Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra...

64
Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode Drucksache 12/989 25.07.91 Sachgebiet 45 Gesetzentwurf des Bundesrates Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) A. Zielsetzung Die Organisierte Kriminalität ist zu einer Herausforderung für Staat und Gesellschaft geworden. Organisierte Kriminalität kon- zentriert sich auf Deliktsbereiche, die hohe kriminelle Gewinne garantieren und bei denen zugleich das Risiko der Entdeckung dadurch vermindert wird, daß es entweder keine unmittelbaren Opfer gibt oder die Opfer nicht bereit sind, Anzeige zu erstatten und vor den Strafverfolgungsbehörden auszusagen. Triebfeder für die Organisierte Kriminalität ist das Gewinnstreben. Eine wirksame Bekämpfung hat daher bei der Abschöpfung dieser Gewinne anzusetzen. Mit dem Zugriff auf die Tatgewinne soll den Straftätern zugleich auch das Investitionskapital für die Begehung weiterer Straftaten entzogen werden. Zur Schaffung neuer Vor- schriften über das Abschöpfen von Geldern sollen dem organisier - ten Verbrechen seine finanziellen Ressourcen entzogen werden. Schärfere Strafen für Straftaten der Organisierten Kriminalität sol- len die Abschreckungswirkung erhöhen und eine angemessene Bestrafung ermöglichen. Insbesondere im Bereich der bandenmä- ßigen Betäubungsmittelkriminalität, dem Ke rn der Organisierten Kriminalität, ist eine Anhebung der Mindeststrafen erforderlich. Es hat sich ferner gezeigt, daß die herkömmlichen Ermittlungs- und Aufklärungsmöglichkeiten im Hinblick auf die besonderen Struk- turen der Organisierten Kriminalität und die fortschreitende Pro- fessionalisierung der Straftäter in diesem Bereich nicht ausreichen. Durch eine Verbesserung des Ermittlungsinstrumentariums soll es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden, in den Kernbe- reich der kriminellen Organisationen einzudringen. Neue Rege- lungen zum Schutz von Zeugen sollen die Sicherheit gefährdeter Auskunftspersonen besser gewährleisten.

Transcript of Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra...

Page 1: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989

25.07.91

Sachgebiet 45

Gesetzentwurf des Bundesrates

Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG)

A. Zielsetzung

Die Organisierte Kriminalität ist zu einer Herausforderung für Staat und Gesellschaft geworden. Organisierte Kriminalität kon-zentriert sich auf Deliktsbereiche, die hohe kriminelle Gewinne garantieren und bei denen zugleich das Risiko der Entdeckung dadurch vermindert wird, daß es entweder keine unmittelbaren Opfer gibt oder die Opfer nicht bereit sind, Anzeige zu erstatten und vor den Strafverfolgungsbehörden auszusagen.

Triebfeder für die Organisierte Kriminalität ist das Gewinnstreben. Eine wirksame Bekämpfung hat daher bei der Abschöpfung dieser Gewinne anzusetzen. Mit dem Zugriff auf die Tatgewinne soll den Straftätern zugleich auch das Investitionskapital für die Begehung weiterer Straftaten entzogen werden. Zur Schaffung neuer Vor-schriften über das Abschöpfen von Geldern sollen dem organisier

-

ten Verbrechen seine finanziellen Ressourcen entzogen werden.

Schärfere Strafen für Straftaten der Organisierten Kriminalität sol-len die Abschreckungswirkung erhöhen und eine angemessene Bestrafung ermöglichen. Insbesondere im Bereich der bandenmä-ßigen Betäubungsmittelkriminalität, dem Ke rn der Organisierten Kriminalität, ist eine Anhebung der Mindeststrafen erforderlich. Es hat sich ferner gezeigt, daß die herkömmlichen Ermittlungs- und Aufklärungsmöglichkeiten im Hinblick auf die besonderen Struk-turen der Organisierten Kriminalität und die fortschreitende Pro-fessionalisierung der Straftäter in diesem Bereich nicht ausreichen. Durch eine Verbesserung des Ermittlungsinstrumentariums soll es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden, in den Kernbe-reich der kriminellen Organisationen einzudringen. Neue Rege-lungen zum Schutz von Zeugen sollen die Sicherheit gefährdeter Auskunftspersonen besser gewährleisten.

Page 2: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

B. Lösung

Der Entwurf schlägt u. a. vor:

1. Einführung einer Vermögensstrafe für Fälle der Organisierten Kriminalität.

2. Erweiterung des Verfalls von Vermögensgegenständen bei Straftaten der Organisierten Kriminalität.

3. Strafverschärfungen:

— verschärfte Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Hehlerei, der Bandenhehlerei und des Bandendiebstahls,

— Einführung einer Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren für Mitglieder von Drogenbanden,

— Heraufstufung von besonders schweren Fällen der Rausch-giftkriminalität von Vergehen zu Verbrechen.

4. Erweiterung des § 129 des Strafgesetzbuches auf ausländische kriminelle Vereinigungen, deren Zweck auf den Vertrieb von Betäubungsmitteln gerichtet ist.

5. Einführung eines Straftatbestandes der „Geldwäsche" in das StGB.

6. Gesetzliche Regelung des Einsatzes Verdeckter Ermittler.

7. Gesetzliche Regelung des Einsatzes akustischer und optischer Überwachungsgeräte.

8. Gesetzliche Regelungen über die Rasterfahndung und die po-lizeiliche Beobachtung.

9. Beschlagnahme von Gegenständen, die dem Verfall unterlie-gen.

10. Verbesserung des Zeugenschutzes durch

— Ermöglichung der Geheimhaltung der Identität und des Aufenthaltsortes eines gefährdeten Zeugen,

— Änderung der Vorschriften über die Benennung von Be-weismitteln und Namhaftmachung von Zeugen,

— Änderung des Personenstandsgesetzes.

11. Änderung des Rechts der Heilberufe.

12. Überwachung der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Grundstoffen für die Herstellung von Betäubungsmitteln.

Der Entwurf kann in weitem Umfang auf Vorarbeiten aufbauen, die von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern geleistet wurden.

C. Alternativen

Für Teilbereiche bestehen bereits Gesetzentwürfe der Bundesre-gierung [Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Ver-mögensstrafe — (. . . StRÄndG), BT-Drucksache 11/5461, und Ent-wurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes - Erweiterter Verfall —

Page 3: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

(... StRÄndG), BT-Drucksache 11/6623)], die der Entwurf für die betreffenden Bereiche übernimmt und weiterentwickelt. Für einen weiteren Teilbereich besteht ein Gesetzentwurf der Fraktion der SPD [Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes — Abschöpfung von Gewinnen, Geldwäsche — (. . . StRÄndG, BT-Drucksache 11/5313)].

D. Kosten

Mehrkosten für die Haushalte des Bundes und der Länder sind zu erwarten. Es ist auf der anderen Seite mit Mehreinnahmen aus dem Verfall von Gewinnen aus Rauschgiftgeschäften zu rech-nen.

Page 4: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Bundesrepublik Deutschland Der Bundeskanzler

021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

An den Präsidenten des Deutschen Bundestages

Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Abs. 3 des Grundgesetzes den vom Bun-desrat in seiner 629. Sitzung am 26. April 1991 beschlossenen Entwurf eines Geset-zes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsfor-men der Organisierten Kriminalität (OrgKG) mit Begründung (Anlage 1) und Vor-blatt.

Ich bitte, die Beschlußfassung des Deutschen Bundestages herbeizuführen.

Federführend ist der Bundesminister der Justiz.

Die Auffassung der Bundesregierung zu dem Gesetzentwurf ist in der als Anlage 2 beigefügten Stellungnahme dargelegt.

Kohl

Page 5: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

Anlage 1

Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen . Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesra-tes das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekannt-machung vom 10. März 1987 (BGBl. I S. 945), zuletzt geändert durch . . ., wird wie folgt geändert:

1. Dem § 41 wird folgender Satz 2 angefügt:

„Dies gilt nicht, wenn das Gericht nach § 43 a eine Vermögensstrafe verhängt."

2. Nach § 43 wird folgender Untertitel eingefügt:

„ — Vermögensstrafe —

§ 43 a

Verhängung der Vermögensstrafe

(1) Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so kann das Gericht neben einer lebenslangen oder einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren auf Zahlung eines Geldbetrages erken-nen, dessen Höhe durch den Wert des Vermögens des Täters begrenzt ist (Vermögensstrafe). Ver-mögensvorteile, deren Verfall angeordnet wird, bleiben bei der Bewe rtung des Vermögens außer Ansatz. Der Wert des Vermögens kann geschätzt werden.

(2) § 42 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht bestimmt eine Freiheitsstrafe, die im Fall der Uneinbringlichkeit an die Stelle der Vermögensstrafe tritt (Ersatzfreiheitsstrafe). Das Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist zwei Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat."

3. § 52 Abs. 4 erhält folgende Fassung:

„(4) Läßt eines der anwendbaren Gesetze die Vermögensstrafe zu, so kann das Gericht auf sie neben einer lebenslangen oder einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren geson-dert erkennen. Im übrigen muß oder kann auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze sie vorschreibt oder zuläßt. "

4. § 53 Abs. 3 und 4 erhält folgende Fassung:

„(3) Hat der Täter nach dem Gesetz, nach wel-chem § 43 a Anwendung findet, oder im Fall des § 52 Abs. 4 als Einzelstrafe eine lebenslange oder eine zeitige Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jah-ren verwirkt, so kann das Gericht neben der nach

Absatz 1 oder 2 zu bildenden Gesamtstrafe geson-dert eine Vermögensstrafe verhängen; soll in die-sen Fällen wegen mehrerer Straftaten Vermö-gensstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtvermögensstrafe erkannt. § 43 a Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) § 52 Abs. 3 und 4 Satz 2 gilt sinngemäß."

5. § 54 Abs. 2 Satz 2 erhält folgende Fassung:

„Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre, bei Vermögensstrafen den Wert des Ver-mögens des Täters und bei Geldstrafe siebenhun-dertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen; § 43 a Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend."

6. § 55 Abs. 2 erhält folgende Fassung:

„(2) Vermögensstrafen, Nebenstrafen, Neben-folgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden. Dies gilt auch, wenn die Höhe der Vermögensstrafe, auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, den Wert des Vermögens des Täters zum Zeit-punkt der neuen Entscheidung übersteigt."

7. § 73 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefaßt:

„(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden und hat der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Verfall an. Dies gilt nicht, so-weit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Er-langten entziehen würde."

b) In Absatz 3 werden die Worte „den Vermö-gensvorteil" ersetzt durch das Wo rt „etwas".

c) Absatz 4 wird wie folgt gefaßt:

„(4) Der Verfall eines Gegenstandes wird auch angeordnet, wenn er einem Dritten ge-hört oder zusteht, der ihn für die Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat."

8. § 73b wird wie folgt gefaßt:

㤠73b

Schätzung

Der Umfang des Erlangten und dessen Wert sowie die Höhe des Anspruchs, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer das aus der Tat Er-langte entziehen würde, können geschätzt wer-den. "

Page 6: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

9. Nach § 73 c wird folgender § 73 d eingefügt:

㤠73d

Erweiterter Verfall

(1) Ist eine rechtswidrige Tat nach einem Gesetz begangen worden, das auf diese Vorschrift ver-weist, so ordnet das Gericht den Verfall von Ge-genständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn die Umstände die Annahme recht-fertigen, daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer nur deshalb nicht gehört oder zusteht, weil er den Gegenstand für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat. § 73 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstan-des nach der Tat ganz oder teilweise unmöglich geworden, so finden insoweit die §§ 73a und 73 b sinngemäß Anwendung.

(3) Ist nach Anordnung des Verfalls nach Ab-satz 1 wegen einer anderen rechtswidrigen Tat, die der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung begangen hat, erneut über den Verfall von Ge-genständen des Täters oder Teilnehmers zu ent-scheiden, so berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(4) § 73 c gilt entsprechend."

10. Der bisherige § 73d wird zu § 73e.

11. In § 74e Abs. 3 werden die Worte „§ 73d Abs. 2" durch die Worte „§ 73 e Abs. 2" ersetzt.

12. In § 76 werden nach den Worten „§§ 73 a" die Worte „ , § 73 d Abs. 2" eingefügt.

13. § 150 erhält die Überschrift „Vermögensstrafe, Verfall und Einziehung" und wird wie folgt geän-dert:

a) Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1) In den Fällen der §§ 146, 148 Abs. 1, der Vorbereitung einer Geldfälschung nach § 149 Abs. 1 und des § 152a sind die §§ 43a, 73 d anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten ver-bunden hat."

b) Der bisher einzige Absatz der Vorschrift wird Absatz 2.

14. § 152a wird wie folgt geändert:

Absatz 5 erhält folgende Fassung:

„(5) § 150 Abs. 2 gilt entsprechend."

15. Nach § 181 b wird folgender § 181 c eingefügt:

㤠181c

Vermögensstrafe und Verfall

In den Fällen der §§ 181 und 181 a Abs. 1 Nr. 2 sind die §§ 43 a, 73 d anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande han-

delt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat."

