Garcon Magazin 01/10

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DAS MAGAZIN FÜR ENTDECKER UND GENIESSER HEFT 1/2010 | 4€ GASTRONOMIE, HOTELLERIE & LEBENSART

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Garcon, Essen, Trinken und Ausgehen

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Heft 1/2010 | 4€

gastrOnOMie, HOteLLerie & LeBensart

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3 GARÇON

Parfait von Périgord-Gänseleber; Fricassé vom bretonischen Hummer; Wachtel auf einem Ragout von Waldpilzen; Steinbutt mit Champignons gedünstet; Sorbet aus Passionsfrüchten, Rehmedaillons mit Portweinsauce; Käse und Feigen in Cassis gedünstet – das Menü eines deutschen Sternerestaurants.

Und nun Hand aufs Herz: würden Sie darauf kommen, dass diese Speisenfolge bereits vor über 30 Jahren serviert wurde? Genau gesagt am 19. November 1979 in der lila Luxuspracht der Münchner Aubergine. Chef de Cuisine: Eckart Witzigmann, der an diesem Tag erfuhr, dass sein Restaurant am Maximiliansplatz als erstes in Deutschland mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wird.

Wie gesagt, das ist über 30 Jahre her, die meisten der aktuellen deutschen Spit-zenköche haben zu dieser Zeit gerade gelernt, ihren Namen zu schreiben. Dennoch wirkt das Menü immer noch modern und könnte heute durchaus so oder so ähnlich auf den Speisenkarten vergleichbarer Restaurants stehen.

Könnte, der Konjunktiv ist wichtig, denn immer mehr Küchenchefs entwickeln einen nicht mehr zu bremsenden Drang zum Regionalen, zur kulinarischen Entgloba-lisierung - auch in Berlin.

Das bestätigt u.a. Michael Kempf, Küchenchef im besternten Restaurant Facil am Potsdamer Platz in einer Garcon-Umfrage: „Ich denke, dass in Zukunft in der Topga-stronomie Regionalität und Saisonalität immer stärker in den Focus rücken. Das geht einher mit einer Rückbesinnung auf ursprüngliche Produkte und klassische deutsche Gerichte.“

Daniel Kresovic, Küchenchef im Restaurant 44, geht noch einen Schritt weiter: „Wir werden in Zukunft gezwungen sein, uns verstärkt regionalen Lebensmittel-produzenten zuzuwenden. Nehmen Sie nur mal den Thunfisch. Es wird in den kom-menden Jahren immer schwieriger werden, ihn zu bekommen, erst recht in guter Qualität. Die Meere sind überfischt und verschmutzen zusehends.“

Saibling statt Steinbutt also, Flußkrebse aus dem Spreewald statt Hummer aus der Bretagne und Lende vom Brandenburger Apfelschwein statt Lomo vom spanischen Cerdo Ibérico.

Daniel Achilles übrigens, jüngster Berliner Sternekoch aus dem Restaurant Rein-stoff, antwortete auf unsere Frage, was die kommenden Jahre kulinarisch prägen wird, so: „Der Japan-Trend. Minimalistisches Anrichten, weniger Komponenten auf dem Teller und viel mehr rohe Produkte, leicht mariniert. Einfach gesünder.“ Au-ßerdem schreibt Achilles: „Wenn ich mir allerdings einen Trend für den Gast und eigentlich auch für mich als Koch wünschen könnte, wäre es der hin zu klar nach-vollziehbaren Preisen!“ Damit, lieber Daniel Achilles, rennen Sie zumindest bei mir offene Türen ein.

Viel Freude mit dem neuen Garcon, und bleiben Sie uns gewogen.

Ihre Yvonne Weinlich

Liebe Leserinnen und Leser,

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INHALTMISE EN PLACE

TITEL ...als wie Currywurst

Anmerkungen zu einem Berliner Grund-nahrungsmittel

LOKALTERMIN

Augustiner 14 Premiere am Gendarmenmarkt

Lorenz Adlon 18Jubiläum eines Luxusrestaurants

Schildkröte 28 Klassiker am Kudamm

Kaiserpavillon 32Chinesisches in Hoppegarten

Andel s 34Buchvorstellung mit Traumblick

Ta Panta Ri 36Heraklid in Wilmersdorf

Mélia Berlin 38Hotel auf Spitzenplatz

KOPFSALAT

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. 40Dieter GroßklausFeinschmeckers Geburtstagsparty

Vincenzo Puglisi 44Buongiorno, Signore Benzo

Gabriele Maessen 49Lady Leonardo

Matthias John 52Das Küchen-As

GESCHMACKSSACHEN

Hammers Käsebrett 56Roquefort

Fuhrmanns Früchtekorb 58Ingwer

18 Lorenz-Adlon-Jubiläum

6 Currywurst

66 Madame Imago

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LEBENSART

Notte delle Stelle 60Impressionen einer großen Gala

Bilder einer Ausstellung 66Susanna Kraus fotografiert Köche

BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten 72

RUBRIKEN

Coledampf s Küchenkolumne 80Tajines

Herzogs Zigarren 82Bolivar Especiales No. 2

Gastroquiz 86

Impressum 87

49 Lady Leonardo

58 Ingwer

80 Tajines14 Augustiner-Eröffnung

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TITEL Currywurst

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„KOMMSE vONNE SCHICHT…

ANMERKUNGEN zU EINEM BERLINER GRUNDNAHRUNGSMITTELVON JÖRG TEUSCHER

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Currywurst TITEL

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Seit es sie gibt, ist die Currywurst ein Streitobjekt.

Die frankophilen Feuilletonisten der Nouvelle Cuisine verspotteten sie: „Bou-din vom Landschwein an Curry-Toma-ten-Coulis“. Die Jünger der gebratenen Schweinswurst mit Ketchup und Curry hielten dagegen: „Keine Lust auf Wach-telbrust.“

Das einzig wahre deutsche Fast Food wurde 1949 in Berlin erfunden, an Herta Heuwers Charlottenburger Imbissstand Kantstraße/Ecke Kaiser-Friedrich-Stra-ße. Kaum hatten die Berliner Fans zum 50-jährigen Jubiläum dort eine Dankes-tafel angeschraubt, widersprachen die Hamburger. Lena Brückner habe in der Hansestadt bereits 1947 die erste Curry-wurst serviert. Beweis: Uwe Timms No-velle „Die Entdeckung der Currywurst“. An einer Bude auf dem Hamburger Groß-neumarkt wurde ebenfalls eine Tafel aufgehängt. Eine Ortsbesichtigung er-gab allerdings, dass dieses Schild längst wieder weg ist. „Im vorigen Jahr sang- und klanglos verschwunden“, erklärte die Blumenhändlerin, die jetzt im Kiosk steht. Offenbar haben die Hamburger eingesehen, wohin die Currywurst wirk-lich gehört. Nur echt, wenn aus Berlin.

Currywurstkönigreich Berlin. Das klingt zwar ganz nett, trifft es aber nicht wirklich, denn die Stadt ist, was das Ber-linischste alles Essbaren betrifft, in di-verse Fürstentümer aufgeteilt.

Charlottenburg und Wilmersdorf z. B. werden currywurstmäßig vom Kudamm 195 aus regiert, in Kreuzberg trägt Cur-ry 36 am Mehringdamm die Krone, in Wedding gebietet Spießi’s Imbiss an der Osloer/Ecke Prinzenallee und in Prenz-lauer Berg Konnopke s Imbiss unter der U-Bahn und „Currywurst, inszeniert vom Restaurant Zander“ auf dem Samstags-markt am Kollwitzplatz.

Ob mit oder ohne Darm, ob auf Papp- oder Porzellanteller serviert – die Curry-wurst ist nicht gerade das, was gesunde Ernährung ausmacht. Trotzdem ist sie auf dem besten Weg in den Himmel der Hippness. Bester Beweis: 800 Millionen Currywürste im Jahr werden in Deutsch-land verspeist.

„KOMMSE vONNE SCHICHT…

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TITEL Italic

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…WAT SCHÖNRET GIBT ET NICH…

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Currywurst TITEL

Thomas Platt hat mit der Currywurst nicht viel am Hut. Der Berliner Foodjournalist ist Badener und erfuhr seine kulinarische Sozialisation mit Leberle und Schäufele. Dementsprechend urteilt er auch: „Die Currywurst ist der Protagonist der armen Berliner Küche.“ Damit liegt Platt auf einer Linie mit Deutschlands Gourmet-Papst Wolfram Siebeck, der den Inbegriff hiesiger Imbisskultur als eher dem Kurio-sitätenkabinett zugehörig sieht als einer seriösen Landesküche.

Das hielt den Unternehmensberater Martin Löwer und die Soziologin Birgit Breloh nicht davon ab, Mitte August 2009 in Berlin, nahe dem ehemaligen Check-point Charlie, das erste Currywurstmuse-um der Welt zu eröffnen.

Seit gut einem halben Jahr führt nun in der Schützenstraße 70 ein curry-wurstsaucenroter Saucenstrom (oder schreibt man hier besser Soße?) durchs Erdgeschoss eines Bürobaus zur Saucen-landschaft, einer überdimensionalen Sitzgelegenheit. Von der Decke hängen currywurstsaucenrote Saucentropfen. Es gibt eine Imbissbude auf Rädern und eine Ketchup-Flaschen-Hörstation.

Berlinscope heißt ein Stadtplan, der zeigt, wo die 120 Berliner Currywurstbu-den ihre Kunden satt machen.

Neukölln, Prenzlauer Berg und Spandau kämpfen um die Spitzenreiter-Wurst; Hellersdorf, Köpenick und Zehlendorf dagegen sind – currywurstmäßig gesehen – Entwicklungsgebiete.

Dieser Buden-Plan ist auch deshalb besonders praktisch, weil das Deutsche Currywurstmuseum den Praxistest seit der Eröffnung scheut. Statt dessen philo-sophiert man: „Die Currywurst ist mehr als nur ein Lebensmittel. Sie steht für ein Lebensgefühl. Sie ist als urbaner Snack Wirtschaftsfaktor und Kulto bjekt zu-gleich.“

Anstelle einer echten Wurst gibt es Basecapes für 18 und Küchenschürzen für 15 Euro. Und die Eintrittspreise – 11 Euro für Erwachsene und 7 Euro für Kin-der – sind auch nicht gerade von Pappe. „Überall merkt man das Kalkül, einen Reibach zu machen“, kritisiert Thomas Platt. Damit hat er wohl Recht.

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…WAT SCHÖNRET GIBT ET NICH…

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… ALS WIE CURRyWURST“

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Currywurst TITEL

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KRÄSI KÖRRI

Thomas Sell hätte durchaus in der Politik Karriere machen können. Der 53-Jährige stammt aus Güteborn, einem Ort im südlichen Brandenburg, „in der niederschlesischen Oberlausitz“, sagt Sell. Er studierte Jura an der Martin-Lu-ther Universität Halle-Wittenberg, arbei-tete nach dem Diplom in Berlin für die evangelische Kirche, engagierte sich in der DDR-Opposition und war zu Wende-zeiten Leiter des Amtes für Zivildienst. Der Aufstieg in irgendein Ministerium des wiedervereinten Landes schien nur eine Frage der Zeit.

„Es gab Ereignisse, die mich von dem Gedanken Abstand nehmen ließen“, mehr will Thomas Sell darüber, dass es anders kam, nicht sagen. Er wechselte in die Immobilienbranche und würde sich wahrscheinlich heute noch mit Mietspie-

geln und Wohnungsschnitten beschäfti-gen, hätte er nicht Werner Sender ge-troffen.

Beim Angeln an einem norwegischen Fjord liefen sich Sell und Sender über den Weg, die Nase voll vom täglichen Lachsfrühstück. Ein Königreich für eine Currywurst, dachten sie. Ein Wort gab das andere, und eine Idee wurde gebo-ren. 14 Jahre dauerte es dann allerdings noch, bis daraus Realität wurde.

Am 14. Februar eröffnete Thomas Sell seinen Imbiss der besonderen Art. Wer-ner Sender, 52, gelernter Koch aus Köln und Geschäftsführer eines großen Cate-ringunternehmens, fungierte als Berater und holte sich zusätzliche Hilfe bei Her-bert Beltle, dem ausgebufften Gastrono-men und Freund aus alten Heidelberger Hotelfachschulzeiten.

Ort des Geschehens: Berlin-Schöne-berg, Maaßenstraße, Ecke Nollendorf-platz. Aus einer ehemaligen Buchhand-lung wurde in gerade mal sechs Wochen ein Ort für gehobenen Imbiss. Das Attri-but beschreibt das Gegenteil schmudd-ligen Budenzaubers – Sells und Senders, wie sie es nenen, „Genuss- und Kommu-nikationsraum“ ist hell und freundlich eingerichtet, moderne Küchentechnik verhindert, dass öliger Frittenduft durch die Luft wabert und in die Klamotten kriecht. „Saubere Beispiellösung für ei-nen modernen Imbiss“, kommentiert ein Branchenkenner.

Weit weniger sachlich der Name des Ladens: „Goldkörri – die total verrückte Currywurst“.

Sell und Sender, beide nun wahrlich keine jugendlichen Aufdreher, hatten

KONKURRENz FüR KONNOPKE & CO.VON MARC STEyER

… ALS WIE CURRyWURST“

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TITEL Currywurst

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gelesen, dass Forscher der Universität in Singapur enteckten, dass Curry die Leistungsfähigkeit des Gehirns steigern würde. Sell: „Nach unzähligen Curry-wurst-Test-Partys im Freundes- und Be-kanntenkreis haben wir festgestellt, dass auch unsere Goldkörri-Wurst tatsächlich schlau macht. Aber nicht nur das. Wir fanden auch heraus, dass sie glücklich macht, und in Einzelfällen kam es sogar zu einer Verbesserung des Aussehens.“ Und Sender ergänzt: „Das fanden wir to-tal verrückt.“

Klappern gehört eben auch zum Im-bisshandwerk, allemal am Nollendorf-platz.

Letztlich allerdings ist es die Qualität der Wurst und nicht die Werbung, die Gäste anzieht oder abschreckt. Und da haben Sell und Sender allen Grund zur Zufriedenheit.

Ihr raffiniertes Wurstrezept überlie-ferte ein Großonkel von Thomas Sell. Der Metzgermeister machte damit einst zwischen Bautzen und Görlitz Furore.

„Weshalb sollte eigentlich die schlesi-sche Wurstmachertradition nicht auch in Berlin ankommen?“, fragten sich Sell und Sender.

In Pankow fanden sie einen Partner. Metzgermeister Uwe Mischke wurstelte sich durch die jahrzehntelang geheim ge-haltenen Ingredienzen und staunte nicht schlecht. Auf die Frage, was die Körri ge-genüber der Curry zu etwas Besonderem macht, lächelt der Meister vielsagend: „Kalbfleisch und Orangensaft, der Rest bleibt, was er immer war – Familienge-heimnis.“

Bei solchem Aufwand verbot sich na-türlich jede Art von Industriesoße aus dem Pappeimer. Sell und Sender ver-richteten deshalb in ihren häuslichen Kü-chen Entwicklungsarbeit und entrissen 28 Zutaten, darunter 19 Gewürzen, ihre letzten Geheimnisse. Das Ergebnis: eine perfekt auf die feine Wurst abgestimmte Sauce, die von der mancherorts verab-reichten roten Tunke genauso weit ent-fernt ist wie Frittenfett von Erdnussöl.

www.körri-gold.com

GOLDKÖRRI

Maaßenstraße 210777 Berlin-Schöneberg

Tel. 030 - 23 62 88 58

Thomas Sell, Herbert Beltle und Werner Sender, v. li.

Damit edle Wurst und feine Sauce in ihrer weißen Porzellanschale auch ja standesgemäß wirken, pudert Michaela Bonath noch einen Hauch 23-karätigen Goldstaub drüber. „Das macht die Körri erst zur Goldkörri“, erklärt sie, die schon im gleichen Kiosk Currywürste verkauf-te, der den drei Damen vom Grill einst als Original-TV-Kulisse diente.

Zur Goldkörri empfehlen Sell und Sender ein ebenfalls goldiges Getränk namens Schampör. Senders Frau hat die „Prickelbrause auf Weißburgunderbasis“ entwickelt und vertreibt sie nun exklu-siv. Rainer Eppelmann, prominenter Er-öffnungsgast, kommentierte das Ange-bot des Edel-Imbisses berlinisch korrekt: Da kannste nich meckern.

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Currywurst TITEL

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BudenzauberBilder einer Imbisseröffnung

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LOKALTERMIN Augustiner

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DIE BIER-BOTSCHAFT

Nicht kleckern – klotzen! Es ist wie im-mer, wenn Josef Laggner ein neues Restaurant eröffnet: Bodygards und Promiauftrieb, dass selbst Münchens Bussi-Bussi-Schickeria neidisch nach Ber-lin schielt.

