Gastbeitrag zum Thema "Führungskommunikation" in der Fachzeitschrift Personal

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Eberhard Hübbe, Mitglied der Geschäftsleitung und Partner, Kienbaum Management Consultants, und Frank Pieper, LeiterBeratung Managementkommunikation, Scholz & Friends Group, über die Vorteile themenzentrierter Führung in Unternehmen.Kontakt: [email protected] Informationen hier: http://www.s-f.com/s_f_agenda/de/creation/fuhrungskommunikation/

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14 PERSONAL · Heft 03/2011

SchwErpunkt: mitarbEitEr FührEn

„Inhaltlich starke Führungskräfte ma-chen bei uns Karriere. Insbesondere dann, wenn sie ihre Inhalte gut kom-munizieren.“ Diese oder ähnliche Aussagen hört man im Beratungsum-feld seit einiger Zeit öfter. Hierarchie und Status sind zwar weiterhin rele-vant, aber im Vergleich zu Inhalten und Themen spielen sie eine immer weniger wichtige Rolle. Bosch-Chef Franz Fehrenbach hat diesen Trend jüngst auf den Punkt gebracht: „Frü-her ging es um die Besetzung von Posten, heute geht es vor allem um die Besetzung von Themen.“ Und diese Themen müssen von Führungs-kräften kommen, die andere damit motivieren und leiten. Im Begriff „Führungskraft“ steckt nicht umsonst das Wort „Kraft“. Ganz im Gegensatz

zum Vorgesetzten, der einem „vorge-setzt“ wird.Mit der Themenorientierung in der Führungsarbeit eng verbunden ist der Marketing- und Kommunikationsas-pekt: Wie führe ich so, dass meine Ziele von anderen als erstrebenswert empfunden werden. Entscheidend sind persönliche Werte und Ziele der Mitarbeiter, die adressiert werden müssen. Galten vor Jahren noch Rati-onalität und Effizienz als die Erfolgs-faktoren im Führungsalltag, zeigt sich heute, dass auch die Ansprache und Akzeptanz von Emotionen für gute Führung entscheidend sind.So weit, so weich. Aber wie steht es um den Zusammenhang von themen-zentrierter Führung und harten Un-ternehmenskennzahlen? Diese Frage muss beantworten können, wer die Debatte aus einem unternehmeri-schen Blickwinkel heraus führen will. Also wurden 111 Führungskräfte so-wie 44 Personaler dazu befragt. Diese waren im Schnitt 43,1 Jahre alt und verfügten über 17,9 Jahre Berufser-fahrung. Die Führungskräfte selbst verfügten durchschnittlich über 12,8 Jahre Führungserfahrung. Bezogen auf das Geschlecht ergab sich folgen-de Verteilung: 63,9 Prozent Männer und 36,1 Prozent Frauen. Die Umfra-ge – eine Kooperation von Kienbaum und Scholz & Friends – überprüfte im Kern die These „Hierarchie war ges-tern. Bessere Führung ist Führung über Themen und Ideen“. Die Ergeb-nisse wurden im vergangenen Monat veröffentlicht.

Das harte Thema Führungskommunikation

Auffällig ist, wie stark die Korrela-tionen zwischen themenzentrierter Führung und Unternehmensrendite sowie Umsatzwachstum sind. Die Zusammenhänge werden konsistent über alle Kriterien hinweg belegt.Erste These: Bessere Führung ist Füh-rung über Themen und Ideen.• In Unternehmen, in denen stark

über Themen und Ideen geführt wird, schätzen 59,5 Prozent der Be-fragten das Umsatzwachstum als überdurchschnittlich ein. Wird we-niger über Themen und Ideen ge-führt, sind es nur 36,4 Prozent.

• In Unternehmen, in denen stark über Themen und Ideen geführt wird, schätzen 60,7 Prozent der Be-fragten die Rendite als überdurch-schnittlich ein. Wird weniger über Themen und Ideen geführt, so sind es nur 47 Prozent.

Zweite These: Hierarchie war gestern. • In Unternehmen, in denen wenig

über Hierarchien geführt wird, schätzen 56 Prozent der Befragten das Umsatzwachstum als überdurch-schnittlich ein. Wird stärker über Hi-erarchien geführt, so sind es nur 43,8 Prozent.

• In Unternehmen, in denen wenig

Stichwörter in diesem beitrag

■ Führung ■ Hierarchie ■ Themenzentrierung

Eberhard Hübbe , Mitglied der Ge-schäftsleitung und Partner, Kien-baum Manage-ment Consultants, Gummersbach

[email protected]

Frank Pieper, Leiter Beratung Management-kommunikation, Scholz & Friends Group, Berlin

frank.pieper@ s-f.com

Unternehmerisch erfolgreich sind Führungskräfte mit themen-zentrierter Führung. Dabei ist ein Rückgriff auf die Erkenntnisse der Öffent lichkeitsarbeit nützlich.