16. In § 244 wird folgender Absatz 3 eingefügt:

„(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 sind die §§ 43a, 73d anzuwenden. "

17. Nach § 244 wird folgender § 244 a eingefügt:

„ § 244 a

Schwerer Bandendiebstahl

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl un-ter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraus-setzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Frei-heitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jah-ren.

(3) Die §§ 43a, 73d sind anzuwenden.

(4) Absatz 1 gilt nicht, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht."

18. In § 245 wird die Angabe „§ 242 bis 244" durch die Angabe „§§ 242 bis 244a" ersetzt.

19. § 260 wird wie folgt gefaßt:

㤠260

Gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei

1. gewerbsmäßig oder

2. als Mitglied einer Bande, die sich zur fortge-setzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat,

begeht.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 43a, 73d sind anzuwenden."

20. Nach § 260 wird folgender § 260a eingefügt:

㤠260a

Gewerbsmäßige Bandenhehlerei

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei ver-bunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Frei-heitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jah-ren.

(3) Die §§ 43a, 73d sind anzuwenden."

Page 7: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

21. Nach § 260a wird folgender § 261 eingefügt:

㤠261

Geldwäsche

(1) Wer einen Vermögensgegenstand, der aus einem

1. Verbrechen eines anderen,

2. Vergehen eines anderen nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Betäubungsmittelgesetzes oder

3. von einem Mitglied einer kriminellen Vereini-gung begangenen Vergehen

herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstel-lung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jah-ren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einen in Absatz 1 bezeichneten Gegenstand

1. sich oder einem Dritten verschafft oder

2. für sich oder einen Dritten verwendet, entge-gennimmt, annimmt, anlegt, verwahrt, wenn er die Herkunft des Gegenstandes zu dem Zeit-punkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fa ll liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortge-setzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, daß der Gegenstand aus einer in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Tat eines anderen herrührt, wird mit Freiheits-strafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe be-straft.

(6) Die Tat ist nicht nach Absatz 2 strafbar, wenn zuvor ein Dritter den Gegenstand erlangt hat, ohne hierdurch eine Straftat zu begehen.

(7) Gegenstände, auf die sich die Straftat be-zieht, können eingezogen werden. § 74 a sowie §§ 43a, 73d sind anzuwenden.

(8) Den in den Absätzen 1, 2 und 5 bezeichneten Gegenständen stehen solche gleich, die aus au-ßerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangenen Taten herrühren, wenn die Taten auch am Tatort mit S trafe bedroht sind.

(9) Wegen Geldwäsche wird nicht bestraft, wer

1. die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige ver-anlaßt, wenn nicht die Tat in diesem Zeitpunkt ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wußte oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen mußte, und

2. in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt, auf den sich die Straftat bezieht.

(10) Das Gericht kann in den Fällen der Absätze 1 bis 5 die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von Strafe nach diesen Vor-schriften absehen, wenn der Täter durch die frei-willige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus oder eine in Absatz 1 genannte rechtswidrige Tat eines anderen aufge-deckt werden konnte."

22. In § 262 wird die Angabe „§§ 259 und 260" durch die Angabe „ §§ 259 bis 261" ersetzt.

23. In § 284 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1 gewerbs-mäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. "

24. § 285b erhält die Überschrift „Vermögensstrafe, Verfall und Einziehung" und wird wie folgt geän-dert:

a) Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1) In den Fällen des § 284 Abs. 3 sind die §§ 43a, 73d anzuwenden. "

b) Der bisher einzige Absatz der Vorschrift wird Absatz 2.

Artikel 2

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes

Das Betäubungsmittelgesetz vom 28. Juli 1981 (BGBl. I S. 681, 1187), zuletzt geändert durch . . ., wird wie folgt geändert:

1. § 1 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 einge-fügt:

„(3) Der Bundesminister für Gesundheit wird ermächtigt, in dringenden Fällen zur Sicher-heit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittel-verkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zu-stimmung des Bundesrates Stoffe und Zuberei-tungen in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der miß-bräuchlichen Verwendung und wegen der un-mittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verord-nung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft."

b) Absatz 3 wird Absatz 4.

Page 8: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

2. In § 2 Abs. 1 wird folgende Nummer 5 angefügt:

„5. Grundstoff: einer der in Anlage IV aufgeführten Stoffe."

3. Nach Anlage III wird folgende neue Anlage IV angefügt:

„Anlage IV (zu § 2 Abs. 1 Nr. 5) (Grundstoffe)

Teil A

(aus der Tabelle I des Übereinkommens von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen)

Ephedrin, Ergometrin, Ergotamin, Lysergsäure, 1-Phenyl-2-Propanon, Pseudoephedrin.

Teil B

(aus der Tabelle II des Übereinkommens von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen)

Essigsäureanhydrid, Aceton, Anthranilsäure, Ethylether, Phenylessigsäure, Piperidin.

Die Salze der in Teil A und Teil B aufgeführten Grundstoffe, soweit das Bestehen solcher Salze möglich ist. "

4. In § 11 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von in Anlage IV angeführten Grundstoffen zu regeln, soweit dies erforderlich ist, um ihre Ver-wendung zur unerlaubten Herstellung von Betäu-bungsmitteln zu verhindern oder die internationa-len SuchtstoffÜbereinkommen oder Rechtsakte der Organe der Europäischen Gemeinschaften durchzuführen. Insbesondere können

1. die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr in oder durch bestimmte Länder oder aus bestimmten Ländern von einer Genehmigung des Bundes-gesundheitsamtes abhängig gemacht,

2. Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe und Auf-bewahrung der zu verwendenden amtlichen Formblätter festgelegt und

3. Vorschriften über die bei der Einfuhr und Aus-fuhr zu machenden Aufzeichnungen erlassen werden. "

5. § 14 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung:

„(1) Betäubungsmittel sind im Betäubungsmit-telverkehr unter Verwendung der in den Anla-gen I bis III, Grundstoffe im Handelsverkehr unter Verwendung der in Anlage IV aufgeführten Kurz-bezeichnung zu kennzeichnen."

6. § 21 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

„(1) Der Bundesminister der Finanzen und die von ihm bestimmten Zollstellen wirken bei der Überwachung der Einfuhr, Ausfuhr und Durch-fuhr von Betäubungsmitteln sowie der in An-lage IV aufgeführten Grundstoffe mit."

7. In § 29 Abs. 3 Satz 2 werden die Nummern 3 und 4 gestrichen.

8. Nach § 29 wird folgender § 29a eingefügt:

㤠29a

Straftaten

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1. als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel an eine Person unter 18 Jahren abgibt, verab-reicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder

2. mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt, besitzt oder abgibt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Frei-heitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jah-ren."

9. In § 30 Abs. 1 wird in Nummer 2 die Angabe „§ 29 Abs. 3 Nr. 3" durch die Angabe „§ 29 a Abs. 1 Nr. 1" ersetzt.

10. Nach § 30 werden folgende §§ 30a, 30b und 30 c eingefügt:

㤠30a

Straftaten

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht ge-ringer Menge ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortge-setzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Frei-heitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jah-ren.

§ 30b

Straftaten

§ 129 des Strafgesetzbuches gilt auch dann, wenn eine Vereinigung, deren Zwecke oder de-ren Tätigkeit auf den unbefugten Vertrieb von Betäubungsmitteln im Sinne des § 6 Nr. 5 des Strafgesetzbuches gerichtet sind, nicht oder nicht nur im Inland besteht.

§ 30 c

Vermögensstrafe

(1) In den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 1, 4, 5, 6 oder 10 ist § 43 a des Strafgesetzbuches anzuwen-den. Dies gilt nicht, soweit der Täter Betäubungs-mittel, ohne mit ihnen Handel zu treiben, ver-äußert, abgibt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft.

(2) In den Fällen der §§ 29a, 30, 30a und 30b ist § 43 a des Strafgesetzbuches anzuwenden."

11. In § 31 wird in Nummer 2 die Angabe „ § 29 Abs. 3, § 30 Abs. 1" durch die Angabe „§ 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1" ersetzt.

Page 9: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

12. In § 32 Abs. 1 Nr. 6 wird nach der Angabe „§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 bis 4," die Angabe „Abs. 3," eingefügt.

13. § 33 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift erhält folgende Fassung:

„Verfall und Einziehung".

b) Folgender neuer Absatz 1 wird eingefügt:

„(1) § 73d des Strafgesetzbuches ist anzu-wenden

1. in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 1, 4, 5, 6 und 10, sofern der Täter gewerbsmäßig han-delt, und

2. in den Fällen der §§ 29a, 30 und 30a. "

c) Der bisher einzige Absatz wird Absatz 2 mit der Maßgabe, daß die Angabe „§§ 29 oder 30" in „ §§ 29, 29a, 30, 30a" geändert wird.

14. § 34 wird wie folgt gefaßt:

㤠34

Führungsaufsicht

In den Fällen des § 29 Abs. 3, der §§ 29a, 30 oder 30 a kann das Gericht Führungsaufsicht an-ordnen (§ 68 Abs. 1 des Strafgesetzbuches)."

Artikel 3

Änderung der Betäubungsmittel

-

Außenhandelsverordnung

Die Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1420) wird wie folgt geändert:

1. In den Eingangssatz der Verordnung werden nach den Worten „§ 11 Abs. 2" die Worte „und 3" eingefügt.

2. § 7 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden nach dem Wort „Betäu-bungsmittel" die Worte „oder die in Anlage IV Teil A des Betäubungsmittelgesetzes bezeich-neten Grundstoffe" eingefügt.

b) In Absatz 2 erhält der Eingangssatz folgende Fassung:

„(2) Auf dem Ausfuhrantrag für Betäubungs-mittel hat der Antragsteller folgende Angaben zu machen: ".

c) Nach Absatz 2 wird folgender neuer Absatz 3 eingefügt:

„(3) Auf dem Ausfuhrantrag für Grundstoffe hat der Antragsteller folgende Angaben zu ma-chen:

1. Name oder Firma und Anschrift des Ausfüh-rers; bei einem Ausführer mit mehreren Be-triebsstätten Anschrift der ausführenden Betriebsstätte,

2. Name und Anschrift des gebietsfremden Einführers, Name des Einfuhrlandes und, soweit vorhanden, Name des Empfängers der Sendung sowie die Versandanschrift,

3. für jeden auszuführenden Grundstoff:

a) Anzahl, Art und Größe der Packungsein-heiten nach Gewicht oder Volumen,

b) Bezeichnung des Grundstoffes nach An-lage IV Teil A des Betäubungsmittelge-setzes,

4. Bezeichnung und Anschrift der Zollstelle, über die die Grundstoffe ausgeführt werden sollen,

5. voraussichtliches Versanddatum, fa lls die Ausfuhr nicht unverzüglich nach Erteilung der Ausfuhrgenehmigung erfolgen so ll ,

6. vermutlicher Eingangsort im Einfuhrland.

d) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden Ab-sätze 4 und 5.

e) Im neuen Absatz 4 Satz 1 werden nach dem Wort „Ausfuhrantrag" die Worte „für Betäu-bungsmittel" eingefügt.

3. § 8 Abs. 3 erhält folgende Fassung:

„(3) Das Bundesgesundheitsamt kann die Aus-fuhrgenehmigung versagen, wenn der begrün-dete Verdacht besteht, daß das Betäubungsmittel oder der Grundstoff nach Anlage IV Teil A des Betäubungsmittelgesetzes im Einfuhrland nicht zu medizinischen, wissenschaftlichen oder ande-ren erlaubten Zwecken verwendet werden so ll , oder wenn Sicherheit oder Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder Grundstoffen nach Anlage IV Teil A des Betäubungsmittelgesetzes nicht gewährleistet sind."

4. § 9 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden die Worte „für die Betäu-bungsmittelkontrolle" gestrichen.

b) Absatz 2 Satz 1 erhält folgende Fassung:

„Die Ausfuhrgenehmigung ist nicht übertrag- bar und kann nicht verlängert werden."

5. In § 10 Abs. 1 werden nach dem Wort „Betäu-bungsmittel" die Worte „oder Grundstoffe" ein-gefügt.

6. § 11 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird folgender Satz 3 angefügt:

„Grundstoffe nach Anlage IV Teil A des Be-täubungsmittelgesetzes sind der nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 angegebenen Zollstelle unter Vor-lage einer Ausfertigung der Ausfuhrgenehmi-gung anzumelden und auf Verlangen vorzu-führen; sie dürfen nicht vor Ablauf von 14 Ta-gen nach dem Ausstellungsdatum der Aus-fuhrgenehmigung zur Ausfuhr abgefertigt werden. "

b) In Absatz 2 erhalten die Sätze 2 und 3 folgende Fassung:

Page 10: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

„Sie begleiten die Betäubungsmittel und die Grundstoffe nach Anlage IV Teil A des Betäu-bungsmittelgesetzes in das Einfuhrland. Sen-dungen ohne beigefügte Ausfuhrgenehmi-gung dürfen nicht abgefertigt werden."

7. § 12 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird nach der Angabe „§ 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 7," die Angabe „oder Absatz 3 Nr. 1 bis 6,".

b) In Absatz 2 werden nach dem Wort „Betäu-bungsmittel" die Worte „oder die Grundstoffe nach Anlage IV Teil A des Betäubungsmittel-gesetzes" eingefügt.

