen Rundfunks. Beinahe fünf Jahrzehnte wohnte er im Haus in der heutigen Straße Krombholcova, aber es han-delt sich nicht um das einzige Bindeglied mit der Stadt. Ja-roslav Krombholc arbeitete bspw. mit dem Theateren-semble Vojan zusammen, und zwar mit seiner Frau Maria Tauberová (1911 – 2003), einer Opernsängerin. Beide sind auf dem Friedhof an der Prager Straße beerdigt.

Josef Straka (1904 – 1976)Straße 5. května 140

Bedeutender tschechoslowakischer Rudersportler, Teilnehmer an zwei olympischen Spielen, neun Europa-meisterschaften, Sieger einer Reihe der bedeutendsten europäischen Wettkämpfe und siebzehnfacher Meister der Republik in allen Bootstypen. Mitglied des Mělníker Ruderklubs, für den er in den historischen Kellern des Hauses für die Wintervorbereitung ein Becken mit Fahrsi-mulator errichtete.

Die Gedenktafel, ein Werk von MgA. Jan Brabec, wur-de am 10. Juli 2004 am Geburtshaus von Josef Straka ent-hüllt.

Viktor Dyk (1848 – 1904)Straße Bezručova 779; Büste am Aussichtspunkt

Viktor Dyk, der als Schriftsteller zur Generation der ge-sellschaftlichen Aufrührer an der Wende des Jahrhunderts gehört, Politiker der ersten Republik, Abgeordneter und Senator der nationaldemokratischen Partei war, wurde am 31. Dezember 1877 in Pšovka (damals) bei Mělník als Sohn eines Wirtschaftsverwalters geboren. Der Bezirk sei-ner Geburt spiegelt sich in einer Reihe der Werke von Vik-tor Dyk wider: „Meine ersten Träume wurden vom Mělníker Bezirk inspiriert. Die ersten Sehnsüchte entstanden gerade

Persönlichkeiten

Jiří Jílek: Viktor Dyk, 1934

Gedenktafel von Jindřich Matiegka und Jiří Malý, 2003

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7Führer durch die Stadt Mělník

auf seinem Boden. Die ersten Trauerempfindungen hatte ichdort. Wie soll in meiner literarischen Arbeit nicht leben, was in den Erinnerungen lebt.“

In Mělník wurde Viktor Dyk am 13. Mai 1934 an seinem Geburtshaus eine Gedenktafel und am damaligen Aus-sichtspunkt Štefánikova vyhlídka ein Denkmal – eine Bü-ste vom Bildhauer Jiří Jílek enthüllt.

Otakar Jaroš (1912 – 1943)Straße Nerudova 464,Denkmal in der Straße U Sadů

Otakar Jaroš war nicht aus Mělník gebürtig, aber in Mělník durchlebte er seine Kindheit und seine Studenten-jahre – in dem Haus, in dem er wohnte, ist eine Gedenkta-fel angebracht. Er war Mitglied des Turnvereins TJ Sokol in Mělník. Er war Berufsoffizier. Im August 1939 ging er überdie Grenze nach Polen und von dort aus führte ihn sein Weg weiter in die UdSSR. Er wurde Befehlshaber der 1. In-fanteriekompanie des 1. tschechoslowakischen selbstän-digen Regiments in der UdSSR. Er fiel bei der Verteidigung

von Sokolov. In memoriam wurde ihm der Rang eines Ka-pitäns erteilt. Als erster Ausländer wurde er mit der Me-daille Goldner Stern und mit dem Titel Held der Sowjetu-nion ausgezeichnet.

Das Denkmal von Kpt. Otakar Jaroš, ein Werk von Ota-kar Kozák, wurde am 9. Mai 1958 im Park beim Masaryk Kulturhaus enthüllt.

Persönlichkeiten

Otakar Nejedlý: Vor dem Sturm, um 1940; Bild im Trausaal des Mělníker Rathauses

Oskar Kozák: Denkmal von Kpt. Jaroš, 1958

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8 Führer durch die Stadt Mělník

Platz Náměstí MíruZentrum von jeder Stadt war der Marktplatz. Hier fanden

Märkte statt, hier spielten sich wichtige Augenblicke des Stadt-lebens ab: Manifestationen, Feierlichkeiten, Versammlungen, Begrüßungen von bedeutenden Besuchern, wie bspw. von Präsidenten, wie es im Jahr 1922 war, als Mělník T. G. Masaryk begrüßte, im Jahr 1945 dann Edvard Beneš, im Jahr 1998 Václav Havel und schließlich im Jahr 2005 Václav Klaus.

Der Platz hat einen unregelmäßigen Grundriss, der durch die Formung der Stadt in den Grenzen des ursprünglich befe-stigten Burgwalls gegeben wurde. Die am besten erhaltene Häuserfront ist der östliche Teil mit einer erhaltenen Laube und mit dem Rathausgebäude. Es handelt sich um Häuser durch-weg gotischen Ursprungs, in späteren Zeiten hergerichtet und umgebaut. Jedes stellt ein wertvolles architektonisches Werk dar, und sie bilden gemeinsam einen wertvollen urbanisti-schen Komplex. In ihnen sind ausgedehnte gotische Keller auf zwei bis drei Ebenen erhalten.

Der Brunnen auf dem Platz ist ein Werk des Architekten Ja-roslav Fragner aus dem Jahr 1938, Autor der Statuengruppe „Weinlese“ ist der akademische Bildhauer Vincenc Makovský. Es

handelt sich um ein verhältnismäßig junges Werk, der Brun-nen, der sich früher auf dem Platz befand, macht heutzutage Momente der Erholung auf dem Rathaushof angenehmer.

Platz Náměstí Míru

Nächtlicher Platz Náměstí Míru

Mělníker Laube

Ostfront der Häuser

Rathaushof

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9Führer durch die Stadt Mělník

RathausDas heutige Rathausgebäude breitet sich auf der Stelle vier

ursprünglicher gotischer Parzellen aus. Die bis heute ablesbare Entwicklungsphase ist der gotische Erker der Kapelle der hl. Barbara vom Ende des 14. Jahrhunderts. Der eindrucksvollste und ehrwürdigste Raum des Rathauses ist zweifelsohne das Renaissance-Maßhaus im Stockwerk, wo der Raum mit sechs Feldern des Kreuzgewölbes mit Kämmen überwölbt ist. Wenn wir die Säulen des Saals aufmerksamer betrachten, werden wir

möglicherweise durch die „Verzierung“ überrascht sein – durch eine Reihe von Aufschriften, die mit rotbrauner Tonfarbe ver-zeichnet und 400 Jahre alt sind.

Die neuzeitlichen baulichen Herrichtungen des Rathauses fallen in das Ende des 18. und das Ende des 19. Jahrhunderts. Die erste gab dem Rathaus den Barockturm, sie änderte die Richtung des Dachs und die Fassade ergänzte sie mit Medail-lons bedeutender Persönlichkeiten der böhmischen Geschich-te (hl. Ludmila und hl. Wenzel). Der letzte bedeutende Umbau verlief in den Jahren 1939 – 1941 nach einem Entwurf von Ing. Arch. Dr. J. Šebek. Es wurden neue Flügel ausgebaut, wodurch das Rathaus einen Grundriss in der Form des Buchstabens U er-langte, in dessen Mitte der Repräsentationsraum des Rathaus-hofs entstand. Dieser ist seit 2002 nach der Rekonstruktion für die Öffentlichkeit geöffnet. Die Häuser waren vor der Einführung

der Konskriptionsnummer (1771-1775) in der Regel mit den Namen ihrer Besitzer ge-kennzeichnet, mit der Angabe der Lage durch die Namen der Besitzer der links und rechts stehenden Häuser oder mit dem Na-men des Platzes oder der Straße, ggf. ge-mäß dem Hauswappen. Unter der Herr-schaft von Maria Theresia wurde die Bezifferung der Häuser eingeführt.

Rathaus

Gesims des Rathauses Erker der Kapelle der hl. Barbara

Rathaus

Goldener Stern – barockes Hauswappen am Haus Nr. 11

Ursprüngliche Nummerierung des Rathauses – Nr. 12

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10 Führer durch die Stadt Mělník

Rechts vom Hauptportal des Rathauses sind zwei Eisenru-ten eingemauert, Längenmaße, genannt Ellen. Die böhmische Elle ist einfacher und kürzer (59,14 cm) und von dem Paar auch die ältere. Die Wiener Elle ist länger (77,66 cm) und verzierter, ihr kreisförmiger Abschluss trägt im oberen Oval die Aufschrift Rakavski 1765, was das Jahr ist, an dem sie allgemein verbind-lich wurde.

Und warum wurden sie hier angebracht? An den Rathäu-sern waren die Mustermaße und Gewichte ausgestellt, damit die Käufer überprüfen konnten, ob sie nicht betrogen wurden.

Kapuzinerkloster mit Kirche der Vierzehn Heiligen Helfer – Regionalmuseum Mělník

Die Kirche der Vierzehn Heiligen Helfer bildet zusammen mit dem Objekt des ehemaligen Kapuzinerklosters (jetzt Nr. 54, Sitz des Regionalmuseums Mělník) den Abschluss des Häuser-blocks auf der östlichen Seite des Platzes Náměstí Míru.

Das ursprüngliche Bürgerhaus Nr. 54 widmete Teresia Bar-bara Čebišová am 31. Juli 1749 den Kapuzinern. In Mělník wur-

den die vier Ordensbrüder am 20. September 1750 von P. Se-rafín eingeführt, der in seinem Leben dreimal Provinzial und in den Jahren 1754 – 1756 General der Kapuziner in Rom war. Be-reits Ende des Jahres 1751 zeigte sich jedoch, dass das Objekt nicht für den Betrieb der Kommune und die Errichtung einer kleinen Kirche ausreichen wird. Deshalb wurde auch das be-nachbarte Bürgerhaus erworben, an dessen Stelle in den Jah-ren 1752 – 1753 die Kirche der Vierzehn Heiligen Helfer errich-tet wurde.

Die Kirche hat eine traditionelle Kapuzineranordnung mit drei Feldern des Schiffs, an die ein tiefes rechtwinkliges abge-schlossenes Presbyterium anschloss, das durch eine „Mauer“ abgeteilt wurde. Eine Unterschiedlichkeit, die durch den späte-ren Entstehungszeitraum und den begrenzten Raum der „Bau-parzelle“ erklärt wird, ist die Ersetzung der charakteristischen Seitenkapelle der Jungfrau Maria nur durch eine flache Nischeauf der linken Seite der Kirche.

In der Ordenskirche ist der bereits erwähnte P. Serafin beer-digt, der am 24. Oktober 1763 in Mělník starb. Hier ruht auch

Die Fassade der Kirche der Vierzehn Nothelfer ist mit einem runden Fenster mit Sonne und den Buchstaben IHS (Iesus Ho-minum Salvator – Jesus, Retter der Mensch-heit) und der Aufschrift „Hl. Franziskus, bitte für uns“ versehen. Zwischen den beiden rechteckigen Fenstern befindet sich einStuckrahmen mit dem Bild des hl. Franzis-kus von Assisi. (nach dem Bild von B. Murillo „Der heilige Franziskus von Assisi umarmt den gekreuzigten Christus“ für die Kapuzi-nerkirche in Sevilla).

Rathaus • Kapuzinerkloster mit Kirche der Vierzehn Heiligen Helfer

Fassade der Kirche der Vierzehn Nothelfer

Ehemaliges Kapuzinerkloster mit Kirche der Vierzehn Heiligen Helfer (heuteRegionalmuseum Mělník)

Kapitell in der Kapelle der hl. Barbara Tschechische und Wiener Elle beim Ein-gang in das Rathaus

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11Führer durch die Stadt Mělník

Teresia Čebišová, die den Aus-bau des Klosters ermöglichte und ihm weiterhin das Bild der das Jesuskindlein stillenden Jungfrau Maria und insbeson-dere das Prager Jesuskindlein, das sich die Mělníker Kapuziner zu ihrem Palladium (heiliger Ge-genstand, der als Schutzsymbol verehrt wird) erwählten, schenkte.

Im Jahr 1785 (unter Josef II.) wurde die Auflösung des Klo-sters in Mělník beschlossen. In diesem Moment stellte sich die Stadt hinter das Kloster – der Bürgermeister und der

Stadtrat wendeten sich mit einem Gesuch direkt an den Kaiser. Die Bemühung der Mělníker waren damals erfolgreich, und so wurde das Kapuzinerkloster erst im November 1950 in Zusam-menhang mit der Unterdrückung des Kirchenlebens durch die kommunistische Macht in der Tschechoslowakei aufgelöst. Un-terkunft in diesen Räumen fand danach die Kunstabteilung der Kunstvolksschule in Mělník. In den Jahren 1998 – 1999 gab es eine Gesamtrekonstruktion des Objekts und das ehemalige Kloster wurde Sitz des Regionalmuseums Mělník.

