Game Based Learning

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Game Based Learning Lernen mit Videospielen Schule und ICT

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Videospiele im Unterricht? Die Frage mag provokativ klingen, angesichts der weitgehenden Einigkeit im Bildungswesen bezüglich der negativen Bewertung dieser Spiele. Seit einigen Jahren hat jedoch eine neue Entwicklung eingesetzt. In immer zahlreicheren Untersuchungen wird die Integration von Technologien in den pädagogischen Alltag erfasst und analysiert und seit einigen Jahren ist der Einsatz von Videospielen im Unterricht auch ein Thema in den Erziehungswissenschaften.

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Game Based LearningLernen mit Videospielen

Schule und ICT

Impressum

Herausgeberin educach

Autorin Florence Quinche HEP Vaud Lausanne

Uumlbersetzung Marina Stoffel Bern

Fotos buumlro z grafik design Bern

copy educach CC BY-NC-ND (creativecommonsorg)

Dezember 2013 Linkaktualisierung Juni 2016

Einfuumlhrung  5

Paumldagogische Aspekte  11

Integration von Spielen in den Unterricht einzelner Faumlcher  29

Ethische Fragen ndash Risiken von Video spielen  37

Zukunftsperspektiven  44

Dieser Guide verfuumlgt uumlber eine Internetseite auf educach Hier finden Sie sowohl das vorliegende PDF das Sie dort auch online einsehen koumlnnen wie auch Zusatz-informationen und Links auf Unterrichtsmaterial die regelmaumlssig aktualisiert werden Das PDF ist mit dem Datum seiner Publikation und einer eventuellen Aktualisierung versehen und gibt den Informationsstand dieses Datums wieder Internetseite guideseducachdegbl

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Videospiele im Unterricht Die Frage mag provokativ klingen angesichts der weitgehenden Einigkeit im Bildungswesen bezuumlglich der negativen Bewertung dieser Spiele Seit einigen Jahren hat jedoch eine neue Entwicklung eingesetzt Die exponentielle Zunahme der Serious Games also der ernsthaften Spiele in der Berufswelt und der Erwachsenenbildung hat wesent-lich zur Verbreitung dieser neuen Form des Lernens beigetragen In immer zahlreicheren Untersuchungen wird die Integration von Technologien in den paumldago-gischen Alltag erfasst und analysiert und seit einigen Jahren ist der Einsatz von Videospielen im Unterricht auch ein Thema in den Erziehungswissenschaften (Wastiau 2008)

Aber zunaumlchst folgende Frage Was sind eigentlich Videospiele Videospiele sind elektronische Spiele bei denen eine Interaktion zwischen den Spielenden und einer elektronischen Schnittstelle moumlglich ist Das Ergebnis der Handlungen der Spielenden wird auf ei-nem Bildschirm dargestellt Dabei ist es moumlglich mit oder gegen das Geraumlt zu spielen aber auch mit ande-ren Personen in einem virtuellen oder digitalen Raum zu interagieren Ausserdem koumlnnen unterschiedliche Geraumlte eingesetzt werden Computer Spielkonsolen Wii Smartphones Tablet-Computer usw

Ernsthafte Videospiele ndash ein Widerspruch in sich

Oft werden Serious Games den herkoumlmmlichen Lern-spielen gleichgesetzt Das Konzept der ernsthaften Spiele erweist sich jedoch als wesentlich breiter Es umfasst saumlmtliche Videospiele die darauf ausgerich-tet sind Inhalte zu vermitteln und die Spielenden et-was entdecken oder lernen zu lassen In einigen Spie-

Einfuumlhrung

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len alternieren spielerische Phasen mit Lernmomenten andere vermischen die beiden Bereiche (Engel-feldt-Nielsen 2008) Solche Spiele koumlnnen eine breite Palette unterschiedlicher Ziele verfolgen Inhalte ver-breiten die Umsetzung bestimmter Handlungen einuuml-ben die Wechselwirkungen zwischen Systemelemen-ten verstaumlndlich machen Kausalbeziehungen auf-zeigen oder auch eine Fachsprache vermitteln (Wis-senschaften Geografie Medizin Musik Sport usw) antizipieren lernen usw Die Serious Games koumlnnen in verschiedene Genres von Videospielen eingeteilt wer-den Graphic Novel Fitness-Spiel (Exergame) Wirt-schafts- und andere Simulationen oder sogar Action- und Strategiespiele In einigen Serious Games muumlssen Aufgaben geloumlst oder bestimmte Ergebnisse erzielt werden andere hingegen geben weder bestimmte Ziele vor noch werten sie die Ergebnisse aus (Sand-box Games Open-World-Spiele) Auch die Themen der Serious Games sind sehr unterschiedlich (Spra-chen Wissenschaften Oumlkologie Geschichte Wirt-schaft kauf maumlnnische Ausbildung usw) Es gibt so-gar Spiele die aktuelle Themen aufgreifen (News-games) wie zum Beispiel die Lebensmittelkrise in Darfur (Darfur is Dying1)

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1 Auf der Unterseite laquoGesammelte Spieleraquo der Webseite dieses educaGuides sind alle im Folgenden genannten Spiele aufge-listet

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Serious Games und Berufsbildung

In der Berufswelt hat die Verbreitung von Serious Games seit Anfang der 2000er Jahre stark zugenom-men Im Jahr 2002 erschien das erste Serious Game im Bereich Gesundheitsbildung (Pulse) Dieses Spiel richtet sich an medizinisches Fachpersonal und er-laubt insbesondere Patientengespraumlche oder die medizinische Untersuchung zu simulieren Diagnosen zu erstellen Behandlungen vorzuschlagen und die Ergebnisse auszuwerten In der Berufswelt werden weitere Serious Games eingesetzt insbesondere in der Weiterbildung oder bei der Rekrutierung von Per-sonal (z B das Spiel Total genius welches im Jahr 2012 von der Firma Total bei Studierenden vertrieben wurde) Immer mehr Unternehmen nutzen solche Spiele in der Ausbildung ihres Personals (Industrie Dienstleistungen usw) Auch oumlffentliche Einrichtun-gen interessieren sich dafuumlr (Spitaumller Ministe rien oumlf-fentlich-rechtliche Koumlrperschaften) Im Rahmen des EU-Projektes iSpectrum ensteht z B ein Spiel zur be-ruflichen Integration von Menschen mit milden For-men von Autismus oder Asperger-Syndrom

Das franzoumlsische Ministerium fuumlr Industrie hat mit Handicoheacutesion ein fuumlr auf die Unternehmen anpass-bares Spiel finanziert das Arbeitnehmende mit Behin-derung uumlber ihre Rechte informiert Die am haumlufigsten genannten Vorteile dieser Spiele sind nach Cerezo die Moumlglichkeit im eigenen Tempo zu lernen die An-passung des Schwierigkeitsgrads an Nutzende ver-schiedenster Niveaus die Lernautonomie und natuumlr-lich die spielerischen Elemente die sich positiv auf die Motivation und das Selbstwertgefuumlhl auswirken (CEREZO 2012)

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Serious Games und Beeinflussung

Auch wenn alle Serious Games ein Lernziel verfolgen ist ihr Inhalt nicht zwingend paumldagogisch aufgebaut oder wissenschaftlich fundiert Unter den Serious Games gibt es naumlmlich auch eine Spielkategorie die ausschliesslich Werbezwecken dient die sogenannten Werbespiele (Advergame) Diese verfolgen das Ziel ein Produkt oder eine Marke bekanntzumachen und Kundschaft an sich zu binden Solche Spiele sind zwar darauf ausgerichtet der Spielerin oder dem Spieler Informationen zu vermitteln (Produktnamen Produkt-palette Komponenten moumlgliche Nutzung Gewohn-heiten usw) Die Darstellung der entsprechenden Inhalte ist jedoch gelinde gesprochen gefaumlrbt Es handelt sich dabei eher um Werbung als um objektive Informationsangebote Zurzeit sind zahlreiche kosten-lose Spiele eindeutig Werbespiele bei manchen ist dies weniger offensichtlich

Andere Serious Games sind darauf angelegt Inhalte ideologischer politischer oder religioumlser Natur zu vermitteln Das Aumllteste ist zweifellos Americarsquos Army ein Kriegsspiel das von der United States Army pro-duziert und online kostenlos verbreitet wird Das Spiel soll das Bild der Armee bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufwerten Es handelt sich um ein Seri-ous Game da die Spielerin oder der Spieler vieles uumlber die United States Army lernt Organisation Stra-tegien Taktiken Waffen und Fachsprache Es dient demnach nicht ausschliesslich der Unterhaltung und ist mit einem Forum und weiteren audiovisuellen Pro-dukten verbunden (interaktive Animationen als Smart-phone-Download) Immer haumlufiger werden Video-spiele ausserdem mit sozialen Netzwerken verbunden Insofern treten sie in Wechselwirkung mit anderen Elementen wofuumlr Smartphone-Anwendungen ein gutes Beispiel sind Dabei geht es darum mehrere Spielplattformen zu schaffen und rund um das Spiel eine Gemeinschaft von Nutzerinnen und Nutzern aufzubauen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen Dossiers und Studien finden

Sie auf der Unterseite laquoDossiersraquo

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Spiele und Lernen

Die Auseinandersetzung mit dem Spiel als Lehrmittel hat eine lange Tradition Besonders in den Arbeiten von Kinderpsychologen wie beispielsweise J Piaget wird seit Anfang der Dreissigerjahre die Bedeutung des Spielens fuumlr die Entwicklung zahlreicher Faumlhig-keiten hervorgehoben Dazu zaumlhlen kinaumlsthetische symbolische normative soziale und kommunikative Kompetenzen Andere Autorinnen und Autoren haben sich mit der Bedeutung von Spielen fuumlr die Entwick-lung der Phantasie und des kreativen Denkens be-schaumlftigt Die dabei untersuchten spielerischen Aktivi-taumlten betrafen jedoch hauptsaumlchlich traditionelle Spiele wie Murmelspiele Theaterspiele Imitations-spiele oder Strategiespiele Foumlrdern auch Videospiele diese Kompetenzen Wenn ja auf welche Art und un-ter welchen Bedingungen Worin besteht ihr spezifi-scher Beitrag

Handeln in virtuellen Umgebungen

Die Besonderheit von Videospielen ist die Visualisie-rung der Mensch-Geraumlt-Interaktion in einer digitalen oder virtuellen Umgebung Um aber in dieser Umge-bung handeln zu koumlnnen muss sich die Schuumllerin oder der Schuumller die Regeln und den Wortschatz des Spiels aneignen und somit die verschiedenen Arten verwendeter Zeichen verstehen Zwar bewegen sich Spielende in einer rein abgebildeten Welt ohne reale Gegenstaumlnde Ein ausschliesslich theoretisches Ver-staumlndnis der verwendeten Zeichen genuumlgt allerdings nicht Um zu spielen muumlssen Letztere gemaumlss ihrem Kontext verwendet werden Wenn die Spielenden

Paumldagogische Aspekte

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Quellen Sanchez E (2013) Les apprentissages et leur eacutevaluation

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

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Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 2: Game Based Learning

Impressum

Herausgeberin educach

Autorin Florence Quinche HEP Vaud Lausanne

Uumlbersetzung Marina Stoffel Bern

Fotos buumlro z grafik design Bern

copy educach CC BY-NC-ND (creativecommonsorg)

Dezember 2013 Linkaktualisierung Juni 2016

Einfuumlhrung  5

Paumldagogische Aspekte  11

Integration von Spielen in den Unterricht einzelner Faumlcher  29

Ethische Fragen ndash Risiken von Video spielen  37

Zukunftsperspektiven  44

Dieser Guide verfuumlgt uumlber eine Internetseite auf educach Hier finden Sie sowohl das vorliegende PDF das Sie dort auch online einsehen koumlnnen wie auch Zusatz-informationen und Links auf Unterrichtsmaterial die regelmaumlssig aktualisiert werden Das PDF ist mit dem Datum seiner Publikation und einer eventuellen Aktualisierung versehen und gibt den Informationsstand dieses Datums wieder Internetseite guideseducachdegbl

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Videospiele im Unterricht Die Frage mag provokativ klingen angesichts der weitgehenden Einigkeit im Bildungswesen bezuumlglich der negativen Bewertung dieser Spiele Seit einigen Jahren hat jedoch eine neue Entwicklung eingesetzt Die exponentielle Zunahme der Serious Games also der ernsthaften Spiele in der Berufswelt und der Erwachsenenbildung hat wesent-lich zur Verbreitung dieser neuen Form des Lernens beigetragen In immer zahlreicheren Untersuchungen wird die Integration von Technologien in den paumldago-gischen Alltag erfasst und analysiert und seit einigen Jahren ist der Einsatz von Videospielen im Unterricht auch ein Thema in den Erziehungswissenschaften (Wastiau 2008)

Aber zunaumlchst folgende Frage Was sind eigentlich Videospiele Videospiele sind elektronische Spiele bei denen eine Interaktion zwischen den Spielenden und einer elektronischen Schnittstelle moumlglich ist Das Ergebnis der Handlungen der Spielenden wird auf ei-nem Bildschirm dargestellt Dabei ist es moumlglich mit oder gegen das Geraumlt zu spielen aber auch mit ande-ren Personen in einem virtuellen oder digitalen Raum zu interagieren Ausserdem koumlnnen unterschiedliche Geraumlte eingesetzt werden Computer Spielkonsolen Wii Smartphones Tablet-Computer usw

Ernsthafte Videospiele ndash ein Widerspruch in sich

Oft werden Serious Games den herkoumlmmlichen Lern-spielen gleichgesetzt Das Konzept der ernsthaften Spiele erweist sich jedoch als wesentlich breiter Es umfasst saumlmtliche Videospiele die darauf ausgerich-tet sind Inhalte zu vermitteln und die Spielenden et-was entdecken oder lernen zu lassen In einigen Spie-

Einfuumlhrung

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len alternieren spielerische Phasen mit Lernmomenten andere vermischen die beiden Bereiche (Engel-feldt-Nielsen 2008) Solche Spiele koumlnnen eine breite Palette unterschiedlicher Ziele verfolgen Inhalte ver-breiten die Umsetzung bestimmter Handlungen einuuml-ben die Wechselwirkungen zwischen Systemelemen-ten verstaumlndlich machen Kausalbeziehungen auf-zeigen oder auch eine Fachsprache vermitteln (Wis-senschaften Geografie Medizin Musik Sport usw) antizipieren lernen usw Die Serious Games koumlnnen in verschiedene Genres von Videospielen eingeteilt wer-den Graphic Novel Fitness-Spiel (Exergame) Wirt-schafts- und andere Simulationen oder sogar Action- und Strategiespiele In einigen Serious Games muumlssen Aufgaben geloumlst oder bestimmte Ergebnisse erzielt werden andere hingegen geben weder bestimmte Ziele vor noch werten sie die Ergebnisse aus (Sand-box Games Open-World-Spiele) Auch die Themen der Serious Games sind sehr unterschiedlich (Spra-chen Wissenschaften Oumlkologie Geschichte Wirt-schaft kauf maumlnnische Ausbildung usw) Es gibt so-gar Spiele die aktuelle Themen aufgreifen (News-games) wie zum Beispiel die Lebensmittelkrise in Darfur (Darfur is Dying1)

Quellen Wastiau P Kearney C amp Van den Berghe W (2008) Quels

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1 Auf der Unterseite laquoGesammelte Spieleraquo der Webseite dieses educaGuides sind alle im Folgenden genannten Spiele aufge-listet

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Serious Games und Berufsbildung

In der Berufswelt hat die Verbreitung von Serious Games seit Anfang der 2000er Jahre stark zugenom-men Im Jahr 2002 erschien das erste Serious Game im Bereich Gesundheitsbildung (Pulse) Dieses Spiel richtet sich an medizinisches Fachpersonal und er-laubt insbesondere Patientengespraumlche oder die medizinische Untersuchung zu simulieren Diagnosen zu erstellen Behandlungen vorzuschlagen und die Ergebnisse auszuwerten In der Berufswelt werden weitere Serious Games eingesetzt insbesondere in der Weiterbildung oder bei der Rekrutierung von Per-sonal (z B das Spiel Total genius welches im Jahr 2012 von der Firma Total bei Studierenden vertrieben wurde) Immer mehr Unternehmen nutzen solche Spiele in der Ausbildung ihres Personals (Industrie Dienstleistungen usw) Auch oumlffentliche Einrichtun-gen interessieren sich dafuumlr (Spitaumller Ministe rien oumlf-fentlich-rechtliche Koumlrperschaften) Im Rahmen des EU-Projektes iSpectrum ensteht z B ein Spiel zur be-ruflichen Integration von Menschen mit milden For-men von Autismus oder Asperger-Syndrom