8. Nach § 13 wird folgender Abschnitt IV sowie § 14 — neu — eingefügt:

„IV. Aufzeichnungen

§ 14

Aufzeichnungen

(1) Der Einführer von Grundstoffen nach An-lage IV Teil A hat für jede Einfuhr und jeden Grundstoff folgende Aufzeichnung zu führen:

1. Menge nach Gewicht und Volumen,

2. Kurzbezeichnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Betäubungsmittelgesetzes,

3. Name und Anschrift des Ausführers und ggf. des Empfängers.

(2) Der Ausführer von Grundstoffen hat für jede Ausfuhr und jeden Grundstoff folgende Aufzeich-nungen zu führen:

1. Menge nach Gewicht oder Volumen,

2. Kurzbezeichnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Betäubungsmittelgesetzes,

3. Name und Anschrift des Einführers und gege-benenfalls des Empfängers.

(3) Die in Absätzen 1 und 2 genannten Auf-zeichnungen sind zwei Jahre aufzubewahren und den zuständigen Behörden auf Verlangen zur Ein-sicht zur Verfügung zu stellen."

9. Die bisherigen Abschnitte IV bis VI werden Ab-schnitte V bis VII, die bisherigen §§ 14 bis 20 wer-den §§ 15 bis 21.

10. Der neue § 17 wird wie folgt geändert:

a) In § 17 Nr. 1 wird die Angabe „§ 7 Abs. 2" durch die Angabe „ § 7 Abs. 2 und 3" ersetzt.

b) An § 17 wird folgende neue Nummer 3 ange-fügt:

„3. entgegen § 14 Abs. 1 oder 2 Aufzeichnun-gen nicht, nicht richtig oder nicht vollstän-dig führt oder entgegen § 17 Abs. 3 Auf-zeichnungen nicht aufbewahrt."

Artikel 4

Änderung der Strafprozeßordnung

Die Strafprozeßordnung in der Fassung der Be-kanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074), zuletzt geändert durch . . ., wird wie folgt geändert:

1. § 68 erhält folgende Fassung:

㤠68

(1) Die Vernehmung beginnt damit, daß der Zeuge über Vornamen und Zunamen, Alter, Stand oder Gewerbe und Wohnort befragt wird. Zeugen, die Wahrnehmungen in amtlicher Eigen-schaft gemacht haben, können statt des Wohn-ortes den Dienstort angeben.

-(2) Besteht Anlaß zu der Besorgnis, daß durch die Angabe des Wohnortes der Zeuge oder eine andere Person gefährdet wird, so kann dem Zeu-gen gestattet werden, statt des Wohnortes seinen Geschäfts- oder Dienstort oder eine andere la-dungsfähige Anschrift anzugeben. Unter der in Satz 1 genannten Voraussetzung kann der Vorsit-zende in der Hauptverhandlung dem Zeugen ge-statten, seinen Wohnort nicht anzugeben.

(3) Besteht Anlaß zu der Besorgnis, daß durch die Offenbarung der Identität oder des Wohn-oder Aufenthaltsortes des Zeugen Leben, Leib oder Freiheit des Zeugen oder einer anderen Per-son gefährdet wird, so kann ihm gestattet werden, Angaben zur Person nicht oder nur über eine frü-here Identität zu machen. Die Unterlagen, die die Feststellung der Identität des Zeugen gewährlei-sten, werden bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. Zu den Akten sind sie erst zu nehmen, wenn die Gefährdung entfällt.

(4) Erforderlichenfalls sind dem Zeugen Fragen über solche Umstände, die seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache betreffen, insbeson-dere über seine Beziehungen zu dem Beschuldig-ten oder dem Verletzten, vorzulegen."

2. In die Überschrift des Achten Abschnitts des Er-sten Buches werden nach den Worten „Überwa-chung des Fernmeldeverkehrs" ein Beistrich so-wie die Worte „Rasterfahndung, Einsatz techni-scher Mittel, Einsatz Verdeckter Ermittler" einge-fügt.

3. Nach § 98 werden folgende §§ 98a, 98b und 98 c eingefügt:

㤠98a

Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand

1. eine der in § 100a Satz 1 Nr. 3 und 4 bezeich-neten Straftaten,

2. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande einen Raub oder eine räuberische Erpressung (§§ 249 bis 251, 255 des Strafgesetzbuches), eine Erpressung (§ 253 des Strafgesetzbuches), einen Menschenhandel nach § 181 Nr. 2 des Strafgesetzbuches, eine Zuhälterei (§ 181 a des Strafgesetzbuches) oder eine unerlaubte Ver-anstaltung eines Glücksspiels (§ 284 des Straf-gesetzbuches),

3. einen Bandendiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches), einen schweren Banden-diebstahl (§ 244 a des Strafgesetzbuches), ei-ne gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei

Page 11: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

(§ 260 des Strafgesetzbuches), eine gewerbs-mäßige Bandenhehlerei (§ 260 a des Strafge-setzbuches) oder eine Geldwäsche (§ 261 des Strafgesetzbuches),

4. eine Straftat nach § 129 a Abs. 1 und 2 des Strafgesetzbuches oder eine der in dieser Vor-schrift bezeichneten Straftaten oder

5. einen sexuellen Mißbrauch von Kindern (§ 176 des Strafgesetzbuches), eine Vergewaltigung (§ 177 des Strafgesetzbuches) oder eine se-xuelle Nötigung (§ 178 des Strafgesetzbu-ches)

begangen hat, so dürfen, unbeschadet §§ 94, 110, 161, personenbezogene Daten von Personen, die bestimmte, auf den Täter vermutlich zutreffende Prüfungsmerkmale erfüllen, mit anderen Daten maschinell abgeglichen werden, um Nichtver-dächtige auszuschließen oder Personen festzu-stellen, die weitere für die Ermittlungen bedeut-same Prüfungsmerkmale erfüllen. Die Maßnahme darf nur angeordnet werden, wenn die Erfor-schung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise er-heblich weniger erfolgversprechend oder wesent-lich erschwert wäre.

(2) Zu dem in Absatz 1 bezeichneten Zweck hat die speichernde Stelle die für den Abgleich erfor-derlichen Daten aus den Datenbeständen auszu-sondern und den Strafverfolgungsbehörden zu übermitteln.

(3) Soweit die zu übermittelnden Daten von an-deren Daten nur mit unverhältnismäßigem Auf-wand getrennt werden können, sind auf Anord-nung auch die anderen Daten zu übermitteln. Ihre Nutzung ist nicht zulässig.

(4) Auf Anforderung der Staatsanwaltschaft hat die speichernde Stelle die Stelle, die den Abgleich durchführt, zu unterstützen.

(5) § 95 Abs. 2 gilt entsprechend.

§ 98 b

(1) Der Abgleich und die Übermittlung der Da-ten dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft ange-ordnet werden. Hat die Staatsanwaltschaft die Anordnung getroffen, so beantragt sie unverzüg-lich die richterliche Bestätigung. Die Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von dem Richter bestätigt wird. Die Anordnung ergeht schriftlich. Sie muß den zur Übermittlung Verpflichteten bezeichnen und ist auf die Daten und Prüfungsmerkmale zu beschränken, die für den Einzelfall benötigt werden. Die Übermittlung von Daten, deren Verwendung besondere bun-desgesetzliche oder entsprechende landesgesetz-liche Verwendungsregelungen entgegenstehen, darf nicht angeordnet werden. Die §§ 96, 97, 98 Abs. 1 Satz 2 gelten entsprechend.

(2) Ordnungs- und Zwangsmittel (§ 95 Abs. 2) dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Ver-zug auch durch die Staatsanwaltschaft angeord

-

net werden; die Festsetzung von Haft bleibt dem Richter vorbehalten.

(3) Sind die Daten auf Datenträgern übermittelt worden, so sind diese nach Beendigung des Ab-gleichs unverzüglich zurückzugeben. Personen-bezogene Daten, die auf andere Datenträger übertragen wurden, sind unverzüglich zu löschen, sobald sie für das Strafverfahren nicht mehr benö-tigt werden. Die durch den Abgleich erlangten personenbezogenen Daten dürfen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswer-tung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 98 a Abs. 1 bezeichneten Straftat benö-tigt werden.

(4) § 163 d Abs. 5 gilt entsprechend.

§ 98 c

Zur Aufklärung einer Straftat oder zur Ermitt-lung des Aufenthaltsortes einer Person, nach der für Zwecke eines Strafverfahrens gefahndet wird, dürfen personenbezogene Daten aus einem Straf-verfahren mit anderen zur Strafverfolgung oder Strafvollstreckung oder zur Gefahrenabwehr ge-speicherten Daten maschinell abgeglichen wer-den. Entgegenstehende besondere bundesge-setzliche oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen bleiben unberührt."

4. § 100 a wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 Nr. 2 wird jeweils in einer neuen Zeile

aa) nach der Angabe „eine Straftat gegen die persönliche Freiheit (§§ 234, 234 a, 239 a, 239 b des Strafgesetzbuches) " die Angabe „einen Bandendiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches) oder einen schweren Bandendiebstahl (§ 244 a des Strafgesetzbuches) " und

bb) nach der Angabe „eine Erpressung (§ 253 des Strafgesetzbuches) " die Angabe „eine gewerbsmäßige Hehlerei, eine Banden-hehlerei (§ 260 des Strafgesetzbuches) oder eine gewerbsmäßige Bandenhehlerei (§ 260 a des Strafgesetzbuches) "

eingefügt.

b) Satz 1 Nr. 4 erhält folgende Fassung:

„4. eine Straftat nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, §§ 29 a, 30 Abs. 1 Nr. 2, 4, § 30 a oder § 30 b des Betäubungsmittelgesetzes".

5. § 100 b wird wie folgt geändert:

a) Absatz 5 wird wie folgt gefaßt:

„(5) Die durch die Maßnahmen erlangten personenbezogenen Informationen dürfen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegen-heit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer der in § 100 a be-zeichneten Straftaten benötigt werden."

Page 12: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

b) Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 6 mit der Maßgabe, daß in Satz 1 nach den Worten „so sind sie" das Wort „unverzüglich" eingefügt wird.

6. Nach § 100 b werden folgende §§ 100 c und 100 d eingefügt:

㤠100c

(1) Ohne Wissen des Betroffenen

1. dürfen

a) Lichtbilder und Bildaufzeichnungen herge-stellt sowie besondere Sichthilfen einge-setzt werden,

b) sonstige besondere für Observationszwecke bestimmte technische Mittel zur Erfor-schung des Sachverhalts oder zur Ermitt-lung des Aufenthaltsortes des Täters ver-wendet werden, wenn Gegenstand der Un-tersuchung eine Straftat von erheblicher Be-deutung ist,

2. darf das nichtöffentlich gesprochene Wo rt mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeich-net werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, daß jemand eine in § 100 a bezeichnete Straftat begangen hat, und die Erforschung des Sachverhalts oder die Er-mittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich er-schwert wäre.

(2) Das in einer Wohnung nichtöffentlich ge-sprochene Wort darf nach Absatz 1 Nr. 2 abgehört und aufgezeichnet werden, soweit es im Beisein eines nicht offen ermittelnden Beamten geäußert wird. Unter den in Satz 1 genannten Vorausset-zungen dürfen in einer Wohnung auch Lichtbilder und Bildaufzeichnungen von Personen und von Beweismitteln hergestellt werden.

(3) Darüber hinaus dürfen technische Mittel, die dem Abhören, der Aufzeichnung oder der Bild-aufnahme dienen, während des Einsatzes eines nicht offen ermittelnden Beamten zu dessen Si-cherung verwendet werden. Personenbezogene Informationen, die hieraus erlangt wurden, dürfen zu Beweiszwecken nur zur Aufklärung einer in § 100 a bezeichneten Straftat verwendet werden. Wurden die personenbezogenen Informationen in oder aus einer Wohnung erlangt, so dürfen sie zu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit es sich um einen Mord oder Totschlag (§§ 211, 212 des Strafgesetzbuches), einen erpresserischen Menschenraub oder eine Geiselnahme (§§ 239 a, 239 b des Strafgesetzbuches), einen Angriff auf den Luftverkehr (§ 316 c des Strafgesetzbuches) oder eine der in § 100 a Satz 1 Nr. 4 bezeichneten Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz handelt. Die Beschränkungen des Satzes 2 gel-ten nicht für Lichtbilder und Bildaufzeichnun-gen.

(4) Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen sich nur gegen den Beschuldigten richten. Gegen andere Personen sind Maßnahmen nach

Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a zulässig, wenn anzu-nehmen ist, daß sie zur Erforschung des Sachver-halts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters geeignet sind. Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2, Absatz 2 dürfen gegen andere Personen nur angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie mit dem Täter in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, daß die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des Tä-ters führen wird und dies auf andere Weise aus-sichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(5) Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

§ 100d

(1) Maßnahmen nach § 100c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfas-sungsgesetzes) angeordnet werden. § 98b Abs. 1 Satz 2, § 100 b Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, 4 und 6 gelten sinngemäß.