Donnerstag, 25. Februar. Die Ecke Charlottenstraße/Jägerstraße wird von bayerischen Farben, bayerischer Blasmu-sik und bayerischem Dialekt beherrscht. Selbst gebürtige Berliner mühen sich redlich und bitten Laggners Küchendi-rektor Rolf Schmidt am Straßenstand um

„Weißwürstel“. Schmidt lächelt milde. Der Plural von Wurst heißt im Freistaat nun mal „Würscht“, im Falle des Kult-schmankerls also „Weißwürscht“. Alles andere erfüllt jeden echten Bayern mit Grausen.

Zum Glück gibt’s zur Augustiner-Eröff-nung keine Einlassprüfung, sondern eine Einladungskarte. Rein kommt, wer dazu gehört.

Das urig-bayerische Augustiner-Gast-haus ist Josef Laggners – wir hoffen, wir haben richtig gezählt – 22. Streich. Nicht

nur das macht den Österreicher aus Bad Gastein zu einem der erfolgreichsten Gastronomen des Landes. Vor allem ist es wohl Laggners untrügliches Gespür dafür, welches Konzept wo gelingen könnte.

Im Falle der neuen Gendarmenmarktre-stauration formuliert Berlins bester Koch Christian Lohse, der nach einem Glatteis-unfall mit eingegipstem Arm zur Eröff-nungsparty kam, knapp: „Das läuft!“

Sicher, eine Restauranteröffnung ist kein Restaurantalltag. Aber wenn der im

AUGUSTINER-BRÄU-PREMIERE IN BERLINVON MARC STEyER

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Augustiner LOKALTERMIN

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Augustiner am Gendarmenmarkt nur ei-nen Bruchteil des Lobes bringt, das die Einweihungsgäste dem Wirtshaus zoll-ten, muss Laggner nicht bange sein.

Ohnehin scheint der 43-Jährige diesen Gefühlszustand kaum zu kennen. Vor 25 Jahren kam er mit einem Koffer, 1000 Schillingen und einer abgeschlossenen Kellnerlehre aus dem heimatlichen Salz-burger Land nach Berlin und heuerte in der Servicebrigade des legendären Fofi’s an. Acht Jahre später machte er sich selbstständig. Seitdem ist Josef Laggner

auf der Überhol-spur. „Knei-pentycoon“, „Gastroimperator“, „Gendarmenmarktkaiser“ sind nur einige der Titel, die ihm diverse Gazetten bisher verpassten. Der Zwei-Meter-Mann lächelt: „Ich wollte immer nur ein guter Wirt werden.“

Seine Kollegen sprechen über Lagg-ners unaufhaltsamen Aufstieg mit jener Mischung aus Neid und Hochachtung, die

wohl alle erfahren, deren Lebensweg vom Teller-

wäscher zum Multi-millionär führte.

Per aspera ad astra. Spannend wäre es, mal etwas über Jo-sef Laggners unternehmeri-sche Tätigkeit

zu erfahren, da-rüber, wie er 650

Mitarbeiter führt, Entscheidungen trifft,

Partner findet, Projekte stemmt. Etwas über das

Verhältnis von Perfektion und Improvisation in seinem Tun oder seinen Umgang mit Kritik, etwa der des Gault Millau.

„Der Berliner Gastro-Mogul Jo Lagg-ner errichtete mit über 20 Betrieben in Deutschland eine Diktatur der kulinari-schen Mittelmäßigkeit“, schrieb der Rei-seführer für Genießer in seiner Ausgabe

Augustiner-Bräu-Chef Dr. Jannik Inselkammer, li. und Josef Laggner

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LOKALTERMIN Augustiner

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www.augustiner-braeu-berlin.de

AUGUSTINER AM GENDARMENMARKT

Charlottenstraße 5510117 Berlin-Mitte

Tel. 030 - 20 45 40 20

für das Jahr 2010. Schweres Geschütz. Wie ist der Unternehmer mit dieser Breitseite umgegangen? Hat er sie igno-riert oder mit seiner Mannschaft disku-tiert? Viele Fragen und sicher eine ande-re Geschichte…

Zur Augustinereröffnung am Gendar-menmarkt jedenfalls war kulinarisch al-les 1A.

Blaskapellmeister Herbert Grätsch-mann, mit elf Herren, einer Dame und zwölf Instrumenten aus Murnau am Staf-

felsee angereist, probierte Schmidts Weißwürste und befand sachkundig: „Oiso, es kennts sagn was wollts, a gua-de Weißwurscht hoams!“ Auch der Ochse vom Spieß hatte Saft und Kraft, der Kar-toffelsalat war schlotzig, das Sauerkraut fassfrisch und knusprige Brezn gab’s bis Mitternacht.

Die Augustiner-Karte verspricht zünf-tige Deftigkeiten – ofenfrischen Krusten-braten etwa, abgebräunten Leberkäse, gesottene Ochsenbrust, Blutwurstgröstl,

Kalbfleischpflanzerl und natürlich Schweinshaxe vom Grill. Nichts für Ka-lorienzähler, denen bleiben aber Bach-forelle Müllerin oder Flammkuchen ve-getarisch.

Das Glück wäre perfekt, wenn sich die Küchenbrigade entschließen könn-te, auch die Spezialität des Münchner Schwesterrestaurants anzubieten – die legendär-leckeren gebackenen Kälber-füße. Darauf eine Maß Augustiner Hell, Dunkel oder Edelstoff. Also pack’mas!

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Italic LOKALTERMIN

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LOKALTERMIN Lorenz Adlon

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Lorenz Adlon LOKALTERMIN

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Lorenz Adlon & friends. Eine Geburts-tagsparty der Superlative. Am Herd ne-ben Thomas Neeser auch Karlheinz Hau-ser und Marc Haeberlin. Garcon befragte Gastgeber und Gäste.

„Das Adlon war stets berühmt für seine ausgezeichnete Küche und einen erst-klassigen Service. Und so sind auch heute exquisite Gastronomie und Top-Service tragende Säulen unseres Hauses.“ Jean K. van Daalen, Geschäftsführender Direktor

„Als mich Jean van Daalen fragte, ob ich zur Wiedereröffnung des legendären Ho-tels Adlon dort Küchenchef sein wolle, gab es für mich kein Zögern. Es war eine einzigartige Herausforderung, an die Tradition des Lorenz Adlon anzuknüpfen, dem es zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang, in Berlin eine großartige und au-ßergewöhnliche Gastronomie zu zeleb-rieren.“Karlheinz Hauser, Leiter der Adlon-Gast-ronomie 1997-2002

„Wer im Lorenz Adlon Platz nimmt, kann sich als Star des Abends fühlen.“Boris Habel, Maître im Lorenz Adlon

„Für jeden Händler ist es wie ein Rit-terschlag, wenn er das Adlon beliefern kann.“Dieter Fuhrmann, Fruchtgroßhändler, Berlin

„Adlon oblige.“Bernard Antony, Eleveur de fromages, Vieux-Ferette/Alsace

„Irgendwer hat ausgerechnet, dass wir Lorenz-Adlon-Köche in den vergangenen 10 Jahren 10 000 Hummer verarbeitet haben und dass der Service 125 000 Ser-vietten gefaltet hat. Das wirklich Wich-tige allerdings waren nicht solche Su-perlative, sondern das war der tägliche Anspruch, das Beste zu geben.“Thomas Neeser, Küchenchef 2002-2010

EIN FLAGGSCHIFF FEIERTVON JÖRG TEUSCHER

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GARÇONFRAGEBOGENMarc Haeberlin

Ihr Lieblingsgericht?Pot au feu Ihr Lieblingsgetränk?Chardonnay und Riesling Ihr Lieblingsgewürz?Piment d`Espelette

Ihr Küchenmotto?Erst das Produkt, dann der Koch! Wen hätten Sie gern mal als Gast?Michael Schumacher Welches Gericht mögen Sie gar nicht?Alle Gerichte mit Brokkoli Welches Getränk mögen Sie gar nicht?Schnaps In welchem Restaurant essen Sie am liebsten?Im Ristorante dal Pescato-re bei Nadia und Antonio Santini Was halten Sie von Koch-büchern?Am interessantesten finde ich die Kochbücher mei-ner Kollegen. Man sieht auf einen Blick, was die anderen kochen.

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Lorenz Adlon LOKALTERMIN

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Marc Haeberlin zählt zu den besten Kö-chen der Welt, sein Restaurant Auberge de l Ill gehört zu den bekanntesten der Welt.

Als das Lorenz Adlon vor zehn Jahren eröffnet wurde, holte Generaldirektor Jean K. van Daalen den französischen Drei-Sterne-Koch als Berater ins Boot. Haeberlin wiederum schickte einen der Besten aus seiner Küchenbrigade nach Berlin – Thomas Neeser.

Zum Lorenz-Adlon-Jubiläum kam der 55-Jährige natürlich höchstpersönlich und empfing für die Klassiker seiner Kü-che den verdienten Beifall. Haeberlin, das steht für Hochgenuss.

Die Brüder Paul und Jean-Pierre Hae-berlin bauten das Anfang 1945 zerstörte Wirtshaus ihrer Eltern im Elsassdörfchen Illhaeusern nach dem Krieg wieder auf und eröffneten es als Auberge de l Ill. 1952 verlieh der Guide Michelin dem Re-staurant den ersten Stern, sieben Jah-re später den zweiten. 1967 schließlich erfolgte mit der Verleihung des dritten Sterns die Aufnahme des Hauses in den Kocholymp. Da war Marc Haeberlin 13 Jahre alt und wusste bereits, was er einmal werden würde – Koch. „Kochen ist ein wunderbarer Beruf. Aber wir sind nichts anderes als gute Handwer-ker, genau wie Schreiner, Schmiede und Maurer – auch wenn die Presse uns zu Stars macht.“, schrieb er im Vorwort sei-nes 1995 erschienen Kochbuchs L Alsace Gourmande de Marc Haeberlin.

Sätze, die manche seiner nicht eben mit Bescheidenheit geschlagenen Kolle-gen ruhig zweimal lesen sollten.

Marc Haeberlin, der von seinem Vater Paul dessen geniales Koch-Gen und von seinem Onkel Jean-Pierre den Charme geerbt hat, fühlt sich der klassischen französischen Küche und der elsässi-schen Regionalküche gleichermaßen ver-pflichtet. Ob sein mit Bohnen und Gän-seleber angereicherter Kuttelsalat oder der an der Gräte gebratene Steinbutt mit Hummersauce – das alles ist großes kulinarisches Kino. „Geniale Küche – der drei Sterne seit 43 Jahren absolut wür-dig“, so steht es im Gästebuch der Au-berge de l Ill.

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LOKALTERMIN Lorenz Adlon

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GARÇONFRAGEBOGENKarlheinz Hauser

Ihr Lieblingsgericht?Ente mit Kartoffelknödel und Rotkohl Ihr Lieblingsgetränk?Spezi Ihr Lieblingsgewürz?Koriander Ihr Lieblingsfisch?Steinbutt Ihr Küchenmotto?Respekt vor den Produkten und Perfektion bei deren Verarbeitung Wen hätten Sie gern mal als Gast?Barack Obama Welches Gericht mögen Sie gar nicht?Ich esse alles! Welches Getränk mögen Sie gar nicht?Aperol In welchem Restaurant essen Sie am liebsten?In der Buddha Bar Paris Was halten Sie von Koch-büchern?Gute Kochbücher sind ein wichtiges Informationsmit-tel.

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„Das Adlon war die Chance meines Le-bens“, sagt Karlheinz Hauser. Wer den Mann kennt, weiß auch, dass Hauser selten so schwärmend formuliert. „War schon gut“, das ist eigentlich die höchste Form einer Hauserschen Hymne.

Gerade mal 29 war er, als ihn Adlon-Chef van Daalen nach Berlin holte. Der 1967 im südbadischen Heitersheim gebo-rene Hauser hatte nach seiner Kochlehre in der Schweiz und anschließenden Com-mis-Stationen zwei Jahre in Eckart Wit-zigmanns Aubergine gearbeitet. Danach war er Küchenchef in Käfers Münchner Feinkostimperium.

Ende der 1990er hatte seine Lebens-planung nur noch ein Ziel: Amerika. Ber-lin, nein danke. Van Daalens Argumen-te jedoch waren stärker, und Karlheinz Hauser heuerte 1997 als Küchendirektor in Berlins traditionsreichstem Luxusho-tel an. Er war zuständig für die gesamte Gastronomie des Hauses – vom Frühstück über das Personalessen bis zum Gour-metrestaurant. Das allerdings gab es nur auf dem Papier als das neue Adlon am 23. August 1997 an den Start ging. Knapp drei Jahre dauerte es dann noch, bis die technischen Voraussetzungen für die Er-öffnung des Gourmetrestaurants Lorenz Adlon geschaffen waren. „Die Räume dafür hatten wir zwar, aber der Platz für die Küche musste erst geschaffen werden“, erinnert sich Karlheinz Hauser. Eine Millionen-Investition.

Am 24. Februar 2000 war es dann endlich soweit. Die prunkvolle Eröffnung des Lorenz Adlon. Ein feines Ambiente, festlich gedeckte Tische, 1990er Dom Perignon. Karlheinz Hauser und seine Küchenbrigade ließen nichts anbren-nen, die Eröffnungsgäste jubelten. Die Gastrokritik war weniger erbaut: „Es ist zu viel des Guten, daher ist es langwei-lig.“ Dennoch vergab der Guide Michelin schon im Jahr darauf einen Stern.

Inzwischen betreibt Hauser die Gas-tronomie und Hotellerie auf dem Ham-burger Süllberg, einschließlich eines Catering-Unternehmens und einer Con-sulting-Company. Die Management-Qua-litäten dafür erwarb er nicht zuletzt im Adlon.

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GARÇONFRAGEBOGENThomas Neeser

Ihr Lieblingsgericht?Rinderroulade mit Spätzle. Ihr Lieblingsgetränk?Wasser Ihr Lieblingsgewürz?Piment d Espelette Ihr Küchenmotto?Nicht geizen, sondern klot-zen! Wen hätten Sie gern mal als Gast?Gern hätte ich zu seinen Lebzeiten mal für Paul Hae-berlin gekocht. Ansonsten ist mir jeder Gast willkom-men, der Spaß am Essen hat. Welches Gericht mögen Sie gar nicht?Schweinenieren in Senfsauce Welches Getränk mögen Sie gar nicht?Schlechten Wein In welchem Restaurant essen Sie am liebsten?Im Brechts und im Lochner in Berlin Was halten Sie von Koch-büchern? Leider gibt es zu viele schlechte Kochbücher. Die guten bringen den Leuten die Kochkunst näher.

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Die Lorenz-Adlon-Geburtstagsfeier war der letzte Arbeitstag von Thomas Nee-ser. Zehn Jahre stand der 37-Jährige am Herd des luxuriösen Restaurants, zwei Jahre als Sous-, acht Jahre als Küchen-chef.

Er verteidigte den von seinem Vor-gänger Karlheinz Hauser errungenen Michelin-Stern und etablierte das Gour-metrestaurant in Berlins erster Katego-rie. Nun hat Neeser in der Schweiz eine neue Stelle angenommen, ein Verlust für das Adlon und einer für die Stadt.

Thomas Neeser trat im Juni 2002 die Nachfolge von Karlheinz Hauser als Küchenchef an, und der Gault Millau schrieb: „Neeser beeindruckte uns durch eine handwerklich tadellose Leistung. Abschmecken, Würzen, Garen – das ist alles kein Thema für ihn.“ Der Fachmann staunt, der Laie wundert sich. Abschme-cken, Würzen, Garen? War da nicht noch was?

Auch in den Folgejahren tat sich der Gault Millau schwer mit Neesers Koch-kunst. Ein Zitat als Beweis: „Das Ge-schlossene von früher weicht zunehmend einem zwar logischen, jedoch weniger verketteten Zusammenhalt der Kompo-sition.“ Mein Gott.

Dass Neeser und sein Team die Gäs-te nicht mit Kreativgewittern nervten, gehörte zum Konzept. Dass der Küchen-chef, obwohl er zu den besten Köchen der Stadt zählte, höchst selten Schlagzeilen machte, liegt in seiner Natur. Der junge Mann ist Unterfranke, Angehöriger einer Spezies also, denen das Understatement in die Wiege gelegt wird. Nach seiner Kochlehre in Würzburg und Stationen an der Côte d Azur kam er 1997 nach Ill-haeusern, jenem Elsass-Dorf, dass Fein-schmeckerherzen höher schlagen lässt. Bei Marc Haeberlin erhielt Neeser hand-werklich und menschlich den letzten Schliff - etwa mit Haeberlins Plädoyer für Redlichkeit, Verlässlichkeit und Be-scheidenheit in einer Zeit, in der Köche, kaum haben sie gelernt, Steaks zu bra-ten, von den Medien zu Superstars ge-macht werden.

Neesers Nachfolger im Lorenz Adlon? Ende März werden wir es wissen.