Das Regionalmuseum Mělníkwurde 1888 gegründet und gehört damit zu den ältesten

in Tschechien. Durch die fachliche Spezialisierung des Muse-ums ist es eine Dokumentation des Weinbaus in Böhmen, dem ein Teil der Exposition gewidmet ist, und zwar auch in zugäng-lich gemachten mittelalterlichen Kellern, die hier auf drei Ebe-nen erhalten blieben. Weitere Teile der Expositionen tragen diese Titel: Einblick in die mittelalterliche Stadt, Kinderwelt, Bürgerliches Interieur an der Wende vom 19. zum 20. Jh., Länd-liches Interieur der 2. Hälfte des 19. Jh., Alltag der Landbewoh-

ner, Volksarchitektur, Natur der Region von Mělník. Zuletzt wur-de eine Ausstellung von Kinderwagen errichtet, die sich in einem selbständigen Gebäude befindet (Nr. 59 in der StraßeOstruhová, etwa 100 m vom Sitz des Museums entfernt). Auf zwei Etagen ist ein Querschnitt durch die Historie der Produkti-on und Entwicklung von Kinderwagen in Tschechien ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 70er Jahre des 20. Jahr-hunderts installiert.

Im Museum kann man sich nicht nur bilden, sondern auch Wein ausprobieren, im Café oder auf dem Parkan, dem Raum zwischen den Stadtmauern, der Bestandteil der mittelalterli-chen Stadtbefestigung war und mit dem Rathaushof verbun-den ist, sitzen.

Passage U Koruny /Zur Krone/ – diese Bezeichnung trug in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Ausflugsgasstätte,wo verschiedene Unterhaltungsaktionen und Bälle veranstaltet wurden.

Kapuzinerkloster mit Kirche der Vierzehn Heiligen Helfer • Das Regionalmuseum Mělník

Wimpel – Kleiner Kapuziner auf einem Türmchen der Kirche

Palladium des böhmischen Landes (Kopie des Palladiums von Stará Boleslav)in der Kirche der Vierzehn Heiligen Helfer

Die Häuser im Stadtzentrum verbergen schöne Winkel – der Hof des Hauses Nr. 30 in der Passage U Koruny /Zur Krone/ bietet einen interessanten Blick auf das Mělníker Schloss

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12 Führer durch die Stadt Mělník

Bürgerhäuser

Haus Nr. 3, Zum Schwarzen Pferdchen

Das Haus Zum Schwarzen Pferdchen hat sein Hauswappen in neuer Gestalt unter den Arkaden angebraucht. Es ist eines der wenigen Häuser auf dem Marktplatz von Mělník, das sei-nen Giebel bewahrte, die Fassade ist im Neurenaissancestil hergerichtet. Das Band mit ornamentalem Sgraffito über denFenstern des 1. Stocks ist ein bloßer Bruchteil der ursprüngli-chen Ausschmückung des Hauses. Am Haus Nr. 3 liegt ein Durchgang an, der bereits Bestandteil des Rathauses ist. Sein Frührenaissanceportal gehörte ursprünglich zum Durchgang des Hauses, ein Durchgang hinter die Stadtmauern existierte selbstverständlich nicht. Die Bewohner konnten die Stadt nur durch die beiden Tore und durch eine kleine Pforte verlassen. Als die Stadtmauern aufhören, ihre Funktion zu erfüllen und die Stadt sich aus ihrer Umklammerung befreien wollte, wur-

den sie abgebrochen, und so entstand für eine einfachere Verbindung zwischen den Stadtteilen auch dieser Durch-gang. Die Mělníker Sparkasse ließ ihn im Jahr 1908 errich-ten.

Haus Nr. 9, früher Zur Grünen Linde genannt

Im Jahr 1911 ließ Frau An-na Tuscherová das ursprüngli-che einstöckige Haus mit dem Hauswappen der Linde im Ju-gendstil nach Plänen des Ar-chitekten Václav Klatovský

aus Prag umbauen. Während das vordere Objekt des Hauses sich innerhalb eines Jahres bis zur Unkenntlichkeit veränderte, blieb im hinteren Trakt scheinbar die Zeit stehen. Hier blieb der letzte Wachturm der ehemaligen Bastei erhalten. Es sind Be-richte überliefert, dass Ferdinand II. von hier aus „oft besondere Aussicht nach Osten hatte“, als er sich einige Tage nach der Schlacht am Weißen Berg in Mělník aufhielt (1620). Im Jahr 1965 wurde der kleine Wachtturm mit Turmknopf mit Halb-mond beendet.

Haus Nr. 10, Zum Goldenen Lamm

Das Haus „Zum Goldenen Lamm“ findet als Wirtschaft be-reits 1592 Erwähnung.

Wahrscheinlich hielt an diesem Haus die Postkutsche, die Karel Hynek Mácha nach Mělník brachte, wie er selbst im „Nach-wort zu Pürglitz“ (1834) es beschreibt. Das Haus „Zum Golde-nen Lamm“ wurde von den Besitzern Karel und Emílie Stádník im Jahr 1894 radikal umgebaut. Bei den Stádníks ging es leb-haft zu, hier fanden Bälle, Versammlungen statt, hier trafen sich lange Jahre am Umbruch vom 19. zum 20. Jahrhundert jeden Donnerstag die Mělníker Damen zum Nachmittagskaffee. Die-ser Gesellschaftskreis der Damen nannte sich „Klatschnest“. Man sprach von Kindern, Mode, Küche, über neue Rezepte, aber man kam auch auf patriotische Themen, Gesang, Lektüre, ja sogar Politik zu sprechen, die Damen veranstalteten auch Ausflüge (Roudnice, Litoměřice, einige von ihnen fuhren auchzur Weltausstellung nach Paris).

Zu den malerischen Ergänzungen einer Reihe von Bürgerhäusern gehören auch Heiligenstatuen als Beschützer vor den Ge-fahren, die die Stadt bedrohten. Furcht er-weckten vor allem Feuer und der schwarze Tod (die Pest), die wiederholt die Stadt heimsuchten. Deshalb tauchten an den Häusern und den Altären der Kirchen der hl. Florian und der hl. Roch oder die hl. Ro-salie auf. In Mělník finden wir noch den hl.Johannes Nepomuk in der Straße Svatová-clavská und die barocke Jungfrau Maria Im-maculata in der Straße Palackého.

Bürgerhäuser

Hl. Florian

Meldeturm der ehemaligen Bastei hinter dem Haus Nr. 9

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13Führer durch die Stadt Mělník

Haus Nr. 11, Zum Goldenen Stern

Von den Besitzern des Hauses ist uns bis heute der Kannen- und Glockengießer Bartoš bekannt, der das Haus 1570 kaufte. Wenn wir in den Laubengang treten, ziert den Eingang zum heutigen TIS Mělník ein vielfarbiges Renaissanceportal. Sein Bestandteil sind Wappen mit Glocke und Zinnkanne, also mit den Zeichen, die gerade darauf hinweisen, dass Bartoš das Haus besaß. Seine Produkte fanden sicher haufenweise nicht nur auf den Tischen der Kunden Verwendung, sondern auch beim Hersteller selbst, denn im Hause wurde Bier hergestellt und ausgeschenkt (also nicht nur Wein, wie man das bei Mělník voraussetzen könnte).

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts kaufte Martin Vyžral das Haus, und gerade aus der Zeit dieses Geschlechts stammt wahrscheinlich der frühbarocke goldene Stern an der Ecke des Hauses. Nur gehörte die Familie der Vyžrals zu den Protestan-ten, die nach der Niederlage des Ständeaufstands (1618 – 1620) das Land verlassen mussten. Zusammen mit dem Land

verließen sie selbstverständlich auch ihr Haus, das 1632 dem Unterkämmerer Philipp Fabricius von Rosenfeld und Hohenfall zufiel. Einen Teil der Geschichte des Hauses überspringen wir,um in seine weitere bedeutende Etappe eintreten zu können. Im Jahr 1832 heiratete Josef Valenta, der erste Mělníker Post-meister, Musikliebhaber und Komponist, Weinliebhaber und Winzer, in die Familie Pachner ein, der das Haus ge-hörte. Sein Sohn Antonín trat in die musikalischen Fußstap-fen des Vaters – und da bege-ben wir uns schon in das Haus Nr. 12, das „Zur Goldenen Traube“ oder „Zu den Vyky-sals“ genannt wird.

Der sich dem Marktplatz befindendeBrunnen mit ausgepflasterter Aufschrift istein Objekt von ungewöhnlichem Wert im historischen Stadtkern, er stellt ein einzigar-tiges Grubenwerk dar. Er wurde wahrschein-lich im Zeitraum der Stadtentstehung ver-tieft. Die neueste Messung (Jahr 2000) führt eine Tiefe von 54 m auf, wobei die Höhe der Wassersäule 7,2 m und sein Durchmesser 4 – 5 m ist. Über dem Brunnen stand zwi-schen 1749 – 1893 ein „Kapellchen“, das auf der Spitze seines Dachs eine Statue der Got-tesgebärerin trug, an den Rändern die Sta-tuen des hl. Florian, des hl. Prokop, des hl. Wenzel, der hl. Ludmila, des hl. Johannes Nepomuk und des hl. Laurentius.

Wegen Zerfall wurde es am Ende des 19. Jhs beseitigt, der Brunnen wurde mit ei-ner Ziegelkuppel verschlossen und die Stel-le wurde ausgepflastert.

Bürgerhäuser

Polychromes Renaissanceportal in der Lau-be des Hauses „Zum Goldenen Stern“

Glocke und Kanne am Portal, Nr. 11 – Erinnerung an den Besitzer, der Glöckner und Kannen-macher war

Haus „Zum Goldenen Stern“

„Kapellchen“ über dem Brunnen – historisches Foto

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14 Führer durch die Stadt Mělník

Haus Nr. 12, Zur Goldenen Traube

Die Südseite des Platzes wird vom Neurenaissancehaus mit Laubengang an der Hauptfassade eingenommen. Seine heuti-ge Gestalt erhielt es durch einen Umbau im Jahr 1903.

Aber blicken wir in seine Vergangenheit zurück, in der sich Perioden von Aufstieg und Fall abwechselten. Beginnen wir mit dem Besseren: als erster bekannter Besitzer treten Hron Di-vický und seine Ehefrau Ludmila, geborene Metelicová, auf. In der Geschichte Mělníks ist sie dafür bekannt, dass sie ihren Hof in der Prager Vorstand, für den Aufbau eines „Aufenthalts (Quartiers) für Arme“ schenkte, was zwar nicht realisiert wurde, aber an dieser Stelle entstand 1585 die Kirche der hl. Ludmila. Während des Dreißigjährigen Kriegs verkam das Haus in einem solchen Maße, dass seine damalige Besitzerin Anna Koracínka aufgefordert werden musste, dass „Haus entweder zu verbes-sern oder zu verkaufen suche“. Im Jahr 1653 wählte sie die letz-tere Möglichkeit, und so wechselte das Haus den Besitzer.

Und jetzt lieber wieder zu glücklicheren Zeiten in der Ge-schichte des Hauses. Im Jahr 1856 ging das Haus in das Eigen-tum von Václav Vykysal über, der es in ein repräsentatives Hotel verwandelte. Der Hotelsaal diente den Mělníker Amateuren und am 4. April 1875 wurde darin Smetanas „Verkaufte Braut“ aufgeführt – erstmals auf dem Land in der Darbietung von Amateuren. Die Mitwirkenden fuhren sogar im Rahmen der Vorbereitungen nach Prag zur „Verkauften Braut“ unter Smeta-nas Leitung, Smetana selbst gab die schriftliche Einwilligung zur Aufführung.

Wie Sie sicher bereits erkannt haben, sind wir direkt im Zentrum des kulturellen, aber auch des gesellschaftlichen und politischen Geschehens des damaligen Mělník angekommen.

Bürgerhäuser

Eine Sonnenuhr stellt eine alte Art der Zeitmessung dar, deren Belege uns auch in Mělník erhalten blieben – auf dem Schloss im ehemaligen Augustinerkloster. Die Schlossuhr trägt die Jahreszahl 1554 und ist durch diese Aufschrift ergänzt: „Der Schat-ten zeigt die Stunden. Die wievielte ist, er-kennt man am Schatten. Was du bist, er-kennst du erst, wenn der Schatten des Tods kommt.“

Karel Vik: Mělník (Haus Nr. 12 und straße Svatováclavská), 1950

Renaissancesonnenuhr an der Turmtreppe des Schlosses (1554)

Spätbarocke Sonnenuhr an der nördlichen Hoffassade des ehemaligen Konventsdes Klosters der beschuhten Augustiner in Pšovka (40er Jahre des 18. Jahrhun-derts)

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15Führer durch die Stadt Mělník

SchlossDie derzeitige Gestalt des

Schlosses ist das Ergebnis ei-ner tausendjährigen Entwick-lung von der romanischen und gotischen Burg der Für-stinnen und Königinnen über das Renaissance- und Barock-schloss der Adligen. Alle Stile können wir bis heute am Ob-jekt auffinden. Der älteste Teilverbirgt sich im südwestli-chen Teil des heutigen Schlos-ses. Die Periode des Hochmit-telalters ist zum Beispiel in

Gestalt des spätgotischen Eingangstores eingeschrieben. Gleich neben dem Tor auf dem Hof blieb der Rest gotischen Mauerwerks erhalten – wahr-scheinlich des Wartturms (möglicher Bauherr: Johann Spiess aus Frankfurt). Im Rah-men der Besichtigung der In-nenräume des Schlosses, ggf. beim Stattfinden einer Messeist die gotische Kapelle der hl. Ludmila aus der Zeit der Lu-xemburger zugänglich.

