Garantiertes Grundeinkommen, Pro und Contra - Heinrich-Böll-Stiftung 2007.pdf
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Garant iertes Grundeinkommen:
Pro und Contra
BildunGswerk Berlinder HeinriCH-Bll-stitunG
2007Contra
Pro
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Vorwort 4
1. ehg 7
1.1 DenitionenundBegriffe 8
1.2 IsteinGrundeinkommengerecht? 12
2. Gchg dch 17
3. G G: P C 20
3.1 FralledasGleicheoderindividuellmageschneidert 20
3.2 Bedarfsgeprftodernichtbedarfsgeprft 21
3.3 GrundeinkommenimSozialstaatoderstattSozialstaat 24
3.4 PichtenoderkeinePichten 25
3.5 GrundeinkommeninexistenzsichernderHheodernicht 28
3.6 FinanzierungdurchVerbrauchssteuernoderEinkommenssteuern 31
4. m G 34
4.1 JoachimMitschke:GrundeinkommendurchNegativeEinkommens-
steuer 37
4.2 MichaelOpielka:DieGrundeinkommensversicherung 42
4.3 GtzWerner:BedingungslosesGrundeinkommen 53
4.4 DieterAlthaus:DassolidarischeBrgergeld 57
4.5 ThomasPoreski/ManuelEmmler:DiegrneGrundsicherung 67
5. ag 76
5.1 EffekteeinesGrundeinkommensaufdasGeschlechterverhltnis 76
5.2 ArbeitsmarktpolitischeEffekte 77
5.3Wirtschafts-undbildungspolitischeEffekte 82
5.4ArmutsbekmpfungdurchGrundeinkommen 83
5.5 EffekteaufdieZivilgesellschaft 85
6. Ppv 87
Impressum
Herausgeber
BildungswerkBerlinderHeinrich-Bll-Stiftung
KottbusserDamm72,10967Berlin
www.bildungswerk-boell.de,[email protected]
DieBroschrewurdemitMittelnderStiftungDeutscheKlassenlotterieBerlinerstellt.
Beitrge
DirkJacobi(Kapitel1,2,3und5),CorneliusBechtler(Kapitel4)
AnmerkungenzudenAutorenSeite92Redaktion
HeidrunSchmitt-Martens,HelmutAdamaschek
Assistenz
KatjaHofmann,TanyaLazova
Gestaltung
elfzwei.com,KnutBayer
Edition5-2007
2.Auage6-2007
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stzlichenFragendersozialenGerechtigkeitstehenweiterzurDisposition.Die
KonzeptefrsozialeGerechtigkeitwerdendienchstenWahlkmpfeprgen
undwohlauchentscheiden.DieKonzeptefrgarantierteGrundeinkommen
habenzustzlichenDruckindenDiskursbersozialeGerechtigkeitgebracht
undwerdeninderpolitischenDiskussionalsAlternativeaktuellbleiben.
EinigeKonzepteverstehensichdabeialsErweiterungdesSozialsystemes,
anderesehendasbedingungsloseGrundeinkommenalsAlternativezumbe-
stehendenSozialstaat.DieSkepsisgegenbereinemschnellenSystemwechsel
mitdiversenRisikenund Nebenwirkungen, diein ihrerDynamikletzten
Endesnichtkalkulierbarsind,istberechtigtundfordertkonkretereKonzepte
freineschrittweiseEinfhrungdesGrundeinkommens.Deshalbsindjetzt
Szenariengefordert,dieeinesukzessiveEinfhrungdesGrundeinkommens
vorstellbarmachen. DieEinfhrung einesGrundeinkommens sollte sich
amZiel einesexistenzsicherndenGrundeinkommensorientieren,bei den
schlechtestgestelltenGruppenbeginnenund vondortausweiterentwickelt
werden.
DenKonzeptenfreinbedingungslosesGrundeinkommenstehendieKonzepte
frGrundsicherungen gegenber.DiesegehenimPrinzipvon sogenannten
BedrftigkeitsprfungenausundsetzenmehroderwenigerrestriktiveBedin-
gungenandenBezugeinerGrundsicherung.InderDiskussionverschwim-
meninzwischeneinigeKontrastezwischengarantiertemGrundeinkommen
undGrundsicherungskonzepten.Es gibtKonzeptevonGrundsicherung,die
sichalsbedingungsarmdenierenundmitFormenaktivierenderBeratung
nachskandinavischenVorbildernsozialeSicherungundIntegrationerreichen
wollen.
DieseBroschrestelltdieverschiedenenKonzepteundModelledesGrund -
einkommensundderGrundsicherungkompaktdar,umAlternativeninder
Politikder sozialen Sicherungund derBeschftigungspolitik differenzierter
betrachtenzuknnen.DiewesentlichenPro-undContra-Argumentationenwer-
dengegenbergestelltundtypisiert.
VieleMaterialienundBezgederBroschrestammenausVeranstaltungen
desBildungswerkes Berlin undandererLandesstiftungenderHeinrich-Bll-
Stiftung(v.a.Niedersachsen,Schleswig-Holstein,HamburgundHessen)zum
Grundeinkommen.
AlsBildungsorganisationsindwir inersterLiniederVerstndlichkeit ver-
pichtetundhoffen,wirhabenindieserHinsichtunsereneigenenAnspruch
Vorwort
DieDiskussionumeinbedingungslosesodergarantiertesGrundeinkommen
impliziertAuseinandersetzungenumwesentlicheFragendersozialenGerech-
tigkeit.
QuerdurchalleParteienundpolitischenOrganisationenndensichVertre-
terInnen frein garantiertes,bedingungslosesGrundeinkommen.Die jewei-
ligenKonzeptesindallerdingssehrunterschiedlich,nichtnurwasdieHhe
undFinanzierungeinesGrundeinkommensangeht,sondernauchunddiesist
wesentlich,wasdiejeweilsbegleitendenReformenundKopplungenangeht.Ein
individuellgarantiertesGrundeinkommenentlsstStaatundGesellschaftnicht
ausderVerantwortung,dieTeilhabeamsozialenLeben,anArbeit,Bildungund
Kulturdurchffentliche,allenzugnglichenEinrichtungenzuermglichen.Es
gehtschlielichumzweigesellschaftspolitischeZiele:umeineausreichende
sozialeSicherungundumdiesozialeIntegrationderArbeitslosenundanderer
ausgegrenzterBevlkerungsteile.
MitdenindiepolitischeDiskussiondrngendenKonzeptenfreinGrund-
einkommensindinersterLinieHoffnungenaufAlternativenzudenalsun-
gerechtempfundenenHartz-Reformenverbunden.Der immense, vorallem
psychologischeSchaden,fr dieGesellschaftdurchdieseReformen,dieAus-
grenzung,DemotivierungundErniedrigungderBetroffenen,sindderemo-
tionaleZndstoff,welcherderDiskussionumGrundeinkommendieEnergie
freinenintensivenDiskursindenletzten2Jahrenlieferte,sichereineder
intensivstenpolitischenDiskussioneninletzterZeit.
DieErwartungen an eingarantiertesGrundeinkommengehen in vielen
KonzeptenweitbereinegerechtereGestaltungderSozialsicherungssysteme
hinaus.SieverbindenmiteinemGrundeinkommeneineRevolutionierungder
ArbeitskulturwegvomZwanghinzuFreiheitundSelbstbestimmungundeine
EntkoppelungvonErwerbsarbeitundEinkommen.
FrgroeTeilederBevlkerungsindexistentiellesozialeFragen,dieFrage
dersozialenSicherheitunddieFragedersozialenIntegrationderArbeitslosen
unzureichendbeantwortet.AuchangekndigteNachbesserungenanden
Hartz-ReformenunddieVerweiseaufKonjunkturbelebungenwerdenan
diesenkritischenHaltungenkaumetwasndern.DiezunehmendeVertei-
lungsungerechtigkeit,dieAbwertungvielerLohnarbeitenindenNiedriglohn-
bereich,dieberechtigtenZweifelanderLeistungsgerechtigkeit,allegrund-
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1. einHrunG
DasGrundprinzipeinesGrundeinkommensisteinfach:JederBrgerundjede
BrgerinerhltvomStaat einen gleichhohenGeldbetrag.DieseEinfachheit
machtsicherlicheinenTeilderFaszinationeinesGrundeinkommensaus.Trans-
parenterkanneinestaatlicheLeistungunddasVerteilungsprinzipeinersolchen
nichtgestaltetwerden.WarumalsoeineganzeBroschredemKonzeptdes
Grundeinkommenswidmen,wodochoffenbarist,wieesfunktioniert?
d G: Vchg
DereineGrundliegtdarin,dassdasKonzepteinesGrundeinkommensnichtnur
einfachundklar,sonderngleichzeitigradikalist.DerVorschlageinesGrundein-
kommensistradikal,weilsicheinGrundeinkommenvondemGroteildergegen-
wrtigensozialenLeistungengrundstzlichunterscheidet.DasGrundeinkommen
rhrtanberlangeZeiteingebte,grundlegendegesellschaftlicheSelbstverstnd-
lichkeitenberdieGestaltungdesSozialstaats.DaraufbeschrnktsichdieRadi-
kalitteinesGrundeinkommensabernicht.DerSozialstaathatsichbereinen
lngerenZeitraumineinembestndigenWechselwirkungsprozessdenzentralen,
dassozialeLebenregelndenundermglichendenInstitutionenangepasst.Sowar
derSozialstaatzumBeispielschonimmernichtnureinedieMarktwirtschaft
beschrnkende undregulierendeEinrichtung, sondern auchimmer einedie
Marktwirtschaftbefrdernde,jasogarerstermglichendeInstitution.DieMarkt -
wirtschaftundderSozialstaatentwickeltensichingegenseitigerAbstimmung.
DasGrundeinkommenwirft vieleFragenberMglichkeitenundGrenzen
derGestaltungunsererGesellschaftinsgesamtauf.DerDissensberdasKonzept
desGrundeinkommensfhrtunmittelbarzukontroversenBegriffenvonsozialer
Gerechtigkeit.EsgehtumdasGrundstzliche:washltunsereGesellschaftim
KernzusammenundwassolltesieimKernzusammenhalten.Hinzukommt,
dassVerteilungs-undAnreizwirkungensichbeidemKonzepteinesGrundein-
kommensnichtinkompliziertenRegelungenversteckenlassen?DieFolgeist,dass
dieDebattenberdasFrundWidereinesGrundeinkommensmitoffenemVisier
ausgetragenwerdenmssen.DasmachtdieDebattenumdasGrundeinkom-
mensoemotional.DasmachtdieseDebattenaberauchinteressant,auchwenn
mannichtBefrworterIneinesGrundeinkommensist.DieDiskussionberdie
AuswirkungeneinesGrundeinkommensistimmeraucheineDiskussionber
erfllenknnen.EsgibtinzwischenunzhligeWebseitenundArchive,welche
diewissenschaftlicheDebattevertieftwiedergeben.AufsolcheSeitenwirdinder
Broschreimmerwiederverwiesenwerden.
WirwnscheneineanregendeLektre
HelmutAdamaschek
Geschatshrer Bildungswerk Berlin der Heinrich-Bll-Stitung
Das garantierte Einkommen wrde nicht nur aus dem Schlagwort Freiheit
eine Realitt machen, es wrde auch ein tief in der religisen und humanis-
tischen Tradition des Westens verwurzeltes Prinzip besttigen, da der Mensch
unter allen Umstnden das Recht hat zu leben. Dieses Recht auf Leben, Nah-
rung und Unterkunft, auf medizinische Versorgung, Bildung usw. ist ein dem
Menschen angeborenes Recht, das unter keinen Umstnden eingeschrnkt wer-
den darf, nicht einmal im Hinblick darauf, ob der Betreffende fr die Gesell-
schaft von Nutzen ist.
Aus:ErichFromm;PsychologischeAspektezurFrageeinesgarantiertenEinkommensfralle(1966)
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wirdunabhngig vonbestehendenEinknftenundvorhandenemVermgen
gewhrt.AuchvorhergeleisteteBeitrge,wieinderSozialversicherung,sind
keineVorraussetzungfrdenErhaltderLeistung.ZudemistdieZahlungder
LeistungnichtabhngigvonderBereitschafteinerErwerbsarbeitnachzuge-
henoderArbeitenimffentlichenInteressezuerledigen.4DieErbringungbzw.
dieBereitschaftzur ErbringungeinersogenanntenGegenleistungwirdalso
nichtzueinerVorrausetzungfrdenBezugderLeistunggemacht.Auchwenn
dashierdiskutierteGrundeinkommenindiesenHinsichtenbedingungslosist,
kanningewisserHinsichtnichtvoneinembedingungslosenGrundeinkommen
gesprochenwerden,weileineBedingungfrdenBezugexistiert:DieStaatsbr-
gerschaftund/odereinegewisseAufenthaltsdauerimLandistVorraussetzung
frdenBezugdesGrundeinkommens.
DiehierverwendeteDenitionderBegriffeGchgundGrundsiche-
rungsleistungensollimUnterschiedzudemsogefasstenGrundeinkommenalle
AnrechteaufTransferzahlungenumfassen,diedaraufzielen,einenBeitragzur
GrundversorgungderBezieherInnenzuleisten.MitdemBegriffGrundsiche-
rungistalsokeineUnterscheidunggetroffen,obdemBezugdieserLeistungeine
Bedrftigkeitsprfungvorausgehtodernicht.DieLeistungandieBereitschaft
einerErwerbsarbeitnachzugehengekoppeltistodernicht,obdieseinFormvon
TransferleistungenausgezahltoderalsSteuerfreistellungengewhrtwirdund
obsieaufindividuellerBasisbewilligtwirdoderfr Bedarfsgemeinschaften.
