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35 Funktionentheorie 35.1 Komplexe Funktionen Wir betrachten in diesem Kapitel Funktionen einer komplexen Variablen. Da C genau wie R einen Körper bildet, kann die Ableitung einer solchen Funktion in klassischer Weise als Grenzwert von Dierenzenquotienten definiert werden, also durch f 0 (z) = lim h!0 f (z + h) - f (z) h . Die elementaren Rechenregeln für Ableitungen gelten hierfür unverändert. Es stellt sich allerdings heraus, dass die Dierenzierbarkeit im Komplexen Konsequenzen hat, die weit über das hinausgehen, was im Reellen gilt. Ist eine sol- che Funktion komplex dierenziert, so ist sie auch unendlich oft dierenzierbar und lokal durch ihre Taylorreihe darstellbar – also analytisch. Komplex dierenzierbare Funktionen werden auch holomorphe Funktionen genannt. Die Theorie dieser Funktionen wird aus historischen Gründen schlicht Funktionentheorie genannt, denn in der Anfangszeit der modernen Mathematik spielten andere Funktionen kaum eine Rolle. Einfache Beispiele komplexer Funktionen a. Jedes normierte Polynom p(z) = z n + a n-1 z n-1 + .. + a 1 z + a 0 mit komplexen Koezienten a 0 , .. ,a n-1 definiert eine Funktion p : C ! C . b. Dasselbe gilt für die komplexe Konjugation, σ : z = x + i y , σ (z) = ¯ z = x - i y. Wir werden aber sehen, dass diese nicht komplex dierenzierbar ist. c. Dies gilt auch für das Quadrat der Betragsfunktion, q : z , |z| 2 = z ¯ z. / (c)-machobs: 35.1

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35Funktionentheorie

35.1Komplexe Funktionen

Wir betrachten in diesem Kapitel Funktionen einer komplexen Variablen. DaC genau wie R einen Körper bildet, kann die Ableitung einer solchen Funktionin klassischer Weise als Grenzwert von Differenzenquotienten definiert werden,also durch

f0(z) = lim

h!0

f (z + h) � f (z)

h.

Die elementaren Rechenregeln für Ableitungen gelten hierfür unverändert.Es stellt sich allerdings heraus, dass die Differenzierbarkeit im Komplexen

Konsequenzen hat, die weit über das hinausgehen, was im Reellen gilt. Ist eine sol-che Funktion komplex differenziert, so ist sie auch unendlich oft differenzierbarund lokal durch ihre Taylorreihe darstellbar – also analytisch.

Komplex differenzierbare Funktionen werden auch holomorphe Funktionen

genannt. Die Theorie dieser Funktionen wird aus historischen Gründen schlichtFunktionentheorie genannt, denn in der Anfangszeit der modernen Mathematikspielten andere Funktionen kaum eine Rolle.

.Ò Einfache Beispiele komplexer Funktionen a. Jedes normierte Polynom

p(z) = zn + an�1z

n�1 + .. + a1z + a0

mit komplexen Koeffizienten a0, .. , an�1 definiert eine Funktion p : C ! C .b. Dasselbe gilt für die komplexe Konjugation,

� : z = x + iy , �(z) = z = x � iy.

Wir werden aber sehen, dass diese nicht komplex differenzierbar ist.c. Dies gilt auch für das Quadrat der Betragsfunktion,

q : z , |z|2 = zz. /

(c)-machobs: 35.1

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108 35 — Funktionentheorie

d. Die Kehrwertfunktion

i : z , z�1 = 1

z

ist erklärt auf C⇤ = C ÿ {0} .

.Ò Weniger offensichtliche Beispiele a. Die Laplacetransformation,

(Lf )(z) ÕZ1

0f (t)e�zt dt,

definiert eine komplexwertige Funktion Lf auf Re z > � , falls f exponenziellbeschränkt vom Grad � ist.

b. Die Fouriertransformation einer absolut integrierbaren Funktion f ,

f (z) =Z1

�1f (t)e�izt dt,

definiert eine komplexwertige Funktion nicht nur auf R , sondern auf ganz C .c. Die Resolvente einer n ⇥ n-Matrix A ist die Matrixfunktion

R(z) = (zI � A)�1

.

Sie ist erklärt für jedes z , das kein Eigenwert von A ist, also auf C ÿ �(A) . JedeKomponente von R(z) ist aufgrund der Cramerschen Regel eine Quotient ausPolynomen in z , deren Koeffizienten durch die Koeffizienten von A bestimmtsind. Also ist R(z) eine wohldefinierte, matrixwertige Funktion auf C ÿ �(A) .Sie spielt eine zentrale Rolle in der Spektraltheorie linearer Operatoren. /

Potenzreihen

Im Folgenden sei

Dr (a) Õ {z 2 C : |z � a| < r }

die offene Kreisscheibe mit Radius r > 0 um a . Deren Abschluss respektive Randwerden mit Dr (a) und @Dr (a) bezeichnet.

1 Lemma Konvergiert die Potenzreihe

�(z) =X

n·0an(z � a)

n

in einem Punkt z0 î a , so konvergiert sie auf jeder abgeschlossenen Kreis-

scheibe Dr (a) mit 0 < r < |z0 � a| , und zwar absolut und gleichmäßig. œ

35.2 (c)-machobs:02.01.2020 — 12:25

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35.1 — Komplexe Funktionen 109

Abb 1

Konvergenz auf Dr (a)

a

r0

r

z0Dr (a)

hhhhh Konvergiert � im Punkt z0 , so bilden die Koeffizienten von �(z0) eineNullfolge, so dass

supn·0

|an(z0 � a)n| = M < 1.

Mit r0 = |z0 � a| gilt also

|an| ‡M

rn

0, n · 0.

Für jedes z 2 Dr (a) mit 0 < r < r0 gilt dann

|an(z � a)n| ‡ |an| r

n‡ M(r/r0)

n, n · 0,

Wegen r/r0 < 1 folgt die Behauptung mit dem Majorantenkriterium. iiiii

Dieses Lemma beinhaltet auch folgende Umkehrung. Divergiert die Potenz-reihe in einem Punkt z0 , so divergiert sie auch in jedem anderen Punkt z mit|z � a| > |z0 � a| . Denn konvergierte sie in z , so müsste sie ja aufgrund des Lem-mas auch in z0 konvergieren. Daher besitzt jede Potenzreihe einen eindeutigenKonvergenzradius:

2 Konvergenzsatz für Potenzreihen Jede komplexe Potenzreihe

�(z) =X

n·0an(z � a)

n

besitzt einen eindeutig bestimmten Konvergenzradius R 2 [0,1] derart, dass

sie auf jeder Kreisscheibe Dr (a) mit 0 < r < R absolut und gleichmäßig

konvergiert, während sie in jedem Punkt z mit |z � a| > R divergiert. œ

Damit gilt für eine Potenzreihe � um den Punkt a Folgendes.(i) Im Fall R = 0 divergiert � für jedes z î a .

(ii) Im Fall R = 1 konvergiert � auf ganz C .(iii) Im Fall 0 < R < 1 konvergiert � in jedem Punkt z innerhalb des Konver-

genzkreises DR(a) und divergiert in jedem Punkt außerhalb.

(c)-machobs:02.01.2020 — 12:25 35.3

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110 35 — Funktionentheorie

Über Konvergenz oder Divergenz in Punkten auf dem Rand @DR(a) des Konver-genzkreises lässt sich jedoch ohne weitere Annahmen nichts sagen.

Der Konvergenzradius einer Potenzreihe ergibt sich aus deren Koeffizientenmit der Formel von Hadamard:

R = 1lim supn!1

np

|an| .

Wir benötigen diese Formel hier nicht.

.Ò a. Die komplexe Exponenzialfunktion,

exp : z , ez Õ exp(z) ÕX

n·0

zn

n!,

konvergiert für alle z 2 C . Mit den Rechenregeln für Potenzreihen verifizert mandie Funktionalgleichung

ez+w = ez ew.

Zusammen mit e0 = 1 folgt hieraus insbesondere, dass ezkeine Nullstellen

besitzt, und dass

(ez)

�1 = e�z.

Dies ist übrigens ein bemerkenswerter Kontrast zum Fundamentalsatz der Alge-bra, dass jedes nicht-konstante Polynom Nullstellen besitzt.

b. Mithilfe der Exponenzialfunktion werden weitere komplexe Funktionenerklärt:

cos z = eiz + e�iz

2, cosh z= ez + e�z

2,

sin z = eiz � e�iz

2i, sinh z = ez � e�z

2.

Umgekehrt gilt dann natürlich auch im Komplexen,

eiz = cos z + i sin z

oder beispielsweise

cos iz = cosh z, sin iz = i sinh z.

So ist also exp auf der imaginären Achse 2⇡ -periodisch, während sin und cosdort exponenziell anwachsen. /

35.4 (c)-machobs:

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35.2 — Differenzierbarkeit 111

35.2Differenzierbarkeit

Wir betrachten zunächst lokale Eigenschaften komplexer Funktionen. Daes hier auf eine explizite Bezeichnung des Definitionsbereichs nicht ankommt,schreiben wir

f : C ,! C

für eine Funktion f , die auf irgendeiner offenen, nichtleeren Teilmenge von Cdefiniert ist. Identifizieren wir C mit R2 , so können wir eine solche Funktionauch auffassen als eine Abbildung

f : R2,! R2

,

indem wir z = x + iy sowie f (z) = u(z) + iv(z) mit reellwertigen Funktionenu und v schreiben und diese als Abbildung

x

y

!,

u(x, y)

v(x, y)

!

auffassen.Der Begriff der Stetigkeit ist derselbe wir für Abbildungen des R2 in sich.