Das franzoumlsische Ministerium fuumlr Industrie hat mit Handicoheacutesion ein fuumlr auf die Unternehmen anpass-bares Spiel finanziert das Arbeitnehmende mit Behin-derung uumlber ihre Rechte informiert Die am haumlufigsten genannten Vorteile dieser Spiele sind nach Cerezo die Moumlglichkeit im eigenen Tempo zu lernen die An-passung des Schwierigkeitsgrads an Nutzende ver-schiedenster Niveaus die Lernautonomie und natuumlr-lich die spielerischen Elemente die sich positiv auf die Motivation und das Selbstwertgefuumlhl auswirken (CEREZO 2012)

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Serious Games und Beeinflussung

Auch wenn alle Serious Games ein Lernziel verfolgen ist ihr Inhalt nicht zwingend paumldagogisch aufgebaut oder wissenschaftlich fundiert Unter den Serious Games gibt es naumlmlich auch eine Spielkategorie die ausschliesslich Werbezwecken dient die sogenannten Werbespiele (Advergame) Diese verfolgen das Ziel ein Produkt oder eine Marke bekanntzumachen und Kundschaft an sich zu binden Solche Spiele sind zwar darauf ausgerichtet der Spielerin oder dem Spieler Informationen zu vermitteln (Produktnamen Produkt-palette Komponenten moumlgliche Nutzung Gewohn-heiten usw) Die Darstellung der entsprechenden Inhalte ist jedoch gelinde gesprochen gefaumlrbt Es handelt sich dabei eher um Werbung als um objektive Informationsangebote Zurzeit sind zahlreiche kosten-lose Spiele eindeutig Werbespiele bei manchen ist dies weniger offensichtlich

Andere Serious Games sind darauf angelegt Inhalte ideologischer politischer oder religioumlser Natur zu vermitteln Das Aumllteste ist zweifellos Americarsquos Army ein Kriegsspiel das von der United States Army pro-duziert und online kostenlos verbreitet wird Das Spiel soll das Bild der Armee bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufwerten Es handelt sich um ein Seri-ous Game da die Spielerin oder der Spieler vieles uumlber die United States Army lernt Organisation Stra-tegien Taktiken Waffen und Fachsprache Es dient demnach nicht ausschliesslich der Unterhaltung und ist mit einem Forum und weiteren audiovisuellen Pro-dukten verbunden (interaktive Animationen als Smart-phone-Download) Immer haumlufiger werden Video-spiele ausserdem mit sozialen Netzwerken verbunden Insofern treten sie in Wechselwirkung mit anderen Elementen wofuumlr Smartphone-Anwendungen ein gutes Beispiel sind Dabei geht es darum mehrere Spielplattformen zu schaffen und rund um das Spiel eine Gemeinschaft von Nutzerinnen und Nutzern aufzubauen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen Dossiers und Studien finden

Sie auf der Unterseite laquoDossiersraquo

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Spiele und Lernen

Die Auseinandersetzung mit dem Spiel als Lehrmittel hat eine lange Tradition Besonders in den Arbeiten von Kinderpsychologen wie beispielsweise J Piaget wird seit Anfang der Dreissigerjahre die Bedeutung des Spielens fuumlr die Entwicklung zahlreicher Faumlhig-keiten hervorgehoben Dazu zaumlhlen kinaumlsthetische symbolische normative soziale und kommunikative Kompetenzen Andere Autorinnen und Autoren haben sich mit der Bedeutung von Spielen fuumlr die Entwick-lung der Phantasie und des kreativen Denkens be-schaumlftigt Die dabei untersuchten spielerischen Aktivi-taumlten betrafen jedoch hauptsaumlchlich traditionelle Spiele wie Murmelspiele Theaterspiele Imitations-spiele oder Strategiespiele Foumlrdern auch Videospiele diese Kompetenzen Wenn ja auf welche Art und un-ter welchen Bedingungen Worin besteht ihr spezifi-scher Beitrag

Handeln in virtuellen Umgebungen

Die Besonderheit von Videospielen ist die Visualisie-rung der Mensch-Geraumlt-Interaktion in einer digitalen oder virtuellen Umgebung Um aber in dieser Umge-bung handeln zu koumlnnen muss sich die Schuumllerin oder der Schuumller die Regeln und den Wortschatz des Spiels aneignen und somit die verschiedenen Arten verwendeter Zeichen verstehen Zwar bewegen sich Spielende in einer rein abgebildeten Welt ohne reale Gegenstaumlnde Ein ausschliesslich theoretisches Ver-staumlndnis der verwendeten Zeichen genuumlgt allerdings nicht Um zu spielen muumlssen Letztere gemaumlss ihrem Kontext verwendet werden Wenn die Spielenden

Paumldagogische Aspekte

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

26

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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40

Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 3: Game Based Learning

Einfuumlhrung  5

Paumldagogische Aspekte  11

Integration von Spielen in den Unterricht einzelner Faumlcher  29

Ethische Fragen ndash Risiken von Video spielen  37

Zukunftsperspektiven  44

Dieser Guide verfuumlgt uumlber eine Internetseite auf educach Hier finden Sie sowohl das vorliegende PDF das Sie dort auch online einsehen koumlnnen wie auch Zusatz-informationen und Links auf Unterrichtsmaterial die regelmaumlssig aktualisiert werden Das PDF ist mit dem Datum seiner Publikation und einer eventuellen Aktualisierung versehen und gibt den Informationsstand dieses Datums wieder Internetseite guideseducachdegbl

5

Videospiele im Unterricht Die Frage mag provokativ klingen angesichts der weitgehenden Einigkeit im Bildungswesen bezuumlglich der negativen Bewertung dieser Spiele Seit einigen Jahren hat jedoch eine neue Entwicklung eingesetzt Die exponentielle Zunahme der Serious Games also der ernsthaften Spiele in der Berufswelt und der Erwachsenenbildung hat wesent-lich zur Verbreitung dieser neuen Form des Lernens beigetragen In immer zahlreicheren Untersuchungen wird die Integration von Technologien in den paumldago-gischen Alltag erfasst und analysiert und seit einigen Jahren ist der Einsatz von Videospielen im Unterricht auch ein Thema in den Erziehungswissenschaften (Wastiau 2008)

Aber zunaumlchst folgende Frage Was sind eigentlich Videospiele Videospiele sind elektronische Spiele bei denen eine Interaktion zwischen den Spielenden und einer elektronischen Schnittstelle moumlglich ist Das Ergebnis der Handlungen der Spielenden wird auf ei-nem Bildschirm dargestellt Dabei ist es moumlglich mit oder gegen das Geraumlt zu spielen aber auch mit ande-ren Personen in einem virtuellen oder digitalen Raum zu interagieren Ausserdem koumlnnen unterschiedliche Geraumlte eingesetzt werden Computer Spielkonsolen Wii Smartphones Tablet-Computer usw

Ernsthafte Videospiele ndash ein Widerspruch in sich

Oft werden Serious Games den herkoumlmmlichen Lern-spielen gleichgesetzt Das Konzept der ernsthaften Spiele erweist sich jedoch als wesentlich breiter Es umfasst saumlmtliche Videospiele die darauf ausgerich-tet sind Inhalte zu vermitteln und die Spielenden et-was entdecken oder lernen zu lassen In einigen Spie-

Einfuumlhrung

6

len alternieren spielerische Phasen mit Lernmomenten andere vermischen die beiden Bereiche (Engel-feldt-Nielsen 2008) Solche Spiele koumlnnen eine breite Palette unterschiedlicher Ziele verfolgen Inhalte ver-breiten die Umsetzung bestimmter Handlungen einuuml-ben die Wechselwirkungen zwischen Systemelemen-ten verstaumlndlich machen Kausalbeziehungen auf-zeigen oder auch eine Fachsprache vermitteln (Wis-senschaften Geografie Medizin Musik Sport usw) antizipieren lernen usw Die Serious Games koumlnnen in verschiedene Genres von Videospielen eingeteilt wer-den Graphic Novel Fitness-Spiel (Exergame) Wirt-schafts- und andere Simulationen oder sogar Action- und Strategiespiele In einigen Serious Games muumlssen Aufgaben geloumlst oder bestimmte Ergebnisse erzielt werden andere hingegen geben weder bestimmte Ziele vor noch werten sie die Ergebnisse aus (Sand-box Games Open-World-Spiele) Auch die Themen der Serious Games sind sehr unterschiedlich (Spra-chen Wissenschaften Oumlkologie Geschichte Wirt-schaft kauf maumlnnische Ausbildung usw) Es gibt so-gar Spiele die aktuelle Themen aufgreifen (News-games) wie zum Beispiel die Lebensmittelkrise in Darfur (Darfur is Dying1)

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1 Auf der Unterseite laquoGesammelte Spieleraquo der Webseite dieses educaGuides sind alle im Folgenden genannten Spiele aufge-listet

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Serious Games und Berufsbildung

In der Berufswelt hat die Verbreitung von Serious Games seit Anfang der 2000er Jahre stark zugenom-men Im Jahr 2002 erschien das erste Serious Game im Bereich Gesundheitsbildung (Pulse) Dieses Spiel richtet sich an medizinisches Fachpersonal und er-laubt insbesondere Patientengespraumlche oder die medizinische Untersuchung zu simulieren Diagnosen zu erstellen Behandlungen vorzuschlagen und die Ergebnisse auszuwerten In der Berufswelt werden weitere Serious Games eingesetzt insbesondere in der Weiterbildung oder bei der Rekrutierung von Per-sonal (z B das Spiel Total genius welches im Jahr 2012 von der Firma Total bei Studierenden vertrieben wurde) Immer mehr Unternehmen nutzen solche Spiele in der Ausbildung ihres Personals (Industrie Dienstleistungen usw) Auch oumlffentliche Einrichtun-gen interessieren sich dafuumlr (Spitaumller Ministe rien oumlf-fentlich-rechtliche Koumlrperschaften) Im Rahmen des EU-Projektes iSpectrum ensteht z B ein Spiel zur be-ruflichen Integration von Menschen mit milden For-men von Autismus oder Asperger-Syndrom

Das franzoumlsische Ministerium fuumlr Industrie hat mit Handicoheacutesion ein fuumlr auf die Unternehmen anpass-bares Spiel finanziert das Arbeitnehmende mit Behin-derung uumlber ihre Rechte informiert Die am haumlufigsten genannten Vorteile dieser Spiele sind nach Cerezo die Moumlglichkeit im eigenen Tempo zu lernen die An-passung des Schwierigkeitsgrads an Nutzende ver-schiedenster Niveaus die Lernautonomie und natuumlr-lich die spielerischen Elemente die sich positiv auf die Motivation und das Selbstwertgefuumlhl auswirken (CEREZO 2012)

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Serious Games und Beeinflussung

Auch wenn alle Serious Games ein Lernziel verfolgen ist ihr Inhalt nicht zwingend paumldagogisch aufgebaut oder wissenschaftlich fundiert Unter den Serious Games gibt es naumlmlich auch eine Spielkategorie die ausschliesslich Werbezwecken dient die sogenannten Werbespiele (Advergame) Diese verfolgen das Ziel ein Produkt oder eine Marke bekanntzumachen und Kundschaft an sich zu binden Solche Spiele sind zwar darauf ausgerichtet der Spielerin oder dem Spieler Informationen zu vermitteln (Produktnamen Produkt-palette Komponenten moumlgliche Nutzung Gewohn-heiten usw) Die Darstellung der entsprechenden Inhalte ist jedoch gelinde gesprochen gefaumlrbt Es handelt sich dabei eher um Werbung als um objektive Informationsangebote Zurzeit sind zahlreiche kosten-lose Spiele eindeutig Werbespiele bei manchen ist dies weniger offensichtlich

Andere Serious Games sind darauf angelegt Inhalte ideologischer politischer oder religioumlser Natur zu vermitteln Das Aumllteste ist zweifellos Americarsquos Army ein Kriegsspiel das von der United States Army pro-duziert und online kostenlos verbreitet wird Das Spiel soll das Bild der Armee bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufwerten Es handelt sich um ein Seri-ous Game da die Spielerin oder der Spieler vieles uumlber die United States Army lernt Organisation Stra-tegien Taktiken Waffen und Fachsprache Es dient demnach nicht ausschliesslich der Unterhaltung und ist mit einem Forum und weiteren audiovisuellen Pro-dukten verbunden (interaktive Animationen als Smart-phone-Download) Immer haumlufiger werden Video-spiele ausserdem mit sozialen Netzwerken verbunden Insofern treten sie in Wechselwirkung mit anderen Elementen wofuumlr Smartphone-Anwendungen ein gutes Beispiel sind Dabei geht es darum mehrere Spielplattformen zu schaffen und rund um das Spiel eine Gemeinschaft von Nutzerinnen und Nutzern aufzubauen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen Dossiers und Studien finden

Sie auf der Unterseite laquoDossiersraquo

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Spiele und Lernen

Die Auseinandersetzung mit dem Spiel als Lehrmittel hat eine lange Tradition Besonders in den Arbeiten von Kinderpsychologen wie beispielsweise J Piaget wird seit Anfang der Dreissigerjahre die Bedeutung des Spielens fuumlr die Entwicklung zahlreicher Faumlhig-keiten hervorgehoben Dazu zaumlhlen kinaumlsthetische symbolische normative soziale und kommunikative Kompetenzen Andere Autorinnen und Autoren haben sich mit der Bedeutung von Spielen fuumlr die Entwick-lung der Phantasie und des kreativen Denkens be-schaumlftigt Die dabei untersuchten spielerischen Aktivi-taumlten betrafen jedoch hauptsaumlchlich traditionelle Spiele wie Murmelspiele Theaterspiele Imitations-spiele oder Strategiespiele Foumlrdern auch Videospiele diese Kompetenzen Wenn ja auf welche Art und un-ter welchen Bedingungen Worin besteht ihr spezifi-scher Beitrag

Handeln in virtuellen Umgebungen

Die Besonderheit von Videospielen ist die Visualisie-rung der Mensch-Geraumlt-Interaktion in einer digitalen oder virtuellen Umgebung Um aber in dieser Umge-bung handeln zu koumlnnen muss sich die Schuumllerin oder der Schuumller die Regeln und den Wortschatz des Spiels aneignen und somit die verschiedenen Arten verwendeter Zeichen verstehen Zwar bewegen sich Spielende in einer rein abgebildeten Welt ohne reale Gegenstaumlnde Ein ausschliesslich theoretisches Ver-staumlndnis der verwendeten Zeichen genuumlgt allerdings nicht Um zu spielen muumlssen Letztere gemaumlss ihrem Kontext verwendet werden Wenn die Spielenden

Paumldagogische Aspekte

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 4: Game Based Learning

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Videospiele im Unterricht Die Frage mag provokativ klingen angesichts der weitgehenden Einigkeit im Bildungswesen bezuumlglich der negativen Bewertung dieser Spiele Seit einigen Jahren hat jedoch eine neue Entwicklung eingesetzt Die exponentielle Zunahme der Serious Games also der ernsthaften Spiele in der Berufswelt und der Erwachsenenbildung hat wesent-lich zur Verbreitung dieser neuen Form des Lernens beigetragen In immer zahlreicheren Untersuchungen wird die Integration von Technologien in den paumldago-gischen Alltag erfasst und analysiert und seit einigen Jahren ist der Einsatz von Videospielen im Unterricht auch ein Thema in den Erziehungswissenschaften (Wastiau 2008)

Aber zunaumlchst folgende Frage Was sind eigentlich Videospiele Videospiele sind elektronische Spiele bei denen eine Interaktion zwischen den Spielenden und einer elektronischen Schnittstelle moumlglich ist Das Ergebnis der Handlungen der Spielenden wird auf ei-nem Bildschirm dargestellt Dabei ist es moumlglich mit oder gegen das Geraumlt zu spielen aber auch mit ande-ren Personen in einem virtuellen oder digitalen Raum zu interagieren Ausserdem koumlnnen unterschiedliche Geraumlte eingesetzt werden Computer Spielkonsolen Wii Smartphones Tablet-Computer usw