IndiesemSinneisteinGrundeinkommengenausoeineGrundsicherungwie
ArbeitslosengeldIIunddieSozialhilfe.NichtalsGrundsicherunggefasstwerden
sollenhingegendiejenigenTransferleistungen,diewieEingliederungs-undExis-
tenzgrndungszuschssezwarauchdieGrundversorgungderBezieherInnen
freinebefristeteZeitsicherstellen,aberprimraufdieEingliederungder
LeistungsempfngerInneninErwerbsarbeitzielen.
DerBegriffBgg wirdoftsynonymmitdemBegriffGrundeinkommen
verwendet.DerBegriffBrgergeldwurdeinDeutschlandvorallem vondem
SoziologenUlrichBeckgeprgt.DerthringischeMinisterprsidentenDieter
AlthaushatdenBegriffaufgegriffenundseinModellSolidarischesBrgergeld
genannt.UlrichBeckhatinvielenTextenundBeitrgen,andenenermitgearbei -
tethat,nichtdeutlichgemacht,obimGegenzugfrdenErhaltdesBrgergelds
ForderungenandieBrgerInnengestelltwerdensollenodernicht. 5Sowurde
4 Opielka2004.
5 Bayerisch-SchsischeZukunftskommission(1997)(KommissionfrZukunftsfragenderFreistaatenBayernund
Sachsen):ErwerbsttigkeitundArbeitslosigkeitinDeutschland.Entwicklung,UrsachenundManahmen. Bonn.
zentraleFunktionsmechanismenunsererGesellschaft.NurwenndieAnnahmen
berLetzterezutreffen,treffenauchdieAussagenberdieAuswirkungeneines
Grundeinkommenszu.EineDiskussionderwahrscheinlichenAuswirkungen
einesGrundeinkommensmiteinerErluterungderdahinterstehendenAnnah-
menberunseregegenwrtigeGesellschafterfolgtinKapitel5.
G: ch Gpp chch m
DerzweiteGrund,warumdasKonzepthiereingehendererlutertunddiskutiert
werdensoll,liegtdarin,dassverschiedeneG entwickelt
wurden.Ungeachtetder EinfachheitderGrundprinzipiendesGrundeinkom-
mensunterscheidensich dieseModelle invielenAspektenvoneinander. Sie
unterscheidensichunterandereminderHhederLeistung,dieaufSubsistenz-
niveau,darberoderdarunterliegenkann,inderArtundWeise,wieEinkom-
menaufdieseLeistungangerechnetwird,in deradministrativenGestaltung
derLeistungmitderVerschmelzungderGrundsicherungs-undderSteuerad-
ministrationeinerseitsoderderweiterbestehendenDifferenzierungzwischen
denbeidenandererseits1undindenVorschlgenzurFinanzierungundinder
Auszahlungsrate,dieaufmonatlicher,jhrlicherBasisodereinmaligvorgenom-
menwerden kann.2ZudemrmierenunterdemNamenGrundeinkommen
auchModelle,diefr denErhaltdesGrundeinkommenseineGegenleistung
einfordern.3UmdieseunterschiedlichenModellezubewerten,bedarfeseiner
eingehendenUntersuchungundDiskussion,dieinKapitel4erfolgt.
1.1 deini tionen und BeGrie
UntereinemG wirdimFolgendeneineinderHheeinheitliche
monetreLeistungfr alle(Staats-)BrgerInnen verstanden.Diese staatliche
TransferleistungistindreifacherWeisebedingungslos:DasGrundeinkommen
1 Vgl.:VanParijs,Philippe,2000,ABasicIncomeforAll?Ifyoureallycareaboutfreedom,givepeopleanuncondi-
tionalincome,in:BostonReview,Oktober/November2000.Vanderborght,Yannick,VanParijs,Philippe,2005,Ein
Grundeinkommenfralle?GeschichteundZukunfteinesradikalenVorschlags,FrankfurtamMain:Campus.
2 AllerdingswirdeineeinmaliganjedenBrgerausgezahlteLeistung,wiedasModellderstakeholdergrants
vonBruceAckermanundAnneAlstott(1999)unddiebertragungdiesesModellsderSozialerbschaftauf
DeutschlandvonGerdGrzinger,MichaelMaschkeundClausOffe(2006),oftnichtalsGrundeinkommenbezeich-
net.AuchwennesderobenangefhrtenKurzdenitioneineGrundeinkommensentspricht.
3 SiehedasModellderKatholischenArbeitnehmerBewegungDeutschlands(KAB)Aachen:Welter,Ralf(2003):Solida-
rischeMarktwirtschaftdurchGrundeinkommen.KonzeptionenfreinenachhaltigeSozialpolitik.Aachen:ShakerVerlag.
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EsgibtaucheinigeKonzepte,dieinderStorichtungdemVorschlageines
Grundeinkommenshneln,abernichtsoweitgehen,jedemBrgerundjeder
BrgerinunabhngigvonirgendwelchenVor-oderGegenleistungeneineGeld-
summezugeben.ZunchstistderVorschlageinersbchzunennen.
EinVorschlag,dervonzweiYale-Professoren,BruceAckermanundAnneAlstott,
entwickeltwurdeundvonGerdGrzinger,MichaelMaschkeundClausOffeim
AuftragderBll-StiftungaufDeutschlandbertragenwurde. 7DasKonzeptder
Sozialerbschaftbestehtdarin,allenBrgernundBrgerinnen,diemehrereJah-
reeineSchuleinDeutschlandbesuchthaben,am18.GeburtstagalsStartkapital
einensteuernanziertenBetragvon60000EurozurVerfgungzustellen.Zu
diesemZeitpunktkannallerdingsnochnichtfreiberdasSozialerbeverfgt
werden.Eskannaber,nachverpichtendervorherigerBeratung,frbestimmte
Zwecke,wiedieFinanzierungeinesStudiumseingesetztwerden.Freiverfgbar
wirddasSozialerbeinStufen,abhngigvomAlterunddererreichtenSchulbil -
dung.InGrobritannienhatdiesesKonzeptseinenNiederschlagindenBaby
Bonds gefunden,die ofziellChildTrustFundsheien.JedesNeugeborene
erhltbeiseinerGeburteinStartkapital,dasjenachsozialerLagezwischen250
und500PfundbetrgtunddenBegnstigtenmitZinsenbeimErreichendes18.
LebensjahreszurVerfgunggestelltwird.
EinweiteresdemGrundeinkommenhnlichesKonzeptistdassbbjh
(sabbatical)oderZiehungsrechte,diejedeBrgerinundjederBrgerzueinem
selbstgewhltenZeitpunktinAnspruchnehmenkann.8FrdieseZeiterhlter
odersiemonatlicheinenbestimmtenGeldbetragohnejeglicheEinforderung
vonGegenleistungen.hnlichdiesemVorschlagistdervonKlausDrrein
jngsterZeitins Gesprchgebrachte gesellschaftliche Aktivittsstatus, der
aufzweifranzsischeAutoren,LucBoltanskiundveChiapollo,zurckgeht. 9
JedePerson,dieeinegewisseZeitlangerwerbsttigwar,kanndemnacheinen
nanziellabgesichertenStatusinAnspruchnehmen,dereineWahlzwischen
ErwerbsarbeitundanderenTtigkeitsformenermglicht.10
7 BruceAckerman,AnneAlstott,2001,DieStakeholder-Gesellschaft.EinModellfrmehrChancengleichheit,FrankfurtamMain:Campus.GerdGrzinger,MichaelMaschke,ClausOffe,2006,DieTeilhabegesellschaft.Mo-
delleinesneuenWohlfahrtsstaates,FrankfurtamMain:Campus.
8 OffeC.&deDeken,J.(1999)Work,Time,andSocialParticipation:policyoptionsfordealingwithlabour
marketprecariousness.PapergiventotheBasicIncomeEuropeanNetwork,Brussels5Nov.UlrichMckenberger,
2007,ZiehungsrechteEinzeitpolitischerWegzurFreiheitinderArbeit,in:WSI-Mitteilungen,4.
9 Drre,Klaus,2005,EntsicherteArbeitsgesellschaft.PolitikderEntprekarisierungin:Widerspruch,49,S.518.
Boltanski,L./Chiapello,.(2003):DerneueGeistdesKapitalismus.Frz.(1999):LenouvelspritduCapitalisme.Paris.
10 Drre,Klaus,2005,EntsicherteArbeitsgesellschaft.PolitikderEntprekarisierungin:Widerspruch,49,S.518.
Boltanski,L./Chiapello,.(2003):DerneueGeistdesKapitalismus.Frz.(1999):LenouvelspritduCapitalisme.Paris.
dasBrgergeldvonBeckoftmitdemKonzeptderBrgerarbeitverbunden.In
letzterZeithatjedochUlrichBeckklargestellt,dassereinBefrwortereines
BrgergeldesinFormeinesGrundeinkommensist.6
DasKonzept derngtivn einontu hatmehr hnlichkeiten
alsUnterschiedemitdem Konzept desGrundeinkommens.Bei dernega-
tivenEinkommenssteuererhltjederBrgerundjedeBrgerineineSteu-
ergutschrift.FallsdieSteuerlastkleinerist,wirdkeineSteuerzahlungfllig,
sonderneswirddieentsprechendeSummevondenFinanzmternausge-
zahlt.WhrendbeieinemGrundeinkommenjederBrgerunabhngigvon
spterzuzahlendenSteuernmonatlicheinebestimmteGeldsummeerhlt,
wirdbeidernegativenEinkommenssteuerdieserBetragmit derSteuerlast
verrechnet.
DieVerteilungswirkungeinernegativenEinkommenssteuerist,bei glei-
cherHheundentsprechenderGestaltungderSteuerstzevlligidentischmit
einemGrundeinkommen.MiteinernegativenEinkommenssteuerreduziert
sichdasmiteinemGrundeinkommenverbundeneVolumenderGeldtrans-
fers.BeieinemGrundeinkommenbekommtzunchstjedeBrgerinundjeder
BrgerdiegleicheGeldsumme.BeiderSteuerzahlungietdannwiederGeld
andenStaatzurck.DasProblembeidernegativenEinkommenssteuerist,
dassdieBerechnungderSteuerlasterstnachAblaufdesEinkommensjahres
erfolgt.Bisdahin werdennurAbschlagszahlungenfllig, diein Deutsch-
landzurZeitmitHilfederSteuerklassenberechnetwerden.DadieseAb-
schlagszahlungennurSchtzungensind,kannessomitzuRckforderungen
kommen.DannkanndasGeldgeradevonPersonenmitniedrigemEinkom-
menoftschonausgegebenseinundistdannvonihnenentsprechendschwer
aufzubringen.
NichtzuverwechselnistdienegativeEinkommenssteuerinderdargestellten
VariantemitnegativenEinkommenssteuernoder ngv,aufdieman
nureinAnrechthat,wennmanerwerbsttigist.DiessindLohnaufstockungen
frErwerbsttigemitgeringemEinkommen,dieauchalsKombilhnebekannt
sind.Diesegibtesz.B.indenUSA(EarnedIncomeTaxCredit)undGrobri-tannien(WorkingFamiliesTaxCredit).DerentscheidendeUnterschiedzuder
negativenEinkommenssteuerinderobendargestelltenVarianteist,dassman
dieseLohnaufstockungennurerhaltenkann,wennmaneinEinkommenaus
Erwerbsttigkeiterzielt.
6 SieheInterviewinderSddeutschenZeitungvom10.09.2005.
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FolgendenwerdendieAuswirkungeneinesGrundeinkommensaufdieFreiheit
derMenschen,aufeinegerechteEntlohnungvonLeistungundaufdenZugang
zuTeilhabechancenandiskutiert.Dabeigehtesnichtdarum,eineabschlieende
AntwortaufdieFrage,obeinGrundeinkommengerechtistodernichtzugeben,
sonderndarum,einenEinblickindiemiteinemGrundeinkommenverbun-
denenVerteilungsprinzipienbezglichdieserGter,dieserGegenstndevon
Gerechtigkeit,zugeben.
G h
DaeinGrundeinkommenunabhngigvonGegenleistungen,gleichwelcher
Form,geleistetwird,gehtmitdiesem,zumindestwennesinexistenzsichernder
Hhegezahltwird,einegroeFreiheiteinher.Miteinemexistenzsichernden
Grundeinkommenistmannichtmehrgezwungen,eineErwerbsarbeitauf-
zunehmen,umdieeigeneExistenzabzusichern.AuchmussmankeineEr-
werbsarbeitannehmen,umdenoftalsdemtigendempfundenenGangzu
denJobcenternunddenvondenSachbearbeiterInnenausgebtenDruck,sich
eineErwerbsarbeitzusuchen,zuvermeiden.VondiesemFreiheitsgewinn
protierenvorallemdiejenigen,dieinunsererGesellschaftamSchlechtesten
gestelltsind.DiejenigenderenBeschftigungschancenamgeringstensind,
habengrereSchwierigkeiteneinenArbeitsplatzzunden,undwennsie
einengefundenhaben,istdasRisiko,dasssiediesenwiederverlieren,be-
sondershoch.EntsprechendgroistdieWahrscheinlichkeit,dassgeradesie
ArbeitslosengeldIIbeziehenundmitdenForderungenderJobcenterkon-
frontiertwerden.ZudemarbeitengeradediesePersonenoftinJobs,diesehr
anstrengend,sehreintnigundzudemoftsoschlechtbezahltsind,dasssie
nichteinmaldasExistenzminimumabsichern.MiteinemGrundeinkommen
mssendiejenigenmitdengeringstenBeschftigungschancendieseJobs
nichtmehrannehmenunddieAufforderungenderJobcentermsstensienur
nocherfllen,wennsieinderErfllungdieserAufforderungeneinenNutzen
frsichsehen.