(2) Personenbezogene Informationen, die durch die Verwendung technischer Mittel nach § 100 c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 erlangt worden sind, dürfen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 100 a bezeichneten Straftat benötigt werden. "

7. § 101 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1) Von den getroffenen Maßnahmen (§§ 99, 100a, 100 b, 100 c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3, § 100 d) sind die Beteiligten zu benach-richtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, der öffentlichen Si-cherheit, von Leib oder Leben einer Person so-wie der Möglichkeit der weiteren Verwendung eines eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten geschehen kann."

b) Es wird folgender Absatz 4 eingefügt:

„(4) Entscheidungen und sonstige Unterla-gen über Maßnahmen nach § 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2, Absatz 2 werden bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. Zu den Akten sind sie erst zu nehmen, wenn die Vorausset-zungen des Absatzes 1 erfüllt sind."

8. Nach § 110 werden folgende §§ 110 a bis 110 e eingefügt:

㤠110a

(1) Der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers darf angeordnet werden, wenn der Verdacht besteht, daß eine der in § 98 a Abs. 1 bezeichneten Straf-taten begangen wurde, und wenn die Erfor-schung des Sachverhaltes oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise er-

Page 13: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

heblich weniger erfolgversprechend oder wesent-lich erschwert wäre.

(2) Verdeckte Ermittler sind Beamte des Polizei-dienstes, die unter einer ihnen verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten Identität (Le-gende) ermitteln. Sie dürfen unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen.

(3) Soweit es für den Aufbau oder die Aufrecht-erhaltung der Legende unerläßlich ist, dürfen ent-sprechende Urkunden hergestellt, verändert und gebraucht werden.

§ 110b

(1) Der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers ist erst nach Zustimmung der Staatsanwaltschaft zu-lässig. Besteht Gefahr im Verzug und kann die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht recht-zeitig eingeholt werden, so ist sie unverzüglich herbeizuführen; die Maßnahme ist zu beenden, wenn nicht die Staatsanwaltschaft binnen drei Ta-gen zustimmt. Die Zustimmung ist zu befristen. Eine Verlängerung ist zulässig, solange die Vor-aussetzungen für den Einsatz fortbestehen.

(2) Einsätze,

1. die sich gegen einen bestimmten Beschuldig-ten richten oder

2. bei denen der Verdeckte Ermittler eine Woh-nung betritt, die nicht allgemein zugänglich ist,

bedürfen der Zustimmung des Richters. Bei Ge-fahr im Verzug genügt die Zustimmung der Staatsanwaltschaft. Kann die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig eingeholt werden, so ist sie unverzüglich herbeizuführen. Die Maßnahme ist zu beenden, wenn nicht der Richter binnen drei Tagen zustimmt. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Die Identität des Verdeckten Ermittlers kann auch nach Beendigung des Einsatzes geheimge-halten werden. Der Staatsanwalt und der Richter, die für die Entscheidung über die Zustimmung zu dem Einsatz zuständig sind, können verlangen, daß die Identität ihnen gegenüber offenbart wird. Im übrigen ist in einem Strafverfahren die Ge-heimhaltung der Identität nach Maßgabe des § 96 zulässig, insbesondere dann, wenn Anlaß zu der Besorgnis besteht, daß die Offenbarung Leben, Leib oder Freiheit des Verdeckten Ermittlers oder einer anderen Person oder die Möglichkeit der weiteren Verwendung des Verdeckten Ermittlers gefährden würde.

§ 110c

Verdeckte Ermittler dürfen unter Verwendung ihrer Legende eine Wohnung mit dem Einver-ständnis des Berechtigten betreten. Das Einver-ständnis darf nicht durch ein über die Nutzung der Legende hinausgehendes Vortäuschen eines Zu-trittsrechts herbeigeführt werden. Im übrigen richten sich die Befugnisse des Verdeckten Er-mittlers nach diesem Gesetz und anderen Rechts-vorschriften.

§ 110d

(1) Personen, deren nicht allgemein zugängli-che Wohnung der Verdeckte Ermittler betreten hat, sind vom Einsatz zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungs-zwecks, der öffentlichen Sicherheit, von Leib oder Leben einer Person sowie der Möglichkeit der weiteren Verwendung des Verdeckten Ermittlers geschehen kann.

(2) Entscheidungen und sonstige Unterlagen über den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers werden bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. Zu den Akten sind sie erst zu nehmen, wenn die Vor-aussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

§ 110e

Die durch den Einsatz des Verdeckten Ermitt-lers erlangten personenbezogenen Informationen dürfen in anderen Strafverfahren zu Beweiszwek-ken nur verwendet werden, soweit sich bei Gele-genheit der Auswertung Erkenntnisse ergeben, die zur Aufklärung einer in § 110 a Abs. 1 be-zeichneten Straftat benötigt werden; § 100 c Abs. 3 und § 100 d Abs. 2 bleiben unberührt."

9. § 111 b wird wie folgt gefaßt:

㤠111b

(1) Gegenstände können durch Beschlagnahme nach § 111 c sichergestellt werden, wenn drin-gende Gründe für die Annahme vorhanden sind, daß die Voraussetzungen für ihren Verfall oder ihre Einziehung vorliegen. § 94 Abs. 3 bleibt un-berührt.

(2) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz oder der Einziehung von Wert-ersatz vorliegen, kann zu deren Sicherung nach § 111 d der dingliche Arrest angeordnet werden.

(3) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, soweit der Verfall nur deshalb nicht angeordnet werden kann, weil die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 des Strafgesetzbuchs vorliegen."

10. Nach § 111n werden folgende §§ 111 o und 111p eingefügt:

㤠111o

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß die Voraussetzungen für die Ver-hängung einer Vermögensstrafe vorliegen, so kann wegen dieser der dingliche Arrest angeord-net werden.

(2) Die §§ 917, 928, 930 bis 932, 934 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung gelten sinngemäß. In der Ar-restanordnung ist ein Geldbetrag festzustellen, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem An-trag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes be-rechtigt wird. Die Höhe des Betrages bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles, na-mentlich nach der voraussichtlichen Höhe der

Page 14: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Vermögensstrafe. Diese kann geschätzt werden. Das Gesuch auf Erlaß des Arrestes soll die für die Feststellung des Geldbetrages erforderlichen Tat-sachen enthalten.

(3) Zu der Anordnung des Arrestes wegen einer Vermögensstrafe ist nur der Richter, bei Gefahr im Verzuge auch die Staatsanwaltschaft befugt. Hat die Staatsanwaltschaft die Anordnung getroffen, so beantragt sie innerhalb einer Woche die rich-terliche Bestätigung der Anordnung. Der Beschul-digte kann jederzeit die richterliche Entscheidung beantragen.

(4) Soweit wegen einer Vermögensstrafe die Vollziehung des Arrestes in beweglichen Sachen zu bewirken ist, gilt § 111 f Abs. 1 entsprechend.

(5) Im übrigen finden § 111 e Abs. 3 und 4, § 111 f Abs. 2 und 3 Satz 2 und 3 sowie die §§ 111 g und 111 h Anwendung.

§ 111p

(1) Unter den Voraussetzungen des § 111 o Abs. 1 kann das Vermögen des Beschuldigten mit Beschlag belegt werden, wenn die Vollstreckung der zu erwartenden Vermögensstrafe im Hinblick auf Art oder Umfang des Vermögens oder aus son-stigen Gründen durch eine Arrestanordnung nach § 111 o nicht gesichert erscheint.

(2) Die Beschlagnahme ist auf einzelne Vermö-gensbestandteile zu beschränken, wenn dies nach den Umständen, namentlich nach der zu er-wartenden Höhe der Vermögensstrafe, ausreicht,' um deren Vollstreckung sicherzustellen.

(3) Mit der Anordnung der Vermögensbe-schlagnahme verliert der Beschuldigte das Recht, das in Beschlag genommene Vermögen zu ver-walten und darüber unter Lebenden zu verfügen. In der Anordnung ist die Stunde der Beschlag-nahme angegeben.

(4) § 111 o Abs. 3, §§ 291, 292 Abs. 2, § 293 gel-ten entsprechend.

(5) Der Vermögensverwalter hat der Staatsan-waltschaft und dem Gericht über alle im Rahmen der Verwaltung des Vermögens erlangten Er-kenntnisse, die dem Zweck der Beschlagnahme dienen können, Mitteilung zu machen."

11. § 112 a Abs. 1 wird wie folgt geändert:

In Satz 1 Nr. 2 werden die Worte „Abs. 3 oder nach § 30 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes" durch die Worte „Abs. 3, § 29 a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30 a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes" er-setzt.

12. Nach § 163 d wird folgender § 163 e eingefügt:

㤠163e

(1) Die Ausschreibung zur Beobachtung anläß-lich von polizeilichen Kontrollen, die die Feststel-lung der Personalien zulassen, kann angeordnet werden, wenn bestimmte Tatsachen den Ver-dacht begründen, daß eine Straftat von erhebli-cher Bedeutung begangen wurde. Die Anord-

nung darf sich nur gegen den Beschuldigten rich-ten. Gegen andere Personen ist die Maßnahme zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie mit dem Täter in Verbin-dung stehen oder eine solche Verbindung herge-stellt wird, daß die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Auf ent-haltsortes des Täters führen wird und dies auf andere Weise erheblich weniger erfolgverspre-chend oder wesentlich erschwert wäre.

(2) Das Kennzeichen eines Kraftfahrzeugs kann ausgeschrieben werden, wenn das Fahrzeug für eine nach Absatz 1 ausgeschriebene Person zuge-lassen ist oder von ihr oder einer bisher nament-lich nicht bekannten Person benutzt wird, die ei-ner Straftat mit erheblicher Bedeutung verdächtig ist.

(3) Im Falle eines Antreffens können auch per-sonenbezogene Informationen eines Begleiters der ausgeschriebenen Person oder des Führers eines ausgeschriebenen Kraftfahrzeugs gemeldet werden.

(4) Die Ausschreibung zur polizeilichen Beob-achtung darf nur durch den Richter angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anord-nung auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten (§ 152 des Gerichtsverfassungsge-setzes) getroffen werden. Hat die Staatsanwalt-schaft oder einer ihrer Hilfsbeamten die Anord-nung getroffen, so beantragt die Staatsanwalt-schaft unverzüglich die richterliche Bestätigung der Anordnung. Die Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von dem Richter bestätigt wird. Die Anordnung ist auf höchstens ein Jahr zu befristen. § 100 b Abs. 2 Satz 5 gilt ent-sprechend."

13. § 168 a Abs. 1 wird folgender Satz 2 angefügt:

„§ 68 Abs. 2, 3 bleibt unberührt."

14. § 200 wird wie folgt geändert:

In Absatz 1 werden folgende Sätze 3 und 4 ange-fügt:

„Bei der Benennung von Zeugen genügt in den Fällen des § 68 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 die Angabe der ladungsfähigen Anschrift. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teil-weise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzu-geben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entspre-chend."

15. § 222 wird wie folgt geändert:

Absatz 1 wird folgender Satz 3 angefügt:

„§ 200 Abs. 1 Satz 3 und 4 gilt sinngemäß."

16. § 457 wird wie folgt geändert:

a) Es wird folgender Absatz 1 eingefügt:

„(1) § 161 gilt sinngemäß für die in diesem Abschnitt bezeichneten Zwecke."

Page 15: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

b) Der bisherige Absatz 1 wird Absatz 2; der bis-herige Absatz 2 entfällt.

c) Es wird folgender neuer Absatz 3 eingefügt:

„(3) Im übrigen hat in den Fällen des Absat-zes 2 die Vollstreckungsbehörde die gleichen Befugnisse wie die Strafverfolgungsbehörde, soweit die Maßnahmen bestimmt und geeignet sind, den Verurteilten festzunehmen. Die not-wendig werdenden gerichtlichen Entschei-dungen trifft das Gericht des ersten Rechts-zuges. "

17. Nach § 459h wird folgende Vorschrift einge-fügt:

㤠459 i

(1) Für die Vollstreckung der Vermögensstrafe (§ 43a des Strafgesetzbuches) gelten die §§ 459, 459a, 459b, 459c, 459e, 459f und 459h sinnge-mäß.

(2) In den Fällen der §§ 1110 und 111p erlischt die Maßnahme mit Beendigung der Vollstrek-kung. § 293 Abs. 2 gilt entsprechend."

18. § 460 wird folgender Satz 2 angefügt:

„Werden mehrere Vermögensstrafen auf eine Ge-samtvermögensstrafe zurückgeführt, so darf diese die Höhe der verwirkten höchsten S trafe auch dann nicht unterschreiten, wenn deren Höhe den Wert des Vermögens des Verurteilten zum Zeit-punkt der nachträglichen gerichtlichen Entschei-dung übersteigt. "

19. § 463 a wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 einge-fügt:

„(2) Die Aufsichtsstelle kann für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anordnen, daß der Verurteilte zur Beob-achtung anläßlich von polizeilichen Kontrol-len, die die Feststellung der Personalien zulas-sen, ausgeschrieben wird. § 163 e Abs. 2 gilt entsprechend."

b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3.