Eine Folge komplexer Zahlen (zn) konvergiert genau dann gegen eine komplexeZahl a , wenn

limn!1

|zn � a| = 0,

und dies ist äquivalent mit

Re zn ! Re z, Im zn ! Im a, n ! 1.

Eine Funktion f : C ,! C ist stetig im Punkt a , wenn

limz!a

f (z) = f (a).

Sie ist stetig, wenn sie in jedem Punkt ihres Definitionsbereichs stetig ist.Offensichtlich ist eine Funktion f : C ! C stetig genau dann, wenn ihr

Realteil und ihr Imaginärteil stetig sind.Nun zur Differenzierbarkeit. In C können wir genauso rechnen wie in R ,

denn beide Mengen bilden bezüglich Addition und Multiplikation einen Körper.Die Ableitung einer komplexen Funktion können wir daher in klassischer Weiseüber den Differenzenquotienten definieren. Wir müssen nicht, wie bei allgemeinenFunktionen mehrerer Variablen, auf lineare Approximationen zurückgreifen.

(c)-machobs: 35.5

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112 35 — Funktionentheorie

Definition Eine Funktion f : C ,! C heißt komplex differenzierbar im Punkt a ,

wenn der Grenzwert

limh!0

f (a + h) � f (a)

h= lim

z!a

f (z) � f (a)

z � a

existiert. In diesem Fall heißt der Grenzwert die Ableitung von f im Punkt a

und wird mit f0(a) bezeichnet. œ

Analog zum reellen Fall kann die komplexe Differenzierbarkeit auch auffolgende Weisen charakterisiert werden. Der Beweis verläuft wie im Reellen undwird hier übergangen.

3 Satz Für eine in einer Umgebung des Punktes a definierte Funktion f : C ,! Csind folgende Aussagen äquivalent.

(i) f ist in a komplex differenzierbar mit Ableitung f 0(a) = � .

(ii) Es gibt ein � 2 C und eine im Punkt a stetige Funktion " : C ,! C mit

"(a) = 0 , so dass

f (z) = f (a) + �(z � a) + "(z)(z � a).

(iii) Es gibt ein � 2 C , so dass

f (z) = f (a) + �(z � a) + o(z � a). œ

Wie im Reellen folgen hieraus die klassischen Rechenregeln auch für kom-plexe Ableitungen.

4 Rechenregeln Sind f , g : C ,! C im Punkt a 2 C komplex differenzierbar, so

sind es auch f + g , f g , und falls g(a) î 0 , auch f /g , und es gelten die

Summen-, Produkt- und Quotientenregeln

(f + g)0(a) = (f

0 + g0)(a)

(f g)0(a) = (f

0g + f g

0)(a)

(f /g)0(a) = ((f

0g � f g

0)/g

2)(a). œ

5 Kettenregel Sind f : C ,! C im Punkt a und g : C ,! C im Punkt f (a) komplex

differenzierbar, so ist auch g � f in a differenzierbar, und es gilt

(g � f )0(a) = g

0(f (a))f

0(a). œ

Soweit die Differenzierbarkeit in einem Punkt. Nun die allgemeine Differen-zierbarkeit.

35.6 (c)-machobs:

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35.2 — Differenzierbarkeit 113

Definition Eine Funktion f : C ,! C heißt komplex differenzierbar, wenn sie in

jedem Punkt ihres Definitionsbereiches komplex differenzierbar ist. Sie heißt

holomorph, wenn ihre Ableitung f 0in jedem Punkt stetig ist. œ

Eine holomorphe Funktion ist also eine im Komplexen stetig differenzierbare

Funktion.

.Ò a. Jede Potenz z , zn mit n · 1 ist holomorph, und es gilt

(zn

)0 = nz

n�1. (1)

Dies folgt aus der Ableitung der Identität, also (z)0 = 1 , und der Produktregelmit Induktion.

b. Die Kehrwertfunktion z , 1/z ist holomorph auf C⇤ , und mit derQuotientenregel respektive Induktion ist

✓1z

◆0= � 1

z2 ,

✓ 1zn

◆0= � n

zn+1 , n · 1.

c. Smit gilt für alle n 2 Z

(zn

)0 = nz

n�1,

wobei z î 0 für n < 0 .d. Jedes Polynom p(z) = z

n + .. + a1z + a0 ist holomorph.e. Jede rationale Funktion, also der Quotient

r(z) = p(z)

q(z)

zweier Polynome p und q ï 0 , ist holomorph außerhalb der Nullstellen von q .f. Dagegen ist die komplexe Konjugation � : z , z nirgends komplex

differenzierbar. Denn es ist

�(z + h) = �(z) + �(h) = z + h

zwar linear in h , aber nicht linear in h – und das ist ein wesentlicher Unterschied.Das sehen wir gleich noch genauer anhand der Cauchy-Riemann-Gleichungen. /

Potenzreihen definieren innerhalb ihres Konvergenzkreises ebenfalls holo-morphe Funktionen. Ihre Ableitung erhält man durch gliedweises Differenzierender Potenzreihe. Dies beruht auf folgendem Satz, dessen Beweis wir übergehen.Er ist nicht schwer, aber etwas länglich.

(c)-machobs: 35.7

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114 35 — Funktionentheorie

6 Differenziation von Potenzreihen Besitzt die komplexe Potenzreihe

�(z) =X

n·0an(z � a)

n

einen positiven Konvergenzradius R , so definiert ihre Summe eine differen-

zierbare Funktion � auf DR(a) , deren Ableitung gegeben ist durch

�0(z) =

X

n·1nan(z � a)

n�1.

Der Konvergenzradius dieser Reihe ist ebenfalls R . œ

.Ò a. Die Exponenzialfunktion exp ist auf C holomorph, mit

(ez)

0 =✓X

n·0

zn

n!

◆0=X

n·1

zn�1

(n � 1)!=X

n·0

zn

n!= ez

.

b. Somit sind auch cos z und sin z holomorph, und es gilt

(cos z)0 =

eiz + e�iz

2

!0= � eiz � e�iz

2i= � sin z,

(sin z)0 =

eiz � e�iz

2i

!0= eiz + e�iz

2= cos z. /

Da der Konvergenzradius einer Reihe unter Differenziation derselbe bleibt,können wir diesen Vorgang beliebig oft wiederholen und erhalten noch folgenden

7 Potenzreihensatz Eine komplexe Potenzreihe definiert im Innern ihres Konver-

genzkreises eine unendlich oft differenzierbare Funktion, deren Taylorreihe

die Potenzreihe selbst ist. œ

hhhhh Aus dem vorangehenden Satz folgt durch Induktion, dass die Potenz-reihe �(z) =

Pn·0 an(z � a)

n im Innern ihres Konvergenzkreises beliebig oftdifferenzierbar ist mit Ableitungen

�(n)

(z) =X

m·n

m(m � 1)··(m � n + 1)am(z � a)m�n

=X

m·n

m!(m � n)!

am(z � a)m�n

.

Also ist

�(n)

(a) = n! an, n · 0.

Die Taylorreihe von � in a ist deshalb

Ta�(z) =X

n·0

�(n)

n!(z � a)

n =X

n·0an(z � a)

n = �(z),

also die Potenzreihe selbst. Somit stellt sie auch diese Funktion dar. iiiii

35.8 (c)-machobs:

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35.2 — Differenzierbarkeit 115

Die Cauchy-Riemann-Gleichungen

Wie bereits erwähnt, können wir jede Funktion f : C ,! C als eine Funktionf : R2 ,! C auffassen, indem wir z = x + iy schreiben und damit

f (z) = f (x + iy)

als Funktion von x und y auffassen. Ist f komplex differenzierbar, so existierendamit auch die partiellen Ableitungen nach x und y . Der nächste Satz klärt, wiesich diese Ableitungen zueinander verhalten.

8 Satz Eine Funktion f : C ,! C ist im Punkt a komplex differenzierbar genau

dann, wenn sie dort reell differenzierbar ist und ihre partiellen Ableitungen

die komplexe Cauchy-Riemann-Gleichung

fx(a) = �ify (a) (2)

erfüllen. In diesem Fall ist dies auch die komplexe Ableitung. œ

hhhhh Ist f komplex differenzierbar in a = x + iy , so gilt mit reellem h

f0(a) = lim

h!0

f (a + h) � f (a)

h

= limh!0

f (x + h + iy) � f (a)

h= fx(a).

Wir können aber auch Differenzenquotienten in der imaginären Richtung bilden.Dann wird

f0(a) = lim

h!0

f (a + ih) � f (a)

ih

= �i limh!0

f (x + i(y + h)) � f (a)

h= �ify (a).

Also gilt (2). iiiii

.Ò a. Für ein Monom p : z , zn = (x + iy)

n gilt

px = nzn�1

, py = inzn�1

,

und damit px = �ipy .b. Für die komplexe Konjugation � : z , z = x � iy gilt

�x = 1 î �i�y = i2 = �1

in jedem Punkt von C . Also ist � nirgends komplex differenzierbar. /

Die Cauchy-Riemann-Gleichung lässt sich wie folgt interpretieren. Mit

x = z + z

2, y = z � z

2i

(c)-machobs: 35.9

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116 35 — Funktionentheorie

wird

@f

@z= @f

@x

@x

@z+ @f

@y

@y

@z= 1

2@f

@x� i

2@f

@y.