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LOKALTERMIN Lorenz Adlon

26 GARÇON

Zum 10. Lorenz-Adlon-Geburtstag kochten:

Thomas Neeser

Gebeiztes Hohenloher Rinderfilet mit Imperial-Kaviar, Roter Bete und Kren

Langostino und Juvenil-Ferkel mit Perigord-Trüffel, Mais und Bohnen

Confierte Schulter vom Müritz-Lamm mit orientalischen Aromen

Karlheinz Hauser

Variation von Thunfisch und King-Tiger-Prawns mit Zitronengras-Espuma, Algen und sphärischer Kokosmilch

Mieral-Wachtel und Gänseleber mit Perigord-Trüffel, Böhnchen und Navetten

Atlantik-Steinbutt unter der Pinienkruste mit andalusischer Würze, Oliven und Tomatenfond

Marc Haeberlin

Gänselebertrüffel mit Portweingelee und Brioche

Froschschenkelsoufflé „Paul Haberlin“

Rehrücken, Trockenfrüchtekompott und Bubespitzle

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Lorenz Adlon LOKALTERMIN

27 GARÇON

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LOKALTERMIN Italic

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Zufallsbekanntschaft auf dem Kurfürs-tendamm. Zwei jüngere Leute, wie sich später herausstellte, aus dem südengli-schen Plymouth hielten mir ein silberfar-benes Büchlein unter die Nase, das, wie sich ebenfalls später herausstellte, ihre Eltern während eines Berlin-Besuches 1987 gekauft hatten. Zwischen den Seiten 76 und 77 ein Zet-tel. Die Angaben „Restaurant Heinz Holl, Charlottenburg, Damaschkestraße 26“ sowie „die knackigsten Bratkartoffeln zur Hausmachersülze“ waren unterstri-

KLASSIKER AM KUDAMM

chen, „die größten und besten Kohlrou-laden Berlins“ sogar doppelt. „Mein Gott, Heini Holl“, erwiderte ich und versuchte in klirrender Kälte mit we-nigen Sätzen zu erklären, dass es diese Art Gastronomie kaum noch gäbe. Doch Fay und Gary, so hießen die beiden, lie-ßen nicht locker. Nach einigen Telefo-naten mit kenntnisreichen Kollegen lan-deten wir schließlich in der Schildkröte, der wahrscheinlich letzten bestbürgerli-chen Berliner Bouletten-Bastion dieser Gegend.

Heinz Holls Restaurant, in dem sich einst die wichtigsten Vertreter des Berliner A- und B-Publikums – Angeber und Baulö-wen – die Tische neideten, ist ebenso auf Nimmerwiedersehen verschwunden wie etwa das Hardtke in der Meinekestraße.Hausgemachte Sülze und handgeroll-te Kohlrouladen gelten als kulinarische Relikte einer Zeit, in der die Berliner Küche mit ihrem Dutzend Spezialitäten zwar nicht gerade Weltgeltung bean-spruchte, aber Einmaligkeit schon. Ver-gangen, vergessen, vorüber, die Stadt

EISBEIN & CO. IN DER SCHILDKRÖTEVON HANS-JüRGEN BERGS

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Schildkröte LOKALTERMIN

29 GARÇON

isst chinesisch, französisch, italienisch, japanisch oder neudeutsch. Eisbein von der Riesensau, das den wöchentlichen Kalorienbedarf eines Müllmannes locker übertrifft, gehört nicht dazu. Außer in der Schildkröte, jener traditio-nellen Tränke mit der Kurfürstendamm-Adresse, der Eingangstür aber in der Uh-landstraße.

Eine mannshohe hölzerne Wandver-kleidung, blanke Holztische, Bänke mit pflanzengemustertem Gobelinstoff. An der Wand ein Pferdehalfter. Gott sei

Dank erspart uns der Wirt die musikali-sche Beschreibung dieser Tatsache. Statt Bruce Low singt Herbert Grönemeyer.

Wir bekommen Platz an einem großen Ecktisch, der garantiert etliche Jahr-zehnte Bierseligkeit und Kneipenkum-mer erlebt hat. Von der Rauhputzwand hinter uns lächelt Brigitte Mira, besten-falls 40-jährig. Neben ihr blickt „Stachel-schwein“ Wolfgang Gruner zufrieden auf seine Mitmenschen.

Brigitte Grothum, Harald Juhnke, Ani-ta Kupsch, Elisabeth Volkmann und Frank

Zander waren ebenfalls hier – wahr-scheinlich in den goldenen Westberliner Zeiten.

Auch die weißbeschürzte Bedienung wirkt ein bisschen wie von anno dazu-mal – weder hipp noch hopp, sondern Service mit Würde. Wir sind Kellner, wer ist mehr. Weiße Hemden, weiße Schür-zen, Seidenkrawatten, distanzierte Freundlichkeit. Das heute vielerorts üb-liche studentische „Du“ würde ihnen nie und nimmer über die Lippen kommen. Schildkröten-Grandezza.

Gastronomisches Urgestein: Bernd zeiser

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LOKALTERMIN Schildkröte

30 GARÇON

www.schildkroete-kudamm.de

SCHILDKRÖTE

Kurfürstendamm 21210719 Berlin-Charlottenburg

Tel. 030 - 881 67 70

Natürlich gibt es die Speisekarte auch in englischer Sprache – wir sind schließ-lich am Kurfürstendamm und nicht in der Kreuzbergstraße. Die traditionelle Berli-ner Küche dominiert: Berliner Eisbein, Berliner Kartoffelsuppe, Berliner Teller, Rinderleber Berliner Art.

Fay und Gary aus Plymonth, England, sind begeistert – ebenso wie zwei Fran-zösinnen, acht Spanier und eine Truppe Norweger. In der Schildkröte kann man für wenig Geld gut und reichlich essen. „Das war so, das ist so und das bleibt so“, sagt der Chef.

Eine gerahmte Urkunde verrät: Bernd Zeiser, geboren 1949 in Berlin, Servier-meister seit 1979. Vor 20 Jahren über-

nahm er die Schildkröte, damals schon ein gastronomischer Oldtimer. 1936 ge-gründet, überlebte das gastliche Haus Krieg und Nachkrieg und machte seinem Namen alle Ehre. Die Schildkröte: be-harrlich, unaufgeregt und für ihre hohe Lebenserwartung bekannt. Übrigens: Schildkrötensuppe gab es zu keiner Zeit, nicht mal die „falsche“ Mockturtlesoup.

Zeiser und seine Mannschaft praktizie-ren hier eine Art Gastronomie, die verbal schon so oft in die Mottenkiste verbannt wurde, aber offenbar nicht totzukriegen ist. Weshalb auch? Gute Hausmannskost und ein gepflegtes Bier haben immer noch ihre Fans. „It s nice“, freuen sich Fay und Gary. Na bitte.

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Italic LOKALTERMIN

31 GARÇON

welcome to the first class

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LOKALTERMIN Kaiserpavillon

Ein Pavillon, sagt der Duden, ist ein klei-ner, frei stehender Bau. Legt man diese Definition zugrunde, so ist der Kaiser-Pavillon eher ein Palast. Groß und bunt steht er an der B1, kurz hinter der Berliner Stadtgrenze. Für Au-tofahrer ein Hingucker und häufig auch ein Grund zum Anhalten. Für Bies-, Kauls-, Mahls- und Hellersdorfer eben-so wie für Dahlwitzer und Hoppegarte-

ner längst eine gute Adresse – nah, nett, praktisch, preiswert und ohne nennens-werte Alternative in dieser Gegend.

„Wir haben uns auf die kulinarischen Vorlieben der Deutschen hier einge-stellt“, sagt Mr. Ye, „verstehen Sie also bitte, dass wir auf solche Spezialitäten wie die teuren Abalone-Muscheln oder auf Hühnerfüße, Quallen und 1000-jäh-rige Eier verzichten.“

Mr. Ye spricht deutsch ohne jeden Akzent, er ist der Geschäftsführer des Kaiser-Pavillons. Der freundliche junge Mann, Typ Schwiegermutters Lieblings-schwiegersohn, gebürtig in der Provinz Zhejiang im Osten Chinas, kam als 6-Jäh-riger nach Europa, zuerst nach Wien, dann nach Berlin.

In der deutschen Hauptstadt besuchte er die Schule, lernte das Restaurantfach

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Der Kaiser-Pavillon an Der B1von Yvonne Weinlich

haUs Des lÄchelns

Mr. Ye, li. und sein vater Ye Jian sheng

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Kaiserpavillon LOKALTERMIN

und stieg in das Gastrounternehmen sei-ner Eltern ein.

Die hatten bereits 1992 im Industrie-revier von Oberschöneweide ihr erstes kleines Restaurant eröffnet, in einer Gegend also, in der die Eckkneipe do-minierte.

Statt Bockwurst mit Kartoffelsa-lat gab s nun Schweinefleisch-Sate mit Erdnusssauce, das kam an. Die Familie verkaufte das Bistro, gründete am Zeu-thener See ein größeres Restaurant, um schließlich 2008 den Kaiser-Pavillon zu bauen – 450 Sitzplätze, offene Küche, Sushibar, eine Etage für größere Gesell-schaften.

„Die Entscheidung, hierher zu ziehen, fiel ganz bewusst. Lieber am Stadtrand die Nummer 1 als im Zentrum einer von vielen.“ Mr. Ye lächelt, der Kaiser-Pavil-lon läuft gut.

Beliebt bei den Gästen ist vor allem das tägliche All-you-can-eat-Buffet: ers-tens, weil es Vielfalt bietet, zweitens, weil es mit 12,90 Euro preiswert ist und drittens – aber das hat schon mit der Philosophie des Hauses insgesamt zu tun – weil es im Kaiser-Pavillon so kin-derfreundlich zugeht. Am spannendsten für die Kleinen und Ganz-Kleinen ist der Blick in die Küche.

Hier agieren neben Küchenchef Ye Jian Sheng, das ist der Vater von Mr. Ye, vier Köche aus vier Provinzen: Mr. Fu aus Sichuan, Mr. Li aus Shandong, Mr. Zang aus Jiangsu und nochmal Mr. Ye, der aber nicht verwandt mit den Inhabern ist, aus der Hauptstadt Beijing.

„Sie bringen eine Menge Regionalität in unsere Küche, etwa was die Würzung oder die Zubereitung von Saucen be-trifft“, erklärt Mr. Ye, der Geschäftsfüh-rer.

Anschließend liefert er den kürzesten Grundkurs in chinesischer Küche: „Der Osten isst sauer, der Westen scharf, der Norden salzig und der Süden süß.“ So einfach ist das.

Und wenn man dann noch weiß, dass man die Stäbchen weder in den Reis steckt noch über Kreuz auf den Teller legt, ist man schon auf der sicheren Sei-te. Doch selbst wenn man es tut, üben die Gastgeber Nachsicht. Gerne bringen sie auch Messer und Gabel – aber noch lieber erklären sie natürlich die Handha-bung des chinesischen Essgerätes. China für Anfänger.

Service ist eben alles und Freundlich-keit der wichtigste Teil dieser Erkennt-nis.

Wenn dazu – wie im Fall des Kaiser-Pavillons - noch eine hohe Qualität der Speisen ohne Glutamat-Orgie kommt und die Gerichte so klangvolle Namen wie „Ente im Glück“, „Huhn im Nussgar-ten“ oder „Schatzkammer des Kaisers“ tragen, ist eigentlich alles geritzt.

Zum Schluss noch ein Blick auf den Ti-ger über dem Eingang, schließlich ist er Namensgeber des in China am 14. Febru-ar eingeläuteten neuen Jahres.

„Für Hasen wird das Jahr des Tigers ein gutes, für Ratten ein schlechtes Jahr“, sagt Mr. Ye. Wir beschließen, zu-mindest in diesem Jahr, Hasen zu sein.

33 GARÇON

www.kaiser-pavillion.de

Kaiser-Pavillion

Alte Berliner Straße 2015366 Hoppegarten

Tel. 033 42 - 30 92 18

renée und Papa staunen... ...wenn Koch Zang zaubert

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LOKALTERMIN andel´s

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Spitzenrestaurants sind gute Marke-tinginstrumente, das weiß jeder Hotel-manager. Dennoch scheuen viele die Investitionen in Personal, Produkt und Ausstattung, die notwendig sind, um ein, sagen wir mal ordentliches Hotelrestau-rant, ganz nach oben zu führen.

Wie hoch hinaus das andel s Hotel Berlin will, die im März 2009 eröffnete Business-Herberge an der Landsberger Allee, wissen wir nicht. Was wir wissen ist, dass Küchendirektor Eyck Zimmer und seine Leute ehrgeizig genug sind, um das Haus kulinarisch in den Berliner Top-Ten zu etablieren.

es isT anGerichTeTDas entspricht wohl auch den Inten-

tionen der Vienna International Hotel-management AG, einer österreichischen Hotelgruppe, zu der das andel s Berlin gehört. Um das zu unterstreichen, gab die 1989 gegründete Unternehmung mit Sitz in Wien kürzlich ein gewichtiges Kochbuch heraus: 384 Seiten, drei Zenti-meter dick, gut zwei Kilogramm schwer. „Ein Nachkochbuch für Hobby-Köche“, hieß es bei der Vorstellung des Werkes in Berlin. Na ja, um beispielsweise Ton-kabohnen-Lammfilet auf Bloody-Mary-Risotto mit Topinambur-Espuma oder Geschmorte Gams-Pralinen in offener

Malven-Lasagne mit gebratenen Steinpil-zen und Pastinaken-Schaum erfolgreich nachzukochen, bedarf es wohl schon halbwegs professioneller Küchenkennt-nisse.

Trotzdem ist „The Culinary World of Vienna International Hotels & Resorts“ - so der exakte Titel – ein interessantes Buch, eine Mischung aus Bildband und Rezeptsammlung, das einen guten Ein-blick in das kulinarische Credo einer in-ternational tätigen Hotelgruppe gibt und darüber hinaus auch viel Wissenwertes über Produkte, Verarbeitungen und – last but not least – über die viel zitierten

2200 GraMM KUlinarische KÖsTlichKeiTenvon heiKo GralKi

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ItalicKOPFSALAT

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Küchenchef ronald Markgraf, vorn und Küchendirektor eyck Zimmer

Pernod Ricard Deutschland GmbHwww.pernod-ricard-deutschland.com

erhältlich bei Berlins Getränketradition

Welifa Getränkegroßhandlung GmbH & Co. KGSickingenstr. 9-13 10553 Berlin

Tel.: 030 61 39 500 . Mail: [email protected]

T H E C U L I N A R Y W O R L DO F V I E N N A I N T E R N A T I O N A L H O T E L S & R E S O R T S

korrespondierenden Weine vermittelt. Christa Hanten, die auch in Deutschland bekannte Wiener Weinjournalistin, gibt mit ihren Empfehlungen einen tiefen Einblick in die österreichische Weinwelt – vom Blaufränkischen über den Grünen Veltliner, den Neuburger, St. Laurent, Schilcher und Uhudler bis zu Rieslingen aus dem Kamptal und Zweigelts aus Carnuntum. Das alles ist so beschrieben, dass auch Weinlaien nicht schlagartig in Ehrfurcht darüber erstarren, was man alles wissen sollte, bevor man sich den ersten Schluck gönnt.

Insgesamt 108 Gerichte sind beschrie-ben und fotografiert: Vorspeisen, Sup-pen, Hauptgerichte und Desserts. Die kulinarischen Kreationen stammen von 36 Küchenchefs, die in neun Ländern für Vienna International tätig sind.

Eyck Zimmer und Küchenchef Ro-nald Markgraf, der seinen Beruf einst bei Rolf Schmidt im Palace Hotel gelernt hat und seit 2008 als Chef de Cuisine im Berliner andel s tätig ist, steuerten mit Millefeuille von Strauchtomaten, gelben Zucchini und Scamorza (ein geräucherter Knetkäse aus den Abruzzen) eine Vorspeise, mit einem Duett von Kalb und Kaninchen mit Kartoffelkuchen und Spargel-Chartreuse ein Hauptgericht sowie mit einer „Berliner Weiße“-Mousse mit Waldmeister-Himbeer-Sangria ein Dessert bei.

Und weil Klappern längst auch zum Küchenhandwerk gehört, luden sie Berliner Feinschmecker ein, um im sky.café hoch über den Dächern Ber-lins das neue Buch und ihre dafür ent-wickelten Gerichte zu präsentieren.

Einhellige Meinung der Gäste: das, was hier auf die Teller kam, war ein Beweis dafür, wie ernst es Zimmer und Markgraf mit ihren Ambitionen meinen.

Das kulinarische Schwergewicht „The Culinary World of Vienna Inter-national Hotels & Resorts“ mit Spezi-alitäten aus 36 Hotels der Gruppe gibt es zum Preis von 39 Euro im andel s Hotel Berlin und im Internet unter www.vi-hotels.com/de/vi-world/vi-cuisine/.

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LOKALTERMIN Ta Panta Ri

36 GARÇON

heraKliD in WilMersDorF

Panta rhei, sprach der alte Grieche He-raklit. Daraus machten die neuen Grie-chen ta panta ri. Beides meint dasselbe. Alles fließt, alles ist in Bewegung, nichts währt ewig. Du kannst nicht zweimal in ein und denselben Fluss steigen, sagte der Philosoph.