20. Nach § 473 wird folgendes Achte Buch einge-fügt:

„Achtes Buch. Vorgangsverwaltung

§ 474

(1) Die Staatsanwaltschaft darf personenbezo-gene Informationen in Dateien speichern, verän-dern und nutzen, soweit dies für Zwecke der Vor-gangsverwaltung erforderlich ist. Eine Nutzung für Verfahren in strafrechtlichen Angelegenhei-ten ist zulässig.

(2) Die personenbezogenen Daten dürfen für mehrere Staatsanwaltschaften in gemeinsamen

§ 475

(1) Die nach § 474 gespeicherten personenbezo-genen Daten dürfen für Zwecke der Rechtspflege an Gerichte, Staatsanwaltschaften, andere Justiz-behörden und die Polizei übermittelt werden.

(2) Die Einrichtung eines automatisierten Ver-fahrens, das die Übermittlung personenbezoge-ner Daten durch Abruf einer Staatsanwaltschaft ermöglicht, ist zulässig. Dabei ist sicherzustellen, daß die zur Sicherung gegen Mißbrauch erforder-lichen technischen und organisatorischen Maß-nahmen, insbesondere durch Vergabe von Ken-nungen an die zum Abruf berechtigten Stellen und die Datenendgeräte, ergriffen werden. Die speichernde Stelle hat durch Aufzeichnungen über die Abrufe zu gewährleisten, daß die Über-mittlung personenbezogener Daten festgestellt und ihre Zulässigkeit zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren überprüft werden kann.

§ 476

(1) Personenbezogene Daten sind zu berichti-gen, wenn sie unrichtig sind.

(2) Die Daten sind zu löschen, soweit ihre Spei-cherung unzulässig oder ihre Kenntnis für Zwecke der Vorgangsverwaltung nicht mehr er-forderlich ist.

(3) An die Stelle einer Löschung tritt eine Sper-rung, soweit

1. Grund zu der Annahme besteht, daß schutz-würdige Belange einer betroffenen Person be-einträchtigt würden, oder

2. eine Löschung wegen der besonderen A rt der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnis-mäßigem Aufwand möglich ist.

Personenbezogene Daten sind ferner zu sperren, soweit sie nur zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle gespeichert sind. Gesperrte Daten dürfen nur für den Zweck ver-wendet werden, für den sie gesperrt worden sind.

(4) Stellt die zu speichernde Stelle fest, daß un-richtige, zu löschende oder zu sperrende perso-nenbezogene Daten übermittelt worden sind, so ist dem Empfänger die Berichtigung, Löschung oder Sperrung mitzuteilen, wenn dies zur Wah-rung schutzwürdiger Interessen des Be troffenen erforderlich ist. Die Mitteilung kann unterbleiben, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand er-fordern würde.

§ 477

(1) Der Bundesminister der Justiz und die Lan-desregierungen bestimmen für ihren jewei ligen Geschäftsbereich durch Rechtsverordnung die näheren Einzelheiten der Speicherung nach § 474, insbesondere Art und Umfang der Dateien, sowie Löschungsvorschriften nach § 476 Abs. 2. Sie bestimmen ferner die Dateien, die für ein auto-matisiertes Abrufverfahren nach § 475 Abs. 2 zu-

Page 16: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

gelassen werden sowie das Nähere über die Maß-nahmen nach § 475 Abs. 2 Satz 2 und 3.

(2) Bei der Einrichtung gemeinsamer Dateien nach § 474 Abs. 2 bestimmen sie, welche Stelle die technischen und organisatorischen Maßnah

-men zu treffen hat, um den erforderlichen Schutz der personenbezogenen Daten zu gewährleisten, sowie die für die Durchführung der Datenschutz-kontrolle zuständige Stelle.

(3) Die Landesregierungen können die Ermäch-tigung durch Rechtsverordnung auf die Landes-justizverwaltungen übertragen.

§ 478

Dem Betroffenen ist auf Antrag Auskunft über die Speicherung zu erteilen. Die Auskunft unter-bleibt, wenn sie den Untersuchungszweck ge-fährden kann. Ist der Betroffene bei einer gemein-samen Datei nicht in der Lage, die speichernde Stelle festzustellen, so kann er sich an jede spei-cherungsberechtigte Stelle wenden. Diese erteilt im Einvernehmen mit der speichernden Stelle Auskunft.

§ 479

(1) Im Falle des § 163 Abs. 2 Satz 1 teilt die Staatsanwaltschaft der Polizeibehörde ihr Akten-zeichen mit.

(2) Sie unterrichtet die Polizeibehörde über den Ausgang des Verfahrens zumindest durch Mittei-lung der Entscheidungsformel, der entscheiden-den Stelle sowie des Datums und der Art der Ent-scheidung. Die Übersendung eines Abdrucks der Mitteilung zum Bundeszentralregister ist zulässig, im Falle des Erforderns auch des Urteils oder einer mit Gründen versehenen Einstellungsentschei-dung.

(3) In Verfahren gegen Unbekannt sowie bei Verkehrsstrafsachen, soweit sie nicht unter die §§ 142, 315 bis 315 c des Strafgesetzbuches fallen, wird der Ausgang des Verfahrens nicht mitge-teilt.

(4) Wird ein Urteil übersandt, das angefochten worden ist, so ist anzugeben, wer Rechtsmittel eingelegt hat."

Artikel 5

Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch . . ., wird wie folgt geändert:

In § 172 Nr. 1 werden nach den Worten „der öffentli-chen Ordnung" die Worte „ , insbesondere des Le-bens, des Leibes oder der Freiheit eines Zeugen oder einer anderen Person, " eingefügt.

Artikel 6

Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten

§ 29 a des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch . . ., wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden die Worte „einen Vermögens-vorteil" durch das Wort „etwas" und die Worte „dem erlangten Vermögensvorteil" durch die Worte „dem Wert des Erlangten" ersetzt.

b) In Absatz 2 werden die Worte „einen Vermögens-vorteil" ersetzt durch das Wort „etwas".

c) Absatz 3 wird wie folgt gefaßt:

„(3) Der Umfang des Erlangten und dessen Wert können geschätzt werden."

Artikel 7

Änderung des Personenstandsgesetzes

Das Personenstandsgesetz in der Fassung der Be-kanntmachung vom 8. August 1957 (BGBl. I S. 1125), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

1. Nach § 27 wird folgender § 27 a eingefügt:

㤠27 a

Wenn und soweit der Schutz einer Person, die Zeuge ist oder war, oder einer anderen Person vor einer konkreten Gefährdung ihres Lebens, einer erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit oder der persönlichen Freiheit nicht durch andere Maß-nahmen möglich ist, kann die von der Landesregie-rung bestimmte Stelle den Geburtsort, das Ge-burtsdatum, die Abstammung oder einzelne Be-standteile des Personenstands sowie Vor- und Fa-milienname neu bestimmen. Der Standesbeamte nimmt auf ihre Anordnung in dem jeweils be-stimmten Personenstandsbuch die Eintragungen vor. Die nach Satz 2 vorgenommenen Eintragun-gen in Personenstandsbüchern können nur auf An-ordnung der in Satz 1 genannten Stelle geändert oder gelöscht werden. Mitteilungen sind nur vorzu-nehmen, wenn sie von dieser Stelle angeordnet werden. "

2. § 61 wird wie folgt geändert:

Es wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Für in § 27 a genannte Personen kann die von der Landesregierung bestimmte Stelle anord-nen, daß in Personenstandsbüchern von dieser be-stimmte Sperrvermerke eingetragen werden. "

Artikel 8

Änderungen von Heilberufsgesetzen

1. Die Bundesärzteordnung in der Fassung der Be-kanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218), zuletzt geändert durch Artikel 45 des Ge-

Page 17: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

sundheitsreformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477), das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde in der Fassung der Bekanntma-chung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1225), die Bundes-Tierärzteverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1981 (BGBl. I S. 1193), zuletzt geändert durch Artikel 41 des Ge-setzes vom 18. Februar 1986 (BGBl. I S. 265), und die Bundes-Apothekerordnung in der Fassung der , Bekanntmachung vom 19. Juli 1989 (BGBl. I S. 1478) werden wie folgt geändert:

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Bundesärzteordnung, nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Aus-übung der Zahnheilkunde, nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der Bundes-Tierärzteordnung und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Bundes-Apothekerordnung wird jeweils fol-gender Satz 2 eingefügt:

„Unwürdig zur Ausübung des Berufs ist in der Re-gel insbesondere, wer sich eines Verbrechens ge-gen das Leben oder eines Verbrechens nach dem Betäubungsmittelgesetz schuldig gemacht hat."

2. Die Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) vom 18. Fe-bruar 1939 (RGBl. I S. 259), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. April 1975 (BGBl. I S. 967), wird wie folgt geändert:

In § 2 Abs. 1 Buchstabe f wird nach dem Wort „vor-liegen" der Beistrich durch einen Strichpunkt er-setzt und folgender Satz angefügt:

„das ist in der Regel insbesondere der Fall, wenn sich der Antragsteller eines Verbrechens gegen das Leben oder eines Verbrechens nach dem Be-täubungsmittelgesetz schuldig gemacht hat."

3. Die Bundesärzteordnung wird ferner wie folgt ge-ändert:

a) In § 3 Abs. 2 Satz 2 wird die Zahl „2" durch die Zahl „3" und die Zahl „4" durch die Zahl „5" ersetzt.

b) In § 5 Abs. 1 Satz 3 wird die Zahl „4" durch die Zahl „5" ersetzt.

c) In § 12 Absätze 3 und 7 wird jeweils der Satzteil „2 oder 4" durch den Satzteil „3 oder 5" er-setzt.

4. Das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde wird ferner wie folgt geändert:

a) In § 2 Abs. 1 Satz 3 wird die Zahl „2" durch die Zahl „3" ersetzt.

b) In § 2 Abs. 2 Satz 2 und in Abs. 3 Satz 3 wird jeweils die Zahl „2" durch die Zahl „3" und die Zahl „6" durch die Zahl „7" ersetzt.

c) In § 4 Satz 1 und 3 sowie in § 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 wird jeweils die Satzbezeichnung „2 oder 6" durch die Satzbezeichnung „3 oder 7" ersetzt.

5. Die Bundes-Tierärzteordnung wird ferner wie folgt geändert:

In § 4 Abs. 3 Satz 3, in § 6, in § 7 Abs. 1 Satz 2, in § 13 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 wird jeweils nach dem Wort „Satz" die Zahl „2" durch die Zahl „3" ersetzt.

6. Die Bundes-Apothekerordnung wird ferner wie folgt geändert:

In § 6 Abs. 1 Buchstabe b sowie in § 12 Abs. 2 Satz 1 und in Absatz 3 wird nach dem Wort „Satz" die Zahl „2" durch die Zahl „3" ersetzt.

Artikel 9

Änderung des Fernmeldeanlagengesetzes

Das Gesetz über Fernmeldeanlagen in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juli 1989 (BGBl. I S. 1455), zuletzt geändert durch . . ., wird wie folgt geändert:

Nach § 12 werden folgende §§ 12 a und 12 b einge-fügt:

㤠12a

(1) Die Überwachung und Aufzeichnung des Fe rn-meldeverkehrs darf angeordnet werden, wenn dies

zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit einer Person erforderlich ist.

(2) Die Überwachung und Aufzeichnung des Fern-meldeverkehrs wird auf Antrag der zuständigen Poli-zeidienststelle durch den Richter angeordnet. Bei Ge-fahr im Verzug kann die Anordnung auch die nach Landesrecht zuständige Stelle treffen. Die Eilanord-nung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Ta-gen von dem Richter bestätigt wird.

(3) Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der zu überwachende Anschluß liegt. § 100 b Abs. 2 bis 5, § 101 Abs. 1 der Strafprozeßordnung gelten sinngemäß. Im übrigen gelten für das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

§ 12b

(1) Wird der Fernmeldeverkehr nach § 12a über-wacht, so darf diese Tatsache von Personen, die eine für den öffentlichen Verkehr bestimmte, nicht von der Deutschen Bundespost betriebene Fernmeldeanlage betreiben, beaufsichtigen, bedienen oder bei ihrem Betrieb tätig sind, anderen nicht mitgeteilt werden.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 die Tatsache der Überwachung des Fernmeldeverkehrs einem anderen mitteilt."

Page 18: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Artikel 10

Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch

In Artikel 293 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgeset-zes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469), zuletzt geändert durch . . ., werden nach dem Wort „Ersatzfreiheitsstrafe" die Worte „nach § 43 des Strafgesetzbuches" eingefügt.

Artikel 11

Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954

In § 8 Abs. 4 Satz 1 des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 1975 (BGBl. I S. 1313), zuletzt geändert durch ..., wird die Angabe „73d" durch die Angabe „73e" er-setzt.

Artikel 12

Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen

In § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes über die Entschädi-gung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 8. März 1971 (BGBl. I S. 157), zuletzt geändert durch . . ., wird die Angabe „§ 111 d" durch die Angabe „den §§ 111 d und 111 o der Strafprozeßordnung, sowie die Vermö-gensbeschlagnahme nach § 111p" ersetzt.