Somit gilt

fx = �ify a@f

@z= 0.

Eine Funktion f ist also komplex differenzierbar genau dann, wenn sie keineFunktion von z , sondern nur von z ist.

.Ò Beispiele a. Die Betragsquadratfunktion,

z , |z|2 = zz

ist auch eine Funktion von z und daher nicht komplex differenzierbar.b. Ist f nicht konstant und komplex differenzierbar, so ist f nicht komplex

differenzierbar. /

Stellt man die Cauchy-Riemann-Gleichungen mit dem Real- und Imaginärteilder Funktion f = u + iv dar, so führt ein Vergleich von

fx = ux + ivx, �ify = vy � iuy

zu dem

9 Satz Eine Funktion f = u + iv : C ,! C mit reellen Funktionen u, v ist in einem

Punkt komplex differenzierbar genau dann, wenn sie dort reell differenzierbar

ist und die reellen Cauchy-Riemann-Gleichungen

ux = vy , uy = �vx

erfüllt. œ

.Ò Beispiel Für die komplexe Konjugation ist

u(x, y) = x, v(x, y) = �y.

Es ist zwar uy = 0 = vx , aber

ux = 1 î vy = �1.

Da beide Cauchy-Riemann-Gleichungen erfüllt sein müssen, ist � nicht komplexdifferenzierbar. /

35.10 (c)-machobs:

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35.3 — Der Cauchysche Integralsatz 117

Bemerkung Komplexe Differenzierbarkeit impliziert reelle Differenzier-barkeit. Die Umkehrung gilt jedoch nur, wenn die Cauchy-Riemann-Gleichungenerfüllt sind. Dies ist eine ganz wesentliche Einschränkung. Wie wir bald sehenwerden, folgt hieraus die Existenz aller Ableitungen. Insbesondere gilt dann zumBeispiel

uxx + uyy = vyx � vxy = 0,

vxx + vyy = uxy � uyx = 0.

Das heißt, Real- und Imaginärteil einer komplex differenzierbaren Funktion sindnotwendigerweise reelle harmonische Funktionen. «

35.3Der Cauchysche Integralsatz

Für die weitere Entwicklung der Theorie benötigen wir das Integral einerFunktion f entlang einer Kurve � in C . Schreiben wir

f (z) = u(z) + iv(z), z = x + iy,

so erhalten wirZ

f (z) dz =Z

(u + iv)(dx + i dy)

=Z

(u dx � v dy) + iZ

(u dy + v dx). (3)

Dies sind vertraute Kurvenintegrale reeller Funktionen in der reellen Ebene. Miteiner Parametrisierung �(t) = x(t) + iy(t) , t 2 [a,b] , wird dies zu

Z

f (z) dz =Z

b

a

(ux � vy) dt + iZ

b

a

(uy + vx) dt

=Z

b

a

(u + iv)x + (u � iv)y) dt

=Z

b

a

(u + iv)(x + iy) dt

=Z

b

a

f (z(t))z(t) dt.

Dies nehmen wir zum Anlass für folgende

(c)-machobs: 35.11

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118 35 — Funktionentheorie

Definition Das Integral einer stetigen Funktion f : C ,! C entlang einer regulä-

ren Kurve � : [a,b] ! C im Definitionsbereich von f ist

Z

f (z) dz ÕZ

b

a

f (z(t))z(t) dt. œ (4)

Für das Kurvenintegral gelten dieselben Rechenregeln wie im Reellen. Es istalso linear im Integranden, additiv bezüglich zusammengesetzter Integrationswe-ge und invariant unter orientierungserhaltenden Umparametrisierungen. Ebensogilt die Dreiecksungleichung:

����Z

f (z) dz

���� ‡ L(�) kf k� ,

wobei L(�) die Länge von � bezeichnet und kf k� das Maximum von |f | überdie Spur von � . Denn mit (4) ist

����Z

f (z) dz

���� ‡

Zb

a

|f (�(t))| |�(t)| dt ‡ kf k�

Zb

a

|�(t)| dt.

Das letzte Integral ist gerade die Länge von � .Wir formulieren das wichtigste Beispiel eines Kurvenintegrals als Lemma.

10 Lemma Es gilt

Z

@Dr (a)

(z � a)n�1 dz =

8<:

0, n î 0,

2⇡ i, n = 0.

œ

Hierbei wird @Dr (a) immer als einmal gegen den Uhrzeigersinn durchlaufe-ne geschlossene Kreislinie verstanden, mit der Standardparametrisierung

�(t) = a + r eit, 0 ‡ t ‡ 2⇡ .

hhhhh Mit der Standardparametrisierung von @Dr (a) istZ

@Dr (a)

(z � a)n�1 dz =

Z 2⇡

0(r eit

)n�1 ir eit dt = ir n

Z 2⇡

0eint dt.

Für n = 0 erhalten wir alsoZ

@Dr (a)

(z � a)n�1 dz = i

Z 2⇡

0dt = 2⇡ i.

Für n î 0 verschwindet das Integral, weil der Integrand die 2⇡ -periodischeStammfunktion eint/in besitzt. iiiii

.Ò Noch ein Beispiel Es giltZ

|z|=1z dz =

Z 2⇡

0z(t)z(t) dt =

Z 2⇡

0e�it ieit dt =

Z 2⇡

0i dt = 2⇡ i. /

35.12 (c)-machobs:

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35.3 — Der Cauchysche Integralsatz 119

Abb 2 Verschiedene geschlossene Kurven in einem Gebiet

Der Cauchysche Integralsatz

Besitzt f eine holomorphe Stammfunktion F , also F0 = f , so gilt für das

Kurvenintegral natürlich wiederZ

f (z) dz =Z

b

a

f (z(t))z(t) dt

=Z

b

a

F(z(t))0 dt = F(z(t))

����b

a

= F

�����(b)

�(a)

.

Tatsächlich gilt dies ganz allgemein, auch ohne das wir eine Stammfunktionkennen.

11 Cauchyscher Integralsatz Sei ⌦ ⇢ C ein einfach zusammenhängendes Gebiet

und f : ⌦ ! C holomorph. Dann gilt

Z

f (z) dz = 0

für jede in ⌦ verlaufende reguläre geschlossene Kurve � . œ

Bemerkungen a. Einfach zusammenhängend bedeutet, dass in diesemGebiet eine geschlossene Kurve stetig zu einem Punkt zusammengezogen werdenkann. Die Kurve darf also beispielsweise keine Polstellen von f umschließen.

b. Für das Integral über geschlossene Kurven verwendet man oft auch dieklassische Schreibweise

I

f (z) dz. «

(c)-machobs: 35.13

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120 35 — Funktionentheorie

hhhhh Der Beweis ist eine Anwendung des Satzes von Green für VektorfelderF = (g, h)> in der Ebene:

Z

@⌦

F ·d~s =Z

@⌦

g dx + h dy

=ZZ

(hx � gy ) dx dy =ZZ

rot F dA.

Bezeichnet ⌦ das von der Kurve � umschlossene Gebiet, so erhalten wir für dasKurvenintegral von f mit (3) also

Z

f (z) dz =Z

(u dx � v dy) + iZ

(u dy + v dx)

= �Z

(uy + vx) dx dy + iZ

(ux � vy ) dx dy.

Aufgrund der Cauchy-Riemann-Gleichungen sind beide Integranden Null. Somitist das gesamte Kurvenintegral Null wie behauptet. iiiii

Bemerkungen a. Die Annahme, dass ⌦ einfach zusammenhängt, ist ganzwesentlich. Wir haben ja bereits gesehen, dass

Z

|z|=r

dz

z= 2⇡ i î 0, r > 0.

Es ist zwar 1/z holomorph auf C⇤ , aber C⇤ ist nicht einfach zusammenhängend,und die Kreislinie umrundet den Pol von 1/z in z = 0 .

b. Man kann den Cauchyschen Integralsatz auch recht elementar beweisen,und sogar ohne die Annahme der Stetigkeit der ersten Ableitung. Der Satz vonGreen wird eigentlich nicht benötigt. «

Umgekehrt folgt nun aus dem Cauchyschen Integralsatz für holomorpheFunktionen die Existenz von Stammfunktionen.

12 Satz Sei ⌦ ⇢ C ein einfach zusammenhängendes Gebiet und f : ⌦ ! C holo-

morph. Dann existiert zu f eine holomorphe Stammfunktion F auf ⌦ , und

diese ist bis auf eine Konstante eindeutig bestimmt. œ

hhhhh Die Konstruktion ist dieselbe wie bei ebenen Vektorfeldern. Man fixierteinen beliebigen Punkt a 2 ⌦ und setzt

F(z) =Z

z

a

f (w) dw,

wobei man über einen beliebigen Weg von a nach z innerhalb von ⌦ integriert.Die Funktion F ist wohldefiniert, da wegen des Cauchyschen Integralsatzes diesesIntegral wegunabhängig ist. Im Komplexen können wir auch leicht nachrechnen,

35.14 (c)-machobs:

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35.3 — Der Cauchysche Integralsatz 121

Abb 3

Beliebiger Integrationsweg

im Logarithmusintegral

Cs

1

z

dass F eine Stammfunktion ist. Denn es ist

F(z + h) � F(z) =Z

z+h

z

f (w) dw =Z 1

0f (z + th)h dt

mit w(t) = z + th für 0 ‡ t ‡ 1 . Also folgt mit h ! 0

F(z + h) � F(z)

h=Z 1

0f (z + th) dt !