VoneinemGrundeinkommenprotierenaberauchPersonen,derenBeschf-
tigungschancenbessersind.DaalledasGrundeinkommenerhalten,kannjede
undjeder,wennsiebzw.erbereitist,dieEinkommenseinbuezuakzeptieren,
ihreErwerbsttigkeitunterbrechenundsichanderenTtigkeiten,wiederWei-
terbildungoderderKindererziehungwidmen.WennPersonenihreArbeitszeit
reduzierenodertemporrausderErwerbsarbeitaussteigen,erhaltendamitwie-
InmanchenAspektenhneltauchdasKonzepteinesTeilnahme-Einkom-
mens(pcp c)demGrundeinkommen.DabeiwirdzwareineGe-
genleistungfrdenErhaltderLeistungeingefordert,abereswirdeinbreites
Spektrumakzeptiert.DiesesumfasstsowohlKindererziehung,Pegearbeitwie
auchzivilgesellschaftlichesundehrenamtlichesEngagement.11
1.2 ist ein Grundeinkommen GereCHt?
BeidenDiskussionenberdasGrundeinkommen,wiebeidenmeistenFragen
derGestaltungdesSozialstaatsspieltdieFragedanach,wasgerechtist,bzw.
wasalsgerechtempfundenwird,einezentraleRolle.DieGerechtigkeitsfrage
istdabeiimmereinedoppelteFrage.ZumeinendieFragenachdemGegen-
standderGerechtigkeit,alsodieFragedanach,wasgerechtverteiltbzw.womit
fairumgegangenwerdensoll.SofordertChancengerechtigkeiteinegerechte
VerteilungvonChancenz.B.aufeinenhohenBildungsabschlussein.Teilhabe-
gerechtigkeitfordertdenZugangzuTeilhabez.B.inderErwerbsarbeitoderin
derPolitikein.GeschlechtergerechtigkeitzieltabaufeinefaireBehandlungder
Geschlechterindenverschiedenengesellschaft lichenBereichenundaufeinege-
rechteVerteilungderLastenunddesNutzensindenGeschlechterbeziehungen.
LeistungsgerechtigkeitthematisiertdiegerechteWrdigungundEntlohnung
vonerbrachtenLeistungen.
ZumanderenistdieFragenachderGerechtigkeitauchimmerdieFrageda-
nach,waseinengerechtenUmgangmitdiesemGegenstandauszeichnetundin
welcherWeisediesesGutfairverteiltwerdensoll,alsodemVerteilungsprinzip.
AusderThematisierungz.B.vonChancengerechtigkeitgehtnmlichnochnicht
hervor,welcheVerteilungvonChancenalsgerechtempfundenwirdbzw.anzu-
strebenist.SokanneineVerteilungderChancenentsprechenddesgegenwrtig
vorhandenenLeistungsvermgensentsprechendderangeborenenFhigkeiten
odergleicheChancenfrallealsgerechtempfundenwerden.
MitderEinfhrungeinesGrundeinkommenswerdeneinigederbisherigenVer-
teilungsprinzipiengrundlegendverndert.DieVernderungdergegenwrtigen
VerteilungsprinzipienvonEinkommendurcheinGrundeinkommenhatAus-
wirkungenaufeineReihevonwichtigenGegenstndenderGerechtigkeit.Im
11 Atkinson,A.B. ,1996,TheCaseforaParticipationIncome,in:ThePolicita lQuaterly,67,S.6770.
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AbernichtnurErwerbsarbeitisteineLeistung,sondernauchandereAr-
beiten,wiedieKindererziehung,diePegearbeitoderehrenamtlichesEnga-
gement.MiteinemGrundeinkommenwerdendieseLeistungenzwarnicht
entsprechenddesdafrerbrachtenAufwandesbewertetundvergtet.Mit
einemGrundeinkommenhatmandieMglichkeit,sichdiesenTtigkeiten
mitganzerKraftzuwidmen,ohneExistenzsorgenhabenzumssen.Ein
GrundeinkommenermglichtalsoauchLeistungenundArbeit,dienichtmit
einemLohnvergtetwerden.
G thbgchg
TeilhabegerechtigkeitzieltaufeinegerechtereVerteilungvonTeilhabechan-
cen.Esgehtdarum,dieMenschenzubefhigeninwichtigengesellschaft-
lichenBereichenzubestehenundanihnenteilzuhaben.Entsprechendwird
auchvonBefhigungsgerechtigkeitgesprochen.DabeiwirdinderRegeloffen
gelassen,obeineAngleichungvonTeilhabechancenoderdieGarantieeines
MindestmaesanTeilhabechancenangestrebtwird.DasAnstrebenvonTeil-
habegerechtigkeiterweitertdiePerspektivebereinereinmonetreBetrach-
tungvonArmuthinaus.NichtdieBeseitigungderEinkommensarmutistdas
Ziel,sonderndieErffnungvonTeilhabemglichkeiten.AufdenerstenBlick
scheintesso,alsobeinGrundeinkommen,dasversuchtmitnanziellenMit-
telngesellschaftlicheAusgrenzungzubekmpfen,nichtdemZielderSchaf-
fungvonTeilhabegerechtigkeitentspricht.Dasistallerdingszukurzgegrif-
fen.DieVerfgungbernanzielleRessourcenistinunsererGesellschaftin
vielenFlleneineentscheidendeVoraussetzungfrgesellschaftlicheTeilhabe.
GesellschaftlicheTeilhabemussmansichauchleistenknnen.Dasbetrifft
denBeitragzumSportvereinunddieKosteneinerKlassenfahrtgenausowie
dieFahrkarte,umdennchstgelegenenGottesdienstodereineKulturveran-
staltungzubesuchen.Zudemwerden,wieobenschonangefhrt,miteinem
GrundeinkommendieMenschennichtnurnanzielldazuindieLageversetzt,
eineZeitlangausderErwerbsarbeitauszusetzenoderTeilzeitzuarbeiten.SiewerdenauchdazubefhigtsichanderenTtigkeitenzuzuwenden,seiesder
ErziehungderKinderoderzivilgesellschaftlichemEngagement.Auchfhrt
einGrundeinkommennichtnurdazu,dassPersonenausderErwerbsarbeit
aussteigenknnen.Damiteinhergehtauch,dassbishervonderErwerbsarbeit
AusgeschlosseneeinenEinstiegindieErwerbsarbeitnden.ImKapitel5wird
nochausgefhrt,dassmiteinemGrundeinkommendieHrdeeineErwerbs-
deranderedieChanceaufdenZugangzurErwerbsarbeit.Damiterffnetein
GrundeinkommennichtnurdieMglichkeitnichterwerbsttigzusein,sondern
auchbisherArbeitsloseneinenEinstiegindieErwerbsarbeit.
DerGewinnanFreiheithataberaucheineandereSeite.MiteinemGrundein-
kommennehmensichderStaatunddieGesellschafteineMglichkeit,dasLeben
unddieLebensfhrungihrerBrgerInnenentsprechenddengesellschaftlichdo-
minierendenWertenzubeeinussen.WennsichdieBrgerInnenentsprechend
dengesellschaftlichenNormenverhaltenundzumBeispieleineAuszeitdazu
nutzen,umsichweiterzubilden,istdassicherlichleichtzuakzeptieren.Wenndie
gewonneneFreiheitallerdingsdazufhrt,dassdieBetroffenensichausdemso-
zialenLebenzurckziehen,istdasfrvielesicherlichschwierigerzuakzeptieren.
ZudemverlangtdiemiteinemGrundeinkommengewonneneFreiheitauch
vielvondenMenschen.Sieknnennichtnurfreientscheiden,obsieeinerEr-
werbsarbeitnachgehenwollenodernicht,siemssendieseFrageimmerwieder
aufsNeueentscheiden.MancheMenschenwerdendiegewonneneFreiheitgera-
denichtalsGewinn,sondernalseineZumutungundBrdeempnden.Hinzu
kommt: Jeinformierter,je gebildetersie sind, jebessereRatgebersiehaben,
destobesserwirdihreEntscheidunginderRegelnichtnurihrenkurzfristigen,
sondernauchihrenlangfristigenInteressenentsprechen.
G lggchg
EinGrundeinkommenistankeineGegenleistungundankeinezuerfllenden
Forderungengekoppelt.Entsprechenderhaltenauch diejenigenein Grundein-
kommen,diewedereinerErwerbsarbeitnachgehen,nochsichanKindererzie-
hungoderPegearbeitbeteiligenundauchsonstkeinegesellschaftlichfrsinn-
vollerachtetenAufgabenbernehmen.ManerhlteinGrundeinkommen,auch
wennmannichtstutundfolglichauchnichtsleistet.IndieserHinsichtistein
GrundeinkommennichtleistungsgerechtunddasistwahrscheinlichdiejenigeEi-
genschafteinesGrundeinkommens,dieaufdengrtenVorbehaltstt.Ineiner
anderenHinsichtistdasGrundeinkommendurchausalsleistungsgerechtzuwer-ten:12WereinerErwerbsarbeitnachgeht,hatinjedemFalleinhheresEinkommen
alsder-bzw.diejenige,deroderdienichteinerErwerbsarbeitnachgeht.DieForde-
rungArbeitmusssichlohnenistalso,bezogenaufdieErwerbsarbeit,vollerfllt.
12 Schramm, Michael,2007,SubsidireBefhigungsgerechtigkeitdurch dasSolidarischeBrgergeld,in:
Straubhaar,Thomas(Hrsg.),BedingungslosesGrundeinkommenundSolidarischesBrgergeldmehralsSozia-
lutopischeKonzepte,HamburgischesWeltwirtschaftsinstitut,S.121145.
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2. GrundsiCHerunG in deutsCHland
InDeutschland existierteinmehrschichtigesSystemvonTransferleistungen.
DasvomFinanzvolumenumfangreichsteSicherungssystembildetdieSozialver-
sicherung.BeieinemEinkommensausfallaufgrundvonArbeitslosigkeit,Krank-
heitundAlterwerdenLohnersatzleistungenausgezahlt,diesichinderHhe
anderDauerunddemUmfangvorhergeleisteterBeitrgeorientieren.Neben
derSozialversicherunggibtesnochweitereLeistungen,wiedassichandem
vorhergehendenEinkommenorientierende,abersteuernanzierteElterngeld,
diestaatlicheBezuschussungvonprivatenRenten(dieRiesterrente)unddie
FrderungdesErwerbsvonWohnungseigentum.
AusdiesenvorgelagertensozialenSicherungssystemenfallenaberinzuneh-
mendemMaeMenschen heraus.L angeZeitenvonArbeitslosigkeitfhren
zumAuslaufendesAnspruchesaufArbeitslosengeldI.Niedrigeundoftkaum
existenzsicherndeErwerbseinkommenlassenkeinenSpielraumfrprivateVor-
sorge.UnddieVerlagerungvonsozialversicherungspichtigerinselbstndige
BeschftigungfhrtzuLckenindenBeitragsbiograen,diewiederument-
scheidendsindfrAnrechteaufLeistungenausdenSozialversicherungen.
Frdiejenigen,beidenendievorgelagertenSicherungssystemeleerlaufen,hatderdeutscheSozialstaateinSicherungsnetzgegenArmutgespannt.Diese
Leistungensindallerdingsbedrftigkeitsgeprft,reichenkaumfrdieExistenz-
sicherung,bedrfeneinerumfangreichenAntragstellungundsindoftanPich-
tengekoppelt.DieBezugsberechtigtensindgegenberdenBehrdenrechen-
schaftspichtigundmssenweitin dasPrivatleben eingreifendeKontrollen
akzeptieren.Hinzukommt,dassderBezugdieserLeistungenmiteinemStigma
behaftetist.DieQualittdiesersozialenRechteistalsodeutlichschlechter,als
dieAnrechteaufTransferleistungenausdenvorgelagertenSicherungssystemen.
ZudemsinddievorgelagertenSicherungssystemeauchnanzielldeutlichbesser
ausgestattet.SobersteigenalleindieausSteuermittelnnanziertenZuschsse
zurgesetzlichenRentenversicherungdieAusgabenfrArbeitslosengeldII.13DiewichtigsteLeistungdesSicherungsnetzesgegenArmutistdasmitden
sogenanntenHartz-GesetzeneingefhrteArbeitslosengeldII.DasArbeitslosen-
13 Sosind200551,6MilliardenEurosteuernan zierteBundeszuschsseindieGesetzl icheRentenversicherung
geossen,whrenddieGesamtausgaben,inklusivederaktivenManahmenundVerwaltungskosten,frArbeits-
losengeldIIimJahr2006nur49MilliardenEurobetrugen.(DeutscheRentenversicherungBund,2006,Deutsche
RentenversicherunginZahlen2006,Berlin,S.20undBundesagenturfrArbeit,2007,SGBIIJahresbericht2006,
Nrnberg,S.8).
arbeitaufzunehmensinkt,daeinErwerbseinkommeninjedemFallzueinem
hherenNettoeinkommenfhrt.
Klaristallerdingsauch,dasseinGrundeinkommenalleinnichtausreicht,
umTeilhabegerechtigkeitherzustellen.DerZugangzuBildungundErwerbs-
arbeitunddieVerteilungvonBildungschancenspielendabeiaucheineent-
scheidendeRolle.
Die Arbeitsgesellschaft hat alle Ttigkeiten, die nicht dem Gelderwerb die-
nen, aus ihrem Fokus verloren. Gesellschaftlich ntzlich sind auch Eigenar-
beit, Familienarbeit, kulturelles Schaffen und brgerschaftliches Engagement.
Ein Grundeinkommen wrde es dem Brger erleichtern, sich ein Portfolio aus
Ttigkeitsformen zusammenzustellen.(...)