Der Nordflügel desSchlosses stellt ein wertvolles Werk der böhmischen Renais-sance dar. Durch ihn wurde der Umbau der ursprüngli-chen Burg in einen neuen, bequemeren Schlosssitz ein-geleitet. Sein Aufbau ist mit dem Namen Zdislav Berka von Dubá verbunden, dem

Mělník von Ferdinand I. im Jahr 1542 verpfändet wurde. Die Datierung des Flügels mit den offenen Arkaden und der Sgraf-fitoausschmückung bewegt sich in einer Spanne von drei Jah-ren – über der Tür im 1. Stock ist die Jahreszahl 1552 aufge-führt, über dem Mittelpfeiler des 1. Stocks das Jahr 1553 und über der Sonnenuhr des Treppenturms das Jahr 1554.

In der Loggia des ersten Stocks finden wir vier Zeichen.Zwei gehören den Czernins, sie sind mit tschechischer und deutscher Inschrift versehen, die Jan Humprecht Czernin ge-widmet ist. Sie sind auf 1677 datiert. Die anderen beiden gehö-ren den Lobkowiczern. Das erste erinnert an Georg Christian von Lobkowicz (1931), das zweite an Ottokar von Lobkowicz, den Besitzer des Schlosses in den Jahren 1932–1941, 1945–1948 und 1992. Ausmalen lies es der derzeitige Besitzer Jiří Jan Lobkowicz (2003).

Die beiden erwähnten Geschlechter waren die wichtigsten adeligen Besitzer des Schlosses die Czernins von Chudenice er-warben es erst 1646 als Pfand und kauften das Herrschaftsgut schließlich 1687. Nicht lange darauf begannen sie gemäß dem Projekt von G. B. Maderna die frühbarocke Bauetappe des

Schloss

Von der mechanischen Uhr sprechen Quellen vom Ende des 15. Jahrhunderts, auch wenn wir nicht genau wissen, wo sie installiert war. Sicherheit haben wir erst ab dem Jahr 1536, was die Jahreszahl ist, die auf der Wandung um die Uhr auf dem Pra-ger Tor in Richtung zur Stadt aufgeführt ist. Uhren gibt es auf dem Prager Tor, dem Rat-hausturm, dem Turm der evangelischen Kirche und der Kirche des hl. Petrus und Paulus.

Wappen des Geschlechts Lobkowicz über dem Eingangstor des Schlosses

F.M.Schieffer: Taufe der Hl. Ludmila (Detaildes Altargemäldes der Schlosskapelle; 1696)

Rest der gotischen Burg – Torso des Melde-turms im Schlosshof

Südwestliche Ecke des Schlosses(älteste – romanische – Entwicklungsetap-pe)

Uhr des Prager Tors mit Jahreszahl 1536

Zimbel des Prager Tors

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16 Führer durch die Stadt Mělník

Schlossaufbaus (1690 – 1694) in Form des Südflügels und dergemauerten Aufstockung über dem Eingangstor. Damit war die bauliche Entwicklung des Schlosses im Grunde abgeschlos-sen.

Weitere Arbeiten, die vom Geschlecht der Lobkowiczer rea-lisiert wurden, in deren Eigentums das Schloss seit 1753 ist, hatten nur noch den Charakter von Reparaturen und Herrich-tungen, denn das Schloss wurde zum Winzerbetrieb verwen-det (bis 1986).

Im Jahr 1992 wurde das Schloss nach 44 Jahren in der Resti-tution an die Familie Lobkowicz zurückgegeben, die zuerst ei-ne Rekonstruktion der Innenräume (es wurde eine neue Schlos-sausstellung errichtet, eine neue Gestalt erhielt das Schlossrestaurant) und später des Äußeren vornahmen. Am Beginn dieser Herrichtungen steht die Restaurierung der Sgraf-fitos des Treppenturms (2002), es folgte die Restauratorrepara-tur der Hoffassaden, die Rekonstruktion des Wohnturms überdem Eingangstor und die schrittweise Reparatur des Außen-mantels, begleitet von der anspruchsvollen statischen Siche-

rung des ganzen Objekts. Die Arbeiten sollten im Jahr 2007 be-endet werden.

Das Schloss steht nicht nur den Besuchern der Expositio-nen offen, deren Bestandteil Werke der führenden Meister destschechischen Barocks und ein Teil der Sammlung von Karten und Veduten sind, sondern es werden hier auch Konzerte, Bäl-le, gesellschaftliche Begegnungen, Konferenzen, Hochzeiten und Bankette veranstaltet. Außerdem wurde das Schloss auch der Wohnraum für seine Besitzer.

Ein beliebter Bestandteil des Besuchs des Mělníker Schlos-ses ist die Besichtigung der Weinkeller mit der Möglichkeit von Weinproben aus der Herstellung der Lobkowiczer Winzerei. Die Fläche der Keller umfasst 1 500 m2, die ständige Temperatur in ihnen bewegt sich zwischen 8 – 12 °C. In den Schlosskellern fin-den wir sowohl Fässer, in denen der Wein reift und die Beleg der Winzergegenwart sind, als auch Fässer (das größte hat ein Volumen von 12 500 l), die Beweis für die lange Tradition des Lobkowiczer Weinbaus sind, der im Jahr 2003 auf eine 250-jäh-rige Existenz zurückblicken konnte.

Der Westflügel des Schlos-ses wird vom Aussichtspunkt gesäumt, der zu den von Tou-risten am meisten besuchten Orten der Stadt gehört, und zwar dank der Aussicht, die sich hier auf die Elbniederung mit den zwei Hauptpunkten: dem Berg Říp und dem Zu-sammenfluss von Elbe undMoldau öffnet.

Das Netzgewölbe der Kirche des hl. Pe-trus und Paulus kann an die Geschichte des Apostels Petrus erinnern, den Christus aus-erwählte, damit er der „Fischer der Men-schen“ ist – das Netz ist in das Gewölbe des Presbyteriums und des Hauptschiffs einge-woben. In den Feldern der Wölbungen des Presbyteriums sind die Apostel dargestellt, die von Christus als gutem Hirten und vom hl. Johannes dem Täufer begleitet werden. In den Feldern des Abschlusses des Presby-teriums schreiben die Evangelisten Markus, Mathäus, Lukas und Johannes ihre Ge-schichten. Diese christlichen Figuren wer-den von Engelsfiguren ergänzt, die bspw.die Folterinstrumente von Christus oder die Kelche mit Hostien halten. Auf dem Schlussstein über dem Altar ist das Gesicht Jesus gemalt, auf weiteren sind achtstrahli-ge Sterne und Kreuzblumen.

Schloss

Spätgotisches Gewölbe der Kirche des hl. Petrus und Paulus

Schlosskamine im Renaissancestil

Der Schlosshof wird von verschiedenen Veranstaltungen belebt, bspw. an den Ta-gen des europäischen Erbes

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17Führer durch die Stadt Mělník

Kirche des hl. Petrus und PaulusDie Kirche des hl. Petrus und Paulus machte eine langjähri-

ge bauliche Entwicklung durch, wobei sie zu Anfang wahr-scheinlich die Gestalt einer romanischen dreischiffigen Basilikahatte. Die Gotik trat in Etappen in die Kirche. Die älteste stellt heute die Sakristei dar. Die dreischiffige Kirche zusammen mitdem Turm entstand in den 80er Jahren des 15. Jh. (Bauherr Jo-hann Spiess aus Frankfurt), die Erhöhung des Hauptschiffs undder Aufbau des prachtvollen Presbyteriums fallen in die Zeit um 1520 (Bauherr Benedikt Ried). Am Netzgewölbe des Pres-byteriums lebt der christliche Himmel auf, aus dem Schlussstein über dem Altar blickt uns das Gesicht von Christus an.

Weitere bauliche Maßnahmen wurden vor allem durch die Brände in den Jahren 1555 (Renaissancegiebel) und 1681 (ba-rocke Kuppel des gotischen Turms) hervorgerufen. Die beste-hende Gestalt gab der Kirche Kamil Hilbert bei der umfassen-den Erneuerung in den Jahren 1910 bzw. 1913–1915.

Im Innenraum sind nicht nur die Malereien am Gewölbe des Presbyteriums bemerkenswert. So haben z.B. die Schluss-

steine der Kreuzgewölbe unterschiedliche Gestalt, Aussagen über das Leben in Mělník können die Grabmale geben, die vor allem in den Seitenschiffen der Kirche gesetzt sind, eine sehrhochwertige Arbeit ist das spätgotische steinerne Sanktuarium im Presbyterium. Normalerweise unzugänglich sind die wert-vollsten Räume der Kirche, und zwar das Erdgeschoss – die Gottesgrab-Kapelle – und der erste Stock (Schatzkammer) des großen Turms oder das Interieur des romanischen Turms mit ehemaliger Kapelle des hl. Johannes von Nepomuk.

In der Schatzkammer des gotischen Turms wurde unter un-günstigen Bedingungen der geschnitzte Schrein der Barockor-gel (1712) der Kirche aufbewahrt, der jetzt schrittweise restau-riert wird, um diese einzigartige Schnitzerarbeit zu retten und der Kirche ein Instrument zu geben, das nach klanglicher und visueller Seite der Würde dieses Raums entspricht.

Das Mobiliar der Kirche ist barock, es wird vom Hauptaltar mit dem Bild von Karel Škréta und den Statuen der Heiligen (hl. Wenzel, hl. Ludmila, hl. Rosalie, hl. Florian) aus der Werkstät-te der Jelíneks aus Kosmonosy dominiert. Von mehreren Sei-tenaltären weisen wir im Südschiff auf den Altar der Abnahme

Die Bedeutung der Kirche des hl. Petrus und Paulus und die des bei ihr existieren-den Kapitels belegen auch die Kunstge-genstände, die für ihren Bedarf und ihre Verzierung angefertigt wurden. Aus dem Bereich der Buchkultur kann man das Mělníker Evangeliar aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts, aus der bildenden Kunst das Plattenbild der Kreuzigung (Mitte des 16. Jahrhunderts) oder Brokofs „Abnahme vom Kreuz“ (nach 1724; Südschiff der Kir-che) aufführen. Den Höhepunkt des Kunst-handwerks stellen die gotischen Monstran-zen dar, von denen die kleinere (Höhe 71 cm, Breite 24 cm) wahrscheinlich die äl-teste erhaltene Monstranz auf unserem

Kirche des hl. Petrus und Paulus

Blick auf Kirche und Schloss

Propsteikirche des hl. Petrus und Paulus

Kreuzigung

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18 Führer durch die Stadt Mělník

vom Kreuz von F. M. Brokof (nach 1724, Südschiff der Kirche)hin und an der Front des Nordschiffs auf den Altar der hl. Lud-mila mit dem Bild, das die hl. Ludmila zeigt, wie sie ihren Enkel Wenzel lehrt (Filip Massanec, 1679), deren Kult in Mělník immer lebendig war. Eines der wertvollsten Werke der Kirche – die Kreuzigung, die unter dem Einfluss eines Werks von A. Dürerentstand, ist heute an die Ausstellung der Nationalgalerie der Mittelalterlichen Kunst in Böhmen und in Mitteleuropa im Agnes-Kloster in Prag verliehen.

Viel Interessantes bietet auch das Äußere des Objekts. Die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden wird vor allem durch die großen Kirchenfenster des Presbyteriums gefesselt, aber ein aufmerksamerer Beobachter kann auch eine Reihe von De-tails bemerken: das Engelchen – den Wappenträger mit dem Zeichen der Stadt Mělník und des Böhmischen Königreichs, den hl. Petrus und Paulus über der Tafel, die über Hilberts Er-neuerung der Kirche informiert, die finster blickende Fratze,die Greife…

Der eigentliche Raum der Kirche ist seit 2004 für die Öf-fentlichkeit nicht nur durch den traditionellen Eingang über den nördlichen Vorraum zugänglich, sondern auch von Westen vom Aussichts-punkt. Die Kirche können Sie durch die neugotische Tür aus der Zeit von Hilberts Restau-ration betreten.

Gebiet (um das Jahr 1380) ist, offensichtlichaus der Goldschmiedewerkstätte von Par-ler. Deshalb repräsentierte sie unser Land auf der Ausstellung „Prague – the Crown of Bohemia /1347 – 1437/“ in New York (The Metropolitan Museum of Art, 20.08.2005 – 03.01.2006) und wurde eines der Exponate der Ausstellung „Karl IV., Kaiser aus Gottes Gnaden“.

Kirche des hl. Petrus und Paulus

Schlussstein in der „Schatzkammer“ des gotischen Turms

Innenraum der Kirche

Höchste Dreifaltigkeit – Hauptaltarder Kirche

Verschmelzung der Stile – Zeugnisder baulichen Entwicklung der Kirche

Gewölbe der Kapelle Gottesgrab

Gotische Monstranz, um 1380

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19Führer durch die Stadt Mělník

BeinhausUnter dem Presbyterium der Kirche des hl. Petrus und Pau-

lus befindet sich die Krypta, deren Raum als Beinhaus dient,und zwar seit den 30er Jahren des 16. Jh. Sein Entstehen hängt mit dem Friedhof zusammen, der seit Menschengedenken die ganze Kirche umgab. Sein Raum ließ sich jedoch nicht vergrö-ßern, und daher ist es logisch, dass er nach einer bestimmten Zeit nicht mehr genügte, insbesondere dann in der Zeit der Pe-stepidemien. Deshalb wurden die Überreste herausgenom-men und im Beinhaus gelagert.