Vor 20 Jahren war Andreas Patsalidis diese antike Erkenntnis soviel wert, dass er sein gerade eröffnetes Restaurant da-mit adelte. Ta panta ri, und so war s dann auch. Patsalidis erlebte Premieren und Pleiten, Feiern und Trauern, Geschäfte wurden in seinem Lokal besiegelt, an-dere beendet. Männer, die vor zwanzig

Jahren nach dem zehnten Ouzo den elf-ten bestellten, zählen heute ihre Magen-tropfen ins Mineralwasser. Ta panta ri. In Wimersdorf seit 20 Jahren. Grund genug für eine Party.

„Griechenland ist finanziell am Ende, und Andreas feiert“, sagte ein Jubilä-umsgast. „Schlimmer wäre es umge-kehrt“, entgegnete Patsalidis, ließ Chori-atiki und Halumi, Souvlaki und Tzatziki, Dolmadakia und Tiropitakia auffahren, Demestica und Retsina einschenken und sich beglückwünschen. Gut, dass es dich gibt, Andreas.

Der 60-Jährige kam 1971 aus Pafos, jener Stadt im Westen Zyperns nach Deutschland, an deren Strand der Le-gende nach Aphrodite geboren wurde.

An den Technischen Universitäten von Berlin und Clausthal-Zellerfeld studierte Patsalidis Berg- und Maschinenbau, wur-de Diplom-Ingenieur und wechselte spä-ter in die Gastronomie. Ta panta ri.

Inzwischen gehört sein Lokal zum Wilmersdorfer Kiez wie das Rathaus zu Schöneberg.

„Wir sind eine Begegnungsstätte“, sagt Patsalidis. Die Gäste trinken griechisches Alfa-Bier, Koch Stephanos Stavrangelos serviert griechische und zypriotische Gerichte – Spezialität: Sieftalia - Hack-fleischröllchen mit Backkartoffeln, Ge-müse, Tzatziki und Salat – die Bouzouki klingt leise und Andreas Patsalidis öffnet die fünfte Ouzo-Flasche. Ta panta ri. Und: Chronia polla!

20 Jahre Ta PanTa riVON JÖrG TeUscher

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37 GARÇON

www.tapantari.eu

Ta Panta ri

Düsseldorfer Straße 7510719 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 030 - 873 73 46

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LOKALTERMIN Mélia

38 GARÇON

Rund 720 Beherbungsbetriebe mit gut 107 000 Gästebetten gibt es in Ber-lin, und ein Ende des Hotelbaubooms ist nicht in Sicht. Sowohl im Bereich billig und schlicht als auch im Segment teu-er und luxuriös werden in diesen und in den nächsten Jahren etliche neue Häu-ser an den Start gehen. Experten rech-nen allein für 2010 mit einem Zuwachs von 21 Hotels mit über 5300 Zimmern. Selbst wenn die Wirtschaftskrise einige Projekte auf die lange Bank verbannen wird, der Kampf der Hotels um die Gäste wird deutlich härter – und deshalb de-ren Meinung über ihren Aufenthalt umso wichtiger.

GÄsTeloB Für eine GUTe aDresseVON heiKo GralKi

Das weltweit meistbesuchte Bu-chungsportal Hotels.com etwa ermittel-te aus den von seinen Kunden abgegebe-nen Online-Bewertungen im Januar die 10 besten Berliner Hotels.

Mit 9,2 von 10 möglichen Punkten landete das Mélia Berlin – gleichauf mit dem Radisson Blue Hotel – auf Platz 1, gefolgt vom Schöneberger Lindemann s und Winter s Hotel am Checkpoint Char-lie.

Im Falle des Mélia an der Friedrich-straße lobten die Gäste besonders die Lage des Hauses im sogenannten Kul-turdreieck von Berliner Ensemble, Ad-mirals- und Friedrichstadtpalast – die

Sauberkeit sowie den Komfort, den die Zimmer und Suiten bieten.

Ausgezahlt haben sich außerdem die Anstrengungen des Mélia-Managements, die Gastronomie des Hauses auf hohem Niveau zu etablieren.

Im Restaurant Café Madrid zum Bei-spiel servieren Küchenchef Marcel Scholtun und Restaurantleiter Marcus Neuzerling aller zwei Monate ein Madrid Gourmet Menü.

5 Gänge, 5 Gläser Wein (0,1 l), Preis 49,75 Euro. Scholtun und sein Team bie-ten eine feine Crossover-Küche zu einem Preis-Genuss-Verhältnis, das in Berlin nicht an jeder Ecke zu kriegen ist. Auch diesem Angebot gebührt zweifellos eine Spitzenbewertung.

www.meliaberlin.com

resTaUranT caFÉ MaDriD

Friedrichstraße 10310117 Berlin-Mitte

Tel. 030 - 206 07 90 150

MÉlia Berlin

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Italic LEBENSART

39 GARÇON

Brioche gefüllt mit Pescado frito, hummer hollandaise und Blumenkohlcrème

canneloni von Taube und Birne auf gestockter roter Bete

Birne hélène Mélia 2010

Paradies, auf 64 Pfählen in den See gebaut

Wald- und Seegut Kremmen Zum See 4A, 16766 Kremmen

Telefon 033055/220 80

Nur 35 Minuten von Berlins City entfernt

Original brandenburgische Lodge, erbaut nach dem Vorbild kanadischer und afrikanischer Naturpark-Lodges

Mehrfach ausgezeichnetes Restaurant mit großem, gemütlichem Feldsteinkamin sowie Hotel mit 2 Suiten, 1 Apartment u. 3 Doppelzimmern – ab 90 EUR pro Nacht inkl. Frühstück

Hochzeiten, Familienfeiern, Tagungen, Candle-Light-Dinner, Seebrücke, Privatinsel, Bootsvermietung, Seebistro mit Selbstbedienung, Biergarten, eigener Sandstrand, Liegewiese

Jeden Sonntag großes Brunchbuffet,inkl. 1 Glas Prosecco und Filterkaffee für 19,90 € p. P.

Fotos & Infos unter www.seelodge.de

Öffnungszeiten des Restaurants:März: Mi.–So. 12.00–21.00 Uhr, So. ab 10.00 Uhrab April täglich 11.00–22.00 Uhr, So. ab 10.00 Uhr

10SEE032_AZ_Garcon.indd 1 15.02.2010 11:11:03 Uhr

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KOPFSALAT Italic

40 GARÇON

aD MUlTos annosProF. Dr. Dr. h.c. MUlT. DieTer GrossKlaUs ZUM 80. GeBUrTsTaG

Zwischen den beiden Bildern auf dieser Seite liegen 73 Jahre. Dieter Großklaus - 1937 als Erstklässler in seiner thürin-gischen Geburtsstadt Mühlhausen und am 3. März 2010 während des Empfangs anlässlich seines 80. Geburtstages im Harnack-Haus in Berlin-Dahlem.

Lebenswege. Lebensleistung. Abitur in Mühlhausen, Studium der Veterinär-medizin in Berlin, Promotion zum Dr. med. vet., Amtstierarzt. Berufungen in nationale und internationale Gremien, Professor, Forscher, Hochschullehrer. 1985 bis 1993 Präsident des Bundesge-sundheitsamtes. „Das Amt mit seinen

sieben Instituten diente der Gesundheit der Bevölkerung“, sagt er heute. Stich-worte markieren, was sich hinter diesem schlichten Satz verbirgt: Verbesserung des gesundheitlichen Verbraucherschut-zes, Erforschung von Hygienedefiziten, Bekämpfung von Tierkrankheiten, Erhö-hung der Lebensmittelsicherheit…

Last but not least: Seit 1997 sitzt Pro-fessor Dieter Großklaus einer Jury vor, die jedes Jahr an Köche in Berlin und Brandenburg den Titel „Meisterkoch“ vergibt.

Er ist ein Mann, dem Berlin viel zu ver-danken hat. Glück auf, Professor!

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Prof. Großklaus KOPFSALAT

41 GARÇON

Dieter Großklaus ist ein Pionier. Das kommt nicht von den beiden großen Organisationen her, in denen er jeweils das Spitzenamt innehatte. Weder das Bundesgesundheitsamt noch die Conf-rèrie de la Chaîne des Rôtisseurs sind, in welchem Sinne auch immer, „Pionier-organisationen“. Sie sind ehrwürdig und gediegen, neigen nicht dazu, über die Stränge zu schlagen.

Dieter Großklaus schon. Er ist ein Pionier gegen die Üblichkeit seiner Or-ganisationen. Es war nicht das Amt, es war die Person, die ihn dazu brachte, immer wieder neue Wege zu gehen. Wo andere Amtsträger sich schon mal um die Verweildauer in ihrem hohen Amt zu kümmern pflegen, veranlasste er In-stitutsgründungen, sorgte er mit dem Bundesgesundheitsamt für die internati-onale Wirkung von Deutschland aus und tat - was man heute in seiner Brisanz gar nicht mehr richtig nachvollziehen kann - einiges für den prekären Standort Berlin-West.

Er hätte auch Präsident sein können ohne all diese Initiativen zu entwickeln. Dieter Großklaus aber war und ist ein Mensch, der an solchen Initiativen per-sönliche Leidenschaft und seine individu-ellen Fähigkeiten entwickelt und zeigt. Hohe Amtsträger tragen ja oft vor allem ihr Amt und haben damit schon genug zu tun. Dieter Großklaus interessiert, was er mit seinem Amt machen kann. Ihn in-teressieren die Menschen und die Gesell-schaft, in der er lebt. Und er ist bereit, etwas für sie zu tun.

Das galt natürlich für den engsten Be-zug, den ich mit ihm hatte, der Grün-dung und vor allem der Praktizierung der Idee der „Berliner Meisterköche“. Ich muss gestehen, dass seine Rolle in der Confrèrie de la Chaîne des Rôtisseurs

mir vorher nicht bewusst war.

Ich kannte Dieter Großklaus nur als Chef des Bundesgesundheitsamtes.

Und dann machten wir uns auf den Weg, eine Art Berliner Zeitenwende auf einem Gebiet einzuleiten, das uns alltäg-lich und dann auch noch mehrmals be-schäftigt: das Essen, die Küche. Da war Berlin in der Vergangenheit als Wüstenei bekannt, ausgestattet mit einigen weni-gen Oasen.

Dinge sind ja nicht so wie sie sind, son-dern sie sind so wie wir eine Vorstellung von ihnen entwickelt haben. Wie wir ihnen einen Platz im Leben zugewiesen haben. Das gilt auch für das Kochen, für die Kochkunst, für die Köche. Und da hat Dieter Großklaus an einer im wahrsten Sinne des Wortes entscheidenden Stelle mitgeholfen, etwas zurecht zu rücken in den Köpfen der Berliner und ihrer Gäs-te.

Die Idee war einfach: wenn ein Kampf um die Besten angezettelt wird, dann gibt es eben jedes Jahr die Besten. Es gibt die Aufmerksamkeit für sie und für die Sache, für die sie stehen. Und man kann Jahr für Jahr nicht mehr darüber hinweg sehen, dass die Besten dann wirklich auch „Beste“ sind – sogar in Berlin. Das war unser Plan, und er funk-tionierte!

Heute ist Berlin, was die Küche angeht, ganz und gar nicht mehr eine Wüste. Und die Idee der Meisterköche war vielleicht wirklich der wichtigste Geburtshelfer. Als ich damals mitbekam, dass Dieter Großklaus der Berliner Chef – Bailli – der Confrèrie de la Chaîne des Rôtisseurs

war, wusste ich, dass mein Problem der für einen solchen Wettstreit wichtigen Frage der Qualität der Jury gelöst wer-den konnte.

Einen Mann wie Dieter Großklaus an die Spitze der Jury zu stellen, brachte viel auf einen Schlag: Das Gewicht und

die Anerkanntheit der Person standen für die Ernsthaftigkeit nicht nur des Aus-wahlverfahrens, sondern des ganzen Un-ternehmens Meisterköche. Und im Gre-mium selbst, besetzt mit engagierten Vertretern der Presse und der Kochgilde, war Ordnung für ein zielführendes Ver-fahren garantiert.

Ich schildere das nicht nur wegen mei-ner eigenen und beglückenden Erfahrung mit Dieter Großklaus. Ich schildere das auch, weil es zeigt, dass Professor Groß-klaus ein Mann ist, der nicht nur Kom-petenz und Sicherheit ausstrahlt, seriös und zuverlässig ist. Er ist eben auch für jede gute Überraschung gut.

Deshalb grüble ich auch nicht, wie ein Präsident des Bundesgesundheitsamtes zugleich Bailli bei der Confrèrie de la Chaîne des Rôtisseurs sein kann. Ich ma-che es mir auch nicht leicht, indem ich darauf verweise, dass Fleischtechnologie zu einem seiner besonderen Fachgebiete gehörte. Die Sicherung der Qualität eines wichtigen Rohstoffs also für ein gutes Es-sen. Ich bleibe dabei: Dieter Großklaus ist einfach für gute Überraschungen gut. Das sieht man, wenn man ihm begegnet, wenn man sich das so reichhaltige Leben des nun – schwer zu glauben – 80-Jähri-gen vor Augen führt.

laUDaTio aUF einen JUBilarvon volKer hasseMerVorsitzender des Vorstands stiftung zukunft Berlin

„GUT Für GUTe üBerraschUnGen“

senator a.D. Dr. volker hassemer

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KOPFSALAT Prof. Großklaus

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rolf schmidt, li. und Thomas Kurt

sonja FrühsammerThomas Kammeier

herbert Beltle

Gottfried, li. und steffen specker

stefan hartmann

Kolja Kleeberg oliver heilmeyer

Kathrin und Michael hoffmann

„Meine Köche“, nennt er sie häufig. Das Possessivpronomen zeigt in diesem Fall allerdings keinen Besitz an, sondern drückt Nähe aus. Und Hochachtung. Professor Großklaus kennt nicht nur ihre Namen. Er hat ihren Werdegang verfolgt. Er weiß um die Härte ihrer täglichen Arbeit. Auch deshalb sagt er „Köche“, attributlos. Gespreizte Superlative wie „Küchenkünstler“ oder „Herdartisten“ verabscheut er. Die Köche wiederum wissen um die Ehr-lichkeit seines Lobes wie um die Redlich-keit seiner Kritik. Keiner in Berlin und Brandenburg, der gleichermaßen aus tiefer Kenntnis und vor allem ohne jegliches Kalkül über ihre Leistung urteilt.

Kein Wunder also, dass neun von ih-nen, alles ehemalige Berliner und Bran-denburger Meisterköche, ihm zu seinem 80. Geburtstag ein besonderes Geschenk machten.

Was die Festredner während des Emp-fangs an philosophisch Tiefgründigem boten, ergänzten die Dame und die Her-ren in Weiß mit kulinarisch Eindrucks-vollem. Bei Bäckchen vom Milchkalb, Königsberger Klops, Gebeiztem Stör mit Spreewaldgurke, Orientalischem Enten-confit, Katalanischer Crème und ande-ren Köstlichkeiten stiegen selbst Spek-tabilitäten von ihren verbalen Thronen und bedienten sich des juvenilen Slangs: „Allererste Sahne!“

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Impressionen eines Geburtstagsempfangs KOPFSALAT

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KOPFSALAT Vincenzo Puglisi

BenZo=B(erlin)+enZosPeZialiTÄTen all´iTalianaVON JÖrG TeUscher

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Page 45: Garcon Magazin 01/10

Vincenzo Puglisi KOPFSALAT

Für Leute, die aus Berlins Mitte oder gar dem Süden der Hauptstadt kommen, ist die Montanstraße j.w.d. Besonders ur-ban ist das Gebiet zwischen den S-Bahn-höfen Alt-Reinickendorf und Wittenau auch nicht und besonders schön schon gar nicht. Dennoch quälen sich täglich Dutzende Autos in dieses Industrieareal.

Ihr Ziel: eine weiße Halle, deren einziger Schmuck ein rot-weiß-grünes Schild ist – Benzo, italienische Lebensmittel, Groß- und Einzelhandel.

Buongiorno. Der Chef begrüßt persön-lich. Vincenzo Puglisi, genannt Enzo, ist ein drahtiger Endfünfziger. Gepflegtes Grauhaar, Designerbrille und jenes of-

fene Lächeln, das vielen Süditalienern eigen ist.

1969 kam der damals 18-Jährige aus seinem sizilianischen Heimatdorf Ran-dazzo nach Köln, lernte bei einem On-kel Bäcker und Konditor, landete 1974 schließlich in Berlin und blieb, der Liebe wegen.

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KOPFSALAT Vincenzo Puglisi

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Puglisi erzählt über seinen Start als Verkäufer für italienische Lebensmittel bei einem deutschen Großhändler und über den Entschluss, ein eigenes Ge-schäft aufzuziehen. Italienische Fein-kost, italienische Weine und ein bisschen auch italienische Lebensart.

Wie zum Beweis reicht er einen Löf-fel mit Kaktusfeigenhonig zum Espresso. „Es muss nicht immer Zucker sein“, sagt Puglisi, „die Cucina Italiana besteht auch nicht nur aus Pasta und Pizza.“

Dem Wissen um deren regionale Viel-falt entspricht auch das Benzo-Angebot: Feinkost aus allen Landesteilen vom norditalienischen Piemont über Ligurien, die Toskana, Kampanien, Apulien, Kalab-rien bis zur Limoneninsel Sizilien. Vieles stammt aus ökologischem Anbau und ist naturbelassen verarbeitet.