Vor allem wrden die Menschen die Ttigkeiten aus freier Entscheidung
aufnehmen, ohne Aktivierung, ohne Zwang. Das ist es wohl, was s ich mancher
wichtige Entscheidungstrger nicht vorstellen kann.
ReinhardLoske,inDieZeit,26.04.2007
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Bedarfslagenmsstenbercksichtigtwerden.DieseVielfaltder Grundsiche-
rungsleistungenistauchfrdieBezugsberechtigtenzurZeitkaumbersehbar.
GeradewennsichdieEinkommenssituationhugndertoderdasEinkommen
sehrniedrigist,mssenoftmehrfachimJahrAntrgeaufunterschiedliche
LeistungenbeiunterschiedlichenBehrdengestelltwerden.Dasistkompliziert
undsicherlichaucheinGrunddafr,dassdieLeistungenvielfachnichtinAn-
spruchgenommenwerden,auchwenndieVoraussetzungenfrdenBezug
erflltsind.
geldII,dieGrundsicherungfrArbeitssuchende,hatdieArbeitslosenhilfeabge-
lst,diesteuernanziertwar,sichabersichinderHheandemvorhergehenden
Erwerbseinkommenorientierte.Zudembeziehenauchdieerwerbsfhigenvor-
herigenSozialhilfeempfngerInnendasneueArbeitslosengeldII.Arbeitslosen-geldIIbeziehenabJanuar2005alleerwerbsfhigenPersonen,dieihreeventuell
vorherbestehendenAnrechteaufArbeitslosengeldIaufgebrauchthaben.Alser-
werbsfhiggiltdabeieineArbeitsfhigkeitvonmindestensdreiStundentglich.
DieHheliegtaufdemNiveauderbisherigenSozialhilfe,allerdingswerdenim
UnterschieddazudiebisherbestehendenEinmal-undSonderzahlungenbeim
ArbeitslosengeldIIzumgrtenTeilalsPauschaleindenRegelsatzintegriert.
2003istdieGrundsicherungimAlterundbeiErwerbsminderungeingefhrt
worden,dieinderHheundbeiderPrfungderBedrftigkeitidentischistmit
demArbeitslosengeldII.ZudemgibtesweiterhindieSozialhilfefrPersonen,
diewederindieeine,nochdieandereGruppefallen.1993wurdenmitdem
AsylbewerberleistungsgesetzdieGrundsicherungsleistungenfrAsylbewerber
undderenAngehrigeausderSozialhilfeausgelagert.DieLeistungendesAsyl-
bewerberleistungsgesetzeswerdendabeiinderRegelinderFormvonSachleis-
tungenundnurausnahmsweiseinFormvonGutscheinenundnochseltenerals
Bargeldausgegeben.
Neben diesen Sicherungssystemengab undgibt es eineReiheweitererLei-
stungssysteme,diealsGrundsicherungsleistungenzuverstehensind.Sowird
imSteuersystem,wieinternationalblich,das Existenzminimumfreigestellt.
DarberhinauswirddieSteuerschuldvonEhepartnerngemeinsamveranlagt
(Ehegattensplitting).DieseRegelung stellt iminternationalenVergleicheine
Besonderheitdar.DiedahinterstehendeIntentionwarundistes,Verheirateten
dieMglichkeitzugeben,aufErwerbsarbeitzuverzichtenundstattdessenih -
reEhepartnerInnenund,falls vorhanden, ihreKinderzu versorgen.Weitere
GrundsicherungsleistungensinddasKindergeld,dasBAfG(eineUnterhalts-
leistungfrStudierende,derenElternnureingeringesEinkommenbeziehen),
daseinkommens-abernichtvermgensabhngigeWohngeldunddervondenFamilienkassenderJobcenterausgezahlteFamilienzuschlag.
DieseFragmentierungder Transferleistungen,sowohl in Bezug auf die
Rechtsansprche, als auch in Bezug auf dieadministrative Zustndigkeit,
mssteaufdemWegzueinemGrundeinkommenberwundenwerden.Gleich
eineganzeReihevonadministrativenZustndigkeitenmssteverndertunddie
AuswirkungenaufdiedurchdieseunterschiedlichenLeistungenabgedeckten
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tigstenUnterschiedebeidenBedarfslagenabzubildenundeineentsprechend
hoheLeistungzubewilligen.DieVielfaltderLebensweisen,BedarfeundIndi-
viduenkanndamitabernurunzureichendabgebildetwerden.Soknnenz.B.
mancheAlleinerziehendeintensivaufdieUntersttzungvonihrenElternbei
derBetreuungzurckgreifen,whrendanderefrdieseBetreuungselbstsorgen
mssen.
InzweiBereichennehmendieMindestsicherungssystemeeineindividuelle
Bedarfsbemessungvor.ZumeinenbeidenWohnkosten,diebiszueinerfestge-
legtenHhekomplettbernommenwerdenundbeiderErstattungbestimmterbesondererBedarfeundLeistungen,wiez.B.dieFinanzierungeinerbehinder-
tengerechtenWohnung.
BeidenmeistenGrundeinkommensmodellenwerdendieverschiedenenBe-
darfepauschalabgegolten.AllerdingswirdnachA ltersgruppendifferenziert.
SosollenK inder,bei denenvoneinemgeringerenBedarfausgegangenwird,
einegeringereSummeundltereeineetwashhereSummeerhalten.Inallen
Grundeinkommensmodellenwirdzudem dieBemessungbesondererBedar-
feweiterhinindividuellvorgenommen.ZudemistinmanchenGrundeinkom-
mensmodellen,wiez.B.indemModellvonManuelEmmlerundThomasPore-
skieineaufstockendeErstattungderWohnkostenvorgesehen.
3.2 BedarsGePrt oder niCHt BedarsGePrt
EinGrundeinkommenzeichnetsichdadurchaus,dassderErhaltderLeistungen
ch Bpg gppist.Grundsicherungsmodellezeichnen
sichimGegensatzdadurchaus,dassgeprftwird,obeinePersonbzw.eine
Bedarfsgemeinschaftbedrftigist.GegenwrtigwirdeinePersonbzw.eineBe-
darfsgemeinschaftunterHartzIValsbedrftigeingestuft,wennsienichtber
gengendMittelverfgt,umfrsichselbstzusorgen.EineBedarfsprfung
hatdreiDimensionen:dieepg,dieVgpg unddie
Pg, Hh gh.blicherweisewirddieBedrftigkeitsowohlinAbhngigkeitvonderHhedesEinkommens,dem Vermgensstand und
demFamilienstandbestimmt.Esistaberauchmglichnureineoderzweider
Prfungendurchzufhren.EinentscheidenderUnterschiedzwischenverschie-
denenMindestsicherungssystemenbestehtdarin,abwelchemEinkommenbzw.
VermgenkeineLeistungenmehrausgezahltwerden.SozeigtFrancisCastles,
dassderaustralischeSozialstaatsichvorallemdurchbedrftigkeitsgeprfte
3. Garan tiert es Grundeinkommen:Pro und Contra
DiesesKapitelfhrtin zentraleArgumentefrundgegendasGrundeinkom-
menein.EineBewertungderverschiedenenGrundeinkommensmodelleistnur
sinnvollaufdemHintergrundeineranderenAusgestaltungderMindestsiche-
rungssysteme.DeswegenwerdenimFolgendendenzentralenCharakteristiken
undAusgestaltungsmglichkeiteneinesGrundeinkommensjeweilsdiegegen-teiligeAusprgungeinesGrundeinkommensbzw.einerMindestsicherungge-
genbergestellt.EswirdalsonichtnurdasFrundWidereinesGrundeinkom-
mens,sonderngleichzeitigauchdasFr undWidereinerandersgestalteten
Mindestsicherungdargestellt.
3.1 r alle das GleiCHe oder indiV iduell mass-GesCHneidert
DergegenwrtigeReichtumunsererGesellschaftbasiertaufdemWissenund
denWerten,diesichvorhergehendeGenerationenerarbeitetunddennatr-lichenRessourcen,diesievorgefundenhaben.DiederzeitigenEinkommen
undVermgenbasierenaberzueinemerheblichenAnteilaufdenVorlei-
stungenvorhergehenderGenerationenunddenvorgefundenennatrlichen
Ressourcen.DaniemandderjetztAktivenzudenLeistungendervorherge-
hendenGenerationenunddennatrlichenRessourcenbeigetragenhat,istes
naheliegend,andenGewinnenunddemEinkommenausdiesemReichtum
derGesellschaftallegleichermaenzubeteiligen.Entsprechenderhltjede
undjederbeieinemGrundeinkommendengleichenGeldbetrag.Dasistauch
einAusdruckderGleichwertigkeitallerMenschen.Jedochhatein(Grund-)
EinkommeningleicherHhenichtdengleichenWertfralle,dadieMen-
schenindividuellunterschiedlicheBedarfehaben.EineindividuelleBedarfs-bestimmungistwiederumsehraufwendigundwreauchnichtmglichohne
denberdenBedarfentscheidendenSachbearbeiterInneneinenerheblichen
Ermessensspielraumeinzurumen.
StatteinerindividuellenBedarfsprfungwerdenauchindenbestehenden
MindestsicherungssystemenbestimmteGruppenkategoriengebildet, wie z.B.
alleinerziehend,inPartnerschaftlebendetc.Mitdiesenwirdversucht,diewich-
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Dasistgeradefr dieschlechtestGestellten,diedauerhaftaufdienanzielle
UntersttzungdesStaatesangewiesensind,eineerheblicheVerbesserungder
Lebenssituation.
DurchdieAbschaffungderBedarfsprfungstelltsichauchnichtmehrdie
Frage,obsicheinzustzlichesErwerbseinkommenlohnt.DieAnrechnungsre -
gelnfrEinkommenbeidemArbeitslosengeldIIfhrenzwardazu,dasssich
aucheinniedrigesEinkommenindenmeistenFllenineinemhherenNetto-
einkommenniederschlgt.DasistvielenEmpfngernvonArbeitslosengeldII
abernichtklar,weildieAnrechnungsregelnfrsienurschwerdurchschaubarsind.BeieinemGrundeinkommenzahltsichfrjedeundjedenersichtlichjeder
hinzuverdienteEuroaus.AuchPersonen,dieeinunstetigesEinkommenhaben,
protierenvoneinerAbschaffungderBedarfsprfung.Siemssennichtjedes
Mal,wennihrEinkommenzuniedrigist,einenAntragausfllenundnachwei-
sen,wiehochihrEinkommenist.
EinweiteresElementderBedarfsprfungistdiePrfung,werzumHaushalt
oderzursogenanntenBgchgehrt.DerGrundfrdiesePr-
funghatzweiUrsachen.ZumeinendieAnnahme,dassjemehrerwachsene
PersonenderHaushaltumfasst,destowenigerGeldproPersondieHaushalts-
gemeinschaftbentigt.EinewirtschaftlicheGemeinschaft,diemehrPersonen
umfasst,kommtinderRegelmitwenigerGeldaus.DieAusgabenfrLebensmit-telsindniedrigerundeineWaschmaschinereichtinderRegelfrdengesamten
Haushalt.EntsprechendistderBedarfaufUntersttzungproPersonbeieiner
grerenHaushaltsgemeinschaftniedrigeralsbeieinemSingle-Haushalt.Der
zweiteGrundfrdiePrfungaufdasVorhandenseineinerBedarfsgemein-
schaftbestehtdarin,dassPersonen,diebesonderepersnlicheoderverwandt-
schaftlicheBeziehungenzueinanderhaben,ihrenLebensunterhaltgemeinsam
deckenundsichauchinNotlagengegenseitigmaterielluntersttzen.Daraus
wirdgefolgert,dassdasEinkommendesPartnersbzw.derPartnerinentspre-
chendangerechnetwerdenkann.
BeieinerPrfung,werzumHaushaltgehrt,knnenunterschiedlicheKri-
terienzugrundegelegtwerden:einegemeinsameWohnung,einedauerhafteBeziehung,gemeinsameKinderetc.BeimArbeitslosengeldIIistentscheidend,
obdiePartnerzusammenleben.Esreichtnichtaus,dasssiezusammenwoh-
nen.DieserUnterschiedistoftnichtleichtvonauenerkennbar.DaeineAuf-
klrungnichtimmerimSinnederBezugsberechtigtenist,erforderteinewirk-
licheGleichbehandlungweitgehendeBefugnisseder Behrdenzur Prfung
undKontrollederLebensverhltnisse.Diesendenwiederumihrejuristisch
Leistungenauszeichnet.BeidenBedarfsprfungenwerdenimUnterschiedzu
anderenStaaten,wieDeutschland,jedochvielhhereEinkommensgrenzenzu
Grundegelegt.SomitsinddieseLeistungennichtaufdieschlechtestGestellten
beschrnkt,sonderneinvielgrererTeilderBevlkerunghatAnspruchauf
dieseLeistungen.
AuchvieleGrundeinkommensmodelleverzichtennichtaufeineEinkom-
mensprfungundoftauchnichtaufeineVermgensprfung.Nursinddiese
nichtintegralerBestandteildesGrundeinkommensunddiePrfungwirdnicht
vondemfrdasGrundeinkommenzustndigenAmtdurchgefhrt.Imgegen-wrtigenLeistungssystemund beiallen bedarfsgeprftenGrundsicherungs-
modellenbeschftigensichzweiVerwaltungenmitEinkommensprfungen:
DieLeistungstrgerderGrundsicherung(JobcenterundSozialmter)unddie
Finanzmter,diedieEinkommenfrdieErhebungderSteuernprfen.Mit
einemGrundeinkommenentflltdieEinkommensprfungderLeistungstrger
derGrundsicherung,nichtaberdieEinkommensprfungindenFinanzmtern.