Das Mělníker Beinhaus diente seiner Bestimmung bis 1775, als die Beerdigungen an der Kirche des hl. Petrus und Paulus eingestellt und auf den Friedhof an der Kirche der hl. Ludmila verlegt wurden. Aufgelöst werden sollte auch das Beinhaus, die Mělníker lösten diese Verordnung jedoch durch dessen Schließung. Daher konnte es später Studienmaterial für Profes-sor Jindřich Matiegka, den Gründer der tschechischen Anthro-pologie, werden. Durch ihn wurde das Beinhaus in den Jahren 1915 – 1919 geordnet, worauf uns eine Gedenktafel am Ein-gang hinweist. Wenn wir über die Stufen nach unten in die Krypta gehen, erblicken wir die Überreste von 10 – 15 000 Per-sonen. Die aus ihnen errichtete Wand an der Westseite trägt die Bezeichnung Kalvarienberg, durch Einlegen der Schädel zwi-schen den langen Knochen in den weiteren Teilen entstanden einfache Bilder wie Anker und Herz, die Hoffnung und Liebesymbolisieren, oder die Aufschrift Ecce mors (Schau, der Tod). Auf einer Tafel können wir die Aufschrift lesen: „Was ihr seid, das waren wir, was wir sind, das werdet ihr.“ Gerade dann ma-chen wir uns die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens und die Tatsache des Todes wohl am ehesten bewusst.

Kirche des hl. Petrus und Paulus - Beinhaus

„Huic loco aderat Slaup de Žluticz. Anno Dom. 1535“ - An diesem Ort war Sloup aus Žlutic. Das aufgeführte Datum ist das älteste, das an den Mauern des Beinhauses erhal-ten blieb, auch wenn es hier noch ältere gibt, aber ohne Angabe der Jahreszahl.

Spätgotische Mělníker Monstranz

Kalvarienberg

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20 Führer durch die Stadt Mělník

Gotischer Turm der Kirche des hl. Petrus und Paulus

Bereits mehr als ein halbes Jahrtausend herrscht der spät-gotische Turm der Kirche des hl. Petrus und Paulus über die weite Landschaft am Zusammenfluss von Elbe und Mol-dau. Sicher hatte er einen Vorgänger, zuerst in Gestalt eines ro-manischen und später des älteren gotischen Turms, an den heute Sandmergelpflaster beim Eingang zum Turm vor derWestfassade der Kirche erinnert.

Mit dem Bau des Turms wurde Anfang der 80er Jahre des 15. Jh. begonnen. Damals wurde die Kirche dank dem Ver-mächtnis der Königin Johanna von Rosental umgebaut, die 1475 in Mělník starb und laut zeitgenössischen Quellen in der hiesigen Kirche beerdigt wurde.

Der Turm auf dem Mělníker Berg wuchs im Verlauf mehrer Jahre, was seine Bauherren an einigen Stellen verzeichneten. Die Wölbung des Erdgeschosses des Turms, die Gottesgrab-Ka-pelle, die zusammen mit der Kammer des ersten Stocks zu den wertvollsten Räumen der Kirche gehört, trägt die Jahreszahl 1486. Auf dem Sims unter dem großen gotischen Fenster an der Ostseite finden wir die Jahreszahl 1487, und der Sims dar-unter schließlich ist mit der Jahreszahl 1488 versehen. Diese ist Bestandteil des Kryptogramms (Aufschrift mit verborgener Be-deutung), das den Namen des Baumeisters Johann Spiess aus Frankfurt verrät. Ursprünglich wurde der Turm von einem goti-schen Pyramidendach abgeschlossen, wie es auf dem Bild von Filip Massanec mit dem Sujet der hl. Ludmila, die Wenzel unter-

richtet (1679) am Seitenal-tar im Nordschiff dargestelltist. Den Hintergrund der zentralen Szene bildet die Silhouette der Stadt Mělník in der Gestalt vor dem zer-störerischen Feuer von 1681. Die anschließende Reparatur gab dem Turm die frühbarocke Zwiebel-kuppel, ergänzt von Zwie-belchen über den Ecktür-men des Söllers.

Der Turm diente als Wach- und als Glocken-turm. Das Feuer von 1681 ließ die ursprünglichen Glocken schmelzen, die an-schließend durch drei neue Glocken aus der Werkstatt von Jan Pricquey ersetzt wurden. Zwei von ihnen, der „Hl. Petrus und Paulus“ und „Der hl. Wenzel und Ludmila“ hängen bis heute auf dem Glockenturm. Die dritte riss 1767 und wurde umgegossen, sie wurde je-doch während des 1. Welt-krieges requiriert (beschlag-nahmt). Ihre Nachfolgerin wiederum überlebte das Wüten des folgenden krie-gerischen Konflikts nicht.Auf ihren Ersatz musste man lange warten, und zwar bis 1993, als hier eine Glocke aufgehängt wurde,

Gotischer Turm der Kirche des hl. Petrus und Paulus

In einer Reihe bedeutender Denkmäler, die die reiche Stadtgeschichte belegen, nimmt der sog. Mělníker Schatz, der im Rathaus aufbewahrt wird, den führenden Platz ein. Er besteht aus der spätgotischen Monstranz vom Ende des 15. Jahrhunderts und einer Pyxis– beides aus Silber und ver-goldet. Sein dritter Teil ist ein geschnitzter Holzpokal aus der Renaissance.

Die Mělníker spätgotische Monstranz vom Ende des 15. Jahrhunderts, die im Mělníker Rathaus aufbewahrt ist, erreicht eine Höhe von 112 cm, eine Breite bis zu 32 cm, das Gewicht ist 6,61 kg. Mit ihrer Form erinnert sie an einen Teil eines goti-schen Doms – mit Türmen, die mit Fialen abgeschlossen sind, mit reicher Figurenver-zierung, Wasserspeier und weiteren bauli-chen Elementen. Der ehrenvollste Platz im Zentrum der Monstranz gehört einem Glas-zylinder mit goldenem Halbmond (Lunula), wo die Hostie erfasst wird. Die größeren Fi-guren auf der Seite des Zylinders gehören den hl. Petrus und Paulus, die kleineren stellen den hl. Veit und den hl. Wenzel dar. Im Mitteltürmchen über dem Zylinder ist die Figur des schmerzensreichen Christus, ein Paar Engel tragen die Symbole von Chri-stus Leiden. Den „Dom“ schließt die ge-krönte Jungfrau Maria mit Kind ab.

Gotischer Turm der Kirchedes hl. Petrus und Paulus

Das Gesims unter dem großen Fenster an der Ostseite trägt eine Jahreszahl 1487

Gesims mit Kryptogramm (J. Spiess, 1488))

Glocke des hl. Petrus und Paulus (1690)

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21Führer durch die Stadt Mělník

die zu Ehren der hl. Agnes und der dazumal noch gebenedei-ten Zdislavsa, der Patronin der Diözese von Leitmeritz, geweiht wurde.

Im Jahr 2006 wurde mit der anspruchsvollen Reparatur des Turms mit dem Ziel seiner Zugänglichmachung begonnen. Und durch welchen Ausblick wird der Besucher nach dem an-spruchsvollen Aufstieg belohnt?

Was alles wir vom Turm aus erblicken können, liegt daran, ob wir vom Söller direkt nach unten blicken oder in die Ferne.

Der Söller des Turms (in Höhe von 37 m) begrüßt uns auf seiner westlichen Seite. Gleich unter uns sind die Alte Schule, der Schlossausblick mit der Büste von Viktor Dyk und das Schloss. Unter dem Lobkowicz-Weinberg „Sv. Ludmila“ glitzert das Was-ser der Flüsse Elbe und Moldau und das Lateralkanals mit Stau-anlage. Rechts davon verbirgt sich hinter dem englischen Park die Gemeinde Hořín mit einem wertvollen Barockschloss (un-zugänglich). Bei guter Sicht kann man z.B. die Städte Kralupy nad Vltavou und Kladno sehen sowie nördlicher die Berge des Böhmischen Mittelgebirges, vor denen der Kegelberg Říp „sitzt“. In Richtung zum Mittelgebirge läuft das Band der Elbe, an das viele Gemeinden gebunden sind – Vliněvěs mit dem blenden weißen Türmchen der pseudoromanischen Kirche der Enthauptung des hl. Johannes, des Täufers, Dolní Beřkovice, Liběchov mit der Heiliggeist-Kirche, der Dominante des Land-strichs, und Horní Počaply mit den Schornsteinen und Kühltür-men des Kraftwerks Mělník. Unter dem eigentlichen Turm brei-tet sich auf der Nordseite das Schloss und weiter die ehemalige Elbevorstadt und die Stadtteile Pšovka mit dem ehemaligen Augustinerkloster und dem Kloster des hl. Laurentius und Mla-zice aus. Von hier aus, also von der Nordseite des Söllers, haben wir ebenso wie von der Ostseite den historischen Stadtkern mit dem Marktplatz mit Rathaus und dem Kapuzinerkloster der Vierzehn heiligen Helfer wie auf dem Präsentierteller vor uns liegen. Den Gipfel „gegenüber“ dominiert die Kirche des hl. Jo-hannes von Nepomuk. Der Fuß dieses Objekts „befindet sichin gleicher Höhe wie der Gipfel des Kirchturms zu Mělník“.

Gotischer Turm der Kirche des hl. Petrus und Paulus

Die spätgotische Pyxis ist ein zylinderför-miger Behälter mit einem Durchmesser von 12 cm und einem Gewicht von 0,595 kg. Sein wertvollster Teil ist der Deckel mit der Szene von Jesus im Garten Getsemani.

Themen aus dem Neuen aber auch aus dem Alten Testament finden wir ebenfalls aufdem kostbaren geschnitzten Pokal aus dem Jahr 1582 mit einer Höhe von 44 cm und ei-nem Durchmesser von 10,5 cm. In dem Band, das sich über seine Oberfläche wickelt, erfas-ste der unbekannte Meister 32 von ihnen, und wenn wir sie detailliert untersuchen möchten, müssten wir eine Lupe benutzen.

Blick auf Mělník vom gotischen Turm der Kirche

Den Blick vom Turm in westlicher und nördlicher Richtung dominiert der Berg Říp

Jesus im Garten Getsemani

Kreuzigung (Holzbecher, 1582)

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22 Führer durch die Stadt Mělník

Dennoch kann diese Höhe die weiteren wichtigen Punkte am Horizont nicht verdunkeln – neben den Bergen des Böhmi-schen Mittelgebirges (links) können wir noch den Berg Jesch-ken mit der schimmernden Spitze, die Gipfel der Bösigberge oder den näheren Wratner Berg mit Aussichtsturm sehen. Als Aussichtspunkt kann in der Stadt auch das Prager Tor (evtl. auch der Wasserturm) dienen, das uns in die Prager Vorstadt führt und den Blick über das Grün des Parks „Na Polabí“ in Rich-tung nach Prag öffnet, der jedoch die Schornsteine des WerksSpolana Neratovice vorangehen. Und damit kommen wir schon wieder zurück zu den Flüssen und ihrer Verbindung – zum Ausgangspunkt unseres Aussichtsspaziergangs zu nähe-ren und fernen Orten, die vom Kirchturm so aussehen, als wä-ren sie in Reichweite.

Gebäude der neuen Propstei, Haus Nr. 18Im Jahr 1895 wurde in Mělník die Propstei erneuert, die

zwar zu den ältesten in Böhmen gehörte, jedoch infolge der Hussitenkriege erlosch. Anlässlich der Erneuerung wurde eine Feier veranstaltet, und zwar am Tag des hl. Wenzel 1896. Ihr Be-

standteil war die Einweihung des neuen Gebäudes der Prop-stei, an deren Aufbau sich die Stadt Mělník mit einem entschei-denden Betrag beteiligte. Deshalb finden wir im Eingangsflurder Propstei nicht nur sein Zeichen, sondern auch das Zeichen der Stadt Mělník. Deshalb gab auch der damalige Burgmeister Václav Haupt die Schlüssel vom neuen Gebäude dem neu er-nannten Propst – dem Mělníker Josef Bernat (1835 – 1925) ab. Zur Zeit seines Wirkens wurde unter der Leitung von Kamil Hil-bert die Erneuerung der Kirche des hl. Petrus und Paulus und die Reparatur der Kirche der hl. Ludmila durchgeführt.

Das neugotische Gebäude der Propstei wurde zwar nach Zeichnungen des Mělníker Architekten Antonín Kamarád er-richtet, aber gemäß dem Muster, das die Neue Propstei auf der Prager Burg abgab. Der ursprüngliche Entwurf stammt also vom Architekten Josef Mocker.

Gotischer Turm der Kirche des hl. Petrus und Paulus • Der Propstei

Das Spätgotisches Sanktuarium wurde aus Sandstein angefertigt und ist halbver-chromt. Das Untergestell, das mit Akan-thusblättern verziert ist, weist bereits auf die Renaissance hin, das Schild an den Kan-ten, das mit Krabben versehen ist und mit einer Fiale mit Blume und Knospe abge-schlossen ist, gehört zur Gotik. Der Haupt-teil, ein Steinschrank, ist unten mit einem Steinmetzzeichen versehen, das woanders in der Kirche nicht mehr auftritt.

Zusammenfluss von Elbe und Moldau unterhalb des Mělníker Hügels Neugotisches Propsteigebäude

Spätgotisches Sanktuarium in der Kirche des hl. Petrus und Paulus

Steinmetzzeichen am Sanktuarium

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23Führer durch die Stadt Mělník

Villa Karola, Haus Nr. 41 und 40Die pseudogotische Villa Karola ist eine der untergeordne-

ten Dominanten von Mělník. Die Nr. 41 stellt ihren älteren Teil dar (1876), die Nr. 40 ist ein Anbau aus dem Jahr 1886. Dieser trägt auch die Bezeichnung der Villa „Karola“, die wohl ihren Ur-sprung im Namen der Frau Karolina, der Ehefrau ihres Bauherrn František Vinkler, hat.