Das war schon so als Vincenzo Puglisi 1979 in der Weddinger Lüderitzstraße mit 4000 D-Mark Startkapital, einem VW-Bully und 200 italienischen Produkten ei-nen Großhandel begann. Das blieb auch so als er 1983 nach Reinickendorf umzog

und heute hier das zahlenmäßig Sechsfa-che anbietet. Essige und Olivenöle, Nu-deln in Dutzenden Formen, Farben und Konsistenzen, Hülsenfrüchte und Reis, verschiedene Wurst- und Schinkensor-ten, Kaffee, Käse, Konserven, Getränke.

Kleine Kostproben gehören zum Ein-kauf wie die Crema zum Espresso. Pug-lisi holt ein Glas mit Pistazienpesto aus einem Regal und erklärt: „Orecchiette oder andere Nudeln zum Kochen anset-zen. In einer Pfanne Schalotten in Oliven-öl anschwitzen, gewürfelten Schinken und das Pesto zugeben. Mit ein wenig Nudelwasser verdünnen und bei schwa-cher Hitze ein paar Minuten köcheln las-sen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, mit den Nudeln anrichten und Parmesan darüber reiben.“ Ein paar Minuten später steht das Gericht auf dem Tisch – tat-sächlich, es muss nicht immer alla bolo-gnese sein.

Der Benzo-Chef empfiehlt dazu einen sizilianischen Custera und schwärmt: „Die Weine aus meiner Heimat sind wirk-lich etwas besonderes. Der Cerasuola

zum Beispiel oder die lebhaften Rega-leali sind eine Klasse für sich. Es lohnt sich wirklich, die sizilianischen Weine zu entdecken.“

800 italienische Gewächse zählt Ben-zos „Weinstraße“ - große Kreszenzen ebenso wie ausgezeichnete Tafelweine.

Berliner Gastronomen und Feinkost-händler sind Puglisis wichtigste Partner, aber auch die Zahl der Privatkunden steigt – trotz des in Puglisis feiner Bran-che gnadenlosen Wettbewerbs.

„Überleben kann nur, wer hohe Qua-lität und starken Service bietet“, sagt Angelo Zilio, seit zwei Monaten Ge-schäftsführer bei Benzo. Mit Diplomen in Betriebs- und Volkswirtschaft sowie einem Abschluss in Business Administ-ration hätte der 28-Jährige aus Apulien sicher in jedem internationalen Konzern einen Job gefunden. Er jedoch entschied sich für Benzo – 23 Mitarbeiter, Berliner Mittelstand. „Ich liebe eben Lebensmit-tel“, zitiert Zilio die Werbung einer deut-schen Supermarktkette. Vincenzo Puglisi lächelt. Der Satz könnte von ihm sein.

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Vincenzo Puglisi KOPFSALAT

47 GARÇON

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KOPFSALAT Italic

48 GARÇON

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BenZo Gmbh Montanstraße 24 13407 Berlin-Reinickendorf Tel. 030 - 414 50 11/-12 www.benzo-berlin.de

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Gabriele Maessen KOPFSALAT

49 GARÇON

Neue Hotels in Berlin sind in der Regel auch neu gebaute. Viele schnell hoch-gezogen, Betonklötze, Glasfassaden, Marmorverkleidungen. Kategorie Kotz-brockenarchitektur. Man hat sich daran gewöhnt, weil das auch andernorts so ist. Solche Hotels haben Zwillinge auf der ganzen Welt.

Doch immer mal wieder gibt es auch Hotelbetreiber, die sich vom Charme al-ter oder zumindest älterer Häuser fas-zinieren lassen und ihnen neues Leben geben. Beispielsweise Leonardo Hotels, der europäische Ableger einer 1998 von dem israelischen Geschäftsmann David Fattal gegründeten Hotelkette.

Leonardo Hotels betreibt derzeit in Belgien, Deutschland und der Schweiz mehr als 30 Häuser, darunter in Berlin das Vier-Sterne-Superior Leonardo Roy-al. Die 346-Zimmer-Business-Herberge befindet sich nahe des Alexanderplat-zes in einem ehemaligen Bürogebäude. Äußerlich eher schlicht, klassische 50er-Jahre-Architektur, innen hohe Räume mit eigenwilligen Art-Deco-Elementen,

laDY leonarDoDie hoTelDireKTorin GaBriele MaessenVON anna WeBer

die bei der Sanierung, Gott sei Dank, er-halten blieben.

Über die Historie des Hauses ist nicht viel zu erfahren. Zu DDR-Zeiten residier-te hier die Leitung des VEB Kombinat Kraftwerksanlagenbau Berlin, eines – so weist es das Statistische Betriebsregis-ter der DDR von 1990 aus – Zusammen-

schlusses von 22 volkseigenen Betrieben mit knapp 40 000 Beschäftigten. Nach Wende und Privatisierung war es Sitz der Berliner Dependance der Asea Brown Bo-veri AG Mannheim. Dann stand es leer.

Gern gibt Gabriele Maessen Auskunft über die Geschichte des Hauses, noch lieber allerdings spricht sie über dessen

leonardo royal am alexanderplatz

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KOPFSALAT Gabriele Maessen

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Gegenwart. Gabriele Maessen ist die Generaldirektorin des Leonardo Royal Hotels Berlin.

Chice Kleidung in zurückhaltenden Farben, freundlich, aber ohne aufge-setzte Charme-Offensive, bewusste Na-türlichkeit. Die gebürtige Wienerin ist eine der wenigen Frauen, die in Berlin ein großes Hotel leiten, obwohl es ein Beruf ist, in dem weibliches Einfühlungs-vermögen sicher mehr bewegen kann als männliche Durchsetzungskraft.

„Der Gast steht im Mittelpunkt und nicht im Weg“, sagt Gabriele Maessen lächelnd. Das ist das kurzgefasste Cre-do der 44-jährigen Hotelmanagerin, die fünf Sprachen spricht und deren bishe-rige Stationen sie nach dem Studium an der renommierten Hotel- und Tourismus-schule in ihrer Heimatstadt und an den Universitäten von Brighton und Cornell quer durch Europa führten: Budapest, Frankfurt, Madrid, Mainz, Paris, Wien, Zürich und seit Januar 2004 Berlin – zu-erst im Adlon, dann im Westin Grand.

Sie spricht über Konrad Hilton, der den Standort, die „Location“, wie es im Jargon der Manager heißt, für den ent-scheidenden Erfolgsfaktor eines Hotels hielt – verweist auf Cäsar Ritz, für den das Ambiente die wichtigste Rolle spiel-te – um dann den Ritz-Carlton-Gründer Horst Schulze zu zitieren, der dem Ser-vice, der intensiven Pflege des Gastes, die größte Bedeutung beimaß.

„Sicher sind sowohl der Standort als auch das Ambiente wichtig, ob sich Gäste wohl fühlen“, erklärt Gabriele Maessen, „entscheidend jedoch ist die Denstleistung. Das heißt, auf den Gast einzugehen, herauszufinden, was ihn freuen könnte.“

Uns beispielsweise interessierte das Baujahr des Gebäudes in der Otto-Braun-Straße, das heute Domizil des Leonardo Royal ist. Wir fragten eine junge Servi-cemitarbeiterin an der Hotelbar. Zuge-geben, das muss sie nicht wissen. Aber sie erkundigte sich, und Minuten später bekamen wir die gewünschte Informati-

on: „Das Haus wurde 1956 gebaut und steht unter Denkmalschutz.“ Sicher nur eine Kleinigkeit, aber die Details sind es eben, die eine Allerweltsherberge von einem Wohlfühlhotel unterscheiden.

Gabriele Maessen versucht, ihre Freude daran, Gastgeberin zu sein, an ihr Team weiterzugeben. „Meine Mitar-beiter sollen ein Gespür für die Wünsche der Gäste haben, die mehr von einem Hotel erwarten als nur ein Nachtlager“, bringt sie ihre wichtigste Forderung auf den Punkt. Lieblose Ausstattung stört sie, mühseliges Einchecken lässt sie un-willig werden, lustloser Service macht sie fuchsteufelswild. Da ist es mit dem Wiener Charme vorbei.

Nur zu verständlich, dass die Direk-torin das Gros ihrer Mitarbeiter selbst ausgewählt hat. Bestes Beispiel für ihr gutes Händchen dabei ist die Küchenbri-gade. An deren Spitze steht ein 29-jäh-riger Brandenburger – Chef de cuisine Lars Gaffron, den es nach Stationen auf der Nordseeinsel Föhr, bei Norbert

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Italic KOPFSALAT

Direktorin mit Küchenchef: Gabriele Maessen und lars Gaffron

51 GARÇON

www.leonardo-hotels.de

leonarDo roYal hoTel

Otto-Braun-Straße 9010249 Berlin-Mitte

Tel. 030 - 755 43 00

Schu in Hannover, im Hyatt Regency Köln, im Cambridge Beaches auf den Bermudas und im Hotel Vier Jahreszei-ten Binz in die deutsche Hauptstadt zog. Gemeinsam mit seinem Sous-Chef Chris-tian Fritzsch, ebenfalls Brandenbuger, 12 weiteren jungen Köchen, Fantasie, Können und marktfrischen Produkten kreiert Gaffron eine raffinierte, gut aus-balancierte Küche. Gabriele Maessen ist stolz auf das Team und lässt Wiener Schnitzel servieren. Ein bisschen Heimat muss sein. Das soll in Kürze auch für die Kaffeekarte gelten.

Die Direktorin plant, einige Alt-Wiener Kaffeespezialitäten anzubieten. Zum Cappuccino, Espresso oder Latte mac-chiato kämen dann vielleicht Einspän-ner, Franziskaner, Fiaker oder Pharisäer. Nicht schlecht, ein wenig mehr Kaffekul-tur würde Berlin ganz gut tun.

Einmal in ihrem Element zeigt Gabri-ele Maessen noch den 1000-Quadratme-ter-Ballsaal für bis zu 700 Personen und vergisst nicht zu erwähnen, dass es der größte in einem Hotel am Alexanderplatz ist. Chapeau, Frau Direktorin.

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KOPFSALAT Matthias John

52 GARÇON

Von seinem Schreibtisch aus blickt Matthias John auf die Spree, das ver.di-Hauptquartier und auf ein Plakat an dessen Fassade: Sozial ist, was Kaufkraft schafft. Diesen Satz unterschreibt der 47-jährige Unternehmer sofort, denn von

Das Küchen-as

der Kaufkraft seiner Kunden lebt er. Sei-ne Kunden – das sind vor allem die Berli-ner Gastronomen.

Matthias John ist Geschäftsführer der as-Gastro Handels- und Betriebs GmbH. Als er 1993 an den Start ging, nahm er

sich vor, ein As in seiner Branche zu werden – dafür standen die beiden Buch-staben am Anfang des Firmennamens. Heute, 17 Jahre später, hat er das einst gesetzte Ziel längst erreicht und formu-liert bescheiden: „Das Kürzel as hat wei-

MaTThias John UnD sein as-GasTro-TeaM: nichT von PaPPeVON Marc sTeYer

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53 GARÇON

ter keine Bedeutung, das sind lediglich die letzten beiden Buchstaben meines Vornamens.“

John ist ein gutes Beispiel für erfolg-reiches Unternehmertum. „Du brauchst viel Mut, eine tragfähige Idee und ein

bisschen Glück bei deren Umsetzung, zur rechten Zeit die richtigen Partner und die Fähigkeit, aus Fehlern schnell zu lernen“, sagt er. Ein Satz wie aus dem Handbuch für Existenzgründer.

John hatte alles – aber auch die denk-bar schlechtesten Voraussetzungen, denn er wuchs in einem Land auf, das lieber auf die Diktatur des Proletariats setzte als auf die Kraft unternehmeri-schen Handelns.

Geboren in Elsterwerda, in der Bran-denburger Provinz. Lehre als Klempner und Installateur. Rettungssanitäter.

1988 die Chance, sich in seiner Hei-matstadt selbständig zu machen. Ein gutes Jahr vor dem, was heute Wende heißt, tatsächlich aber der Zusammen-bruch eines gesellschaftlichen Systems war, wurden die Versorgungsmängel im-mer gravierender.

Zähneknirschend gewährten die DDR-Oberen Leuten wie John die geforderten Freiräume.

1990 avancierte er vom Imbissbesitzer zum Gastrounternehmer und befriedigte den Nachholbedarf der Elsterwerdaer.

Matthias John KOPFSALAT

Der Rausch der Gründerzeit hielt jedoch nicht lange an.

Die Arbeitsämter wurden voller und die neuen Restaurants leerer. Die ersten Gastronomen gaben hoch verschuldet auf.

John sah die Krise als Chance. Er mie-tete eine Halle, kaufte die benutzten, aber nicht mehr gebrauchten Küchen-geräte auf, reinigte und reparierte sie und begann, ein Gastro-Second-Hand-Geschäft aufzuziehen. Der Unterneh-mer hatte eine Marktnische entdeckt, und während einige Hersteller der teu-ren Technik noch über den „Küchen-schrotthändler aus Sachsen“ (sic!) läs-terten, staunten die Elsterwerdaer nicht schlecht über die Autos aus der halben Republik, die Johns Halle ansteuerten.

1997 Umzug nach Berlin, zuerst Lich-tenberg, dann Tempelhof, jetzt Fried-

richshain. Moderne Büros, ein Seminar-raum mit Versuchsküche, eine Werkstatt und ein SB-Gerätemarkt, 450 Quad-ratmeter, bestückt mit Abzugshauben, Backöfen, Fritteusen, Griddleplatten, Heissluftdämpfern, Induktionsherden,

as-Gastro-Geschäftsführer: Matthias John

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KOPFSALAT Matthias John

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Kühltischen, Nudelkochern und 1000 an-deren Dingen, die Gastronomenherzen höher schlagen lassen. „Man sieht es den Geräten auf den ersten Blick zwar nicht an, aber die meisten sind gebraucht und von unseren Monteuren lediglich über-holt worden“, erklärt Matthias John.

Dementsprechend preisgünstig sind die Angebote. Doch das allein ist es nicht. Das as-Gastro-Team verkauft auch Ersatzteile, nimmt Reparaturaufträge an

und – last but not least – bietet ein Maß an Kompetenz, dass selbst in dieser hoch spezialisierten Branche nicht alltäglich ist.

John schaut auf die Uhr, gibt Mitarbei-tern ein paar Anweisungen, telefoniert und fährt in Richtung Alexanderplatz. Hier hat as-Gastro ein komplettes Restau-rant konzipiert, geplant und realisiert. „Die Küche bis zum Tresen“, schränkt der Geschäftsführer ein, „da sind unsere

Stärken. Für Inneneinrichtung und Deko-ration holen wir Spezialisten ins Boot.“ „Suraya Malay Hawkoers Food“ wird das Lokal in einem der S-Bahn-Bögen heißen, Berlins erstes malaysisches Restaurant. Eine gute Referenz – ebenso wie etwa Reinstoff und Weingrün. Auch für diese beiden Restaurants hat as-Gastro die Kü-chen geplant und gebaut.

Schnell kommt John dann wieder zu seinem derzeitigen Lieblingsthema, das

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Italic KOPFSALAT

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zwar spröde klingt, aber aktuell wie kein zweites ist: Energieeffizienz in der Gas-tronomie. „Statt nach immer billigeren Lebensmitteln zu suchen, sollten Res-taurantbetreiber lieber überlegen, wie sie Energie sparen können“, sagt John. Er ist in seinem Element, spricht über Geschirrspülmaschinen mit Wärmerück-gewinnung und Hightec-Salamander, die nicht mehr die Küche aufheizen und bie-tet Berliner Gastronomen Beratung an.

Energie-Effizienz-Offensive – und wieder mal scheint es, dass der Unternehmer Matthias John mit seiner Idee auch dies-mal die Nase vorn hat.

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GESCHMACKSSACHEN Hammers Käsebrett

Manuela sporbert und Jürgen ham-mer – sie hotelfachfrau aus dem säch-sischen rochlitz, er sommelier aus

Würzburg – lernten sich in der servi-cebrigade des Drei-sterne-restaurants von Dieter Müller in Bergisch Gladbach

kennen. nach weiteren gemeinsamen stationen, u.a. in der Weinbar rutz, eröffneten sie im november 2007 ein eigenes Geschäft in der Kreuzberger Körtestraße. hammers Weinkostbar avancierte schnell zu einer der ersten Berliner Wein- und Feinkostadressen. Die kulinarischen seminare von Manu-ela sporbert und Jürgen hammer gel-ten als gleichermaßen lehrreich wie unterhaltsam. Das stadtmagazin Zitty zeichnete die Weinkostbar dafür als „Beste Genussschule Berlins“ aus.

im Garcon vermitteln die beiden experten im Wechsel Wissenswertes über Käsesorten und deren Besonder-heiten, geben Tipps für den einkauf und empfehlen zum Käse passende Weine.heute: roquefort

haMMers KÄseBreTTroQUeForT - nUr echT aUs Der hÖhlevon ManUela sPorBerT

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Die meisten Blau-schimmelkäse werden aus roher oder pasteurisier-ter Kuhmilch, einige auch aus einer Mi-schung von Kuh-, Ziegen- oder Schafsmilch hergestellt. Le-diglich der Roquefort, der König der französischen Blauschimmelkä-se, besteht ausschließlich aus roher Schafsmilch.