EineVermgensprfungerfolgthingegenimgegenwrtigenSystemnurbei
denbedarfsgeprftenLeistungen,daeskeineVermgenssteuergibt.VieleBe -
frwortereinesGrundeinkommensuntersttzeneineVermgenssteuer.Durch
einegleichzeitigeEinfhrung vonGrundeinkommenundVermgenssteuer
wreVermgennichtmehrAusschlussgrundfrdieGrundsicherungsleistung,allerdingswrdenhoheVermgenzurFinanzierungeinesGrundeinkommens
herangezogen.
EinGrundeinkommenerhaltenallePersonen,unabhngigdavon,obsiezur
ExistenzsicherungaufdieseLeistungangewiesensindodernicht.Hugwird
allerdingseineKonzentrierungderUntersttzungsleistungenaufdieBedrf-
tigengefordert.EinGrundeinkommenverschiebeunntiggroeGeldsummen
mitdemErgebnis,dassauchsehrwohlhabendeMenscheneinGrundeinkom-
menbeziehen.EineKonzentrierungderLeistungenaufdieBedrftigenhinge-
genwrdezielgerichteterdenschlechtestGestelltenunsererGesellschafthelfen.
AllerdingsbetonenauchdieBefrworterInneneinesGrundeinkommens,dass
esihnenumdasWohlderschlechtestGestelltengeht.EineBedarfsprfunggehtunvermeidlich,untersttztdurchmedialeInszenierungenvonEinzelfllen
wiedemFlorida-Rolf,einhermiteinerStigmatisierungderLeistungsempfn-
gerInnen.Ihnenwirdunterstellt,dieLeistungnichtwirklichzubrauchen,ein
LebeninWohlstandaufKostenderanderenzufhrenodersichnichtgengend
zubemhen,einausreichendesEinkommenzuerzielen.DieseStigmatisierung
entflltmiteinemGrundeinkommen,dasalleundzwarautomatischerhalten.
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angefhrt.MitderEinfhrungeinesGrundeinkommensentfllteinzentraler
GrundfrdieEinfhrungeinesMindestlohnes:DerArbeitslohnmussnicht
mehrin existenzsichernderHheliegen,da dieser durchdasGrundeinkom-
menaufgestocktwird.AndereGrndefrdieEinfhrungeinesMindestlohnes
entfallenjedochnicht.UndeinneuerAspektfrdieEinfhrungeinesMindest-
lohnskommtnachderEinfhrungeinesGrundeinkommenshinzu:Esistmg-
lich,dassmancheLhne,hnlichwiebeiKombilohnmodellen,sinkenwerden.
EinMindestlohnknntehiergegensteuern.
EineGefahrinderDiskussionbereinegleichzeitigeReduzierungoderAb-schaffungeinigerbisherbestehender(bzw.nocheinzurichtender)Leistungen
desSozialstaatsbeiderEinfhrungeinesGrundeinkommensbestehtdarin,
dassdamiteineSozialabbau-Debatteerffnetwird.EineweitereBefrchtung
bestehtdarin,dassesnachderEinfhrungeinesGrundeinkommensschwie-
rigerseinknnte,MehrheitenfrdenAusbauvonQualizierungs-,Beschfti-
gungs-undHilfsangebotenzugewinnen.DasZieldurchdieEinfhrungeines
GrundeinkommensdenSozialstaatzuerneuernundauszubauen,knntesomit
ungewolltindasGegenteilumschlagen:denAbbaudesSozialstaats.
GleichesgiltjedochfrdieArgumentation,dieLeistungenundHilfenauf
diewirklichBedrftigenzukonzentrieren.DieseZielsetzungistdazugeeig -
net,eineSpiraleinGangzusetzen,diedenKreisderBedrftigenimmerweitereinengt.Zumeinen,weilnochindemkleinstenKreisderBedrftigenzwi-
schenmehrundwenigerBedrftigenunterschiedenwerdenkannundessomit
mglichist,eineweitereReduzierungderstaatlichenHilfenaufdiewirklich
Bedrftigeneinzufordern.Zumanderen,weileineBeschrnkungsozialstaatli -
cherLeistungenaufkleineGruppenimmerinderGefahrsteht,eineEntsolida-
risierungderNicht-BezugsberechtigteninGangzusetzen.JekleinerderKreis
vonBezugsberechtigtenist,destomehrPersonenwerdennieindieSituation
kommen,dieseLeistunginAnspruchnehmenzuknnen.Ausmangelndem
EigeninteressewerdensiedieseLeistungnichtmehruntersttzen.
3.4 PliCHten oder keine PliCHten
AlleGrundeinkommensmodelleentkoppelndenAnspruchaufdieGeldleistung
vondemErfllenvonPichten,dieoftauchGegenleistungengenanntwerden.
DamitunterscheidensiesichvondemArbeitslosengeldII,derSozialhilfeund
anderenMindestsicherungsmodellen.Beidiesenwirddie(volle)Geldleistung
umstritteneGrenzeindemSchutzderPrivatheitunddemGrundrechtauf
UnverletzlichkeitderWohnung.
MiteinerBedarfsbemessung entsprechendder GrederBedarfsgemein-
schaftwirddernanzielleVorteil,derausdemZusammenlebenerwchst,ab-
geschpft.Dasfhrtdazu,dasseinesolchebedarfsgemeBehandlungeine
Trennungnanzielloftreizvollerscheinenlsst.EineVereinzelunggeradeder-
jenigen,dienichtgutindieGesellschaftintegriertsind,wirdfolglichbefrdert.
3. 3 Grundeinkommen im sozialstaat oder Grundein-
kommen statt sozialstaat
MitderEinfhrungeinesGrundeinkommenswerdenmanchederbisherigen
sozialstaatlichenLeistungenberssig.DasistbeiallenGrundeinkommens-
modellenderFall,alleinschondeswegen,weilvieleBedarfedurchdasGrundein-
kommenabgedecktwrden.EinBeispielistdiederzeitigesteuerlicheFreistel-
lungdesExistenzminimumsbeiderBerechnungderEinkommenssteuer.Wenn
allePersoneneinGrundeinkommeninHhedesExistenzminimumserhalten,
wrdedasExistenzminimumbeieinerNichtvernderungdieserRegelunggleich
doppeltsichergestellt.EntsprechendwirdinallenGrundeinkommensmodellendiebisherigesteuerlicheFreistellungdesExistenzminimumsgestrichen.
DieGrundeinkommensmodelleunterscheidensichallerdingsdarin,welche
anderender derzeitbestehendenLeistungenerhaltenbleibensollen,welche
reduziertundwelcheganzabgeschafftwerdenknnen.Sieunterscheidensich
darin,wieweitdieseEinschnittegehensollenundwievielvombestehenden
Sozialstaaterhaltenbleibensoll. Somit unterscheidensich dieModelleauch
darin,obderenEinfhrungeineAusweitungundErgnzungdesbestehenden
SozialstaatsodereineErsetzungundAbschaffungdesbestehendenSozialstaats
bedeutet.DasbetriffteineReihevonTransferleistungen,wiedieLohnersatzleis-
tungenausderSozialversicherunginklusivederabgeleitetenLeistungen(Rente
undArbeitslosengeldI),andereeinkommensbezogeneLeistungen(Elterngeld),dasEhegattensplittingoderauchdiestaatlicheFrderungvonprivatenVorsor -
geformen.
NebenderDiskussionberdenErhaltbzw.teilweisenEinschrnkungbisher
bestehenderGeldleistungenwirdauchdiskutiert,welchenichtmonetrensozi-
alstaatlichenRegelungenmit einemGrundeinkommenweiterhinnotwendig
sind.BeispielhaftseihierdieDiskussionumdieEinfhrungvonMindestlhnen
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EinweitererStreitpunktbeiderDiskussionumdasFrundWiderder
KoppelungvonGrundsicherungsleistungen anPichtenbasiertauf unter-
schiedlichenEinschtzungenberdieauwiungn aufdieEmpfngerund
EmpfngerinnenderLeistungen.SoargumentiertdieeineSeite,dassdie
EinforderungvonPichtenzueinerMotivierungderBezugsberechtigten
fhrt.Dabeiwirddavonausgegangen,dass,wenndieKrzungderUnter-
sttzungsleistungdrohtundnurdann,sichdieBezugsberechtigtenintensiv
darum kmmernwerden,ein fr denLebensunterhalt ausreichendesEr-
werbseinkommenzuerzielen.OhneeineSanktionsandrohungseidiesnichtderFall.JeunangenehmerderBezugderLeistungausgestaltetwird,desto
intensiverwrdendieAnspruchsberechtigenversuchen,unabhngigvondie-
serLeistungzuwerden.DieseArgumentationgehtinderRegeleinhermit
derAnnahme,dassArbeitslosigkeitaufdiefehlendeMotivationderArbeits-
losenzurckzufhrenist.Oftwirdauchargumentiert,dasseineMotivierung
derBezugsberechtigtengeradeinderheutigenZeitnotwendiggewordenist,
weildieSozialisationsinstanzen,vorallemdieFamilien,welchedenWert
derArbeitvermitteln,diese Aufgabenichtmehrbefriedigend bewerkstelli-
genunddiesozialeKontrolledurchdasunmittelbaresozialeUmfeldnicht
mehrgreift.
Eswirdauchargumentiert,dasseinePichtzueinerGegenleistungimureigenstenInteressederEmpfangsberechtigtenselbstist.Unddiesseisogar
derFall,wennsiediesselbst,zumindestzumZeitpunktderEinforderung,
nichterkennenwrden.AuchwenndieBeschftigungnurunterZwangan-
genommenwurde,wrdedieErfahrungetwaszuleisten,alseinGewinn
empfunden.
GegendieseEinschtzungstehtdieAuffassung,dassdieBezugsberech-
tigtenselbstambestenwissen,wasinihremInteresseist.DerGesetzgeber
kanndieInteressender Bezugsberechtigtennurunzureichendabschtzen
und,fallsdieSachbearbeiterInneneinengroenErmessensspielraumhaben,
istderSpielraumderBezugsberechtigtenoftdavonabhngiganwensiegera-
tenundwiegutsieihreInteressenimGesprchmitihnenvertretenknnen.MiteinemGrundeinkommenwerdendieBrgerInnenoftmalserstmalsin
dieLageversetzt,verantwortlicheEntscheidungenbezglichihrerKinder,
ihrerErwerbsarbeitetc.zutreffen.SobestehtmiteinemGrundeinkommen
z.B.dieMglichkeiteinJobangebotabzulehnen,welchesesihnennichtmehr
ermglicht,ausreichendZeitmitihrenKindernzuverbringen.Dahintersteht
dieEinschtzung,dassjedeundjederselbstambestenwei,wasfrsie/ihn
nurausgezahlt,wenndieBezugsberechtigtenbestimmtePichtenerfllen.Da-
beiwirdinKaufgenommen,dassdasEinkommenauchunterdasNiveaufllt,
daszurExistenzsicherungnotwendigist.
DieeingefordertenPichtenknnensehrengdeniertseinundz.B.aus-
schlielichdieSuchenachErwerbsarbeitbetreffenoderweitergefasstsein
undauchErziehungs-undPegearbeitodersogarehrenamtlichesEngage-
mentumfassen.Grundeinkommensmodelleunterscheidensichjedochnicht
schondadurchvonMindestsicherungen,obvondenBezugsberechtigtender
Leistungetwaserwartetwirdodernicht,sondernnurdarin,obderErhaltderLeistungvonderErfllungdieserErwartungabhngiggemachtwird.
DieBefrworterInneneinerKoppelungderTransferleistungenandieErfl-
lungvonPichtenargumentieren,dassdieBezieherInnendieserLeistungen
etwasvomStaaterhaltenunddeswegenvonihnenerwartetwerdenkann,dass
sieeineGgnitung bingn.Weretwasbekommt,vondemkannman
auchverlangen,dasser/sieetwasdafrtut.Bekrftigtwirddieszudemmit
demArgument,dassdieSteuerzahlerInnennurbereitseien,dieseLeistung
zunanzieren,wenndenBezieherInnenetwasabverlangtwird.ImUmkehr-
schlussbedeutetdies,dasswennnichtsverlangtwird,derffentlicheDruck
zunehmenwrde,dieseLeistungeinzuschrnkenoderganzzukrzen.
Allerdingsgibtesschonjetzteinigelitungn d stt, di nicht n G-gnitungn goppt ind.SowirdzumBeispieldieBenutzungvonStraen,
RadwegenundBrgersteigennichtvonderErfllungvonGegenleistungenab-
hngiggemacht.DasGleichegiltfrdenSchulbesuch.DasKindergeldistein
weiteresBeispiel,dasschoninderjetzigenFormein(nichtbedarfsdeckendes)
GrundeinkommenfreinenTeilderBevlkerungdarstellt. 14EineGegenlei-
stungwirdbeialldiesenLeistungendesStaatsnichtverlangt.
BefrworterInneneinesGrundeinkommensargumentierendarberhi-
naus,dass dergegenwrtigeReichtum unsererGesellschaftzu einemer-
heblichenAnteilaufdenlitungn un Vohn und d auchpung
ntich roucnbasiert.VondiesemBestandanInfrastrukturundan
Wissenprotierenhugdiejenigenammeisten,diediehchstenEinkom-menbeziehenunddiejenigenamwenigsten,dienureingeringesodergar
keinEinkommenbeziehen.Darauswirdgefolgert,dassalleingleicherHhe
andenheutigenGewinnenausdiesenRessourcen(bzw.zudenendieseRes-
sourcenbeigetragenhaben),teilhabensollen.
14 AllerdingsmitderAusnahmederEmpfngervonArbeitslosengeldII,beidenendasKindergeldaufdas
ArbeitslosengeldIIbzw.dasSozialgeldangerechnetwird.