František Vinkler (1839 – 1899) wurde 1865 Kreissekretär, kurz danach wurde er auch Mitglied der Gemeindevertretung. Er war an der Entstehung des Mělníker Sokols beteiligt, dessen erster Vorsitzender er war. Mit seiner Frau wirkte er aktiv unter den Mělníker Freiwilligen. Ab 1871 leitete er die Zeitung „Mělničan a Pšovan“. Im Jahr 1897 ging jedoch die Wirtschafts-darlehenskasse bankrott, deren leitender Beamter er war, was Vinklers Sturz bedeutete. Er starb am Ende des Jahrhunderts arm und verlassen, die Villa wurde danach eine gewisse Zeit als „Kradlovka (Diebesnest)“ bezeichnet.

Seit 1981 hat die Stadtbibliothek Mělník in der Villa Karola ihren Sitz.

Alte Schule, Haus Nr. 159Das Objekt der ehemaligen Schule im Park bei der Kirche

des hl. Petrus und Paulus pflegte früher der Sitz des MělníkerKapitels zu sein. Es handelte sich um ein Stiftskapitel, also ein Kollegium von Geistlichen bei einer wichtigen Kirche, an deren Spitze der Propst stand (Vorsteher). Das Gründungsdatum des Kapitels ist nicht genau bekannt, das Erlöschen ist mit den Hus-sitenkriegen verbunden. Anschließend wurde das Gebäude der Sitz der städtischen partikularen Lateinschule, deren be-deutende Lehrer, wie es die Gedenktafel angibt, Matouš Hosius Vysokomýtský (1576 – 1577), ein Freund des Verlegers Daniel Adam von Veleslavín, ähnlich wie der weitere Mělníker Lehrer Jan Civilius – Bürger von Lomnitz waren. Die Schule hielt sich Jahrhunderte an die-sem Ort, erst 1787 sie-delte sie in die heutige Straße Husova um.

Die alte Schule war ein Bestandteil der Stadtbefestigung. Mit dem Schloss wurde sie durch die heute nicht mehr existieren-de einfache Wehrmau-er verbunden, an deren Südecke sich die Quer-mauer mit vier Schieß-scharten anschließt, die den Raum des Zwin-gers abschloss, der die Stadt bis zum Elbtor umschließt.

Das Mělníker Evangeliar, das ein Schrift-denkmal ist, das im Jahr 1894 entdeckt wur-de und heutzutage im Staatlichen Bezirksar-chiv Mělník aufbewahrt wird, stammt aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts. Es handelt sich um ein Buch, in dem 167 Pergament-blätter mit einer Höhe von 29,5 cm und einer Breite von 20,5 cm gebunden sind, die Holz-deckel sind mit weißem Leder bezogen. Der lateinische Text ist elegant mit Minuskeln ge-schrieben, die Überschriften und die An-fangsbuchstaben sind mit roten Majuskeln geschrieben. Ursprünglich gab es hier eine ganzseitige Darstellung aller Evangelisten, also von Markus, Mathäus, Lukas und Johan-nes, das Blatt mit Mathäus wurde später her-ausgeschnitten, vollkommen beendet ist nur das von Lukas. Die Abbildung mit dem ent-sprechenden Attribut bezeichnet den Autor des Evangeliums, die auf der gegenüberlie-genden Seite mit der Initiale beginnt. Inter-essant sind die später hinzugefügten Schrif-ten im Buch, unter ihnen beeindruckt das Inventar aus dem 13. Jahrhundert der hiesi-gen Kapitelkirche des hl. Petrus und Paulus, das den Reichtum des Kapitels belegt, das in den Hussitenkriegen im Jahr 1421 erlosch.

Villa Karola • Alte Schule

Westfront der Alten Schule

Quermauer des Zwingers mit Schießscharten, die an die Ecke der Alten Schule anknüpft

Der Evangelist Lukas im Mělníker Evangeliar

Alte Schule im Park bei der Kirche

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24 Führer durch die Stadt Mělník

Befestigung der Stadt MělníkEines der Attribute mittelalterlicher Städte war ihre Befesti-

gung. Auch Mělník hatte sie, die Stadt die auf dem Gelände der älteren slawischen Burgstätte gegründet wurde. Nach den er-haltenen Resten des Wehrbaus handelte es sich um Schanz-mauern mit Zinnen, die mit acht Türmen – Bastionen, zwei To-ren und einer kleineren Pforte für Fußgänger versehen waren. Dieser Teil der Befestigung entstand bereits im 13. Jahrhun-dert, später kam es zum Aufbau der äußeren Zwingermauer und zur Herrichtung des Raums, der so zwischen beiden Strei-fen der Wälle entstand, zu einem Gehweg, der Zwinger ge-nannt wurde. Die Zwingermauer, auch Brüstung genannt, wuchs aus dem Wallgraben empor, der im Falle von Mělník ein trockner war. Der Zugang zu ihm war von der Außenseite durch einen Wall geschützt. Die Lage der Stadt auf einem Berg ent-sprach auch den unterschiedlichen Maßen der notwendigen Absicherung der Befestigungselemente. Während der steile Hang des Mělníker Bergs in Richtung zur Elbe im Westen und Nordwesten die Stadt ohne weitere Schutzmaßnahmen sicher-te (außer der Hauptwehrmauer, in die das Gebäude der hiesi-

gen Burg und das Kanonikerhaus, später die erste Mělníker Schule, eingebunden waren), erforderte der einfachere Zu-gang zur Stadt von Osten und Süden aus die Verwendung der oben beschriebenen Fortifikationselemente.

Die von Mauern eingeschlossene Stadt war durch das Pra-ger Tor und das Elbtor zugänglich, die auf der wichtigsten Stra-ße lagen, die durch die Stadt führte. Von diesen beiden Toren blieb nur das Prager Tor erhalten, und zwar in der Gestalt vom Anfang des 16. Jahrhunderts. An der Stelle des kleineren Tors – der Pforte für Fußgänger – stehen in der Straße Česká zwei Em-piresäulen von 1837. Von den acht Bastionen blieb in der Hauptschanzmauer nur eine hinter dem Haus Nr. 9 erhalten, al-lerdings bereits in der klassizistischen Herrichtung. Aufmerk-samkeit verdient unbedingt eine der Zwingerbastionen, deren Ausführung in das 15. Jh. gehört. Man kann sie in den Jung-mann-Gärten sehen, wo sich den Interessenten an mittelalter-licher Befestigung auch ein Blick auf den Schanzwall, die Zwin-germauer (neu repariert), auf den Torso der Hauptschanzmauer, allerdings bereits ohne Zinnen, und den breiten Wallgraben

Die Weinberge umgaben früher die ganze Stadt Mělník, ihren heutigen histori-schen Kern. Sowie die Stadt anwuchs, ver-schlang sie die Weinanbaufläche. Heute ge-hört der Weinberg der hl. Ludmila am Hang unterhalb des Schlosses, der im Jahr 1895 angelegt wurde, zu den bekanntesten.

Zwischen den Weinbergen waren Pres-sen, Wachtürmchen, Winzerkapellen ver-streut, die Hänge waren von schneeweißen Weinbergmauern aus Klinker aufgeteilt.

Befestigung der Stadt Mělník

Zwingermauer und Torso der Hauptburgmauer im Park Jungmannovy sady Letzte erhaltene Zwingerbastei im Park Jungmannovy sady

An der Stelle der ehemaligen Pforte in der Straße Česká ulička sind heute Säulen mit Empirevasen

Sicht auf den Weinberg der hl. Ludmila

Detail der Giebelverzierung eines Hauses

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25Führer durch die Stadt Mělník

bietet. Ein anderer Typ der Schanzmauer mit Schießscharten, der den Zwinger auf der südwestlichen Seite der Stadt ab-schließt, blieb beim Gebäude der oben erwähnten Alten Schu-le im kleinen Park hinter der Kirche des hl. Petrus und Paulus er-halten.

Als vorgeschobener Teil der Stadtwehr konnte auch der Wasserturm über der Talenge Podolská dienen. Der Wasser-turm, der eine der kleineren Dominanten im Panorama der Stadt bildet, kann zusammen mit der mittelalterlichen Wasser-leitung ab dem 16. Jahrhundert belegt werden. In diesem vier-kantigen, etwa 20 m hohen Objekt ohne Elemente, die für ei-nen der historischen Baustile charakteristisch waren, befand

sich im höchsten Stock der Wasserspeicher, der mit einer Zu-fluss- (Verdrängungs-), Abfluss- und Sturzleitung ausgestattetwar. Das Wasser wurde aus dem Bach Pšovka hierher ge-schöpft.

Während wir über das genaue Entstehungsdatum dieser so wichtigen Anlage, wie es die Wasserleitung für Mělník mit sei-nem einzigen Brunnen innerhalb der Stadtmauern war, an-hand indirekter Belege (Erwähnung in den Stadtbüchern, Ana-logien zu Prager Wasserleitungen) nur spekulieren können, wissen wir genau, ab wann der Turm die Funktion als Wasser-speicher nicht mehr erfüllte. Das war 1882, als der Wasserspei-cher in das höher gelegene Prager Tor übertragen wurde.

Das Baumaterial der Mělníker Stadtmauern und ihrer Tür-me – Tonmergel – zerfällt leicht (er malmt – tschech. mělní), und daher trug neben anderen Aspekten auch diese Tatsache zu einem schnellen Verfall und an vielen Stellen einem völligen Erlöschen der hiesigen Fortifikation bei. Heute wird das, wasvon der Stadtbefestigung erhalten blieb, verdienterweise ge-wartet und geschützt.

Prager TorDas Prager Tor, durch das man die Stadt von Südosten be-

tritt, ist der besterhaltene Teil der mittelalterlichen Befestigung von Mělník. Seine heutige Gestalt stammt aus den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts, was das kleine Portal des Zifferblatts derUhr auf der von der Stadt abgewandten Seite beweist, das auf das Jahr 1536 datiert ist. Aus dieser Zeit stammen auch alle ur-sprünglichen architektonischen Details des Tores – die Schlüs-sellochschießscharten, die Leibung der Fenster (teilweise) und insbesondere die gewölbte Durchfahrt an beiden Enden mit Spitzbogen. Das Tor betrat man über eine Wendeltreppe, die in der Stärke der Nordmauer aus dem Nachbarhaus führte (heute Nr. 110), auf dem die sog. Dienstbarkeit lastete, also die Pflicht,den Zugang zu ermöglichen. Über die Treppe gelangte man in den zweiten Stock des Tors. Heute ist der Eingang leider ver-

Die Statue von Karl IV. von Josef Max, ein Geschenk des Ritters Jan von Neu-berg an die Gemeinde Mělník, hat ihren Platz seit 1925 am Aussichtspunkt über dem Weinberg der hl. Ludmila. Sie stellt Karl IV. nicht als böhmischen König und römischen Kaiser dar, sondern als Förde-rer der böhmischen Winzerei. Mit diesem Thema hängt auch die Statuengruppe „Weinlese“ (1938) zusammen, ein Werk von Vincenc Makovský.

Befestigung der Stadt Mělník • Prager Tor

Wasserturm

Josef Max: Karl IV.

Vincenc Makovský: Weinlese (1938)

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26 Führer durch die Stadt Mělník

mauert. Die derzeitige Treppe, die aus der Durchfahrt des Tors empor führt, stammt ebenso wie der Anbau, durch den sie führt, aus dem 19. Jh.

Das Prager Tor trat teilweise aus der Front der Schanzmauer in den Zwinger hervor. Weil es keine Spuren einer Ziehbrücke trägt, wie sie am etwa gleich alten Tor zum heutigen Schloss, der ehemaligen Burg, ersichtlich sind, ist es fast sicher, dass ein weiteres Tor (Barbakan), das diese Sicherung hatte, den Zu-gang zu ihm abschirmte. Im Turm des Tores bewachte ein Wächter den Eingang zur Stadt, dessen Pflicht es war, das Toram Morgen zu öffnen und am Abend wieder zu schließen. Erbeaufsichtigte auch die Gefangenen, die hier im Gefängnis ihre Strafe abbüßten.

Ähnlich wie an dem Stadthaus gingen im Verlauf der Zei-ten verschiedene Katastrophen, vor allem Brände, auch am Tor

nicht spurlos vorüber. Nach dem Brand des Jahres 1562 wurde die ursprüngliche Aufteilung der Stockwerke geändert, und nach einem weiteren im Jahr 1653 erhielt der Turm, der ur-sprünglich mit einem steilen Walmdach abgedeckt war, einen hohen barocken Giebel und das Dach wurde mit einem Türm-chen mit Zwiebelkuppel abgeschlossen. Zu einer weiteren Än-derung des Daches und damit auch des Aussehens des Objekts kam es nach dem Brand des Jahres 1799. Eine große Katastro-phe suchte das Dach des Tores am 7. Dezember 1868 heim, als ein Sturm über die Stadt jagte. Der barocke Abschluss wurde dann niedergerissen und durch einen niedrigen, schieferge-deckten Walm ersetzt. Diese Gestalt des Tores ist bereits von ei-ner fotografischen Aufnahme erfasst.