Z 1

0f (z) dt = f (z).

Also ist F komplex differenzierbar mit stetiger Ableitung F 0 = f . iiiii

Der Hauptzweig des Logarithmus

Als Beispiel für die Definition einer Stammfunktion mittels Kurvenintegra-len definieren wir den Hauptzweig des komplexen Logarithmus. Den reellen

Logarithmus kann man definieren als Stammfunktion von t�1 durch

log x ÕZ

x

1

dt

t, x > 0.

Die Funktion 1/z ist aber ebenso auf C⇤ erklärt und holomorph. Allerdingsist C⇤ nicht einfach zusammenhängend. Wir beschränken uns deshalb auf diegeschlitzte komplexe Ebene

Cs Õ C ÿ (�1, 0].

Diese ist einfach zusammenhängend, und

L : Cs ! C, L(z) =Z

z

1

dw

w

ist auf ihr wohldefiniert. Diese Funktion ist komplex differenzierbar mit AbleitungL

0(z) = 1/z , und wegen der Stetigkeit der Ableitung auch holomorph. Außerdem

setzt L den reellen Logarithmus log holomorph auf Cs fort.Diese Funktion ist auf Cs die Umkehrfunktion der Exponenzialfunktion.

Denn es ist

(ze�L)

0 = e�L + ze�L(�1/z) = e�L � e�L = 0.

(c)-machobs: 35.15

Page 16: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

122 35 — Funktionentheorie

Abb 4

Spezieller

Integrationsweg im

Logarithmusintegral

1 r

'

z = r ei'

�0

�1

Also ist ze�L konstant, und Auswerten bei 1 ergibt ze�L ⌘ 1 , also eL = z . Esgilt somit exp � L = id auf Cs . Dies rechtfertigt folgende

13 Definition Die holomorphe Funktion

ln : Cs ! C, ln z ÕZ

z

1

dw

w

heißt Hauptzweig des komplexen Logarithmus. œ

Dieses Integral können wir auch berechnen. Jede komplexe Zahl z 2 Cs

besitzt eine eindeutige Polardarstellung

z = r ei', r = |z| , ' = arg z 2 (�⇡ ,⇡) .

Dabei nennt man ' das Argument von z . Integrieren von 1 nach r auf derreellen Achse und von r = r ei0 nach r ei' auf dem Kreissegment t , r eit mit0 ‡ t ‡ ' wie in Abbildung 4 ergibt

ln z =Z

r

1

dt

t+Z

'

0

(r eit)0

r eit dt =Z

r

1

dt

t+Z

'

0i dt = log r + i'.

Für den Hauptzweig des komplexen Logarithmus gilt also

ln z = ln |z| + i arg z, �⇡ < arg z < ⇡ .

Insbesondere ist ln ei' = i' für |'| < ⇡ .

.Ò Beispiele für Logarithmen auf dem Hauptzweig Für reelles r > 0 ist

ln(r) = log r

genau der reelle Logarithmus. Wegen i = ei⇡/2 ist

ln(i) = i⇡/2.

Ferner ist ln(2 + 2i) = 3 logp

2 + i⇡/4 . /

35.16 (c)-machobs:

Page 17: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.4 — Die Cauchysche Integralformel 123

Abb 5

Zum Integral

Z

dzz

�i

i�

.Ò Noch ein Beispiel Auf einem Gebiet in Abbildung 5 giltZ

dz

z= ln z

����i

�i= (log |z| + i arg z)

����i

�i= i⇡/2 � i(�⇡/2) = i⇡ ,

denn dort ist ln eine legitime Stammfunktion von 1/z . /

Bemerkungen a. WegenZ

|z|=1

dz

z= 2⇡ i î 0

kann es keinen holomorphen Logarithmus auf C⇤ geben.b. Wegen der Einschränkung des Arguments auf ein festes 2⇡ -Intervall gilt

die Fundamentalgleichung für den komplexen Logarithmus im Allgemeinen nichtmehr, ist also ln(zw) nicht dasselbe wie ln(z) + ln(w) .

c. Das Argument einer komplexen Zahl ist nur eindeutig modulo 2⇡ . Dasheißt, mit ' ist auch ' + 2⇡n für jedes n 2 Z ein Argument von z . JedeWahl eines solchen Argumentes bestimmt einen sogenannten Nebenzweig deskomplexen Logarithmus. Er unterscheidet sich durch ein festes ganzzahligesVielfaches von 2⇡ i vom Hauptzweig. «

35.4Die Cauchysche Integralformel

Aus dem Cauchyschen Integralsatz folgt eine fundamentale Formel für dieDarstellung einer holomorphen Funktion.

(c)-machobs: 35.17

Page 18: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

124 35 — Funktionentheorie

14 Cauchysche Integralformel Sei f : C ,! C holomorph. Ist die abgeschlossene

Kreisscheibe Dr (a) im Definitionsbereich von f enthalten, so gilt

f (z) = 12⇡ i

Z

@Dr (a)

f (w)

w � zdw

für jeden Punkt z 2 Dr (a) . œ

Bemerkungen a. Die abgeschlossene Kreisscheibe Dr (a) muss im Defi-nitionsbereich von f enthalten sein, damit f auf deren Rand stetig und dasKurvenintegral definiert ist.

b. Für z auf dem Rand von Dr (a) ist das Integral nicht definiert.c. Für z außerhalb von Dr (a) verschwindet das Integral aufgrund des

Cauchyschen Integralsatzes. Die Identität gilt hier somit nicht mehr. «

Der Beweis beruht im Wesentlichen auf der Cauchyschen Integralformel undfolgender Beobachtung.

15 Lemma Sei ⌦ ein Gebiet und � holomoroph auf ⌦ ÿ {z} . Dann ist

Z

@D1�(z) dz =

Z

@D2�(z) dz

für je zwei Kreissscheiben D1 und D2 in ⌦ , die den Punkt z enthalten. œ

hhhhh Betrachte zwei Kreislinien �1 und �2 wie in Abbildung 6. Verbindenwir sie durch eine Strecke � , die wir einmal in positiver und einmal in negativerRichtung durchlaufen, so erhalten wir eine geschlossene Kurve

� = �1 + � � �2 � �

um ein einfach zusammenhängendes Gebiet, auf dem � nach Voraussetzungholomorph ist. Die Vorzeichen sind dabei so gewählt, dass dieses Gebiet immerauf derselben ›Seite‹ von � liegt. Aufgrund des Cauchyschen Integralsatzes ist

Abb 6

Wahl des Weges �

z

�1

�2

35.18 (c)-machobs:

Page 19: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.4 — Die Cauchysche Integralformel 125

also

0 =Z

�(z) dz =Z

�1+Z

+Z

��2+Z

��

�(z) dz.

Die beiden � -Integrale annulieren sich, und es bleibt

0 =Z

�1�(z) dz �

Z

�2�(z) dz.

Das ergibt die Behauptung. iiiii

hhhhh Beweis der Integralformel Aufgrund des vorangehenden Lemmas istZ

@Dr (a)

f (w)

w � zdw =

Z

@D"(z)

f (w)

w � zdw,

denn der Integrand ist holomorph auf einem Gebiet um z , den Punkt z ausge-nommen. Mit Lemma 10 ist weiter

Z

@D"(z)

f (w)

w � zdw =

Z

@D"(z)

f (z)

w � zdw +

Z

@D"(z)

f (w) � f (z)

w � zdw

= 2⇡ i f (z) +Z

@D"(z)

'(w) dw

mit der auf Dr (a) ÿ {z} stetigen Funktion

'(w) = (f (w) � f (z))/(w � z).

Diese Funktion ist für w ! z durch f0(z) stetig fortsetzbar und daher auf ganz

Dr (a) gleichmäßig beschränkt. Also gilt����Z

@D"(z)

'(w) dw

���� ‡ L(@D") k'kD"(z) = O(").

Beim Grenzübergang " ! 0 verschwindet dieses Integral, und wir erhaltenZ

@Dr (a)

f (w)

w � zdw =

Z

@D"(z)

f (w)

w � zdw = 2⇡ i f (z)

wie behauptet. iiiii

Bemerkungen Die Cauchysche Integralformel ist aus folgenden Gründenbemerkenswert.

a. Die Funktionswerte von f im Innern einer Kreisscheibe hängen nur vonden Werten von f auf deren Rand ab.

b. Auf dem Rand einer solchen Kreisscheibe muss f nur stetig sein, damitdas Cauchyintegral erklärt ist.

c. Die Funktion f hängt vom Punkt z allein durch den sogenanntenCauchykern (w�z)

�1 ab und nicht von f . Deshalb definiert jede stetige Funktion

' : @Dr (a) ! C

(c)-machobs: 35.19

Page 20: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

126 35 — Funktionentheorie

durch

f (z) Õ 12⇡ i

Z

@Dr (a)

'(w)

w � zdw, z 2 Dr (a)

eine auf Dr (a) holomorphe Funktion f . «

Alles Weitere in diesem Abschnitt ist eine Konsequenz der CauchyschenIntegralformel. Zwei einfache Folgerungen.