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vomMedian15 desNettoquivalenzeinkommens.16Armistdemnach,wessen
Einkommendeutlich(mindestens 40%) unterhalb desMedianeinkommens
liegt.DasAusmaderArmutwirdalsoimVerhltniszurEinkommensvertei-
lungderBevlkerunggesetzt.DerBegriffquivalenzeinkommenweistdarauf
hin,dasseinzelne,demHaushaltangehrendePersonen(Erwachsene,Kinder)
unterschiedlichgewichtetwerden.SozhltinderneuenOECD-Skaladieerste
erwachsenePersonmit1,diezweitemit0,5undKindermit0,3.Soberechnetlag
2003dieArmutsgrenzeinDeutschlandbeieineralleinstehendenPersonbei938
EuroundbeieinervierkpgenFamiliebei1969,80Euro.17BeidiesemArmutsmawirdnochdeutlichernachderAnzahlderHaus-
haltsmitgliedergewichtet, alsbei demRegelsatzvonArbeitslosengeldII.Bei
diesemwirdnurfrdieersteerwachsenPerson100ProzentdesRegelsatzes
(345Euro)gezahlt,80ProzentfrdiezweiteerwachsenePersonund50Prozent
desRegelsatzesfrdieKinder.ZudemRegelsatzkommtnochdieVersicherung
inderKranken-undPegeversicherungunddieErstattungderWohnkosten
hinzu.2006wurdenvonderBundesagenturfrArbeit117,07EuroBeitragzur
Krankenversicherungund15,08EuroBeitragzurPegeversicherungfreinen
Alleinstehendengezahlt.18FrweitereMitgliederderBedarfsgemeinschaftwar
aufgrundderkostenfreienFamilienmitversicherung,fallsdasPaarverheiratet
war,keinweitererBeitragfllig.2006wurdenAlleinstehendenimDurchschnittWohnkosteninHhevon216EuroanerkanntundbeiPaarenmitzweiKindern
122EuroproPerson. 19DieseZahlensinddabeinichtzuverwechselnmitden
realerstattetenWohnkosten,diedeutlichniedrigerliegen,weilgegebenenfalls
vorhandenesEinkommenangerechnetwirdundinderFolgedieWohnkosten
nurteilweiseerstattetwerden.20AuchnichtzuverwechselnsinddieseZahlen
mitdenWohnkosten,diemaximalerstattungsfhigsind.Dieseliegenerheblich
darber.InBerlinwerdenbeieinem1-Personen-Haushaltbiszu360Euround
15 DerMedianoderdasMittelistnic htzuverwechselnmitdemarit hmetischenDurch schnitt.Bezogenau feine
EinkommensverteilungistesdasEinkommenderjenigenPerson,beidergenau50%bereinhheresEinkommen
verfgenund50%bereinniedrigeres.DadurchfallenextremeAusschlgeineineRichtungheraus.Dasfhrt
dazu,dassdieextremhohenEinkommennichtinsGewichtfallenundderMedianfolglichniedrigerliegtalsderDurchschnittderEinkommen.
16 Bundesregierung(2005).LebenslageninDeutschland.Der2.Armuts-undReichtumsberic htderBundesregie-
rung.Berlin,S.17ff.
17 Ebd.,S.6.
18 AngabendesBundesministeriumfrArbeitundSoziales.DieseZahlengeltennurfrdasersteHalbjahr2006.
19 GrundsicherungfrArbeitsuchende:WohnsituationundWohnkosten,BerichtderStatistikderBundesagentur
frArbeit,Nrnberg,Oktober2006.
20 GrundsicherungfrArbeitsuchende:GeldleistungenanBedarfsgemeinschaftenimJuli 2005,Berichtder
StatistikderBundesagenturfrArbeit,Nrnberg,Januar2006
gutist.UndauchwenndasnichtderFallist,kanndieseFhigkeitnurgelernt
werden,wenndieMglichkeitbestehtaucheinenFehlerzumachenundz.B.
einJobangebotabzulehnen.EinweiteresArgumentgegeneineKoppelung
derMindestsicherunganPichtenbestehtdarin,dassdieEinforderungder
GegenleistungenmithohembrokratischemAufwandverbundenist. Die
BehrdensindintensivmitderKontrolleundSanktionierungderArbeitslosen
beschftigt .FrdieBeratungundUntersttzungderArbeitslosenbleibtdann
oftkeineZeitmehr.ZudemwerdendieArbeitsloseneinBeratungsgesprch
nichtmitdernotwendigenOffenheitfhren,wennsiefrchtenmssen,dassdieseInformationenauchgegensieverwendetwerdenknnen.
Die Drohung mit verschrfter Armut ele damit weg die Picht zur Arbeit
aber keineswegs. Der Verzicht des Staates auf juristis che und materielle Strafen
bedeutet ja nicht, dass die Gemeinschaft keine berechtigten Ansprche an die
Erwerbslosen mehr richten drfte. Es bleibt richtig, von jedem erwachsenen
Menschen zu verlangen, dass er sein eigenes Leben durch selbstverantwortliche
Ttigkeit gestaltet und nanziert. Man soll ihn drngen, berzeugen, berreden,
wenn ntig nerven. Nur hat es in den wenigsten Fllen Sinn, Selbstverantwor-
tung zu erpressen. Erzwungene Arbeit ntzt meist weder dem Arbeitenden,noch bringt sie der Allgemeinheit einen konomischen Vorteil.
HannesKoch,02.04.2007taz,dietageszeitung
3.5 Grundeinkommen in exis tenzsiCHernder HHe
oder niCHt
EsistkeinnotwendigesKriteriumfreinGrundeinkommen,wieauchfran-
dereGrundsicherungsleistungen,obdieseLeistungineinerHhegezahltwird,
dieexistenzsicherndist.Esistauchumstritten,wogenaudieHhliegt,abder
eineMindestsicherung existenzsicherndist.AuchdieWissenschafthathierkeineeindeutigeAntwort.InentwickeltenIndustriegesellschaftenwerdenbli-
cherweiseMaevonArmutverwendet,dieArmutimVerhltniszum(Einkom-
mens-)rch GchundzurVerteilungdiesesReichtumsinder
Gesellschaftmisst.
DasArmutsma,dassowohldemArmuts-undReichtumsberichtderBun-
desregierungzugrundeliegt,alsauchvonderOECDbenutztwird,ist60%
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meneinhheresNettoeinkommen.WenndasEinkommenvorherunterhalb
vonArbeitslosengeldIIlag,dannbruchtensiekeinaufstockendesArbeitslo-
sengeldIIbeantragen.EinsolchespartialesGrundeinkommenwrdeauch
denEinstiegindieErwerbsarbeiterleichtern,dadaszuerwartendeNettoein-
kommenleichterzukalkulierenundderBezugverlsslicherist.
EinGrundeinkommenunterhalbdesExistenzsicherungsniveauswrdezwar
nichtdenDruckzurErwerbsarbeitnehmen.Allerdingswrdenauchmiteinem
nichtexistenzsichernden Grundeinkommen dieOptionenbezglich derEr-
werbsarbeitvergrert.Teilzeitarbeitwrdefrvielezueinerechten,existenz-sicherndenPerspektive undPhasen ohneEinkommenknntenleichterber-
brcktundFortbildungenleichternanziertwerden.
3.6 g ch Vbch e
FrdieFinanzierungeinesGrundeinkommenswerdenzweiunterschiedliche
Variantendiskutiert:eineFinanzierungdurchEinkommenssteuernoderVer-
brauchssteuern.Zustzlich beziehen aucheinigeFinanzierungsmodelle die
EinfhrungvonVermgenssteuernein.
VbuchtunsindSteuern,diedenKonsumvonGternundDienst-leistungen besteuern. Neben derallgemeinen, fast alle Verbrauchsarten
betreffendenUmsatzsteuer,gibtes auchspezielleVerbrauchssteuern,wie
dieMinerallsteuer.DieFinanzierungeinesGrundeinkommensmit einer
erhhtenUmsatzsteuerhatdenVorteil,dassalleBrgerundBrgerinnen
gleichermaen zur Finanzierung herangezogenwerden. Eine Erhhung
derVerbrauchssteuernhatallerdingseineregressiveWirkungaufdieEin-
kommensverteilung:Der Grund dafr ist, dass einkommensschwchere
HaushalteimVerhltniszuihremEinkommeneinengrerenAnteilfr
Konsumgterausgeben.EinkommensstrkereHaushaltehaben hingegen
dieMglichkeitGeldzusparen.Entsprechendtragendiejenigenmithohem
EinkommenimVerhltniszuihremEinkommeneinengeringerenAnteilzurFinanzierungbeialsPersonenmitgeringeremEinkommen.Zudembe-
stehtbeieinerdeutlichenErhhungderVerbrauchssteuerndieGefahr,dassdie
wirtschaftlicheDynamikgebremstwird.DieProduktewrdenteurerunddie
KonsumentInnenhieltensichbeimEinkaufzurck.Allerdingsistdabeinicht
bercksichtigt,dasseinGrundeinkommendurcheinenanzielleBesserstellung
derschlechtestGestellteneinenNachfrageschubauslsenkann(siehedazu
beieinem4-Personen-Haushaltbiszu619EurovondenJobcenternbernom-
men.21WennmandieAnrechnungvoneigenemEinkommenundVermgenbei-
seitelsst,erhielteinAlleinstehenderimdeutschen22Durchschnittundincl.der
BeitrgezurKranken-undPegeversicherung693,15Euro.EineVierpersonen-
familieerhielt1586,15Euro.23InBerlinkonnte(beientsprechendhohenWohn-
kostenundwiederumincl.BeitrgenzurKranken-undPegeversicherung)ein
Alleinstehenderbiszu837,15EuroerhaltenundeineVierpersonenfamiliebis
zu1717,15Euro.
AlleinstehendeR Paar mit zwei Kindern
ALG II plus Durchschnitt anerkannte
Wohnkosten 2463,15 Euro 1586,15 Euro
Regelsatz ALG II plus maximal erstattete
Wohnkosten (in Berlin)25837,15 Euro 1717,15 Euro
Armutsgrenze nach neuer OECD-Tabe ll e 38,00 Euro 16,00 Euro
2425
SomitliegtArbeitslosengeldIIsowohlfrAlleinstehendewieauchfrPaaremit
zweiKindernunterderArmutsgrenze,diedemArmuts-undReichtumsberichtderBundesregierungzuGrundegelegtwurde.BeidiesemVergleichistallerdingszubercksichtigen,dassfrBezieherundBezieherinnenvonArbeitslosengeldIIzustzlicheinBeitrag(40,80EuroproMonat)indieRentenversicherungeinbezahlt wird.Davon protieren allerdings nur diejenigen, deren RentenspteroberhalbdesNiveausderGrundsicherungliegen.
EinGrundeinkommenknnteauchinnichtexistenzsichernderHheeinge-
fhrtwerden.WenndiebedarfsgeprftenLeistungen,wieArbeitslosengeldII,
erhaltenbleiben,bedeutetdiesfrPersonenmitgeringem,unstetigemoder
garkeinemEinkommeneineVerbesserungderSituation.GeradePersonen
mitgeringemEinkommenhttendurcheinsolchespartialesGrundeinkom -
21 Senatsverwalt ungfrGesundheit,SozialesundVerbraucherschutz ,Ausfhrungs vorschriftenzurErmitt lung
angemessenerKostenderWohnunggem22SGBII(AV-Wohnen)vom7.Juni2005.
22 DerBerlinerDurchschn ittlagetwashher.ZahlenfrAl leinstehendeliegennichtvor.
23 BeidiesenZahlenistzubercksicht igen,dassPersonen,dieArbeitslosengeldIIbeziehenohneweitereKosten
frdieLeistungsbezieherInnenkrankenversichertsind.
24 DieBeitrgezurKranken-undPegeversicherungsindeinberechnet.ZustzlichsindArbeitslosengeldII-Emp-
fngerrentenversichert.2007wurdenfrAngestellteundArbeiter40,80EuroRentenversicherungsbeitraggezahlt.
25 DieBeitrgezurKranken-undPegeversicherungsindeinberechnet.ZustzlichsindArbeitslosengeldII-Emp-
fngerrentenversichert.2007wurdenfrAngestellteundArbeiter40,80EuroRentenversicherungsbeitraggezahlt.
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alsjemand,dervondieserSummelebenmuss.Zumanderennehmengerade
Besserverdienendedie vielenAbschreibungsmglichkeitenin Anspruch,wo-
durchsieoftnurwenigodergarkeineSteuernzahlen.MitderEinfhrungeiner
attaxwirdinderRegelaucheineweitgehendeAbschaffungdersteuerlichen
Abschreibungsmglichkeitenverbunden,wodurchderUmverteilungseffektzu
Gunstender Besserverdienendenabgeschwchtodersogar aufgehobenwird.
EineAbschaffung dersteuerlichenAbschreibungsmglichkeitenknnte aber
auchunabhngigvoneinerUmstellungaufeineattaxeinenBeitragzurFinan-
zierungeinesGrundeinkommensleisten.GegeneinehoheBesteuerungvonEinkommenwirdauchangefhrt,dass
damiteingeringererAnreizzuLeistungundBildungeinhergeht.Allerdings
fhrteinhheresBruttoeinkommenauchbeihohenSteuerstzenundeinem
progressivenVerlaufderSteuerstzezueinemhherenNettoeinkommen.
Kapitel5,WirtschaftlicheAuswirkungen).DiesebeidenEffekteknntensich
somitausgleichen.