Seine wichtigste Funktion verlor das Prager Tor mit dem Verkauf der Tore in einer Versteigerung am 17. Oktober 1836. Danach stand ihm ein neues Los bevor, es wurde 1882 das Was-serreservoir der alten städtischen Wasserleitung. Dieses wurde aus dem tiefer gelegenen Wasserturm hierher verlegt. In den Jahren 1916 – 1920 wurde das Prager Tor vom Architekten Ka-mil Hilbert restauriert. Sein Mauerwerk, das aus Bruchgestein

KH sind die Initialen des Architekten Kamil Hilbert, der die Erneuerung der Kirche des hl. Petrus und Paulus in den Jahren 1913 – 1915 leitete und ihr seine gegenwärtige Gestalt gab. Die Initialen stehen am Anfang des Textes der Tafel über dem Wappen der Sakristei, die an einen Umschlag erinnern kann, in den die Patrone der Kirche des hl. Petrus und Paulus „hineingesteckt“ sind. Geschaffenwurden sie von Vojtěch Sucharda.

Prager Tor

Prager Tor

Prager Tor am Ende des 19. Jahrhunderts Prager Tor In der Gegenwart

Tafel auf dem Wappen der Sakristei der Kirche des hl. Petrus und Paulus

Die Tafel auf der Mauer der neuromanischen Etage des Turms der Kirche des hl. Petrus und Paulus, die Kamil Hilbert erbaute, trägt die Jahreszahl 1914

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27Führer durch die Stadt Mělník

errichtet ist, erhielt einen Verputz aus Kalkmörtel, die steinerne Leibung der Fenster wurde ergänzt oder ggf. ausgetauscht, ei-ne Öffnung für das Zifferblatt der Uhr auf der Seite zur PragerVorstadt wurde geschaffen und ein neues spitzeres Walmdachmit Schiftsparren und Erker für die Zimbel der Uhr wurde auf-gerichtet. Nach der Auflösung des Wasserreservoirs im Jahr1930 verlor das Tor auch diese Aufgabe und wurde nur noch als markante Unterdominante im Panorama der Stadt geschätzt.

Für seine heutige neue Aufgabe wurde es vom akademi-schen Maler Vladimír Veselý entdeckt und vorbereitet. Heute ist es eine originale Galerie, die „Galerie im Turm“ heißt. Das Er-lebnis der Besichtigung der ausgestellten Werke verbindet sich mit einem ungewöhnlichen Ausblick in die Straßen der Stadt und auch weiter nach Osten sowie mit einer Einkehrmöglich-keit.

UntergrundUnter dem historischen Stadtkern befindet sich eine weite-

re Stadt, die aus einem Netz von Gängen und unterschiedlich großen Räumen besteht. Der Mělníker Untergrund, der für vie-le mit dem Schleier des Geheimnisses umhüllt ist, wurde seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts Gegenstand von Un-tersuchungen, für die nicht nur die natürliche menschliche Neugier ausschlaggebend ist, sondern auch bestimmte Gefah-ren, die er in sich birgt.

Der Untergrund entstand wahrscheinlich ab dem Ende des 13. Jahrhunderts parallel zum Aufbau der Stadt. Das Gangsy-stem, das zu einem wesentlich Teil in einer Tiefe von 8 – 10 m unter der heutigen Oberfläche in Sandstein gehauen ist, warund ist in den meisten Fällen bis heute ein Bestandteil fast ei-nes jeden Objekts im historischen Kern der Stadt. Früher waren seine einzelnen Bauten jedoch verbunden, heute ist das durch zahlreiche Vermauerungen, Auffüllungen und Einstürze, in de-ren Folge schon viele Abschnitte des Untergrunds unzugäng-lich sind, bereits unmöglich. Auch seine tatsächliche Größe ist nicht geklärt. Und weil sich Mělník auf einem Berg befindet,dessen Gestein malmt, tauchten an vielen Stellen Einbrüche der Fahrbahnen oder Gehwege auf (z.B. versank 1875 in der Straße Husova ein Brauereiwagen), und es kommt zu stati-schen Störungen der Objekte. Das sind auch die Umstände, die hinter der Entscheidung der Stadtleitung standen, mit einer sy-stematischen Untersuchung des Untergrunds zu beginnen. Deren 1. Etappe fand unter der Leitung von RNDr. Vladimír Ha-velka in den Jahren 2000 – 2003 statt.

Warum entstand der Untergrund überhaupt? Solche Räu-me sind eine Rarität nicht allein der Stadt Mělník. Wir finden siein einer Reihe historischer Städte, wie z.B. Jihlava, Pilsen, Tábor, Kutná Hora oder Slavonice. Die unterirdischen Räume dienten als Lager, es konnte sich um Wein- oder Bierkeller handeln, sie gewährten auch einen Zufluchtsort vor Gefahr, sei es bei Krie-gen oder Bränden. In unserer Stadt sind die Keller auf zwei bis drei Ebenen, in den oberen Stockwerken sind sie mit Verblen-dungen versteift, in den tieferen umgibt uns nur noch Gestein

An Statuenverzierung im Freien ist Mělník verhältnismäßig arm. Für die älte-sten Statuen, die Barockstatuen des hl. Johannes Nepomuk, müssten wir uns außerhalb des historischen Kerns bege-ben, und zwar einerseits nach Pšovka, in den kleinen Park bei der Kirche des hl. Laurentius, oder wir müssten auf dem al-ten Wallfahrtsweg in Richtung nach Chloumek hinaufsteigen.

Prager Tor • Untergrund

Über den Dächern der Stadt

Der hl. Johannes Nepomuk in der Straße Chloumecká (1720)

Der hl. Johannes Nepomuk im kleinen Parkbei der Kirche des hl. Laurentius

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28 Führer durch die Stadt Mělník

(Sandmergel, Sandstein). Sie wurden nicht nur unter den ein-zelnen Häusern ausgetrieben, sondern verlassen auch ihren Grundriss unter den öffentlichen Raum und bilden ein heutebereits gestörtes System von Gängen, wobei ein Gang nachge-wiesen ist, der erst hinter der Stadtmauer ausmündet, oder ein Gang, der zum Brunnen führt. Das aus den unterirdischen Räu-men ausgehauene Gestein diente unseren Vorfahren beim Bau der oberirdischen Objekte, der Häuser oder Befestigungen.

Auf die Stelle, an der im Felsen der Brunnen vertieft ist, der ein einzigartiges Bergbauwerk darstellt, weist uns auf dem Platz Náměstí Míru ein Kreis mit Aufschrift, die im Pflaster aus-gelegt ist, hin. Er wurde wahrscheinlich in der Zeit der Entste-hung der Stadt ausgehoben, und während langer Zeit handel-te es sich um ihre einzige Wasserquelle. Früher wurde die Tiefe des Brunnens mit 60 m angegeben – dann würde sie der Höhe des Turms der Kirche des hl. Petrus und Paulus entsprechen. Neuere Messungen (Jahr 2000) geben die Tiefe jedoch mit 54 m an, wobei die Höhe der Wassersäule 7,2 m ist. Sein Durch-messer ist viel größer, als der Kreis im Pflaster angibt, und zwar4 – 5 m. Der derzeitige, jedoch nicht der ursprüngliche Zugang

zum Brunnen, ist ein unterir-discher Gang, der aus dem Haus Nr. 51 führt. Der Gang ist in einer Tiefe von 8 m in Sand-stein vorgetrieben. Am Ende des Ganges ist ein 0,5 x 0,5 m großer Durchbruch in den Ziegelmantel des Brunnens, der in der letzten Zeit herge-richtet wurde (die Ziegelaus-mauerung reicht bis in etwa 11 m der Brunnentiefe, weiter unten ist nur bloßes Gestein).

Die unterirdischen Räume sind der Öffentlichkeit bishernicht zugänglich (eine Aus-nahme stellen die Schlosskel-ler, die Keller im Museum und die Räume dar, die Bestandteil des Betriebs der Weinstuben Modrá hvězda, Sv. Václav und Rytíř sind). Die Stadt Mělník wür-de jedoch gern wenigstens einen Teil dieser Räume für die Be-sucher der Stadt öffnen.

Die Hl. Ludmila und MělníkAus Mělník, früher Pšov genannt,

stammte die Fürstin Ludmila, die im Jahr 874 Hochzeit mit Bořivoj hielt, dem er-sten historisch belegten böhmischen Fürsten. Mit seinem Namen ist das be-deutsamste Ereignis unserer ältesten Ge-schichte verbunden: Die Bringung des Christentums in unser Land.

Die hl. Ludmila wurde in Mělník im-mer verehrt. Beweis ist nicht nur die Kir-che der hl. Ludmila und die Schlosska-

Untergrund

Die hl. Ludmila aus dem Altar der Kirchedes hl. Petrus und Paulus (1749)

Die hl. Ludmila in der Nische des großen Turms der Kirchedes hl. Petrus und Paulus (Jaromír Čermák, 1915)

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29Führer durch die Stadt Mělník

pelle mit der gleichen Weihung, sondern auch die häufigen Darstellungenin Mělníker Kirchen und an Profanbau-ten. Ein Beispiel ist die Fassade des Rat-hauses und des Triptychons von Kroupa in seinem Erdgeschoss, wo sich die Ab-bildung befindet, wie die Heilige Ludmi-la den hl. Wenzel lehrt, dieses Thema er-scheint auch am Seitenaltar der Kirche des hl. Petrus und Paulus. Ein häufigesMotiv in Mělník ist auch die Taufe von Ludmila.

Kirche der hl. Ludmila mit Glockenturm

Die Kirche der hl. Ludmila befindet sich in der StraßePražská, gleich unterhalb des Platzes Náměstí Karla IV. Früher wurde dieser Teil der Stadt Prager Vorstadt genannt, hier ver-ließ man die Stadt durch das Prager Tor in Richtung auf Prag, die Hauptstadt des Böhmischen Königreichs. Laut einer Sage wurde die Kirche an der Stelle errichtet, wo die Fürstin Ludmila bald nach dem Übertritt zum Christentum, als die Mělníker, da-mals noch Heiden, sie nicht in die Stadt lassen wollten, über-nachtete (zu Ludmilas Zeit existierte die Stadt ebenso wie die

Die Kirche der hl. Ludmila wurde auf Vermächtnis der Mělníker Bürgerin Ludmila Hronová, geborene Metelicová, Witwe des ersten kaiserlichen Vogts, gebaut. Es handelte sich erst um die dritte Kirche in Böhmen, die dieser böhmischen Pa-tronin geweiht wurde, heute ist es die älteste existierende Kir-che der hl. Ludmila.

Ab ihrer Einweihung im Jahr 1585 verging nicht viel Zeit bis zum Kriegsgetümmel, das Europa in den Jahren 1618 – 1648 erschütterte. Der Verwüstung entging auch Mělník nicht, beim

schwedischen Einfall 1639 wurde die Kirche niedergebrannt und eingerissen, was auch das Schicksal der ganzen Vorstadt war. Auf die Weihe der vom Baumeister Francesco Cerasolla er-neuerten Kirche mussten die Mělníker verhältnismäßig lange warten, und zwar bis 1685. Im Fundament gibt es diesen Bau bis heute, auch wenn er einschließlich seiner Umgebung Repa-raturen und Herrichtungen durchlief.

1828 bei der Erweiterung des Friedhofs (zuerst des Neben- und dann 1775 – 1880 des Hauptfriedhofs) kam es zur Beseiti-gung des hölzernen Glockenturms und des Beinhauses. Die Glocken fanden ihren Platz im Anbau (etwa aus dem Jahr 1789) an der Südseite des Schiffes, der hier bis zur umfangreichen Re-paratur der Kirche der hl. Ludmila in den Jahren 1906 – 1907 aushielt. Damals wurden die Glocken im neu errichteten Glok-kenturm geborgen, der vom Architekten Antonín Wiehl, dem Hauptschöpfer der tschechischen Neurenaissance, entworfen wurde, unter dessen Leitung die Bauarbeiten stattfanden.

Im Innenraum der gemütlichen Kirche zieht u.a. das Mar-morgrabmal der fünf Kinder von Sixt Dvorský, eines Mělníker Bürgers (1599), die Aufmerksamkeit des Besuchers auf sich.

Kirche der hl. Ludmila

Reliquiar mit einem Knöchelchen aus der Hand der hl. Ludmila,ein Geschenk der Nonnen aus dem Kloster des hl. Georg,

dem Zentrum der Verehrung der hl. Ludmila, Mělník(geschenkt vor dem Jahr 1669)

Kirche der hl. Ludmila mit Glockenturm

Vasen auf Pfeilern des Eingangstors– Schädel, die an den ehemaligen

Friedhof erinnern

Renaissancegrabstein der Familievon Sixt Dvorský (1599)

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30 Führer durch die Stadt Mělník

Auf alten Veduten der Stadt wird ihr Panorama vom Turm der Kirche des hl. Pe-trus und Paulus, vom Rathausturm, vom Prager Tor, vom Sanktusturm der Kapuzi-nerkirche und von der Kirche der hl. Ludmi-la und vom Wasserwerkturm dominiert. Im Verlauf der Jahre kamen weitere hinzu, und so richtet sich der Blick des aufmerksamen Fußgängers oftmals in die Höhe, damit er eine Reihe verschiedener Details der Tür-me, Türmchen und Türmlein bewundert, die die Hausbauwerke in historisierenden Bestandteilen ergänzen oder die Sezessi-onsbauten.