Beim Blauschimmelkäse scheiden sich die Geister, gleich, ob es sich um spani-schen Cabrales, dänischen Castello blue, italienischen Gorgonzola, um Stilton aus England, Bleu d Auvergne, Fourmet d Ambert oder eben um Roquefort aus Frankreich handelt.

Die einen können nicht genug davon bekommen, für die anderen ist der blau-grüne Schimmel im Innern (bei einigen Sorten mehr blau, bei anderen mehr grün) ein Grund, die Vertreter dieser Kä-sesorte links liegen zu lassen.

lyon

roquefort

Paris

Manuela sporbert und Jürgen hammer

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Italic GESCHMACKSSACHEN

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Bereits vor 700 Jahren wurden Schutzbestim-mungen für seine Herkunft und Herstellung erlas-sen. 1925 erhielt er als erster französischer Käse das A.O.C.-Prädikat (Appellation d Origine Contrô-le).

Danach dürfen nur Käse, die aus roher Schafs-milch hergestellt wurden, mindestens 52 Prozent Fett in der Trockenmasse aufweisen und die in den Höhlen des Mont Combalou in der Gemeinde Roquefort-sur-Soulzon am Südrand der Cevennen (Département Aveyron) gereift sind, den Marken-namen Roquefort tragen.

Bei diesen Höhlen handelt es sich um mehrstö-ckige Gewölbekeller in einem Kalkberg, dessen Felsspalten (Fleurines) für Frischluft sorgen. Die relativ konstanten Temperaturen von 7 bis 10 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 95 Prozent und höher, sorgen für optimale Reifebedingungen.

Diese Keller sind übrigens Eigentum der von Bauern der Region 1842 gegründeten Sociéte des Caves, der Gemeinschaft der Roquefort-Käser.

Ihre Tradition liegt darin begründet, dass in die-ser Gegend des französischen Zentralmassivs seit Jahrhunderten die Lacaune-Schafe gehalten wer-den, deren Milch Grundlage der Roquefort-Herstel-lung ist.

Historisch verbürgt ist, das Kaiser Karl IV. 1411 den Einwohnern von Roquefort das Privi-

leg dafür zuerkannte.Der Edelschimmel übrigens bildet

sich, weil den Käselaiben vor der Reifung Kulturen von Penicillium roqueforti zuge-

setzt werden. Erzeugt werden sie mit Hilfe eines speziellen Brotes, das bei langer La-gerung von innen verschimmelt.

Außerdem wird der Käse „pikiert“, das heißt durchstochen, damit die feuchte Höhlenluft ins

Innere eindringen und das Pilzwachstum fördern kann. Die Reifezeit des Roqueforts beträgt rund drei Monate. Danach ist sein Aroma wür-

zig bis pikant und die Konsistenz krümelig – ein Qualitätsmerkmal.

Zum Roquefort empfiehlt Manuela Spor-bert Tawny Port, einen säurebetonten por-

tugiesischen Wein.

www.hammers-wein.de

haMMers WeinKosTBar

Körtestraße 2010967 Berlin-KreuzbergTel. 030 - 69 81 86 77

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FUhrManns FrüchTeKorBDie scharFe Knollevon DieTer FUhrMann

Wenn in Berlin oder Brandenburg ein weißer 7,5-Tonnen-Kühltransporter mit dem Zeichen der Kirsche ein hotel, Krankenhaus, den Knast, eine Kantine oder ein restaurant ansteuert, heißt es dort schlicht: Fuhrmann kommt. Dieter Fuhrmann, chef des gleich-namigen Fruchtgroßhandels und der Grand old Man seines Berufsstandes in Berlin, gehört zu den frischever-rücktesten, qualtitätsbesessensten und kenntnisreichsten Männern sei-ner Branche. lieber klein, dafür fein – mit diesem Motto startete er 1977 auf einem charlottenburger hinterhof ins obst- und Gemüsegeschäft. 1980 Umzug auf den Fruchthof an der Beus-selstraße, 1996 eintritt seines sohnes Marcus als Juniorchef in die Firma, 2007 übernahme einer neuen Kühl-

halle. inzwischen beschäftigen die Fuhrmänner 28 Mitarbeiter, die mit 18 Kühltransportern rund 500 Produkte ausliefern, pünktlich, zuverlässig und

in hoher Qualität. Für Garcon stellen Dieter und Marcus Fuhrmann im Wech-sel ihre Früchte vor.heute: ingwer

GESCHMACKSSACHEN Ingwer

58 GARÇON

Meine Mutter war ein Fan von Clemens Wilmerod, dem ersten deutschen Fern-sehkoch, dem jüngst im ARD-Film „Es liegt mir auf der Zunge“ ein Denkmal gesetzt wurde. Sein Kochbuch „Clemens Wilmenrod bittet zu Tisch“ stand zu Hause stets griffbereit, und ich erinnere mich an Dänische Gurke, Eier Diable und

an Englische Ingwerpfannkuchen, bei denen es zum Omlett Apfelkompott gab, das kräftig mit Ingwerpulver gewürzt war. Diesem Dessert meiner Mutter à la Clemens Wilmenrod verdanke ich meine erste Begegnung mit dem pfeffrig-schar-fen Ingwergeschmack.

Später, während meiner Ausbildung,

lernte ich Quatre Èpices kennen, die klassische französische Gewürzmischung aus schwarzem Pfeffer, Muskat, Nelken und Ingwer, die damals vor allem zur Zu-bereitung von Schweinefleisch benutzt wurde. Auch dabei kam getrockneter und gemahlener Ingwer zum Einsatz.

Anfang der 1980er Jahre begannen wir, zunehmend frischen Ingwer zu im-portieren – als Reaktion auf die wach-sende Beliebtheit der asiatischen Küche in Europa und den Bedarf vor allem der Spitzengastronomie, die versuchte, das fernöstliche Gewürz mit Fisch und Ge-flügel zu kombinieren. Rascasse wurde in Ingweröl confiert, Ricottasoufflée mit Ingwer aromatisiert. Karotten-Ingwer-Suppe und Ente mit Orangen-Ingwer-Sau-ce eroberten selbst die Speisenkarten der meisten gutbürgerlichen Restau-rants. Wolfram Siebeck schließlich stell-te vor acht Jahren die scharfe Knolle ins Zentrum seines Zeit-Kochwettbewerbs – spätestens jetzt war der Durchbruch geschafft.

Ingwer avancierte zum Trend-Gewürz auch in Deutschlands Küchen, und längst

Firmenchef Dieter Fuhrmann (li.) und Juniorchef Marcus Fuhrmann

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Ingwer GESCHMACKSSACHEN

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sind es nicht mehr nur prominente Köche wie Alfons Schuhbeck, die den ernäh-rungsphysiologischen Wert des Ingwers propagieren. Kürzlich las ich beispiels-weise, dass auch Meistertrainer Felix Magath auf dessen beruhigende Wirkung setzt und deshalb häufig an dampfen-dem Ingwertee nippt.

Ob Magath, der fußballlehrende As-ket, das gesunde Getränk auch seinen Schalker Spielern verordnet hat, war nicht zu erfahren. Möglich allerdings scheint es schon – mit Junkfood im Ma-gen spielt man jedenfalls nicht um die Meisterschale.

Ingwer also – lateinisch Zingiber of-ficinale. Das asiatische Universalgewürz stammt aus China. Archäologische Fun-de beweisen, dass die Knolle mindestens seit 2200 Jahren dort höchstes Ansehen genoss. Botanisch gesehen handelt es sich bei der Ingwerknolle übrigens um ein Rhizom – den unterirdischen Wur-zelstock einer üppigen, schilfähnlichen Pflanze, von der es weltweit in den tropischen und subtropischen Regionen rund 700 Arten gibt.

Die wichtigsten Anbauländer sind Chi-na, Indien, Japan, Malaysia, Thailand, Vietnam sowie Australien, Brasilien, Ke-nia und Nigeria.

Ingwer aus Indien zeichnet sich durch eine eher beißende Schärfe aus, über-troffen lediglich vom westafrikanischen Ingwer aus Nigeria. Australische Sorten gelten als besonders zitronig, chinesi-sche als blumig. Wir bieten vor allem Ingwer aus Thailand an, der hinsichtlich Qualität und Aroma ohne Zweifel zur Spitzengruppe zählt und dessen Produ-zenten großen Wert auf naturnahen Anbau legen.

Chemisch zuständig für den typischen Geruch und Geschmack ist ein ätherisches Öl mit seinem Hauptbestand-teil Zingibe-ren, für die aromatische Schärfe sorgt das Gingerol. Vor

allem dieser Scharfmacher ist auch für die schmerzlindernden, blutdruck- und fiebersenkenden sowie beruhigenden, entspannenden und appetitanregenden Wirkungen des Ingwer verantwortlich.

Außerdem hilft kein anderes Gewürz so ausgeprägt gegen Übelkeit, etwa bei der sogenannten Reisekrankheit.

Doch es sind nicht nur die medizini-schen, sondern auch die kulinarischen Verwendungen, die den Ingwer so inte-ressant und vielseitig machen.

Der leicht scharfe, würzige Geschmack des frischen Ingwers gibt Suppen, Fisch und Fleisch ein unverwechselbares Aro-ma. Übrigens: wird Ingwer gemeinsam mit Fleisch gekocht oder gebraten, lässt ein in der Wurzel enthaltenes eiweiß-spaltendes Enzym das Fleisch zarter werden. Ein Effekt, der auch beim Mari-nieren genutzt werden kann.

„Ingwer – Die edle Süße aus dem Land des Lächelns“ heißt ein Buch, in dem sich der Arzt und Autor Wolfgang Hübner ausführlich mit dem Genuss- und Heil-mittel beschäftigt – inklusive von 58 Re-zepten, in denen Ingwer die Hauptrolle spielt.

Ingwer-Bouillon mit Nudeln und Huhn, gebra-tener Lachs mit Ingwer und Gurkensalat oder Schoko-Ingwer-Crème-Brûlée – das klingt nicht nur gut, das schmeckt auch so. Trotzdem halte

ich es mit Felix Magath: frischen Ingwer – man erkennt ihn an der glatten und glänzenden Haut – mit kochendem Was-ser übergießen, 5 bis 8 Minuten ziehen lassen, fertig ist der Ingwertee. Auf die Gesundheit!

Mit kulinarischen Grüßen

www.dieter-fuhrmann.de

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LEBENSART Notte delle Stelle

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Notte delle Stelle LEBENSART

iMPressionen einer Grossen Gala VON JÖrG TeUscher

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Notte delle Stelle 2010

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seit 1897 ein Privileg der Familie nonino

Die Kunst Des Destillierens

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NONINO ist Marktführer im Premium-Grappa-Segment

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LEBENSART Notte delle Stelle

62 GARÇON

Er schrieb das Drehbuch für die Gala, lei-tete deren Produktion und führte Regie – Massimo Mannozzi, 69, ein soignierter Herr, kurzes graues Haar, ebensolcher Bart, gepflegte Hände, die ständig etwas zu tun suchen.

Der Anzug, sicher nicht von der Stan-ge und wenn, dann von einer teuren. Am Revers eine winzige Ordensspange, die ihn als „Cavaliere della Repubblica“ aus-weist.

Neben der höchsten Auszeichnung seiner Heimat erhielt Mannozzi auch die höchste Auszeichnung seiner Wahlhei-mat. 2002 wurde ihm, dem Italiener in Deutschland, das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Auch diese Ehrung bekommt man nicht allein für gastronomisches, son-dern zu allererst für gesellschaftliches Engagement.

Mannozzi macht seit Jahren mit deutsch-italienischen Projekten von sich reden. Das bekannteste ist wohl der „Pre-

mio Bacco“, der Preis der italienischen Filmjournalisten, der seit 1992 während der Berlinale auf der Notte delle Stelle, der Nacht der Stars, verliehen wird – in diesem Jahr bereits zum 18. Mal.

Die Liste der Preisträger der vergange-nen Jahre liest sich wie das Who is who des internationalen Films: Lucia Alberti, Claudia Cardinale, Sophia Loren, Ornel-la Muti, Franka Potente, Mario Adorf, Bruno Ganz, Giancarlo Giannini, Aurelio Malfa, Armin Müller-Stahl, Til Schweiger, Wolfgang Stumph.

Die Frage, weshalb er angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise keine Denk-pause einlegt und die Party ausfallen lässt, beantwortet Mannozzi knapp und mit einem vielsagenden Lächeln: „Weil wir Italiener krisenerprobt sind!“

Nein, Mannozzi hat schon viele Stür-me überstanden, die Notte delle Stelle lässt er sich nicht nehmen, auch nicht in schweren Zeiten. Der Stolz darauf ist ihm ins Gesicht geschrieben.

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seit 1897 ein Privileg der Familie nonino

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Notte delle Stelle LEBENSART

63 GARÇON

Mehr noch. Was einst mit 35 Gästen in Mannozzis Restaurant Bacco in der Mar-burger Straße begann, zwei Jahre später mit 350 Gästen ins benachbarte Steigen-berger zog, feierte 2010 zum ersten Mal im ballerprobten Maritim Hotel in der Stauffenbergstraße. Mit 600 Gästen war der Ball doppelt so groß wie in den Jah-

ren zuvor und „dreimal so erfolgreich“, wie Mannozzi erklärte.

Trotz der neuen Dimension blieb die Atmosphäre herzlich, das Menü von Star-koch Renzo Pasolini und seinen Mannen lecker (geschichteter Schwertfisch und gefüllte Lammkeule) und der Ablauf lie-benswert-chaotisch.

Hinzu kam das Karitative: der Erlös der Notte-delle-Stelle-Tombola ging an krebskranke Kinder.

Zusätzlich überreichte die Immobilien-unternehmerin und Ball-Sponsorin Karen Geiling für die Tagesspiegel-Spendenak-tion „Menschen helfen“ einen Scheck in Höhe von 3000 Euro.

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LEBENSART Notte delle Stelle

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Preisträger des Premio Bacco 2010

Isabella Ragonese

geb. am 18. Mai 1981 in PalermoTheater- und Filmschauspielerinfür ihre Rolle in „Das ganze Leben liegt vor Dir“ („Tutta la vita davanti“ – 2009)

Jan Josef Liefers

geb. am 8. August 1964 in DresdenFilm- und Fersehschauspieler, Synchronsprecher, Regisseur, Musiker (Jan Josef Liefers & Oblivion)für seine Rolle in „Es liegt mir auf der Zunge“ (TV-Biografie des Kochshow-Erfinders Clemens Wilmenrod, 25.11.2009, ARD)Am 20. März 2009 übrigens wird Jan Josef Liefers als „Weingourmet des Jahres“ ausgezeichnet!

Lino Banfi

(bürgerlich Pasquale Zagaria)geb. am 11. Juli 1936 in Andria (Bari)Film- und Fernsehschauspielerfür seine Rolle in „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ („Indovina chi sposa mia figlia“ – 2009)

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Das Hotel Bacco liegt in einer ruhigenSeitenstraße, nur 150 m vom feinen Sand-strand der Riviera entfernt. Alle Zimmersind mit Klimaanlage, Sat-TV, Telefon/W-LAN, Safe, Dusche/WC und Balkon aus-gestattet. Genießen Sie unsere typisch

toskanische Küche und erlesene Weine.Entspannen Sie im großzügigen Gartenoder seien Sie aktiv: hauseigene Fahrrä-der, Tennisplätze und mehrere Golfcourtsim Umkreis, sowie die großen Sehens-

würdigkeiten der Toskana erwarten Sie.

in derToskana

HOTEL BACCOLido di Camaiore, Toscana, Italia

Informationen in Berlinunter Tel.: 030/2118687

www.bacco.de

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LEBENSART Imago

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BILDER EInER AuSSTELLungSuSAnnA KrAuS unD IHrE cAMErA MAGnIFIcAVON AnnA WEBER

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Imago LEBENSART

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Stephan Falke, Susanna Kraus und Herbert Beltle, v. li.

Ein ausgesprochen seltener Zustand: Herbert Beltle ist sprachlos. Der stadt-bekannte Gastronom steht vor einer le-bensgroßen Porträtfotografie. Schwarz-weiß, zwei Meter lang, 60 Zentimeter breit, die Person auf das Wesentliche reduziert. Beltles Augen suchen das Ge-sicht des Mannes auf dem Foto. Es ist sein Gesicht. Irgendwann löst sich die Spannung. Herbert Beltle ist begeistert.

Ein paar Tage später, Duplizität des Ablaufs. Diesmal ist es Franz Raneburger, der wackere Herdarbeiter aus Tirol, den das Bild dermaßen fasziniert, dass er es minutenlang regungslos betrachtet. So hat sich Raneburger noch nie gesehen.