VariantenderVerbrauchssteuernwiedie,alsodieBesteuerungdes
Energieverbrauchsund umweltschdlichenVerhaltens, koppeln dieFinanzie-
rungdesGrundeinkommensanumweltpolitischeSteuerungsabsichten.Eine
solcheKoppelungkannzueinerhherenAkzeptanzfreinekologischmoti-
viertePolitikbeitragen,dasiedenregressivenEffekt,denauchdiekosteuern
haben,ausgleicht.Davonausgehend,dassjedeundjederdasgleicheRechtauf
dieNutzungvonRessourcenund diedamitverbundeneVerschmutzungderUmwelthat,istesnaheliegend,dassdiejenigen,dieineinemhherenMae
RessourcenverbrauchenoderdieUmweltverschmutzendenanderen,diedas
ineinemgeringerenMaetun,einenAusgleichzahlen.ImUnterschiedzu
derjetzigenVerwendungderkosteuernzur Finanzierungdergesetzlichen
Rentenversicherung,wrdenalleBrgerInnenvoneinemGrundeinkommen
protieren.WenndiekosteuernallerdingsdieerhoffteWirkungerzielen,also
einen geringerenRessourcenverbrauch,sinken automatischdie Einnahmen.
FallsdiesdieeinzigeQuellezurFinanzierungeinesGrundeinkommensist,
sinktentsprechenddasausgezahlteGrundeinkommen.EineFinanzierungber
kosteuernist folglichkeineverlsslicheGrundlagefr eindauerhaftin der
HhestabilesGrundeinkommen.DiemeistenFinanzierungskonzeptefreinGrundeinkommenseheneine
Finanzierungberdiee vor.AlleindiesemHeftdiskutierten
Grundeinkommensmodellegehendavonaus,dassmitderEinfhrungeines
GrundeinkommensinexistenzsichernderHheweiteresEinkommenabdem
erstenEurobesteuertwird,dadieBegrndungfrdiesteuerlicheFreistellung
desExistenzminimumsentfllt.
MiteinerprogressivenEinkommenssteuer,alsoeinemhherenSteuersatz
frhheresEinkommen,bestehtdieMglichkeit,denBeitragzurFinanzie-
rungentsprechendderLeistungsfhigkeitderMenschenzugestalten.Manche
Finanzierungskonzeptefr einGrundeinkommen sehen eineErsetzungdes
bisherigenprogressivenVerlaufsdes Einkommenssteuersatzes durcheineneinheitlichenSteuersatz,eineattax,vor.EineBewertungderdamit verbun-
denenVerteilungseffekteistnichteinfach.SowirdderVerteilungseffektzugun-
stenderSchwcherendurcheinenprogressivenSteuersatzoftberschtzt.So
wirdderSpitzensteuersatznichtaufdasgesamteEinkommengezahlt,sondern
nurfrdenTeildesEinkommens,abdemderSpitzensteuersatzgilt.Auchder
Einkommensmillionrzahltaufseineersten15.000EuronichtmehrSteuern,
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desThringerMinisterprsidentenDieterAlthausvorliegen28,erhltdieAusein-
andersetzungum einBrgergeldbzw.Grundeinkommeneinezustzlichef-
fentlicheRelevanz.MitdemUnternehmerGtzWernerundDieterAlthaushat
dieIdeedesGrundeinkommenserstmalsdieDiskussionszirkelakademischer
odersozialreformerischerKreiseverlassen.AndenUniversittenundinwis-
senschaftlichenInstitutionenwirdschonlngerberAlternativenwieGrund-
einkommens-bzw.Grundsicherungsmodellenachgedacht29.Genanntseienhier
stellvertretendfrdieDiskussioninDeutschlandWolfgangEngler,Manfred
Fllsack,JoachimMitschke,ClausOffe,MichaelOpielkaoderGeorgVobruba.
ImfolgendenstellenwireineAuswahlvonGrundeinkommens-undGrundsi-
cherungsmodellen30vor,dieausunsererSichtfrdieffentlicheAuseinanderset-
zunginDeutschlandumdieNeuausrichtungdesSozialstaatesvonBedeutung
sind.UnserZielistes,dieVielzahlanunterschiedlichenElementen,dieinder
DiskussionbereineEinfhrungeinesGrundeinkommenseineRollespielen,
darzustellenundsieuntereinanderinBeziehungzusetzen.Hierbeihabenwirbe-
wussteineAuswahlgetroffen,welchedieVielfaltderDiskussionwiderspiegelt.
DasBggvonJoachimMitschke
DermittlerweileemeritierteProfessorMitschkeschlgteinGrundsiche-rungsmodellderNegativenEinkommenssteuervor.DurchdieErweiterung
desEinkommenssteuertarifesumeinenNegativbereichwirdeinfestgelegtes
Grundeinkommensniveaugesichert.Einkommen,dieunterdiesemNiveau
liegen,werdendurcheineTransferzahlungvondenFinanzmternaufdie -
senBetragaufgestockt.DasBrgergeld-Modellwirktdurcheinenspeziellen
Steuersatzvon50%frEinkommenbiszumdoppeltenWertdesGrundein-
kommensniveausalsKombilohn.
DieGvchg vonMichaelOpielka
AufGrundlageeinerVolksversicherungentwickeltOpielkaeinReformmodell
fr die zentralen sozialstaatlichen Aufgaben wie Kranken-,Arbeitslosig-keits-undRentenversicherung,dasaufBeitragszahlungenaufalleEinkom -
mensartenbasiert.ErtrgtindemModelleinemverndertenArbeitsbegriff
28 Vgl.IngridHohenleitner,ThomasStraubhaar,BedingungslosesGrundeinkommenundSolidarisch esBrger-
geldmehralssozialutopischeKonzepte,HamburgischesWeltwirtschaftsinstitut,2007.
29 Vgl.YannickVanderborght,PhililleVanParijs,EinGru ndeinkommenfralle?,Frankfurt/Main,S.32.
30 zurBegriffsklrungvonBrgergeld,Grundeinkommen,GrundsicherungundNegativeEinkommensteuer
sieheKap.1.
4. modelle r ein Grundeinkommen
SeitderEinfhrungdesArbeitslosengeldesII(ALGII)imJahr2005hatdie
DebatteumAlternativenzurGrundsicherungfrErwerbsfhigedeutlichan
Dynamikgewonnen.SptestensimJahr2006wurdedeutlich,dassderausblei-
bendeErfolgderArbeitsmarktreformennichtmehralleinemitdenSchwierig-
keitenbeiderUmsetzungderHartz-Reformenbegrndetwerdenkann.Der
derzeitigeRckgangderArbeitslosigkeit,kannaberkaumdarberhinwegtu-schen,dass dasProblemderMassenarbeitslosigkeitnichtalleineamArbeits-
marktgelstwerdenkann.
DieErfahrungenderKundInnenindenJobcenternmitdenderzeitigenarbeits-
marktpolitischenManahmen,diefrdieindividuelleLebenssituationderBe-
troffenenoftunzureichendsind,lasseninderffentlichkeitberechtigteZweifel
aufkommen,obdieHartz-ReformeneinenwesentlichenBeitragzurVerbesse-
rungamArbeitsmarktleistenknnen.DiedeutscheArbeitsmarktpolitiksetzt
dabeiverstrktdarauf,ArbeitsloseinschlechtbezahlteArbeitsverhltnissezu
drngen.EineauflangfristigeErfolgezielendeArbeitsmarktpolitik,dieindie
Menscheninvestiert,aufeinebessereAusbildungsetztundzulebenslangemLernenanimiert,existiertderzeitnicht.StattdessenwerdendieErwerbslosen
mitdemDrohpotentialderimSGBII vorgesehenenSanktioneninBeschfti-
gungsverhltnisseimNiedriglohnbereichgedrngt.DieFolgeisteinsteigender
AnteilvonBeschftigteninprekrenBeschftigungsverhltnissen,wieUnter -
suchenzeigenzueinemerheblichenTeilsogarmitqualiziertenAusbildungen.
MehralsdreiVierteldervonNiedriglhnenBetroffenenhabenachAngabendes
InstitutsfrArbeitundTechnik(IAT)inWuppertaleineabgeschlosseneBerufs-
ausbildungodersogareinenakademischenAbschluss.Mittlerweilearbeiten4,6
Mio.MenschenimNiedriglohnsektor,dievoneinemMindestlohnvon7,50Euro
direktprotierenwrden.26
SinddieBefrwortereinesGrundeinkommenseinKartellvonNeoliberalen
undNeomarxisten,wieNorbertBlmjngstinderWochenzeitungDieZeit
mutmate?27SeitzuBeginndesJahres2007ersteBerechnungenfrdasModell
26 Vgl.Prof
27 NorbertBlm,WahnsinnmitMethode,inderWochenzeitungDieZeitvom26.04.2007.
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4.1 JoaCHim mitsCHke : Grundeinkommen durCHneGatiVe einkommenssteuer
Brgergeld fr mehr Arbeitspltze31
FrdiedeutscheDiskussionumeineAlternativezumbestehendenSozialstaats-
modellspieltderFinanz-undWirtschaftswissenschaftlerProf.JoachimMitschke
einehervorgehobeneRolle.SchonMitteder80erJahrebeginntMitschkeseine
KampagnefreinBrgergeldinFormeinernegativenEinkommenssteuer.32Die
IdeeeinesbedarfsunabhngigenGrundeinkommenswurdeinderwestdeutschenDiskussionkaumrezipiert.33ImVorfeldderBundestagswahl1987fandzwischen
SozialpolitikerInnenderParteiB90/GrneeineintensivereAuseinandersetzung
umdieIdeeeinesgarantiertenGrundeinkommensstatt.ImUmbauprogramm
zurBundestagswahl1987wurdenjedochdieSchwerpunkteaufdieUmvertei-
lungvonArbeitunddieEinfhrungeinesMindesteinkommensinFormeines
MindestplafondsindenbestehendensozialenSicherungssystemengesetzt. 34
Inden 90erJahrenstieMitschke insbesondere inder CDU-nahenChrist-
lich-Demokratischen-Arbeitnehmerschaft (CDA),derWirtschaftsvereinigung
derCDUinNordrhein-WestfalensowiebeidenFreienDemokraten(FDP)auf
InteresseandemKonzepteinesBrgergeldesinFormeinerNegativsteuer.35InderKoalitionsvereinbarungvonCDUundFDPfrdie13.WahlperiodedesDeut-
schenBundestages(1994-1998)wurdediePrfungeinesGrundsicherungsvor-
schlagsinForm einesBrgergeldesaufgenommen.Einehierfreingesetzte
ExpertInnenkommissionempfahlimmerhindieEinfhrungeinesneueinzu -
richtendenSozialtransferamtes.
d i
ZuBeginnderReformvorschlgefreinneuesSozial-undSteuersystemsteht
beiMitschkedieSchlussfolgerung,dassessichbeidemstetigsteigendenSockel
vonErwerbslosenumeinh shandele.36ErsahEndeder
31 Vgl.JoachimMitschke,FrankfurterAllgemeineZeitung,vom16.12.1995.
32 Vgl.YannickVanderborght,PhililleVanParijs,EinGrundein kommenfralle?,Frankfurt/Main,S.32.
33 Vgl.MichaelOpielka, MargheritaZander[Hg.],FreiheitvonArmut,Essen,1988,S.7ff.
34 Vgl.HelmutWiesenthal,in:MichaelOp ielka,MargheritaZa nder,1988,S.46ff.
35 Vgl.JoachimMitschke,GrundsicherungsmodelleZiele,Gestaltung,WirkungenundFinanzbedarf,Baden-
Baden,2000.
36 Vgl.JoachimMitsch ke,ErneuerungdesdeutschenEinkommensteuer rechts,Kln,2004,S.86ff.
RechnungundstelltdieErziehungsarbeitderErwerbsarbeitgleich.FrAus-
bildungszeitenintegriertereinAusbildungsgeldaufHhedesderzeitigen
sozialenExistenzminimums.EsbestehtwiedasderzeitigeBAfGauseinem
ZuschussundeinemDarlehen.EinvergleichbaresAngebotsollfrnicht-er-
werbsttigePersonenentwickeltwerden,diekeineBeitragsrechteerworben
habenundnichtuneingeschrnktdemArbeitsmarktzurVerfgungstehen.
DasGvonGtzWerner
DerUnternehmersprichtsichfreinbedingungslosesGrundeinkommenausundmchtedasSteuersystemvollstndigaufeineKonsumsteuerumstel len.Das
Grundeinkommensolldassozio-kulturelleExistenzminimumsichernundin
seinerHhefrunterschiedlicheLebensabschnitteundLebenslagendifferen-
ziertwerden.Erbetontbesondersdiekulturellenundgesellschaft lichenChancen,
dieseinerMeinungnachinderEinfhrungeinesGrundeinkommensliegen.
Dassch BggvonDieterAlthaus
DerthringischeMinisterprsidentschlgtebenfallsdieEinfhrungeines
Grundeinkommensvor.WichtigeElementeseinesVorschlagssinddieBe-
schftigungsanreizedurchattraktiveZuverdienstmglichkeiten,dieVerbin-
dungmiteinersteuernanziertenGesundheitspauschalesowieeinemgro-enoderkleinenBrgergeld,dasjeweilswiederumgekoppeltistmiteinem
Steuersatzvon25%bzw.50%.DasgroeBrgergeldbendetsichgeringfgig
unterdemderzeitigenSatzvonALGIIoderSozialhilfe.
DieG GchgvonThomasPoreskiundManuelEmmler
DasModellPoreskiundEmmlerkombiniertElementedesbedingungslosen
Grundeinkommensmit bestehendenHilfeleistungenwie Sozialhilfebzw.