Hierarchie war gestern

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über Hierarchien geführt wird, schätzen 58,7 Pro-zent der Befragten die Unternehmensrendite als überdurchschnittlich ein. Wird stärker über Hierarchien geführt, so sind es nur 51,3 Prozent.

Die gleiche Tendenz zeigt sich bei allen Skalen, die der themenzentrierten Führung untergeordnet sind: Ausstrahlungskraft, inspirierende Motivie-rung, individuelle Wert-schätzung und intellektu-elle Stimulierung. Nicht durchgängig signifikant allerdings sind die Zusam-menhänge zwischen intel-lektueller Stimulierung und Unternehmenserfolg. Aber in der Tendenz ist auch hier ein Zusammen-hang erkennbar.Bildet man Subgruppen über die Faktoren Erfah-rung und Geschlecht, zei-gen sich folgende Ergeb-nisse:• Starke Zusammenhänge

zwischen Führungsver-halten und unternehme-rischem Erfolg zeigen sich vor allem bei Befrag-ten mit großer Berufs-erfahrung.

• Starke Zusammenhänge zwischen Führungsver-halten und unternehme-rischem Erfolg zeigen sich vor allem in der Sub-stichprobe der Männer.

• Männer schätzen die Rendite höher ein, wenn sie gleichzeitig die intel-lektuelle Stimulation als stark einschätzen. Bei Frauen ist dieser Zusam-menhang in der Tendenz umgekehrt.

Aus den Ergebnissen der Studie lässt sich ablei-ten, dass Führung über Themen und Ideen mit dem Unternehmens-erfolg Hand in Hand geht, während bei hi-erarchischer Führung

umgekehrte Ergebnisse beobachtet werden. Da-von zumindest sind die meisten Führungskräfte überzeugt. Für die wei-chen personenbezoge-nen Erfolgskennziffern wie Leistungsbereitschaft oder Mitarbeiteriden-tifikation ist das keine Überraschung. Doch der Zusammenhang ist auch stark in Bezug auf die harten Währungen von Firmen: die Unterneh-mensrendite und das Um-satzwachstum.Um die Frage zu beant-worten, wie man Unter-nehmen themenzentriert führt, lohnt sich ein Aus-flug in die Öffentlichkeits-arbeit (PR), und zwar in ein PR-Spezialgebiet: das Agenda-Setting. Dieser Ansatz beschäftigt sich mit der Frage, wie ein Thema auf die öffentliche Agenda kommt und dann von einer breiten Masse diskutiert wird. Ziel des Themenset-zers ist es, ein Thema im Bewusstsein der Zielgrup-pe relevanter zu machen.Diese PR-Mechanik kann auch auf die Führungsar-beit übertragen werden. Allerdings darf Agenda-Setting im Führungs-kontext nicht als reine Beeinflussungstechnik einer öffentlichen Wahr-nehmung missverstanden werden, sondern muss mit den Werten der Führungs-person übereinstimmen. Denn: Die impliziten, nicht reflektierten Vorgänge im Gehirn steuern unser Ver-halten massiv und damit auch die Art und Weise, wie wir von anderen wahr-genommen werden. Passt ein Thema nicht zum un-bewussten Verhalten der Führungskraft, hat es kei-ne Kraft. Echtheit ist also beim Setzen von Themen Trumpf.

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SchwErpunkt: mitarbEitEr FührEn

In sieben Schritten zur themenzentrierten Führung

1. Selbstreflexion. Entscheidend für den Führungser-folg ist die Fähigkeit zur kritischen Selbstreflexion. Gerade langjährige Führungskräfte richten ihr Denken und Handeln verstärkt an externen Referenzsystemen aus. Mehr noch: Sie lassen sich stark von ihrem berufli-chen Umfeld lenken und steuern. Die eigenen Grundüberzeugungen treten in den Hintergrund, was dazu führt, dass Führungskräfte verlernen, siche-re und gute Entscheidungen zu tref-fen. Als Grundlage eines erfolgreichen Agenda-Settings ist es aber zwingend notwendig, ein Thema zu finden, das tragfähig, authentisch und glaubwür-dig ist. Dies kann nur ein eigenes und es kann kein übernommenes Thema sein. Nur so entsteht eine mit einem Thema verbundene Authentizität und natürliche Autorität. Wirklich erfolg-reiche Führungskräfte verbinden in-haltliche Substanz mit persönlichem Involvement und Emotionalität. Diese entsteht aber nur, wenn ich mich auf mein eigenes Wertesystem verlasse – es genau kenne und verbalisieren kann.2. Relevanz-Test. Auf Basis des eigenen Wertesystems muss die Führungskraft ein Thema finden, das für das Unternehmen relevant und substanziell ist. Wäh-rend in der PR häufig auf Studien zurückgegriffen wird, bieten sich im Unternehmen Substanzverstärker wie Mitarbeiterbefragungen, Orga-nisationsanalysen oder Fokusgrup-pen an. Sie helfen Führungskräften zu überprüfen, ob das Thema auch in ihr Unternehmen oder in ihren Unternehmensbereich passt. Kann die Führungskraft ein Thema nicht platzieren, bleibt nur die Suche nach einem anderen Unternehmen oder Unternehmensbereich.3. Komplexitätsreduktion. Das Thema der Führungskräfte braucht ein Schlagwort, das auf An-hieb verstanden wird. Sprache ist offensichtlich und explizit. Damit Botschaften auch implizit verstanden werden, empfiehlt sich die Verdich-tung eines komplexen Themas in ei-nem Schlagwort oder kurzen Satz, mit dem sofort innere Bilder verbunden