16 Mittelwerteigenschaft Sei f : C ,! C holomorph. Dann gilt

f (z) = 12⇡

Z 2⇡

0f (z + r eit

) dt,

falls die Kreisscheibe Dr (z) im Definitionsbereich von f enthalten ist. œ

hhhhh Das Cauchyintegral über @Dr (z) mit w(t) = z + r eit ergibt ja

f (z) = 12⇡ i

Z

@Dr (z)

f (w)

w � zdw

= 12⇡ i

Z 2⇡

0

f (z + r eit)

r eit d(r eit) = 1

2⇡

Z 2⇡

0f (z + r eit

) dt. iiiii

17 Fundamentalsatz der Algebra Jedes nicht-konstante Polynom besitzt eine kom-

plexe Nullstelle. œ

hhhhh Sei p ein solches Polynom. Besitzt p keine Nullstelle, so ist q = 1/p

eine auf ganz C erklärte, holomorphe Funktion. Für diese gilt aufgrund derMittelwerteigenschaft

q(0) = 12⇡

Z 2⇡

0q(r eit

) dt = 12⇡

Z 2⇡

0

1p(r eit)

dt, r > 0.

Das letzte Integral konvergiert für r ! 1 aber gegen 0 , es muss also q(0) = 0gelten. Dies ist aber ein Widerspruch zu q(0) = 1/p(0) î 0 . iiiii

Analytizität

Wir können nun auch zeigen, dass jede holomorphe Funktion unendlich oftdifferenzierbar ist und lokal durch eine Potenzreihe dargestellt wird.

18 Potenzreihendarstellung Sei ⌦ ⇢ C ein Gebiet und f : ⌦ ! C holomorph.

Dann besitzt f um jeden Punkt a seines Definitionsbereiches eine Potenzrei-

hendarstellung f (z) =P

n·0 an(z � a)nmit den Koeffizienten

an = 12⇡ i

Z

@Dr (a)

f (w)

(w � a)n+1 dw, n · 0,

wobei Dr (a) ⇢ ⌦ . œ

Aufgrund von Lemma 15 hängen die Koeffizienten an nicht von r ab.

35.20 (c)-machobs:

Page 21: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.4 — Die Cauchysche Integralformel 127

Abb 7

Zur Potenzreihendar-

stellung

ar

Dr (a)

hhhhh Sei Dr (a) ⇢ ⌦ . Für z 2 Dr (a) und w 2 @Dr (a) ist����

z � a

w � a

���� = |z � a|r

= q < 1.

Daher existiert für jedes solche z die geometrische Reihe

1w � z

= 1w � a

· 1

1 � z � a

w � a

= 1w � a

X

n·0

✓z � a

w � a

◆n

,

und diese konvergiert gleichmäßig auf dem Rand von Dr (a) . In der CauchyschenIntegralformel können wir daher Integration und Summation vertauschen underhalten

2⇡ i f (z) =Z

@Dr (a)

f (w)

w � zdw

=Z

@Dr (a)

f (w)

w � a

X

n·0

✓z � a

w � a

◆n

dw

=X

n·0(z � a)

n

Z

@Dr (a)

f (w)

(w � a)n+1 dw.

Das ist genau die im Satz behauptete Entwicklung, und sie konvergiert gleichmä-ßig auf Dr (a) . iiiii

Lokal sind also holomorphe Funktionen nichts anderes als solche Funktio-nen, die durch komplexe Potenzreihen beschrieben werden. Solche Funktionennennt man analytisch.

Definition Eine Funktion f : C ,! C heißt analytisch, wenn um jeden Punkt im

Definitionsbereich von f eine Kreisscheibe existiert, auf der f durch eine

konvergente Potenzreihe dargestellt wird. œ

Da wir bereits gesehen haben, dass umgekehrt Potenzreihen in ihrem Kon-vergenzkreis holomorphe Funktionen definieren, gelangen wir zu folgendem

(c)-machobs: 35.21

Page 22: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

128 35 — Funktionentheorie

19 Analytizitätssatz Für eine Funktion f : C ,! C sind äquivalent:

(i) f ist holomorph, also komplex stetig differenzierbar.

(ii) f ist unendlich oft differenzierbar.

(iii) f ist analytisch. œ

hhhhh (iii)) (ii) Dies ist der Potenzreihensatz 7 . (ii)) (i) Dies ist offensichtlich.(i)) (iii) Dies ist der Satz über die Potenzreihenentwicklung 18 . iiiii

Bemerkung Man kann auch noch zeigen, dass holomorph äquivalent zukomplex differenzierbar ist. Aus der Existenz der komplexen Ableitung folgtalso bereits ihre Stetigkeit. Und eine stetige Funktion f : C ,! C ist komplexdifferenzierbar, wenn

Z

@�

f (z) dz = 0

für jedes im Definitionsbereich von f enthaltene Dreieck � . «

Die Cauchysche Integralformel 14 stellt eine Funktion f durch ein parame-terabhängiges Integral dar – der Parameter ist hier z . Da der Cauchykern stetigdifferenzierbar in z ist, erhalten wir die Ableitung von f durch Differenziationunter dem Integral. Dies führt zu folgendem Ergebnis.

20 Cauchysche Integralformel für Ableitungen Sei f : C ,! C holomorph. Ist Dr (a)

im Definitionsbereich von f enthalten, so gilt

f(n)

(z) = n!2⇡ i

Z

@Dr (a)

f (w)

(w � z)n+1 dw (5)

für jedes z 2 Dr (a) und alle n · 0 . œ

Bemerkungen a. Für n = 0 ist dies die ursprüngliche Integralformel 14 .b. Die Koeffizienten in der Potenzreihendarstellung 18 sind also gerade

an = 12⇡ i

Z

@Dr (a)

f (w)

(w � a)n+1 dw = 1n!

f(n)

(a),

wie es sich gehört. «

Der Satz von Liouville

Definition Eine auf ganz C erklärte und holomorphe Funktion heißt ganze

Funktion. œ

.Ò Beispiele a. Polynome, natürlich.b. Die Funktionen exp, sin und cos.c. Nicht ganze sind 1/z , ln , und jede ›echte‹ rationale Funktion. /

35.22 (c)-machobs:

Page 23: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.5 — Der Residuensatz 129

Eine ganze Funktion besitzt in jedem Punkt eine Potenzreihenentwicklung,und diese konvergiert auf ganz C 18 . Die Vermutung liegt daher nahe, dasseine solche Funktion ähnlich wie ein Polynom entweder konstant oder nichtbeschränkt ist. Dies ist genau der

21 Satz von Liouville Jede beschränkte ganze Funktion ist konstant. œ

hhhhh Ist f ganz und beschränkt, so ist

kf kC = M < 1.

Aus der Cauchyschen Integrealformel für die erste Ableitung und der Dreiecks-ungleichung folgt dann

|f 0(z)| ‡

M

r

für jedes z 2 C und jedes r > 0 . Da wir r beliebig groß wählen können, ist alsof

0(z) = 0 für jedes z 2 C . Also ist f konstant. iiiii

Mit anderen Worte, jede nicht-triviale ganze Funktion ist unbeschränkt.Eine klassische Anwendung des Satzes von Liouville ist ein weiterer Beweis

des Fundamentalsatzes der Algebra. Denn angenommen, das nichtkonstantePolynom besitzt keine Nullstellen. Dann ist auch 1/p eine ganze Funktion, unddiese ist offensichtlich beschränkt. Also ist 1/p konstant, und damit auch p

konstant, ein Widerspruch.

35.5Der Residuensatz

Der Residuensatz verallgemeinert die Cauchysche Integralformel auf Funk-tionen, die holomorph sind mit Ausnahme von endlich vielen Ausnahmestellen.Dies sind entweder Polstellen oder sogenannte wesentliche Singuläritäten, dochspielt diese genauere Unterscheidung hier keine Rolle.

Wir betrachten zunächst den einfachsten Fall einer Funktion f , die holo-morph auf einer gewissen punktierten Kreisscheibe

Dr (a) = Dr (a) ÿ {a} = {0 < |z � a| < r}

um den Punkt a ist, aber nicht in den Punkt a hinein holomorph fortgesetztwerden kann. Das Integral von f auf einer Kreislinie um a herum wird nichtverschwinden, wenn f keine Stammfunktion besitzt. Das Integral ist aber un-abhängig davon, auf welcher Kreislinie wir um a herum innerhalb von Dr (a)

integrieren – siehe Lemma 15. Daher ist folgende Definition gerechtfertigt.

(c)-machobs: 35.23

Page 24: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

130 35 — Funktionentheorie

Definition Ist f in einer punktierten Umgebung von a holomorph, so heißt

Res(f , a) Õ lim"!0

12⇡ i

Z

@D"(a)

f (z) dz

das Residuum von f an der Stelle a . œ

Das Residuum ist naturlich linear im ersten Argument:

Res(↵f + �g, a) = ↵ Res(f , a) + � Res(g, a).

Es lässt sich auch folgendermaßen charakterisieren.