Ernsthafte Videospiele ndash ein Widerspruch in sich

Oft werden Serious Games den herkoumlmmlichen Lern-spielen gleichgesetzt Das Konzept der ernsthaften Spiele erweist sich jedoch als wesentlich breiter Es umfasst saumlmtliche Videospiele die darauf ausgerich-tet sind Inhalte zu vermitteln und die Spielenden et-was entdecken oder lernen zu lassen In einigen Spie-

Einfuumlhrung

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len alternieren spielerische Phasen mit Lernmomenten andere vermischen die beiden Bereiche (Engel-feldt-Nielsen 2008) Solche Spiele koumlnnen eine breite Palette unterschiedlicher Ziele verfolgen Inhalte ver-breiten die Umsetzung bestimmter Handlungen einuuml-ben die Wechselwirkungen zwischen Systemelemen-ten verstaumlndlich machen Kausalbeziehungen auf-zeigen oder auch eine Fachsprache vermitteln (Wis-senschaften Geografie Medizin Musik Sport usw) antizipieren lernen usw Die Serious Games koumlnnen in verschiedene Genres von Videospielen eingeteilt wer-den Graphic Novel Fitness-Spiel (Exergame) Wirt-schafts- und andere Simulationen oder sogar Action- und Strategiespiele In einigen Serious Games muumlssen Aufgaben geloumlst oder bestimmte Ergebnisse erzielt werden andere hingegen geben weder bestimmte Ziele vor noch werten sie die Ergebnisse aus (Sand-box Games Open-World-Spiele) Auch die Themen der Serious Games sind sehr unterschiedlich (Spra-chen Wissenschaften Oumlkologie Geschichte Wirt-schaft kauf maumlnnische Ausbildung usw) Es gibt so-gar Spiele die aktuelle Themen aufgreifen (News-games) wie zum Beispiel die Lebensmittelkrise in Darfur (Darfur is Dying1)

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1 Auf der Unterseite laquoGesammelte Spieleraquo der Webseite dieses educaGuides sind alle im Folgenden genannten Spiele aufge-listet

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Serious Games und Berufsbildung

In der Berufswelt hat die Verbreitung von Serious Games seit Anfang der 2000er Jahre stark zugenom-men Im Jahr 2002 erschien das erste Serious Game im Bereich Gesundheitsbildung (Pulse) Dieses Spiel richtet sich an medizinisches Fachpersonal und er-laubt insbesondere Patientengespraumlche oder die medizinische Untersuchung zu simulieren Diagnosen zu erstellen Behandlungen vorzuschlagen und die Ergebnisse auszuwerten In der Berufswelt werden weitere Serious Games eingesetzt insbesondere in der Weiterbildung oder bei der Rekrutierung von Per-sonal (z B das Spiel Total genius welches im Jahr 2012 von der Firma Total bei Studierenden vertrieben wurde) Immer mehr Unternehmen nutzen solche Spiele in der Ausbildung ihres Personals (Industrie Dienstleistungen usw) Auch oumlffentliche Einrichtun-gen interessieren sich dafuumlr (Spitaumller Ministe rien oumlf-fentlich-rechtliche Koumlrperschaften) Im Rahmen des EU-Projektes iSpectrum ensteht z B ein Spiel zur be-ruflichen Integration von Menschen mit milden For-men von Autismus oder Asperger-Syndrom

Das franzoumlsische Ministerium fuumlr Industrie hat mit Handicoheacutesion ein fuumlr auf die Unternehmen anpass-bares Spiel finanziert das Arbeitnehmende mit Behin-derung uumlber ihre Rechte informiert Die am haumlufigsten genannten Vorteile dieser Spiele sind nach Cerezo die Moumlglichkeit im eigenen Tempo zu lernen die An-passung des Schwierigkeitsgrads an Nutzende ver-schiedenster Niveaus die Lernautonomie und natuumlr-lich die spielerischen Elemente die sich positiv auf die Motivation und das Selbstwertgefuumlhl auswirken (CEREZO 2012)

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Serious Games und Beeinflussung

Auch wenn alle Serious Games ein Lernziel verfolgen ist ihr Inhalt nicht zwingend paumldagogisch aufgebaut oder wissenschaftlich fundiert Unter den Serious Games gibt es naumlmlich auch eine Spielkategorie die ausschliesslich Werbezwecken dient die sogenannten Werbespiele (Advergame) Diese verfolgen das Ziel ein Produkt oder eine Marke bekanntzumachen und Kundschaft an sich zu binden Solche Spiele sind zwar darauf ausgerichtet der Spielerin oder dem Spieler Informationen zu vermitteln (Produktnamen Produkt-palette Komponenten moumlgliche Nutzung Gewohn-heiten usw) Die Darstellung der entsprechenden Inhalte ist jedoch gelinde gesprochen gefaumlrbt Es handelt sich dabei eher um Werbung als um objektive Informationsangebote Zurzeit sind zahlreiche kosten-lose Spiele eindeutig Werbespiele bei manchen ist dies weniger offensichtlich

Andere Serious Games sind darauf angelegt Inhalte ideologischer politischer oder religioumlser Natur zu vermitteln Das Aumllteste ist zweifellos Americarsquos Army ein Kriegsspiel das von der United States Army pro-duziert und online kostenlos verbreitet wird Das Spiel soll das Bild der Armee bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufwerten Es handelt sich um ein Seri-ous Game da die Spielerin oder der Spieler vieles uumlber die United States Army lernt Organisation Stra-tegien Taktiken Waffen und Fachsprache Es dient demnach nicht ausschliesslich der Unterhaltung und ist mit einem Forum und weiteren audiovisuellen Pro-dukten verbunden (interaktive Animationen als Smart-phone-Download) Immer haumlufiger werden Video-spiele ausserdem mit sozialen Netzwerken verbunden Insofern treten sie in Wechselwirkung mit anderen Elementen wofuumlr Smartphone-Anwendungen ein gutes Beispiel sind Dabei geht es darum mehrere Spielplattformen zu schaffen und rund um das Spiel eine Gemeinschaft von Nutzerinnen und Nutzern aufzubauen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen Dossiers und Studien finden

Sie auf der Unterseite laquoDossiersraquo

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Spiele und Lernen

Die Auseinandersetzung mit dem Spiel als Lehrmittel hat eine lange Tradition Besonders in den Arbeiten von Kinderpsychologen wie beispielsweise J Piaget wird seit Anfang der Dreissigerjahre die Bedeutung des Spielens fuumlr die Entwicklung zahlreicher Faumlhig-keiten hervorgehoben Dazu zaumlhlen kinaumlsthetische symbolische normative soziale und kommunikative Kompetenzen Andere Autorinnen und Autoren haben sich mit der Bedeutung von Spielen fuumlr die Entwick-lung der Phantasie und des kreativen Denkens be-schaumlftigt Die dabei untersuchten spielerischen Aktivi-taumlten betrafen jedoch hauptsaumlchlich traditionelle Spiele wie Murmelspiele Theaterspiele Imitations-spiele oder Strategiespiele Foumlrdern auch Videospiele diese Kompetenzen Wenn ja auf welche Art und un-ter welchen Bedingungen Worin besteht ihr spezifi-scher Beitrag

Handeln in virtuellen Umgebungen

Die Besonderheit von Videospielen ist die Visualisie-rung der Mensch-Geraumlt-Interaktion in einer digitalen oder virtuellen Umgebung Um aber in dieser Umge-bung handeln zu koumlnnen muss sich die Schuumllerin oder der Schuumller die Regeln und den Wortschatz des Spiels aneignen und somit die verschiedenen Arten verwendeter Zeichen verstehen Zwar bewegen sich Spielende in einer rein abgebildeten Welt ohne reale Gegenstaumlnde Ein ausschliesslich theoretisches Ver-staumlndnis der verwendeten Zeichen genuumlgt allerdings nicht Um zu spielen muumlssen Letztere gemaumlss ihrem Kontext verwendet werden Wenn die Spielenden

Paumldagogische Aspekte

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 5: Game Based Learning

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len alternieren spielerische Phasen mit Lernmomenten andere vermischen die beiden Bereiche (Engel-feldt-Nielsen 2008) Solche Spiele koumlnnen eine breite Palette unterschiedlicher Ziele verfolgen Inhalte ver-breiten die Umsetzung bestimmter Handlungen einuuml-ben die Wechselwirkungen zwischen Systemelemen-ten verstaumlndlich machen Kausalbeziehungen auf-zeigen oder auch eine Fachsprache vermitteln (Wis-senschaften Geografie Medizin Musik Sport usw) antizipieren lernen usw Die Serious Games koumlnnen in verschiedene Genres von Videospielen eingeteilt wer-den Graphic Novel Fitness-Spiel (Exergame) Wirt-schafts- und andere Simulationen oder sogar Action- und Strategiespiele In einigen Serious Games muumlssen Aufgaben geloumlst oder bestimmte Ergebnisse erzielt werden andere hingegen geben weder bestimmte Ziele vor noch werten sie die Ergebnisse aus (Sand-box Games Open-World-Spiele) Auch die Themen der Serious Games sind sehr unterschiedlich (Spra-chen Wissenschaften Oumlkologie Geschichte Wirt-schaft kauf maumlnnische Ausbildung usw) Es gibt so-gar Spiele die aktuelle Themen aufgreifen (News-games) wie zum Beispiel die Lebensmittelkrise in Darfur (Darfur is Dying1)

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1 Auf der Unterseite laquoGesammelte Spieleraquo der Webseite dieses educaGuides sind alle im Folgenden genannten Spiele aufge-listet

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Serious Games und Berufsbildung

In der Berufswelt hat die Verbreitung von Serious Games seit Anfang der 2000er Jahre stark zugenom-men Im Jahr 2002 erschien das erste Serious Game im Bereich Gesundheitsbildung (Pulse) Dieses Spiel richtet sich an medizinisches Fachpersonal und er-laubt insbesondere Patientengespraumlche oder die medizinische Untersuchung zu simulieren Diagnosen zu erstellen Behandlungen vorzuschlagen und die Ergebnisse auszuwerten In der Berufswelt werden weitere Serious Games eingesetzt insbesondere in der Weiterbildung oder bei der Rekrutierung von Per-sonal (z B das Spiel Total genius welches im Jahr 2012 von der Firma Total bei Studierenden vertrieben wurde) Immer mehr Unternehmen nutzen solche Spiele in der Ausbildung ihres Personals (Industrie Dienstleistungen usw) Auch oumlffentliche Einrichtun-gen interessieren sich dafuumlr (Spitaumller Ministe rien oumlf-fentlich-rechtliche Koumlrperschaften) Im Rahmen des EU-Projektes iSpectrum ensteht z B ein Spiel zur be-ruflichen Integration von Menschen mit milden For-men von Autismus oder Asperger-Syndrom

Das franzoumlsische Ministerium fuumlr Industrie hat mit Handicoheacutesion ein fuumlr auf die Unternehmen anpass-bares Spiel finanziert das Arbeitnehmende mit Behin-derung uumlber ihre Rechte informiert Die am haumlufigsten genannten Vorteile dieser Spiele sind nach Cerezo die Moumlglichkeit im eigenen Tempo zu lernen die An-passung des Schwierigkeitsgrads an Nutzende ver-schiedenster Niveaus die Lernautonomie und natuumlr-lich die spielerischen Elemente die sich positiv auf die Motivation und das Selbstwertgefuumlhl auswirken (CEREZO 2012)

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Serious Games und Beeinflussung

Auch wenn alle Serious Games ein Lernziel verfolgen ist ihr Inhalt nicht zwingend paumldagogisch aufgebaut oder wissenschaftlich fundiert Unter den Serious Games gibt es naumlmlich auch eine Spielkategorie die ausschliesslich Werbezwecken dient die sogenannten Werbespiele (Advergame) Diese verfolgen das Ziel ein Produkt oder eine Marke bekanntzumachen und Kundschaft an sich zu binden Solche Spiele sind zwar darauf ausgerichtet der Spielerin oder dem Spieler Informationen zu vermitteln (Produktnamen Produkt-palette Komponenten moumlgliche Nutzung Gewohn-heiten usw) Die Darstellung der entsprechenden Inhalte ist jedoch gelinde gesprochen gefaumlrbt Es handelt sich dabei eher um Werbung als um objektive Informationsangebote Zurzeit sind zahlreiche kosten-lose Spiele eindeutig Werbespiele bei manchen ist dies weniger offensichtlich

Andere Serious Games sind darauf angelegt Inhalte ideologischer politischer oder religioumlser Natur zu vermitteln Das Aumllteste ist zweifellos Americarsquos Army ein Kriegsspiel das von der United States Army pro-duziert und online kostenlos verbreitet wird Das Spiel soll das Bild der Armee bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufwerten Es handelt sich um ein Seri-ous Game da die Spielerin oder der Spieler vieles uumlber die United States Army lernt Organisation Stra-tegien Taktiken Waffen und Fachsprache Es dient demnach nicht ausschliesslich der Unterhaltung und ist mit einem Forum und weiteren audiovisuellen Pro-dukten verbunden (interaktive Animationen als Smart-phone-Download) Immer haumlufiger werden Video-spiele ausserdem mit sozialen Netzwerken verbunden Insofern treten sie in Wechselwirkung mit anderen Elementen wofuumlr Smartphone-Anwendungen ein gutes Beispiel sind Dabei geht es darum mehrere Spielplattformen zu schaffen und rund um das Spiel eine Gemeinschaft von Nutzerinnen und Nutzern aufzubauen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen Dossiers und Studien finden

Sie auf der Unterseite laquoDossiersraquo

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Spiele und Lernen

Die Auseinandersetzung mit dem Spiel als Lehrmittel hat eine lange Tradition Besonders in den Arbeiten von Kinderpsychologen wie beispielsweise J Piaget wird seit Anfang der Dreissigerjahre die Bedeutung des Spielens fuumlr die Entwicklung zahlreicher Faumlhig-keiten hervorgehoben Dazu zaumlhlen kinaumlsthetische symbolische normative soziale und kommunikative Kompetenzen Andere Autorinnen und Autoren haben sich mit der Bedeutung von Spielen fuumlr die Entwick-lung der Phantasie und des kreativen Denkens be-schaumlftigt Die dabei untersuchten spielerischen Aktivi-taumlten betrafen jedoch hauptsaumlchlich traditionelle Spiele wie Murmelspiele Theaterspiele Imitations-spiele oder Strategiespiele Foumlrdern auch Videospiele diese Kompetenzen Wenn ja auf welche Art und un-ter welchen Bedingungen Worin besteht ihr spezifi-scher Beitrag

Handeln in virtuellen Umgebungen

Die Besonderheit von Videospielen ist die Visualisie-rung der Mensch-Geraumlt-Interaktion in einer digitalen oder virtuellen Umgebung Um aber in dieser Umge-bung handeln zu koumlnnen muss sich die Schuumllerin oder der Schuumller die Regeln und den Wortschatz des Spiels aneignen und somit die verschiedenen Arten verwendeter Zeichen verstehen Zwar bewegen sich Spielende in einer rein abgebildeten Welt ohne reale Gegenstaumlnde Ein ausschliesslich theoretisches Ver-staumlndnis der verwendeten Zeichen genuumlgt allerdings nicht Um zu spielen muumlssen Letztere gemaumlss ihrem Kontext verwendet werden Wenn die Spielenden

Paumldagogische Aspekte

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 6: Game Based Learning

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Serious Games und Berufsbildung

In der Berufswelt hat die Verbreitung von Serious Games seit Anfang der 2000er Jahre stark zugenom-men Im Jahr 2002 erschien das erste Serious Game im Bereich Gesundheitsbildung (Pulse) Dieses Spiel richtet sich an medizinisches Fachpersonal und er-laubt insbesondere Patientengespraumlche oder die medizinische Untersuchung zu simulieren Diagnosen zu erstellen Behandlungen vorzuschlagen und die Ergebnisse auszuwerten In der Berufswelt werden weitere Serious Games eingesetzt insbesondere in der Weiterbildung oder bei der Rekrutierung von Per-sonal (z B das Spiel Total genius welches im Jahr 2012 von der Firma Total bei Studierenden vertrieben wurde) Immer mehr Unternehmen nutzen solche Spiele in der Ausbildung ihres Personals (Industrie Dienstleistungen usw) Auch oumlffentliche Einrichtun-gen interessieren sich dafuumlr (Spitaumller Ministe rien oumlf-fentlich-rechtliche Koumlrperschaften) Im Rahmen des EU-Projektes iSpectrum ensteht z B ein Spiel zur be-ruflichen Integration von Menschen mit milden For-men von Autismus oder Asperger-Syndrom