Die Bilder von Beltle und Raneburger gehören zu einem Projekt, an dem Su-sanna Kraus und Stephan Falke derzeit basteln.

Einer dieser Lebenszufälle, aus denen selten mehr entsteht als „wir telefonie-

ren“ führte die beiden zusammen. Ge-sprächsthemen - Küche und Kunst. Und irgendwann war da diese Idee. Wir tele-fonieren. Sie taten’s.

Falke, der gelernte Koch und diplo-mierte Küchenarchitekt, redete über eine Zeit, in der die sprachliche Ver-knüpfung von Berlin und Genuss – ku-linarisch gesehen – als Paradox galt, in der der Gault Millau höhnte, der Vorteil der Berliner Edelgastronomie bestehe darin, ungemein übersichtlich zu sein, in der der fettige Ruf der Stadt ihr Image prägte.

Kraus, die ausgebildete Schauspielerin und Fotokünstlerin, fragte nach denen, die gegen dieses Urteil (oder war es ein Vorurteil?) ankochten.

Sie informierte sich über Henry Levy, den Franzosen und ersten Zwei-Sterne-Koch der Stadt, über die anderen frühen Berliner Sterne- und die ersten Meister-

köche, über die Restaurants im alten Ost- und Westberlin, über die Chancen der Gastronomie in der neuen Haupt-stadt und darüber, welche Köche sie er-kannten und wahrnahmen.

Das Projekt von Susanna Kraus und Stephan Falke: eine Ausstellung. Die Por-träts von 20 Köchen. Dazu Texttafeln. Wenn es richtig ist, dass die Gastrono-mie zur Visitenkarte einer Stadt gehört, so sind die Köche deren Verteiler.

Stephan Falke kümmert sich um die Organisation der Fotoarbeiten und ums Sponsoring. Haben wir die richtigen Kö-che ausgewählt? Wer kommt wann ins Atelier?

Susanna Kraus „macht“ die Bilder, wobei das Verb die Entstehung der mo-numentalen Fotos mit der außergewöhn-lichen Wirkung nicht wirklich zutreffend benennt. Denn eigentlich sind es Selbst-porträts…

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LEBENSART Imago

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Ein Gewerbehof in Prenzlauer Berg. Wilder Firmenmix. Zu DDR-Zeiten wurde hier Honeckers Volvo-Flotte gewartet. Im letzten Winkel, hinter einer schwe-ren Eisentür, das Atelier. Susanna Kraus, Münchnerin mit einem Hauch Wienerisch in der Stimme, nennt es wie ihre Kame-ra: Imago 1:1.

Ein Begriff mit vielen Bedeutungen. Eine davon: das Ebenbild.

Ein Viertel des Riesenraumes nimmt die Kamera ein, sieben Meter lang, drei Meter breit, vier Meter hoch, ein mattschwarzes Monster. Der Spiegel be-schrieb es als „Kreuzung aus frühem U-Boot und Eiserner Lunge“.

Entwickelt wurde das Aufnahmege-rät Anfang der 1970er Jahre von Werner Kraus, Susannas Vater, einem Münchner Physiker.

Der Kern der Kamera: eine eigens für die 1:1-Fotografie konstruierte Optik. Der Nürnberger Kunstprofessor Erhard Hössle schuf das Kameragehäuse – ein begehbares Objekt.

Die Erfinder formulierten auch die Handlungsanweisung: „Sie betreten die Kamera, schließen die Tür hinter sich und stehen ihrem Spiegelbild gegenüber. Sie sehen sich in einem Umkehrspiegel, der Sie nicht – wie gewohnt – seitenver-kehrt, sondern seitenrichtig zeigt.

Das ist der Augenblick, ein Bild Ihrer Vorstellung zu gewinnen. So schlüpfen Sie, indem Sie selbst die Blitzlichter in der Kamera auslösen, in die Rolle des Fotografen und sind zugleich Ihr eigenes Sujet, dass Sie zu Ihrem Bild formen kön-nen.“

Ein Teleskop-Hohlspiegel projiziert dann das geblitzte Bild direkt auf ein zwei Meter langes Spezial-Positivpapier. Zehn Minuten später ist das Foto fertig. Der pure Augenblick. Ein Unikat. Ein Ne-gativ gibt es nicht.

Susanna Kraus erzählt von den ersten Bildern 1973. Davon, dass die Kamera auf der Weltausstellung der Fotografie in Nürnberg im gleichen Jahr und auf der Photokina 1976 in Düsseldorf Furore machte, aber auch davon, dass der Zug der Digitalisierung an der Imago vorbei rollte. Sie verschwand in einem Depot

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Imago LEBENSART

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LEBENSART Imago

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Imago LEBENSART

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www.camera-imago.com

IMAgO 1:1 SuSAnnA STRAuSS

Straßburger Straße 6-810405 Berlin-Prenzlauer Berg

Tel. 0172 - 310 48 85

der Münchner Pinakothek. Im Jahr 2004 reaktivierte die Künstlerin die begehba-re Selbstporträtkamera, fand Leute, die ihr das längst vom Markt verschwundene Fotopapier wieder produzierten und zog mit ihrem fototechnischen Fossil nach Wien.

Hier bat sie die wichtigsten Vertre-ter der Wiener Psychoanalyse in ihre Kamera. Die Ergebnisse hängen seitdem im Sigmund-Freud-Museum. Der Erfolg machte Mut. Susanna Kraus kam nach Berlin.

Es ist nicht nur der technische Super-lativ – die größte Sofortbildkamera der Welt – die den Krausschen Apparat zu et-was Besonderem macht – vor allem sind es seine künstlerisch-ästhetischen Mög-lichkeiten im Zeitalter des Handy-Foto-Voyeurismus.

Der Spiegel-Fotograf Ben Behnke schrieb in Susanna Kraus Gästebuch: „Bemerkenswert. Ich bemühe mich, Menschen vor die Kamera zu kriegen. Du hingegen lädtst sie ein – in den Fotoap-parat.“

Und sie kommen. Prominente wie der Philosoph Peter Sloterdijk und die Schau-spielerin Susanne von Borsody. Berliner Liebespaare, Hochzeitspaare, Ehepaare. Handwerker, Wissenschaftler. Menschen eben, die sich ein Bild machen wollen.

Davon lebt Susanna Kraus – 280 Euro kostet ein ohne Fotografenhilfe und Bit-te-Lächeln-Sprüche zustande gekomme-nes Selbstporträt, ein Bild in Lebensgrö-ße. Eins, das das unbekannte Ich sichtbar macht.

„Köche in Berlin“ - den Zweck ihrer geplanten Ausstellung sehen Susanna Kraus und Stephan Falke vor allem da-rin, dass sich auch die Betrachter ein Bild machen können – darüber, welche Menschen die Boulettenmetropole in die deutsche Gourmethauptstadt verwan-delt haben.

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BOUQUET GARNI

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Sie sind an jedem Tisch willkommen:

Die stilvollen Glasfl aschen von SpreeQuell zaubern frisches Berliner Ambiente in Ihre Gastronomie.

Berliner Lebensart mit Tischmanieren!

VOLLE PULLE LEBEN!

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Nachrichten und Neuigkeiten BOUQUET GARNI

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ForsthausKleines Haus am Wald, morgen komm´ ich bald... Kleines Haus – ja, am Wald – na ja und morgen – leider noch nicht. Das Königliche Forsthaus Bestensee, um das es hier geht, ist tatsächlich ein kleines Haus, liegt aber direkt an der Hauptstra-ße des Ortes im Dahme-Spreewald-Kreis, doch das ist wegen der Parkmöglichkei-ten nicht unpraktisch.

Am 20. April wird die neue Landgast-hof-Errungenschaft im südlichen Berliner Randgebiet eröffnet, rechtzeitig vor den Osterfeiertagen also.

Uwe Budach, Beruf Autoverkäufer, erwarb das große Grundstück an der B 246 mit dem unter Denkmalschutz ste-henden Fachwerkhaus und einem Fisch-teich im Jahr 2008 und sanierte es mit viel Engagement, sicher erheblichem Eigenkapital und Brandenburger Touris-musfördermitteln.

Die Lehmwände blieben erhalten, ebenso das Fachwerk und der frühere Eiskeller. Auf die Wiederbelebung des vor 235 Jahren auf Erlass von Preußen-

könig Friedrich II. gebauten Forsthauses trifft das abgedroschene Attribut „liebe-voll“ tatsächlich mal zu.

Ein Anbau fügt sich unaufdringlich in das Ensemble ein, darin eine Profi-Kü-che, der eines Edelrestaurants durchaus ebenbürtig, Lagerräume und drei mo-derne Ferienwohnungen. Uwe Hartung, gebürtiger Brandenburger und gelernter Restaurantfachmann mit Geschäftsfüh-rer-Know-how, wird die gastronomischen Geschicke des Königlichen Forsthauses leiten. Bleibt also nur noch die Hoff-nung, dass das neue Restaurant auch kulinarisch das bietet, was die Gäste von einem ordentlichen Landgasthof erwarten: keine gewollten und nicht ge-konnten Edelfood-Versuche, sondern Bo-denständiges mit regionalen Produkten. Unser Vorschlag: mal bei Carmen Krüger in Eichwalde vorbei schauen. Die weiß, wie solche Küche geht. Königliches Forsthaus hauptstraße 214741 Bestenseetel. 033 763 - 22 777

uwe Budach, Forsthaus-Inhaber

staBwechselElf Jahre und drei Monate war Matthias

Buchholz Küchenchef im Restaurant first floor des Palace-Hotels. Wie viel Kaviar er in dieser Zeit serviert hat, das weiß bestenfalls die Palace-Buchhaltung. Und selbst wenn die es öffentlich machen würde, Berge waren es bestimmt nicht. Buchholz ist ein Koch, der nicht nur auf Luxusprodukte setzt. Seine letzte first-floor-Speisenkarte beweist das. Neben Pot au feu vom Tafelspitz stehen Zander, Rotbarbe und Poltinger Lamm. Nun legt Buchholz den Kochlöffel erstmal beisei-te. Kreative Auszeit - ließ er als Grund verkünden. Es bleibt nur noch, ihm dan-ke zu sagen für eine große Küche, eine die Berlin würdig war und für viele kuli-narische Erlebnisse der besonderen Art.

Den Neuen am Herd hat Palace-Ge-neraldirektor Kurt Lehrke inzwischen vorgestellt. Was den Vornamen betrifft, bleibt alles beim Alten.

Matthias Diether heißt der Mann, und die Stationen seines Lebenslaufes lesen sich wie ein Handbuch der deut-schen Gourmetmetropolen: Wolfsburg, Bergisch Gladbach, Baiersbronn.

Dazu Luxushotels in Abu Dhabi, Du-bai und Schottland. Zuletzt Schleswig-Holstein. Im noblen Töpferhaus von Alt-Duvenstedt erkochte Matthias Diether seinen ersten Michelin-Stern. Na dann, auf ein Neues in Berlin.

Der alte: Matthias Buchholz

Der Neue: Matthias Diether, re.

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MacefMailand15.-18. Januar 2010

BOUQUET GARNI Messezeit

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auF Der suche Nach guteN KücheNwerKzeugeNVON Jörg teuscher

ambiente Frankfurt am Main12.-16. Februar 2010

MesseN À la carte

FormlandHerning5.-8. Februar 2010

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Messezeit BOUQUET GARNI

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Selbst Drittklässler müssen über den Sinn und Zweck von Messen nicht lan-ge nachdenken. Hersteller präsentieren ihre Neuheiten, Händler können sich informieren, Kontakte knüpfen und pfle-gen, Sortimente ergänzen und erneuern. Das gilt für die Automobilbranche eben-so wie für den Bereich der Küchenwerk-zeuge. Was so pragmatisch klingt, ist es jedoch meist nicht.

Wir begleiteten den Berliner Haus-haltswarenhändler und Garcon-Kolum-nisten Andreas Langholz auf seinem Messetrip 2010 und erlebten in Mailand, im dänischen Herning und in Frankfurt am Main einerseits die gigantischen Wer-

beauftritte der Branchenriesen und an-dererseits die Versuche kleiner Firmen, wenigstens einen Bruchteil der Besu-cheraufmerksamkeit zu erhaschen.

Dass sich Küchengeräte am besten verkaufen, wenn bekannte Köche deren Vorzüge preisen, scheint – so unser Ein-druck – eine deutsche Erfindung zu sein. So trafen sich Dieter Müller und Jamie Oliver (unser Foto) in Frankfurt am Stand der Groupe SEB, einem Konzern, unter dessen Dach sich so bekannte Marken wie Krups, Moulinex oder Rowenta ver-sammelt haben. Müller wirbt hier für Al-Clad-Kochgeschirr, Oliver für Tefal-Pfan-nen. Gleich um die Ecke preist Cornelia

Poletto die Vorzüge von ASA-Porzellan und Lurch-Geräten an. Motto: Wenn Sie mit dieser Salatschleuder Salat schleu-dern, kommen Sie nicht ins Schleudern. Johann Lafer steigt für WMF ins Werbe-boot, sein Freund Horst Lichter für Kü-chenprofi, und Alfons Schuhbeck schließ-lich vermarktet seinen Namen auf einer Messerkollektion der Mannheimer Firma adHoc.

Für vergleichsweise winzige Betriebe sind Cornelias Lächeln oder Alfons erho-bener Zeigefinger außerhalb der finan-ziellen Reichweite. Sie müssen darauf vertrauen, dass Händler wie Langholz sie entdecken.

werbe-Ikonen der Kochtopfbranche: Dieter Müller und Jamie oliver

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BOUQUET GARNI Messezeit

Jedes Jahr Mitte Januar ruft Mailand, Ita-liens wichtigster Messeplatz. Die Macef – Untertitel „Salone Internazionale della Casa“ - präsentiert sich dann vier Tage lang vor allem als Leistungsschau der ita-lienischen Industrie und des Handwerks rund um s schönere Wohnen.

Möbel, Lampen, Bilder, Heimtextilien, Accessoires – nichts, was es nicht gibt. Dem wachsenden Wunsch der Verbrau-cher nach praktischen und schönen Kü-chenausstattungen tragen viele Ausstel-ler ebenso Rechnung wie der steigenden Nachfrage nach guten Küchenwerkzeu-gen Made in Italy.

Das Ergebnis: immer mehr Herstel-ler, die der handwerklichen Tradition verpflichtet sind, treffen in Mailand auf immer mehr designorientierte Produ-zenten. Zur ersten Gruppe gehört bei-spielsweise Eppicotispai, eine kleine Fir-ma aus Ornavasso, die Geräte – zumeist aus Holz – für Leute vorstellt, die Nudeln noch selber machen. Auf der nicht min-der wichtigen Bühne der Designkompe-tenz bewegt sich Zani & Zani, eine der führenden Edelstahlschmieden Italiens. Das 1936 gegründete Unternehmen mit Sitz in Toscolano am Westufer des Gar-dasees kam mit einer repräsentativen Kochtopfkollektion und einigen ausge-sprochen chicen Kleingeräten, die es demnächst auch in Coledampf s Cultur-centrum geben wird.

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Kochtopf-Designerin luisa zani

www.zaniezani.it

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Messezeit BOUQUET GARNI

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www.jacobskov.dk

Keramik-Designer Jacob skov

Herning, Handelsstadt im mittleren Jüt-land, ist jedes Jahr im Februar Ausrich-ter der Formland, einer der wichtigsten skandinavische Designmessen. Gezeigt werden neben Möbeln, Schmuck und Spielzeug auch Feinkostprodukte und Küchenwerkzeuge.

Dänische Köche ordern hier regionale Produkte, ambitionierte Haushaltswa-renhändler wie Andreas Langholz suchen das Besondere.

Der Coledampf s-Culturcentrum-Inha-ber am Stand von Jacob Skov, einem Ke-ramiker aus Odense. Skov ist Absolvent der Designhochschule in Kolding und stellt auf verschiedene Weise stapelba-re Becher, Tassen und Schüsseln aus. „Schöne Stücke“, zeigt sich Langholz beeindruckt.

„Ich strebe nicht nach Schönheit“, entgegnet der junge Keramiker, „ich versuche eher, ein Problem auf so einfa-che Weise wie möglich zu lösen und nie zu vergessen, dass ein neues Produkt in erster Linie für den Benutzer ein guter Gebrauchsgegenstand sein muss.“

Skovs Stapelgefäße erfüllen die selbst gestellte Forderung voll und ganz.

Die Anregung dafür bekam Skov üb-rigens durch eine simple Beobachtung. Seine Großmutter Ebbe versuchte ver-geblich, in ihrem Küchenschrank Tee-tassen übereinander zu stellen. Als das nicht klappte, hatte Skov die Idee...