22 Lemma Ist f in einer punktierten Umgebung des Punktes a holomorph, so ist

Res(f , a) diejenige eindeutig bestimmte komplexe Zahl R , mit der

�(z) = f (z) � R

z � a

lokal um a eine Stammfunktion besitzt. œ

hhhhh Besitzt � eine Stammfunktion, so ist für alle " > 0 hinreichend klein

0 =Z

@D"(a)

�(z) dz =Z

@D"(a)

f (z) dz � 2⇡ i R.

Also ist R = Res(f , a) . Umgekehrt gilt mit R = Res(f , a) , dassZ

@D"(a)

�(z) dz = 0

für alle " > 0 hinreichend klein. Damit zeigt man in der üblichen Weise, dass �

lokal um a eine Stammfunktion besitzt. iiiii

23 .Ò a. Ist f im Punkt a holomorph, so ist

Res(f , a) = 0

aufgrund des Cauchyschen Integralsatzes.b. Ist f in a holomorph, so ist

Res✓

f

z � a, a

◆= f (a).

Das ist nichts anderes als die Cauchysche Integralformel.c. Für n · 1 gilt

Res✓ 1

zn, 0◆

=8<:

1, n = 1,

0, n > 1.

d. Für n 2 Z ist

Res✓ 1

(z � a)n, a

◆=8<:

1, n = 1,

0, n î 1.

/

35.24 (c)-machobs:

Page 25: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.5 — Der Residuensatz 131

Abb 8 Regulär berandete Gebiete

Der Residuensatz

Das Residuum ist – salopp gesagt – das, was von einer Funktion f mitSingularität im Punkt a übrig bleibt, wenn man sie um a herum integriert. DieIdee ist nun, das Integral von f über eine beliebige geschlossene Kurve durchIntegrale nur um die Singularitäten von f zu ersetzen und damit das gesamteIntegral auf die Summe der Residuen der Ausnahmepunkte zu reduzieren, die dieKurve umläuft. Um die Formulierung dieses Satzes möglichst einfach zu halten,beschränken wir uns dabei auf Randkurven von Gebieten.

Bezeichnung Ein Gebiet ⌦ in C heißt regulär berandet, wenn ⌦ das Innere

einer stückweise stetig differenzierbaren, sich nicht selbst schneidenden Kurve

� ist. Die Randkurve � wird dabei so durchlaufen, dass das Gebiet ⌦ immer

auf der linken Seite liegt. œ

24 Residuensatz Sei ⌦ ein regulär berandetes Gebiet, und sei f holomorph in

einer Umgebung von ⌦ mit Ausnahme endlicher vieler Punkte z1, .. , zm

in ⌦ . Dann gilt

12⇡ i

Z

@⌦

f (z) dz =X

1‡i‡m

Res(f , zi). œ

Bemerkungen a. Ist f auf ganz ⌦ holomorph, so gibt es keine Ausnah-mepunkte, und das Integral ist Null. Das ist der Cauchysche Integralsatz.

b. Ist f holomorph auf einer Umgebung von Dr (a) , so gilt

12⇡ i

Z

@Dr (a)

f (z)

z � adz = Res

✓f

z � a, a

◆= f (a).

Das ist die Cauchysche Integralformel. «

(c)-machobs: 35.25

Page 26: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

132 35 — Funktionentheorie

Abb 9 Zum Beweis des Residuensatzes

z1 z2

�1

�2

�1

�2

!1 !2

hhhhh Sei m = 2 . Der allgemeine Fall ergibt sich daraus in offfensichtlicherWeise. — Die Funktion f sei holomorph bis auf die beiden Polstellen z1 und z2

wie in Abbildung 9. Die Kurve

� = �1 + �1 � !1 � �1 + �2 + �2 � !2 � �2

berandet das schattierte Gebiet, und auf einer Umgebung dieses Gebietes ist f

holomorph. Aufgrund des Cauchyschen Integralsatzes gilt alsoZ

f (z) dz = 0.

Da sich die � -Integrale aufheben, folgt hierausZ

@⌦

f (z) dz =Z

�1+�2f (z) dz =

Z

!1+!2f (z) dz.

Da wir die Kreiskurven !1 und !2 beliebig klein wählen können, folgt

12⇡ i

Z

@⌦

f (z) dz = 12⇡ i

Z

!1+!2f (z) dz

= Res(f , z1) + Res(f , z2). iiiii

Bestimmung von Residuen

Die Bestimmung eines Randintegrals erfolgt damit in zwei Schritten. Zu-nächst sind die Singularitäten z1, .. , zm des Integranden im umrandeten Inte-grationsgebiet zu lokalisieren. Dies ist relativ einfach. Dann sind die Residuenin diesen Punkten zu bestimmen. Dies betrachten wir im Folgenden für dreitypische Fälle.

35.26 (c)-machobs:

Page 27: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.5 — Der Residuensatz 133

Regel 1 Ist g holomorph in einer Umgebung von a , so gilt

Res✓

g(z)

z � a, a

◆= g(a). œ

hhhhh Die Cauchysche Integralformel sagt ja gerade, dass

12⇡ i

Z

@D"(a)

g(z)

z � adz = g(a)

für alle " > 0 hinreichend klein. iiiii

.Ò Die Funktion

f (z) = 1z(z � 1)

hat einfache Pole 1 bei z = 0 und z = 1 . Wegen

1z(z � 1)

=

1z � 1

z=

1z

z � 1

gilt

Res(f , 0) = 1z � 1

����z=0

= �1, Res(f , 1) = 1z

����z=1

= 1.

Somit gilt zum Beispiel

12⇡ i

Z

|z|=1/2f (z) dz = Res(f , 0) = �1

und

12⇡ i

Z

|z|=2f (z) dz = Res(f , 0) + Res(f , 1) = 0. /

Regel 2 Sind g und h holomorph in einer Umgebung von a und hat h eine

einfache Nullstelle in a , so gilt

Res✓

g(z)

h(z), a

◆= g(a)

h0(a). œ

hhhhh Es ist also h(a) = 0 und h0(a) î 0 . Entwickeln wir h in seine Taylor-reihe in a , so erhalten wir

h(z) = (z � a)'(z)

mit einer holomorphen Funktion ' . Differenziation dieser Gleichung ergibth0

(a) = '(a) î 0 . Also verschwindet ' in einer Umgebung von a nicht, und

1 Also einfache Nullstellen im Nenner.

(c)-machobs: 35.27

Page 28: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

134 35 — Funktionentheorie

g/' ist holomorph in einer Umgebung von a . Mit

g(z)

h(z)= g(z)/'(z)

z � a

und Regel 1 erhalten wir deshalb

Res✓

g(z)

h(z), a

◆= g(a)

'(a)= g(a)

h0(a). iiiii

.Ò Beispiele a. Regel 1 ist hierin enthalten mit h(z) = z � a .b. Betrachte

f (z) = g(z)

h(z)= 3z

2 + 1z4 � 1

.

Das Nennerpolynom h hat vier einfache Nullstellen bei 1, �1, i, �i . Somit ist

Res(f , 1) = g(1)

h0(1)= 4

4= 1, Res(f , �1) = 4

�4= �1.

c. Sei

f (z) = tan z = sin z

cos z.

Die Cosinusfunktion hat nur einfache Nullstellen zk , k 2 Z – die genaue Lage isthier irrelevant – und dort gilt

Res(f , zk) = sin z

(cos z)0

����zk

= sin zk

� sin zk

= �1, k 2 Z. /

Regel 3 Ist g holomorph in einer Umgebung von a , so gilt

Res✓

g(z)

(z � a)m+1 , a

◆= g(m)(a)

m!. œ

hhhhh Aus der Cauchyschen Integralformel für g folgt durch m-maliges Diffe-renzieren unter dem Integral

g(m)

(a)

m!= 1

2⇡ i

Z

@D"(a)

g(z)

(z � a)m+1 dz.

Das ist gerade das Residuum von g/(z � a)m+1 an der Stelle a . iiiii

.Ò Die Funktion

f (z) = z2

(z � 1)3(z + 1)

hat eine dreifache Polstelle bei 1 und einen einfachen Pol bei �1 . Also ist

Res(f , 1) = 12!

z2

z + 1

!00����z=1

= 18

. /

35.28 (c)-machobs:

Page 29: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.6 — Berechnung von Integralen 135

35.6Berechnung von Integralen

Uneigentliche Integrale

Als erste Anwendung betrachten wir uneigentliche Integrale über R , wo wirden Integranden auffassen können als holomorphe Funktion auf ganz C abzüg-lich endlich vieler Ausnahmestellen. Der folgende Satz ist hierauf anwendbar.

25 Satz Sei f holomorph auf {z : Im z · 0} mit Ausnahme endlich vieler Punkte

z1, .. , zm nicht auf R , und es gelte

sup|z|=r , Im z·0

|zf (z)| ! 0, r ! 1.

Dann gilt

Z1

�1f (x) dx = 2⇡ i

mX

i=1Res(f , zi). œ

Diese Voraussetzungen erfüllt zum Beispiel jede rationale Funktion

f (x) = p(x)

q(x)

ohne Pole auf der reellen Geraden und mit einer mindestens 2-fachen Nullstelle

im Unendlichen – das heißt, es gilt grad q · grad p + 2 .

hhhhh Sei Kr die obere Halbkreisscheibe vom Radius r mit Mittelpunkt 0 wiein Abbildung 13. Für alle hinreichend großen r gilt aufgrund des Residuensatzes

Z

@Kr

f (z) dz =Z

�0+�1f (z) dz = 2⇡ i

X

Im a>0Res(f , a).