Das franzoumlsische Ministerium fuumlr Industrie hat mit Handicoheacutesion ein fuumlr auf die Unternehmen anpass-bares Spiel finanziert das Arbeitnehmende mit Behin-derung uumlber ihre Rechte informiert Die am haumlufigsten genannten Vorteile dieser Spiele sind nach Cerezo die Moumlglichkeit im eigenen Tempo zu lernen die An-passung des Schwierigkeitsgrads an Nutzende ver-schiedenster Niveaus die Lernautonomie und natuumlr-lich die spielerischen Elemente die sich positiv auf die Motivation und das Selbstwertgefuumlhl auswirken (CEREZO 2012)

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Serious Games und Beeinflussung

Auch wenn alle Serious Games ein Lernziel verfolgen ist ihr Inhalt nicht zwingend paumldagogisch aufgebaut oder wissenschaftlich fundiert Unter den Serious Games gibt es naumlmlich auch eine Spielkategorie die ausschliesslich Werbezwecken dient die sogenannten Werbespiele (Advergame) Diese verfolgen das Ziel ein Produkt oder eine Marke bekanntzumachen und Kundschaft an sich zu binden Solche Spiele sind zwar darauf ausgerichtet der Spielerin oder dem Spieler Informationen zu vermitteln (Produktnamen Produkt-palette Komponenten moumlgliche Nutzung Gewohn-heiten usw) Die Darstellung der entsprechenden Inhalte ist jedoch gelinde gesprochen gefaumlrbt Es handelt sich dabei eher um Werbung als um objektive Informationsangebote Zurzeit sind zahlreiche kosten-lose Spiele eindeutig Werbespiele bei manchen ist dies weniger offensichtlich

Andere Serious Games sind darauf angelegt Inhalte ideologischer politischer oder religioumlser Natur zu vermitteln Das Aumllteste ist zweifellos Americarsquos Army ein Kriegsspiel das von der United States Army pro-duziert und online kostenlos verbreitet wird Das Spiel soll das Bild der Armee bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufwerten Es handelt sich um ein Seri-ous Game da die Spielerin oder der Spieler vieles uumlber die United States Army lernt Organisation Stra-tegien Taktiken Waffen und Fachsprache Es dient demnach nicht ausschliesslich der Unterhaltung und ist mit einem Forum und weiteren audiovisuellen Pro-dukten verbunden (interaktive Animationen als Smart-phone-Download) Immer haumlufiger werden Video-spiele ausserdem mit sozialen Netzwerken verbunden Insofern treten sie in Wechselwirkung mit anderen Elementen wofuumlr Smartphone-Anwendungen ein gutes Beispiel sind Dabei geht es darum mehrere Spielplattformen zu schaffen und rund um das Spiel eine Gemeinschaft von Nutzerinnen und Nutzern aufzubauen

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Genvo S (2009) Le Jeu agrave son egravere numeacuterique Comprendre et analyser les jeux videacuteo Paris LrsquoHarmattan

Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen Dossiers und Studien finden

Sie auf der Unterseite laquoDossiersraquo

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Spiele und Lernen

Die Auseinandersetzung mit dem Spiel als Lehrmittel hat eine lange Tradition Besonders in den Arbeiten von Kinderpsychologen wie beispielsweise J Piaget wird seit Anfang der Dreissigerjahre die Bedeutung des Spielens fuumlr die Entwicklung zahlreicher Faumlhig-keiten hervorgehoben Dazu zaumlhlen kinaumlsthetische symbolische normative soziale und kommunikative Kompetenzen Andere Autorinnen und Autoren haben sich mit der Bedeutung von Spielen fuumlr die Entwick-lung der Phantasie und des kreativen Denkens be-schaumlftigt Die dabei untersuchten spielerischen Aktivi-taumlten betrafen jedoch hauptsaumlchlich traditionelle Spiele wie Murmelspiele Theaterspiele Imitations-spiele oder Strategiespiele Foumlrdern auch Videospiele diese Kompetenzen Wenn ja auf welche Art und un-ter welchen Bedingungen Worin besteht ihr spezifi-scher Beitrag

Handeln in virtuellen Umgebungen

Die Besonderheit von Videospielen ist die Visualisie-rung der Mensch-Geraumlt-Interaktion in einer digitalen oder virtuellen Umgebung Um aber in dieser Umge-bung handeln zu koumlnnen muss sich die Schuumllerin oder der Schuumller die Regeln und den Wortschatz des Spiels aneignen und somit die verschiedenen Arten verwendeter Zeichen verstehen Zwar bewegen sich Spielende in einer rein abgebildeten Welt ohne reale Gegenstaumlnde Ein ausschliesslich theoretisches Ver-staumlndnis der verwendeten Zeichen genuumlgt allerdings nicht Um zu spielen muumlssen Letztere gemaumlss ihrem Kontext verwendet werden Wenn die Spielenden

Paumldagogische Aspekte

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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Vygotsky L (1934) Penseacutee et langage Trad Segraveve F (1997) Paris La Dispute

3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 7: Game Based Learning

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Serious Games und Beeinflussung

Auch wenn alle Serious Games ein Lernziel verfolgen ist ihr Inhalt nicht zwingend paumldagogisch aufgebaut oder wissenschaftlich fundiert Unter den Serious Games gibt es naumlmlich auch eine Spielkategorie die ausschliesslich Werbezwecken dient die sogenannten Werbespiele (Advergame) Diese verfolgen das Ziel ein Produkt oder eine Marke bekanntzumachen und Kundschaft an sich zu binden Solche Spiele sind zwar darauf ausgerichtet der Spielerin oder dem Spieler Informationen zu vermitteln (Produktnamen Produkt-palette Komponenten moumlgliche Nutzung Gewohn-heiten usw) Die Darstellung der entsprechenden Inhalte ist jedoch gelinde gesprochen gefaumlrbt Es handelt sich dabei eher um Werbung als um objektive Informationsangebote Zurzeit sind zahlreiche kosten-lose Spiele eindeutig Werbespiele bei manchen ist dies weniger offensichtlich

Andere Serious Games sind darauf angelegt Inhalte ideologischer politischer oder religioumlser Natur zu vermitteln Das Aumllteste ist zweifellos Americarsquos Army ein Kriegsspiel das von der United States Army pro-duziert und online kostenlos verbreitet wird Das Spiel soll das Bild der Armee bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufwerten Es handelt sich um ein Seri-ous Game da die Spielerin oder der Spieler vieles uumlber die United States Army lernt Organisation Stra-tegien Taktiken Waffen und Fachsprache Es dient demnach nicht ausschliesslich der Unterhaltung und ist mit einem Forum und weiteren audiovisuellen Pro-dukten verbunden (interaktive Animationen als Smart-phone-Download) Immer haumlufiger werden Video-spiele ausserdem mit sozialen Netzwerken verbunden Insofern treten sie in Wechselwirkung mit anderen Elementen wofuumlr Smartphone-Anwendungen ein gutes Beispiel sind Dabei geht es darum mehrere Spielplattformen zu schaffen und rund um das Spiel eine Gemeinschaft von Nutzerinnen und Nutzern aufzubauen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen Dossiers und Studien finden

Sie auf der Unterseite laquoDossiersraquo

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Spiele und Lernen

Die Auseinandersetzung mit dem Spiel als Lehrmittel hat eine lange Tradition Besonders in den Arbeiten von Kinderpsychologen wie beispielsweise J Piaget wird seit Anfang der Dreissigerjahre die Bedeutung des Spielens fuumlr die Entwicklung zahlreicher Faumlhig-keiten hervorgehoben Dazu zaumlhlen kinaumlsthetische symbolische normative soziale und kommunikative Kompetenzen Andere Autorinnen und Autoren haben sich mit der Bedeutung von Spielen fuumlr die Entwick-lung der Phantasie und des kreativen Denkens be-schaumlftigt Die dabei untersuchten spielerischen Aktivi-taumlten betrafen jedoch hauptsaumlchlich traditionelle Spiele wie Murmelspiele Theaterspiele Imitations-spiele oder Strategiespiele Foumlrdern auch Videospiele diese Kompetenzen Wenn ja auf welche Art und un-ter welchen Bedingungen Worin besteht ihr spezifi-scher Beitrag

Handeln in virtuellen Umgebungen

Die Besonderheit von Videospielen ist die Visualisie-rung der Mensch-Geraumlt-Interaktion in einer digitalen oder virtuellen Umgebung Um aber in dieser Umge-bung handeln zu koumlnnen muss sich die Schuumllerin oder der Schuumller die Regeln und den Wortschatz des Spiels aneignen und somit die verschiedenen Arten verwendeter Zeichen verstehen Zwar bewegen sich Spielende in einer rein abgebildeten Welt ohne reale Gegenstaumlnde Ein ausschliesslich theoretisches Ver-staumlndnis der verwendeten Zeichen genuumlgt allerdings nicht Um zu spielen muumlssen Letztere gemaumlss ihrem Kontext verwendet werden Wenn die Spielenden

Paumldagogische Aspekte

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 8: Game Based Learning

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen Dossiers und Studien finden

Sie auf der Unterseite laquoDossiersraquo

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Spiele und Lernen

Die Auseinandersetzung mit dem Spiel als Lehrmittel hat eine lange Tradition Besonders in den Arbeiten von Kinderpsychologen wie beispielsweise J Piaget wird seit Anfang der Dreissigerjahre die Bedeutung des Spielens fuumlr die Entwicklung zahlreicher Faumlhig-keiten hervorgehoben Dazu zaumlhlen kinaumlsthetische symbolische normative soziale und kommunikative Kompetenzen Andere Autorinnen und Autoren haben sich mit der Bedeutung von Spielen fuumlr die Entwick-lung der Phantasie und des kreativen Denkens be-schaumlftigt Die dabei untersuchten spielerischen Aktivi-taumlten betrafen jedoch hauptsaumlchlich traditionelle Spiele wie Murmelspiele Theaterspiele Imitations-spiele oder Strategiespiele Foumlrdern auch Videospiele diese Kompetenzen Wenn ja auf welche Art und un-ter welchen Bedingungen Worin besteht ihr spezifi-scher Beitrag

Handeln in virtuellen Umgebungen

Die Besonderheit von Videospielen ist die Visualisie-rung der Mensch-Geraumlt-Interaktion in einer digitalen oder virtuellen Umgebung Um aber in dieser Umge-bung handeln zu koumlnnen muss sich die Schuumllerin oder der Schuumller die Regeln und den Wortschatz des Spiels aneignen und somit die verschiedenen Arten verwendeter Zeichen verstehen Zwar bewegen sich Spielende in einer rein abgebildeten Welt ohne reale Gegenstaumlnde Ein ausschliesslich theoretisches Ver-staumlndnis der verwendeten Zeichen genuumlgt allerdings nicht Um zu spielen muumlssen Letztere gemaumlss ihrem Kontext verwendet werden Wenn die Spielenden

Paumldagogische Aspekte

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 9: Game Based Learning

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Spiele und Lernen

Die Auseinandersetzung mit dem Spiel als Lehrmittel hat eine lange Tradition Besonders in den Arbeiten von Kinderpsychologen wie beispielsweise J Piaget wird seit Anfang der Dreissigerjahre die Bedeutung des Spielens fuumlr die Entwicklung zahlreicher Faumlhig-keiten hervorgehoben Dazu zaumlhlen kinaumlsthetische symbolische normative soziale und kommunikative Kompetenzen Andere Autorinnen und Autoren haben sich mit der Bedeutung von Spielen fuumlr die Entwick-lung der Phantasie und des kreativen Denkens be-schaumlftigt Die dabei untersuchten spielerischen Aktivi-taumlten betrafen jedoch hauptsaumlchlich traditionelle Spiele wie Murmelspiele Theaterspiele Imitations-spiele oder Strategiespiele Foumlrdern auch Videospiele diese Kompetenzen Wenn ja auf welche Art und un-ter welchen Bedingungen Worin besteht ihr spezifi-scher Beitrag

Handeln in virtuellen Umgebungen

Die Besonderheit von Videospielen ist die Visualisie-rung der Mensch-Geraumlt-Interaktion in einer digitalen oder virtuellen Umgebung Um aber in dieser Umge-bung handeln zu koumlnnen muss sich die Schuumllerin oder der Schuumller die Regeln und den Wortschatz des Spiels aneignen und somit die verschiedenen Arten verwendeter Zeichen verstehen Zwar bewegen sich Spielende in einer rein abgebildeten Welt ohne reale Gegenstaumlnde Ein ausschliesslich theoretisches Ver-staumlndnis der verwendeten Zeichen genuumlgt allerdings nicht Um zu spielen muumlssen Letztere gemaumlss ihrem Kontext verwendet werden Wenn die Spielenden

Paumldagogische Aspekte

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 10: Game Based Learning

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durch ihren Avatar2 handeln werden ihre Handlungen als Zeichen umgesetzt da die Spielwelt eben nur aus Repraumlsentationen besteht (Bilder Texte oder Toumlne) In dieser virtuellen Welt koumlnnen die Spielenden mit ande-ren Figuren des Spiels anderen Spielenden (im Mehr-spieler-Modus) oder Elementen des Spiels (Kulisse Landschaften Bauten Gegenstaumlnde) interagieren

Mit Videospielen sind verschiedene Formen des Lernens moumlglich wie beispielsweise der Erwerb von Kenntnissen also von uumlbermitteltem Wissen durch den Spielinhalt selber Dieses Wissen kann aus-schliesslich die Spielwelt betreffen (Figuren Orte Regeln zu erfuumlllende Aufgaben im Spiel moumlgliche Handlungen usw) wenn es sich um eine fiktive Welt handelt Es koumlnnen aber auch Kenntnisse und Kom-petenzen in verschiedenen lebensechten Disziplinen erworben werden Ein Sprachspiel wie Eonautes bie-tet zum Beispiel die Moumlglichkeit den Wortschatz die Aussprache syntaktische Wendungen oder auch die Sprachebenen in einem Gespraumlch einzuuumlben In ei-nem Geografiespiel koumlnnen verschiedene Kartografie-typen und Weltmodelle entdeckt aber auch eigene Karten erstellt werden Aus kognitivistischer Sicht laumlsst sich ein Spiel einsetzen um Vorwissen und Grundannahmen der Lernenden zu hinterfragen dies insbesondere mittels einfacher Interaktionsformen wie beispielsweise mit einem Quiz Spiele wie Netla oder Les pirates de la vie priveacutee sollen Jugendliche fuumlr die Risiken im Internet sensibilisieren indem die Lernen-den beispielsweise auf verschiedene Fragen moumlgliche Antworten waumlhlen und ein unmittelbares Feedback erhalten Andere unterhaltsamere und komplexere Spiele jedoch funktionieren durch Immersion in eine

2 Der Avatar ist die Verkoumlrperung der Spielerin oder des Spielers und kann eine menschliche tierische oder andere Gestalt annehmen Durch diesen Avatar bewegen sich die Spielenden im Spiel handeln und interagieren mit der Spielumgebung (Quinche 2010)

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 11: Game Based Learning

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virtuelle Umgebung Die Schuumllerin oder der Schuumller erforscht und erprobt so die verschiedenen Facetten dieser Welt und setzt sich mit neuen Elementen ausei-nander Das Spiel Ludomedic dient beispielsweise dazu ein Krankenhaus zu entdecken und bietet spie-lerische Simulationen um Fehlvorstellungen zu ver-meiden so dass die unbekannte Welt nicht zusaumltzliche Aumlngste hervorruft Ein Teil des Spiels soll Kindern durch ihren Avatar ermoumlglichen sich auf ihren Kran-kenhauseintritt vorzubereiten und so die zukuumlnftige Situation zu antizipieren Aumlhnliche Spiele oder Ange-bote mit spielerischen Elementen sind KSA Kids Game und Medikidz