Artikel 13

Änderung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen

Das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der Fassung der Bekannt-machung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1756), zu-letzt geändert durch . . ., wird wie folgt geändert:

§ 17 a wird wie folgt geändert:

1. In Absatz 1 Satz 1 wird nach der Angabe „§ 95 Abs. 1" die Angabe „ § 98a" eingefügt.

2. Als Absätze 4 und 5 werden angefügt:

„(4) Die notwendige Benutzung einer eigenen Datenverarbeitungsanlage für Zwecke der Raster-fahndung wird entschädigt, wenn die Investitions-summe für die im Einzelfall benutzte Hardware und Software zusammen mehr als 20 000 Deutsche Mark beträgt. Die Entschädigung beträgt bei einer Datenverarbeitungsanlage mit einer Investitions-summe bis zu 50 000 Deutsche Mark für jede Stunde der Benutzung 10 Deutsche Mark; die ge-samte Benutzungsdauer ist auf volle Stunden auf-zurunden. Bei sonstigen Datenverarbeitungsanla-gen wird

1. die Benutzung der Anlage bei der Entwicklung eines für den Einzelfall erforderlichen, besonde-ren Anwendungsprogramms durch einen Zu-schlag von 20 Deutsche Mark für jede Stunde,

für die insoweit nach Absatz 2 oder 3 eine Ent-schädigung zu zahlen ist, abgegolten;

2. für die übrige Dauer der Benutzung einschließ-lich des hierbei erforderlichen Personalauf-wands eine Rechenpauschale in Höhe von einem Zehnmillionstel der Investitionssumme je Sekunde für die Zeit erstattet, in der die Zentral-einheit belegt ist (CPU-Sekunde); der Betrag je CPU-Sekunde ist auf volle 0,05 Deutsche Mark aufzurunden und beträgt höchstens 3 Deutsche Mark.

Die Höhe der Investitionssumme und die ver-brauchte CPU-Zeit sind glaubhaft zu machen.

(5) Der eigenen elektronischen Datenverarbei-tungsanlage steht eine fremde gleich, wenn die durch die Auskunftserteilung entstandenen direkt zurechenbaren Kosten (§ 11) nicht sicher feststell-bar sind."

3. Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 6.

Artikel 14

Änderung des Bundeszentralregistergesetzes

Das Bundeszentralregistergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

1. § 5 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Nr. 7 werden die Worte „alle Haupt-und Nebenstrafen" durch die Worte „die ver-hängten Strafen" ersetzt.

b) Absatz 3 wird folgender Satz 2 angefügt:

„Ist auf Vermögensstrafe erkannt, so sind deren Höhe und die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe einzutragen. "

2. In § 15 werden

a) das Wort „oder" nach dem Wo rt „Strafarrestes" durch ein Komma ersetzt,

b) nach dem Wort „Jugendstrafe" die Worte „oder einer Vermögensstrafe" eingefügt.

3. In § 34 Abs. 2 Satz 1 werden nach dem Wo rt „Frei-heitsstrafe, " die Worte „der für den Fa ll der Unein-bringlichkeit der Vermögensstrafe bestimmten Er-satzfreiheitsstrafe, " eingefügt.

4. In § 46 Abs. 3 werden nach dem Wort „Freiheits-strafe, " die Worte „der für den Fall der Uneinbring-lichkeit der Vermögensstrafe bestimmten Ersatz-freiheitsstrafe, " eingefügt.

Artikel 15

Zitiergebot

Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Arti-kel 10 des Grundgesetzes) sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) werden durch dieses Gesetz eingeschränkt.

Page 19: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

Artikel 16

Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang

Die auf den Artikeln 3 und 8 Nr. 2 beruhenden Teile der dort geänderten Rechtsverordnungen können auf

Grund der jeweils einschlägigen Ermächtigung durch Rechtsverordnung geändert werden.

Artikel 17

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ... in Kraft.

Page 20: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Begründung

Erster Teil: Allgemeines

A. Anlaß des Entwurfs

Kriminalitätsentwicklung

Die Entwicklung der Kriminalität in den vergangenen Jahren ist nicht nur durch einen alarmierenden An-stieg der Straftaten im Bereich des Rauschgifthandels, sondern auch durch eine qualitative Veränderung dieser und anderer Kriminalitätserscheinungen, z. B. auf dem Gebiet der Geldfälschung, der Verschiebung hochwertiger Güter oder der Milieukriminalität im Umfeld der Prostitution gekennzeichnet: die organi-sierte Begehungsweise. Die begangenen Verbrechen zeugen davon, daß die Straftäter — meist internatio-nal verflochten — persönliche und geschäftliche Ver-bindungen mit großer krimineller Energie und Kapi-talkraft nutzen, um hohe illegale Gewinne zu erzielen. Konspirative Vorbereitung und Durchführung der Straftaten erschweren die Verbrechensbekämpfung. Deren Erfolge hängen davon ab, in welchem Umfang es gelingt, die Organisatoren und Drahtzieher der Be-gehung der Straftaten zu überführen und ihnen die finanziellen Ressourcen für weitere Verbrechen zu entziehen.

Rauschgiftkriminalität

Die Rauschgiftkriminalität hat in den letzten Jahren weltweit in bedrohlicher Weise zugenommen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist die Zahl der Rauschgiftdelikte drastisch gestiegen; der Drogen-mißbrauch hat ein bisher nicht bekanntes Ausmaß angenommen. Das bedrückendste Ergebnis dieser Entwicklung: Im vergangenen Jahr starben 1 491 Menschen an Drogen, so viele wie nie zuvor. Damit wurde die Vorjahreszahl mit 992 Opfern noch erheblich übertroffen; im Zweijahreszeitraum seit 1988 (670 Opfer) hat sich die Zahl der Rauschgifttoten mehr als verdoppelt.

Ebenso wie die Zahl der Drogentodesfälle steigt die Zahl der polizeilich erfaßten Erstkonsumenten harter Drogen. 1983 waren es noch 2 987; im Jahre 1990 hat die Zahl der erkannten Erstkonsumenten harter Dro-gen erstmals 10 000 überschritten (10 013). Die Ge-samtzahl der Verbraucher harter Drogen wird auf 80 000 bis 100 000 geschätzt, die ihren Bedarf fast aus-schließlich durch illegale Geschäfte und durch die Begehung von Straftaten decken.

Dementsprechend ist auch die Rauschgiftkriminalität gestiegen. Während 1978 42 878 Rauschgiftdelikte er-faßt wurden, waren es zehn Jahre danach fast doppelt so viele, nämlich 84 998; und auch diese Zahl stieg im Jahre 1989 noch einmal um mehr als 10 v. H. auf etwa 94 000. Diese Entwicklung, die in einigen westeuro

- päischen Staaten noch bedrohlichere Ausmaße ge-nommen hat, belegt den enormen Angebotsdruck der internationalen Rauschgifthändler auf den gesamten europäischen Markt und insbesondere die Bundesre-publik Deutschland. Infolge des Preisverfalls in den USA wird der hiesige Markt mit Rauschgift über-schwemmt. Deutliches Zeichen dafür sind die Sicher-stellungsmengen illegaler Drogen. 1978 wurden 4 kg Kokain, 187 kg Heroin und 4 724 kg Cannabis sicher-gestellt. 1990 waren es 2 474 kg Kokain (das sind 1 068 kg mehr als 1989), 847 kg Heroin (das sind 120 kg mehr als im Jahre 1989) und 8 967 kg Canna-biskraut sowie 2 682 kg Cannabisharz sichergestellt (zu der letztgenannten Menge kommt eine Groß-sicherstellung von 1 877 kg Haschisch hinzu, das in zwei mit Rosinen aus Afghanistan geladenen Contai-nern versteckt war und bis 31. Dezember 1990 noch nicht EDV-erfaßt war). Im Jahre 1990 wurden ferner 35 Labore zur illegalen Herstellung von Drogen ent-deckt.

Statistisches Material zur Rauschgiftsituation in den neuen Bundesländern für das Gesamtjahr 1990 liegt noch nicht vor. Sowohl sichergestellte Mengen als auch geprüfte Anzeigen und Hinweise sprechen der-zeit noch für ein eher niedriges Belastungsniveau. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, daß sich auch in den neuen Ländern organisierte Rauschgiftkriminalität zu etablieren versucht.

Es mehren sich die Anzeichen, daß die international organisierten Drogensyndikate nicht nur mittels Ku-rieren Drogen in die Bundesrepublik Deutschland einschleusen, sondern auch Absatzorganisationen aufbauen und Maßnahmen für das Waschen und den Rückfluß der Gelder aus Rauschgifthandel treffen. Auf 2 bis 4 Milliarden DM schätzen Fachleute den jährlichen Umsatz, der in der Bundesrepublik Deutschland mit Rauschgifthandel erzielt wird. Mit den riesigen Gewinnen können die Drahtzieher kri-minelle Organisationen aufbauen, Helfershelfer be-zahlen.

Es haben sich ferner Anzeichen ergeben, daß die durch den illegalen Betäubungsmittelhandel erwirt-schafteten Gelder nicht selten in andere Bereiche be-sonders gewinnträchtiger krimineller Aktivitäten transferiert werden, so etwa in Betätigungen im Be-reich der Geld- und Scheckfälschung oder in Aktivi-täten im Rahmen der schwer durchschaubaren Milieukriminalität (Zuhälterringe, Betrieb illegaler Spielcasinos).

Andere Organisierte Kriminalität

Die Rauschgiftkriminalität ist nur ein Teil, wenn auch ein besonders bedeutender und besonders vordring-lich zu bekämpfender Teil der Organisierten Krimina-lität. Auch in anderen Kriminalitätsbereichen, etwa

Page 21: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

dem bandenmäßigen Diebstahl und Einbruchsdieb-stahl vor dem Hintergrund von Hehlerringen, der Ver-schiebung hochwertiger Kraftfahrzeuge in das Aus-land, dem illegalen Waffenhandel, der Kriminalität im Zusammenhang mit dem „Nachtgewerbe" und der Erpressung von Schutzgeld treten in verstärktem Maß kriminelle Organisationen in Erscheinung. Deren Ak-tivitäten sind so angelegt, daß die Hauptpersonen nach Möglichkeit nach außen nicht hervortreten müs-sen. Mit herkömmlichen Ermittlungsmethoden lassen sich meist nur die Straftaten von Randfiguren aufklä-ren, die keinen Einblick in Aufbau und Zusammenset-zung der Gesamtorganisation haben. Diese Randtäter sind beliebig austauschbar und ersetzbar, so daß durch ihre Festnahme die kriminellen Aktivitäten der Organisation nicht wesentlich gestört werden. Unver-meidliche Mitwisser werden durch Schweigegelder, Schweigegebote, Drohungen und Einschüchterung davon abgehalten, Aussagen zu machen. Wird ein Einzeltäter gefaßt, gewährt die Organisa tion nicht sel-ten bedürftigen Familienangehörigen materielle Un-terstützung und übernimmt die Verteidigerkosten, um auf diese Weise Gefügigkeit zu erreichen und der Offenbarung von Wissen, das die Organisation be-trifft, vorzubeugen (BGHSt 32 S. 115, 120).

Kein ausreichendes gesetzliches Instrumentarium

Der besonderen Bedrohung durch die organisierte Rauschgiftkriminalität und das sonstige organisierte Verbrechen wird das bestehende gesetzliche Instru-mentarium nicht gerecht. Die Lücken im Verfahrens-recht müssen alsbald geschlossen werden. Aber auch die Strafen nach dem Betäubungsmittelgesetz, insbe-sondere gegen den Rauschgifthandel, sowie gegen andere Bandenkriminalität entfalten keine hinrei-chende abschreckende Wirkung. Eine Abschöpfung von Gewinnen aus organisierter Kriminalität ist nur sehr beschränkt möglich. Gesetzliche Vorkehrungen gegen das Waschen von Gewinnen aus organisierter Kriminalität gibt es nicht.

B. Zielsetzung und Inhalt des Entwurfs

Der Entwurf zielt darauf ab, durch schärfere Strafen die Abschreckungswirkung zu erhöhen und durch Schaffung neuer Vorschriften das Abschöpfen von Geldern aus der Organisierten Kriminalität zu erleich-tern.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht muß es den Strafver-folgungsorganen ermöglicht werden, über die Peri-pherie der kriminellen Organisationen hinaus in de-ren Kernbereich einzudringen, ihre Strukturen zu er-kennen und zu zerschlagen und die hauptverantwort-lichen Straftäter, die Organisatoren, Finanziers und im Hintergrund agierenden Drahtzieher zu überfüh-ren. Herkömmliche Ermittlungsmethoden müssen hier versagen. Notwendig ist daher die Verbesserung des Ermittlungsinstrumentariums. Nicht minder wich-tig ist der Zeugenschutz. Nur, wenn die Sicherheit gefährdeter Auskunftspersonen gewährleistet wer-den kann, sind Aussagen von ihnen zu erwarten, mit

denen Hintermänner und Drahtzieher krimineller Or-ganisationen überführt werden können.