Der Hauptaltar mit dem Bild der Taufe der hl. Ludmila stammt aus dem Jahr 1746 und ist ein Werk des Bildhauers Jan Pursch aus Pšovka. Die Kanzel, die auf das Jahr 1699 datiert, trägt auf der Rednerbühne Tafeln mit der Darstellung der vier heiligen Väter (hl. Hieronymus, hl. Ambrosius, hl. Gregor, hl. Augusti-nus). Die Brüstungen der Treppe ergänzen Darstellungen des hl. Andreas und des kleinen Jesus, der im Tempel eine Rede hält.

Die Kirche der hl. Ludmila und der anliegende kleine Park wurden zu Anfang der 90er Jahre des 20. Jh. erneuert, es folgte eine Reparatur des Glockenturms. Zuletzt wurden im Jahr 2006 auf die Säulen des Eingangstors zum Park, dem ehemaligen Friedhof, Repliken von Vasen in Gestalt von Urnen gesetzt, de-ren Dekoration Blumengewinde bilden, die in diesem Falle an Schäden aufgehängt sind. Memento mori.

Evangelische KircheAn der Stelle, an der sich heute die Neurenaissancekirche

der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder mit dem 23 m hohen Turm befindet, waren früher ein Weinberg (wie übri-gens in der ganzen Umgebung), der Damiánka genannt wur-de. Mit dem Bau der Kirche des Herrn in Mělník begann das „Presbyterium der evangelischen reformierten Kirche“ in Vy-soká auf der Grundlage des letzten Willens der Frau Rosalie Titěrová. Den Antrag auf die Genehmigung des Baus, dessen Entwurf der Architekt František Červenka ausgearbeitet hatte, wurde am 7. Juni 1896 eingereicht, der Grundstein wurde im gleichen Jahr am 13. September gelegt. Es verging kein ganzes Jahr und die neue „evangelische Kirche des Herrn“ wurde am 18. August 1897 feierlich geweiht, womit der Grundstein für das sich entwickelnde evangelische Leben in der Region ge-legt wurde. Widerspiegelung war die Gründung des evangeli-schen Kuratoriums in Mělník 1901. Zu seinem ersten Pfarrer wurde ThDr. František Žilka gewählt, eine Persönlichkeit über-regionaler Bedeutung (ab 1920 Professor für neutestamentari-

sche Wissenschaft an der Tschechoslowakischen Evangeli-schen Theologischen Hus-Fakultät, Autor einer Reihe theologischer Arbeiten, Übersetzer des Neuen Testaments – 1. Ausgabe 1933). Hinsichtlich der baulichen Entwicklung kam es bald zu einer Veränderung des Areals der Kirche. Südlich von ihr wurde im Jahr 1903 die einstöckige Pfarrei errichtet, 1937 wurde sie durch den Anbau des Hus-Hauses umgebaut und er-gänzt.

Die Ausstattung der Kirche ist einfach, was aus dem Cha-rakter und der Art der Gottesdienste der reformierten Kirchen hervorgeht. Das Hauptsymbol der Kirche, der Kelch, befindetsich an mehreren Orten in dominanter Lage.

Die Tschechoslowakische Evangelische Kirche geht aus der

Kirche der hl. Ludmila • Evangelische Kirche

Evangelische Kirche

Sanktusturm der Kirche der hl. Ludmila und Dachdes Glockenhauses

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31Führer durch die Stadt Mělník

Mělníker Friedhöfe – WissenswertesDer älteste Friedhof in Mělník breitete

sich um die Kirche des hl. Petrus und Paulus aus, und zwar bis zum Jahr 1775, als hier die Beerdigungen eingestellt wurden und auf den Friedhof bei der Kirche der hl. Ludmila verlegt wurden, der dadurch bis zum Jahr 1880 der Hauptfriedhof wurde. Damals wurde der Friedhof des hl. Wenzel in der Prager Straße angelegt, der einen katholi-schen und einen evangelischen Teil hat. Ei-ne alte Anlage ist auch der Friedhof bei der Kirche der Höchsten Dreifaltigkeit in Mělník – Chloumek, schriftliche Quellen erwähnen ihn bereits seit dem Ende des 16. Jahrhun-derts. Ihn zu durchstreifen bedeutet, sich mit einem Teil der Geschichte der Stadt Mělník bekannt zu machen, da hier eine Reihe hervorragender Persönlichkeiten der Stadt ihre letzte Ruhe fanden. In die Auf-zählung der Friedhöfe von Mělník ist auch der von der Fläche her nicht große, aber eindrucksvolle Friedhof unter Baumkronen „Na Ráji“ (Im Paradies) einzureihen.

tschechischen Reformation hervor, sie bekennt sich zu Werken reformierter Theologen, von denen wir wenigstens Jan Hus und Ja¬n Amos Komenský nennen. Direkter Beleg in der Mělníker evangelischen Kirche sind die Gedenktafel des M. Jan Hus an der Ostfassade der Kirche sowie die Aufschriften auf zwei Glocken im Turm. Die dritte Glocke wurde während des 2. Weltkrieges requiriert.

Hinter der linken Seitentür sind bis heute Steine erhalten, die wahrscheinlich früher auf dem Weinberg „Damiánka“ plat-ziert waren. Sie erinnern an den Weinberggründer Karl IV. und auch an Josef Neumann, den Besitzer des Weinbergs in den 40er Jahren des 19. Jh.

Parks der Stadt MělníkDer nicht sehr große historische Kern der Stadt Mělník, also

die mittelalterliche Stadt innerhalb der Befestigung, bot keine Möglichkeit zur Errichtung von Gärten und Parks. Die Stadt selbst war von Weinbergen umgeben. Ein kleiner Garten lag

am Nordflügel des Schlossesan. Der erste (und letzte) Park innerhalb der Mauern ent-stand an der Stelle des ehe-maligen Friedhofs bei der Kir-che des hl. Petrus und Paulus, der in der Zeit der Josephini-schen Reformen aufgelöst wurde. Der in eine Grünflächeverwandelte Raum wurde als Kirchplatz bezeichnet, später als Bernat-Gärten (nach dem Propst Josef Bernat).

Der älteste richtige Mělníker Park sind die Jung-mann-Gärten, die in der Mitte der 60er Jahre des 19. Jh. auf

Veranlassung des damaligen Burgmeisters Josef Valenta am Platz des zugeschütteten Burggrabens entlang der Zwingermauer angelegt wur-den. Gegenüber der ursprüng-lichen Ausdehnung hat sich ihre Fläche durch Bebauung eines Teils der Prager Vorstand verkleinert. Das neueste Ereig-nis in ihrer Geschichte spielte sich am 5. Mai 2000 ab, als hier das Denkmal für die Opfer des 2. Weltkriegs vom Künstler Mi-roslav Kroupa enthüllt wurde.

Der Park „Na Polabí“ wur-de durch das Verdienst der Mělníker Sparkasse, der Stadt und mit ausgiebiger Hilfe der Wein- und Obstbauschule ge-mäß einem Entwurf ihres Lehrers Arnošt Peths errichtet. Er soll-te eine Zierde der Stadt und ein Erholungsraum für ihre Be-wohner sein, gleichzeitig sollte er jedoch auch zu schulischen Zwecken dienen. Er stellte eigentlich einen botanischen Gar-ten dar, in dem 300 Arten und Sorten von Gehölzen konzen-triert waren. Die Tafel für den Gründer des Parks Arnošt Peths wurde feierlich am 20. April 1999 enthüllt.

Der jüngste Mělníker Park ist der Park „Na Podolí“, der sich am linken Ufer des Flüsschens Pšovka erstreckt. Er wird in Etap-pen angelegt, und seine abschließende Ausdehnung wird ins-gesamt 4 ha betragen. Der erste Teil, der feierlich am 18. Juni 1998 in Nachbarschaft des Busbahnhofs eröffnet wurde, erhältden Charakter der Flussaue mit den Feuchträumen und der Wasserfläche einschließlich der heimischen Baumarten, die fürdieses Gebiet charakteristisch sind. Hier befindet sich die letzteLokalität, in der seltene Arten von Amphibien in der Stadt auf-treten. In weiteren Teilen ist der Park bereits als städtischer Park mit unterschiedlichen, auch exotischen Baumarten und mit zwei Kinderspielplätzen konzipiert. Anlässlich des 80. Jahres-

Evangelische Kirche • Parks der Stadt Mělník

Winterlicher Park bei der Kirche des hl. Petrus und Paulus

In der Nachbarschaft des Parks Jungman-nové sady blühen im Frühjahr Magnolien

Grabmal der Familie Haupt (Autor: B. Schnirch?) auf dem Friedhof Chloumek

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32 Führer durch die Stadt Mělník

Der jüdische Friedhof von Mělník ist ein Denkmal, das uns daran erinnert, dass vor dem Zweiten Weltkrieg auch jüdische Bürger unsere Nachbarn waren, für die es jedoch keine Rückkehr nach Hause mehr gab. Der Friedhof wurde im Jahr 1878 ange-legt und gehörte der jüdischen Gemeinde Mělník. Er wurde bis zum Krieg benutzt, hier sind symbolisch vier Mitglieder der Fa-milie Kantor beigesetzt, die im Konzentrati-onslager ums Leben kamen. Die Mehrheit der Gräber erinnert durch ihre Form an

christliche, sie sind aus Granit oder Marmor, mit tschechischen und deutschen Inschrif-ten und mit jüdischen Symbolen

tags der Entstehung der selbständigen Tschechoslowakei wur-de hier eine Linde – der Baum der Republik gesetzt, die am 8. Februar 2001, am Tag des jüdischen Neujahrsfestes der Bäume durch weitere Gedenkbäume ergänzt wurde, die an die in der Zeit des Holocausts ermordeten jüdischen Mitbürger er-innern sollen.

In der Gemarkung Mělník befindet sich auch ein englischerPark. Er wurde in den 60er Jahren des 19. Jh. durch Jan Eduard, Ritter von Neuberg, am Sommerschloss Neuberg angelegt (zu Beginn des 18. Jh.).

Parks der Stadt Mělník

Park „Na Polabí“ - Pause in der Natur

Weg entlang des Bachs Pšovka

Grabsteine des jüdischen Friedhofs

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33Führer durch die Stadt Mělník

Lateral-Kanal mit Schleuse Ein unübersehbarer Bau von der Schlos-

saussicht aus ist die Schiffsschleuse Hořín,ein Bestandteil des Wasserbauwerks – Schwimmkammern am SchifffahrtskanalVraňany – Hořín, das in den Jahren 1902 – 1905 infolge der schlechten Befahrbarkeit des Unterlaufs der Moldau errichtet wurde. Die Schiffsschleuse, ein Sezessionsobjektaus Steinen, Ziegeln und Metallkonstruk-tionen, ist eines der bedeutendsten Werke des Prager Architekten František Sander (1871 – 1932), des Autors von Entwürfen zahlreicher Wasserbauwerke. Sie ist im per-fekten Zustand erhalten und stellt ein be-deutsames architektonisches und techni-sches Denkmal dar, das um ein Wohnhaus für die Bedienung der Schiffsschleuse er-gänzt ist. Die Mündung des Kanals in die El-be wird oft irrtümlich als Zusammenflussgehalten.

Moderne ArchitekturDas zweistöckige Eckhaus mit Türmchen (Nr. 26) auf dem

Platz Náměstí Míru, das heute der Kommerzbank gehört, ließ in den Jahren 1907 – 1908 die Mělníker Sparkasse anstelle eines einstöckigen Hauses mit der Statue des Christus in der Maue-recke errichten. Projektant des Baus im Jugendstil war der Pra-ger Architekt F. Buldro, die eigentliche Realisierung wurde dem Mělníker Baumeister Karel Novák anvertraut. 1933, als die Spar-kasse ihr 70-jähriges Bestehen feierte, wurden bauliche Her-richtungen vorgenommen. Den Entwurf für den Umbau der Keller, des Erdgeschosses, und des Stockwerks arbeiteten zwei Paare von Architekten aus – die Prager Ingenieure mit den klangvollen Namen Jindřich Freiwald und Jaroslav Böhm und die Mělníker Josef Širc und Bedřich Zeman. Damals erhielt die Sparkasse ihre heutige Gestalt – die Fassade des Erdgeschosses wurde mit Marmorplatten verkleidet.

Das Gebäude an der Ecke der Straßen Pražská und Fibicho-va (Nr. 220), heute der Sitz der Tschechischen Sparkasse, stammt aus den Jahren 1936 – 1937. Errichten ließ es die Kreis-wirtschaftsdarlehenskasse auf der Grundlage des Entwurfs von

Jindřich Freiwald und Jaroslav Böhm, die der Mauerecke eine konkave Wölbung gaben, in die sie einen zylindrischen Aus-schnitt setzten. Das gesamte Erdgeschoss wird von der sahne-farbigen Keramikverkleidung vereinheitlicht, und zwar ein-schließlich der zylindrischen Mitte, in die das rechtwinklige Eingangsportal eingesetzt ist, das mit poliertem Granit verklei-det ist. Die verputzten Etagen der Flügel sind vorgeschoben. Schöpfer der Statuenverzierung ist der akademische Bildhauer Oskar Kozák. In diesem umfangreichen Objekt hatte nicht nur die Darlehenskasse ihren Sitz, sondern auch ein Kaffeehausund eine Weinstube, diese Funktion hat das Objekt jedoch be-reits eingebüßt.