Die Bedeutung der Videospiele liegt vor allem in der Vielzahl damit realisierbarer Lernmethoden Einige Videospiele kombinieren verschiedene Methoden in unterschiedlichen Spielphasen (Entdeckung einer fremden Welt Experimentierphase Vermittlung von Inhalten usw) Der Wissenserwerb in einem Spiel ge-schieht aber haumlufig uumlber spezifische Mittel Es wird eher von Kontextwissen gesprochen das in einen spezifischen Handlungsraum eingebettet ist Die Be-sonderheit von Videospielen besteht darin dass sie der Spielerin oder dem Spieler die Moumlglichkeit bieten die Spielwelt selber zu erforschen Dabei ist der Lern-weg nicht von vornherein vollstaumlndig vorgegeben wie bei einem Buch oder Lehrmittel Die Freiheitsgrade eines Spiels koumlnnen durch die Anzahl der Wahlmoumlg-lichkeiten definiert werden Es ist fuumlr die Spielerin oder den Spieler ausserordentlich anregend die eigenen Handlungen oder jene der Figur bestimmen zu koumlnnen Die Spiele mit den meisten Wahl- und Handlungsmoumlg-lichkeiten sind jene vom Typ sandbox (Open-World-Spiel) Bei solchen Spielen koumlnnen die Spielenden eine eigene Geschichte erfinden oder einfach experi-mentieren Zusammenhaumlnge zwischen Ursache und Wirkung pruumlfen Gegenstaumlnde dreidimensional gestal-ten zeichnen usw Zu dieser Kategorie gehoumlren Kon-struktionsspiele (z B Minecraft) oder auch Simula- tionsspiele (Les Sims Sim City) sowie virtuelle Online-Welten (Second life) Es kann sehr interessant

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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40

Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 12: Game Based Learning

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sein solche offenen Spiele in den Unterricht aufzu-nehmen insbesondere um faumlcheruumlbergreifende Faumlhig-keiten zu entwickeln (vgl Lehrplan 21 Uumlberfachliche Kompetenzen laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstra-tegien erwerben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlhren und reflektierenraquo)3

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3 Da sich der Lehrplan 21 zurzeit in Konsultation befindet sind die Verweise darauf sehr allgemein gehalten und mit Vorbehalt zu geniessen Details sind unter konsultationlehrplanch zu finden (Anm der Redaktion)

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

40

Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

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Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 13: Game Based Learning

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Entscheidungen treffen Konsequenzen analysieren

Der besondere Wert von Videospielen fuumlr die Unter-stuumltzung von Lernprozessen besteht in der Moumlglich-keit die Ergebnisse oder Konsequenzen einer Hand-lung aufzuzeigen Die Wichtigkeit Lernstrategien zu entwickeln wird im Lehrplan 21 auch wieder in den uumlberfachlichen Kompetenzen unter personalen und methodischen Kompetenezen hervorgehoben

  laquoEigene Ressourcen kennen und nutzenraquo

  laquoSelbststaumlndigkeit Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbst staumlndig bewaumlltigen Ausdauer entwickelnraquo

  laquoEigenstaumlndigkeit Eigene Ziele und Werte reflek-tieren und verfolgenraquo

  laquoAufgabenProbleme loumlsen Lernstrategien erwer-ben Lern- und Arbeitsprozesse planen durchfuumlh-ren und reflektierenraquo

Durch die Darstellung der Folgen einer Handlung kann das verursachte Geschehen hinterfragt werden War die Wahl die richtige um die Aufgabe zu erfuumlllen Die geistigen Vorgaumlnge seitens Spielenden bei der Wahl einer Strategie sind komplex Sie muumlssen naumlmlich die Situation analysieren das vorliegende Problem verste-hen die verschiedenen Wahlmoumlglichkeiten in einer vorgegebenen Situation erkennen die Schwierigkei-ten erfassen sich eine Loumlsung ausdenken moumlgliche Folgen ihrer Entscheidungen voraussehen entschei-den welche Moumlglichkeit sie bevorzugen und die ge-waumlhlte Handlung umsetzen Um einen Entscheid uumlber-haupt treffen zu koumlnnen muumlssen zudem oft bestimmte Voraussetzung erfuumlllt sein (z B verstehen welche Handlungen im Spiel moumlglich sind wie sich die Figur bewegen kann welche Interaktionsmoumlglich-keiten bestehen usw)

Nachdem die Handlung ausgefuumlhrt wurde betrach-ten die Spielenden die Ergebnisse bewerten diese und analysieren den Zusammenhang zwischen Ursa-

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 14: Game Based Learning

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che und Wirkung (welcher Teil meiner Handlung hat zum Erfolg oder Misserfolg gefuumlhrt) Diese Frage stellt sich vor allem bei Misserfolgen Die Analyse der Ergebnisse kann auch zeitversetzt stattfinden da sich die Folgen gewisser Entscheidungen teilweise erst viel spaumlter zeigen manchmal sogar erst am Ende der Spielrunde Dadurch kann mit mehr oder weniger lange guumlltigen Kausalzusammenhaumlngen gearbeitet werden Die Schuumllerin oder der Schuumller begreift so dass einige Entscheidungen die im Moment unbe-deutend zu sein scheinen viel spaumlter weitreichende Auswirkungen haben koumlnnen Dies ist insbesondere bei einem Spiel wie Sim City der Fall in dem sich die Folgen der gewaumlhlten Energietraumlger erst viel spaumlter im Spiel zeigen (z B das Auftreten von Luftver-schmutzung wenn Kohle gewaumlhlt wurde)

Aus seinen Fehlern lernen

Ein Fehler kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen Er kann das Verstaumlndnis der Situation die Kenntnis der Spielelemente wie auch die gewaumlhlte Option oder deren praktische Umsetzung betreffen (gescheiterte Handlung aus Zeitgruumlnden aus mangelnder Geschick-lichkeit usw) In einigen Spielen gibt es nicht zwin-gend eine einzige taugliche Loumlsung sondern alle ge-waumlhlten Loumlsungen haben Vor- und Nachteile Dank dem Spiel koumlnnen die Folgen von Entscheidungen besser begriffen und ihre Komplexitaumlt erahnt werden (genau wie in reellen Situationen) Manchmal wird dabei auch klar dass es gar keine ideale Loumlsung gibt Indem Spielende ihre Fehler selber erkennen entwi-ckeln sie ihre Selbststaumlndigkeit und Reflexionsfaumlhig-keit Ein Fehler wird weniger als Sanktion wahrgenom-men denn als ein gescheiterter Versuch der wiederholt werden muss Denn in den meisten Spielen besteht die Moumlglichkeit sich zu verbessern und die Runden so oft zu spielen bis die Ziele des Spiels er-reicht werden Um ihre Fehler nicht zu wieder holen muumlssen die Spielenden aber anders handeln indem

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Quellen Aldrich C (2005) Learning by doing a comprehensive guide

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Brougegravere G (2005) JouerApprendre Paris Economica Anthropos

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Quellen Sanchez E (2013) Les apprentissages et leur eacutevaluation

dans les serious games Visiocommunication agrave lrsquoUniversiteacute Paris Sorbonne Nouvelle (17102013)

Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 15: Game Based Learning

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sie zum Beispiel ein anderes Hilfsmittel benutzen oder die Problematik unter einem anderen Gesichtspunkt angehen Ihre Figur muss sich vielleicht im Vorfeld be-stimmte Faumlhigkeiten aneignen sich mit anderen Figu-ren des Spiels zusammenschliessen usw Diese Uumlberlegungen regen zu divergentem Denken an und foumlrdern damit die Kreativitaumlt die auch im Lehrplan 21 einen wichtigen Stellenwert bekommt Damit ein Spiel dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers ent-spricht muss es in der Zone der proximalen Entwick-lung liegen (im Sinne von Vygotsky) damit das Kind mit Problemen konfrontiert wird deren Loumlsung in sei-ner Reichweite liegen ohne dabei zu einfach oder zu schwierig zu sein

In Rahmen welcher paumldagogischen Modelle koumlnnen Videospiele in den Schulalltag integriert werden

Da sie grundsaumltzlich darauf abzielen die Spielerinnen und Spieler zu aktivieren lassen sich nur wenige Serious Games ausschliesslich einem einzigen kogni-tivistischen Modell zuordnen Dies ist am ehesten bei Lern-CD-ROMs der Fall Bei diesen handelt es sich nicht um Spiele im eigentlichen Sinn sondern vielmehr um audiovisuelle Animationen die gewisse Themen vorstellen (z B Kinder Uni DVD oder Kunstgeschichte mit dem Louvre DVD-ROM) Meistens besteht der einzige spielerische Aspekt in einem Quiz mit dem das erworbene Wissen getestet wird Bei der paumldago-gischen Integration ist es haumlufig einfacher und weni-ger zeitaufwaumlndig andere Hilfsmittel zur Vermittlung von Inhalten zu verwenden (Film Website Buch usw) da der Einstieg in ein Spiel im Allgemeinen sehr aufwaumlndig ist (Zeit Erlernen des Spiels usw) Au-sserdem wuumlrde der Wissenstransfer eines Spiels vor-aussetzen dass dessen Inhalt vollumfaumlnglich dem entspricht was die Lehrperson vermitteln moumlchte und dass ihre Art der Erlaumluterung respektiert wird Bei Videospielen trifft dies jedoch eher selten zu Zurzeit

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 16: Game Based Learning

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ist es fuumlr die Lehrperson nicht moumlglich eigene Inhalte zu integrieren und nach vorher festgelegten Zielen zu praumlsentieren Ausserdem werden die fuumlr eine trans-missive Paumldagogik noumltigen Erklaumlrungs- und Praumlzisie-rungsmoumlglichkeiten durch den immersiven Aspekt zahlreicher Spiele nicht beguumlnstigt Uumlbungsgenerato-ren sind Hilfsmittel die gut zu einer transmissiven Paumldagogik passen sie stellen aber nicht Spiele im eigentlichen Sinne dar Bei einem Videospiel ist es weniger der vermittelte Inhalt der interessant ist als vielmehr die dadurch moumlglichen Aktivitaumlten Um welche Art von Aktivitaumlten handelt es sich dabei

Zielorientierte Paumldagogik und Behaviorismus

Einige Serious Games bieten lernzielorientierte Aktivi-taumlten was gut zu einer behavioristischen Paumldagogik zu passen scheint Nur allzu oft entsprechen diese Ziele jedoch nicht jenen des Lehrplans Deshalb muumls-sen zahlreiche Spiele durch die Lehrperson angepasst werden Im Rahmen eines paumldagogischen Szenarios muumlssen neue Ziele hinzugefuumlgt werden die jene des Spiels ergaumlnzen oder ersetzen Ausserdem entspricht die in den Spielen vorgesehene Entwicklung nicht im-mer jener die zu den Lernenden passt Eine weitere Huumlrde liegt darin dass Teilziele jeweils nicht ergaumlnzt werden koumlnnen wenn Lernende Muumlhe haben Zwi-schenetappen koumlnnten die Schwierigkeit beim Errei-chen eines Ziels mindern In solchen Situationen muss die Lehrperson andere Mittel und Wege finden die Schuumllerin oder den Schuumller bei der Zielerreichung zu unterstuumltzen (Hilfe ausserhalb des Spiels Uumlbungen mit anderen Hilfsmitteln usw)

Bei einigen neueren Spielen insbesondere Sprach-spielen (beispielsweise Theacutelegraveme) kann die Lehrperson aber aus einer Liste bestimmte Ziele auswaumlhlen und so ein dem Niveau der Schuumllerin oder des Schuumllers angepasstes Lernprogramm zusammenstellen Bei bestimmten Spielen fuumlr Jugendliche und Erwachsene koumlnnen die Spielenden die Ziele sogar selber festle-

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 17: Game Based Learning

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gen So soll in Lernprojekten die Selbststaumlndigkeit ge-foumlrdert werden Diese innovativen Spiele sind jedoch weniger einer behavioristischen Paumldagogik als viel-mehr einem konstruktivistischen Ansatz zuzuordnen

Konstruktivistischer Ansatz

Aus einer konstruktivistischen Perspektive lernen die Schuumllerinnen und Schuumller durch eigenes Handeln genauer gesagt durch die Interaktion mit einer Um-gebung in der sie Problemsituationen bewaumlltigen muumlssen In Videospielen werden Situationen in denen ihr Vorwissen in Frage gestellt wird durch Misserfolge und das Versagen von Strategien haumlufig deutlich erkennbar Um eine Loumlsung zu finden muumlssen die Spielenden andere Strategien erproben dazu ihr Vor-wissen hinterfragen und dadurch an ihren Grundan-nahmen zu arbeiten In einem Spiel gibt es zahlreiche destabilisierende Momente und Schwierigkeiten stel-len die von den Spielenden erworbenen Annahmen in Frage Um ein neues Hindernis zu uumlberwinden muumls-sen sie beispielsweise ihren Avatar auf eine andere Art bewegen einen Weg erforschen den sie nicht be-achtet hatten oder auch einen in einer fruumlheren Spiel-phase begangenen Fehler korrigieren Durch die Be-ruumlcksichtigung neuer Erkenntnisse kann die Spielerin oder der Spieler vorwaumlrts kommen und neue Probleme loumlsen Denn das Prinzip von Videospielen ist dass die Spielerin oder der Spieler die Ergebnisse der eigenen Handlungen oder Entscheidungen betrachtet und die Folgen davon bewertet Wenn Videospiele in den Unterricht integriert werden entspricht die Rolle der Lernenden derjenigen der Lernenden in der konstruk-tivistischen Paumldagogik da sie alleine oder in einer Gruppe zusammen die Ergebnisse der Taumltigkeit selber analysieren

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Quellen Aldrich C (2005) Learning by doing a comprehensive guide

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Quellen Sanchez E (2013) Les apprentissages et leur eacutevaluation

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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40

Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 18: Game Based Learning

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Welche Rolle nimmt die Lehrperson bei der Einbindung von Videospielen im Unterricht ein

Bei einer konstruktivistischen Paumldagogik besteht die Rolle der Lehrperson zu einem grossen Teil darin die Schwierigkeiten der Schuumllerinnen und Schuumller sowie die Situationen die sie nicht loumlsen koumlnnen zu beobachten Ausserdem passt die Lehrperson die Komplexitaumlt der Problemsituationen den Faumlhigkeiten der Lernenden an Ihre Rolle besteht aber auch darin in der Klasse ein Klima des Vertrauens zu schaffen damit die Gruppen gut zusammenarbeiten koumlnnen Einen weiteren wichtigen Beitrag leistet die Lehrper-son durch die Festigung des Wissens zum Beispiel durch die Anleitung von Gruppendiskussionen zum Spiel und zu den erlebten Situationen Sie kann auch Uumlbungen vorbereiten welche die neu erworbenen Kenntnisse in anderer Form auffrischen Besonders bei Videospielen ist die Festigung des Erlernten wichtig Denn die meisten Spiele liefern selber keine weiteren Hilfsmittel welche die Schuumllerin oder der Schuumller ausserhalb des Spiels zu Rate ziehen koumlnnte Deshalb ist es wichtig dass die Lehrperson weitere Arbeitshilfen vorbereitet Sie sollten das Spiel er-gaumlnzen damit das Erlernte wiederholt und gefestigt werden kann Diese Lernhilfen sind fuumlr die Lernenden nuumltzlich um das Erlernte in Form von Bildern Texten Notizen oder Skizzen zu bewahren In der Tat wird der Lernprozess dadurch gebremst Sobald die Ler-nenden das Spiel verlassen haben sie keinen Zugang mehr zur Lernhilfe wie zum Beispiel zur integrierten Hilfefunktion oder zu Kontextinformationen

Es ist auch moumlglich zur Wiederholung des Erlern-ten mit der ganzen Klasse eine Zusammenfassung zu schreiben Mind-Maps oder Schemas zu erstellen So wird festgehalten was dank dem Spiel entdeckt wurde

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

26

Quellen Sanchez E (2013) Les apprentissages et leur eacutevaluation

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 19: Game Based Learning

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Paumldagogische Szenarien zur Integration von Videospielen im Unterricht

Es ist wichtig dass die Lehrperson das Spiel in die Lernumgebung einordnet und erklaumlrt wieso sie genau dieses Spiel ausgewaumlhlt hat und warum sie diese oder jene Art des Spielens vorschlaumlgt (allein in Gruppen)