ALGII.EswirktdabeiwieeinenegativeEinkommenssteuerbzw.einBrger-
geld.SteuerfreibetrgewiedasEhegatten-SplittingoderKinderfreibetrge
werdendurchGrundeinkommensleistungenkompensiert.Diemonatliche
GrundsicherungorientiertsichdabeiandemderzeitigenSozialhilfeniveau.ZustzlicheBedarfewieWohngeldoderSonderbedarfe(z.B.aufgrundeiner
Behinderung)werdenbedrftigkeitsgeprftgewhrt.DasModellsiehteine
einheitlicheGrundsicherungsabgabesowieeineneinheitlichenSteuertarif
aufalleEinknftevor.
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HierdurchergebensichfrMitschkefolgende ecp Bgg-m:
GrundgedankedesBrgergeldesistes,den e umeinen
ngvbch h sgzuerweitern.DasBrgergeld
wirdinFormeinersgch (Steuerabsetzbetrag,taxcredit)ausbezahlt.
DasBrgergeldistb.Eslegteinenpch mb-
zuGrunde.Angerechnetwerdenalleinee e, r-
Vg.FamilienmitgliedersollennichtzurUnterhaltsleistung
herangezogenwerden.
Smtliche svchgg werden sy Bg-g g(z.B.Arbeitslosengeld,Wohngeld,Kindergeld,Erziehungs-
geld,Ausbildungsfrderungusw.)
Freineh Pmiteinerch whnimmt
MitschkeeinMindestsicherungsniveauvon650 e37(fr2004)an.Inneuerer
ZeitgehterjedochvoneinerniedrigerenBasisaus,dieca.600Eurobetrgt.38
zvwerdenb Hh BggmiteinemP v
50% v Bgg bgg.D.h.,dieHlftedesZuverdiensteskannalso
biszurHhedesBrgergeldesbehaltenwerden.
AbeinemZuverdienst,derdieHhedesBrgergeldesbersteigt,entflltdie
Brgergeldleistung.DasEinkommenwirddannmitdenallgemeinenSteuer-
stzenbelastet. DasBrgergeldwirdv svg gh.Hiermitlassen
sichdieLeistungsabteilungensmtlicherSozialverwaltungenindenSteuer-
mternineinemgemeinsamenTransferamtzusammenfassen.
DasModellvonMitschkeverfolgtdabeidreiwesentlicheZiele:
Bpg abg nghfrNiedrig-Qualizierte.
Vhg v a.
ebgundAbbauentbehrlicherSozialbrokratie.
ub s- sy
JoachimMitschkeschtzt gpv dgbchdasB-
chggpauf1,3 b 2,4 m.39InsbesondereimEinzelhandel,in
37 Vgl.JoachimMitsch ke,ErneuerungdesdeutschenEinkommensteuer rechts,Kln,2004,S.
38 Vgl.SebastianJost,inBrandEins,Sozia leInnovation,Ausgerechnet:Grundeinkommen,2/2006.
39 Vgl.JoachimMitsch ke,ErneuerungdesdeutschenEinkommensteuer rechts,Klln,2004,S.93.
90erJahresowiezuBeginndeserstenJahrzehntsdes21.Jh.indemPhnomen
dersteigendenMassenarbeitslosigkeitdieg v h b b
lhbg,diedasEntstehenvonmarktrumendenLhnenverhindere.Hier-
frmachteermageblichdieLohnpolitikderGewerkschaftenverantwortlich.
ErsiehtindemhohenAnteilvonUnqualiziertenandenLangzeitarbeitslosen
einenBelegdafr,dassdieWirkungvonFinanz-,Steuer-undOrdnungspolitik
ihreZieleverfehlenmussten.ArbeitsangebotefrsogenannteLeichtlohnemp-
fngerknntendurchdietarifreSockelungspolitikderGewerkschaftennicht
entstehen.DamitgingenkonjunkturelleEffekteweitgehendan demArbeits-marktvorbei,dadieLohnkostenimNiedriglohnbereichberderProduktivitt
lgen.HinzukmensteigendeLohnnebenkosten,diedieArbeitskostenallge-
meinverteuerten.Mitschkesiehtdie Leichtlohnempfngerdabei ineinem
Dilemma.Entwederarbeitetensie zunicht-existenzsicherndenLhnenoder
siekmpftenfreinausreichendesLohnniveauundbeseitigtenhierdurchdie
VoraussetzungenfrihrenArbeitsplatz.
Mitschke formuliert deshalbag bchgg
Gchg:
EineGchgmssefrUnternehmen h a ,
umArbeitspltzeimNiedriglohnsektorzuerhaltenundneuzuschaffen,jedochmh gch v.
EinelohnergnzendeGrundsicherungmssezuverlssig,ermessensfrei,be-
drfnisorientiert,unbefristetundbrokratiearmkonzipiertsein.
DieLeistungmssedieig abzumZiel
haben.
DieSozialversicherungensollen vonderMindestsicherungsfunktionent-
lastetwerdenunddeshalb g s
werden.
Mitschkestrebteineb HhdesMindestsicherungsniveaus
an.VonderHhesollenjedochAnreizeausgehen,eineBeschftigungaufzu-
nehmen. Dase ebmsseimmerb nv
Gchgg liegen.
DieReformmsseweitgehendhhsein.
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7/30/2019 Garantiertes Grundeinkommen, Pro und Contra - Heinrich-Bll-Stiftung 2007.pdf
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DerVorschlagfrdier echsiehteinenAbbauder
Abschreibungstatbestndevor.AusreichendwredanneinSpitzensteuersatzin
Hhevon30%.BeidenUnternehmensolldieBesteuerungaufdieEntnahme
bzw.aufdieAusschttungvonGewinnenverlagertwerden.DerNutzenliegt
aufderHand:WerdendieGewinnein dasUnternehmen investiert,mssen
sienichtversteuertwerden.Dasbestehende,komplizierteKrperschafts-und
Bilanzsteuerrechtwrdeberssig.40
d g
JoachimMitschkeistvoneinerhh gdesBrgergeld-
Modellsberzeugt.ErberuftsichdabeiaufeinGutachtendesKielerInstituts
frWeltwirtschaftvon1998.DortwurdefreinBrgergeldmodellimungns-
tigstenFalleinFinanzbedarfvon24Mrd.DMerrechnet.DemstellterEinnah-
mengegenber,diedurcheineAusweitungderBeschftigungimNiedriglohn-
bereichmglichwren.Sollten500.000Arbeitslosein diesemBereich eine
Beschftigungnden,seimitMehreinnahmenvon10,5Mrd.Eurozurechnen.
DasArbeitsplatz-PotentialschtzterjedochaufeineGrenordnungvon1,3bis
2,4Mio.Beschftigungen.
ImAuftragvonJoachimMitschkehatdasFinanzwissenschaftlicheForschungs-
institutderUniversittKlndasSteuermodellaufGrundlageeinesSteuer-Trans-
fer-Simulationsmodellsdurchgerechnet.41EswirdeineEinfhrungs-undeine
Endphaseunterschieden.InderEinfhrungsphaseentstehenSteuerausfllevon
2Mrd.Euro,wasnahezueineraufkommensneutralenFinanzierungentspricht.
IndiesemZeitraumseimiteinerzustzlichenBeschftigungimUmfangvon
370.000zurechnen.InderEndphasewregegenberdembestehendenSteu -
ersystemeinSteueraufkommensverlustvon13Mrd.Eurozuverzeichnen.Die
BeschftigungwrdenachdenPrognosenweiterum251.000ansteigen.
40 Vgl.WilfriedHerz,Genialeinfac heIdee,inderWochenzeitungDieZeit,vom04.09.2003 .
41 Vgl.ClemensFuest,AndreasPeichl,ThiloSchaefer,Aufkommens-,Beschftigungs-undWachstumswir-
kungeneinerSteuerreformnachdemVorschlagvonMitschke,FinanzwissenschaftlichesForschungsinstitutder
UniversittKln,FiFiBerichtNr.5,Dezemeber2005,S.74f.
Reparatur-undInstandhaltungsbetrieben,imGastgewerbeundimTourismus
knntenArbeitspltzeimNiedriglohnbereichentstehen.Mitschkesiehtdurch
dieEinfhrungdesBrgergeldesauchChancenfrdieag v t-
b.MehrMenschenknntensomitindenerstenArbeitsmarktintegriertwer-
den.InsbesondereimniedrigerenLohnbereichseieineTeilzeitbeschftigung
aufeinemexistenzsicherndenNiveaumglich.
MitschkeschtztdieGh abp nghgals
geringein.Er hltdieMarktmachtderorganisiertenArbeitnehmerInnenfrausreichend,um Lhneunter demProduktivittsniveau zuverhindern.Eine
Einschtzung,dienachdenErfahrungenmiteinemausuferndenNiedriglohn-
sektorausunsererSichtsonichtgeteiltwerdenkann.Selbstgutausgebildete
AbsolventInnenausderGenerationPraktikumknnenhiervoneinLiedsingen.
mhin greremUmfangdurchdieUnternehmenerwartetMit-
schkenicht,dadieLohnsubventionnichtunmittelbardenUnternehmenzugute
kmen,sonderndieBeschftigtendirektdavonprotierten.DasInteressean
einemangemessenenStundenlohnbestehtjedenfalls vonSeiten desArbeit-
nehmers,dadasBrgergeldLohneinbuennurzurHlftekompensiert.Das
berraschendgroeInteresseandenArbeitsgelegenheitenmitMehraufwands-entschdigungen(MAE-Jobsoder1-Euro-Jobs)zeigtjedoch,dassdieBereitschaft,
frNiedrigstlhnezuarbeiten,besteht.
DerAutor gehtvon einemb bh svchg-
yaus.Einkommen,dieaufdasBrgergeldangerechnetwerden,sollen
ohnedieArbeitnehmeranteilezurSozialversicherungzurBesteuerungheran-
gezogenwerden.
DieIdeedesBrgergeldesinFormeinernegativenEinkommenssteueristTeil
einesumfangreichenReformvorschlagesfrdieenuung d einon-
tucht.EinwichtigerAnsatzpunktfrseineKritikandemheutigenSteuer-undSozialsystemistderumfangreicheUmverteilungsapparat,der
jedocheinengeringenWirkungsgradaufweise.So bezahlten97%der Er-
werbshaushaltemehrAbgabenalssiealsTransferleistungenzurckerhielten.
DieSteuerungswirkungseijedochhchstzweifelhaft.Vielmehrentstnden
durchdieUmverteilungerheblicheKosten.EineReformmsstealsofrziel-
genauereTransferssorgen.
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DasPp lghgistinderGEVverwirklicht.AlleEinkom-
mensartensollenmiteinemBeitragssatzvon17,5%herangezogenwerden
(sieheTabelleX).
DieunterschiedlichenModelleeinesBedingungslosenGrundeinkommens
bzw.einesBrgergeldessinddagegensteuernanziert.
AuchdasPp lggchg istineingeschrnkterFormum-
gesetzt.AnalogzurschweizerAHVfhrtenBeitrgeaufEinkommenbis
zurfnf-fachenHhedesGrundeinkommensbetrages(3.200Euro)zueiner
Leistung,diemaximalderHheeinesdoppeltenGrundeinkommensbetrags(1.280Euro)entsprche.
EineBeitragsbemessungsgrenzesollnichtbestehen,es istjedocheinMin-
destbeitragvorgesehen.
BeieinemEinkommenvon775EurowerdenachAbzugdesBeitragszurGEV
dasGrundeinkommensniveauerreicht.Hierausermitteltesichderm-
bginHhevonc. 135 e.ErseijedochnichtvonEmpfngerInnender
GEVzuentrichten.
DieSicherungseidannnichtmehrvonderErwerbsarbeitabhngig.Dies
fhrezueinereppg v ab e43undseieineAntwort
aufdielanganhaltendeKrisederLohn-Arbeit.
DieHh lgvon640EurosollsichanderHhedesExistenzmi-nimusvonErwachsenenorientieren,dasdemGrundfreibetragimEinkom-
menssteuerrechtentspricht(ca.638Euro).
DieLeistunghabenichtvorrangigzumZiel,eineSicherungdesvorherigen
Lebensstandardszu gewhrleisten.Jedochentstnden durchBeitrge An-
sprche,diemaximaldasdoppeltedesGrundeinkommensbetragesumfas-
senknnten(KorridorjenachBeitrgenvon640Eurobis1.280Euro).
Dierg istaufgrundeinesAlterszuschlagsum20%berdem
Grundsicherungsniveauvorgesehen(Korridorvon768bis1.536Euro).
DaskgsollindieGEVintegriertwerden.
AnsprcheaufLeistungensollerhalten,werBeitrgeindieGEVentrichtethat.AusnahmenindiesemSinnestelltenjedochLeistungenwiedaskg ,das
egoderdieGchg h ebdar.
43 Vgl.GeorgVobruba,EntkopplungvonArbeitundEinkommen,DasGrundeinkommeninderArbeitsgesell-
schaft,Wiesbaden2006,S.29ff.
4.2 miCHael oPielka : die Grundeinkommens-VersiCHerunG
Brgerversicherung strong
MitdemModellderGrundeinkommensversicherunghatOpielkaeinumfang-
reichesReformwerkvorgelegt,daszahlreicheAnregungenfreineWeiterent-
wicklungdesdeutschenSozialstaatsgebenknnte.
d i
DieIdeeeinerGrundeinkommensversicherung(GEV) 42orientiertsichweitge-
hendandemModellderchch a- Hbbvchg
(aHV).DieAHVisteineallgemeineundobligatorischeVolksversicherung,die
Vorsorgefr dasAlterbzw.fr Lebenssituationen vonHinterbliebenentrifft.
OpielkatratmitdiesemVorschlagimJahr2004andieffentlichkeit,alsin
DeutschlandintensivbereineReformdesKrankenversicherungssystemsdis-
kutiertwurde.
DieAbkehrvomBismarkschenSozialversicherungsmodellhltOpielkanicht
nurfrdieFinanzierungdesGesundheits-undPegesystemsfrnotwendig.S