Hierbei istZ

�0f (z) dz =

Zr

�r

f (t) dt.

Andererseits gilt����Z

�1f (z) dz

���� ‡ ⇡r kf k�1 ‡ ⇡ sup|z|=r , Im z·0

|zf (z)| ! 0, r ! 1.

Dieser Term verschwindet also für r ! 1 , und die beiden anderen Gleichungenergeben die Behauptung. iiiii

(c)-machobs: 35.29

Page 30: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

136 35 — Funktionentheorie

.Ò Beispiel BetrachteZ1

�1

dt

(1 + t2)2 .

Die rationale Funktion

f : z ,1

(z2 + 1)2 = 1(z + i)2(z � i)2

hat keinen Pol auf der reellen Achse und eine vierfache Nullstelle in 1 . Darüberhinaus hat sie je eine zweifache Polstelle bei i und �i . Also ist mit Regel 3

Res(f , i) = 11!

✓ 1(z + i)2

◆0����z=i

= � 2(2i)3 = � i

4.

Damit wirdZ1

�1

dt

(1 + t2)2 = 2⇡ i Res(f , i) = ⇡

2. /

.Ò Noch ein Beispiel Für das IntegralZ1

�1

x2

1 + x4 dx

hat f (z) = z2/(1 + z

4) die einfachen Polstellen

zk = e⇡ i/4+k·2⇡ i/4, k = 0, 1, 2, 3.

Nur z0 und z1 liegen in der oberen Halbebene, und es ist mit Regel 2

Res(f , zk) = z2

(1 + z4)0

�����zk

= z2

4z3

�����zk

= 14zk

.

Also istZ1

�1

x2

1 + x4 dx = 2⇡ i✓ 1

4z0+ 1

4z1

◆= ⇡ i

2(e�i⇡/4 + e�i3⇡/4

).

Mit e�i3⇡/4 = �ei⇡/4 und

e�i⇡/4 � ei⇡/4 = 2i sin(�⇡/4) = � 2ip2

erhalten wirZ1

�1

x2

1 + x4 dx = ⇡p2

. /

35.30 (c)-machobs:

Page 31: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.6 — Berechnung von Integralen 137

Fourierintegrale

Die Fouriertransformierte f einer integrierbaren Funktion f , mit

f (!) ÕZ1

�1f (t)e�i!t dt,

hatten wir im Kapitel über Fouriertheorie betrachtet. Für analytische Funktionenf können wir sie mithilfe des Residuenkalküls berechnen. Dies gilt ebenso fürderen Real- und Imaginärteile, also Integrale des Typs

Z1

�1f (t) cos !t dt,

Z1

�1f (t) sin !t dt.

26 Satz Sei f analytisch auf C mit Ausnahme endlich vieler Punkte z1, .. , zm nicht

auf R , und es gelte lim|z|!1 |f (z)| = 0 . Dann gilt

Z1

�1f (t)ei!t dt = 2⇡ i

X

Im zk>0Res(f ei!z

, zk), ! > 0. œ

Die Gleichung für ! < 0 erhält man hieraus durchZ1

�1f (t)ei!t dt =

Z1

�1f (�t)ei(�!)t dt

= 2⇡ iX

Im zk>0Res(f (�t)ei(�!)z

, zk)

und

Res(f (�t)ei(�!)z, zk) = � Res(f (t)ei!z

, �zk).

Oder man führt den folgenden Beweis analog für diesen Fall.

hhhhh Sei �(z) = f (z)ei!z mit ! > 0 . Betrachten wir hinreichend großeQuadrate Qs,r in der oberen Halbebene wie in Abbildung 10, so ist

Z

@Qs,r

�(z) dz =Z

�1+..+�4�(z) dz = 2⇡ i

X

Im zk>0Res(�, zk).

Auf �2 mit z = r + it für 0 ‡ t ‡ r + s gilt����Z

�2�(z) dz

���� ‡

Zr+s

0|f (r + it)| e�!t dt ‡ sup

t2R|f (r + it)|

Z1

0e�!t dt.

Das letzte Integral ist endlich wegen ! > 0 , und das Supremum verschwindetfür r ! 1 aufgrund der Voraussetzung lim|z|!1 |f (z)| = 0 .

Entsprechendes gilt für das Integral über �4 .Auf �3 sei u Õ r + s . Mit z = r + iu � t für 0 ‡ t ‡ u gilt dann

����Z

�3�(z) dz

���� ‡

Zu

0|f (r � t + iu)| e�!u dt ‡ ue�!u sup

t2R|f (t + iu)| .

(c)-machobs: 35.31

Page 32: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

138 35 — Funktionentheorie

Abb 10

Das Quadrat Qs,r

r�s

r + s

�1

�2

�3

�4 Qs,r

Auch hier konvergiert der letzte Ausdruck gegen Null für u = r + s ! 1 wegen! > 0 . Damit erhalten wir insgesamt

Z1

�1f (t)ei!t = lim

s,r!1

Z

�1�(t) dt = 2⇡ i

X

Im zk>0Res(�, zk). iiiii

Bemerkung Um wieder mit dem Halbkreis argumentieren zu können, hät-ten wir lim|z|!1 |zf (z)| = 0 voraussetzen müssen. So kommen wir mit einerschwächeren Annahme aus. «

.Ò Beispiel Betrachte die Funktion f mit

f (t) = 1t2 + �2 , � > 0.

Die Funktion

z ,1

z2 + �2 = 1(z � i�)(z + i�)

ist rational, hat keine reellen Polstellen und eine zweifache Nullstelle im Unendli-chen. Sie hat je einen einfachen Pol bei i� und �i� , mit

2⇡ i Res(f ei!z, i�) = 2⇡ i

ei!z

z + i�

����z=i�

= ⇡

�e�!�

,

sowie

2⇡ i Res(f ei!z, �i�) = 2⇡ i

ei!z

z � i�

����z=�i�

= �⇡

�e!�

.

Die erste Identität benötigen wir für ! > 0 , die zweite für ! < 0 , und erhaltenZ1

�1

ei!t

t2 + �2 dt = ⇡

�e�|!|�

, ! î 0.

Dies gilt auch für ! = 0 , und wir erhalten

f (!) =Z1

�1

e�i!t

t2 + �2 dt = ⇡

�e�|!|�

, ! 2 R. /

35.32 (c)-machobs:

Page 33: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.6 — Berechnung von Integralen 139

.Ò Noch ein Beispiel BetrachteZ1

�1

x

1 + x2 sin !x dx = ImZ1

�1

x

1 + x2 ei!x dx, ! > 0.

Die Funktion z/(1 + z2) hat einfache Pole bei i und �i , und das Residuum bei i

ist

zei!z

z + i

����z=i

= e�!

2.

Also istZ1

�1

x

1 + x2 sin !x dx = Im(⇡ ie�!) = ⇡ e�!

, ! > 0. /

Integrale über [0, 2⇡]

Ein Integral wie

Z 2⇡

0

dt

1 + " cos t, 0 < " < 1, (6)

können wir als Integral über den Rand des Einheitskreises auffassen, indem wir

cos t = eit + e�it

2

und eit = z schreiben. Verfahren wir entsprechend mit sin t , so erhalten wirfolgendes allgemeines Ergebnis.

27 Satz Sei F eine rationale Funktion in zwei reellen Variablen ohne Pole auf dem

Einheitskreis. Dann gilt

Z 2⇡

0F(cos t, sin t) dt = 2⇡

X

|z|<1Res(f , z)

mit

f (z) = 1z

F

z + z

�1

2,

z � z�1

2i

!. œ

hhhhh Mit der Standardparametrisierung des Einheitskreises t , z(t) = eit

ist

dz = ieit dt = iz dt.

Somit wird

(c)-machobs: 35.33

Page 34: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

140 35 — Funktionentheorie

Z 2⇡

0F(cos t, sin t) dt =

Z 2⇡

0F

eit + e�it

2,

eit � e�it

2i

!dt

=Z

|z|=1F

z + z�1

2,

z � z�1

2i

!1iz

dz

= 1i

Z

|z|=1f (z) dz

= 2⇡

X

|z|<1Res(f , z). iiiii

.Ò Beispiel Im Integral (6) ist

F(x, y) = 11 + "x

und damit

f (z) = z�1

F

z + z

�1

2,

z � z�1

2i

!

= z�1

1 + "(z + z�1)/2= 2/"

z2 + 2z/" + 1.

Das quadratische Polynom z2 + 2z/" + 1 hat für 0 < " < 1 genau zwei reelleNullstellen, je eine innerhalb und außerhalb des Einheitskreises. Somit hat f in{|z| < 1} genau einen einfachen Pol bei

z1 = �1"

+ 1"

p1 � "2,

und sein Residuum dort ist

Res(f , z1) = 2/"

(z2 + 2z/" + 1)0

����z=z1

= 1/"

z1 + 1/"= 1p

1 � "2 .

Also erhalten wirZ 2⇡

0

dt

1 + " cos t= 2⇡ Res(f , z1) = 2⇡p

1 � "2 . /

Eulers Formel

Hierbei handelt es sich um die IdentitätZ1

0

sin t

tdt = ⇡

2.