Das paumldagogische Szenario fuumlr die Einbindung von Videospielen in eine schulische Aktivitaumlt ist grundle-gend Durch das von der Lehrperson realisierte paumlda-gogische Szenario wird das Spiel auf paumldagogische Ziele ausgerichtet Sogar ein Spiel das nicht dafuumlr konzipiert wurde kann durch ein Szenario zu einem paumldagogischen Hilfsmittel werden (was man serious gaming nennt) Auch wenn die Versuchung gross ist ein Videospiel einfach unveraumlndert ohne Anpassun-gen einzusetzen waumlre dies ein grosser Verlust fuumlr die Integration von Technologien Diese sollen naumlmlich nicht die Lehrpersonen ersetzen sondern als alter-native Lehrmittel genutzt werden Die Lehrperson ist dafuumlr verantwortlich einen Zusammenhang zu den jeweiligen Faumlchern herzustellen Ihre Aufgabe ist es auch eine kritische Sicht einzubringen da etliche Spiele Fehler sowie uumlberholte und in einigen Faumlllen sogar zweifelhafte Elemente enthalten sowohl in Be-zug auf den Informationsgehalt wie auch auf die Ideo-logie Es ist wichtig dass die Lehrperson den Inhalt von Videospielen kritisch pruumlft so wie sie es auch bei schriftlichen Unterlagen tut Das ist besonders wichtig denn dadurch dass Lernende als handelnde Personen in das Spiel eintauchen wird eine kritische Distanz schwierig Darin besteht eine weitere moumlgli-che Rolle der Lehrperson Das Spiel richtig einordnen aufzeigen dass es eine Quelle unter vielen ist dass Autorinnen und Autoren dahinterstehen dass es in einem Produktionsumfeld entstand und auf eine Ziel-gruppe oder gar auf kommerzielle Ziele ausgerichtet ist und diese von Schuumllerinnen und Schuumllern oft nicht beachteten Aspekte kritisch hinterfragen

22

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Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 20: Game Based Learning

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Video games and the future of learning University of Wisconsin-Madison and Academic Advanced Distributed Learning Co-Laboratory (17102013)

Weiterfuumlhrende Informationen Weiterfuumlhrende Informationen zum Einsatz von Videospielen im

Unterricht und Beispiele fuumlr Serious Games mit paumldagogischen Begleitmaterialien sind fuumlr Sie auf der Unterseite laquoUnterrichtssze-narien zum Einsatz von Videospielenraquo zusammengestellt

Wie koumlnnen die Klassenfuumlhrung und die Organisation der Aktivitaumlten beim Einsatz von Videospielen bewerkstelligt werden

Wie kann durch die Integration eines Videospiels das Beste aus dem Unterricht geholt werden Lehr-personen fragen haumlufig nach der Vereinbarkeit von Klassenfuumlhrung und Videospielen Soll waumlhrend des Unterrichts gespielt werden Mit der ganzen Klasse Was tun wenn es nicht genuumlgend Computer oder Tablets fuumlr alle Schuumllerinnen und Schuumller gibt

Das Interessante an den meisten Videospielen besteht darin Interaktionen zwischen den Nutzerin-nen und Nutzern zu foumlrdern und zur Teamarbeit an-zuregen Ein Spiel das alleine gespielt wird kann als Hausaufgabe oder zum Wiederholen interessant sein

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

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Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 21: Game Based Learning

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im Unterricht jedoch erweist sich ein Spiel im Team als bereichernder fuumlr die Klasse besonders aus einer sozio-konstruktivistischen Perspektive Einige Video-spiele koumlnnen im Mehrspielermodus gespielt werden das heisst in Gruppen oder in Teams Die Spielenden koumlnnen also in der Spielwelt mit anderen Spielenden interagieren

In den Online-Spielen mit mehreren Spielenden koumlnnen sich die Internetnutzenden in Gruppen zu-sammenschliessen und so gemeinsam handeln und Strategien entwickeln Die Spielenden kommunizieren auf verschiedene Arten In Echtzeit mittels Sofort-uumlbermittelung von Nachrichten oder muumlndlicher Kom-munikation (oft mit einem Kopfhoumlrer) waumlhrend des Spiels oder zeitversetzt vor allem in eigens dem Spiel gewidmeten Foren Wie koumlnnen in der Gruppe Ent-scheidungen getroffen werden Soll abgestimmt dis-kutiert der Erfahrung anderer Spielenden oder den Entscheiden einer Anfuumlhrerin oder eines Anfuumlhrers vertraut werden Damit stellt sich auch die Frage nach der Art der Fuumlhrung Die Zusammenarbeit ist gleich-zeitig die Basis fuumlr die Suche nach Loumlsungen Die Welt der Videospiele hat seit ihren Anfaumlngen eine be-deutende Sekundaumlrliteratur hervorgebracht In den Anfaumlngen gab es Spielezeitschriften in denen die Le-serschaft Fragen stellen oder Tipps und Tricks geben konnte um die Schwierigkeiten der Spiele zu uumlber-winden Anschliessend haben sich Foren und Blogs von Spielenden vervielfacht Diese Austauschraumlume werden fuumlr einige Spiele zu regelrechten sozialen Netzwerken auf denen der Avatar der Spielenden eine eigene Pinnwand besitzt In diesen Diskussions-foren anerkennen die Spielenden ihre Faumlhigkeiten und Kenntnisse Die kommunikative Kompetenz ist also in zahlreichen Spielen Voraussetzung um erfolgreich zu sein und sich zu verbessern Bei diesen Spielen muss man lernen die Hilfe anderer Spielenden in Anspruch zu nehmen aber auch die Qualitaumlt der dar-gebotenen Informationen richtig einzuschaumltzen

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

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Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 22: Game Based Learning

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In Spielen die keine Zusammenarbeit vorsehen ist es dennoch moumlglich sie in das paumldagogische Szena-rio der Lehrperson einzubauen Zum Beispiel koumlnnen die Aufgaben zwischen den Schuumllerinnen und Schuuml-lern aufgeteilt Gelegenheiten zum Austausch waumlhrend des Spiels oder Interaktionsmomente zwischen den Gruppen eingeplant oder ein Wissensbaum eingesetzt werden Es ist auch moumlglich gemeinsam mit der gan-zen Klasse zu spielen Dazu wird das Bildschirmbild mit Beamer projiziert und die ganze Gruppe entschei-det uumlber die Handlungen des Avatars Bei dieser Art der Zusammenarbeit muss vorher festgelegt werden wie Entscheidungen gefaumlllt werden Schlagen die Ler-nenden jeweils der Reihe nach eine Loumlsung vor gibt es eine Abstimmung eine Diskussion usw Die Klas-se kann auch in Untergruppen von zwei bis vier Per-sonen aufgeteilt spielen so koumlnnen die Entscheidun-gen und Strategien der verschiedenen Gruppen verglichen werden Diese Arbeit foumlrdert die Argumen-tations- und Debattierfaumlhigkeiten Die Schuumllerinnen und Schuumller werden dadurch angeregt uumlber das Spiel zu sprechen und so eine Metasprache zu entwickeln mit der die durchgefuumlhrten Handlungen nacherzaumlhlt und auf geschrieben werden koumlnnen Durch Gruppen-arbeiten wird ausserdem eine totale Immersion in das Spiel vermieden vor allem wenn den einzelnen Ler-nenden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden Au-sserdem ist es schwierig waumlhrend des Spielens Noti-zen zu machen Wenn in einer Gruppe gespielt wird kann aber immer jemand abwechslungsweise das Spiel beobachten Notizen zu gewissen Elementen machen usw Dieser Abstand ist noumltig um das im Spiel Gelernte zu bewahren Bei den meisten Spielen ist es nicht moumlglich den Ablauf der Handlungen zu exportieren und zur Wiederholung zu nutzen Es ist also grundlegend dass sich die Lehrperson Metho-den ausdenkt wie die Klasse das Gelernte dokumen-tieren kann oder dass sie zusaumltzliche Unterlagen zur Konsultation nach dem Spiel vorbereitet

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

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Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

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Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

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Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 23: Game Based Learning

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Wenn Lernende im Spiel versunken die verschie-denen Aufgaben loumlsen sind sie sich nicht unbedingt bewusst was sie lernen Es koumlnnen Uumlberlegungen daruumlber angestellt werden welche Schwierigkeiten aufgetreten sind uumlber die Art wie sie geloumlst wurden oder was nicht geklappt hat Es gehoumlrt zur Entwick-lung der Reflexionsfaumlhigkeit uumlber die Schwierigkeiten nachzudenken diese ausdruumlcken und beschreiben zu lernen Die Idee ist dass die Lernenden uumlber die moumlglichen Auswirkungen ihrer neuen Kompetenzen auf andere Gebiete nachdenken sobald das Gelernte identifiziert ist

Die Frage nach der Bewertung

Wie kann das in Videospielen Gelernte uumlberpruumlft oder bewertet werden Das ist eine von Lehrpersonen haumlufig gestellte Frage zur Verwendung von Video-spielen im Unterricht Es ist natuumlrlich moumlglich von den Niveaus auszugehen welche die Lernenden im Spiel erreicht haben Was haben sie erfuumlllt Man kann auch ausserhalb des Spiels eine Bewertung durch-fuumlhren zum Beispiel als Test Uumlbung oder muumlndliche Evaluation Eine solche Art der Bewertung eignet sich zur Reaktivierung der neuen Kenntnisse aber auch um die Lernenden dazu anzuregen ihre Fortschritte zu formulieren

Das Interessanteste an den Videospielen ist jedoch sicherlich die Befaumlhigung zur Selbsteinschaumltzung Die meisten Spiele geben den Spielenden ein regel-maumlssiges Feedback uumlber ihre Fortschritte und Leis-tung Eine Besonderheit dieser Spiele besteht nicht zuletzt darin Erfolge zu belohnen Sie werden gewuumlr-digt durch Kennzeichnungen symbolischer Art oder durch das Erlangen neuer Moumlglichkeiten im Spiel Bei Videospielen gibt es sowohl Elemente der formativen Evaluation (Feedback Ratschlaumlge Fehleranalyse usw) als auch der summativen Evaluation (Endergeb-nis Zwischenetappen zu bestehende Niveaus usw)

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Quellen Sanchez E (2013) Les apprentissages et leur eacutevaluation

dans les serious games Visiocommunication agrave lrsquoUniversiteacute Paris Sorbonne Nouvelle (17102013)

Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

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Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

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Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

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Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

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Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

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Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

46

Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 24: Game Based Learning

26

Quellen Sanchez E (2013) Les apprentissages et leur eacutevaluation

dans les serious games Visiocommunication agrave lrsquoUniversiteacute Paris Sorbonne Nouvelle (17102013)

Wolton D (dir) (2012) Les jeux videacuteo quand jouer crsquoest communiquer Hermegraves 62

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Medium Videospiel

Das Zeitmanagement im Unterricht bereitet oft Schwierigkeiten Die meisten Spiele dauern viel laumlnger als eine Lektion Es ist also haumlufig notwendig ein Spiel zeitlich aufzuteilen Fuumlr einige Schuumllerinnen und Schuumller koumlnnen Videospiele zu einer kognitiven Uumlber-lastung fuumlhren (bewegte Bilder Musik Texte usw) In solchen Situationen ist es besser die zusaumltzlichen Eindruumlcke des Spiels soweit wie moumlglich zu reduzie-ren zum Beispiel koumlnnen die Hintergrundmusik oder unnoumltige Animationen ausgeschaltet werden Bei der Vorbereitung der Lektion ist es wichtig genuumlgend Zeit einzuplanen in der sich die Schuumllerinnen und Schuumller mit der Benutzeroberflaumlche des Spiels ver-traut machen koumlnnen Diese Eingewoumlhnungszeit kann mehr oder weniger lang dauern je nachdem wie ver-traut die Lernenden mit der jeweiligen Art Spiele sind Es ist ausserdem nuumltzlich den Lernenden die Moumlg-lichkeit zu geben den Rhythmus der Taumltigkeit selber zu steuern wie zum Beispiel das Spiel zu unterbre-chen sowie Etappen zu wiederholen

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

Hautefeuille M amp Wellenstein A (2012) Les usages probleacutematiques des jeux videacuteo Psychotropes 3ndash4 (18) 5ndash10

Kuss D J amp Griffiths M D (2012) La deacutependance au jeu sur internet une revue systeacutematique des recherches empiriques disponibles dans la litteacuterature Adolescences 30 (1) 17ndash49 (11102013)

Observatoire des jeux (OFDT) (2012) Recommandations de lrsquoenquecircte sur les pratiques de jeux drsquoargent et de hasard en ligne (11102013)

Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

exemplary teachers a conceptual analysis Journal of Youth and Adolescence 37 (2) 127ndash141 (11102013)

Guileacute J M (2010) Quand pour un enfant la violence se fait jeu Neuropsychiatrie de lrsquoEnfance et de lrsquoAdolescence 58 (1ndash2) 50ndash54

Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

43

und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

46

Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 25: Game Based Learning

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Mathematik

Es gibt zahlreiche Mathematikspiele insbesondere fuumlr die Primarstufe Jedoch sind die meisten dieser Spiele eigentlich Uumlbungsgeneratoren Diese sind zwar durchaus gute Hilfsmitte zum Uumlben der vier Grund-rechenarten der spielerische Aspekt wird dabei aber haumlufig vernachlaumlssigt Der einzige Vorteil dieser Hilfs-mittel gegenuumlber klassischen Uumlbungen auf Papier be-steht in der Moumlglichkeit einer automatischen Korrek-tur was die Eigenstaumlndigkeit der Lernenden foumlrdert Es gibt jedoch wenige Spiele die den Lernenden bei Verstaumlndnisproblemen Erklaumlrungen zu den Antworten oder uumlber die Vorgehensweise zum Auffinden der rich-tigen Antworten liefern Andererseits koumlnnen mit die-sen Uumlbungen aus einer behavioristischen Sicht Dinge wiederholt Geschwindigkeit geuumlbt Elemente uumlber-pruumlft und das Gedaumlchtnis trainiert werden Die meisten dieser Uumlbungsgeneratoren ersetzen keine Mathema-tiklektion aber sie koumlnnen sie als Wiederholungs-uumlbung fuumlr Zuhause ergaumlnzen Da diese Spiele meis-tens alleine gespielt werden ergibt es wenig Sinn diese Art Uumlbungen im Unterricht vorzusehen Es ist interessanter im Unterricht mit Spielen zu arbeiten welche die Zusammenarbeit oder den Austausch zwi-schen den Lernenden ermoumlglichen

Integration von Spielen in den Untershyricht einzelner Faumlcher

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

Hautefeuille M amp Wellenstein A (2012) Les usages probleacutematiques des jeux videacuteo Psychotropes 3ndash4 (18) 5ndash10

Kuss D J amp Griffiths M D (2012) La deacutependance au jeu sur internet une revue systeacutematique des recherches empiriques disponibles dans la litteacuterature Adolescences 30 (1) 17ndash49 (11102013)

Observatoire des jeux (OFDT) (2012) Recommandations de lrsquoenquecircte sur les pratiques de jeux drsquoargent et de hasard en ligne (11102013)

Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

exemplary teachers a conceptual analysis Journal of Youth and Adolescence 37 (2) 127ndash141 (11102013)

Guileacute J M (2010) Quand pour un enfant la violence se fait jeu Neuropsychiatrie de lrsquoEnfance et de lrsquoAdolescence 58 (1ndash2) 50ndash54

Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

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Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 26: Game Based Learning

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Geometrie

Mit einigen Geometriespielen wird die Verortung auf einer Ebene undoder im Raum geuumlbt Figuren koumlnnen bewegt werden (Sketch blocks) das Verstaumlndnis der Koordinaten erarbeitet (Locate the aliens) oder drei-dimensionale Gegenstaumlnde gesteuert werden (Cube perspective Tetris 3D) Dadurch dass diese Spiele die verschiedenen Aspekte einer Figur dreidimensional darstellen bringen sie gegenuumlber den Uumlbungen auf Papier einen echten Mehrwert Mit diesen Spielen koumlnnen das raumlumliche Vorstellungsvermoumlgen trainiert und die Begriffe laquoFlaumlcheraquo laquoUmfangraquo und laquoVolumenraquo veranschaulicht werden Geometriespiele koumlnnen problemlos in eine Aktivitaumlt im Unterricht integriert werden Die Lehrperson kann das Spiel als Einfuumlhrung der zu bearbeitenden Begriffen nutzen und mit einer Entdeckungsphase starten waumlhrend die Schuumllerinnen und Schuumller das Spiel testen Nach dieser Entde-ckungsphase folgt idealerweise eine gemeinsame Besprechung zur Uumlberpruumlfung des Gelernten Sind die bearbeiteten Begriffe klar Auf welche Art und Weise Ein Feedback der Schuumllerinnen und Schuumller zum Gelernten ist noumltig auch wenn sie das Spiel geschafft haben In dieser Phase werden die Fort-schritte formuliert die Begriffe praumlzisiert und der Zusammenhang mit bereits bekannten Konzepten hergestellt Das Feedback kann in Form einer muumlnd-lichen Befragung oder einer gemeinsamen Uumlbung geschehen Es ist wichtig die Lernenden in dieser Phase zu den aufgetretenen Schwierigkeiten und zu den Lernprozessen zu befragen dank welcher sie die Probleme loumlsen konnten