In materiell-rechtlicher Hinsicht enthält der Entwurf folgendes:

— Einführung der Vermögensstrafe (§ 43 a StGB-Entw.) als einer besonderen, nicht nach dem Ta-gessatzsystem (§ 40 StGB) zu bemessenden Geld-strafe, deren Höhe allein durch den Wert des Tä-tervermögens begrenzt wird,

— Sonderregelung für den Verfall von Vermögensge-genständen bei organisierter Kriminalität; solche Vermögensgegenstände sollen schon dann für ver-fallen erklärt werden, wenn die Umstände die An-nahme rechtfertigen, daß sie aus oder für rechts-widrige Taten erlangt sind,

— Einführung einer Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Gesundheit, vorläufig Stoffe und Zubereitungen ( „Synthetische Dro-gen") in den Anlagen I bis III des Betäubungsmit-telgesetzes aufzunehmen, sowie

— Einführung einer Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung, die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Grundstoffen für die Betäubungs-mittelherstellung zu regeln.

— Strafschärfungen

— Aufstufung des Bandendiebstahls unter er-schwerten Umständen zum Verbrechen,

— Einführung eines Tatbestandes der Banden-hehlerei, wobei die Bandenhehlerei unter er-schwerten Umständen als Verbrechen einge-stuft wird,

— Einführung einer erhöhten Mindeststrafe für Bandenmitglieder, die Betäubungsmittel i llegal anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie ein- oder ausführen,

— Heraufstufung von besonders schweren Fällen der Rauschgiftkriminalität, nämlich der Ab-gabe an Jugendliche und des Handels, der Her-stellung, des Besitzes und der Abgabe in nicht geringer Menge sowie der Einfuhr, Ausfuhr und des Handels unter Einsatz von Kindern und Jugendlichen zu Verbrechen,

— Erstreckung des § 129 des Strafgesetzbuches auf ausländische kriminelle Vereinigungen, deren Zweck auf den Vertrieb von Betäubungs-mitteln gerichtet ist,

— Einführung eines Straftatbestandes des „Geld-waschens".

In verfahrensrechtlicher Hinsicht enthält der Entwurf folgendes:

— Der Einsatz Verdeckter Ermittler wird gesetzlich geregelt,

— der Einsatz technischer Mittel wird gesetzlich ge-regelt, wobei im Grundsatz an die Regelung der Telefonüberwachung angeknüpft wird,

— die Rasterfahndung und die polizeiliche Beobach-tung werden gesetzlich geregelt,

Page 22: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

— Gegenstände, die dem Erweiterten Verfall unter-liegen, können bereits bei Verfahrensbeginn be-schlagnahmt werden,

— die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden wer-den auch den Strafvollstreckungsbehörden insbe-sondere für die Zwecke der Fahndung nach einem entwichenen Gefangenen eingeräumt,

— die Geheimhaltung der Identität eines gefährdeten Zeugen wird gestattet,

— die Vorschriften über die Benennung von Beweis-mitteln und die Namhaftmachung von Zeugen werden im Interesse des Zeugenschutzes geän-dert.

C. Kosten und Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft

Durch die intensive Verfolgung von Straftaten der Organisierten Kriminalität, insbesondere nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln, wird eine Mehrung der Planstellen beim Bundeskri-minalamt, bei den Polizeien der Länder, den Staatsan-waltschaften und den Gerichten erforderlich wer-den.

Die entstehenden Mehrkosten können im gegenwär-tigen Zeitpunkt nicht hinreichend genau geschätzt werden.

Das Gesetz wird zu einer höheren Abschöpfung von Gewinnen insbesondere aus dem illegalen Rausch-gifthandel führen.

Die vorgesehenen Regelungen über Vermögensstrafe und erweiterten Verfall lassen für die Haushalte der Länder Mehreinnahmen erwarten, deren Höhe heute noch nicht abzusehen ist.

Zweiter Teil: Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Nummern 1 bis 6 (§§ 41, 43 a, 52, 53, 54, 55 StGB)

— Vermögensstrafe —

Aus den Vorbemerkungen ergibt sich, weshalb eine Verbesserung der gesetzlichen Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung des organisierten Verbrechens erwar-ten läßt. Mit den Entwürfen eines ... Strafrechtsände-rungsgesetzes — Vermögensstrafe — (BT-Drucksa-che 11/5461) sowie eines ... Strafrechtsänderungs-gesetzes — Erweiterter Verfall — (BT-Drucksache 11/6623) hat die Bundesregierung erste Schritte un-ternommen, um die Vorschriften über den Verfall von Straftatgewinnen (§§ 73 ff. StGB), deren Durchset-zung in der Praxis nicht befriedigen kann, durch zu-sätzliche Bestimmungen zu ergänzen. Freilich soll der Anwendungsbereich der neuen Vorschriften nach

den genannten Gesetzesvorlagen bewußt eng gefaßt und demgemäß zunächst auf bestimmte, vorwiegend gewinnorientierte Taten der Betäubungsmittelkrimi-nalität beschränkt werden.

Ziel der neuen Vermögensstrafe ebenso wie des „Er-weiterten" Verfalls ist es, der — u. a. für die Betäu-bungsmittelkriminalität typischen — Schwierigkeit entgegenzuwirken, daß bei den Tatbeteiligten Ver-mögenswerte angetroffen werden, deren kriminelle Herkunft zwar naheliegt, die sich jedoch nicht kon-kret faßbaren, womöglich gar den im anhängigen Strafverfahren zur Untersuchung gezogenen Strafta-ten zuordnen lassen. Diese Schwierigkeit ist indessen auch für andere Bereiche der Organisierten Krimina-lität kennzeichnend.

Die neuen Sanktions- und Abschöpfungsinstrumente erscheinen somit auch für andere Bereiche der Orga-nisierten Kriminalität geeignet, zumal do rt ebenso wie bei dem illegalen Betäubungsmittelhandel angesam-melte Straftatgewinne häufig zur Refinanzierung wei-terer krimineller Aktivitäten bestimmt sein werden. Der vorliegende Entwurf greift deshalb die Vor-schläge der genannten Gesetzesvorlagen auf, er-streckt sie aber — den Bedürfnissen der Praxis ent-sprechend — auf sonstige Fälle des organisierten Ver-brechens, die den gewinn- und umsatzbezogenen Straftaten auf dem Gebiet des illegalen Betäubungs-mittelhandels vergleichbar sind.

Bei der neuen Strafart der Vermögensstrafe (§ 43 a StGB-Entw.) handelt es sich um eine besondere, nicht nach dem Tagessatzsystem (§ 40 StGB) zu bernes-sende Geldstrafe, deren Höhe allein durch den Wert des Tätervermögens begrenzt wird. Um den Anwen-dungsbereich der besonders eingriffsintensiven Ver-mögensstrafe auf gravierende Fälle zu beschränken, soll sie nur verhängt werden können, wenn der Täter auch unter Berücksichtigung der gewinnabschöpfen-den Auswirkungen dieser Geldstrafe eine Freiheits-strafe von mehr als zwei Jahren verwirkt hat. Vermö-gensvorteile, die verfallbar sind, haben bei der Bewer-tung des Vermögens, die der Bemessung der Vermö-gensstrafe zugrundegelegt wird, unberücksichtigt zu bleiben. Läßt sich nachweisen, daß Vermögenswerte des Täters aus konkreten Straftaten herrühren oder rechtfertigen die Umstände die Annahme einer sol-chen Herkunft im Sinne des Erweiterten Verfalls (§ 73 d StGB-Entw.; siehe Artikel 1 Nr. 9 bis 12), so gehen diese Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung der Verhängung einer Vermögensstrafe vor. Der Ent-wurf führt das neue Ins titut, über den Bereich der Betäubungsmittelkriminalität (vgl. Artikel 2 Nr. 10) hinausgreifend, für schwere Straftaten im Bereich der Geldfälschung, des Menschenhandels und der diri-gierenden Zuhälterei ein. Werden Delikte der ge-nannten Art gewerbs- oder bandenmäßig begangen, so werden sie nach den vorn Entwurf zugrundegeleg-ten Kriterien, die organisiertes Handeln kennzeich-nen, in aller Regel auch von einem sittlich in hohem Maße anstößigen Gewinnstreben ge tragen sein. Auch im Hinblick auf das verfassungsrechtlich verankerte Gebot eines schuldangemessenen und gerechten Strafens erscheint es deshalb vertretbar und ange-zeigt, diese Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität dem illegalen Betäubungsmittelhandel

Page 23: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

an die Seite zu stellen. Dasselbe gilt für die Fälle des Bandendiebstahls, des schweren Bandendiebstahls, der gewerbsmäßigen und Bandenhehlerei sowie der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei.

Zu Nummern 7, 8 (§§ 73, 73b StGB)

— Verfall —

Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Erweiterter Ver-fall — (BT-Drucksache 11/6623) vorgeschlagen, ab-weichend von der bisherigen Planung das Bruttoprin-zip für den gesamten Anwendungsbereich des Ver-falls nicht erst im Rahmen der anhängigen Gesamt-überarbeitung der §§ 73 ff. StGB, sondern bereits jetzt einzuführen. Hierdurch würde nicht nur der in der Stellungnahme des Bundesrates hervorgehobene Wi-derspruch ausgeräumt, sondern zugleich auch ein we-sentlicher Schritt zu einem insgesamt einfacheren und effektiveren Verfallrecht vollzogen. Der Entwurf schließt sich dem an.

Die herrschende Auffassung, wonach für den Verfall von Taterlösen nach §§ 33 ff. StGB das Nettoprinzip gilt, stützt sich auf die Verwendung des Wortes „Ver-mögensvorteil" in den den Verfall von Tatgewinnen betreffenden Vorschriften. Als „Vermögensvorteil" ist hiernach der dem Täter nach Abzug der durch die Tat veranlaßten Kosten verbleibende Taterlös anzusehen (vgl. BGH in NJW 89, 3165 ff. m. w. N.).

Der Vorschlag der Bundesregierung sieht daher als Änderung der bezeichneten Vorschriften jeweils die Ersetzung des Wortes „Vermögensvorteil" durch eine weitergreifende Umschreibung der Gesamtheit des aus der Tat Erlangten vor.

Dies greift der Entwurf auf.

Zu Nummern 9 bis 12 (§§ 73 d, 73 e, 74 e, 76 StGB)

— Erweiterter Verfall —

Vorbemerkung

Ein wichtiges Ziel im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität ist, ihr die finanzielle Basis zu entziehen. Mit den immensen Gewinnen vor allem aus Drogen-handel werden Organisationen aufgebaut, Helfers-helfer bezahlt, Bestechungsgelder entrichtet und der eigene Lebensunterhalt der Drogenhändler in Luxus garantiert. Deswegen kommt einer effektiven Ge-winnabschöpfung besondere Bedeutung zu.

Dem Ziel der Gewinnabschöpfung sollen die Vor-schriften über Verfall und Einziehung nach den §§ 73 ff. des Strafgesetzbuches dienen, die seit dem 1. Januar 1975 im Strafgesetzbuch verankert sind. Sie haben allerdings in der Praxis keine nennenswerte Bedeutung erlangt, obwohl es sich um zwingendes Recht handelt. Neben Schwierigkeiten beim Aufspü-ren von rechtswidrigen Gewinnen trägt auch die kom-plizierte Regelung der Vorschriften zu ihrer restrikti-ven Anwendung bei.

Die Reform der Vorschriften der §§ 73 ff. StGB, die bereits in Angriff genommen worden ist, kann nicht abgewartet werden. Die Gefahren der zunehmenden Rauschgiftkriminalität sind derart besorgniserregend, daß der Gesetzgeber rasch handeln muß. Mit dem Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Vermögensstrafe — (BT-Drucksache 11/5461) ist ein erster Schritt getan, in schweren Fällen der Betäu-

bungsmittelkriminalität auf das Vermögen der Täter zugreifen zu können. Es verbleibt allerdings ein Be-reich, in dem weder die Vermögensstrafe noch die Vorschriften über Verfall und Einziehung Wirkungen zeigen. Nur in den schwersten Fällen einer Betäu-bungsmittelstraftat kann das gesamte Vermögen oder der wesentliche Teil des Vermögens durch die Vermö-gensstrafe abgeschöpft werden. Zunehmend gehen Drogenhändler dazu über, nur kleinere Por tionen des Rauschgifts mit sich zu führen, um das Risiko mög-lichst gering zu halten. Derartige Praktiken werden noch mehr um sich greifen, wenn die Vermögens-strafe Gesetz geworden ist. Andererseits werden im-mer wieder (vor allem ausländische) Kuriere ergriffen, die neben dem Rauschgift erhebliche Geldmengen mit sich führen, deren Herkunft nicht nachgewiesen werden kann. Auch sie werden mit der Vermögens-strafe nur geringfügig getroffen werden können, weil ihr (meist im Ausland vorhandenes) Vermögen nicht festgestellt werden kann.

Die Einführung des Erweiterten Verfalls, d. h. einer als eigenständige Erscheinungsform des Verfalls aus-gestalteten neuen Maßnahme, soll Lücken der straf-rechtlichen Gewinnabschöpfung in Fä llen schließen, in denen die bei den Tatbeteiligten vorgefundenen Vermögensgegenstände, deren rechtmäßiger Erwerb nicht festgestellt werden kann, mit großer Wahr-scheinlichkeit aus der Begehung von Straftaten her-rühren, in denen indessen die Verhängung einer Ver-mögensstrafe vom Schuldmaß der begangenen Taten her nicht zu vertreten wäre.