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BOUQUET GARNI Messezeit

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Auf der Ambiente, der weltgrößten Kon-sumgütermesse in Frankfurt am Main – rund 4500 Aussteller aus 86 Ländern – ist alles vertreten, was mehr oder weniger Nützliches für die Küche produziert. Der Essenzubereitungs- und Verzehr-raum wird zum „place to be“ erklärt, Schlagwörter wie authentisch, langle-big, progressiv und handwerklich sind allgegenwärtig. Beispiel: Küchenmesser. Der Ambiente-Messekatalog führt 57 Aussteller auf, Global Player ebenso wie Branchenzwerge. Der Werbeaufwand ist gigantisch – scharf, schärfer, am schärfs-ten.

Die Franz Güde GmbH, ein mittelstän-disches Solinger Unternehmen, setzt auf seinen Standort, auf Tradition oder – an-ders formuliert – auf großväterliche Pro-duktionstechniken, auf Qualität durch Handarbeit also, und hat Erfolg damit.

100 Jahre Güde verkünden die Messe-prospekte. Informationen statt Infotain-ment: Edelklingen in kleinen Stückzahlen. Dem Schmieden aus einem Stahlstück folgen weitere 30 bis 50 Arbeitsgänge der Messerwerdung. Ein enormer ma-nueller Herstellungsaufwand, aber auch ein Konzept, das funktioniert.

Immer mehr Kunden suchen Qualität und lassen industrielle Massenware links liegen.

Zum 100. Manufakturgeburtstag prä-sentiert Güde eine aus vier Messern bestehende Serie, deren Griffe aus 1000jährigem Mooreichenholz gefertigt wurden.

Für jedes Jahr der Unternehmens-geschichte von 1910 bis heute wurde ein Satz mit der jeweiligen Jahreszahl graviert. Güde-Fans jubeln und ordern – trotz der 645 Euro, die sie für die Jubi-läumsedition hinblättern müssen.

www.guede-solingen.de

güde-chef Dr. Karl-Peter Born

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coleDaMPF´s KücheNKoluMNethe sMIle oF a caMelMaNVON aNDreas laNgholz

RUBRIKEN Coledampf´s Küchenkolumne

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auf ein Holzkohlefeuer gestellt wird, ist aus der nordafrikanischen Küche nicht wegzudenken.

Die Tajine hat einen konischen De-ckel, der durch seine Form dafür sorgt, dass der Dampf innen kondensiert und in den Rand des Unterteils abläuft. Durch diesen Wasser-Dampf-Kreislauf wird der Inhalt sehr schonend gegart.

Das Essen wird, bitteschön, auch in der Tajine serviert. Ob Sie Ihren Gästen allerdings zumuten, sich unter Zuhilfe-nahme der Finger direkt aus dem Gefäß zu bedienen, bleibt Ihnen über-lassen (macht aber Spass).

Dass ein ahnungsloses Hühn-chen in der Tajine lecker wird, kann – wie bereits erwähnt – mein Freund Wolfgang bestäti-gen.

Gern legt man im Maghreb aber auch (je nach den Einkommensverhältnissen) Lamm oder Hammel in die Tajine (aber bitte, bitte kein Schwein, das gibt Ärger mit dem Imam) und dann könnte man es zum Beispiel auf folgende Weise zube-reiten:

andreas langholz, 49, geboren im schleswig-holstein-städtchen eutin, aufgewachsen in timmen-dorfer strand, studierte in Berlin Kommunikations-wissenschaften. 1995 eröffnete er coledampf s culturcent-rum in wilmersdorf, fünf Jahre später am Koll-witzplatz in Prenzlauer Berg. Die „Kochtopfläden“ mauserten sich rasch zu den bestsortierten haus-haltswarengeschäften der hauptstadt.

Zugegeben, die Überschrift ist latent an den Haaren herbeigezogen und der Wahrheitsgehalt liegt lediglich bei 50 Prozent. Mein Freund Wolfgang ist näm-lich Nichtraucher, aber das verklärte Lä-cheln auf seinem Gesicht - es erzählte von Fernweh und einem außergewöhnli-chen Geschmackserlebnis – kannte ich so noch nicht.

Ich war Schuld daran, dass es über-haupt dort hin kam: ich erklärte die Benutzung einer Tajine. Wolfgang hörte aufmerksam zu, das Lächeln trat in sein Gesicht, und ihm entfuhr nur ein einzi-ges Wort: „Zitronenhuhn“.

Und so könnte also im Reiseführer stehen: begleiten Sie den Camelman in den Westen. Keine Angst, der arme Kerl kommt nicht mit einer anderen Zigaret-tenmarke in Konflikt, es geht in den Ma-ghreb (arabisch: Westen), den ein arabi-sches Sprichwort so beschreibt:

„Der Maghreb ist ein heiliger Vogel. Sein Leib ist Algerien, sein rechter Flü-gel Tunesien, sein linker Marokko.“

Dort kocht man in der - das ist arabisch und heißt Tajine. Damit wird sowohl ein Gefäß bezeichnet als auch die deftigen oder süßen Gerichte, die darin zubereitet werden.

Das runde, aus gebranntem Lehm ge-fertigte Schmorgefäß, das traditionell

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Coledampf´s Küchenkolumne RUBRIKEN

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Kreuzkümmel, Petersilie, Koriander und Ingwer mit etwas Wasser zu einer Paste vermörsern (so ähnlich wie Pesto) und das Fleisch - am besten über Nacht - darin marinieren.

Öl in der Tajine heiß werden lassen und das marinierte Fleisch darin kurz anbraten.

Dann Zwiebeln, Knoblauch und ei-nen Finger breit Brühe (notfalls Wasser) dazu, salzen und pfeffern. Wenn die Flüssigkeit kocht, die Hitze reduzieren und das ganze etwa anderthalb Stun-den zugedeckt köcheln lassen.

20 Minuten bevor das Gericht auf den Tisch kommen soll, Kurkuma dazugeben, (das können Sie aber auch lassen, falls Sie – ähnlich wie ich – ein gestörtes Verhältnis zur Farbe gelb haben).

Auf jeden Fall aber Tomaten-scheiben und Gemüse, klas-sischerweise Erbsen, klein geschnittene Möhren und Zucchiniwürfel. Bohnen sind auch zulässig. Das Ge-müse drauf-

legen und nochmals 20 Minuten weiter köcheln lassen. Dazu sollte natürlich Fladenbrot serviert werden.Guten Appetit.

Falls es wider Erwarten nicht geschmeckt hat, beschweren Sie Sich unter www.coledampfs.de

Wörther Straße 3910435 Berlin-Prenzlauer Berg

Tel. 030 - 43 73 52 25

coleDaMPF‘s culturceNtruM

Uhlandstraße 54/5510719 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 030 - 883 91 91

www.coledampfs.de

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RUBRIKEN Herzogs Zigarren

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herzogs zIgarreNDIe BolIvar esPecIales No.2 eDIcIóN regIoNales 2009, exclusIvo aleMaNIaVON MaxIMIlIaN herzog

Weder Eis noch Schnee hinderten 18 Zi-garrenliebhaberinnen und Zigarrenliebha-ber, am 4. Februar zum monatlichen Zi-garrentasting in unser Geschäft am Hafen zu kommen. Das Interesse an der Bolivar Especiales No. 2, einer Edición Regiona-les 2009, die wir für dieses Tasting aus-gewählt hatten, war groß. Kein Wunder: handelt es sich doch um eine limitierte Zigarre, die nur für den deutschen Markt produziert wurde und zwar im seltenen Delicado-Format (L 192, R 38).

Die nicht zu fest gerollten Especiales No.2 wiesen ein feines und gleichmäßiges Deckblatt in der Farbe Colorado auf. Alle Tastingteilnehmer bemerkten sofort den starken, fast betörend-süßen Duft nach Honig, den diese Bolivars im kalten Zu-stand verströmten. Doch schon bei den ersten Zügen bestätigte sich die Regel, dass sich der Duft einer Zigarre vor dem Anzünden nicht in den Aromen einer an-gezündeten Zigarre widerspiegeln muss.

Maximilian herzog, um korrekt zu sein, Dr. phil. habil. Maximilian herzog, kam 1988 aus zürich nach Berlin, um an der technischen universität seine habili-tationsschrift fertigzustellen. ein Jahr hatte der schweizer dafür eingeplant. ein Jahr wurde es auch. was der Psy-chologe allerdings nicht planen konn-te, war der Faktor liebe. herzog hatte sich in Berlin verliebt und blieb, wurde Privatdozent und unternehmensbera-ter. Im März 1997 schließlich eröffnete er am wilmersdorfer ludwigkirchplatz das erste zigarrenhaus der deutschen hauptstadt. 2008 kam ein zweites hinzu, in der stralauer allee, direkt am hafen. außerdem steht Maximilian herzog als Presidente der zigarren-lounge la casa del habano im savoy-hotel vor. Für garçon schreibt er re-gelmäßig über besondere zigarren und gibt tipps für connaisseure.

Dr. Maximilian herzog: Der Berliner zigarrenkönig

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Herzogs Zigarren RUBRIKEN

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Kaum etwas von der schweren Süße war zu schmecken. Zu Beginn leicht salzig, dann nach Leder und Pilzen, später nach Lab (!), befanden die Tester. Obwohl sie die Aromen als leicht und flüchtig be-schrieben, empfanden fast alle die Zi-garre als kräftig und sättigend.

Die Bolivars zogen sehr gut mit her-vorragendem, gleichmäßigem Abbrand bei dosiertem und langsamem Ziehen - Voraussetzung bei diesem schlanken Format. Die Asche hielt sehr gut, drei bis vier Zentimeter in der Regel. Der Colla-zo-Effekt wurde als mittel eingestuft.

In der Gesamtbewertung (zwischen -2 bis +2) erhielt die sehr junge Bolivar Especiales No. 2 Noten von +1 bis +2. Die Kraft und das reiche Aromenbouquet sprachen für die hohe Gesamtnote. Ab-schließend beurteilten die Tester diese Zigarre als sehr interessant und von ho-hem Potential für die Reifung.

Bolivar Especiales No.2 Edición Regionales 2009, Exclusivo AlemaniaBox-Code: LRE – JUL 2009 Stückpreis 11,20 EuroHabilitierte Kisten mit 25 Stück-Bün-del, eingepackt im Silberpapier

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www.zigarren-herzog.com

zIgarreN herzog

Ludwigkirchplatz 1-210719 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 030 - 88 68 23 40

www.herzog-am-hafen.de

zIgarreN herzog aM haFeN

Stralauer Allee 910245 Berlin-Stralau

Tel. 030 - 29 04 70 15

RUBRIKEN Herzogs Zigarren

84 GARÇON

Ein Zigarrentasting bietet höchstes Ver-gnügen. Alle Sinne werden angesprochen. Zuerst erfreut die braune Schönheit das Auge, dann schmeichelt sie der Hand, die über das feine Deckblatt streicht. Der Nase schenkt sie noch vor dem An-zünden betörenden Duft, um dann beim Rauchen ihr spezifisches Geschmacksre-pertoire zu entfalten.

Solches Vergnügen bietet natürlich nur eine exzellente Premium-Zigarre. Al-lerdings kann es auch vorkommen, dass das Tasting schonungslos die Schwächen einer Zigarre aufdeckt. Das A und das O beim Tasting ist die Konzentration auf das, was wir die „niederen Sinne“ nen-nen: Riechen, Schmecken, Fühlen, Tas-ten.

Zu einem seriösen Zigarrentasting gehört eine Anleitung, um die Aufmerk-samkeit der Tester auch auf versteckte Eigenschaften der Zigarre zu lenken. Die Fingerkuppen können die Qualität eines Deckblattes wahrnehmen. Ist es seidig, grob oder rauh? Wie steht es mit der Rol-lung? Hat die Zigarrendreherin sorgfältig gearbeitet und die Einlageblätter schön regelmässig verteilt oder hat sie Verdi-ckungen produziert, die im schlimmsten Fall dazu führen, dass man die Zigarre nicht rauchen kann, weil an solchen Stel-len keine Luft mehr hindurchgeht.

Die an der noch nicht angezündeten Zigarre schnuppernde Nase lässt uns auf den kommenden Genuss hoffen. Doch Vorsicht: Eine Zigarre, die betö-rend riecht, muss nicht unbedingt auch ein Feuerwerk an Aromen produzieren. Hier gibt es leider keinen verlässlichen Zusammenhang.

Über die Aromen entscheidet die Nase erst im Zusammenspiel mit dem Ge-schmacksempfinden des Gaumens. Und hier beginnt dann auch der komplizier-te Teil, zumindest für einen ungeübten Tester. Es gilt die Frage zu beantworten, welche Aromen die Zigarre kennzeich-nen? Die Schwierigkeiten kommen da-her, dass wir zwar spezifische Begriffe für die Geschmacksempfindungen ha-ben – süß, sauer, bitter, salzig – nicht aber für die rund 10 000 Aromen, die ein Mensch zu unterscheiden imstande

ist. Üblicherweise behelfen wir uns da-mit, für die Beschreibung dieser Aromen Vergleiche zu finden, an die wir erinnert werden: Heu, Früchte, Nüsse etwa. Hin-zu kommt, dass bei zunehmender Kom-plexität einer Zigarre - ein erwünschtes Qualitätsmerkmal - viele mehr oder weniger dominante Aromen gleichzeitig festgestellt werden können. Sprachliche Verrenkungen sind hier leider zuweilen unumgänglich. Sie sollten aber als Hilf-losigkeit unserer Sprache eingestanden und nicht als eine Marotte von Fein-schmeckern abgewertet werden.

Anders als etwa bei einem Wein-Tasting kann der Zigarrenliebhaber nur eine Zigarre seriös verkosten, denn der Ablauf eines Zigarrengenusses ist nicht

vorhersagbar. Manche Zigarren werden im Verlaufe ihres Verglühens stärker, andere schwächer und auch die Aro-men ändern sich. Schön ist es, dabei die Asche zu beobachten. Unterschiedliche Nuancen von Weiss- und Grautönen wer-den sichtbar und die Maserung ist immer wieder anders. Auch das Verhalten der Asche sollte genau registriert werden: Wann bricht sie ab? Wie fest ist sie nach dem Abfallen? Antworten darauf sind im-mer auch Teil der Bewertung.

Werden die wichtigsten Regeln eines Zigarrentastings eingehalten, so zeigt sich meist ein schon auf den ersten Blick erstaunliches Ergebnis. Die Tester sind sich in aller Regel einig über die Gesamt-beurteilung der Zigarre.

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Italic BOUQUET GARNI*

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Er war Schauspieler, Koch bei Rommel in Afrika und machte sich nach dem Krieg als Kabarettist und Imbissbudenbesitzer einen Namen. Am Kudamm/Ecke Bran-denburgische Straße packte er als erster in Berlin Schaschlik auf seine Papptel-ler, vorrangig aus Nieren, Gurken und Speck. Der Laden brummte und musste dennoch dem Fortschritt weichen – ein Neubau ließ der Bude keinen Platz. Wir wollen heute wissen, wie deren legen-därer Betreiber hieß -

A Franz Diener?

B Kalle Gaffkus?

C Gerhard Heinrich?

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Von Herta Heuwer, der Berliner Imbiss-buden-Betreiberin, war in diesem Heft schon die Rede (S. 7). Am 4. September 1949, einem regnerischen Tag, an dem die Kunden ausblieben, experimentierte sie mit Zutaten, die sie angeblich von einem britischen Soldaten erstanden hatte: Tomatenmark, Currypulver, Ge-würze. Das Ergebnis: eine scharfe Sau-ce, vom Münchner Patentamt später un-ter dem Begriff Chillup und der Nummer 721 319 geführt.Herta Heuwer kleckerte die Errungen-schaft der kulinarischen Moderne auf ihre Bratwürste – die Currywurst war erfunden. Ebenfalls im Herbst 1949 schrieb ein zweiter Berliner Fast-Food-Geschichte.

Ihre Antwort bitte an:

Bildart Media verlag gmbh redaktion garÇoNMarzahner Promenade 2612679 Berlin

e-Mail: [email protected]

Die Gewinne, drei Kochbücher deut-scher Spitzenköche, werden unter den Teilnehmern verlost, die unsere Frage richtig beantwortet haben. Der Rechts-weg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 5. April 2010. Die Gewinne wer-den von der Redaktion per Post zuge-sandt.

gastroQuIz

RUBRIKEN Gastroquiz

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HERAUSGEBERBild Art Media Verlag GmbHMarzahner Promenade 26, 12679 BerlinFon 0 30 / 28 86 79 70Fax 0 30 / 28 86 79 69www.bildart-verlag.dewww.berliner-garcon.deinfo@bildart-verlag.de

REDAKTIONYvonne Weinlich (V.i.S.d.P.),Jörg Teuscher, Hans-Jürgen Bergs, Heiko Gralki, Marc Steyer, Anna Weber

AUTOREN DIESER AUSGABEDieter Fuhrmann, Maximilian Herzog, Andreas Langholz, Manuela Sporbert

GRAFIKHarald Oehlerking

TITELKarin Baetz

ILLUSTRATIONChristina Haberstock

FOTOSHeiko Gralki, Jörg Teuscher, Susanna Kraus, Henning Lüders, Rafael Neitzsch, Herzlinde Schleich, Frank Friedrich privat, Dieter Großklaus privat, Hotel Mélia Berlin, Archiv Garcon

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