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

Hautefeuille M amp Wellenstein A (2012) Les usages probleacutematiques des jeux videacuteo Psychotropes 3ndash4 (18) 5ndash10

Kuss D J amp Griffiths M D (2012) La deacutependance au jeu sur internet une revue systeacutematique des recherches empiriques disponibles dans la litteacuterature Adolescences 30 (1) 17ndash49 (11102013)

Observatoire des jeux (OFDT) (2012) Recommandations de lrsquoenquecircte sur les pratiques de jeux drsquoargent et de hasard en ligne (11102013)

Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

exemplary teachers a conceptual analysis Journal of Youth and Adolescence 37 (2) 127ndash141 (11102013)

Guileacute J M (2010) Quand pour un enfant la violence se fait jeu Neuropsychiatrie de lrsquoEnfance et de lrsquoAdolescence 58 (1ndash2) 50ndash54

Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

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eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

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Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

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gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

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Page 27: Game Based Learning

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Wissenschaften Heuristik und wissenshyschaftliche Methode

Im Rahmen des Fachbereichs NMG (Natur Mensch Gesellschaft) sieht der Lehplan 21 vor dass Lernende natuumlrliche oder technische Phaumlnomene mit entspre-chenden Vorgehensweisen erforschen und erklaumlren lernen

In zahlreichen Spielen auch wenn sie auf den ers-ten Blick nicht wissenschaftlich erscheinen koumlnnen Faumlhigkeiten entwickelt werden die fuumlr das Verstaumlndnis der wissenschaftlichen Argumentation und Methodik noumltig sind beispielsweise bei Ermittlungsspielen in denen die Spielerin oder der Spieler ein Raumltsel loumlsen muss Inwiefern erlauben Videospiele einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Untersuchungen als einfache Textbeschreibungen von Problemen Ein gutes Beispiel dafuumlr ist das Spiel CSI das auf die gleichnamige Fernsehserie gestuumltzt ist Am Anfang jeder Folge befinden sich die Spielenden an einem Tatort an dem sie nach Spuren suchen muumlssen Die verschiedenen Spuren sind nicht unbedingt von blos-sem Auge sichtbar und es muumlssen aus den forensi-schen Instrumenten jene ausgewaumlhlt werden welche die Spuren sichtbar machen (z B Fingerabdruumlcke) Diese Art der aktiven Beobachtung der Entdeckung von Elementen mit Hilfsmitteln ist bei der einfachen Lektuumlre eines Textes nicht moumlglich Beim erwaumlhnten Spiel muss zunaumlchst verstanden werden wie die ver-schiedenen Hilfsmittel und Substanzen zur Enthuumlllung der Spuren verwendet werden Es setzt auch die Faumlhigkeit voraus Annahmen zu treffen und diese experimentell zu uumlberpruumlfen Die Spielenden koumlnnen beispielsweise auch entscheiden Beweismittel vom Tatort mitzunehmen um sie anschliessend im Labor zu untersuchen Dort muumlssen sie erneut die Art der Analyse waumlhlen die fuumlr die jeweilige Untersuchung an-gebracht ist (DNA chemische Analyse Untersuchung am Mikroskop usw) Die Spielenden machen so die Erfahrung dass einzelne Information zur Identifikation

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

Hautefeuille M amp Wellenstein A (2012) Les usages probleacutematiques des jeux videacuteo Psychotropes 3ndash4 (18) 5ndash10

Kuss D J amp Griffiths M D (2012) La deacutependance au jeu sur internet une revue systeacutematique des recherches empiriques disponibles dans la litteacuterature Adolescences 30 (1) 17ndash49 (11102013)

Observatoire des jeux (OFDT) (2012) Recommandations de lrsquoenquecircte sur les pratiques de jeux drsquoargent et de hasard en ligne (11102013)

Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

exemplary teachers a conceptual analysis Journal of Youth and Adolescence 37 (2) 127ndash141 (11102013)

Guileacute J M (2010) Quand pour un enfant la violence se fait jeu Neuropsychiatrie de lrsquoEnfance et de lrsquoAdolescence 58 (1ndash2) 50ndash54

Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

40

Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

46

Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 28: Game Based Learning

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der schuldigen Person nicht ausreichen sondern dass die verschiedenen Spuren in Uumlbereinstimmung gebracht werden muumlssen Im Laufe der durchgefuumlhr-ten Analysen bemerken die Spielenden dass nicht alle Spuren verwertbar sind (Unzuverlaumlssigkeit der Technik ungenuumlgende Entnahmen) und dass ndash menschliche oder technische ndash Fehler auftreten koumlnnen Aumlhnliche Labor-Taumltigkeiten koumlnnen auch im Go-Lab Projekt der EU ausprobiert werden Hier handelt es sich nicht im engeren Sinne um Spiele aber um interaktive Ex-perimentier-Moumlglichkeiten

Videospiele und Allgemeinbildung Soziale wirtschaftliche und oumlkologische Wechsel beziehungen

In den uumlberfachlichen und faumlcheruumlbergreifenden Kom-petenzen die der Lehrplan 21 vorsieht gilt es auch Kenntnisse zu sozialen wirtschaftlichen und oumlkologi-schen Wechselwirkungen und Interdependenzen auf-zubauen und diesbezuumlglich ein verantwortungsvoller Umgang zu erlernen Zahlreiche Spiele beschaumlftigen sich mit Themen rund um die nachhaltige Nutzung der natuumlrlichen Ressourcen und dem Verstaumlndnis von systemischen Phaumlnomenen Welchen Einfluss haben individuelle und gemeinsame Handlungen auf globale Phaumlnomene Wie interagieren die verschiedenen Teile eines Systems Diese Spiele zielen darauf ab den Horizont der Spielenden in raumlumlicher oder zeitlicher Hinsicht zu erweitern und sie auf die vielfaumlltigen Aus-wirkungen einer Handlung auf ein System zu sensi-bilisieren Zahlreiche Spiele zur Sensibilisierung auf Umweltfragen versuchen die langfristigen Folgen unseres taumlglichen Verhaltens zum Beispiel auf den Zustand des Planeten oder auf die natuumlrlichen Res-sourcen aufzuzeigen Wirtschaftssimulationen sind besonders geeignet um die Wechselwirkungen eines Systems zu vermitteln Im humanitaumlren Bereich haben die Vereinigten Nationen zum Beispiel das Spiel Food

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

Hautefeuille M amp Wellenstein A (2012) Les usages probleacutematiques des jeux videacuteo Psychotropes 3ndash4 (18) 5ndash10

Kuss D J amp Griffiths M D (2012) La deacutependance au jeu sur internet une revue systeacutematique des recherches empiriques disponibles dans la litteacuterature Adolescences 30 (1) 17ndash49 (11102013)

Observatoire des jeux (OFDT) (2012) Recommandations de lrsquoenquecircte sur les pratiques de jeux drsquoargent et de hasard en ligne (11102013)

Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

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(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

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Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

42

verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

43

und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

44

Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

46

Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 29: Game Based Learning

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Force entworfen In diesem Spiel werden Jugendli-chen und Erwachsenen durch die Organisation eines Camps die Ablaumlufe der humanitaumlren Hilfe waumlhrend einer Lebensmittelkrise naumlher gebracht

Staatsbuumlrgerschaft Interaktion und systemische Phaumlnomene

Persuasive Games werden haumlufig kritisiert insbeson-dere von jenen welche die darin vermittelte Sicht-weise nicht teilen und ihnen vorwerfen unterschwellig politische Ideologien zu vermitteln Ein Beispiel fuumlr Persuasive Games ist das Spiel Global Conflicts wo die Spielenden einen Reporter verkoumlrpern der durch verschiedene Konfliktzonen reist (Afghanistan Pa-laumlstina usw) Das Spiel sensibilisiert zu Themen wie Terrorismus Armut und Menschenrechte Ein Spiel zur Sensibilisierung bezuumlglich der Todesstrafe ist Amnesty The Game People Power will den friedlichen zivilen Widerstand vermitteln und das eingangs erwaumlhnte Darfur is Dying thematisiert die Lebens-mittelkrise in Darfur

Sprachspiele

Mit zahlreichen Spielen koumlnnen Sprachlernziele er-arbeitet werden Um Franzoumlsisch als Fremdsprache zu lernen eignet sich das Spiel Eonautes zurzeit am besten da die paumldagogischen Ziele der einzelnen Fol-gen klar definiert sind Das Spiel wurde urspruumlnglich fuumlr fremdsprachige Jugendliche oder Erwachsene entwickelt kann aber auch von juumlngeren franzoumlsisch-sprachigen Schuumllerinnen und Schuumllern genutzt wer-den (Zyklus 2 und 3) Die Nutzenden koumlnnen das Spiel ausserdem selbst konfigurieren indem sie die zu be-arbeitenden sprachlichen Ziele selber waumlhlen Aber auch mit anderen Spielen die nicht zu der Kategorie Serious Games gehoumlren koumlnnen Sprachen gelernt

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

Hautefeuille M amp Wellenstein A (2012) Les usages probleacutematiques des jeux videacuteo Psychotropes 3ndash4 (18) 5ndash10

Kuss D J amp Griffiths M D (2012) La deacutependance au jeu sur internet une revue systeacutematique des recherches empiriques disponibles dans la litteacuterature Adolescences 30 (1) 17ndash49 (11102013)

Observatoire des jeux (OFDT) (2012) Recommandations de lrsquoenquecircte sur les pratiques de jeux drsquoargent et de hasard en ligne (11102013)

Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

exemplary teachers a conceptual analysis Journal of Youth and Adolescence 37 (2) 127ndash141 (11102013)

Guileacute J M (2010) Quand pour un enfant la violence se fait jeu Neuropsychiatrie de lrsquoEnfance et de lrsquoAdolescence 58 (1ndash2) 50ndash54

Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

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Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 30: Game Based Learning

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werden wenn ein angemessenes paumldagogisches Sze-nario dazu konzipiert wird Das Spiel Les Sims kann zum Beispiel als Experimentierplattform genutzt wer-den insbesondere zum Schreiben von Erzaumlhlungen und Charakterisierungen Spiele welche auf einer Vorlage aus Literatur Filmen oder Zeichentrickfilmen beruhen koumlnnen als Ausgangspunkt fuumlr Uumlberlegungen zur Uumlbertragung von einem Medium in ein anderes dienen Ein Spiel mit fremdsprachiger Spieloberflaumlche kann auch genutzt werden um die Lernenden mit dem spezifischen Wortschatz eines ausgewaumlhlten Bereichs vertraut zu machen wie zum Beispiel Tier-namen mithilfe eines Zoospiels Es laumlsst sich auch mit dem Paratext (Foren Zeitschriften FAQ usw) eines fremdsprachigen Spiels arbeiten oder die Klasse kann ausgehend von einem Spiel Fanfictions4 erstellen indem sie die Geschichte einer Figur und deren Aben-teuer neu schreiben sich vorstellen was ihr noch haumltte passieren koumlnnen oder die Geschichte des Spiels fortfuumlhren Es ist auch moumlglich das Spielmate-rial (Bilder Videoaufnahmen) zu nutzen um ausge-hend von diesen Elementen etwas Neues zu gestal-ten in der Art der Machinimas5

Second Life ist zum Beispiel eine Welt in der man mit den Avataren agieren und wie bei Theaterstuumlcken literarische Werke inszenieren kann

4 Eine Fanfiction oder kurz Fanfic ist eine Erzaumlhlung die von Fans erstellt wird um die Geschichte eines Medienprodukts weiter-zuspinnen zu veraumlndern oder voumlllig neu zu schreiben sei es ausgehend von einem Roman einem Manga einer Fernseh-serie einem Film einem Videospiel oder auch einer beruumlhmten Person Vgl Fan-Fiction auf Wikipedia (17102013)

5 Machinimas sind Filme die aus Bildsynthesen gemacht wer-den die ihrerseits mithilfe der Spiel-Engine produziert werden Vgl Machinima auf Wikipedia (17102013)

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

38

mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

Hautefeuille M amp Wellenstein A (2012) Les usages probleacutematiques des jeux videacuteo Psychotropes 3ndash4 (18) 5ndash10

Kuss D J amp Griffiths M D (2012) La deacutependance au jeu sur internet une revue systeacutematique des recherches empiriques disponibles dans la litteacuterature Adolescences 30 (1) 17ndash49 (11102013)

Observatoire des jeux (OFDT) (2012) Recommandations de lrsquoenquecircte sur les pratiques de jeux drsquoargent et de hasard en ligne (11102013)

Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

39

unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

exemplary teachers a conceptual analysis Journal of Youth and Adolescence 37 (2) 127ndash141 (11102013)

Guileacute J M (2010) Quand pour un enfant la violence se fait jeu Neuropsychiatrie de lrsquoEnfance et de lrsquoAdolescence 58 (1ndash2) 50ndash54

Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

40

Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

41

In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

42

verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

43

und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

44

Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

45

Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

46

Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 31: Game Based Learning

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Spielsucht

Videospiele sind haumlufig wegen ihres Suchtpotentials verschrien Die Abhaumlngigkeit von Videospielen existiert zwar durchaus betrifft aber meistens Jugendliche die bereits psychisch oder familiaumlr vorbelastet sind In virtuelle Welten einzutauchen erlaube ihnen innere Konflikte zu vermeiden oder schwierigen Situationen aus dem Wege zu gehen (Valleur 2012) Exzessiv Spielende suchten im Spiel die Befriedigung die ihnen in ihrem Alltag fehlt Es sind vor allem die On-line-Spiele vom Typ MMORPG (massive multiplayer online role-playing game Massen-Mehrspieler-On-line-Rollenspiel) die einen uumlbermaumlssigen Konsum ausloumlsen (Hautefeuille 2012) In diesen Spielen (wie World of Warcraft League of Legends Dofus usw) nehmen die Spielenden die Rolle einer Figur (ihres Avatars) an und verfolgen Auftraumlge und Missionen Die Welt dieser Spiele wird persistent genannt das heisst sie ist dauerhaft Es kann jederzeit allein oder im Team ge-spielt werden und der Gruppendruck kann dazu fuumlh-ren immer mehr zu spielen Auch wenn man nicht spielt entwickelt sich die Welt weiter Das regt dazu an sich so lang und so haumlufig wie moumlglich einzulog-gen Der groumlssten Gefaumlhrdung fuumlr Online-Spielab-haumlngigkeit unterliegen stark introvertierte Jugendliche

Ethische Fragen ndash Risiken von Videoshyspielen

38

mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

Hautefeuille M amp Wellenstein A (2012) Les usages probleacutematiques des jeux videacuteo Psychotropes 3ndash4 (18) 5ndash10

Kuss D J amp Griffiths M D (2012) La deacutependance au jeu sur internet une revue systeacutematique des recherches empiriques disponibles dans la litteacuterature Adolescences 30 (1) 17ndash49 (11102013)

Observatoire des jeux (OFDT) (2012) Recommandations de lrsquoenquecircte sur les pratiques de jeux drsquoargent et de hasard en ligne (11102013)

Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

exemplary teachers a conceptual analysis Journal of Youth and Adolescence 37 (2) 127ndash141 (11102013)

Guileacute J M (2010) Quand pour un enfant la violence se fait jeu Neuropsychiatrie de lrsquoEnfance et de lrsquoAdolescence 58 (1ndash2) 50ndash54

Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

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Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 32: Game Based Learning

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mit schwachem Selbstbewusstsein (Kuss 2012) Die Symptome der Spielabhaumlngigkeit zeigten sich vor allem in Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit) und Schlafstoumlrungen (Inserm 2011) sowie einer zuneh-menden Vereinsamung

Quellen Achab S Nicolier M Mauny F et al (2011) Massively multi-

player online role-playing games comparing characteristics of addict vs non-addict online recruited gamers in a French adult population BMC Psychiatry 2011(11) 144 (11102013)

Hautefeuille M amp Wellenstein A (2012) Les usages probleacutematiques des jeux videacuteo Psychotropes 3ndash4 (18) 5ndash10