werden. Wird dieser Satz durch Krea-tivität veredelt, spricht man auch von einer Leitidee. Sie ist der rote Faden der Führungskommunikation. Bilder und Symbole helfen, die Leitidee auf den Punkt zu bringen.4. Kommunikationsbeginn. In der PR beginnt die eigentliche Kommunikationsarbeit mit der initi-alen Veröffentlichung eines Themas. Auch für Führungskräfte sind Ritua-le wichtig. Das kann eine Videobot-schaft an alle Mitarbeiter sein oder aber eine interne Pressekonferenz, bei der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgefordert werden, später in einem Online-Forum das

präsentierte Thema zu diskutieren. Oder aber das Thema wird in einer klassischen Kick-Off-Veranstaltung platziert. Wichtig ist, dass Führungs-kräfte eine hinreichend große Menge an Menschen dazu anregen, über ihr Thema nachzudenken und dieses zu diskutieren.5. Kommunikationseffizienz. Durch die Leitidee wird das Was der Kommunikation maßgeblich vorbe-stimmt. Die sich anschließende Phase der medialen Verbreitung beschäftigt sich mit dem Wie der Kommunikati-on. Entscheidend ist, dass auch das Wie auf die Leitidee ausgerichtet ist. In der internen Kommunikation gibt es zahlreiche Möglichkeiten und Wege, die eigenen Themen zu kom-munizieren. Die Spanne reicht von klassischen Kommunikationsmitteln wie Mitarbeiterzeitschriften bis hin zu Social-Media-Anwendungen wie Facebook, Twitter oder Blogs. Die neuen Medien sind aufgrund ihres dialogischen Charakters derzeit im Begriff, auch die Führungskommu-

nikation zu verändern. Dennoch ist die persönliche Ansprache mit klaren Botschaften weiterhin wichtig.6. Story-Telling. Geschichten sind nicht nur in Film, Funk und Fernsehen angesagt, son-dern gewinnen auch in Management und Marketing an Bedeutung. Er-kenntnisse der Hirnforschung offen-baren mehrere neuronale Netzwerke, die sich um das Speichern von Ge-schichten kümmern. Geschichten übertragen Bedeutungen und Kul-turwissen in verschlüsselter Form von Generation zu Generation. Ge-dächtnisforscher sprechen vom „epi-sodischen Gedächtnis“, das unsere Lebensgeschichte oder wichtige Mo-mente unseres (Arbeits-)Lebens spei-chert. Geschichten sind also für die Führungskommunikation hilfreich, da sie Thema und Führungsperson dauerhaft verbinden.7. Netzwerke. Um wirklich etwas zu bewegen, braucht man die Unterstützung von Menschen, die sich für dasselbe The-ma oder dieselbe Idee begeistern können. Was weiß die Führungskraft über Gatekeeper und Stakeholder? Was über Befürworter und Skepti-ker? Themenzentrierte Führungsar-beit muss gerade auch die Kritiker überzeugen und Dialoge zulassen. Beim themenzentrierten Netzwerken geht es um inhaltliche Interessen, die Menschen verbinden. Führungskräfte sollten das Netzwerken mit Personen beginnen, die sich bereits für ähnliche Themen interessieren wie sie selbst.

Themen führen. Zum Erfolg.

Entscheidend für ein erfolgreiches Agenda-Setting und damit für bes-sere Führungsarbeit wird sein, wie gut es Führungskräften gelingt, sich glaubwürdig mit einem Thema zu po-sitionieren. Jede – auch kontroverse – Debatte, die aus dem Agenda Set-ting-Prozess resultiert, ist eine gute Debatte, weil sie öffentlich und nicht verdeckt geführt wird. Durch diese Öffentlichkeit können Führungskräfte überhaupt erst Einfluss nehmen und einer Organisation die Kraft geben, sich zielgerichtet und erfolgreich zu entwickeln.

„Die Spanne reicht von klassischen

Kommunikationsmitteln wie Mitarbeiterzeitschriften

bis hin zu Social-Media-Anwendungen wie Facebook ,

Twitter oder Blogs. Die neuen Medien sind

dialogisch und verändern die Führungskommunikation .“