Die Žilka-Villa (Nr. 204) in der Straße Nová, heute Sitz des Arbeitsamtes, ließ in den Jahren 1906 – 1907 Marie Neuman-nová nach einem Entwurf von Quido Bělský errichten. Die heu-tige eingebürgerte Benennung der Villa hat ihren Ursprung in der Eheschließung der Tochter von Marie Neumannová mit Th-Dr. František Žilka. Die Stockvilla im Stil der geometrischen Se-zession ist in einem beträchtlichen Maße im ursprünglichen Zustand erhalten. Ihre glatte, weiße Fassade ist durch Streifen

Moderne Architektur

Sezessionsmaskaron am Haus Nr. 26

Eckobjekt Nr. 220

Lateral-Kanal mit Schleuse von der Schlossaussicht

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34 Führer durch die Stadt Mělník

Zu den wertvollsten Werken, die für das Augustinerkloster in Pšovka entstan-den, gehört das Votivbild des Meisters IW aus dem Zeitraum an der Wende der Spätgotik und der Renaissance. Es han-delt sich um eine beidseitig bemalte Holztafel, die auf einer Seite die Abbil-dung der Heiligsten Dreifaltigkeit mit ei-ner Gloriole Engeln trägt, auf der ande-ren Seite ist in der Mitte der Siegreiche Christus dargestellt, an dessen Bein ein Bittsteller mit gefalteten Händen kniet, rechts kommt der Tod – ein Gerippe mit Sense und Stundenglas, das die Zeit be-misst.

groben ockerfarbenen Verputzes gegliedert, die von Bildern aus glasierten Fliesen abgelöst und von den geschnitzten far-bigen hölzernen Giebeln und Balkongeländern ergänzt wer-den. Die asymmetrische Straßenfassade mit Säuleneingang wird von einem gepaarten Fenster mit farbiger Vitrage mit dem Motiv eines Pfaus dominiert. In ähnlichem Geiste entwarf Quido Bělský noch die Villa Nr. 2 in der Straße Radniční, die den Namen des surrealistischen Dichters Oldřich Wenzl (1921 – 1969) trägt.

Der Aufmerksamkeit sollte auch die Villa Nr. 210 nicht ent-gehen, die in nächster Nachbarschaft zum Wasserturm nach ei-nem Entwurf des Prager Architekten Bohumil Hübschmann, ei-nem Wagner-Schüler aus der Wiener Kunstakademie, entstand. Die Villa, heute Sitz der Kreisstaatsanwaltschaft, trägt den Na-

men ihres Bauherrn JUDr. František Valina, Anwalt, Vorsitzender der Mělníker Sparkas-se und auch Bürger-meister der Stadt (1908 – 1919, 1923 – 1925).

Das Masaryk-Kulturhaus (Nr. 323) ist das Ergebnis der un-ermüdlichen langfristigen Bemühung der Mělníker um das Entstehen eines Kulturzentrums der Stadt. Errichtet wurde es in den Jahren 1935 – 1936 nach einem Entwurf der Mělníker Architekten Josef Širc jr. und Bedřich Zeman, mit denen anschließend Ing. Dr. Jan Bohuslav Zelený eng zusammenarbeitete. Das puristische Objekt stellt einen stellt einen gegliederten rechtwink-ligen Raum dar, der im Südwesten halbkreisför-mig abgeschlossen wird. An seiner Fassade kom-men eine Reihe von Ma-terialien zur Anwendung: Verputz aus Brisolit (Kunststein), Sichtmauerwerk aus glasier-ten Ziegeln roter Farbe, ergänzende Elemente sind aus Kupfer, Stein und Holz. Den Ankommenden überrascht der großzügig aufgefasste äußere Eintrittsraum. In ihm endet die Straße 28. října, die auf die Mitte des Objekts gerichtet ist, und diese Achse findet ihren Höhe-punkt in der erhöhten Statue von T. G. Masaryk (ein Werk von Vincenc Makovský) auf dem Po-dest der ebenso großzü-gig gelösten dreiarmi-gen Treppe.

Moderne Architektur

Sezessionsvilla Nr. 204, Žilka-Villagenannt

Fenster mit farbiger Vitrage – Pfau

Valin-Villa unterhalb des Wasserwerkturms

Masaryk-Kulturhaus

Straße Tyršova mit Neurenaissancebau der Turnhalle und mit Schulgebäuden

– Sezession und Kubismus

Meister IW: Votivbild mit Christus, Tod und Bittsteller (153?)

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35Führer durch die Stadt Mělník

Kirche des hl. LaurentiusDie Kirche des hl. Laurentius (Mělník – Pšovka) entstand

als Teil des Klosters der beschuhten Augustiner, das in den 60er Jahren des 13. Jh. in Pšovka bei Mělník von Smil von Cítov und Pavel von Luštěnice gegründet wurde. Ursprünglich handelte es sich um eine Kirche mit gestrecktem, gewölbtem Presbyteri-um, an das die zweischiffige Basilika anlag. Das nördliche Sei-tenschiff ging jedoch in den Hussitenkriegen, die eine zeitwei-lige Auflösung des Klosters bedeuteten, zugrunde.

Ihre heutige Gestalt verdankt die Kirche vor allem den ba-rocken Umbauten, zu denen es nach der zerstörerischen Ver-wüstung des Klosters durch Mělníker Rekruten 1611 und nach dem Dreißigjährigen Krieg kam. Überwiegend barock ist auch das Mobiliar der Kirche. Gegenwärtig ist das Interieur nicht vollständig, denn die Kirche wurde im Jahr 2002 von der über die Ufer getretenen Elbe überschwemmt, wobei das Objekt selbst und auch das Mobiliar beschädigt wurden. Es wurden diejenigen der Teile restauriert, die für das Funktionieren der Kirche unerlässlich sind, d.h. der Hauptaltar mit den Bildern und die reich geschnitzten Kirchenbänke. Beim Bild mit dem

Thema „Der hl. Laurentius heilt einen blinden römischen Solda-ten“ wurde die in Quellen erwähnte Urheberschaft von Karel Škréta bestätigt. Restauriert wurde auch das Bild der Jungfrau Maria, der Mutter guten Rates (über dem Sanktuarium), das zu-sammen mit der Jungfrau Maria, der trostspendenden Mutter (am Seitenaltar im Presbyterium) zu den im Augustinerorden besonders geehrten gehört.

Die Gesamterneuerung der Kirche brachte eine Reihe von Entdeckungen, die die jahrhunderte andauernde bauliche Ent-wicklung belegen. Bereits im Jahr 1996 wurde bei der Erneue-rung der Außenwand der Kirche ein großes Spitzfenster an der Ostfassade der Kirche entdeckt, dessen Existenz dank des er-haltenen Stichs vorausgesetzt wurde, der die Plünderung des Klosters im Jahr 1611 darstellt. Demgegenüber überraschend waren die Funde im Kircheninnern bei den Arbeiten nach dem Hochwasser im Jahr 2002. Im Presbyterium handelt es sich um eine frühgotische Sedile mit eingelegter frühbarocker Stuck-herrichtung und um ein Renaissancesanktua¬rium, im Schiffdes hölzerner barocken Seitenaltars verbargen sich ältere ba-rocke illusionistische Altare aus Holz mit Darstellungen der Kreuzigung und des hl. Johannes Nepomuk von J. E. Vod-ňanský.

Die Kirche des hl. Laurentius war bis zum Jahr 1789 Kloster-kirche, nach der Auflösung des Klosters durch Josef II. wurdesie Pfarreikirche. Der Konvent begann für die Bedürfnisse des Herrschaftsguts der Lobkowiczer zu dienen, später hatte die Fachlehranstalt ihren Sitz und jetzt wartet das Objekt auf die neue Ausnutzung.

Die Kirche des hl. Laurentius wurde im August 2002 bis zur Höhe von 80 cm mit Wasser überschwemmt. Manchem mag das nicht viel vorkommen, jedoch hatte das Wasser, das von unten in die Kirche eindrang, zerstörerische Kraft. Die Hoch-wasserfolgen wurden Anlass zum Beginn der Gesamterneue-rung der Kirche, die für die Öffentlichkeit wieder am 15. August2004 eröffnet wurde. In ihr finden nicht nur Gottesdienste statt,sondern sie wurde auch Ort für kulturelle Veranstaltungen.

Kirche des hl. Laurentius

Meister IW: Heiligsten Dreifaltigkeit

Kirche des hl. Laurentius

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36 Führer durch die Stadt Mělník

Engel – Gottes Boten, Beschützer der Menschen, ihre Helfer, Inspiratoren der menschlichen Tätigkeit, insbesondere auf künstlerischem Gebiet – könnten Ihre Füh-rer bei der Wanderung durch die Stadt sein, wenigstens in einigen ihrer Teile. Und wenn Sie sie bislang nicht wahrgenommen ha-ben, schauen Sie wenigstens jetzt in ihre netten Gesichter.

Kirche der Heiligsten Dreifaltigkeit (Mělník – Chloumek)

Die Wallfahrkirche der Heiligsten Dreifaltigkeit ist eine goti-sche Gründung (wahrscheinlich 2. Hälfte des 15. Jhs.). Über sei-ne älteste Geschichte geben nicht nur die schriftlichen Quellen Auskunft, sondern auch die materiellen – konkret die Malerei auf dem Glas vom Südfenster der Kirche (heute im Museum), die an die Namen von denen erinnert, die wahrscheinlich die Verwaltung des Kirchenvermögens unter der Obhut hatten. Im Text mit der Jahreszahl 1585 wird außer Gottespreisungen auch an den Namen der hl Ludmila erinnert. Die Herrichtungen zu Beginn des 17. Jhs. belegen die Malereien in der Wölbung des Presbyteriums. In Zusammenhang mit den Reparaturen der 2. Hälfte des 17. Jhs wurde wahrscheinlich ein Kreuzgang er-richtet, der aus drei Seiten den Raum um die Kirche einschloss. In seiner Mitte ist das Eingangstor zum Areal hin gerichtet, die Kreuzgänge werden von zwei Kapellen abgeschlossen – die nördliche, die dem hl. Gotthard geweiht ist, und die südliche, die der Jungfrau Maria geweiht ist. Heute ist in ihnen die Lei-chenhalle untergebracht und sie dient als „Wartesaal“ für die Hinterbliebenen, was mit der Änderung der Funktion der Kirche zusammenhängt, in der trotz Proteste der Kirche, Denkmal-schutzbeamter und der Öf-fentlichkeit ein Trauersaal ein-gebaut wurde. Aber trotzdem ist die Wallfahrkirche der Hei-ligsten Dreifaltigkeit Ort mit unwiederholbarem Genius Loci.

Ab dem 16. Jh. sind hier Wallfahrten am Feiertag der Heiligsten Dreifaltigkeit be-legt. Sie fanden während den ganzen Jh. bis zu 50. Jahren des vergangenen Jahrhun-derts statt. erneuert wurde

die Dreifaltigkeitsmesse, genannt die Tortenwallfahrt, im Jahr 2005 dank der gemeinsamen Bemühung des Volksbildungs- und Verschönerungsvereins und der Propstei Mělník.

Kirche des hl. Johannes von Nepomuk in Chloumek

Das Landschaftsbild im Nordosten von Mělník beherrscht bereits seit beinahe 300 Jahre die Barockkirche des hl. Johannes von Nepomuk. Sie wurde im Jahr 1708 dank Eufrosina Schmie-dová errichtet, eine geborene Jaroměřská aus Štromberk, einer Mělníker Bürgerin. Ihrem Zweck diente sie bis zu den Josephini-schen Reformen und nach der Erneuerung in der Mitte des 19. Jhs. noch in den folgenden 120 Jahren. Im Jahr 1971 wurde sie vermietet und dem ist so bis heute.

Ihre Lage, die einen Ausblick in die weite Landschaft anbie-tet, lockt eine Reihe Wallfahrer an. Die Kirche wurde Haltestelle bei der Reise K. H. Máchas in das Riesengebirge im Jahr 1832, aus Obříství wanderte Svatopluk Čech (1896) hierher und auch T. G. Masaryk fand sich hier im Jahr 1920 ein. Zur Erinnerung ih-rer Besuche wurde hier im Jahr 1933 eine bronzene Gedenkta-fel enthüllt. Und da aus Pšovka auch Viktor Dyk hierher abziel-te, wurde der Aussichtspunkt, der heute unzugänglich ist, nach ihm benannt.

Schlöss NeuberkDas Sommerschlösschen Neuberk ließ zu Beginn des

18. Jhs. Jan Friedrich Neumann, Ritter aus Neuberg im Barock-stil errichten. Der englische Park, der das Schlösschen umgibt, wurde erst viel später unter Jan Eduard, Ritter aus Neuberg in den 60. Jahren des 19. Jhs. angelegt.

Das Schloss blieb in den Händen der Neubergs bis zur Bo-denreform der ersten Republik. Im Jahr 1921 stiftete das Be-zirksamt das Objekt mit den anliegenden Grundstücken der Wein- und Obstbauschule. Heute ist im Gebäude das Internat der Mittleren Gartenbauschule Mělník, die Grundstücke bilden die Grundlage des Schulgehöfts.

Weitere Sehenswürdigkeiten

Kirche der Heiligsten Dreifaltigkeit

Engel mit Schildern mit dem Stadt- und Landeswappen;der Kirche des hl. Petrus und Paulus

Engelskopf aus der Füllung von barocken Bänken der Kirche des hl. Laurentius