Kuss D J amp Griffiths M D (2012) La deacutependance au jeu sur internet une revue systeacutematique des recherches empiriques disponibles dans la litteacuterature Adolescences 30 (1) 17ndash49 (11102013)

Observatoire des jeux (OFDT) (2012) Recommandations de lrsquoenquecircte sur les pratiques de jeux drsquoargent et de hasard en ligne (11102013)

Valleur M amp Rosseacute E (2012) Le virtuel et ses avatars Enfances amp Psy 55 (2) 51ndash60

Weiterfuumlhrende Informationen Eine Zusammenstellung von Filmen Tests und weiterfuumlhrenden

Informationen bezuumlglich Videospiel-Abhaumlngigkeit ist auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zu finden

Aufruf zu Gewalt

Einige Spiele sind auch wegen der darin praumlsentierten Gewalt (Kriegs- Actionspiele usw) in Verruf geraten Gewaltspiele sind aber im Allgemeinen nach PE-GI-Klassifizierung (Pan European Game Information) fuumlr unter 16-Jaumlhrige manchmal sogar fuumlr unter 18-Jaumlh-rige verboten Es herrscht Uneinigkeit uumlber die Aus-wirkungen von Gewaltspielen einige Forschende (Gentile 2007) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von Gewaltspielen (vor allem der FPS First Person Shooter in denen Spielende aus der Ego-perspektive agieren) und erhoumlhter Aggressivitaumlt (Pal-havan 2007) Andere Forschende stellen nur eine

39

unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

exemplary teachers a conceptual analysis Journal of Youth and Adolescence 37 (2) 127ndash141 (11102013)

Guileacute J M (2010) Quand pour un enfant la violence se fait jeu Neuropsychiatrie de lrsquoEnfance et de lrsquoAdolescence 58 (1ndash2) 50ndash54

Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

40

Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

41

In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

42

verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

43

und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

44

Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

45

Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

46

Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 33: Game Based Learning

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unmittel bare und voruumlbergehende Zunahme fest (Guileacute 2010) Dritte erkennen schliesslich keine nega-tiven Auswirkungen dieser Spiele und halten sie sogar fuumlr moumlgliche therapeutische Mittel (Tisseron 2008)

Die PEGI-Klassifizierung gibt das Mindestalter an fuumlr welches das Spiel freigegeben ist und soll vermei-den dass die Inhalte zu junge Spielende schockieren Es handelt sich dabei aber nicht um das Mindestalter zum Verstaumlndnis des Spiels Diese Klassifizierung gibt an welche Art von Gewalt im Spiel verwendet wird (physisch verbal) ob das Spiel diskriminierende Aumlus-serungen oder Bilder Sex oder Gluumlcksspiele enthaumllt zum Drogenkonsum anstiftet usw Die PEGI-Klassi-fizierung hat ein Label fuumlr Online-Spiele das die Kontrolle der von Spielenden geposteten Inhalte und eine erhoumlhte Aufmerksamkeit auf den Jugendschutz sicherstellt

Quellen Pan European Game Information (PEGI) Classification PEGI

(11102013) PEGI Online Classification PEGI pour les jeux en ligne

(11102013) Gentile D A amp Gentile R J (2008) Violent video games as

exemplary teachers a conceptual analysis Journal of Youth and Adolescence 37 (2) 127ndash141 (11102013)

Guileacute J M (2010) Quand pour un enfant la violence se fait jeu Neuropsychiatrie de lrsquoEnfance et de lrsquoAdolescence 58 (1ndash2) 50ndash54

Pahlavan F Drozda-Senkowska E amp Michelot J (2007) Pratique des jeux videacuteo violents et agression Les Cahiers Inter-nationaux de Psychologie Sociale 75ndash76 (3ndash4) 51ndash 63

Tisseron S Missonnier S amp Stora M (2006) Lrsquoenfant au risque du virtuel Paris Dunod

Tisseron S amp Gravillon I (2008) Qui a peur des jeux videacuteo Paris Albin Michel

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

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Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 34: Game Based Learning

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Uumlbertragung von Stereotypen

Andere Risiken von Videospielen sind weniger offen-sichtlich deswegen aber nicht weniger praumlsent Die mangelnde Vertretung von Frauen unter den Video-spiel-Helden oder von ethnischen Minderheiten wurde bereits Anfangs der 2000er-Jahre von amerikanischen Forschenden hervorgehoben (Wilson 2003) Ge-schlechterstereotypen sind nach wie vor in zahlrei-chen Spielen vorhanden Haumlufig kommen nur maumlnnli-che Helden und wenige weibliche Figuren vor die zusaumltzlich meistens karikaturistisch dargestellt sind (z B Lara Croft) Einige Spiele vermitteln auch rassis-tische Stereotypen und verzerrte Dar stellungen von Religionen oder Kulturen

Quellen Frison X (2013) Jeu videacuteo game over pour le machisme

(11102013) Lignon F (2003) Images drsquoheacuteroiumlnes transmission et trans-

gression Nariko femme virtuelle In Geoffroy S (dir) (2012) Genre et dynamiques interculturelles la transmission Paris LrsquoHarmattan 143ndash154

Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Stereotypes in videogames In Wilson CC Gutieacuterrez F amp Chao L M (2003) Racism sexism and the media the rise of class communication in multicultural America Londres Sage 108ndash111 (11102013)

Genre Feministischer Blog gegen Sexismus in Videospielen (11102013)

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

44

Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

45

Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

46

Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

Weiterfuumlhrende Informationen Zahlreiche Magazine Zeitschriften und Foren beantworten Fra-

gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

educachSchweizer Medieninstitut fuumlr Bildung und KulturErlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9

Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

Page 35: Game Based Learning

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In-GameshyWerbung

Ein anderes haumlufig vernachlaumlssigtes Risiko betrifft die in Videospielen transportierte Werbung Zahlreiche Spiele binden Werbung in die Kulisse der Spielwelt ein Leuchtschilder Plakate Geschaumlfte Restaurants Staumldte Stadien und Autorennstrecken werden so zu Werbetraumlgern In anderen Faumlllen wird dem Spielenden vorgeschlagen Gegenstaumlnde einer bestimmten Marke zu nutzen (Autos Computer Telefone Mar-kenkleidung Getraumlnke usw)

Quellen Dubuquoy A (2012) Jeu videacuteo et publiciteacute deux univers

incompatibles Geacuteoeacuteconomie 63 (4) 49ndash56 Hang H amp Auty S (2011) Children playing branded video

games The impact of interactivity on product placement effectiveness Journal of consumer psychology 21 (1) 65ndash72

Treacutemel L (2011) Le marcheacute des jeux videacuteo Univers de substi-tution et fabrique de lrsquoopinion Communication amp Organisation 40 (2) 103ndash112

Datenerfassung (Phishing)

Immer mehr Spiele werden den Mitgliedern von so-zialen Netzwerken gratis angeboten wie zum Beispiel die Wirtschaftssimulation Farmville auf Facebook Um darauf zugreifen zu koumlnnen muumlssen die Internet-nutzenden den Zugriff auf die persoumlnlichen Daten ihres Profils zulassen (Bilder Informationen Pinnwandbei-traumlge Freundesliste usw) So sammeln diese Spiele zahlreiche Daten uumlber Mitglieder von sozialen Netz-werken Diese Daten haben einen Marktwert weil sie an Werbungtreibende weiterverkauft werden koumlnnen die so die Gewohnheiten moumlglicher Kunden besser bestimmen koumlnnen Diese Spiele verbreiten sich seuchenhaft da man dauernd dazu aufgefordert wird seine Freunde und Bekannten dazu einzuladen Das soziale Netzwerk der Spielenden (ihre laquoFreunderaquo) dient so als Traumlger zur Verbreitung des Spiels Einige dieser Spiele sind ausserdem mit kommerziellen Seiten

42

verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

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Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

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verlinkt auf denen die laquoechteraquo Version von im On-line-Spiel vorhandenen Gegenstaumlnden gekauft wer-den kann Moumlbel Kleider Schmuck usw Auch in den MMORPG-Spielen sind Faumllle von Phishing aufgetreten Gefaumllschte Nachrichten verlangen den Zugriff zu den Daten der Spielenden haumlufig im Austausch gegen Vorteile oder Geschenke im Spiel

Quelle Culp J (2013) Online gaming Safety and privacy

New York Rosen

Weiterfuumlhrende Informationen Hinweise bezuumlglich Sicherheit fuumlr Gamer und weitere Risiken

sind auf der Unterseite laquoEthische Fragen amp Risikenraquo zusammen-gestellt

Praumlventionsspiele

Zahlreiche Sensibilisierungs- und Praumlventionsspiele zielen darauf ab bei den Lernenden ethische Kom-petenzen zu foumlrdern Diese Spiele bauen haumlufig auf die Entwicklung der Selbstreflexionskompetenzen auf Genauer gesagt sind sie darauf ausgerichtet die Lernenden in eine Situation mit Wahl- und Hand-lungsmoumlglichkeiten zu bringen um sie anschliessend aufzufordern die Folgen ihrer Handlungen zu hinter-fragen

Das ist bei 2025 ex-machina der Fall einem Prauml-ventionsspiel fuumlr Jugendliche uumlber Cyber-Risiken (Cyberbullying Internetabhaumlngigkeit usw) Das Be-sondere an diesem Spiel ist dass die Spielenden durch einen Avatar aktiv werden der uumlber heutige Kommunikationsmittel verfuumlgt (Computer Handy Fotoapparat usw) Dieser Avatar wird uumlber verschie-dene Wege aktiviert (Sofortnachrichten in einem Chat Handy Bilder von sozialen Netzwerken E-Mail usw) und die Spielenden muumlssen entscheiden wie sie diese Kommunikationsmittel im Spiel einsetzen Die Spielenden befinden sich in vertrauten Situationen

43

und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

Weiterfuumlhrende Informationen Die Unterseite laquoEigene Spiele erstellenraquo bietet

eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

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Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

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Telefon +41 (0)31 300 55 00infoeducach | wwweducach

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und sind den gleichen Technologien ausgesetzt die sie in ihrem Alltag nutzen Das Spiel will ausserdem aufzeigen welche Folgen bestimmte Handlungen viele Jahre spaumlter haben koumlnnen Es bietet die Moumlg-lichkeit in die Vergangenheit zuruumlckzukehren und nochmals zu spielen um so andere Entscheidungen auszuprobieren und deren Folgen zu beobachten Diese Art von Spiel foumlrdert die Reflexionskompetenz da man die Fehler und Fehlentscheidungen analysieren muss um ein besseres Ergebnis zu erzielen Durch den Vergleich der verschiedenen Strategien der Spie-lenden koumlnnen andere Blickwinkel eingenommen und andere Handlungsmoumlglichkeiten in einer Situation entdeckt werden Das ist einer der interessanten As-pekte von Videospielen Die Moumlglichkeit eine Hand-lung zu wiederholen In zahlreichen Spielen kann der Standpunkt geaumlndert werden zum Beispiel durch einen Figurenwechsel In Rollenspielen koumlnnen bei-spielsweise alle moumlglichen Figuren verkoumlrpert werden Haumlndler Soldaten Magier Diebe manchmal sogar Tiere oder Wesen einer anderen Spezies Somit wer-den andere Interaktionsmoumlglichkeiten und andere Be-ziehungen zur Umwelt moumlglich Durch diesen Wechsel des Blickwinkels koumlnnen die Situation hinterfragt wer-den und die Vielfalt an moumlglichen Sichtweisen sowie die Komplexitaumlt der Situationen entdeckt werden Zu den uumlberfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 gehoumlren auch eben diese Faumlhigkeiten Naumlmlich etwas aus bestimmtem Abstand oder aus einer anderen Position zu betrachten und zu analysieren

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Zukunft des Videospiels im Unterricht

In diesem Leitfaden wurde aufzuzeigen versucht dass eine erfolgreiche paumldagogische Integration von Videospielen nicht nur vom Spielinhalt oder der Ergo-nomie abhaumlngt sondern dass die paumldagogischen Szenarien der Lehrperson eine zentrale Rolle spielen Solange Videospiele nicht ausdruumlcklich fuumlr den Unter-richt realisiert werden ist es schwierig ohne diese paumldagogischen Szenarien auszukommen Aufgrund der hohen Kosten solcher auf Mass gefertigten Spiele sind sie in den Schulen noch wenig verbreitet

Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

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eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

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Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

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Worin koumlnnte aber die Zukunft fuumlr Videospiele in der Schule bestehen Die Anwendungen und Spiele fuumlr Tablets Smartphones und mobile Geraumlte ent-wickeln sich rasch Durch die relativ geringen Kosten von Tablets im Gegensatz zu jenen von Computern ruumlsten sich ausserdem immer mehr Schulen damit aus Es erscheinen immer neue Spiele fuumlr mobile Ge-raumlte insbesondere mit Ortungsfunktion welche die Interaktion mit der reellen Umgebung der Lernenden ermoumlglicht Es handelt sich um Spiele die Taumltigkeiten vor Ort mit der Online-Produktion (interaktive Karten Bilddatenbank) verbinden So koumlnnen von den Schuuml-lerinnen und Schuumllern erzeugte Daten (geolokalisierte Fotos Tonaufnahmen Videos) mit der Onlinekarte ei-ner Stadt oder einer Region verbunden werden Aus-gehend von den mit mobilen Geraumlten produzierten Daten (Smartphone Tablets usw) lassen sich Schnit-zeljagden oder Schatzkarten erstellen So treten die digitale Welt und die geographische Realitaumlt in Bezie-hung miteinander Durch diese neue Art von Spielen sind die Lernenden nicht nur in Verbindung mit einer virtuellen Welt sondern auch mit ihrer Umgebung die sie sogar bereichern und verbessern koumlnnen

Zukunftsperspektiven

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

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Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

46

Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

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Daruumlber hinaus

Die Erstellung von Videospielen kann in verschiedene Faumlcher integriert werden (technisches Gestalten bild-nerisches Gestalten Informatik Naturwissenschaften Mathematik Sprachen) Durch die vielen verschiede-nen Aspekte der Erstellung eines Videospiels wird es automatisch zu einer gemeinsamen Taumltigkeit Die entwickelten faumlcheruumlbergreifenden Kompetenzen sind Kreativitaumlt und Zusammenarbeit Die derzeitigen ver-fuumlgbaren Programme ermoumlglichen das Erstellen ver-schiedener Spieltypen 2D 3D Actionspiele Raumltsel-spiele interaktive Fiktionen Quiz Jump rsquonrsquo Run usw Fuumlr die meisten Programme zur Erstellung von Spielen fuumlr Kinder sind keine Programmierkenntnisse noumltig

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eine Liste von Programmen zum Kreieren mehr oder weniger komplexer Spiele

Zur Autorin Florence Quinche Dr Phil I Philosophin Dozentin HEP Vaud

Abteilung fuumlr Lehre und Forschung Medien und ICT florencequincheheplch

Bibliographie Berthier D (2004) Meacuteditations sur le reacuteel et le virtuel

Paris LrsquoHarmattan Granger G-G (1995) Le Probable le possible et le virtuel

Paris Odile Jacob Leacutevy P (1998) Qursquoest-ce que le virtuel Paris La Deacutecouverte Martin J-C (1996) Lrsquoimage virtuelle essai sur la construction

du monde Paris Kimeacute Peirce Ch S (1978) Ecrits sur le signe Trad Deledalle G

Paris Seuil Perron B amp Wolf M (eds) (2008) The video game theory

reader 2 New York Routledge Taylor T L (2009) Play between worlds exploring online

game culture Cambridge MA MIT Press Verlaine J-L (2007) Un processus de creacuteation et de production

de jeu videacuteo agrave destination des enfantshellip et quelques piegraveges agrave eacuteviter Enfance 1 (59) 93ndash101

Vignaux G (2003) Du signe au virtuel Les nouveaux chemins de lrsquointelligence Paris Seuil

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Vorderer P amp Bryant J (eds) (2006) Playing video games motives responses and consequences Londres Lawrence Erlbaum Associates Publishers

Williams J P amp Heide S (2007) (eds) The playersrsquo realm studies on the culture of video games and gaming Londres Mc Farland amp Company

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gen zu spezifischen Spielen oder Themen im Zusammenhang mit Video-und Computerspielen Eine Auswahl davon ist auf der Unterseite laquoZeitschriften amp Forenraquo zu finden

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Page 40: Game Based Learning

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