Betrachte dazu die Funktion

f : z , eiz/z,

die einen einzigen einfachen Pol in 0 besitzt. Integrieren wir f über den oberenhalben Kreisring As,r wie in Abbildung 11, so ist

35.34 (c)-machobs:

Page 35: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.6 — Berechnung von Integralen 141

Abb 11 Der halbe

Kreisring As,r

s r�s�r

�1

�2

�3

�4

As,r

Z

@As,r

f (z) dz =Z

�1+..+�4f (z) dz = 0.

Für die einzelnen Kurvenintegrale gilt mit den üblichen ParametrisierungenZ

�2f dz = i

Z⇡

0e�r sin t+ir cos t dt ! 0, r ! 1,

Z

�4f dz = �i

Z⇡

0e�s sin t+is cos t dt ! �i⇡ , s ! 0,

sowieZ

�1+�3f dz =

Zr

s

eit

tdt +

Z �s

�r

eit

tdt =

Zr

s

eit � e�it

tdt

= 2iZ

r

s

sin t

tdt.

Dieses letzte Integral konvergiert für s ! 0 und r ! 1 , und wir erhaltenZ1

0

sin t

tdt = � 1

2ilims!0

Z

�4f dz = ⇡

2,

wie behauptet.Mit diesem Integral erhalten wir auch eine sehr elegante und kompakte

Darstellung der Signumfunktion:

28 Notiz Für x 2 R gilt

sgn(x) = 2⇡

Z1

0

sin xt

tdt. œ

(c)-machobs: 35.35

Page 36: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

142 35 — Funktionentheorie

35.7Nachträge

Berechnung reeller Integrale

Der Cauchysche Integralsatz hilft auch bei der Berechnung mancher reellerIntegrale. Als erstes Beispiel betrachten wir

Z1

0sin t

2 dt.

Dies ist der negative Imaginärteil des Fresnelintegrals

Z1

0e�it2

dt =Z1

0cos t

2 dt � iZ1

0sin t

2 dt.

Wir betrachten dazu das Integral der auf ganz C holomorphen Funktion

f : C ! C, f (z) = e�z2

über den Rand des Dreiecks mit den Ecken 0 , r und r + ir . Mit den Bezeichnun-gen in Abbildung 12 gilt dann wegen des Integralsatzes

Z

�0f dz =

Z

�1f dz +

Z

�2f dz.

Für das diagonale Randstück �0 gilt mit �0(t) = t + it und (1 + i)2 = 2i

limr!1

Z

�0f dz = lim

r!1

Zr

0e�(t+it)

2(1 + i) dt

= (1 + i)Z1

0e�2it2

dt = 1 + ip2

Z1

0e�it2

dt.

Auf dem vertikalen Randstück �2 haben wir mit z = r + it die Abschätzung

|e�(r+it)2 | = e�r

2+t2

‡ e�r2+rt

, 0 ‡ t ‡ r .

Also ist ����Z

�2f dz

���� ‡

Zr

0|f (r + it)| dt

Zr

0e�r 2+rt dt = e�r 2+rt

r

�����

t

0‡

1r

,

und dieses Integral verschwindet für r ! 1 . Für das horizontale Randstück �0

gilt schließlich

limr!1

Z

�1f dz =

Z1

0e�t

2dt =

p⇡

2.

Zusammengefasst erhalten wirZ1

0e�it2

dt =p

21 + i

Z1

0e�t

2dt = 1 � i

4p

2⇡ .

35.36 (c)-machobs:

Page 37: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.7 — Nachträge 143

Abb 12

Integrationswege im

Fresnelintegral

0 r

r + ir

�1

�2�0

Daraus folgtZ1

0sin t

2 dt = � ImZ1

0e�it2

dt =p

2⇡

4.

Viele weitere Beispiele für die Berechnung reeller Integrale ergeben sich späterim Zusammenhang mit dem Residuensatz.

Beispiele

Mithilfe des Cauchyschen Integralsatzes kann man auch klassische reelleIntegrale wie

Z1

�1f (x) dx

berechnen. Die Idee ist folgende. Man setzt f zu einer komplexen Funktion fortund wählt einen geschlossenen Integrationsweg wie zum Beispiel in Abbildung 13.Das Integral über diesen Weg bestimmt man mithilfe der Cauchyschen Integralfor-mel oder allgemeiner dem Residuensatz. Durch einen Grenzwertübergang erhältman unter Umständen auch das reelle Integral. Dazu zunächst zwei Beispiele.

.Ò Erstes Beispiel Wir betrachten ein bereits vertrautes Integral:Z1

�1

dx

1 + x2 = arctan x

����1

�1= ⇡ .

Abb 13

�r r

�0

�1

(c)-machobs: 35.37

Page 38: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

144 35 — Funktionentheorie

Hier ist

f (z) = 11 + z2 = 1

(z � i)(z + i),

und auf C liegen zwei Polstellen bei i und �i vor. Integrieren wir über denHalbkreis wie in Abbildung 13 mit r > 1 , so erhalten wir mit der CauchyschenIntegralformel

Z

�0+�1

dz

1 + z2 =Z

�0+�1

1z + i

· 1z � i

dz = 2⇡ i1

z + i

����z=i

= ⇡ ,

und zwar für alle r > 1 . Für das Integral über �1 gilt außerdem����Z

�1

dz

1 + z2

���� ‡ L(�1) sup|z|=r

����1

1 + z2

���� ‡⇡r

r 2 � 1! 0, r ! 1.

Also erhalten wir

⇡ =Z

�0+�1

dz

1 + z2 !Z1

�1

dx

1 + x2

für r ! 1 . /

.Ò Ein zweites Beispiel Gegeben ist das IntegralZ1

�1

cos !x

1 + x2 dx, ! > 0.

Verfahren wir wie zuvor und betrachten die Funktion (cos !z)/(1 + z2) auf der

oberen komplexen Halbebene, so führt dies allerdings nicht zum Erfolg. Dennwegen

cos z = eiz + e�iz

2= eix ey + e�ix e�y

2, z = x + iy,

wird das �1-Integral für r ! 1 nicht verschwinden.Besser ist es,

cos !x

1 + x2 = Reei!x

1 + x2

zu schreiben. Für alle r > 1 ist wiederZ

�0+�1

ei!z

1 + z2 dz =Z

�0+�1

ei!z

z + i· 1

z � idz = 2⇡ i

ei!z

z + i

����z=i

= ⇡ e�!.

Andererseits ist

|ei!z| = |ei!x e�!y | = e�!y‡ 1, y · 0,

und deshalb gilt����Z

�1

ei!z

1 + z2

����dz ‡ L(�1) sup|z|=r

����1

1 + z2

���� ‡⇡r

r 2 � 1! 0, r ! 1.

35.38 (c)-machobs:

Page 39: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

35.7 — Nachträge 145

Abb 14

Der Kreissektor Ar

und die drei Pole von

(1 + z3)�1Ar

r

�0

�1

�2

✓✓2

�1

✓�1

Also erhalten wir analog zum ersten BeispielZ1

�1

ei!x

1 + x2 dx = ⇡ e�!.

Damit ist auchZ1

�1

cos !x

1 + x2 dx = ReZ1

�1

ei!x

1 + x2 dx = ⇡ e�!. /

Bemerkung Entsprechend folgt auchZ1

�1

sin ↵x

1 + x2 dx = ImZ1

�1

ei↵x

1 + x2 dx = 0.

Aber das ist ohnehin klar, da der erste Integrand ungerade ist. «

Integrale über [0, 1)

.Ò Das IntegralZ1

0

dt

1 + t3

ist absolut konvergent, erstreckt sich aber nur über die positive reelle Achse.Wegen der z

3 -Symmetrie können wir aber den Residuensatz anwenden, indemwir über Drittel- statt Halbkreise integrieren.

Die Funktion

f : z ,1

1 + z3

besitzt einfache Pole auf dem Einheitskreis bei ✓ = ei⇡/3 , ✓3 = �1 und ✓5 =✓�1 = e�i⇡/3 . Integrieren wir über den Rand des Drittelkreissektors Ar mit r > 1

(c)-machobs: 35.39

Page 40: Funktionentheorie - uni-stuttgart.de

146 35 — Funktionentheorie

wie in Abbildung 14, so enthält dieser nur den Pol bei ✓ . Mit Regel 1 und ✓3 = �1erhalten wir

12⇡ i

Z

@Ar

dz

1 + z3 = Res(f , ✓) = 13✓2 = �✓

3.

Mit der Parametrisierung z = ✓2t mit 0 ‡ t ‡ r und (✓

2t)

3 = t3 ist

Z

�2f (z) dz = �

Zr

0f (t)✓

2 dt = �✓2Z

�0f (z) dz,

während das Integral über �1 für r ! 1 mit den üblichen Abschätzungenverschwindet. Also gilt

limr!1

Z

@Ar

dz

1 + z3 = limr!1

Z

�0+�2

dz

1 + z3 = (1 � ✓2)

Z1

0

dt

1 + t3 .

Insgesamt erhalten wir damitZ1

0

dt

1 + t3 = 2⇡ i3✓2(1 � ✓2)

= 2⇡ i3

✓2 � 1.

Nun ist noch

✓2 � 1✓

= ✓ � ✓�1 = 2i Im ✓ = 2i sin

3= i

p3.

Also erhalten wirZ1

0

dt

1 + t3 = 2⇡

3p

3. /

35.40 (c)-machobs: