GeorG Mayr-Melnhof & MaxiMilian oettinGen Pläne des...
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GeorG Mayr-Melnhof & MaxiMilian oettinGen
Pläne des Heils!
Ausg
abe
2015
GeorG Mayr-Melnhof & MaxiMilian oettinGen
Loretto Gemeinschaft
Pläne des Heils!
Inhalt
Pläne des Heils!
5 Vorwort
8 Anfang
10 Name
14 Vision
18 Geschichte
23 Wesen und Ziel
26 Struktur
28 Gemeinschaft
36 Spiritualität
40 Heiligkeit
44 Haltungen
51 Gebet
55 Kirche und Welt
CloseUps
62 Die Enstehung der Loretto Bewegung
68 Hausgemeinschaft Teil 1
71 Hausgemeinschaft Teil 2
74 Hausgemeinschaft Teil 3
77 Hausgemeinschaft Teil 4
80 Charisma!
83 Der Zehent
86 Lobpreis & Anbetung
91 Ökumene
98 Jüngerschaft
101 Geistliche Begleitung
Anhang
106 Das A-B-C der Loretto Gemeinschaft
113 Gebete
Vorwort
Georg Mayr-Melnhof und Maximilian Oettingen
6 Vorwort
Dieses Büchlein ist eine Überarbeitung der „Lebensregel“ aus
dem Jahr 2007. Es versteht sich als Umschreibung unseres Lebens
als Gemeinschaft und soll uns bzw. jeden von uns in unserer Chri-
stus-Nachfolge stärken.
Wir Menschen sprechen gerne in Bildern, mit allen Vor- und
Nachteilen. Nützen wir mal die Vorteile:
Knochen: Unsere Statuten aus dem Jahr 2012 geben die „Knochen“
unserer kleinen Gemeinschaft wieder. In ihnen geht es um Wesen
und Ziel der Gemeinschaft, um strukturelle Fragen, um Fragen der
Leitung und der kirchlichen Einordnung sowie um unser Verspre-
chen und dessen Bedeutung.
Fleisch: Dieses kleine Buch, Pläne des Heils!, ist eine Ergänzung der
Statuten. Es lässt das „Fleisch“ unserer Gemeinschaft plastisch vor
Augen treten. In diesem Dokument geht es also um das Leben und
um die Spiritualität der Loretto Gemeinschaft.
Im abendländischen Christentum gibt es vier geschichtsträch-
tige „Regeln“, geschrieben von Augustinus, Benedikt, Franziskus
und Ignatius von Loyola. Angesichts dieser Größen und angesichts
der Tatsache, dass die Loretto Gemeinschaft kein Orden ist, son-
dern gemäß den Bestimmungen des kanonischen Rechts ein „pri-
vater Verein“ (gemäß cc. 321 ff CIC), erschien uns der Titel „Lebensre-
gel“ für dieses Papier zu hochgestochen – u.a. deswegen der Name
„Pläne des Heils!“ (vgl. Jer 29, 11). Nichtsdestotrotz ist dieser Text ein
offizielles Dokument der Loretto Gemeinschaft und nicht einfach
Ausdruck der Privatmeinung der Autoren.
Wir wollten um der guten Lesbarkeit willen einen allzu sach-
lichen Sprachstil vermeiden. Daher stellten wir uns beim Schreiben
dieses Heftes einen Gesprächspartner vor. Jemand, der vielleicht
beim Pfingstkongress war und jetzt neben einem brennenden Her-
Vorwort 7
zen viele, viele Fragen hat. Wir hoffen, dass wir den richtigen Ton
getroffen haben. Vor allem hoffen wir, dass die Arbeit an diesem
Büchlein und die wirklich sehr gute Vorarbeit an der Lebensregel
des Jahres 2007 eine reiche geistliche Frucht tragen möge.
Der Herr ruft Priester, Ordenschristen und Laien in unsere klei-
ne Gemeinschaft, damit wir ihm näher sind; damit wir uns einander
in den Himmel helfen; und damit wir „Räume schaffen“, in denen
Menschen Jesus begegnen; „Räume“, in denen Seine Herrlichkeit
thront! Möge Pläne des Heils! dem Rufen des Herrn dienen! Komm,
Heiliger Geist, bewirke, was Du mit diesem kleinen Buch bewirken
möchtest! Amen!
Bless you all! Euer Georg & Maxi
PS: Im Anhang, aber als Teil des Ganzen, gibt es auch einige „Close Ups“; also
besondere inhaltliche Fragestellungen, die wir im Laufe der Jahre etwas genauer
unter die Lupe genommen haben. Das „Loretto ABC“ am Ende des Heftes listet
Begriffe auf, die in unserem Kontext immer wieder auftauchen. Die abgedruckten
Gebete schließlich sind vielen von uns über die Jahre ans Herz gewachsen. Ange-
nehme Lektüre!
PPS: Die nachfolgend verwendete männliche Form bezieht selbstverständlich die
weibliche mit ein. Auf die Verwendung beider Geschlechtsformen wird lediglich
mit Blick auf die bessere Lesbarkeit des Textes verzichtet.
Anfang
„Gründet Gebetskreise“
anfanG 9
Wie fing Loretto eigentlich an? Georg: In einer kleinen Studen-
tenwohnung in der Wiener Operngasse am 4. Oktober 1987. Damals
trafen sich drei Jugendliche zum ersten Mal zu einem „Gebetskreis“.
Also: wir kamen zusammen, beteten gemeinsam den Rosenkranz
und aßen danach Wurstsemmeln. Das war’s.
Und wie seid ihr auf die Idee gekommen, zusammen zu beten? Ge-
org: „Gründet Gebetskreise“ – dieses Wort der Gospa in Medjugor-
je hatte sich in mein Herz eingebrannt. Also fingen wir einfach an
(siehe Close Up „Entstehung“).
MAxI: Da die Gnade des Anfangs immer auch eine Gnade für das
Ganze ist, ist es wichtig, sich diese ersten Kennzeichen vor Augen
zu halten: junge Leute beten. Und wenn junge Leute beten, wird die
Kirche erneuert. Das sagte uns Pete Greig, Gründer der weltweiten
24-7 Gebetsbewegung, im September 2014.
Georg: Interessant war auch eine zweite Aussage von Pete: Er
verglich uns mit dem Franziskanischen Aufbruch im Mittelalter.
Ok, zugegeben, der Vergleich ist wahrscheinlich wirklich übertrie-
ben. Aber weißt Du was? Der Tag unserer Gründung, der 4. Oktober,
ist der Festtag des hl. Franzikus. Irgendwie hat der „Poverello“ bei
uns seine Hände im Spiel. Eine geistliche Wirklichkeit, die wir viel-
leicht noch genauer anschauen sollten.
Wir kamen
zusammen, bete-
ten gemeinsam
den Rosenkranz
und aßen danach
Wurstsemmeln.
Name
In die „Casa Santa“ kommen Menschen, die Gott begegnen wollen.
naMe 11
Und warum heißt ihr eigentlich „Loretto“? MAxI: Gute Frage!
Loreto ist ein Wallfahrtsort in Italien. Man betritt dort eine präch-
tige Basilika und findet dann in der Kirche ein kleines, einfaches
Haus. Genauer: drei Wände, die von ihrer Beschaffenheit und ihren
Proportionen her mit der Grotte in der Basilika der Verkündigung in
Nazareth übereinstimmen. In diesem einfachen Haus, in der „Casa
Santa“ in Loreto, findet man nichts – außer verrußten Wänden und
Menschen, die im Gebet Gott begegnen wollen und begegnen.
Georg: Ab dem Beginn der 1990er nannte sich der erste Gebets-
kreis in Wien „Loretto Gebetskreis“. Zuvor hieß er einfach „Gebets-
kreis“. Und die Namensgebung erfolgte sehr informell. Das zweite
„t“ im Wort „Loretto“ entspricht im Übrigen der deutschen Schreib-
weise des italienischen Wallfahrtsorts. Viel spannender als die
Frage nach dem zweiten „t“ ist, dass die „Casa Santa“ in Loreto in
gewisser Weise modellhaft unser Wirken im Heiligen Geist veran-
schaulicht.
Was meinst Du damit? Georg: Sagen wir es einmal so: Im Herzen
der Kirche wollen wir Räume schaffen (siehe Vision), in denen es nichts
gibt, außer vielleicht verrußten Wänden – und Menschen, die Gott
begegnen. Und – auch zu unserer großen Überraschung – ist das
auch das, was wir wieder und wieder erleben: Junge Menschen, ge-
taufte und gefirmte Christen, kommen zu einem unserer Gebets-
kreise oder Festivals – und sie begegnen Jesus Christus. Viele zum
ersten Mal.
MAxI: Historisches Detail am Rande: Ausgangspunkt der Aus-
breitung der „Loretto Kapellen“ in Mitteleuropa war jene Loretto
Kapelle, die zwischen 1625 und 1627 in der Augustinerkirche in
Wien errichtet wurde. Ausgangspunkt der Ausbreitung der „Lo-
retto Gebetskreise“ in Österreich und darüber hinaus Ende des 20.
Die „Casa
Santa“ in Loreto
veranschaulicht
in gewisser
Weise modellhaft
unser Wirken im
Heiligen Geist.
12 naMe
und zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist die Operngasse 4; also der
Ort, an dem der erste Gebetskreis stattfand. Und jetzt kommt’s: Die
Operngasse 4 in Wien steht auf dem Pfarrgrund der Augustinerkir-
che. Es gibt nicht nur eine Heilsgeschichte. Es gibt auch eine Art
Heilsgeographie. Gott schenkt in gewisser Weise auch Orten geistli-
che Bedeutung. Und: Er ist treu.
Und was hat es mit der Grotte in der Basilika der Verkündigung in Nazareth auf sich? Georg: In Nazareth steht heute die „Basilika der
Verkündigung“ – und darin ist eine Grotte. Die Grotte passt, wie
gesagt, mit diesen drei Wänden zusammen, die in Loreto stehen.
Die drei Wände und die Grotte bildeten gemeinsam das Haus der
Heiligen Familie – also auch den Ort, an dem der Engel Gabriel die
Menschwerdung Gottes verkündete (vgl. Lukas 1).
Kannst Du das mit der Menschwerdung ein bisschen ausführen?
Georg: In Lukas 1 lesen wir über die Verkündigung der Mensch-
werdung Gottes: Der Engel Gabriel tritt bei Maria von Nazareth ein
und verheißt ihr die Geburt Jesu. Sie fragt darauf: „Wie soll das
geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ (Lk 1, 34). Eine gute Fra-
ge! Als Antwort bekommt sie folgende Aussage: „Der Heilige Geist
wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich über-
schatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes ge-
nannt werden. Auch Elisabeth, deine Verwandte, hat noch in ihrem
Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie
jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich“
(Lk 1, 35 – 37). Und Maria gibt ihr „Fiat“, ihr JA: „Ich bin die Magd des
Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1, 38).
naMe 13
An beiden Orten, in Loreto und in Nazareth, wird also in beson-
derer Weise der Menschwerdung Gottes gedacht. Warum? Weil das
Wort Gottes dort, im Haus der Heiligen Familie, durch das Wirken
des Heiligen Geistes und die Zustimmung Mariens, Fleisch annahm.
Und warum ist das für euch als Gemeinschaft wichtig? MAxI: Weil
wir hoffen, dass Menschen in unseren Apostolaten nicht nur Gott
begegnen – sondern auch, dass Jesus im Leben vieler gewisserma-
ßen „Fleisch annimmt“. Es ist schon interessant: Gott, der die Fä-
higkeit hat, alles aus dem Nichts zu erschaffen, macht sich vom „Ja“
eines jungen jüdischen Mädchens abhängig, um Mensch zu werden.
Und heute? Gott bittet uns, dass Er in uns Gestalt annehmen kann,
damit die Welt Ihn erkennt. Unsere „Räume“, Gebetskreise usw., in
denen Menschen Gott begegnen, sollen nicht nur „Räume der Be-
gegnung mit Gott“ sein; sondern eben auch „Orte“, in denen Jesus
in uns Gestalt annehmen kann.
Vision
Wir sehnen uns nach einem neuen Feuer.
Vision 15
Das mit der „Casa Santa“ in Loreto ist sehr anschaulich. Gibt es auch eine ausformulierte „Vision“? Also irgendwas Schriftliches, das das Ziel der Loretto Gemeinschaft konkret auf den Punkt bringt?
MAxI: Wir haben eine „Vision“. Sie ist sehr schlicht gehalten.
Vielleicht muss man sie ein paar Mal durchlesen. Hier kommt der
Text:
Pläne des Heils!
Wir sehnen und nach einem neuen Feuer des Heiligen
Geistes in unserem Land, nach einem neuen Pfingsten.
Im Herzen der Kirche wollen wir daher für eine Erneuerung
der Kirche beten, wirken und leben.
Im Vertrauen auf die Gnade und Charismen Gottes schaffen
wir Räume, in denen Gott erfahrbar wird.
Wie ins Haus von Nazareth
kann er in unser Leben einziehen.
Durch ein Leben in Gemeinschaft möchten wir uns auf dem
persönlichen Weg der Heiligkeit begleiten.
Was hat es mit diesem „Pläne des Heils!“ am Anfang der Vision auf sich? Georg: Das ist ein „prophetisches Wort“. Das heißt: ein Wort,
das Jesus zu uns gesprochen hat, damit wir mithelfen, dieses Wort
zu verwirklichen. Man kann es in Jer 29, 11 nachlesen: „Denn ich
kenne meine Pläne, die ich für Euch habe, Pläne des Heils und nicht
des Unheils; denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung
geben.“
16 Vision
Ich komme gerade nicht mit … Georg, lACht: Am 1. Mai 1990 am
Obertauern hatten wir eine Gebetszeit und da wurde uns dieses
Wort geschenkt. Ich kam damals auch nicht mit …
Was heißt das – ein Wort geschenkt? MAxI: Wenn es um Gott und
den Menschen geht, geht es immer um Kommunikation, um Be-
ziehung, um Liebe. Nicht in einer abstrakten, sondern in einer
konkreten Weise. Und wir können die Stimme Gottes hören; zum
Beispiel dann, wenn wir die Schrift lesen, in Stille beten, an der
Liturgie der Kirche teilnehmen, zusammen mit Freunden beten,
beim Lobpreis usw. Und während einer gemeinsamen Gebetszeit
am Obertauern am 1. Mai 1990 hatte eine Person aus unserer Mitte
den starken Eindruck, dass der Herr dieses Wort, diese Stelle aus
Jer 29, 11, uns „Lorettos“ schenken möchte.
Und wie deutest Du dieses Wort? Georg: Zuerst als Zuspruch für
jeden von uns. Jesus meint es gut mit uns! Und wenn wir in Treue
ausharren, sehen wir das auch immer mehr! Das Leben wird nicht
unbedingt leichter. Jesus lässt uns ja auch am Widerstand wachsen.
Aber wir „wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Gu-
ten führt“ (Röm 8, 28). Und dann deute ich dieses Wort auch als Ermu-
tigung für all jene, die zu unseren Gebetskreisen, Festivals, anders
gesagt, zu unseren „Apostolaten“ kommen. Jesus meint es gut mit
uns. Wir können Ihm vertrauen. Das bekommen viele in unseren
Gebetskreisen mit. Und nach und nach können sie auch ihr Leben
Jesus anvertrauen (siehe Lebensübergabe).
Und was ist ein „Apostolat“? MAxI: Eine unserer vielen Veranstal-
tungen, die nach außen hin offen sind – also eine Veranstaltung, zu
der Menschen eingeladen werden, um Gott zu begegnen.
„Denn ich kenne
meine Pläne, die
ich für Euch habe,
Pläne des Heils
und nicht des
Unheils; denn
ich will euch eine
Zukunft und eine
Hoffnung geben.“Jer 29, 11
Vision 17
Vielleicht noch eine Frage zur Vision: Können sich eigentlich alle in der Loretto Gemeinschaft mit dieser Vision identifizieren? Georg:
Ja, ich glaube schon. Gerade auch deswegen, weil wir jeden in der
Gemeinschaft ermutigen, innerhalb dieser weiten Vision die eige-
ne, persönliche Vision zu entdecken und zu leben. Das nimmt dann
im konkreten Leben viele verschiedene Formen an.
MAxI: Wenn im letzten Satz unserer Vision davon die Rede ist,
dass wir uns auf dem Weg der Heiligkeit begleiten, dann meint das
natürlich einerseits, dass wir uns ermutigen, heilig zu werden; es
impliziert aber andererseits auch, dass wir uns gegenseitig bei der
Entdeckung und der Entfaltung der eigenen Vision stärken wollen.
Wer in der Gemeinschaft ist, sollte mit der Zeit wirklich erkennen
und wissen, wofür er lebt. Für Jesus, natürlich! Aber in welcher
konkreten Ausformung? Das sollte jedem von uns nach und nach
klar werden.
Geschichte
Der Ruf ging in das Herz der Kirche in Österreich
Geschichte 19
Gab es da noch mehr, damals am Obertauern? Georg: Ja, ein
zweites Wort: „Ich rufe euch nach St. Stephan, in das Herz der Kir-
che in Österreich, um für eine Erneuerung der Kirche in Österreich
zu beten.“ Damals traf sich der erste Gebetskreis in der Operngasse,
in einer Studentenwohnung. Und wir hatten wirklich keinen Be-
zug zu St. Stephan, also zur Dompfarre in Wien. Wir wussten nicht,
wie wir mit diesem Wort umgehen sollten. Einige sagten: Rufen wir
doch mal dort an, in der Dompfarre. Andere sagten: Warten wir ab.
Wenn dieses Wort von Gott kommt, wird Er es fügen.
Und? Georg, lACht: Er fügte es! Wir wollten einen Freund am Flug-
hafen abholen. Es war September 1990. Wir standen mit Gitarren,
„Welcome-Back“-Transparenten, Keyboards und Rasseln am Flug-
hafen, sangen Lobpreislieder und warteten auf unseren Freund.
Er kam aber nicht – d.h.: er war schon zurück in Wien, da er eine
frühere Maschine genommen hatte. Und als wir gerade dabei waren
unsere Transparente einzurollen, sahen wir Kardinal Hans-Her-
mann Groer, den damaligen Erzbischof von Wien. Er kam gerade am
Wiener Flughafen an, auf dem Weg zurück von Rom. Also rollten wir
unsere „Welcome-Back“-Transparente wieder aus, sangen Lobpreis-
lieder – und hatten eine sehr herzliche Begegnung mit dem Herrn
Kardinal.
Wenige Tage später beschlich uns das schlechte Gewissen. Und
wir schrieben eine einfache Postkarte an das Erzbischöfliche Or-
dinariat der Erzdiözese Wien. Inhalt: Eigentlich wollten wir einen
Freund abholen – aber als wir Sie sahen, freuten wir uns, dass wir
Sie empfangen konnten. Alle vom Gebetskreis unterschrieben dann
die Karte.
Wenn dieses Wort
von Gott kommt,
wird Er es fügen.
20 Geschichte
Wenige Tage später kam eine Antwort. Ein formeller Brief des
Herrn Kardinal. Das Papier war richtig schwer und hatte ein Wap-
pen. Im Brief stand, dass er sich auch ganz besonders über diese
Begegnung am Flughafen gefreut hatte. Und dann schrieb er: „Ich
rufe Euch nach St. Stephan, in das Herz der Kirche in Österreich,
um für eine Erneuerung der Kirche in Österreich zu beten“. Gott
fügte es. So kamen wir in die Dompfarre. So kamen wir in die Weite
des Katholischen.
Gab es sonst noch wichtige Meilensteine in der Geschichte der Ge-meinschaft? MAxI: Ja, die Begegnung mit Bruce Clewett von „Ju-
gend mit einer Mission“.
Was heißt das? Georg: Zu Beginn der 1990er empfahl uns der da-
malige Weihbischof von Wien, Christoph Schönborn, dass wir uns
von Bruce Clewett schulen lassen sollten. Bruce ist Mitarbeiter des
weltweiten ökumenischen Missionswerks „Jugend mit einer Mis-
sion“. Wir machten bei Bruce ein „JAS“ – also ein Jüngerschafts-
aufbauseminar (siehe Close Up „Jüngerschaft“). Die Leute von „Jugend mit
einer Mission“ machen solche Schulungen seit den frühen 1970ern.
Sie sind darin also ziemliche Experten. Insgesamt jedenfalls eine
ziemlich gewagte Konstellation: Hier eine sehr junge katholische
Gruppe, dort der Protestant Bruce Clewett und dieses ökumenische
Missionswerk. Aber der Plan ging auf!
Inwiefern? MAxI: Auf mehreren Ebenen: Durch Bruce – interessan-
terweise durch einen Protestanten – haben wir viele Schätze der
katholischen Kirche erst als solche wahrgenommen. Gerade im Be-
reich der Lehre. Das war sicher ein Aspekt. Ein zweiter war: Durch
Bruce haben wir verstanden, dass Gott diesen Gebetskreis, diese
Gruppe will – und, dass er einen Plan hat mit Loretto. Ich kann mich
Hier eine sehr
junge katholi-
sche Gruppe, dort
der Protestant
Bruce Clewett
und dieses
ökumenische
Missionswerk.
Aber der Plan
ging auf!
Geschichte 21
noch erinnern, wie Georg mir damals davon erzählte. Es dürfte 1990
gewesen sein. Ich war damals bei ihm auf Besuch und kam extra
aus Deutschland angereist, weil mich diese Gruppe in Wien so faszi-
nierte. Jedenfalls erzählte mir Georg: „Stell Dir vor: wir hatten ge-
rade wieder dieses JAS. Und einige meinen, dass sich unsere Gruppe
in ganz Österreich ausbreiten wird; also, dass Gott das so will. Irre.
Andere meinen, dass wir einen Kongress veranstalten werden, mit
über 1.000 Teilnehmern. Total verrückt.“ Schließlich: Durch die
Erfahrung des JAS wuchs eine Liebe zu den „getrennten Brüdern“,
also zu den nicht-katholischen Christen. Und diese Liebe wächst
bis heute. Wir stehen im Herzen, auf dem Mutterboden der katho-
lischen Kirche, voll und ganz; und wir lieben unsere getrennten
Brüder, voll und ganz (siehe Close Up „Ökumene 2014“).
Gab es sonst noch wichtige Meilensteine? Georg: Die Ausbreitung
der Gebetskreise ab Mitte der 1990er war ein wichtiges Moment. Die
Begegnung mit der „Gemeinschaft der Seligpreisungen“ in etwa zur
selben Zeit hat bei vielen von uns eine Liebe zur Liturgie und zum
Volk Israel wachsen lassen. Die Schulungen durch die „St. Johannes
Gemeinschaft“ in der zweiten Hälfte der 1990er haben uns gehol-
fen, unseren Blick auf vieles zu weiten.
Gäbe es da ein Beispiel? MAxI: Wir haben durch die „Johannes-Brü-
der“ zum Beispiel begonnen die Bedeutung sog. „Privatoffenba-
rungen“ (wie die Botschaften der Muttergottes in Medjugorje)
besser zu verstehen und einzuordnen, nämlich: Es gibt sie. Gott
sei Dank! Und: Sie sollen helfen tiefer aus der endgültigen Offenba-
rung Jesu Christi zu leben (vgl. KKK 67).
Georg: Ein nächster Meilenstein war sicher der Prozess der „Ge-
meinschaftswerdung“ – also ab 2002. Das heißt: diese Unterschei-
dung zwischen Gebetskreisen, die nach außen hin offen sind und
22 Geschichte
Gemeinschaft, in der wir uns in einem geschützten Rahmen auf
dem Weg der Heiligkeit begleiten. Und, nächster Meilenstein: seit
2010 erleben wir eine Art Gebetsexplosion. Es wird immer „nor-
maler“, dass in unseren Geistlichen Zentren tage- bzw. wochen-
weise gebetet wird, in der Stille, im Lobpreis und in der Fürbitte.
Der Schlüsselbegriff in diesem Zusammenhang ist „24-7 Gebet“
(siehe Close Up „Lobpreis&Anbetung“).
Wesen und Ziel
Räume schaffen, in denen Gott Menschen begegnet.
24 wesen und Ziel
Und was ist die Loretto Gemeinschaft? Eine Pfarre? Ein Orden?
MAxI: Die Loretto Gemeinschaft ist weder ein Orden, noch eine Pfar-
re – sondern nach den Bestimmungen des kanonischen Rechts ein
privater Verein (gemäß cc. 321 ff CIC). Dieser private kirchliche Verein
heißt „Loretto Gemeinschaft“ und gehört zu den sog. „Movimen-
ti“ oder „Neuen Geistlichen Gemeinschaften“ in der katholischen
Kirche. Die Movimenti sind – aus Sicht des Glaubens – Geschenke
des Heiligen Geistes an die Kirche und an die Welt. Sie empfangen
„Charismen“, um sie in ihre Umgebung zum Aufbau der Kirche und
des Reiches Gottes fließen zu lassen.
Stopp, Zwischenfrage: Was ist ein „Charisma“? MAxI: Gute Frage!
Der Katechismus der katholischen Kirche sagt in Artikel 799: „Die
Charismen … sind Gnadengaben des Heiligen Geistes, die direkt
oder indirekt der Kirche dienen: sie sind zum Aufbau der Kirche,
zum Wohl der Menschen und für die Nöte der Welt geschenkt“. Wir,
als kleine Gemeinschaft, empfangen also etwas von Gott, um es in
die Kirche und in die Welt fließen zu lassen (siehe Close Up „Charisma!“).
Und was ist das, was ihr da empfangt? Georg: Ich glaube, dass unser
Charisma irgendwie darin besteht, „Räume zu schaffen“, in denen
Gott Menschen begegnet und berührt – „Räume“, in denen die Herr-
lichkeit Gottes sich ausbreitet und wohnt. Denk an die verrußten
Wände in Loreto. Denk an den allerersten Gebetskreis. Junge Leute
kommen zusammen und beten. Und diese Räume müssen natür-
lich (jetzt praktisch gesprochen) ansprechend und schön sein. Die
kahlen, verrußten Wände in Loreto sind eine Sache. Eine andere
ist, dass wir unsere Gebetskreise usw. echt schön und gastfreund-
lich herzurichten versuchen. Jene, die zu uns kommen, sollen sich
ja auch wohl fühlen. Interessanterweise ist auch der Lobpreis für
vieles ein wichtiger Schlüssel.
Ich glaube, dass
unser Charisma
irgendwie darin
besteht, „Räume
zu schaffen“,
in denen Gott
Menschen
begegnet …
wesen und Ziel 25
Inwiefern? MAxI, lACht: Zum Glück haben wir dazu ein Close Up
geschrieben (siehe Close Up „Lobpreis&Anbetung“). Trotzdem, hier der Ver-
such einer Antwort: Auf ganz breiter Ebene werden heute Säuglinge
getauft. Das ist super! Kinder empfangen die Kommunion. Das ist
auch super! Und Jugendliche werden gefirmt. Auch das ist wirklich
super! Aber oft bricht der Kontakt mit diesen jungen Menschen nach
der Firmung irgendwie ab. Warum? Dafür gibt es sicher viele Ant-
worten. Eine könnte sein: Gott ist natürlich im Leben dieser jungen
Menschen gegenwärtig, er wohnt ja sogar in uns (vgl. 1 Kor 3, 16) – aber
irgendwie oft kaum bemerkbar, kaum relevant. Und jetzt kommt der
eigentliche Punkt: im Lobpreis macht sich Gott in uns (vgl. ebd.) und
mit uns (vgl. Ps 22, 4) bemerkbar – der Heilige Geist überrascht uns
richtig im Lobpreis. Vielleicht auch, weil wir selber aktiv werden
müssen. Jedenfalls ist das unsere Erfahrung. Gott macht sich im
Lobpreis in uns bemerkbar. Und so beginnen viele Jesus zu begeg-
nen, ihm zu vertrauen und nachzufolgen.
Struktur
Wir sind einander geschenkt, um aneinander zu wachsen.
struKtur 27
Könntest Du etwas zur Struktur der Loretto Gemeinschaft sa-gen? MAxI: Es gibt „ein Innen“ und „ein Außen“ bei uns. Wenige,
einige Hundert, sind „in der Gemeinschaft“. Das sind Priester, Or-
denschristen und Laien. Die (unverheirateten und verheirateten)
Laien sind in der Mehrheit. Alle haben das Versprechen einmal ge-
macht und wiederholen es jährlich. Sie – oder vielleicht sage ich
lieber „wir“ – also wir sind bestrebt, ein Leben der Nachfolge Christi
zu führen, das geprägt ist von Gebet, Apostolat und Gemeinschaft.
Geht das ein bisschen konkreter? Georg: In der Gemeinschaft stär-
ken und schärfen wir einander gegenseitig auf dem Weg der Heilig-
keit (vgl. Sprüche 27, 17). Dafür treffen wir uns in „Hausgemeinschaften“,
in denen wir beten, die Schrift teilen, essen, weinen und lachen.
Anders formuliert (vgl. Close Up „Hausgemeinschaft“): Wir sind einander
geschenkt, um aneinander zu wachsen, um einander das Licht des
Heiligen Geistes zu schenken! Und genau das passiert gerade in den
Hausgemeinschaften! Darüber hinaus, zwei Mal pro Jahr, treffen
wir uns zu großen, überregionalen Gemeinschaftstreffen. Das sind
in erster Linie reale Erfahrungen christlicher Gemeinschaft, die
uns auf dem Weg der Heiligkeit stärken. Aus vielen Bekanntschaf-
ten reifen über die Jahre tiefe Freundschaften, aus denen ich geist-
lich und emotional schöpfe.
Aus vielen
Bekanntschaften
reifen über
die Jahre tiefe
Freundschaften,
aus denen ich
geistlich und
emotional
schöpfe.
Gemeinschaft
Wenn wir aber im Licht leben, haben wir Gemeinschaft miteinander.
GeMeinschaft 29
Könntest Du noch etwas sagen zu dieser gegenseitigen Stär-kung? MAxI: Irgendwie sind wir einander in der Gemeinschaft
geschenkt. Wir suchen uns ja nicht aus. Sondern Jesus ruft und
würfelt uns zu einem bunten Haufen zusammen. Es ist ja wirklich
interessant: in der Gemeinschaft sind die verschiedensten Typen
aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten. Viele sind mir in
der Gemeinschaft sympathisch. Manche nicht. Das geht allen so.
Aber: wir stärken und ermutigen uns gegenseitig im Zuspruch (ei-
nerseits). Andererseits reiben wir uns aneinander. Und die innere
Voraussetzung, um an dieser Reibung zu wachsen, ist die Belehr-
barkeit – in klassischer kirchlicher Sprache, die Fähigkeit eine
„correctio fraterna“ in Liebe und Wahrheit auszusprechen und an-
zunehmen sowie die eigene Beständigkeit und Treue in der Nach-
folge Christi. Will ich das? Will ich in einer Transparenz vor den Ge-
schwistern in der Gemeinschaft leben?
Aber berühren wir nicht hier das, was die Kirche „forum internum“ nennt? Georg: Ja, das stimmt, diesen Bereich berühren wir. Trotz-
dem ist es gut in einer Transparenz vor meinen Geschwistern zu
leben.
Geht das konkreter? Georg: Ja, spannendes Thema, ich versuch s
mal: Meine Sünden bekenne ich in der Beichte. Aber, generell ge-
sprochen, habe ich auch Verhaltensmuster, die den „Kontext“ mei-
ner Sünden bilden. Und jene Menschen, die von außen „Sauerstoff
und Licht“ an diesen Kontext heranlassen – das sind die, die emo-
tional und geistlich wachsen. Das gilt natürlich nicht immer. Aber
die Erfahrung lehrt: sehr oft! Im Ersten Johannesbrief gibt es dazu
auch eine programmatische Stelle: „Wenn wir aber im Licht leben,
wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das
Blut seines Sohnes Jesus reinigt uns von aller Sünde.“ (1 Joh 1, 7). Es
Wir suchen uns
ja nicht aus.
Sondern Jesus
ruft und würfelt
uns zu einem
bunten Haufen
zusammen.
30 GeMeinschaft
geht also um unsere Transparenz voreinander. Leben wir voreinan-
der im Licht? Und bei jenen, die das nicht tun können oder nicht
tun wollen – sie schaden sich selbst und der Gemeinschaft.
Und wer kommt eigentlich in die Gemeinschaft? MAxI: Normaler-
weise Leute, die uns oder eines unserer Apostolate ein bisschen nä-
her kennengelernt haben; und die sich nach einem „Schritt zwei“,
nach einem Schritt in die Tiefe, sehnen.
Und was passiert dann? Georg: Entweder sprechen wir sie an – oder
sie sprechen uns an. Und in diesem Gespräch schauen wir, ob die
betreffende Person das sog. „Postulat“, also eine Vorbereitungszeit,
in unserem Fall neun Monate lang, machen möchte oder nicht. Im
Postulat nimmt man dann am Leben der Gemeinschaft teil, hat re-
lativ wenig Pflichten – und prüft, ob man in die Gemeinschaft geht
oder nicht. Der „Postulant“ bekundet schließlich sein Interesse, in
die Gemeinschaft zu gehen (wenn er das will). Die regionale Lei-
tung vor Ort entscheidet schließlich, ob die entsprechende Person
in die Gemeinschaft kommt oder nicht.
Kommt es vor, dass Postulanten nicht in die Gemeinschaft gehen?
MAxI: Ja, natürlich!
Und wann geht man in die Gemeinschaft? Georg: Bitte nur dann,
wenn Jesus Dich bittet diesen Schritt zu tun – um Ihm näher zu
sein, um Ihm nachzufolgen. Sonst bitte nicht!
Und wie ist das dann, wenn man in die Gemeinschaft geht? MAxI: Ich
zitiere mal, was in unseren Statuten dazu steht (vgl. Artikel 8): „Das Ge-
meinschaftsversprechen wird jeweils für ein Jahr nach schriftlich
vorgetragener Bitte des Bewerbers an den jeweiligen Regionalleiter
abgelegt. Es kann jedes Jahr erneuert werden. Der Regionalleiter
In die Gemein-
schaft kommen
Leute, die sich
nach einem
Schritt in die
Tiefe sehnen.
GeMeinschaft 31
zusammen mit dem Regionalrat bestätigt den Ruf in die Gemein-
schaft. Das Gemeinschaftsversprechen geschieht im Rahmen einer
Eucharistiefeier oder einer Gebetszeit, persönlich und einzeln vor
einem Priester (bei Ehepaaren: als Paar vor einem Priester) und in
Gegenwart des Gemeinschaftsleiters oder seiner Vertretung und,
wenn möglich, in Gegenwart aller Mitglieder des Rates.“ Und dann
steht weiter bei Artikel 9: „Das Gemeinschaftsversprechen enthält
folgende Formulierung: „Ich … (Name) schenke Dir, Jesus Christus,
mein Leben. Ich bin bereit, Dir in der Kirche innerhalb der Loret-
to Gemeinschaft nachzufolgen und zu dienen.“ Im Unterschied
zu den Laien bringen die Mitglieder des gottgeweihten Lebens
(Ordenschristen) sowie Diözesankleriker ihre Zugehörigkeit zu
einem Verband zum Ausdruck: „Ich … (Name) schenke Dir, Jesus
Christus mein Leben. Ich bin als … (kirchlicher Stand) bereit, dir
in der Kirche und innerhalb der Loretto Gemeinschaft nachzufol-
gen und zu dienen.“ Nach dem eigentlichen Gemeinschaftsverspre-
chen feiern wir – oft bis tief in die Nacht … Aber vielleicht noch ein
Wort zum Gemeinschaftsversprechen als solchem: Es handelt sich
dabei gemäß c. 1192 §§ 1 und 2 CIC um ein privates und einfaches
Gelübde. Es ist als Lebensübergabe formuliert – und soll helfen, all
jene Schätze ans Licht zu bringen, die der Herr in uns grundgelegt
hat. Im Grunde ist das Gemeinschaftsversprechen unsere Antwort
auf das JA Gottes zu uns. Als äußeres Zeichen wird dem Gemein-
schaftsmitglied von einem Priester ein Holzkreuz überreicht, das
eine Wundertätige Medaille enthält.
Georg: Noch ein kleines Detail am Rande: Die Kreuze, die wir
tragen, kommen aus Israel. Das Holz ist von Olivenbäumen aus der
Nähe von Bethlehem. Auf jeder Wundertätigen Medaille steht: „O
Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir unsere Zu-
flucht zu Dir nehmen.“
32 GeMeinschaft
Hat dann jeder bestimmte Aufgaben innerhalb der Gemein-schaft? Georg: Grundsätzlich achten wir darauf, dass jeder „Anteil
am Apostolat und an der Gemeinschaft hat“. Das heißt, dass wir
versuchen jeden ins Ganze der Gemeinschaft einzubinden. „Wenn
ihr zusammenkommt, trage jeder etwas bei“ (1 Kor 14, 26). Dabei ach-
ten wir einerseits natürlich auf die jeweilige Lebenssituation und
andererseits versuchen wir die Charismen zu entdecken und zu för-
dern. Insgesamt ein schmaler Grat, aber über die Jahre sieht man,
wer wieviel und in welcher Form geben und einbringen kann. Wir
sehen es. Die Betroffenen sehen es. Und dann passt es meistens mit
dem „Anteil am Apostolat und an der Gemeinschaft“.
Aber dieser „Anteil am Apostolat und an der Gemeinschaft“: der sieht dann ganz unterschiedlich aus, oder? MAxI: Ja, natürlich. Die
jeweiligen „Anteile“ unterscheiden sich. Meistens haben Jugendli-
che und junge Erwachsene mehr Zeit, um verschiedene Dienste in
den Apostolaten zu übernehmen. Also sie leiten oft Gebetskreise
usw. Verheiratete Laien legen den Fokus auf ihren Alltag, ihre Ar-
beit, ihre Familie, auf ihr „Nazareth“. Priester wirken in ihren Pfar-
ren, oder eben dort, wo ihr Bischof sie haben möchte. Aber, und das
ist der Punkt: alle haben auf ihre Weise „Anteil am Apostolat und an
der Gemeinschaft“.
Inwiefern? Georg: Eine junge Mutter, zum Beispiel, die zu Hau-
se bei den Kindern ist, stärkt und inspiriert uns ungemein durch
das Zeugnis ihrer Hingabe. Ihr Leben spricht von der Einfachheit
Gottes und Seiner Hingabe an uns, noch dazu in einer sehr kon-
kreten Weise. Und diese Einfachheit Gottes versuchen jene von uns,
die „in der Mission“ sind, die also zum Beispiel einen Gebetskreis
leiten, in sich zu tragen und zu vermitteln. Umgekehrt trägt diese
junge Mutter, um beim Beispiel zu bleiben, das Feuer der Mission
„Wenn ihr zusam-
menkommt,
trage jeder etwas
bei“(1 Kor 14, 26)
GeMeinschaft 33
in ihrem Herzen; in ihrem Alltag steht sie in der Fürbitte vor Gott.
Sie trägt so Gebetskreise und andere Apostolate in der Schlichtheit
ihres Alltages im Namen Jesu vor den Vater.
MAxI: Menschlich gesprochen tun wir uns gegenseitig einfach
gut. Die Jüngeren, oft im Feuer der ersten Liebe, inspirieren (pro-
vozieren fast) die Älteren, sich immer wieder und kühn auf die ewi-
ge Neuheit Gottes einzulassen. Die Älteren geben Zeugnis von der
großen Fruchtbarkeit einer treuen Nachfolge Christi. Allen, den
Jungen und den Alten, versuchen wir die Prioritäten eines Christen
nahezubringen.
Was heißt das? MAxI: Ganz egal, ob Du jung bist oder alt, Laie oder
Ordenschrist: oben auf deiner Prioritätenliste steht Gott bzw. sollte
Gott stehen. Gott ist die Nummer eins. Dann folgt deine Berufung
(deine Ehe zum Beispiel, oder dein gottgeweihtes Leben). Dann
die „Frucht“ deiner Berufung bzw. die Konsequenzen, die sich aus
deiner Berufung ergeben (also Kinder zum Beispiel, geistliche oder
leibliche). Schließlich folgen Arbeit und Freizeit. Entsprechend
dieser Prioritäten solltest Du als Christ leben.
Georg: Und vom zeitlichen Aufwand her gesehen sollte dein „An-
teil am Apostolat und an der Gemeinschaft“ Zeit von deiner Freizeit
wegnehmen – also relativ wenig Zeit. Aber: deine Hingabe an Jesus
in diesem überschaubaren zeitlichen Rahmen sollte sich insgesamt
positiv auf dein Leben und deine Christusnachfolge auswirken.
Wenn jeder nur einen Teil der Freizeit hergibt: wie kommt es dann, dass so viele Projekte übers Jahr hinweg laufen? Georg, lACht: In
Mitteleuropa haben wir eben viel Freizeit … Ich sag das so locker.
Menschlich
gesprochen tun
wir uns gegensei-
tig einfach gut.
34 GeMeinschaft
Aber da ist was dran. Wir haben viel Zeit – und anstatt sie zu vorm
Fernseher zur Gänze zu vertrödeln, schenken wir dem Herrn Zeit.
Weil Er es wert ist. Weil Er würdig ist!
MAxI: Ergänzend dazu: In seiner Katechese vom 13. Novem-
ber 2011 zum Thema „Wie wird man ein Jünger Jesu?“ unter-
scheidet Christoph Kardinal Schönborn drei Lebensstände, die
im Neuen Testament vorkommen: Apostel, Jünger und Volk (vgl.
www.erzdioezese-wien.at). Manche sind in eine besondere, enge Form
der Nachfolge gerufen; manche wandern Jesus (äußerlich) als Jün-
ger nach; und manche bleiben sesshaft. Alle ruft Jesus zur Umkehr
und zur Heiligkeit: „Seid vollkommen, wie auch euer Vater im Him-
mel vollkommen ist“ (Mt 5, 48). Aber in der konkreten Ausformung
gibt es Unterschiede: Manche schenken Jesus ihr Leben ganz. Ich
denke an die Gottgeweihten und an die Priester in unserer Mitte.
Manche schenken Jesus ihr Berufsleben oder Teile davon, sie wan-
dern Jesus gewissermaßen äußerlich nach. Manche schenken sich
selbst im gewöhnlichen Alltag. Das Wichtige: die Kühnheit des
Schenkens auf Sein Wort hin. In unserer Gemeinschaft sind alle
drei Lebensformen vertreten. Alle sind zur Heiligkeit gerufen! Alle
sind wichtig! Aber die konkreten Formen der Nachfolge sind ver-
schieden. Und, jetzt komme ich zum Punkt: die Jünger (im Sinne
einer Lebensform) in unserer Mitte sind oft jene, die viele der (nach
außen hin sichtbaren) Projekte und Apostolate über Jahre hinweg
am Laufen halten.
Weiter oben hast Du von einem „Innen“ und einem „Außen“ ge-sprochen. Jetzt hatten wir das „Innen“. Könntest Du etwas über das „Außen“ sagen? Georg: Ja, in aller Kürze: Das sind all jene, die
zu unseren Apostolaten, also zu unseren Gebetskreisen, Festivals
Alle sind zur
Heiligkeit
gerufen! Alle sind
wichtig! Aber
die konkreten
Formen der
Nachfolge sind
verschieden.
GeMeinschaft 35
usw. kommen. Da kommen pro Jahr einige Tausend, ein bisschen
wie Tauben. Sie flattern herein, lassen sich von Jesus stärken, und
flattern wieder hinaus in ihren Alltag.
Spiritualität
„Nazareth“ und „Pfingsten“ sind die Schlüsselbegriffe
spiritualität 37
Mir wurde einmal gesagt, die Spiritualität der Loretto Ge-meinschaft könne man am „Angelus“-Gebet ablesen. Stimmt das? MAxI: Ja, der Angelus, also das Gebet, das das Geheimnis der
Menschwerdung Gottes betrachtet, ist für uns sicher zentral. Die
meisten von uns beten den Angelus auch täglich; würde ich jetzt
mal sagen. Er gehört ja auch in das Leben eines Katholiken. Wenn es
aber um die konkrete Spiritualität der Loretto Gemeinschaft geht,
würde ich heute von „Nazareth“ und „Pfingsten“ sprechen. Das wä-
ren für mich die Schlüsselbegriffe. Also, zum einen Nazareth: das
Geheimnis der Menschwerdung Gottes sowie das unscheinbare
Leben mit Gott im Alltag. Und dann Pfingsten: dieses Zusammen-
kommen im Obergemach, diese Sehnsucht nach einer größeren
Ausgießung des Heiligen Geistes in unserer Zeit. Maria ist dabei
„die innere Klammer“ unserer Spiritualität – die Verbindung von
Nazareth und Pfingsten.
Inwiefern? MAxI: Sie wurde vom Heiligen Geist in Nazareth über-
schattet und Jesus nahm in ihr Gestalt an. Sie war dabei, als der
Heilige Geist zu Pfingsten kam – und die Kirche Gestalt annahm.
Der Katechismus sagt dazu: „Nach der Himmelfahrt ihres Sohnes
stand sie den Anfängen der Kirche mit ihren Gebeten zur Seite. Zu-
sammen mit den Aposteln und einigen Frauen sehen wir … Maria
mit ihren Gebeten die Gabe des Geistes erflehen, der sie schon bei
der Verkündigung überschattet hatte“ (KKK 965). Und wir träumen
davon, dass jene, die bei uns eher „im Nazareth“ leben, auch das
Feuer der pfingstlichen Mission in ihren Herzen haben. Und, umge-
kehrt, dass jene, die eher in der Mission bzw. in der „Neuevangeli-
sierung“ tätig sind, von dieser Einfachheit des Lebens mit Gott im
Alltag geprägt sind.
Das Geheimnis
der Menschwer-
dung Gottes. Und
dann Pfingsten:
die Ausgießung
des Heiligen
Geistes. Maria
ist dabei die
Verbindung: von
Nazareth und
Pfingsten.
38 spiritualität
Georg: Unsere Spiritualität ist also beides, Nazareth und Pfing-
sten. Es geht darum, dass der Heilige Geist unseren Alltag durch-
formt und Christus sichtbar macht. Gleichzeitig geht es darum,
dass der Heilige Geist die Kirche durchformt, damit sie Christus
sichtbarer macht. Und wir träumen davon, dass wir in unserer klei-
nen Gemeinschaft diese innere Weite haben: so, dass es normal ist,
dass Jesus unseren persönlichen Alltag prägt (in aller Konkret- und
Einfachheit) – und, dass wir eine tiefe Sehnsucht nach einer groß-
en Ausgießung des Heiligen Geistes haben in unserer Zeit, in un-
serem Land; davon, dass Joel 3 noch mehr anbricht.
Was ist Joel 3? Georg, lACht: Joel ist ein Buch im Alten Testament.
Und in Joel, Kapitel 3, kann man eine Verheißung Gottes nachlesen:
„Danach aber wird es geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße
über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein,
eure Alten werden Träume haben und eure jungen Männer haben
Visionen. Auch über Knechte und Mägde werde ich meinen Geist
ausgießen in jenen Tagen“ (Joel 3, 1–2). Interessant ist, dass Petrus
zu Pfingsten in Jerusalem auf diese Verheißung verweist. Er sagt:
„Jetzt geschieht, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist“
(Apg 2). Und wir träumen davon, dass Joel 3 immer mehr anbricht!
MAxI: Ja! Beten wir dafür! Wenn Du diese Zeilen hier liest: nimm
Dir doch ein paar Minuten Zeit und bete dafür!
Hab zu eurer Spiritualität online recherchiert. Da standen ganz an-dere Sachen; zum Beispiel, dass ihr „katholisch, marianisch, charis-matisch und ökumenisch“ seid. An anderer Stelle wiederum stand, dass ihr „marianisch, charismatisch und eucharistisch“ seid. Könnt ihr dazu etwas sagen? MAxI, lACht: Wir entwickeln uns ja auch …
Das waren Versuche, unsere Spiritualität schlagwortartig auf den
Punkt zu bringen. Irgendwie umschreiben diese Punkte auch unse-
spiritualität 39
re Spiritualität, also die Art und Weise, wie wir Christus nachfolgen:
Wir sind natürlich katholisch; wir streben nach Charismen, um sie
in Kirche und Welt fließen zu lassen; wir haben eine große Liebe zur
eucharistischen Anbetung und zu den getrennten Brüdern. Maria
ist sehr wichtig. Aber, der Punkt ist, es gibt auch andere Gruppen
oder Gemeinschaften, deren Spiritualität mit diesen Begriffen um-
schrieben werden könnte. Diese Begriffe sind also nicht spezifisch
genug. Das, was meines Erachtens bei uns spezifisch ist, ist diese
Verbindung von Nazareth und Pfingsten.
Georg: Ja, die Einfachheit und das Feuer! Das sind wir! Also, ich
hoffe, wir werden immer mehr so: Einfach und im Feuer!
Heiligkeit
Die Lebensübergabe ist Schritt eins auf dem Weg der Heiligkeit.
heiliGKeit 41
Ich hab in den Statuten der Loretto Gemeinschaft gelesen, dass sich die Mitglieder der Gemeinschaft bereit erklären „gemäß der allgemeinen Berufung zur Heiligkeit“ (LG 39) zu leben. Könntest Du dazu etwas sagen? Georg: Die Statuten zitieren hier aus einem
Text des II. Vatikanischen Konzils, aus Lumen Gentium. Dort wird
über eine allgemeine Berufung zur Heiligkeit gesprochen. Unter
anderem steht da: „Jedem ist also klar, dass alle Christgläubigen
jeglichen Standes oder Ranges zur Fülle des christlichen Lebens
und zur vollkommenen Liebe berufen sind“ (lg 40). Und unsere klei-
ne Gemeinschaft soll auf diesem Weg konkret helfen.
Wie? MAxI: Schauen wir nochmals auf unsere Statuten, Artikel 14:
„Mit dem Gemeinschaftsversprechen erklären sich die Mitglieder
der Loretto Gemeinschaft bereit, gemäß der „allgemeinen Berufung
zur Heiligkeit“ (LG 39) ein Leben zu führen, das von authentischer
Nachfolge Christi, Gebet, Gemeinschaft und Apostolat geprägt ist.“
Die eigene Bereitschaft ist also das Erste. Das Zweite ist sicher, dass
wir versuchen einen Rahmen anzubieten, in dessen Kontext man
konkret einen Weg der Heiligkeit gehen kann. Wichtige Werkzeuge
dabei sind u. a.: die Hausgemeinschaft (siehe Close Up „Hausgemeinschaft“);
unsere überregionalen Treffen; die geistliche Begleitung – und
eben die eigene Bereitschaft Jesus nachzufolgen und zu dienen.
Ich war schon mal zu Pfingsten in Salzburg. Da wurde zu einer „Le-bensübergabe“ aufgerufen. Was bedeutet das? Georg: Ich hab das
beim JAS kennengelernt. Bruce sprach dort oft davon. Er betonte
immer wieder, dass es wichtig sei, unser Leben Jesus anzuvertrau-
en. So eine Lebensübergabe wäre Schritt eins auf dem Weg der Hei-
ligkeit. Seitdem rufen wir immer wieder zu Lebensübergaben auf.
Die Mitglieder
der Loretto
Gemeinschaft
versprechen,
gemäß der
„allgemeinen
Berufung zur
Heiligkeit“
ein Leben zu
führen, das von
Nachfolge, Gebet,
Gemeinschaft
und Apostolat
geprägt ist.
42 heiliGKeit
Aber ist das überhaupt notwendig? Die meisten Menschen in Österreich sind ja getauft und gefirmt. MAxI: Taufe und Firmung
sind natürlich zentral! In der Taufe gießt Gott Sein Leben durch
den Heiligen Geist in unsere Seele ein (vgl. KKK 1999). Wir nennen das
heiligmachende Gnade, sie ist ein bleibendes Geschenk (vgl. KKK 2000).
Dazu kommt, dass wir durch die Firmung vermehrt Anteil an der
Sendung Jesu Christi haben (vgl. KKK 1294). Aber, so lehrt uns die Er-
fahrung, die in uns grundgelegten Schätze bleiben oft im Leben
verborgen – bis eine öffentliche Entscheidung für Jesus Christus
getroffen wird. Warum?
Georg: Meine Antwort wäre: Jesus ist wegen unserer, wegen
meiner Sünden am Kreuz gestorben. Wir sind, ich bin schuldig ge-
worden. Aber meine Schuld wurde am Kreuz beglichen. Und die
Frage ist: Habe ich die Erlösungstat Christi (durch die Taufe in mir
grundgelegt) für mich angenommen? Diesen Schritt, genau das zu
tun, nennen wir „Lebensübergabe“. Und im Leben der Heiligen gibt
es oft so einen Moment: Eine Stunde, eine Minute, eine Sekunde, in
der eine bewusste und öffentliche Entscheidung für Jesus getrof-
fen wird. Denk an die Berufungsgeschichte des Franziskus.
MAxI: Und, wie schon gesagt: So eine Lebensübergabe ist
Schritt eins. Praktisch gesprochen impliziert er, dass Jesus Herr al-
ler Bereiche meines Lebens werden soll. Dementsprechend müssen
Schritt zwei, drei usw. dann auch noch kommen. Das ist auch einer
der Gründe, warum die Gebetskreise jede Woche stattfinden; oder
warum wir die Gemeinschaft gegründet haben. Es geht darum Orte
zu haben, an denen Menschen Schritt zwei, drei, vier usw. setzen
können. Es ist einfach wichtig dran zu bleiben.
heiliGKeit 43
Und wie laufen solche Lebensübergaben ab? Ich kenne das nur vom Pfingstkongress. Georg: Das läuft eigentlich immer gleich ab: Nach
katechetischer Unterweisung, Gebet und Beichte können einzelne
Personen ihr Leben öffentlich und in einem einfachen Gebet Jesus
Christus anvertrauen. Gal 2, 20 ist dabei als Bibelstelle wichtig:
„Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“. Das Gemein-
schaftsversprechen (siehe Gemeinschaftsversprechen), das wir einmal pro
Jahr in Mariazell beten, ist auch als Lebensübergabe formuliert:
Das Leben, das wir als Geschenk empfangen haben, wollen wir mit
Seiner Gnade zu einem Geschenk machen, damit unser Leben den
Wohlgeruch Christi ausströme. Nach den Lebensübergaben beten
wir, dass die entsprechenden Personen in besonderer Weise vom
Heiligen Geist erfüllt werden.
Ist das die sogenannte „Taufe im Heiligen Geist“? MAxI: Vielleicht!
Aber wichtiger als der Begriff ist die Wirklichkeit; nämlich, dass
Gott sich uns zuwendet, in einer Weise, die uns nicht kalt lässt!
Aber um deine Frage zu beantworten: Ja! Ich glaube, dass jene, die
im charismatischen Bereich (innerhalb und außerhalb der katho-
lischen Kirche) in Anlehnung an Joh 1, 33 von der „Taufe im Hei-
ligen Geist“ sprechen, eine ähnliche Erfahrung machen wie viele
von uns, wenn wir in der oben beschriebenen Weise Jesus unser Le-
ben übergeben und um eine Erfüllung mit dem Heiligen Geist beten.
„Nicht mehr
ich lebe,
sondern
Christus lebt
in mir“Gal 2, 20
Haltungen
„Dream Bigger!“
haltunGen 45
Gibt es Haltungen, die Loretto irgendwie prägen oder ausma-chen? Georg: Ja, ich würde sagen: „Freude“; dann: „Kühnheit“
(intern würden wir wahrscheinlich „Dream Bigger“ oder „For Gre-
ater Things“ sagen); dann „Schönheit“; dann: „Jüngerschaft“ und
schließlich „Erwartung“.
MAxI: Ich würde noch drei Haltungen ergänzen, nämlich: (a)
„Nicht Wellen machen, sondern auf Wellen surfen!“; (b) „The meat is
on the street!“; und (c) Großzügigkeit.
Möchtet ihr was dazu sagen? (Georg und Maxi) Hmm, gar nicht so
leicht. Versuchen wir es mal:
Freude: Georg: Wer Gott begegnet ist, wer mit Christus lebt: was
unterscheidet ihn von anderen Menschen? Ich glaube, nichts – au-
ßer, dass er immer wieder, oder ständig, mit seinem Schöpfer und
Erlöser auf Tuchfühlung ist. Und das ist DIe Freude schlechthin.
Dream Bigger: MAxI: Auf unserer kleinen Gemeinschaft ruht ir-
gendwas Verrücktes, eine große Sehnsucht nach Mehr. Woher
kommt das? Ich glaube, davon, dass Gott uns teilhaben lässt an
Seiner Sehnsucht, dass Joel 3 noch mehr anbricht. „Dream Bigger!“
ist Ausdruck unserer Sehnsucht, Seinen Traum für die Menschheit
auch zu unserem Traum zu machen.
Schönheit: Georg: Jesus ist die Schönheit schlechthin. Wer von
Seiner Schönheit betört und fasziniert wird, sehnt sich danach,
der Welt diese Schönheit zu zeigen. Auch, indem wir auf äußere
Schönheit achten. Das ist das Eine. Das Andere ist: Der Himmel ist
überwältigend schön: „Ein Thron stand im Himmel; auf dem Thron
saß einer, der wie ein Jaspis und ein Karneol aussah. Und über dem
Thron wölbte sich ein Regenbogen, der wie ein Smaragd aussah.“
Auf unserer
kleinen
Gemeinschaft
ruht irgendwas
Verrücktes, eine
große Sehnsucht
nach Mehr.
46 haltunGen
(Offb 4, 2–3). Wow! Jaspis, Karneol, Regenbogen, Smaragd! Unsere
Liturgie, unser Gebet, unser Lobpreis soll Menschen von der Schön-
heit des Himmels kosten lassen.
Nicht Wellen machen, sondern auf Wellen surfen: MAxI: Als Ge-
org mit dem ersten Gebetskreis anfing, hat er sich nicht irgendwas
Gutes ausgedacht, sondern: er machte eine Erfahrung mit dem Hei-
ligen Geist in Medjugorie. Und auf dieser Erfahrung baute er auf.
Als wir anfingen, uns ein bisschen besser zu strukturieren, haben
wir nicht ein schönes Konzept geschrieben, sondern haben ver-
sucht, „den roten Faden des Heiligen Geistes“ zu erkennen. An die-
sem Faden richteten wir dann unser Handeln aus. Als wir unsere
Statuten geschrieben haben, haben wir sehr darauf geachtet, dass
diese Statuten nicht eine interessante Idee sind, an die sich unse-
re Wirklichkeit zu halten hat, sondern umgekehrt: wir haben ver-
sucht, mit unseren Statuten die Wirklichkeit unserer Gemeinschaft
zu umschreiben. Pete Greig sagt in diesem Zusammenhang: „We are
not supposed to make waves but surf waves.“ Das Reich Gottes brei-
tet sich nicht aus, indem wir „Wellen schlagen“, also uns irgendwas
Tolles entwerfen und dann vielleicht umsetzen; sondern, indem wir
auf das Wirken des Heiligen Geistes achten, uns darauf einlassen
– und dann auf dieser „Welle reiten“. In Apg 15, beim sog. „Jerusale-
mer Konzil“, sieht man, wie die Apostel auf dieses Prinzip geachtet
haben. Sie waren die ersten „Surfer“ des Heiligen Geistes …!
Jüngerschaft: Georg: In Apg 22, 6 ff. lesen wir über die Bekehrung
des heiligen Paulus. Er stürzt zu Boden und hört die Stimme Jesu:
„Saul, Saul, warum verfolgst Du mich?“ Jetzt, Frage: Wen hat Saulus
verfolgt? Richtig, die ersten Christen. Aber: Jesus spricht hier von
„mich“. Er sagt nicht: „Warum verfolgst Du sie“? Sondern er sagt:
„Warum verfolgst Du mich?“ Offenbar identifiziert sich Jesus zu 100
haltunGen 47
Prozent mit uns, mit uns Christen. Und das liegt eigentlich auf der
Hand. Denn der auferstandene Christus macht „die Gemeinschaft
der Gläubigen zu seinem Leib“ (vgl. KKK 805). Aber, und jetzt kommt‘s:
identifizieren wir uns mit Jesus? Sind wir uns dessen bewusst, dass
wir Anteil an der Sendung Jesu, an Seiner Freude und an Seinen
Leiden haben (vgl. KKK 787)?Treten wir „im Namen Jesu“ auf? Wollen
wir das überhaupt? Ich glaube, die meisten in unserer Gemein-
schaft würden diese Fragen mit „Ja“ beantworten; die meisten sind
sich also dessen bewusst, dass der Herr sie existenziell in Seine
Sendung hinein verwandelt; dass Er sie zu Seinen Jüngern macht –
auch, wenn dieser Weg nicht leicht ist, weil wir dafür täglich unser
Kreuz auf uns nehmen müssen (vgl. Lk 9, 23; siehe Close Up „Jüngerschaft“).
Großzügigkeit: MAxI: Die Großzügigkeit in unseren Reihen ist ein-
fach beeindruckend. So viele dienen hochherzig über viele Jahre
im Ehrenamt. Manchmal müssen wir einigen Leuten sagen: „Hey,
danke! Dein Einsatz ist der Hammer! Aber bitte geh mal ins Kino
oder so.“ Die zweite Sache ist: jene, die bei uns ins Versprechen ge-
hen, werden gebeten, fünf Prozent ihres Nettoeinkommens der Ge-
meinschaft zu geben. Die meisten machen das – und, was wirklich
beeindruckend ist: viele geben weitere fünf Prozent an andere Pro-
jekte, die der Ausbreitung des Reiches Gottes dienen. Umgekehrt
achten wir als Gemeinschaft darauf, dass ca. zehn Prozent unserer
(nicht zweckgebundenen) Spendeneinnahmen an andere Projekte
im Reich Gottes fließen. Und: es geht uns gut. „Gebt, dann wird
euch gegeben werden. In reichem, vollem, gehäuftem, überflie-
ßendem Maß wird man euch beschenken“ (Lk 6, 38).
The meat is on the street: MAxI: In 1 Kor 3, 2 unterscheidet Paulus
Milch und feste Speise. Er sagt zu seinen Zuhörern metaphorisch
hinsichtlich seiner Lehre: „Milch gab ich euch zu trinken statt
Treten wir „im
Namen Jesu“
auf? Wollen wir
das überhaupt?
48 haltunGen
fester Nahrung (Fleisch, Anm.); denn diese konntet ihr noch nicht
vertragen.“ Und Nicky Gumbel (einer der größten Evangelisten der
Gegenwart; Herz und Motor der weltweiten Ausbreitung des Alpha
Kurses) sagte einmal während einer Konferenz in Anspielung auf 1
Kor 3, 2: „The meat is on the street!“ Und das heißt: es ist gut, dass
wir uns bilden, auf allen Ebenen, natürlich auch auf theologischer.
Als Gemeinschaft bieten wir auch verschiedene Module an, um sich
bilden und schulen zu lassen in der Nachfolge Christi. Aber: die ei-
gentliche feste Nahrung gibt uns Gott – und zwar dann, wenn wir
uns existenziell auf „die Straße“ wagen; also dann, wenn wir Jesus
im Alltag konkret nachfolgen; und dann, wenn wir auf die Straße
gehen, um zu missionieren. „The meat is on the street“ – als ich die-
sen Satz hörte, dachte ich mir: Das passt zu uns. Das sind wir. Das
hat auch mit Nazareth, mit dieser Einfachheit der Nachfolge Jesu
im Alltag zu tun.
Erwartung: Georg: Schon ziemlich früh in unserer Geschichte ha-
ben sich bei uns zwei Haltungen ausgeprägt: Zum einen die Liebe
zu Israel. Zum anderen die Erwartung Jesu Christi in Herrlichkeit.
Und jetzt ganz ohne „eschatologische Hektik“: Wir leben in Seiner
Verheißung: „Ja, ich komme bald.“ und rufen „Maranatha – Amen.
Komm, Herr Jesus!“ (Offb 22, 20). Und wahrscheinlich ist das Volk Is-
rael der Schlüssel für die Erfüllung dieser Verheißung, also für die
Wiederkunft Christi in Herrlichkeit. Im Katechismus der katho-
lischen Kirche steht dazu: „Der Eintritt der ,Vollzahl’ der Juden in
das messianische Reich im Anschluss an die ,Vollzahl der Heiden’
wird dem Volk Gottes die Möglichkeit geben, das ,Vollmaß Chri-
sti’ (Eph 4, 13) zu verwirklichen, in dem ,Gott alles in allen’ sein wird
Es ist gut, dass
wir uns bilden,
auf allen Ebenen,
natürlich auch
auf theologischer.
haltunGen 49
(1 Kor 15, 28)“ (KKK 674). Die Liebe zu Israel als Volk Gottes und die Er-
wartung des Messias in Herrlichkeit sind für mich, und ich glaube
auch für unsere Gemeinschaft, zentral. Richtig?
MAxI: Richtig!
Das waren jetzt spezifische Haltungen. Sind die „Evangelische Räte“, also Gehorsam, Keuschheit und Armut, als Haltungen auch relevant? Georg: Natürlich! In Artikel 915 steht im Katechismus
der katholischen Kirche, dass die „Evangelischen Räte“ in ihrer
Vielfalt jedem Jünger Christi empfohlen werden. Entsprechend des
je eigenen Lebensstandes und mit der Hilfe Gottes wollen wir gehor-
sam, keusch und arm leben. Warum? Weil Jesus gehorsam, keusch
und arm lebte. An Ihm richten wir uns aus.
Könnt ihr das ein bisschen ausformulieren? Georg unD MAxI: Ja,
zum Beispiel, indem wir die entsprechenden Stellen aus unserer
„Lebensregel“ von 2007 wiedergeben. Hier sind:
Gehorsam: Unser Gehorsam gilt zuerst Gott (vgl. Röm 6), der sein
Volk gerufen hat, auf Ihn zu hören, auf dass es ihm gut ergehe
(vgl. Dtn 6, 3 u 4). Wir stehen dann im Gehorsam gegenüber der Kirche
und ihren Hirten. Im Hören auf das, was uns die Kirche sagt, ver-
suchen wir, die Stimme Gottes zu hören. Konkret heißt das: Wir
wollen der Lehre der Kirche in Wort und Tat gehorchen und sie uns
mit Herz und Verstand aneignen. In allen gemeinschaftlichen Be-
langen gehorchen wir der Leitung der Gemeinschaft, die wiederum
in ihren Entscheidungen die Stimme Gottes zu hören sucht und um
die Einheit der Herzen ringt.
Keuschheit: „Selig, die ein reines Herzen haben, denn sie werden
Gott schauen“ (Mt 5, 8). Die Reinheit des Herzens bewahrt in uns jene
kindliche Unbefangenheit, die uns die Welt und die Menschen im
50 haltunGen
Lichte Gottes erscheinen lässt. Die möglichst vorurteilslose Begeg-
nung ist keine Naivität, sondern ein nüchterner Realismus, der un-
sere Freiheit schützt und sie vor der Sünde bewahrt. Die Reinheit
des Leibes erlangen wir durch unser Streben nach Aufrichtigkeit
und Reinheit des Blickes, des Denken und des Lebens.
Armut: „Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Him-
melreich“ (Mt 5, 3). Unsere Armut besteht zunächst in der Annahme
unserer Geschöpflichkeit vor Gott. Wir dürfen alle Masken ablegen,
um den Blick auf Gott hin frei zu legen. Wir nehmen unser Leben
– mit Körper und Geist – als Geschenk von Gott an, entgegen den
vielfältigen Formen der Nicht-Selbstannahme. Die Armut ruft uns
zu einer Haltung der Einfachheit und Bescheidenheit, die den Blick
auf das Wesentliche, nämlich auf Gott, freihält. Kleine zeitliche
und finanzielle Opfer im Alltag fördern eine vernünftige Unabhän-
gigkeit von materiellen Gütern, Ruhm und Erfolgssucht.
Ist das nicht alles zu viel verlangt? MAxI: Im Philipperbrief lesen
wir: „Denn Gott ist es, der in uns das Wollen und das Vollbringen be-
wirkt, noch über euren guten Willen hinaus“ (Phil 2, 13). So gesehen:
nein. Aber vielleicht noch ein wichtiger Hinweis in diesem Kontext:
gerade der Empfang des Leibes Christi verwandelt uns in den, den
wir empfangen: So wie ein normales Stück Brot zu mir wird, wenn
ich es esse, so werden wir immer mehr in Christus hinein verwan-
delt, wenn wir kommunizieren. Der Apostel Paulus formuliert in 1
Kor 6, 17 ähnlich. Er sagt: „Wer sich an den Herrn bindet, wird ein
Geist mit ihm“. Wir werden Christus also immer ähnlicher, wenn wir
uns an Ihn binden. Und von Ihm empfangen wir Gehorsam, Keusch-
heit und Armut als Gaben – die wir dann behüten dürfen.
Wir werden
Christus immer
ähnlicher, wenn
wir uns an Ihn
binden.
Gebet
Im Laufe der Zeit haben wir eine Fülle an Gebetsformen entdeckt.
52 Gebet
Die Loretto Gemeinschaft hat ja als „Gebetskreis“ begonnen. Könnt ihr etwas zum Gebet sagen? Georg: Das Gebet ist ein sehr,
sehr weites Feld.
Also präzisieren wir: Habt ihr bestimmte Gebete, die ihr jeden Tag betet? MAxI: Im Laufe der Zeit haben wir eine echte Fülle an Ge-
betsformen entdeckt. Und das kann auch einen „frommen Stress“
auslösen. Daher haben wir in den Statuten folgende Zeilen ge-
schrieben (Artikel 18): „Folgende Gebetsformen bzw. Übungen haben
sich über die Jahre als prägend für die Loretto Gemeinschaft er-
wiesen; sie werden allen Mitgliedern empfohlen: Rosenkranzgebet,
gemeinsamer Lobpreis, Angelus, häufige Teilnahme an der Eucha-
ristiefeier (jedenfalls am Sonntag); stille Zeiten des Betens; häu-
fige eucharistische Anbetung; monatliche Beichte; Lectio Divina;
Verehrung der Heiligen; Herzensgebet und innerer Lobpreis; per-
sönliches Fasten; Gebet um den Heiligen Geist, um seine Gaben und
Charismen; Weihe an das Herz Jesu und an Maria.“
„Sie werden allen Mitgliedern empfohlen“. Was heißt das? Georg:
Sagen wir es mal so: Wenn ich zu einem Buffet gehe, schaue ich zu-
erst alles an. Ich gehe von links nach rechts – die Augen schweifen
über Nudeln, Fleisch, Fisch usw. Und dann nehme ich nicht alles;
sondern eben das, was mich nährt, mir schmeckt und auf den Teller
passt. Ich weiß schon, nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, aber:
mit dem Gebet ist es ähnlich. Im Laufe der Jahre haben wir sehr,
sehr viele Gebetsformen entdeckt. Aber ich bete nicht alles auf ein-
mal, sondern das, was mich in meiner Nachfolge Christi jetzt im Mo-
ment weiter bringt. Dass ich sowieso am Sonntag zur Hl. Messe und
ca. einmal im Monat beichten gehe, das versteht sich von selbst.
Gebet 53
MAxI: Eine Gebetsform, die man an dieser Stelle sicher hervor-
heben müsste, ist der Lobpreis. Der Lobpreis prägt uns – und wir
fördern ihn als Gemeinschaft. Also: ich bete regelmäßig meinen
Rosenkranz, lese die Schrift, hab fast jeden Tag meine „stille Zeit“
usw. Wenn ich aber an der geistlichen Fruchtbarkeit der Gemein-
schaft teilnehmen bzw. diese ausbreiten möchte, dann gehe ich
dort hin, wo es Lobpreis gibt. Und wenn das nicht möglich ist, ach-
te ich darauf, dass es in meiner Hausgemeinschaft genug Lobpreis
gibt.
Was hat die geistliche Fruchtbarkeit einer Gemeinschaft mit Lobpreis zu tun? MAxI: Es gibt eine sehr interessante Predigt
von Papst Franziskus, gehalten am 28. Januar 2014 während der
Frühmesse im Vatikanischen Gästehaus „Domus Sanctae Marthae“
(vgl. www.vatican.va). Dort beschreibt der Papst, wie König David bei der
Überführung der Bundeslade (vgl. 2 Sam 6, 12 ff.) mit ganzer Hinga-
be lobpreisend tanzte. Aber, so der Papst weiter, als David in den Pa-
last heimkehrte, musste er sich mit dem Tadel und der Verachtung
Michals, der Tochter Sauls, auseinandersetzen. Die eigentliche
Pointe: Michal blieb ihr ganzes Leben lang (körperlich) unfrucht-
bar. Und, so Franziskus weiter, wenn wir uns in der „Förmlichkeit
eines kalten, gemessenen Gebets verschließen“, so könnten wir
auch „wie Michal in der Unfruchtbarkeit ihrer Förmlichkeit“ enden.
Was möchte uns Franziskus sagen? Dass es eine Verbindung zwi-
schen geistlicher Fruchtbarkeit und Lobpreis gibt. Und, wie gesagt,
wenn ich an der Fruchtbarkeit der Gemeinschaft teilhaben möchte
bzw. sie erweitern möchte, dann steige ich in den Lobpreis der Ge-
meinschaft ein.
Gott wohnt
bereits in
uns – und weil
Er in uns wohnt,
sehnen wir uns
nach mehr, nach
Seinem Kommen
in Herrlichkeit.
54 Gebet
Georg: Vielleicht noch ein Gedanke zum Lobpreis: Der Lobgesang
Mariens ist das Loblied der Kirche (vgl. KKK 2619). Und wann stimmte
Maria das Magnifikat, also ihren Lobgesang an? Kurz nachdem sie
Jesus durch den Heiligen Geist empfangen hatte (vgl. Lk 1, 46 ff.). Sie
besingt Gott, der in ihr wohnt. Zugleich ist Maria als Urbild der Kir-
che die Braut, die mit dem Geist „Komm“ ruft (vgl. Offb 22, 17); die also
eine Sehnsucht nach einer größeren Fülle der Gegenwart Christi
hat; die den Herrn in Herrlichkeit erwartet. Gerade weil Jesus in
ihr wohnt, gerade weil sie von Seiner Gegenwart kostet, dürstet
sie nach mehr. Und jeder Lobpreis findet in diesem Spannungsfeld
statt: Gott wohnt bereits in uns – und weil Er in uns wohnt, sehnen
wir uns nach mehr, nach Seinem Kommen in Herrlichkeit.
Kirche und Welt
Eine Kirche, die nicht missionarisch ist, ist keine Kirche.
56 Kirche und welt
Ihr seid Katholiken. Habt ihr eigentlich keine Schwierigkei-ten mit der Kirche? Georg: Wir sind eine katholische Gemeinschaft.
Und die Kirche ist unsere Mutter und Lehrerin. Wir gehen an ihrer
Hand und lassen uns von ihr unterweisen. Und, sehr offen gesagt:
wir sind als Gemeinschaft mit dieser, sagen wir mal, demütigen He-
rangehensweise sehr, sehr gut gefahren.
Aber seid ihr in allem derselben Meinung? MAxI: Wir teilen das
Verständnis der katholischen Kirche hinsichtlich der Kirche, der
Heiligen Schrift, der Tradition, der Sakramente und des Lehramtes.
Und jetzt kommt’s: auch dann, wenn wir vielleicht das eine oder
andere nicht gleich von Anfang an verstehen.
Das ist aber ein sehr ungewöhnlicher Zugang? MAxI: Es ist ein af-
firmativer Zugang.
Könntest Du das bitte ausführen? MAxI: Ich versuche, mit einem
Bild zu antworten: Wenn ich auf einen mir unbekannten Berg stei-
ge, bin ich gut beraten, meinem Bergführer zu vertrauen. Ich fol-
ge ihm, wohlwollend oder „affirmativ“, auch wenn ich auf einem
schmalen Weg gehen muss usw. So ab der Hälfte des Weges in Rich-
tung Gipfel wird dann mein Gang sicherer und ich sehe eine immer
größere Weite. Ich erkenne auch rückblickend, dass die schmalen
Wege, der Gang durch die Schlucht usw. wichtig waren, um sicher
nach oben zu kommen.
Wenn es jetzt um das ewige Heil geht oder beispielsweise um
die Auslegung der Schrift, vertrauen wir der Kirche, wir folgen ihr
wohlwollend oder „affirmativ“, wie einem guten Bergführer; auch
wenn wir den schmalen Weg gehen müssen usw. Wenn man diesen
Weg in Treue geht, wird der eigene Gang sicherer und man sieht
nach und nach eine immer größere Weite.
Wenn es um das
ewige Heil geht
oder die Ausle-
gung der Schrift,
vertrauen wir der
Kirche, wir folgen
ihr wohlwollend
wie einem guten
Bergführer.
Kirche und welt 57
Es geht also um einen Vertrauensvorschuss? Georg: Ja, das könnte
man so sagen. Und das ist das eine im Umgang mit der Kirche. Das
andere ist, dass wir natürlich wissen, die Kirche trägt einen „Schatz
in zerbrechlichen Gefäßen“ (vgl. 2 Kor 4, 7). Die Kirche, wir alle, haben
unsere „Sprünge“, sind zerbrechlich, und natürlich gibt es Lauheit
und Sünde. Manches ist vielleicht sogar strukturell problematisch.
Und an dieser – nennen wir es mal „Zerbrechlichkeit“ – leiden wir
alle. Aber der Punkt ist: es gibt nicht nur die Zerbrechlichkeit. Es
gibt auch den Schatz! Verlieren wir nicht den Schatz aus den Augen!
So gesehen ist das berühmte Wort der hl. Thérèse von Lisieux „im
Herzen der Kirche die Liebe sein“ eine ziemliche Herausforderung.
Inwiefern? Georg: Als Einladung, realistisch und klug mit der Zer-
brechlichkeit umzugehen und zugleich als Einladung, den Schatz zu
sehen!
Jetzt haben wir viel über die Kirche gesprochen, vielleicht ein paar Worte zur „Welt“. Welche Rolle habt ihr, hat das Christentum in der Welt? MAxI: Da gilt das programmatische Wort aus Mt 5, 13 – 15: Als
Christen sind wir „Salz und Licht“ in der Welt:
Salz: Wir stehen oft im Widerspruch mit den Meinungen und Sitten
dieser Welt; haben aber den Auftrag „Salz der Welt“ zu sein.
Licht: Gerade über eine Haltung der Gastfreundschaft wollen wir
unser Licht, das wir von Gott empfangen haben, in die Welt tragen;
damit wir sie im Lichte Christi erhellen und zum Leuchten bringen.
Georg: Dazu noch als Ergänzung: Unsere Gemeinschaft ist mis-
sionarisch. Wir sind gesandt, Christus – wie Maria zu Elisabeth – in
die Welt zu tragen: Durch unser Zeugnis, durch das gesprochene
Wort, durch unsere Offenheit und Gastfreundschaft und schließ-
Wir wollen
Menschen zu
Christus führen
bzw. Christus
den Menschen
bringen.
58 Kirche und welt
lich durch das missionarische Tun der Gemeinschaft. Wir wollen
Menschen zu Christus führen bzw. Christus den Menschen bringen.
Eine Kirche, die nicht missionarisch ist, ist keine Kirche.
Habt ihr eigentlich hauptamtliche Mitarbeiter? MAxI: Ohne das Eh-
renamt gäbe es unsere kleine Gemeinschaft nicht. Das Ehrenamt ist
für uns nach wie vor zentral; auch, wenn ca. drei Prozent unserer
Mitglieder (in Teilzeitanstellungen) hauptamtlich tätig sind (die
Priester sind da nicht mitgerechnet). Die übrigen 97 Prozent (der
Laien) arbeiten in der Welt.
Könnt ihr etwas über die Arbeit sagen? MAxI: Ganz gleich, wo wir
arbeiten, unsere Arbeit ist Teilnahme am Schöpfungswerk Gottes.
Das, was wir vorfinden, wollen wir veredeln, zu Seiner Ehre, zum
Dienst an den Menschen, uns zur Freude. Dabei arbeiten wir gewis-
senhaft, ohne den Blick auf unsere Berufung zu verlieren; denn un-
ser Leben dient in erster Linie dem Unvergänglichen. Jene von uns,
die hauptamtlich im Reich Gottes tätig sind, achten besonders da-
rauf, dass sie auf „Tuchfühlung“ mit ihrem Herrn und Meister sind
– um aus dieser Beziehung heraus zu wirken: Ihm zur Ehre, vielen
zum Heil, uns zur Freude!
Bleiben wir mal noch ganz kurz bei diesem Punkt: Wie arbeiten eigentlich Priester und Laien bei Euch zusammen? Georg: Viel-
leicht hole ich hier ein bisschen weiter aus: Bei allen gemeinschaft-
lichen „Projekten“ im Reich Gottes geht es zunächst darum, dass
wir erkennen, dass Gott uns eine bestimmte Leidenschaft in un-
sere Herzen gelegt hat (zum Beispiel im Bereich Lobpreis, Mission
usw.). Das ist das Erste. Das Zweite sind dann die Freundschaften.
Bei einem Projekt, das der Ausbreitung des Reiches Gottes dient,
wird es Schwierigkeiten geben. Ganz sicher. Und das, was uns diese
Und das, was uns
diese Schwierig-
keiten meistern
lässt, sind die
Freundschaften.
Kirche und welt 59
Schwierigkeiten meistern lässt, sind die Freundschaften. Schließ-
lich gibt es einen Prozess, den wir aufzusetzen haben. Da müssen
Ziele und Wege abgestimmt und Möglichkeiten für Feedback ein-
gerichtet werden usw. Und diesen Weg, also den Weg über Leiden-
schaft, Freundschaft und Prozess, den gehen wir mit Priestern und
sie gehen ihn mit uns. Anders gesagt: Priester und Laien arbeiten
bei uns zusammen; wobei es natürlich auch Differenzierungen gibt,
die sich an den Begriffen „Sakrament“ und „Charisma“ festmachen
lassen. In den Statuten haben wir in diesem Kontext geschrieben
(Art. 7): „Mitglieder des gottgeweihten Lebens und Diözesankleriker
dienen dem Charisma der Gemeinschaft und nehmen am Leben der
Loretto Gemeinschaft teil. Sie fügen sich in die Ordnung der Loret-
to Gemeinschaft ein und haben dieselben Rechte und Pflichten wie
alle anderen Mitglieder der Gemeinschaft.“ Wenn es um das sakra-
mentale Leben geht – da stehen uns die Priester natürlich vor. Wenn
es um das Charisma geht – da können uns auch Laien vorstehen.
Was heißt das? MAxI: Der Priester feiert die Hl. Messe, hört Beichte
etc. Hier geht es um das sakramentale Leben; und beim sakramen-
talen Leben stehen uns die Priester vor. Umgekehrt kann ein Laie
einen Gebetskreis leiten, in einem Gebetskreis eine Lehre geben
usw. Hier sind wir ja im Bereich der Charismen; und da haben die
Laien viel Gestaltungsfreiheit. Insgesamt sollte es so sein, dass
wir (Priester und Laien) uns in unserer jeweiligen Berufung nicht
schwächen, sondern stärken.
Helft ihr dort, wo es konkrete Not gibt? Seid ihr „diakonisch“? Ge-
org: 2003 waren einige von uns bei einer Generalaudienz im Vati-
kan. Wir wurden damals als Gruppe von Johannes Paul II. erwähnt.
Er richtete Grüße an uns und sagte dann: „Erfüllt Euren Lobpreis mit
Wenn es um das
sakramentale
Leben geht –
stehen uns die
Priester natürlich
vor. Wenn es um
das Charisma
geht – können
uns auch Laien
vorstehen.
60 Kirche und welt
Taten der Liebe!“. Als Gemeinschaft fangen wir im Moment an, ein
Projekt zu initiieren, das auf die konkrete Not anderer Menschen
ausgerichtet ist. Das ist ein Anfang. Ich denke, da kommt mehr.
Und wie geht’s weiter mit Loretto? MAxI, lACht: Das werden wir
sehen! Es ist wirklich Seine Sache. Aber vielleicht so viel: Die Cha-
rismen, die wir von Gott empfangen, lassen wir, so gut wir können,
in Kirche und Welt fließen. Wir geben, so gut wir können. Auch in
der Hoffnung, dass wir dann von Gott mehr empfangen, um dann
wiederum mehr fließen zu lassen. „Gebt, dann wird euch gegeben
werden. In reichem, vollem, gehäuftem, überfließendem Maß wird
man euch beschenken“ (Lk 6, 38). Gibt es etwas Schöneres als von Gott
immer mehr zu empfangen – und von Gott her immer mehr zu schen-
ken?
Georg: Nein, gibt es nicht! Und dabei ist es wichtig, dass wir
kühn bleiben, vielleicht sogar ein bisschen verrückt. Aber in einem
guten Sinn! Wagen wir es immer wieder, in diesen Traum Gottes für
uns Menschen einzusteigen; in diesen Traum, dass Joel 3 immer
mehr anbricht. Möge Sein Traum für uns, für die Menschheit, im-
mer mehr auch zu unserem Traum werden; auf dass sich das „Voll-
maß Christi“ (vgl. Eph 4, 13) verwirklicht, in dem Gott „alles in allen“
(vgl. 1 Kor 15, 28) ist! Dream Bigger!
Gibt es etwas
schöneres als von
Gott immer mehr
zu empfangen –
und von Gott her
immer mehr zu
schenken?
Kirche und welt 61
CloseUps
62 Die enstehung Der Loretto Bewegung
Die Enstehung der Loretto BewegungMMMaG. GeorG Mayr-Melnhof
Obwohl ich aus einer Familie mit 10 Kindern stamme, sehr religi-
ös erzogen wurde und sogar 8 Jahre meiner Schulausbildung bei
den Herz-Jesu-Missionaren absolvierte, gab es einen Moment in
meinem Leben, in der Hochblüte meiner Pubertätszeit, in dem mir
alles durch die „Finger zu rinnen” schien – es gab nichts mehr, wo
ich mich hätte festhalten können! Nicht in der Familie, nicht bei
Freunden, und schon gar nicht in meinem Glauben …
In dieser schweren Lebenskrise, im Alter von 16 Jahren, fuhr ich
das erste Mal nach Medjugorje. Tief beeindruckt kam ich nach Hau-
se zurück, aber es mussten noch einmal zwei Jahre vergehen, bis
die tiefen Erlebnisse auch ihre Früchte zeigten. Eine weitere Reise
an diesen großen Gnadenort in der Karwoche 1987, gemeinsam mit
50 anderen Jugendlichen, sollte ein tiefes Wendeerlebnis bringen.
Bewegt von dem, was wir in Medjugorje erleben durften, kamen
wir nach Österreich zurück. In unseren Herzen brannte die Sehn-
sucht irgendetwas zu beginnen, zu verändern, zu bewegen … Aber
wie sollte das passieren? Wo anfangen? Was machen? Wir waren ja
alle noch so jung, niemand von uns hatte irgendeine theologische
Ausbildung oder beherrschte ein Musikinstrument …
Im Alter von
16 Jahren fuhr
ich das erste Mal
nach Medjugorje.
Tief beeindruckt
kam ich nach
Hause zurück …
Die enstehung Der Loretto Bewegung 63
Der Dienstag-Abend und die Wurstbrote„Gründet Gebetskreise!” – diese Botschaft der Muttergottes1 ließ
mich damals nicht mehr los! Und so war es dann in der ersten Okto-
berwoche 1987 soweit … Wir begannen mit einem kleinen Gebets-
kreis, bestehend aus drei Jugendlichen. Fast heimlich trafen wir
uns in einer kleinen Wohnung in Wien, beteten den Rosenkranz, er-
freuten uns an selbstgemachten Wurstbroten und träumten von den
unvergesslichen Tagen in Medjugorje. Treu kamen wir zusammen,
Woche für Woche. Ein Vierter und eine Fünfte gesellten sich dazu,
und so wuchs unsere kleine Gruppe langsam an! Kein Monat verging
ohne ein Wochenende in Medjugorje! Alle Strapazen, Müdigkeiten
und Herausforderungen nahmen wir auf uns, um immer wieder zur
Gospa zu pilgern! Und immer war es unser großes Anliegen, dass
zumindest einer dabei war, der die Liebe Gottes noch nicht erkannt
hatte. Mit großem Eifer fasteten wir zweimal in der Woche, immer
für einen anderen „unbekehrten Kandidaten”, der als Nächster für
eine Medjugorjereise gewonnen werden sollte. Und jedes Mal war
ein „Neuer” dabei – und jedes Mal, wirklich jedes Mal, kam dieser
Neue als „Frischbekehrter” zurück!
Die Erfahrung des Heiligen GeistesNach dieser Zeit gab es erste Kontakte mit der Charismatischen Er-
neuerung. Unsere kleine Gruppe besuchte Seminare und Jugend-
kongresse. Wir lernten nun den Heiligen Geist näher kennen. Wir
1 Die Botschaften aus Medjugorje sind Privatoffenbarungen. Sie sind nicht dazu
da, die endgültige Offenbarung Christi zu „vervollkommnen” oder zu „vervoll-
ständigen”, sondern sollen helfen, in einem bestimmten Zeitalter tiefer aus ihr
zu leben (KKK 67). Genau dies habe ich und viele von uns erfahren. Die Kirche hat
noch nicht entschieden, ob diese Botschaften übernatürlich sind. Wir werden
uns zum gegebenen Zeitpunkt der kirchlichen Entscheidung anschließen.
In unseren
Herzen brannte
die Sehnsucht,
irgendetwas zu
beginnen , zu
verändern, zu
bewegen …
Aber wie sollte
das passieren?
64 Die enstehung Der Loretto Bewegung
begannen neben dem Rosenkranz auch mit freiem Gebet und Gebet
füreinander. Ebenso hielt der Lobpreis und die Anbetung mit Lie-
dern und Gesängen Einzug in unseren Gebetstreffen.
Mit unserem verstärkten Fokus auf den Heiligen Geist kam
große Spannung in unsere Gebetsabende. Vieles war nicht mehr zu
berechnen. Die ersten Gebetsgruppenmitglieder setzten eine be-
wusste Entscheidung für Jesus und empfingen Gaben des Heiligen
Geistes wie Sprachengebet, Gabe der Prophetie oder Worte der Er-
kenntnis. Vieles war geprägt von einem gesunden Chaos. Denn al-
les war für uns neu. Immer wieder erlebten wir erstaunliche Dinge,
Leute gaben Zeugnis, wie sehr sie berührt wurden und wie sie ver-
suchten, ihr Leben neu auszurichten. Unsere Herzen brannten …
Täglich traf sich ein guter Teil unseres kleinen Gebetskreises zur
Frühmesse bei den Kapuzinern in Wien. Vor der Hl. Messe beteten
wir schon einen Rosenkranz, danach gleich noch einen, dann ein
kurzes gemeinsames Frühstück in einem Kaffeehaus und dann ab
in die Arbeit, auf die Uni, in die Schule.
Täglich telefonierten wir, um einander von den Wundern zu er-
zählen, die der Herr in diesem und jenem Leben vollbrachte. Und
dann war wieder Dienstag-Abend – Gebetskreis! Viele kamen treu
und voller Freude. Mit Begeisterung wurde gebetet, die Freude wur-
de immer größer und die Wohnung zu klein. In diesem Gnadenstrom
wuchs unsere Gruppe in den beiden ersten Jahren auf 50 Jugendli-
che an!
Der Ruf in den StephansdomWir lernten andere Gruppen und Gemeinschaften kennen, mit de-
nen wir in engere Verbindung traten. Unsere Sehnsucht wuchs
immer stärker, ”Neues” kennen zu lernen, und so organisierten
wir verschiedene Wallfahrten, Einkehrwochenenden, Visionstage,
Wir beteten den
Rosenkranz;
sangen (damals
noch) zaghaft
Lobpreislieder.
Täglich
telefonierten wir,
um einander von
den Wundern zu
erzählen.
Die enstehung Der Loretto Bewegung 65
Skievangelisa tionen, Straßeneinsätze, etc. Dadurch erweiterte
sich unser Horizont gewaltig. Wir sahen, dass Gottes mächtiges
Wirken nicht auf wenige Gruppen oder Orte beschränkt ist – eine
wichtige ,Erfahrung!
Ein entscheidendes Datum für unsere Gruppe war der 1. Mai
1990. An einem Einkehrwochenende in einer Hütte am Obertau-
ern in den Salzburger Bergen durften wir in einer bis damals noch
nicht erlebten Weise den Heiligen Geist erfahren. Gott sprach sehr
klar zu uns. Er bat uns nach St. Stephan (Wien) zu übersiedeln, um
„dort für einen neuen Aufbruch und eine Erweckung” zu beten. Wir
wussten nicht, wie dies geschehen sollte, denn wir kannten so gut
wie niemanden in St. Stephan. Wenige Wochen später bat uns dann
Kardinal Groer „zufällig” in „seinen” Dom zu kommen und unsere
Treffen in Zukunft dort abzuhalten. So übersiedelten wir im Herbst
1990 in den Wiener Stephansdom.
Gleichzeitig erfuhren wir von einem Jugendgebetskreis in Möd-
ling, dass dessen Mitglieder an einer 18-monatigen ”Jüngerschafts-
schule” teilnahmen. Die Sehnsucht nach so einer Schulung wuchs
auch in unserer Gruppe, da wir geistlich an einem Punkt angelangt
waren, wo wir Leiter kaum noch etwas weitergeben konnten; aber
der Hunger nach mehr nahm auch in unserer Gruppe stetig zu.
Nach einer längeren Zeit des Gebetes und der Überlegung ent-
schieden wir uns für das „JAS” (Jüngerschaftsaufbauseminar von
„Jugend mit einer Mission”). 35 Leute unserer Gruppe nahmen an
dieser 18-monatigen Schulung teil. Die Früchte waren und sind
überwältigend. Nach dem Motto ”Learning by Doing” konnten wir
die verschiedenen Vorträge und Seminareinheiten, beispielsweise
über Evangelisation, Gebet, Gemeinschaftsaufbau, Vergebung, Er-
mahnen und Ermutigen, Umgang mit anderen, Hören auf die Stim-
me Gottes, Vision etc. gleich in die Praxis umsetzen.
Wir sahen, dass
Gottes mächtiges
Wirken nicht auf
wenige Gruppen
oder Orte
beschränkt ist.
66 Die enstehung Der Loretto Bewegung
Nach dieser Ausbildung wuchs unsere Gruppe weiter stark an.
Neben unserem Gebetskreis in Wien entstanden im Laufe der letz-
ten Jahre in den meisten anderen Bundesländern Österreichs ver-
schiedene Loretto-Gebetskreise, zu denen regelmäßig mehrere
Hundert Jugendliche kommen.
Feuerherde Seiner LiebeWenn wir zurückschauen auf diese vergangenen 15 Jahre, dann
können wir nur voll Dankbarkeit und Ehrfurcht staunen, was der
Herr aus dieser kleinen Anfangsschar gemacht hat! Hunderte von
Jugendlichen treffen sich heute regelmäßig zum gemeinsamen
Gebet, Tausende von jungen Menschen konnten auf diversen Kon-
gressen, Wallfahrten oder Evangelisationen mit der wunderbaren
Botschaft Jesu vertraut gemacht werden, an die 40 jungen Men-
schen fanden in unseren Gebetskreisen ihren Ruf zu einem zö-
libatären Leben in der Kirche, eine Riesenschar von Ehepaaren
wuchs in den letzten Jahren aus der Loretto Gruppe heraus … gott
ist am Wirken, und wir dürfen ein kleines, bescheidenes Werkzeug
in seiner Kirche sein!
Wir haben aber noch lange keinen Grund uns zurückzulehnen.
Die Not unserer Zeit ist einfach zu offensichtlich: Viele (vor allem
junge Menschen) haben einen unendlichen Durst nach Liebe, nach
einem erfüllten Leben, nach Sinn und Perspektive. Wo aber suchen
sie? Sie fragen sich, „wie mein Nightlife ist, wie mein Outfit rüber-
kommt, wie gut mein Sexleben ist, wie trendy meine Drogen sind,
wie meine Sterne stehen, meine Steine wirken, wie ich meine Ge-
sundheit aufpowern kann, wie ich mein Ego durchsetzen kann, wie
ich mein Gehalt verdreifachen kann etc.” All das wird aber diesen
unendlichen Durst des Herzen nach Liebe nie ausfüllen können.
Die enstehung Der Loretto Bewegung 67
Die einzige Quelle, die diesen Durst wirklich stillen kann, ist
der dreifaltige Gott, der Vater, der Sohn und der Hl. Geist. ER ruft
uns beim Namen, ER spricht uns an und wir können antworten, wir
können DU zu dem sagen, der die Liebe ist – zum dem, der unsere
Herzen mit Liebe und Gnade zum Überlaufen bringt.
Als Loretto Bewegung wollen wir „Orte des Lichtes” sein, wo
man Jesus Christus mit DU ansprechen kann. Wo man sich ihm an-
vertrauen kann und er in uns selbst – wie im Haus von Nazareth
– groß werden kann. Damit er durch uns in die Welt hinein wirken
kann, zum Heil der Menschen und zur größeren Ehre Gottes.
In Medjugorje erlebten einige von uns vor gut 15 Jahren, was
wir heute sein wollen. Ein Ort des Gebetes, des Lichtes, der Gemein-
schaft und der Hoffnung. Wenn Menschen zu uns kommen, sollten
sie gemeinsam mit dem Propheten Sacharja sagen können: „Wir
wollen mit Euch gehen, denn wir haben gehört: Gott ist mit Euch!”
(Sach 8,23b)
Kein Grund uns
zurückzulehnen.
Die Not unser Zeit
ist einfach zu
offensichtlich.
68 HausgemeinscHaft teil 1
Hausgemeinschaft Teil 1dr. MaxiMilian oettinGen
Gemäß unserem Statutenentwurf hat unsere kleine Gemeinschaft
zwei Ziele: 1. Wir helfen einander auf dem Weg in den Himmel. 2.
Wir wirken apostolisch/missionarisch, insofern als wir „Räume
schaffen“, in denen Menschen dem lebendigen Gott begegnen – auf
dass es Pfingsten werde! Dieses Close Up hat die Hausgemeinschaf-
ten zum Inhalt. Sie sind ein zentraler „Ort“, an dem wir uns gegen-
seitig in den Himmel helfen. Werden wir konkret!
„Wenn ihr zusammenkommt, trage jeder etwas bei!“ (1 Kor 14, 26).
Das gilt gerade für unsere Hausgemeinschaften (hgs). Was passiert
eigentlich, wenn keiner von uns zu einer hg kommt? Genau, nichts.
Wenn wir aber zusammenkommen, ist Jesus in unserer Mitte („Wo
zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten un-
ter ihnen“ Mt 18,20). Und wenn Jesus da ist, möchte Er sein Licht, sei-
ne Weisung schenken. Wie? Interessanterweise durch die anderen.
Vielleicht gerade durch die, die mir auf den ersten Blick wirklich
unsympatisch sind … Wir sind einander geschenkt, um an einander
zu wachsen, um einander das Licht des Hl. Geistes zu schenken!
Und wie geht eine hg praktisch? Der Leiter der hg initiiert und
fixiert in Absprache mit den vier bis acht anderen die Termine. Nach
Möglichkeit werden schon einige Termine im Voraus festgelegt. Das
ist einfach klüger. Man trifft sich dann pünktlich zum festgelegten
Termin, meist abends im privaten Rahmen, zumindest einmal im
Monat. Auch wenn nicht alle können, man trifft sich zum festge-
legten Termin. Und dann? Dann wird gebetet. Es empfiehlt sich
zwei, drei Gesätze vom Rosenkranz zu beten; zwei, drei Lobpreis-
lieder zu singen und dann auch frei zu beten. Die Form des Gebets
„Wenn ihr zusam-
menkommt,
trage jeder etwas
bei!“1 Kor 14, 26
HausgemeinscHaft teil 1 69
kann freilich variieren. Wichtig ist aber, dass man echt zu beten
beginnt; und, dass das Gebet einfach ist und von Herzen kommt.
Dieser Gebetsteil dauert in der Regel ca. 30 min.
Danach nehmen wir das Wort Gottes in unsere Mitte. Einer liest
das Evangelium vom kommenden Sonntag laut vor. Die anderen le-
sen still mit und hören zu, nehmen das Wort also betrachtend in ihr
Herz auf. Dann empfiehlt es sich, dass jeder das Wort oder die Worte
ausspricht, die ihn angesprochen haben. Das klingt dann so: der
eine sagt z.B. „Kommt zu mir“, der nächste sagt „eine große Men-
schenmenge“, der dritte sagt „in jener Zeit“ usw. So entsteht eine
„Atmosphäre des Wortes Gottes“. Jesus „liegt förmlich in der Luft“.
In diesem Klima kann dann jeder sagen, ganz kurz, in einfachen
und (sehr wichtig!) persönlichen Worten, warum ihn dieses oder
jenes Wort anspricht. Das klingt dann z.B. so: „Die Worte „An den
Füßen nur Sandalen“ sprechen mich an, weil ich eine Tendenz habe
eitel zu sein und ich herausgefordert bin, diese Eitelkeit abzule-
gen.“ Fertig. Mehr braucht es nicht. Diese Aussage sollte dann auch
nicht von den anderen kommentiert werden. Sondern: Die anderen
sind ihrerseits herausgefordert das Wort auszusprechen, das sie be-
sonders trifft. Dieser Teil dauert in der Regel ca. 45 min.
Schließlich kommt der „persönliche Austausch“. Ein hartes,
aber wichtiges Stück Arbeit! Wir bleiben in einer Atmosphäre des
Gebets, und der hg-Leiter kann beispielsweise eine Frage in den
Raum stellen (die er schon im Gebet tagsüber vor Gott getragen
hat). Und wir sind herausgefordert auf diese Frage zu antworten. So
eine Frage könnte sein: „Wie hat Gott mich in den letzten zwei, drei
Wochen konkret angesprochen? Und: was sagt er mir?“ Oder: „In wel-
chem Lebensbereich fordert Gott mich heraus umzukehren?“ Antwor-
ten auf solche Fragen sind natürlich herausfordernd, richtig! Aber:
70 HausgemeinscHaft teil 1
auf diese Weise bekennen wir voreinander, dass Jesus in unserem
Leben wirkt. Können wir einander mehr schenken als genau dieses
Zeugnis? Der persönliche Austausch dauert in der Regel ca. 45 min.
Und wenn keiner etwas sagt? Dann fang Du an! Gib etwas von
deinem Herzen her (dann tun sich die anderen auch leichter)! Be-
kenne, wie Gott in deinem Leben gegenwärtig ist, in einfachen und
persönlichen Worten.
Danach kann man einfach gemütlich tratschen und eine Klei-
nigkeit essen! Die besten Tipps und Infos dazu findet ihr bei den
„gemütlichsten Tratschern“ eurer Umgebung ;-)
HausgemeinscHaft teil 2 71
Hausgemeinschaft Teil 2dr. MaxiMilian oettinGen
Ort des Glaubens und des ZuspruchsWir verdichten uns nach innen, um nach außen hin fruchtbarer zu
werden! Das ist ein wichtiger Slogan seit 2004. Ein interner Slogan.
Offen gestanden klingt er ein bisschen sperrig. Aber: er war für da-
mals sehr aussagekräftig. Warum?
Durch die Hände von Georg hat die Muttergottes Loretto 1987
gegründet. Und zwar als Gebetskreis. Fast hätte ich „Taubenschlag“
geschrieben. Denn unsere Gebetskreise haben wirklich etwas von
einem Taubenschlag! Es gibt immer „ein Kommen und Gehen“. Die
Türen sind offen! Und es kommen auch eine Menge von Menschen
angeflattert …
Um 2004 wurden uns zwei Sachen klar: Die vielen Gebetskreise
brauchen ein stabiles Fundament. Und: Wir, die wir nicht wieder
wegflattern, sondern bei Loretto bleiben – irgendwie sind wir ei-
nander von Gott geschenkt. Daher fingen wir an uns als Gemein-
schaft zu verstehen. Als Gemeinschaft, die (a) Apostolate (z.B.
Gebetskreise) trägt, und in der (b) Menschen sich auf dem Weg in
den Himmel begleiten. Seit dieser Zeit gibt es Gemeinschaftstref-
fen und -Versprechen, das Postulat, Schutzengel, Statutenentwür-
fe und Statuten – und eben Hausgemeinschaften (hgs). Viele hgs
laufen gut. Manche laufen nicht so gut. Daher wollen wir sie wieder
neu in den Blick nehmen. Worum geht’s?
Äußerlich ist alles klar. Oder? In unseren Statuten, Nummer 16,1
steht u.a.: Eine Hausgemeinschaft dient dem gemeinsamen Gebet und
dem gemeinsamen Gespräch. 2012, in einem Close Up, hielten wir
fest: Eine hg besteht aus gemeinsamem Gebet, Bibelteilen und per-
So stärken wir
uns gegenseitig
in unserer
Sendung.
72 HausgemeinscHaft teil 2
sönlichem Austausch. Und viele merken, dass das Gebet in einer hg
sehr wichtig und sehr gut ist; dass das eigene Herz durch das Wort
Gottes angesprochen wird. Aber beim persönlichen Austausch da
„hängt“ es immer wieder. Warum?
Meine Vermutung ist, weil uns noch nicht wirklich klar ist, dass
wir einander von Gott geschenkt sind, um uns gegenseitig im Glau-
ben und in unserer Sendung zu stärken. Was meine ich? Bei KKK 537
steht: Durch die Taufe wird der Christ sakramental Jesus gleichgestaltet
… Der Christ muss in dieses Mysterium demütiger Selbsterniedrigung
und Buße eintreten, mit Jesus in das Wasser hin absteigen, um mit ihm
wieder emporzusteigen. Er muss aus dem Wasser und dem Geist wie-
dergeboren werden, um im Sohn selbst zu einem geliebten Sohn des
Vaters zu werden und „in einem neuen Leben zu wandeln“ (Röm 6, 4).
Die Taufe des Herrn hat drei Elemente (vgl. Mt 3,13–17): Der Abstieg
in das Wasser, die Herabkunft des Hl. Geistes und die Zusage des
Vaters. Und meines Erachtens ist die hg genau der Ort, an dem wir
uns unserem persönlichen „Abstieg“ stellen; an dem wir (neu) den
Hl. Geist empfangen; und, an dem wir einander den Blick des Vaters
schenken. Das hat natürlich sehr viele Facetten. Zwei möchte ich
nennen:
(1) In welches „Wasser“ musst Du im Moment absteigen? Wo
musst Du in Deinem Leben Gott gehorchen? Genau das kann ein
Thema für den persönlichen Austausch sein. Und wenn Du das Dei-
nen Geschwistern in der hg mitteilst, spornst Du sie wiederum an,
selbst einen Akt des Glaubens zu setzen; sich selbst auf den Willen
des Vaters einzulassen. So stärken wir uns im Glauben.
(2) Über die letzten Jahre habe ich viel Zuspruch von Euch er-
halten. Ihr habt ihn ausgesprochen. Und oft habe ich darin einen
Zuspruch von Gott Vater gehört; oft habe ich darin meine eigene
Identität von Gott her erahnt. Leute, danke! Wir alle brauchen die-
HausgemeinscHaft teil 2 73
sen Zuspruch des Vaters. Und es ist interessant: Jesus erhält diesen
Zuspruch des Vaters (vgl. Mt 3, 17) nachdem er ins Wasser hinabstieg.
Und: seine eigene Sendung wiederum beginnt erst nach Mt 3,17. Für
uns und unsere hgs heißt das: Wenn wir voreinander bekennen, in
welches „Wasser“ wir absteigen müssen, dann kann sich der Himmel
öffnen; dann kann uns Gott Seinen Blick im Zuspruch der Geschwi-
ster schenken. So stärken wir uns gegenseitig in unserer Sendung.
74 HausgemeinscHaft teil 3
Hausgemeinschaft Teil 3dr. Gerhard Viehhauser
In der hg sind wir gefordert im Zuhören und in der Art der Mittei-
lung für die anderen. hg ist somit auch eine Schule des Zuhörens
und der rechten Mitteilung. Hier braucht es die Unterscheidung.
Wir brauchen sie immer, um die feinen Nuancen zu hören und auch
mitzuteilen. Die Grobheiten und sonnenklaren Angelegenheiten
brauchen keine Unterscheidung der Geister. Dafür haben wir
schlicht die Gebote Gottes.
Was teilen wir nun einander in der HG mit und was teilen wir in der HG nicht mit?
In der Gemeinschaft soll mitgeteilt werden, was die Gemeinschaft
stärkt. Hier gibt es keine andere Regel als die eine, die Paulus „die
Auferbauung der Kirche“ nennt: Strebt nach dem, was die Gemein-
schaft [Kirche] auferbaut (vgl. 1 Kor 14,12). Was zur Auferbauung dient,
soll gesagt werden. Was dient der Auferbauung? Eine persönliche
Mitteilung aus der Erfahrung kann stärken. Sie kann ein Zeugnis
des Glaubens sein oder auch einfach das, was mich bewegt, kann
andere in der Geschwisterlichkeit stärken und schulen. Das stärkt
deshalb, weil die anderen in ihrer eigenen Erfahrung gestärkt wer-
den und manchmal auch getröstet: da bin ich nicht allein, es geht
auch anderen wie mir.
Strebt nach dem,
was die Gemein-
schaft [Kirche]
auferbaut.vgl. 1 Kor 14,12
HausgemeinscHaft teil 3 75
Wir sind bei der persönlichen Mitteilung immer sehr nahe am „Forum Internum“
Forum Internum ist ein Fachausdruck für alle Belange der Seele, die
höchst vertraulich behandelt werden müssen. Der Beichtvater be-
wegt sich im Forum Internum. Das heißt, er hat absolute Schwei-
gepflicht. Da sich in der hg manches sehr nahe am Forum Internum
bewegt, ist natürlich Schweigepflicht für alle Beteiligten angesagt.
Das heißt, es wird nichts nach außen getragen, was in der hg be-
sprochen wird.
Was ist in einer HG angebracht?
Das, was die Hausgemeinschaft und/oder den Einzelnen in der
Hausgemeinschaft auferbaut. Und dann? Kann man darauf antwor-
ten? Wenn jemand, zum Beispiel, etwas von seinem Herzen preis-
gibt, ist eine Antwort möglich – wenn sie auferbaut. Und was ist mit
Eindrücken und Bildern?
Wenn jemand im Gebet oder im Austausch einen Eindruck, ein
Wort aus der Schrift oder ein Bild hat, möge er es aussprechen –
wenn es der Auferbauung dient.
Was soll in einer HG nicht gesagt werden?
Alles, was nicht in den Rahmen der hg passt. Dh: Alles, was nicht der
Auferbauung der Gemeinschaft oder des Einzelnen dient. Das muss
jeder und jede selber erspüren. hg ist kein Ort der Beichte und kein
Ort der geistl. Begleitung. Sie liegt aber durch das Vertrauen sehr
nahe an der Beichte und an der geistl. Begleitung.
76 HausgemeinscHaft teil 3
Wie teile ich mich selber mit?
Authentisch und mit offenem Herzen. Ich muss mich nicht ganz
entblößen, dennoch braucht es Mitteilung aus dem Herzen. „Cor ad
cor loquitur“ – nur „das Herz spricht zum Herzen“, der Mund hat gut
reden und bewirkt oft gar nichts.
Soll ich in die HG gehen?
Ja, jedes Mitglied der Loretto Gemeinschaft soll in eine hg gehen.
Dieses Sollen bleibt. hg ist ein Ort der Konkretisierung der Loretto
Gemeinschaft. Da hat jedes Mitglied eine „Mitverantwortung“, die
nicht durch Trägheit getrübt werden darf.
HausgemeinscHaft teil 4 77
Hausgemeinschaft Teil 4
Ganz praktisch• Fixierung der Termine. Am besten immer zwei, drei Termine im
voraus. Alle zwei bis vier Wochen. Die hg sollte höchste Priorität
haben. Dauer 120 min.
• Gastgeber. Wo findet die hg statt? Bei wem? Immer bei derselben
Person? Oder rotierend?
• Leiter. Es gibt pro hg einen Leiter. Der Leiter betet für seine hg!
Gibt ein wenig den roten Faden vor. Er beginnt, moderiert, er-
mutigt, ermahnt, koordiniert die neuen Termine, endet.
• Agape. Wer ist dafür verantwortlich? Rotierend? Das richtige
Maß in der hg finden, was die Agape betrifft. Nur Chips oder
auch feierlicher – alles ist erlaubt, wenn es „passt“.
• Pünktlichkeit. Am besten man beginnt überpünktlich – egal
wieviele da sind, somit lernen alle in Hinkunft rechtzeitig zu
kommen. Falls sich jemand verspätet, gibt er eine kurze Info an
den Leiter.
• „Offline“ für die 120 min der hg. Also kein Handy, Tablet oder
Laptop – ausser Evangelium und Terminkalender.
• Dabei sein und Einbringen mit ganzem Herzen – in echter Of-
fenheit und all deiner Verletzlichkeit.
• Ziel: Stärkung für den Alltag.
• Aufbau: Gebet (Lobpreis oder freies Gebet oder Teile des Rosen-
kranzes), dann Bibelteilen, dann persönlicher Austausch, dann
gemütlicher Teil. Gebet und Bibelteilen sollen maximal eine
Stunde dauern, damit genug Zeit für den persönlichen Aus-
tausch bleibt.
Als mein Nachbar
vor acht Jahren
eine Katze
kaufte …
78 HausgemeinscHaft teil 4
Do’s und Don’ts in der Hausgemeinschaft
Do’s:
• Verlässlichkeit und Verfügbarkeit: Ich nehme die Hausge-
meinschaft wichtig und komme pünktlich. Ich bin für meine
Geschwister da, wenn sie mich brauchen.
• Spiritualität: Ich öffne Jesus Christus mein Herz, und ich ver-
traue darauf, dass mit Gott nichts unmöglich ist.
• Authentizität: Ich bin so wie ich bin. Mit meinen Stärken und
mit meiner Verletzlichkeit. Ohne Masken, ohne Vorbehalte.
• Ehrlichkeit: Ich bin ehrlich zu den anderen. Ich spreche meine
Wahrheit aus.
• Initiative: Ich öffne mein Herz im Austausch. Ich mache wenn
nötig den ersten Schritt.
• Vertraulichkeit: Ich halte Stillschweigen über alles, was mir in
der Hausgemeinschaft anvertraut wird.
Don’ts:
• Ratschläge: „Du müsstest es so machen …“ Ich gebe nur dann
Ratschläge, wenn ich danach gefragt werde.
• Predigen: „Die Kirche sagt: …“ Ich halte keine „Predigten“ und
„rede nicht theologisch daher“, da ich auf diese Weise unpersön-
lich werde bzw., da auf diese Weise andere nicht mehr zu Wort
kommen.
• Verallgemeinerungen: „Da geht es sicher vielen so.“ Oder: „Das tut
man nicht!“; „Das tut man doch!“ Ich spreche von mir, in Ich-Bot-
schaften, zum Beispiel: „Mir geht es so …“
• Abschweifen: „Als mein Nachbar vor acht Jahren eine Katze kaufte
…“
HausgemeinscHaft teil 4 79
• Ich binde nicht die Aufmerksamkeit mit Anekdoten, die für we-
der mein Leben, noch das der anderen relevant ist.
• Kritisieren: „Du bringst dich nicht genug ein!“
• Ich beschreibe besser, wie es mir dabei geht, wie ich mich dabei
fühle, wenn sich jemand wenig einzubringen scheint.
• Beurteilen: „Das war wirklich falsch, du solltest dich schämen.“
• Ich be- und verurteile niemanden.
80 Charisma!
Charisma!dr. MaxiMilian oettinGen
Es gibt unter „Charismatikern“ einen alten, aber sehr pointierten
Witz: Wir befinden uns in der englisch-sprachigen Welt, bei einer
„charismatischen“ Gebetsversammlung. Es gab gerade eine aus-
gedehnte Lobpreiszeit. Jetzt ist Pause. Eigentlich gibt es Café. Er
steht auch schon bereit. Aber alle verharren noch vom Hl. Geist er-
griffen im Gebet. Einer der Helfer möchte beginnen Café in die be-
reitstehenden Tassen auszuschenken. Aber er weiß nicht, wie viele
Tassen angefüllt werden sollen. Es kommt ja keiner zum Cafétisch.
Kurzentschlossen stellt sich der Helfer vor die Versammlung hin
und sagt laut: „Anyone for coffee? Hands down, please!“
Warum nennen wir eigentlich unsere Gebetskreise und viele
unserer Apostolate „charismatisch“? Warum nennen wir unsere Ge-
meinschaft „charismatisch“? Weil wir beim Gebet und im Lobpreis
gelegentlich die Hände in die Höhe halten?
P. Raniero Cantalamessa (Prediger des Päpstlichen Hauses)
schreibt in seinem Buch Komm, Schöpfer Geist, dass in der Bibel
„zwei verschiedene Handlungsweisen und Arten der Selbstoffenba-
rung des Geistes Gottes“ erscheinen (ebd., 1999, S. 83). Die erste Linie
nennt Cantalamessa „charismatisch“, die zweite „heiligend“. Er
sagt: „Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Handlungs-
weisen liegt darin, dass im ersten Fall die Wirkung des Geistes über
die Person geschieht, die sie emfängt, ohne dass sie jedoch in ihr ver-
bleibt; sie zielt also nicht so sehr auf die Besserung jener Person ab,
als vielmehr auf das Wohl der ganzen Gemeinschaft … Im zweiten Fall
hingegen verbleibt die Wirkung des Geistes in der Person, die sie emp-
fängt, und erneuert und verwandelt sie innerlich … Paulus bildet die
Warum nennen
wir unsere
Gemeinschaft
„charismatisch“?
Charisma! 81
Synthese aus diesen beiden Handlungsweisen des Geistes, indem er
nacheinander zuerst von den Charismen und dann von der Liebe spricht
(vgl. 1 Kor 12 – 14).“ (ebd., S. 84)
Schauen wir auf die Charismen, also auf die „erste Linie“: Cha-
rismen sind besondere Gnadengaben, die uns der Auferstandene
Herr zum Aufbau seiner Kirche, seines Reiches anvertraut. Sie sind
seine Antworten auf Nöte der Zeit. Und er gibt sie uns in die Hand,
damit wir sie (von uns weg!) fließen lassen. Charismen sind also
wie Salz, die dem Abgestandenen die notwendige Würze verleihen
und erneuern. Diese Wirkung wird freilich erst entfaltet, wenn das
Salz gestreut wird. Denkt an einen Gebetskreis. Wenn alle warten,
bis sie „persönlich auftanken“ können, wenn also alle ihr „Salz“
für sich behalten – dann „sumpert“ der Gebetskreis vor sich hin.
Er „schmeckt“ nach abgestandenem Wasser. Wenn hingegen einige
beginnen „voranzugehen“ (im Lobpreis, im Gebet, in der Kateche-
se), wenn sie also ihr „Salz hergeben und streuen“, dann beginnt
der Gebetkreis zu leuchten. Dann werden die Charismen erfahrbar.
Das „frische Wasser“ des Hl. Geistes wird gegenwärtig. Deswegen
sagt der hl. Paulus: „Wenn ihr zusammenkommt, trage jeder etwas
bei!“ (1 Kor 14, 26). Warum nennen wir uns also charismatisch? Weil
wir das, was wir von Gott empfangen haben, den anderen zu Gute
kommen lassen wollen; damit unsere Versammlungen (unsere
Hausgemeinschaften, Gemeinschaftstreffen, Apostolate) im Hl.
Geist erstrahlen.
Charismen sind natürlich ganz verschieden – manche leuchten
richtig (sind also eher „pfingstlich“), manche sind schlicht (betref-
fen also eher das jeweilige „Nazareth“). Manche Charismen bezie-
hen sich auf den eigenen Lebensstand, manche auf die Leitung von
„Gemeinden“, manche auf die Verkündigung Jesu. Manche haben
eher das Thema der Unterscheidung zum Gegenstand, manche eher
82 Charisma!
den Dienst am Nächsten. Das Grundlegende dabei ist: die eigene
Bereitschaft zum Dienen. Denkt an Maria bei der Verkündigung in
Nazareth. Sie sagte zum Engel: „Ich bin die Magd des Herrn, mir ge-
schehe wie Du es gesagt hast“ (Lk 1, 38). Sie wurde zur Trägerin des
größten Charismas. Sie hat der Welt den Erlöser schenkt.
„Nazareth“ und „Pfingsten“ klangen gerade schon ein bisschen
an. Loretto steht für beides. Für die Heiligung des Alltages in der
stillen Gegenwart Gottes sowie für das Schaffen von „pfingstlichen
Räumen“, in denen Menschen dem lebendigen Gott begegnen. Ma-
ria war bei beiden Ereignissen. Das, was sich in der Verborgenheit
von Nazareth ereignete, hat sich „vervielfältigt“, „flog“ zu Pfing-
sten gewissermaßen – wie das Haus von Nazareth nach Loreto – hi-
naus in die Welt. Maria ist so unser „spiritueller Schlüssel“. Auch
unsere Lehrmeisterin im Umgang mit den Charismen. Lassen wir
uns von ihr inspirieren, von der großen Frau, mit der Sonne beklei-
det und dem Mond unter ihren Füßen!
Der Zehent 83
Der ZehentMaG. christian berGhaMMer
Der Zehent ist der Dank an Gott für die Gaben, die er uns schenkt.
Es ist das erste Zehntel aller Einkünfte (und nicht das letzte!), das
Gott zur Verfügung gestellt wird, damit sein Reich auferbaut wer-
den möge.
Die erste in der Bibel erwähnte Zehentgabe übergibt Abraham
freiwillig dem Priesterkönig Melchisedek (Gen 14,20). Im Buch Levi-
tikus wird dem Volk schließlich das Gebot gegeben: „Jeder Zehnte
des Landes, der vom Ertrag des Landes oder von den Baumfrüchten ab-
zuziehen ist, gehört dem Herrn; es ist etwas Heiliges für den Herrn.“
(Lev 27,30). Ähnlich wird das Gebot detailliert im Buch Deuteronomi-
um ausgeführt, hier wird auch Geld als Ersatzleistung für Naturalien
erwähnt (Dtn 14,22-29). Der Zehent war im Alten Testament besonders
für den Gottesdienst und für die Leviten, die für diesen zuständig
waren, bestimmt. Der zweite Fokus waren „Fremde, Waisen und Wit-
wen“, also die Armen und sozial Schwächeren der damaligen Gesell-
schaft (Dtn 14, 28-29 u. 26,12-15). In Maleachi 3,10 formuliert der Prophet
die Verheißung, die mit dem Geben des Zehents einhergeht: „Bringt
den ganzen Zehnten ins Vorratshaus, damit in meinem Haus Nahrung
vorhanden ist. Ja, stellt mich auf die Probe damit, spricht der Herr der
Heere, und wartet, ob ich euch dann nicht die Schleusen des Himmels
öffne und Segen im Übermaß auf euch herabschütte.“
Jesus erwähnt den Zehent in einem Wort gegen die Schriftge-
lehrten und Pharisäer, in dem er nicht den Zehent kritisiert, son-
dern die verkehrte Herzenshaltung des Gebers (Mt 23,23 par. Lk 18,12).
Ja, stellt
mich auf die
Probe damit,
spricht der Herr
der Heere, und
wartet, ob ich
euch dann nicht
die Schleusen
des Himmels
öffne und Segen
im Übermaß
auf euch
herabschütte.Maleachi 3,10
84 Der Zehent
Paulus betont die Freiwilligkeit des Gebens: „Jeder gebe, wie er es
sich in seinem Herzen vorgenommen hat, nicht verdrossen und nicht
unter Zwang; denn Gott liebt einen fröhlichen Geber.“ (2Kor 9,7).
In den ersten Jahrhunderten des Christentums hatte der Zehent
weiterhin Bedeutung, auch Kirchenväter nehmen auf ihn Bezug.
Im Mittelalter entwickelte sich der Zehent zu einer Pflichtabgabe
für die Kirche, die erst im 18.–19. Jahrhundert wieder abgeschafft
wurde. In freikirchlichen Gemeinden gibt es die Gepflogenheit 10%
oder sogar 20% des Einkommens an die jeweilige Gemeinde abzuge-
ben, und auch Teile der katholischen Kirche erfahren eine Rückbe-
sinnung auf das biblische Gebot des Zehents (neben dem Kirchen-
beitrag wie in Österreich oder Deutschland).
Warum den Zehent geben?• Geld ist eine Lebensressource, wie viele andere Gaben, die ich
von Gott geschenkt bekomme. Wenn ich meine Gaben und Res-
sourcen (etwa Zeit und Engagement) für das Reich Gottes auf-
wende, warum sollte ich dann das Geld ausklammern. In Wirk-
lichkeit enthalte ich Gott etwas vor, was ihm gebührt.
• Mein Leben ganz Gott anzuvertrauen bedeutet auch meine Fi-
nanzen Gott anzuvertrauen. Das Geld ist oft das letzte, was ich
selbst bestimmen möchte. Wenn Gott wirklich für mich sorgt,
dann wird mir das Zehentgeld nicht abgehen. Im Gegenteil, Gott
wird mich noch reicher beschenken. Das zu glauben und auch in
diesem Punkt auf Gott zu vertrauen, ist eine Herausforderung.
• Wenn die Loretto Gemeinschaft der Ort ist, an dem ich Christus
dienen möchte, dann ist hier der logische Platz für meinen Ze-
hent, da im alttestamentlichen Verständnis der Zehent in erster
Linie für das Reich Gottes dienen soll und erst in zweiter Linie
Der Zehent 85
für die Armen in der Gesellschaft. Die Loretto Gemeinschaft
kann dadurch ihr Wirken für das Reich Gottes ausdehnen und
von anderen Instanzen unabhängig bleiben.
Wieviel Zehent soll ich geben?Der Rat der Loretto Gemeinschaft empfiehlt 5% des Nettoeinkom-
mens ohne weitere Abzüge. Diese Empfehlung wurde vom Rat ein
Jahr selbst praktiziert und erst dann an die Gemeinschaft weiter-
gegeben. Die weiteren 5% sind bewusst offen gehalten um auch an-
dere Projekte unterstützen zu können.
Wofür wird der Zehent in der Loretto Gemeinschaft verwendet?Der Zehent sowie andere Einkünfte der Loretto Gemeinschaft wer-
den zu einem Hauptteil für regionale und überregionale Veranstal-
tungen, für den Aufbau und die Erhaltung der Geistlichen Zentren,
sowie für Teilanstellungen von hauptamtlichen Mitarbeitern ver-
wendet. 10% aller Einkünfte werden wiederum als Zehent an ande-
re Projekte oder hilfsbedürftige Personen weitergegeben.
2 Impulsfragen:• Kann ich meinen Zehent „fröhlichen Herzens“ geben, oder
sperrt sich etwas in mir?
• Gebe ich 5% des Nettoeinkommens? Warum, warum nicht?
86 Lobpreis & Anbetung
Lobpreis & Anbetungdr. Gerhard Viehhauser MaG. christian berGhaMMer dr. MaxiMilian oettinGen
Lobpreis, Katechese, eucharistische Anbetung: Seit Beginn der
1990er, wenige Jahre nach unserer Gründung, haben unsere Ge-
betskreise diese Struktur, bis heute. Seit über zwei Jahrzehnten
wird Jesus in unseren Gebetskreisen im Lobpreis verherrlicht und
im allerheiligsten Sakrament des Altars angebetet. Woche für Wo-
che, an vielen Orten des Landes. Und dann intensivierte sich das
Gebet. Sowohl die eucharistische Anbetung als auch der Lobpreis:
Der Schlüsselbegriff ist natürlich „24-7“. Seit 2010 ist es üblich,
dass in unseren Geistlichen Zentren tage- und wochenlang eucha-
ristisch angebetet wird. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.
Und es wird immer üblicher, dass der Herr stundenweise im Lob-
preis verherrlicht wird. Zeit für ein Close Up zum Thema „Lobpreis
& Anbetung“.
Lobpreis und FruchtbarkeitIn seiner Predigt vom 28. Jänner 2014 verweist Papst Franziskus auf
David und Michal (vgl. 2 Sam 6, 12 ff.). David gab jede Fassung auf und
tanzte vor Freude, als die Lade des Herrn in die Davidstadt hinauf-
getragen wurde. Michal verachtete aber David für sein Benehmen
– und blieb unfruchtbar (vgl. die Tagesmeditation von Papst Franziskus zum
Thema „Der Lobpreis“ vom 28. Jänner 2014 auf www.vatican.va). Auch im Neuen
Bund gibt es einen Zusammenhang zwischen Lobpreis und Frucht-
barkeit. Als die Schwangeren Maria und Elisabeth sich begegnen,
stimmt Maria das Magnificat an: „Meine Seele preist die Größe des
Herrn“ (Lk 1, 46).
Woche für Woche.
An vielen Orten
des Landes.
Lobpreis & Anbetung 87
Unsere kleine Gemeinschaft wächst. Gott sei Dank! Unsere Apo-
stolate vermehren sich und wachsen. Gott sei Dank! Und wenn Du
an der von Gott geschenkten Fruchtbarkeit der Gemeinschaft teil-
haben möchtest – oder sie fördern möchtest: steig in den Lobpreis
ein!
Der Lobgesang Mariens ist das Loblied der Kirche, sagt der Ka-
techismus der katholischen Kirche (vgl. KKK 2619). Maria besingt im
Magnificat den, der in ihr gegenwärtig ist. Wenn wir lobpreisen,
dann jubeln wir über den, der in uns wohnt. „Wisst ihr nicht, dass ihr
ein Tempel Gottes seid?“ (1 Kor 3, 16). Warum werden eigentlich „fern-
stehende“ Menschen im Lobpreis vom Hl. Geist überrascht? Weil sie
mit dem Herrn in Kontakt kommen. Er macht sich in ihnen erfahr-
bar. Christi Gegenwart in uns und mit uns im Lobpreis (vgl. Ps 22, 4)
überrascht. Deswegen die Freude und der Jubel! Die Entfaltung die-
ser Präsenz Jesu führt in die Freiheit der Kinder Gottes – und sie
mündet auch in einer Erwartung. So schreibt Paulus: „Aber auch
wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem
Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes
als Söhne offenbar werden“ (Röm 8, 23). Der Lobpreis ist also auch ein
Ausdruck der Sehnsucht nach einer größeren Fülle des Hl. Geistes,
nach einem neuen Pfingsten in uns, in der Kirche, im Leib Christi –
und nach dem Kommen Jesu Christi in Herrlichkeit! „Der Geist und
die Braut aber rufen: Komm!“ (Offb, 22,17).
Jesus ist mir gegenüberDie eucharistische Gegenwartsweise Jesu ist eine andere als die
Gegenwart Christi im Lobpreis. In der Anbetung ist Jesus mir
gleichsam gegenüber und ich neige mich wie Petrus, der Jesus „zu
Füßen fiel“ (vgl. Lk 5,8); oder wie der Blindgeborene, der sich glaubend
und anbetend vor Jesus „niederwarf“ (vgl. Joh 9,38). Der Katechismus
88 Lobpreis & Anbetung
der katholischen Kirche sagt dazu: „In der Anbetung wirft sich der
Geist vor dem ‚König der Herrlichkeit’ (Ps 24, 9–10) nieder und schweigt
ehrfürchtig vor dem ‚je größeren Gott’ (Augustinus, Psal. 62, 16). Die
Anbetung des dreimal heiligen und über alles zu liebenden Gottes er-
füllt uns mit Demut und gibt unserem Bitten Zuversicht“ (KKK 2628).
„When the music fades all is stripped away and I simply come“,
singt Matt Redman in „The Heart of Worship“. Hört man nicht in
dieser Zeile die Demut heraus, von der der Katechismus spricht? Die
zweite Strophe beginnt mit den Worten: „King of endless worth. No
one could express how much you deserve.“ Das ist ein Anbetungslied.
Und die Gegenwart Jesu Christi im allerheiligsten Sakrament des
Altars hilft uns die „erste Haltung des Menschen“ einzunehmen, „der
sich vor seinem Schöpfer als Geschöpf erkennt“ (vgl. KKK 2628). Deswe-
gen die Kniebeuge vor dem eucharistischen Herrn. Und wir unter-
werfen uns gern; denn der, dem wir uns unterwerfen, ist die Liebe
selbst: „Das lateinische Wort für Anbetung heißt „ad-oratio“ – Berüh-
rung von Mund zu Mund, Kuss, Umarmung und so im tiefsten Liebe.
Aus Unterwerfung wird Einung, weil der, dem wir uns unterwerfen, die
Liebe ist. So wird Unterwerfung sinnvoll, weil sie uns nicht Fremdes
auferlegt, sondern uns freimacht zum Innersten unserer selbst“, so
Papst Benedikt xVI. beim Weltjugendtag in Köln vor 1,1 Millionen
Jugendlichen (vgl. www.vatican.va).
Gott ist Gott, der Mensch ist Mensch. Und der Mensch ist nicht
nur von Gott geschaffen, also gewollt, sondern auch von Jesus Chri-
stus geliebt und erlöst. Wir lobpreisen als Kinder Gottes in aller
Freiheit. Wir beten den „je größeren Gott“ an in aller Demut, weil Er
die Liebe ist. Der Lobpreis führt uns in die Schule der Selbstwahr-
nehmung, des ganzheitlichen leiblichen Ausdrucks im Gebet und
des aktiven Daseins vor Gott. Die eucharistische Gegenwart des
Herrn, der uns – menschlich gesprochen – in seiner Liebe anschaut,
Lobpreis & Anbetung 89
ist heilend und befreiend. Die Anbetung, insbesondere die eucha-
ristische Anbetung, führt uns in die Schule der Gottsuche durch
das Sakrament, das Christus gestiftet hat. Sie führt uns zur Kon-
templation.
Pastorale KlugheitManchmal ist es eine Frage der pastoralen Klugheit bzw. Pädagogik,
einen besonderen Akzent auf den Lobpreis oder auf die Anbetung zu
legen: Am Anfang eines Gebetskreises mit Lobpreis beginnen, um
geistlich „wach“ zu werden. Am Ende eines Gebetskreises euchari-
stisch anbeten, um sich Gott zu unterwerfen. Oder, im Kontext von
„24-7“: In einem Raum, in einer Kapelle, den Herrn eucharistisch
anbeten, um vor Gott still werden zu können und sich „lieben zu
lassen“. In einem anderem Raum Lobpreis „machen“, um unserer
Sehnsucht nach „Mehr“ einen musikalischen Ausdruck zu verlei-
hen. Was wiederum natürlich nicht heißt, dass es nie Lobpreis vor
Jesus im Allerheiligsten „geben darf“ – oder, dass es „nie erlaubt
ist“ während einer Lobpreiszeit still zu sein.
Beide Formen des Gebets, Lobpreis und Anbetung, konkurrie-
ren nicht miteinander. Sie fließen aus der einen Quelle: Der Liebe
Gottes, die sich uns durch den Hl. Geist mitteilt. Und – sie fließen
auch an zwei „Orten“ zusammen: in der Hl. Messe und im Himmel.
Schauen wir mal genauer hin: Über die Hl. Messe schreibt der Ka-
techismus der katholischen Kirche u.a.: „Die Eucharistie enthält all
diese Gebetsformen und bringt sie zum Ausdruck: sie ist ‚die reine Op-
fergabe’ (Offb 18, 24) des ganzen Leibes Christi ‚zur Ehre seines Namens’
(Mal 1, 11); sie ist den Überlieferungen des Ostens und des Westens zu-
folge ‚das Lobopfer’ schlechthin“ (KKK 2643). Über den Himmel lesen
wir in der Offenbarung u.a.: Die vier Lebewesen „voller Augen“ (um
Gott immer im Blick zu haben) „ruhen nicht bei Tag und Nacht“, sie
90 Lobpreis & Anbetung
rufen: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr, der Gott, der Herrscher über
das ganze Universum; er war und er ist und er kommt … dann werfen
sich die vierundzwanzig Ältesten vor dem, der auf dem Thron sitzt, nie-
der und beten ihn an …“ (vgl. Offb 4, 8 u 10). Und als das Lamm, das „wie
geschlachtet aussah“, das Buch aus der Hand dessen empfängt, der
auf dem Thron sitzt, fallen die vier Lebewesen und die 24 Ältesten
vor dem Lamm nieder und sie singen ein „neues Lied“: „Würdig bist
du, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du wurdest
geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erworben
aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern“
(vgl. Offb 5, 7 – 9).
Seit über zwei Jahrzehnten legen wir einen Fokus auf Lobpreis
und auf Anbetung. Gut, dass wir diesen Fokus beibehalten und in-
tensivieren!
Ökumene 91
Ökumenedr. Gerhard Viehhauser MaG. christian berGhaMMer dr. MaxiMilian oettinGen
Wir Lorettos verstehen uns als eine Gemeinschaft innerhalb der ka-
tholischen Kirche. Nach Kirchenrecht sind wir eine private Vereini-
gung von Gläubigen ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne von can.
321 ff. CIC. Unsere Statuten wurden im November 2012 von allen
Diözesanbischöfen auf dem Territorium der Republik Österreich ad
experimentum auf fünf Jahre anerkannt. Wir wollen Tradition als
überlieferter und gelebter Glaube, Wort Gottes als Begegnung mit
Gott in seinem Wort und Lehramt als verbindliche und einheitsstif-
tende Auslegung von Überlieferung und Wort Gottes im Sinne der
katholischen Kirche verstehen. Wir wollen uns an den drei „wesent-
lichen Bändern“ der Einheit in der Kirche wie an einer Richtschnur
orientieren: Glaube, Sakramente und Nachfolge der Apostel. Und
gleichzeitig haben wir eine Liebe zu den „getrennten Brüdern“ –
schon seit vielen Jahren. Schauen wir mal genauer hin:
Am Anfang war …Unser Anfang hat mit Medjugorje zu tun. Die Gospa hat bei vielen
von uns tiefe und gute Spuren hinterlassen, bis heute. Dann kam
der Ruf des Herrn „in das Herz der Kirche in Österreich“. Das war
am 1. Mai 1990 in Obertauern. Ein wichtiger Schritt in die Weite
des Katholischen. Und dann, ja dann erfolgte eine Prägung zu Be-
ginn der 1990er durch Bruce Clewett und „Jugend mit einer Missi-
on“. Und wie kamen wir auf die Idee, uns von einer ökumenischen
Missionsbewegung prägen zu lassen? Durch den damaligen Weih-
bischof von Wien, Christoph Schönborn. Rückblickend können wir
Wir verstehen uns
als Gemeinschaft
innerhalb der
katholischen
Kirche.
92 Ökumene
sagen: „Jugend mit einer Mission“ in Person von Bruce Clewett hat
uns viele Schätze der katholischen Lehre erschlossen; und hat uns
geholfen, selbst zu einer katholischen Gemeinschaft zu werden. In
diesem Vorgang steckt eine wichtige Aussage. Eine Aussage über
die Art und Weise, wie der auferstandene Herr wirkt. Nämlich auch
außerhalb des Gefüges der katholischen Kirche auf die katholische
Einheit hin. Bist Du bereit dich gedanklich auf diese Wirkweise des
Herrn einzulassen?
Im Glaubensbekenntnis beten wir: Ich glaube an den Heiligen
Geist, die heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, …
Christus hat eine Kirche gegründet, die in einer lebendigen Vielfalt
als Einheit besteht. Wenn wir die Apostel anschauen, sehen wir die
Verschiedenheit unter ihnen, doch sie waren in Einheit bei ihrem
Meister. Und trotz dieser Einheit gab es von Anfang an die Gefahr
der Trennung. Zum Beispiel, wenn sie sich über ihren Platz bei ih-
rem Meister unterhielten, oder, wenn es in der Frage um die Chris-
ten bezüglich der Juden und Heiden ging.
Alle haben gesündigtSo war die Einheit der Kirche von Anfang an bedroht. Wodurch?
Durch die Sünde, die wie ein „Spaltpilz“ im einen Leib Christi
wirkt. Es gab im Laufe der Geschichte kleinere und größere Spal-
tungen. Jede Spaltung ist ein Skandal. Grund dieser Spaltungen ist
immer die Sünde, die Sünde aller. Papst Franziskus sagte in seiner
Video-Botschaft an freikirchliche Leiter Anfang Februar 2014: „We
all share the blame. We have all sinned. There is only one blameless,
the Lord“ (vgl. www.erzdiözese-wien.at). Dieses Wort des Papstes erinnert
an Röm 3,23: „Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verlo-
ren.“ Die Sünden der Spaltungen belasten das Zeugnis der Christen
erheblich.
Christus hat eine
Kirche gegründet.
Ökumene 93
Jesus hat den Wunsch und die Sehnsucht nach Einheit: „Sie sol-
len eins sein, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen
sie vollendet sein in der Einheit“ (Joh 17, 22). Dieser Wunsch und die-
ses Gebet Jesu müssen ein Wunsch und ein Gebet der Kirche sein.
Der Heilige Geist, der die Seele der Kirche ist, hält diesen Wunsch
und dieses Gebet um die Einheit in der Kirche lebendig. Augustinus
versteht sogar die Liebe zur Einheit als ein Zeichen des Heiligen
Geistes (vgl. Augustinus, sermones pl 38, 1237). Werden wir ein bisschen
praktischer:
Das Streben nach EinheitDie Ökumene2 ist das Streben nach Einheit von Lehre, Glauben und
Glaubenspraxis bei uns Christen. Im Dekret über den Ökumenismus
formuliert es das II. Vatikanum als „Einheit im Bekenntnis des einen
Glaubens, in der gemeinsamen Feier des Gottesdienstes und in der brü-
derlichen Eintracht der Familie Gottes“ (Unitatis redintegratio, 2). Wir stre-
ben nach Einheit, das Ärgernis der Trennung ist aber real. Und wie
können wir dann sinnvoll nach Einheit streben?
„Wir können voneinander lernen, was es heißt, gute Christen zu
sein“, sagte Papst Benedikt xVI. laut Christoph Kardinal Schönborn
zu seinem „Schülerkreis“ im Sommer 2012. Dieser einfache Satz ist
der Schlüssel. Die Demut zu haben, voneinander zu lernen. Ist es
nicht das, was passiert, wenn wir uns als Gemeinschaft von 24-7
Prayer, Alpha, dem International House of Prayer in Kansas City
oder von Jugend mit einer Mission inspirieren lassen?
2 „Ökumene“ leitet sich vom altgriechischen Wort „oikos“, also „Haus“, ab und
bedeutet so viel wie das „Leben im gemeinsamen Haus“.
Wir können
voneinander
lernen, was
es heißt, gute
Christen zu sein.
94 Ökumene
Das impliziert natürlich, dass wir den eigenen Glauben gut ken-
nen, darin verwurzelt sind3; dass wir eine versöhnliche Haltung
haben; und dass wir den persönlichen Kontakt zu den „getrennten
Brüdern“ suchen. „It‘s all about friendship“, sagt Nicky Gumbel, an-
glikanischer Pastor und Herz und Motor der „Alpha-Kurse“, immer
wieder, wenn es um Ökumene geht.
Aber geben wir nicht etwas auf, wenn wir uns von außen inspi-
rieren lassen? Das II. Vatikanum gibt eine interessante Antwort:
„Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet, ist
verwirklicht in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und
von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird. Das schließt
nicht aus, dass außerhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heili-
gung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene
Gaben auf die katholische Einheit hindrängen“ (Lumen Gentium, 8). Was
heißt das?
Einerseits, dass die Kirche Jesu Christi in der katholischen Kir-
che verwirklicht ist. Andererseits, dass außerhalb des Gefüges der
katholischen Kirche vielfältige Elemente der Heiligung und der
Wahrheit zu finden sind, die auf die katholische Einheit hindrän-
gen. Aber wie kam es dazu, dass „vielfältige Elemente der Heiligung
und der Wahrheit außerhalb des Gefüges der katholischen Kirche
zu finden sind“; und was heißt das, dass sie auf die „katholische
Einheit hindrängen“? Christoph Kardinal Schönborn sagt dazu:
3 Wir verstehen das Lehramt als verbindliche und einheitsstiftende Auslegung von
Überlieferung und Wort Gottes im Sinne der katholischen Kirche. ‚Im eigenen
Glauben verwurzelt sein’ impliziert insofern natürlich auch, dass wir uns unserer
Verantwortung bewusst sind, unsere Verkündigung und Lehre am Lehramt der
katholischen Kirche auszurichten.
It‘s all about
friendship.
Ökumene 95
„Was ist, wenn solche Spaltungen entstehen? Dann nehmen
die, die weggehen, immer auch etwas mit von dem, was wichtig ist,
was zum Leben der Kirche gehört, ja, sie entdecken manches wie-
der, was vielleicht im großen Strom der Kirche zu wenig gesehen
worden ist, was wieder bewusst gemacht werden muss … Was dabei
aus der Einheit der katholischen Kirche weggegangen ist, sagt das
Konzil, sind alles Gaben der einen Kirche Jesu Christi. Diese Gaben
sind gewissermaßen ausgewandert, haben sich zu selbstständigen
Gemeinschaften gebildet, sagt das Konzil, drängen „auf die katho-
lische Einheit hin“, weil sie eigentlich Gaben der Kirche Jesu Chris-
ti sind (Lumen Gentium 8). Deshalb drängt es dort, wo der Glaube ge-
lebt wird, auch wenn wir äußerlich getrennt sind, hin zur Einheit.“
(Christoph Kardinal Schönborn, Jesus als Christus erkennen, Freiburg 2002, S. 79)
Wir geben also nicht etwas auf, wenn wir uns von außen inspi-
rieren lassen, im Gegenteil. Wir werden bereichert – und wir geben
diesem „Drängen auf die katholische Einheit hin“ einen Raum.
24-7 Prayer – es bereichert uns und drängt auf die katholische
Einheit hin. Alpha – es bereichert uns und drängt auf die katho-
lische Einheit hin. Das International House of Prayer – es berei-
chert uns und drängt auf die katholische Einheit hin. Jugend mit
einer Mission – es bereichert uns und drängt auf die katholische
Einheit hin. Im Einzelnen muss natürlich immer pastoral und pä-
dagogisch gut unterschieden werden. Aber: können wir uns diesem
„Drängen“ verschließen? Pointierter gefragt: Ist es katholisch,
wenn wir die vielfältigen Elemente der Heiligung und der Wahrheit
„ausblenden“, die außerhalb der katholischen Kirche zu finden sind
und auf die katholische Einheit hindrängen?
Deshalb drängt
es dort, wo der
Glaube gelebt
wird, hin zur
Einheit.
96 Ökumene
I have learned so much from the Catholic ChurchNicky Gumbel hat jetzt schon bei zwei Festivals von uns gespro-
chen, einmal 2012, einmal 2014. Beide Male sagte er: „I love the Ca-
tholic Church.“ Und er betont immer wieder: „I have learned so much
from the Catholic Church.“ Er, der Anglikaner, sagt, er hätte viel von
der katholischen Kirche gelernt. Und er sagt es nicht nur: Als er zu
Pfingsten 2014 im Salzburger Dom sprach, zitierte er immer wieder
aus Evangelii Gaudium von Papst Franziskus. Hast Du diesen Text
schon gelesen?
Und was können wir von den „getrennten Brüdern“ lernen?
Ziemlich viel, Unitatis redintegratio formuliert es so: „Wir freuen
uns, wenn wir sehen, wie die getrennten Brüder zu Christus als Quel-
le und Mittelpunkt der kirchlichen Gemeinschaft streben (ebd., 20). Wir
können also bei den nichtkatholischen Christen das Zeugnis der oft
glühenden Liebe zu Christus sehen. „Unter Anrufung des Heiligen
Geistes suchen sie in der Heiligen Schrift Gott, wie er zu ihnen spricht
in Christus, der von den Propheten vorherverkündigt wurde und der das
für uns fleischgewordene Wort Gottes ist“ (ebd., 21) Sie haben also oft
eine Liebe zum Wort Gottes, die beispielhaft ist, und den Mut, die
Charismen leben und wirken zu lassen.
„Wir können voneinander lernen, was es heißt, gute Christen zu
sein“, sagte Papst Benedikt xVI. Wir wollen voneinander lernen und
einander beschenken, wir wollen uns gegenseitig nichts nehmen.
Und: bei diesem „nichts nehmen“ müssen wir manchmal gut unter-
scheiden. Was ist gemeint?
Ein Beispiel: Nehmen wir „etwas weg“, wenn wir bei einer ge-
meinsamen ökumenischen Veranstaltung keinen Rosenkranz als
gemeinsames Gebet vorschlagen? Natürlich nicht. Wir verzichten
Und was können
wir von den
„getrennten
Brüdern“ lernen?
Ökumene 97
auf diese Gebetsform um der größeren Liebe wegen. Und bleiben
dabei selbstverständlich marianisch, ohne es in diesem Moment
zur Schau zu stellen (vgl. 1 Kor 8 in Analogie).
Feste Grundlage und BekehrungDas Streben nach Einheit unter uns Christen hat eine festere ge-
meinsame Grundlage als oft angenommen wird. „Das, was uns ver-
bindet, ist viel stärker als das, was uns trennt“, sagte Papst Johannes
Paul II. (Ut unum sint, 20). Was alle Christen verbindet, sind die zentra-
len Wahrheiten unseres Glaubens: Dazu gehören der Glaube an den
dreifaltigen Gott, das Bekenntnis zur Menschwerdung Jesu und zur
Erlösung durch seinen Tod und seine Auferstehung, das Bekenntnis
zur Liebe Gottes und seiner Gnade gegenüber der Menschheit und
zum ewigen Leben in der Vollendung des Reiches Gottes. Wir haben
die eine heilige Schrift, die die gemeinsame Basis der Glaubensre-
gel darstellt. Sie leitet uns an zu einem Leben im Heiligen Geist, zu
einem Leben der Bekehrung, des Gebetes und der Liebe.
„Es gibt keinen echten Ökumenismus ohne innere Bekehrung“
(Unitatis redintegratio, 7). Die Bekehrung des Herzens, die Heiligkeit
des Lebens und das Gebet für die Einheit der Christen ist die Seele
des Strebens nach Einheit unter uns Christen (vgl. ebd., 8). Sind wir
bereit, unsere Herzens in der Frage der Einheit aller Christen zu be-
kehren? In der oben bereits erwähnten Video-Botschaft sagt Papst
Franziskus: „The miracle of unity has begun.“ Beten und leben wir so,
dass der Herr das Wunder der Einheit vollendet!
Das, was uns
verbindet, ist
stärker als das,
was uns trennt.
The miracle of
unity has begun!
98 Jüngerschaft
Jüngerschaftdr. MaxiMilian oettinGen
Fünf Brote, zwei Fische – und Jüngerschaft? Schauen wir mal auf
Lk 9, 1 – 17 und auf Joh 6. Das sind zwei Stellen, die die „Speisung
der 5.000“ beschreiben. Man erkennt dort u.a. ein starkes nume-
risches Ungleichgewicht, konkret: Auf der einen Seite lesen wir
von ca. 5.000 hungrigen Männern (Menschen, die Jesus irgendwie
suchen) – und auf der anderen Seite lesen wir von Jesus, den Zwölf
und den Jüngern. Wir reden also von einem Zahlenverhältnis von
5.000 zu maximimal 100 (wenn man davon ausgeht, dass es ca. 70
Jünger gab); und diese 5.000, sie suchen Jesus irgendwie, sie ha-
ben Hunger. Und was sagt Jesus? „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Lk 9,13).
Die Antwort? „Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische!“
(Lk 9, 13). Was passiert? Der Hunger wird gestillt. Erstaunlich. Oder?
Schauen wir mal auf Zahlen der Gegenwart: 1951 betrug der
Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung in Österreich 89
Prozent. 2011 betrug dieser Anteil 64,1 Prozent. 1995 gingen 14
Prozent aller Österreicher sonntags in die hl. Messe. 2010 waren es
8 Prozent.4 In manchen Gebieten gehen „nur zwei bis fünf Prozent
der Katholiken“ am Sonntag in die hl. Messe.5 Gleichzeitig wollen
fast drei Viertel der Österreicher, dass Österreich ein christliches
Land bleibt; 91 Prozent haben sich z.B. in einer orF Umfrage dafür
4 vgl. katholisch.at, Statistik der katholischen Kirche
5 Christoph Kardinal Schönborn, „ … damit sie meine Freude in Fülle in sich haben“,
2011, S. 8
Wir haben nicht
mehr als fünf
Brote und zwei
Fische! Lk 9, 13
Jüngerschaft 99
ausgesprochen, dass Kruzifixe in Schulen hängen bleiben.6 Es gibt
also einen (vielleicht etwas diffusen) Hunger nach christlicher Kul-
tur, nach Gott, nach Jesus. Und dieser Hunger ist weit verbreitet!
Wie viele sind wir bei Loretto? So ca. 340. Und was sagt uns der
Herr (uns, und den anderen maximal 8 Prozent der Österreicher, die
sonntags an der hl. Messe teilnehmen)? „Gebt ihr ihnen zu essen.“
Ehrlich? Wir sollen den Vielen zu Essen geben? Ja, das sagt auch Be-
nedikt xVI.
„Viele sind berufen, Wenige aber auserwählt!“ (Mt 22,14). In seinem
Text „Auf dem Weg zur kleinen Herde“ aus dem Jahr 1958 fragt der
heutige Papst wie man diese Bibelstelle verstehen soll. Er sagt: „Es
gibt … zwei Weisen, wie Gott … erwählt, und diese zwei Weisen der
Erwählung durch Gott sind der eine Heilsweg Gottes in Christus und
seiner Kirche, der auf dem Zueinander der Wenigen und Vielen und auf
dem Stellvertretungsdienst der Wenigen in der Verlängerung von Chris-
ti Stellvertretung ruht.“7
D.h.: Wir Wenigen sind „in der Verlängerung von Christi Stellver-
tretung“ verantwortlich für die Vielen. „Gebt ihr ihnen zu essen!“,
sagt der Herr ganz schlicht. Und wie können wir dieser Verantwor-
tung entsprechen? Im Ernstnehmen unseres „Anteils an seiner Sen-
dung, seiner Freude und an seinen Leiden“ (vgl. KKK 787). Anders gesagt:
indem wir Jünger Christi werden. Und wie geht das? Indem wir im-
mer innerlich (und manchmal auch äußerlich) mit Jesus „mitwan-
dern“, indem wir ständig von Jesus demütig lernen, indem wir uns
in Seine Sendung „hineinverwandeln“ lassen – um so Jesus heute
vollmächtig zu vergegenwärtigen. Der KKK sagt: „Durch die Firmung
haben die Christen – dh: die Gesalbten – vermehrt an der Sendung Jesu
6 ebd., S. 9
7 ebd., S. 5
100 Jüngerschaft
Christi und der Fülle des Hl. Geistes Anteil, damit ihr ganzes Leben den
Wohlgeruch Christi ausströme“(KKK 1152). Es geht also darum, Seinen
Wohlgeruch auszuströmen; durch unser Leben, durch jede Hand-
bewegung. Für den Wohlgeruch Christi in unserer Umgebung sind
zunächst wir verantwortlich: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Geben wir,
was wir haben (auch den Fisch unserer Jüngerschaft, auch wenn
er vielleicht „schon etwas riecht“), in Demut und Kühnheit, damit
Jesus mit unseren kleinen Gaben große Wunder für die Vielen voll-
bringt.
Geistliche BeGleitunG 101
Geistliche Begleitungdr. Gerhard Viehhauser
Ohne geistliche Einübung in Gebet, Schriftlesung und Sakramente
gibt es keine geistliche Begleitung. Wer sich nicht um ein geist-
liches Leben bemüht, hat auf geistliche Begleitung keinen An-
spruch.
Der geistliche Begleiter ist primär ein Begleiter und nicht ein
Ratgeber, auch wenn der geistliche Rat wichtig sein kann. Der
geistliche Begleiter hat, wie Ignatius in seinem Exerzitienbüchlein
erklärt, in der Mitte stehend wie eine Waage, unmittelbar den Schöpfer
mit seinem Geschöpf und das Geschöpf mit seinem Schöpfer und Herrn
wirken zu lassen (eb 15).
Geistliche Begleitung soll dem Christen helfen, in die Begegnung
mit Gott zu gelangen und den Willen Gottes für das Leben zu erkennen.
RahmenWesentlich ist, dass der Begleiter zusammen mit dem Begleiteten
den Rahmen abklärt: Häufigkeit der Treffen, Zeit und Länge der
Gespräche. Er klärt eventuell die Beziehung zu anderen parallel
laufenden Gesprächen (z.B. Therapie; Supervision; Anleitungsge-
spräche im Rahmen einer Ausbildung). Regelmäßigkeit und Treue
sind für ein Wachstum unerlässlich!
Wenn der geistliche Begleiter Priester ist und bei einer Verbin-
dung der geistlichen Begleitung mit der Beichte, ist es gut, den
Unterschied dieser beiden Bereiche zu setzen. Natürlich kann die
Beichte im Rahmen der geistlichen Begleitung geschehen. Der
geistliche Begleiter hat zu inspirieren, konfrontieren und korrigie-
ren.
Geistliche
Begleitung soll
dem Christen
helfen, in die
Begegnung
mit Gott zu
gelangen und
den Willen Gottes
für das Leben zu
erkennen.
102 Geistliche BeGleitunG
Quellen der geistlichen BegleitungAm Beginn steht die Tradition der geistlichen Väter, die mit den
Wüstenvätern ihren Ursprung hat. Diese Einsiedler in der Wüste
wurden aufgesucht und sie wurden um Rat gefragt. So wird der
Altvater Makarios aufgesucht und gefragt: Sag mir ein Wort, wie ich
gerettet werden kann!8
Unterscheidung der Geister und Herzenserkenntnis gelten als Vo-
raussetzung für einen geistlichen Begleiter. Geistliche Begleitung
ist „angewandte Unterscheidung der Geister“. Johannes Cassian
schreibt: Es gibt drei Quellen, denen unsere Gedanken entspringen
können: Sie können ihren Wurzelgrund in Gott haben, vom Widersacher
stammen oder von uns selbst kommen.9 Das gilt es zu unterscheiden.
Unterschieden werden die Regungen, Gedanken, Gefühle und
Stimmungen. Darin liegt der geistliche Kampf im Christsein. Jo-
hannes Cassian schreibt: Nicht brauchen wir die Feinde von außen zu
fürchten. In uns selbst ist der Feind eingeschlossen. Ein innerer Krieg
wird täglich geführt.10
Ziele der geistlichen Begleitung• Ich werde mir bewusst, alles geschieht in der Gegenwart Gottes
• Ich werde mir bewusst, meine Lebensgeschichte ist eine Heils-
geschichte
• Ich werde befähigt zur Öffnung nach außen und Stärkung nach
innen
• Meine Berufung wird geklärt – Gott will mich und meinen Dienst
8 Apophthegmata Patrum 478.
9 J. Cassian, Collatio I, 19. Johannes Cassian war Zeitgenosse des hl. Augustinus
und lebte zwischen 360 und 430.
10 J. Cassian, Inst. 5,21.
Geistliche BeGleitunG 103
• Es geschieht die Vertiefung der Gottesliebe und Nächstenliebe
• Freiheit vor Gott – Gotteskindschaft wird bewusst
• Es geschieht Wachstum in der Freundschaft mit Christus und in
seiner Nachfolge
Notwendige Anregungen für dich• Sprich von dir selber und meide Sätze in der „Man-Form“. Sag
nicht, was man heute denkt und tut. Sag, was du denkst und du
tust!
• Sprich nicht nur Gedanken und Glaubensbekenntnisse, sondern
auch Stimmungen und Gefühle aus. Es geht nicht um Sachdis-
kussionen. Was ist jetzt in dir als Resultat der Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft?
• Achte auf das, was der Begleiter dir sagen will, und lass ihn aus-
reden. Ermutige den Begleiter, dir die Wahrheit zu sagen! Mut
zur Wahrheit!
• Sprich die Themen an, die für dein geistliches Leben wichtig
sind. Du bist der Hauptverantwortliche für dein geistliches Le-
ben vor Gott!
Kirche und Welt 105
Anhang
106 Das a-B-C Der Loretto GemeinsChaft
Das A-B-C der Loretto Gemeinschaft
Geistliches Zentrum
Im Moment (2015) gibt es vier Geistliche Zentren. gZ Operngasse,
Wien. gZ Stiegenkirche, Graz. gZ Karmel, Linz. gZ St.Blasius, Salz-
burg. Der Begriff „Zentrum“ besagt schon, dass an diesen Orten
ganz viel stattfindet und angeboten wird. Hl. Messen, Sakrament
der Versöhnung, Gebetskreise, 24-7, Worship & Intercession, Firm-
lingsarbeit, Jugendgruppen, Alpha, Schulungen, etc.
24-7
Ermutigt durch das kleine Buch „Red Moon Rising“ von Pete Greig
begannen wir im Herbst 2010 innerhalb unserer Gemeinschaft mit
dem 24-7 Gebet. Darunter verstehen wir die Eucharistische Anbe-
tung. „24“ steht für 24 Stunden, „7“ steht für 7 Tage (eine Woche).
Neben 24-7 Wochen in unseren Zentren gibt es auch einzelne Tage
(24-1) oder Wochenenden der Anbetung.
Worship & Intercession
Im Gegensatz zur (stillen) Eucharistischen Anbetung geht es hier
um Lobpreis und Fürbitte, gesungen und gebetet. Die Intention ist
es Gott zu loben, einfach weil er es wert ist und vor SeIneM Thron
mit unseren Bitten einzutreten.
House of Prayer
Gerne mit „hoP“ abgekürzt ist „House of Prayer“ ein international
(eher im freikirchlichen Bereich) gebräuchlicher Begriff, der einen
Ort bezeichnet, wo (1) Worship & Intercession (2) an jedem Tag der
Das a-B-C Der Loretto GemeinsChaft 107
Woche für zumindest eine Stunde (3) von zumindest zwei Personen
gemeinsam praktiziert wird. Bekannte „Houses of Prayers“ sind
etwa das „IhoP“ in Kansas oder das Gebetshaus in Augsburg. Nach
diesen Kriterien gibt es zurzeit ein House of Prayer in Salzburg, das
ein Apostolat der Loretto Gemeinschaft Salzburg im Geistlichen
Zentrum St. Blasius ist.
H.O.M.E.
Seit Sommer 2014 führt die Loretto Gemeinschaft im Herzen der
Stadt Salzburg (direkt an der Salzach / Müllner Hügel). h.o.M.e.
umfasst drei Schwerpunkte: (1) Jüngerschaft: ab Oktober 2015
können bis zu 25 Studenten 9 Monate lang im h.o.M.e. ein „Jahr für
den Herrn“ geben. Sie werden auf gemeinschaftlicher, spiritueller,
theologischer und caritativer Ebene geschult. (2) Vor seinem Thron:
diese Studenten bringen sich bei Worship & Intercession und im
24-7 Gebet ein. (3) hoPecity: Sie dienen den Armen im hoPecity.
Dazu werden sie in der Erzdiözese Salzburg und darüber hinaus
evangelistisch tätig sein.
HOPEcity
soll ein Tageszentrum im Rahmen des h.o.M.e. Projektes werden.
Dabei geht es um eine spirituell ausgerichtete Betreuung von Ob-
dachlosen, Prostituierten, Drogenabhängigen und der „verlorenen
Jugend“. Die h.o.M.e. Studenten und freiwillige Mitarbeiter berei-
ten 5 × pro Woche ein „Hochzeitsmahl“, stehen als Mitmenschen zur
Verfügung und bieten Beziehungen in einer christlich gelebten At-
mosphäre an.
108 Das a-B-C Der Loretto GemeinsChaft
Apostolate
werden von unserer Gemeinschaft initiiert und getragen. Dies sind
Veranstaltungen, Festivals etc., in denen unsere Vision „Räume zu
schaffen, in denen Gott erfahrbar wird“, verwirklicht werden soll.
Postulat
ist die 10 Monate dauernde Vorbereitung auf das Gemeinschafts-
versprech en. Im mer beginnend mit dem Fest der Hl. Therese von
Lisieux (1.Oktober) und endend mit dem Versprechen im August des
Folgejahres (nicht zu verwechseln mit dem Begriff „Apostolat“).
Gemeinschaftsversprechen
ist das Versprechen, das wir 1 × im Jahr, immer in Mariazell, able-
gen. Zum einen schenkt man im Versprechen Christus sein Leben
und zum anderen erklärt man seine Bereitschaft in der Kirche in-
nerhalb der Loretto Gemeinschaft zu dienen.
Hausgemeinschaft
Als Postulant bzw. Mitglied der Gemeinschaft treffen wir uns im
Schnitt alle 3 Wochen zum gemeinsamen Gebet, Schriftlesung und
persönlichem Austausch. Diese Treffen finden zu allermeist in un-
seren Häusern und Wohnungen statt. Diese Zusammentreffen nen-
nen wir innerhalb unserer Gemeinschaft „Hausgemeinschaft“.
Lokus / Inside / Gemeinschaftsbrief
4 × im Jahr bekommt jeder Postulant bzw. jedes Mitglied der Ge-
meinschaft Post. Zum einen den „Loretto Lokus Kurier“, der für das
stillste Örtchen einer Wohnung/eines Hauses gedacht ist. Der Hin-
tergedanke: eine gute „Nahrung“ von einem Theologen aus unserer
Mitte geschrieben, über die wir nachzudenken und meditieren
Das a-B-C Der Loretto GemeinsChaft 109
können. Des Weiteren findet man in dieser Post das sogenannte „Lo-
retto Inside“ mit den wichtigsten Infos rund um die Gemeinschaft,
und den „Gemeinschaftsbrief“ von unserem Gemeinschaftsleiter
zu einem aktuellen Thema oder einer Lehrserie.
Gemeinschaftsleiter – Rat
Alle drei Jahre schlägt der alte Rat 20 Personen vor, aus denen die
fünf Regionalleiter den neuen Rat wählen. Dieser neue Rat wählt
dann den neuen Gemeinschaftsleiter aus seiner Mitte.
Regionalleiter – Regionalrat
Jede unserer fünf Regionen wird von einem Regionalleiter geleitet.
Dieser wird vom Gemeinschaftsleiter mit dem Rat auf drei Jahre
bestellt. Der Regionalleiter wiederrum beruft seinen Regionalrat –
also das Gremium, das ihm in der Leitung der Region zur Seite steht
und unterstützt.
Follow Me
heißt die Jüngerschaftsschulung, die u.a. federführend von Mit-
gliedern der Gemeinschaft – in Zusammenarbeit mit Leitern von
Jugend mit einer Mission, der Charismatischen Erneuerung und
der Umkehr zum Herrn durchgeführt wird. Follow Me dauert achten
Wochenenden – verteilt auf 14 Monate.
ID Worship
ist die Bezeichnung unserer Lobpreisschulung, die im Herbst 2014
startete und an acht Wochenenden sowie während einer Woche im
Sommer abgehalten wird. 16 Studenten aus unserer Mitte und da-
110 Das a-B-C Der Loretto GemeinsChaft
rüber hinaus sollen Jahr für Jahr im Bereich Lobpreis geschult und
in die Tiefe geführt werden. ID Worship findet im Geistlichen Zen-
trum Linz statt.
Duc in Altum!
ist eine „Schule des Denkens, des Glaubens und des Lebens“, die
die wesentlichen Aspekte des Menschseins und die grundlegenden
Themen der katholischen Theologie in den Blick nimmt. Dieses Bil-
dungsprogramm bietet unsere Gemeinschaft gemeinsam mit den
Johannesbrüdern seit Jahren an. Die achten Duc in altum! Wochen-
enden finden an verschiedenen Orten in Österreich statt. Das „Duc-
Büro“ ist in unserem gZ Operngasse.
Alpha
kennt unsere Gemeinschaft bereits seit mehreren Jahren. Beson-
ders seit dem Besuch von Nicky Gumbel bei den Herbsttagen 2012
im Geistlichen Zentrum Operngasse wurde dieses Werkzeug der
Evangelisation neu entdeckt und landauf landab sogenannte „Al-
pha Kurse“ als Apostolat unserer Gemeinschaft angeboten. Ein Al-
pha Kurs besteht aus zehn Abenden und einem Wochenende. Der
Kurs soll vor allem Außenstehende auf charmante Art und Weise
(Abendessen, Austausch, Fragen, Gemeinschaft) mit der Botschaft
des christlichen Glaubens bekannt machen.
Loretto Intensiv
ist ein Angebot neun Monate dem Herrn zu schenken. Dieses Loret-
to Intensiv Jahr beginnt immer am 1. Oktober und endet am 1. Juli
des Folgejahres. Der Teilnehmer muss Postulant bzw. Mitglied der
Das a-B-C Der Loretto GemeinsChaft 111
Gemeinschaft sein und wird in den Bereichen (1) Geistliches Leben,
(2) Vertiefung in der kirchlichen Lehre und (3) praktische Mitarbeit
in der Gemeinschaft Schritt für Schritt in die Tiefe geführt.
MEK
steht als Abkürzung für „Mobiles Einsatz kommando – für den
Herrn“. Das MeK gibt es in den Regionen Salzburg und Linz. Das MeK
besteht aus einer Vielzahl vor allem junger Leute aus unserer Mitte,
die bereit sind, in den Bereichen Evangelisation und Gebet voran-
zugehen und Verantwortung zu übernehmen. Mehrmals im Jahr
kommen sie an Abenden zu Gebet und Fortbildung zusammen, viele
Male pro Semester sind sie bei diversen Einsätzen im Land unter-
wegs (Pfarrmissionen, Jugendmessen, Firmlingseinsätze, Worship
auf den Strassen, Pantomime, etc.).
Under Praisure – Heart of Worship
so heißen die CD Livemitschnitte bzw. Studioaufnahmen unserer
Lobpreismusik der letzten Jahre. Ein wertvolles kleines Apostolat,
das vielen Menschen hilft der Liebe Gottes zu begegnen.
112 Gebete
Gebete
Der Engel des Herrn
Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft,
und sie empfing vom Heiligen Geist. Gegrüßet …
Maria sprach: Siehe, ich bin die Magd des Herrn
mir geschehe nach deinem Wort. Gegrüßet …
Und das Wort ist Fleisch geworden
und hat unter uns gewohnt. Gegrüßet …
Bitte für uns, heilige Gottesgebärerin,
auf dass wir würdig werden
der Verheißungen Christi.
Lasset uns beten. Allmächtiger Gott,
gieße deine Gnade in unsere Herzen ein.
Durch die Botschaft des Engels
haben wir die Menschwerdung Christi,
deines Sohnes, erkannt.
Führe uns durch sein Leiden und Kreuz
zur Herrlichkeit der Auferstehung.
Darum bitten wir durch Christus,
unsern Herrn. Amen.
Gebete 113
Weihegebet an das Heiligste Herz Jesu
Jesus, ich weihe Dir mein Herz.
Komm, schließe es in das Deinige ein.
In Deinem Herzen will ich wohnen,
durch Dein Herz will ich lieben,
in Deinem Herzen will ich leben,
der Welt unbekannt.
In Ihm werde ich Licht, Mut, Kraft
und wahren Trost finden,
in Ihm werde ich die Liebe finden,
die mein Herz verzehren soll.
Heiligstes Herz Jesu,
mein Herz sei der Altar,
auf dem ich mich Dir opfere. Amen.
pfarrer Von ars
114 Gebete
Komm, Schöpfer Geist
Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein,
besuch das Herz der Kinder Dein!
Erfüll’ uns all mit Deiner Gnad,
die Deine Macht erschaffen hat.
Der Du der Tröster wirst genannt,
vom höchsten Gott ein Gnadenpfand.
Du Lebensstrom, Licht, Lieb und Glut,
der Seele Salbung höchstes Gut.
O Schatz, der siebenfältig ziert,
o Finger Gottes, der uns führt.
Geschenk vom Vater zugesagt,
Du, der die Zungen reden macht.
Zünd an in uns Dein Gnadenlicht,
gieß Lieb ins Herz, die Ihm gebricht.
Stärk unsres Leibs Gebrechlichkeit,
mit Deiner Kraft zu jeder Zeit!
Treib weit von uns des Feinds Gewalt,
in Deinem Frieden uns erhalt.
Dass wir geführt von Deinem Licht,
in Sünd und Leid verfallen nicht.
Gebete 115
Gib, dass durch Dich den Vater wir
und auch den Sohn erkennen hier,
und dass als Geist von beiden Dich,
wir allzeit glauben festiglich.
Lob sei dem Vater auf dem Thron
und Seinem auferstandenen Sohn,
dem Heiligen Geist auch allezeit,
von nun an bis in Ewigkeit. Amen.
V Sende aus Deinen Geist
und alles wird neu geschaffen!
R Und Du wirst das Angesicht der Erde erneuern!
V Lasset uns beten!
Gott, Du hast die Herzen Deiner Gläubigen
durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes belehrt.
Gib, dass wir in diesem Geist verstehen, was recht ist,
und allezeit uns Seines Trostes erfreuen dürfen:
durch Christus, unseren Herrn. Amen.
rabanus Maurus
116 Gebete
Weihegebet an die Muttergottes
In Gegenwart des ganzen himmlischen Hofes erwähle
ich Dich heute, o Maria, zu meiner Mutter und Königin.
Ich schenke und weihe Deiner Liebe, als Dein Gut und
Eigentum meinen Leib und meine Seele, meinen inneren
und äußeren Besitz, ja selbst den Wert all meiner guten
Werke, der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen.
Ganz und voll, ohne jede Ausnahme, sollst Du das Recht
haben, über mich und all das Meinige nach Deinem
Gutdünken zu verfügen, in Zeit und Ewigkeit, zur größeren
Ehre Gottes. Amen.
ludwiG Maria GriGnon de Montfort
Gebete 117
Heilige Familie von Nazareth, kleine Dreifaltigkeit auf Erden.
Wir weihen Euch unseren Ehebund.
Unsere Liebe und unser Leben.
Unsere Kinder, die Stunden des Glücks
und des Leidens vertrauen wir Euch an.
So wie Ihr in der Verborgenheit Eures Hauses,
die Glut der göttlichen Liebe wachsen ließet,
so wollen auch wir unsere Herzen
und unser Haus der Liebe öffnen.
Heilige Familie von Nazareth,
kleine Dreifaltigkeit auf Erden,
Jesus, Gott auf Erden,
Maria, Braut des Geistes,
Josef, Schatten des Vaters,
macht uns Euch ähnlich. Amen.
Vision der Loretto GemeinschaftPläne des Heils!
Wir sehnen uns nach einem neuen Feuer des Heiligen Geistes in unserem Land, nach einem neuen Pfingsten.
Im Herzen der Kirche wollen wir daher für eine Erneuerung der Kirche beten, wirken und leben.
Im Vertrauen auf die Gnade und Charismen Gottes schaffen wir Räume, in denen Gott erfahrbar wird.
Wie im Haus von Nazareth kann er in unser Leben einziehen.
Durch ein Leben in Gemeinschaft wollen wir uns auf dem persönlichen Weg der Heiligkeit begleiten.