Diese Lücke dadurch zu schließen, daß es dem Be-schuldigten auferlegt wird, zur Vermeidung des Ver-falls womöglich seines ganzen Vermögens den lega-len Erwerb aller in Betracht kommenden Gegen-stände vollständig nachzuweisen, scheitert an der vom Grundgesetz gewährleisteten Eigentumsgaran-tie. Verfassungsrechtlich unbedenk lich erscheint es hingegen, eine Regelung in der Art des Erweiterten Verfalls einzuführen, soweit überwiegende Interessen des Gemeinwohls, insbesondere im Hinblick auf die Bekämpfung von schweren, für die Rechtsgüter des einzelnen wie der Allgemeinheit besonders ge-fährlichen Kriminalitätsformen, dies zwingend er-fordern. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang vor allem auch, daß nur eine in der Praxis greifende Regelung der Gewinnabschöpfung dem als beson-ders hochrangig einzustufenden Gemeinwohlin-teresse an einer wirksamen Bekämpfung der Orga-nisierten Kriminalität ausreichend Rechnung tragen kann.

Der Entwurf übernimmt das Rechtsinstitut des Erwei-terten Verfalls aus der entsprechenden Gesetzesvor-lage der Bundesregierung, erweitert es in seinem An-wendungsbereich allerdings nicht unwesentlich, in-dem die Regelung über die gewinnorientierten Straf-

Page 24: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

taten nach dem Betäubungsmittelgesetz hinaus auf eine Reihe sonstiger durch besonderes Gewinnstre-ben der Beteiligten und hohe Gewinnträchtigkeit der Taten gekennzeichnete Formen der Organisierten Kriminalität erstreckt wird.

§ 73 d (Voraussetzungen)

Die Regelung entspricht dem Vorschlag der Bundes-regierung in der Fassung ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Erweiterter Ver-fall — (. . . StrÄndG). Auf die BT-Drucksache 11/6623 kann verwiesen werden.

§§ 73 e, 74e, 76

Es handelt sich um Folgeänderungen.

Zu Nummern 13, 14 (§§ 150, 152a StGB)

Vorbemerkung

Ein wesentliches Ziel des Entwurfs ist es, der Organi-sierten Kriminalität die finanziellen Ressourcen zu entziehen. Dabei beschränkt er sich nicht nur auf die Betäubungsmittelkriminalität, sondern bezieht wei-tere Kriminalitätsbereiche, in denen das organisierte Verbrechen eine wesentliche Rolle spielt, mit ein. Nach den Erfahrungen der Praxis sind dies vor allem Geld- und Wertzeichenfälschung, Menschenhandel, Zuhälterei, Bandendiebstahl und -hehlerei, gewerbs-mäßige Hehlerei und i llegales Glücksspiel (vgl. auch Nummern 15 bis 20, 23 und 24). Bei diesen für die Organisierte Kriminalität milieutypischen Straftaten kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß sie in aller Regel von einem sittlich in hohem Maße anstößigen Gewinnstreben getragen werden, so daß es auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit unbedenklich ist, über die Ver-hängung der Vermögensstrafe und die Anordnung des Erweiterten Verfalls zu einer effektiven Gewinn-abschöpfung zu gelangen.

Der Entwurf greift zudem die besonders „organisati-onsverdächtigen" Merkmale der gewerbsmäßigen und der bandenmäßigen Begehung heraus und hebt diese besonders gefährlichen Begehungsweisen als Grundlage für die Anordnung von Vermögensstrafe und Erweiterten Verfall aus dem Kreis der bloßen Tat-bestandsverwirklichung heraus. Zwei große Bereiche der Organisierten Kriminalität werden damit erfaßt.

Diese Merkmale finden sich bereits im Strafgesetz-buch, so daß bei der Auslegung an die hierzu vorlie-gende Rechtsprechung und Literatur angeknüpft wer-den kann. Dagegen greift der Entwurf nicht den Vor-schlag auf, den Begriff der organisierten Begehungs-weise in das Strafgesetzbuch einzuführen. Ausge-hend von den Merkmalen, die sich in der kriminalisti-schen Praxis als wesenstypisch für die Organisierte Kriminalität herausgebildet haben, und unter Rück

-

griff auf Regelungen, die in ausländischen Abkom-men und Gesetzen (z. B. Schweiz, USA, Italien) ent-halten sind, ist unter Organisierter Kriminalität eine von Gewinnstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten durch mehrere Beteiligte zu verstehen, die auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitstei-lig

— unter Verwendung gewerblicher oder geschäfts-ähnlicher Strukturen,

— unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder

— unter dem Bemühen, auf Politik, Medien, öffentli-che Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft Einfluß zu nehmen

zusammenwirken. Zur Organisierten Kriminalität ge

-

hören grundsätzlich auch die Taten, die dem Macht-aufbau und dem Machterhalt der Organisation die-nen. Dieser Bereich überschneidet sich in weitem Um-fang mit der bandenmäßigen Begehung und zum Teil auch mit der Begehung von Straftaten durch eine kri-minelle Vereinigung, ohne daß das Verhältnis dieser drei Kriminalitätsformen zueinander bisher ausrei-chend geklärt wäre. Die Konturen der organisierten Begehungsweise, insbesondere ihre Abgrenzung zu anderen Kriminalitätsformen, erscheinen danach für ein Tatbestandsmerkmal eines Strafgesetzes noch nicht ausreichend gefestigt. Dagegen ist sie als Anknüpfungsmerkmal für verfahrensrechtli-che Vorschriften geeignet. Bei einer weiteren Verfestigung, insbesondere durch die Rechtspre-chung, wird die Frage möglicherweise anders zu beurteilen sein.

§§ 150, 152a

Vermögensstrafe und Erweiterter Verfall sollen für die Straftaten der Geldfälschung, der Wertzeichenfäl-schung, der Vorbereitung der Geldfälschung und der Fälschung von Vordrucken für Euroschecks und Euro-scheckkarten in Betracht kommen. Damit sind die Delikte des achten Abschnitts erfaßt, bei denen nach kriminalistischer Erfahrung eine organisierte Bege-hungsweise in Erscheinung tritt.

Zu Nummer 15 (§ 181 c StGB)

— Menschenhandel, Zuhälterei —

Die Gewinnabschöpfungsmöglichkeiten durch die Verhängung einer Vermögensstrafe bzw. die Anord-nung des Erweiterten Verfalls bei Bewerbs- oder ban-denmäßiger Begehung sind auch auf die Bereiche des Menschenhandels und der dirigierenden Zuhälterei auszudehnen, da diese typische Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität darstellen.

Da im 13. Abschnitt des Strafgesetzbuchs noch keine Vorschrift über den Verfall besteht, ist ein neuer § 181 c einzufügen.

Page 25: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

Zu Nummern 16 bis 20 (§§ 244, 244 a, 260, 260 a StGB)

— Bandendiebstahl, gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei —

Im Hinblick auf die professionelle Entwicklung dieser Kriminalitätsformen und nach den Erfahrungen der Praxis ist es notwendig, bestimmten Erscheinungsfor-men der organisierten Vermögenskriminalität durch eine Verschärfung der Strafdrohung und — damit ver-bunden — eine Vorverlagerung der Strafbarkeits-schwelle entgegenzutreten. insbesondere besteht das Bedürfnis, den ins Ausland reichenden Verbindungen des organisierten Verbrechens auf dem Gebiet der Eigentums- und Vermögenskriminalität, wie sie bei-spielsweise in den Aktivitäten reisender Wohnungs-einbrecherbanden oder der Großhehlerei an bestel-lungsgemäß entwendeten Kraftfahrzeugen und Auto-radiogeräten hervortreten, entgegenzuwirken.

Der Entwurf erhebt deshalb die bandenmäßige Bege-hung von Diebstählen unter erschwerten Umständen sowie die gewerbs- und bandenmäßig verübte Hehle-rei zu Verbrechenstatbeständen. Hierdurch wird er-reicht, daß derartige zur schweren Kriminalität zäh-lende Angriffe auf Eigentum und Vermögen von den Gerichten in einer schuldangemessenen, den Bedürf-nissen der individuellen und allgemeinen Abschrek-kung genügenden Weise bestraft werden können.

Zugleich erlaubt die vorgeschlagene Neuregelung, derartige Angriffe bereits im Vorfeld der Tatbege-hung strafrechtlich zu erfassen (vgl. § 30 StGB), wäh-rend nach geltendem Recht beispielsweise die Verab-redung von Bandenmitgliedern zum Diebstahl oder die Zusage einer gewerbsmäßigen Hehlerei an der Beute als solche nicht strafbar sind. Sofern sich ent-sprechende Planungen von Banden vom Ausland her gegen das Eigentum deutscher Staatsangehöriger oder im Inland ansässiger juristischer Personen rich-ten, können sie nach der vorgeschlagenen Neurege-lung künftig in bestimmten Fällen auch dann nach deutschem Strafrecht verfolgt und geahndet werden, wenn die Verabredung selbst im Ausland erfolgt (vgl. § 7 Abs. 1 StGB).

Die neuen Verbrechenstatbestände sind ferner als Anknüpfungspunkte für Vermögensstrafe und erwei-terten Verfall geeignet. Beides sieht der Entwurf vor. Zusätzlich sollen Vermögensstrafe und Erweiterter Verfall beim bandenmäßigen Diebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3) sowie bei der gewerbsmäßigen Hehlerei und der Bandenhehlerei (§ 260 — neu —) angeordnet werden können.

§ 244 a (Schwerer Bandendiebstahl)

Der Entwurf hat davon abgesehen, den ohne er-schwerte Umstände begangenen Bandendiebstahl zum Verbrechen aufzustufen. Hierfür waren insbe-sondere systematische Gründe maßgeblich. Die ban-denmäßige Begehung eines Delikts ist im geltenden Recht entweder als Qualifikationstatbestand (so in § 244 Abs. 1 Nr. 3, § 250 Abs. 1 Nr. 4 StGB, § 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 373 Abs. 2 Nr. 3 AO) oder als S traf

-

schärfungsgrund (§ 52 a Abs. 2 Satz 2 WaffG, § 16 Abs. 2 Satz 2 KWKG) ausgestaltet. Dabei entspricht die Einordnung der bandenmäßigen Begehung als Verbrechen oder Vergehen immer dem Grundtatbe-stand (einzige Ausnahme: § 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Daraus folgt, daß der Gesetzgeber die bandenmäßige Begehung nur dann als Verbrechen qualifiziert, wenn schon der Grundtatbestand diesen Charakter hat. Le-diglich dem Verbrechenstatbestand in § 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG liegt ein Vergehen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) zugrunde. Hier ist die Einstufung als Verbre-chen jedoch wegen der besonderen Gefährlichkeit der Tathandlung (z. B. Handeltreiben) und des Tatob-jekts (Betäubungsmittel) gerechtfertigt.

Da der Qualifikationstatbestand in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht auf einem Verbrechens-, sondern auf ei-nem Vergehenstatbestand (§ 242 StGB) beruht, wäre es nicht systemgerecht, jene Vorschrift unverände rt , d. h. ohne zusätzliche Merkmale, als Verbrechen aus-zugestalten. Außerdem ginge diese Maßnahme zu weit, weil dann auch Gruppen von Straftätern erfaßt würden, die kaum dem Bereich der Organisierten Kri-minalität zugerechnet werden können (z. B. Jugendli-che, auch Schüler, die bandenmäßig Ladendiebstähle begehen).

Dagegen ist es sachgerecht, daß ein — speziell auf die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ausge-richteter — Verbrechenstatbestand des Bandendieb-stahls an zusätzliche Kriterien anknüpft, wobei insbe-sondere eine Verbindung der gewerbsmäßigen (vgl. § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB) mit der bandenmäßi-gen Begehung wesentliche Bereiche der Organisier-ten Kriminalität erfaßt. Eine Ausnahme erscheint sachgerecht, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht; diesem Zweck dient Absatz 4.

§§ 260, 260a (Hehlereitatbestände)

In Anlehnung an die Regelung des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 hat der Entwurf die gewerbsmäßige Hehlerei nicht zum Verbrechen aufgestuft (wie von der Praxis vielfach gefordert), sondern sich für folgende Maß-nahmen entschieden:

§ 260 wurde um das Merkmal der bandenmäßigen Begehung ergänzt. Dabei wurden die Fälle erfaßt, daß

— mehrere Hehler sich zu einer Bande zusammen-schließen und

— ein Hehler als Mitglied einer Diebesbande han-delt.

Vor allem der letztgenannte Fall ist von großer prak-tischer Bedeutung.

Sodann wurde ein neuer Verbrechenstatbestand der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei (§ 260 a) geschaf

-

fen, der — ebenso wie der vorgeschlagene neue § 244 a StGB — an gewerbsmäßiges und bandenmäßi-ges Handeln anknüpft.

Page 26: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 . Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Zu Nummer 21 (§ 261 StGB)

- Geldwäsche —

Vorbemerkung

Unter Geldwaschen ist die Einschleusung von Vermö-gensgegenständen aus organisierter Kriminalität in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf zum Zweck der Tarnung zu verstehen, Der Wert soll erhal-ten, zugleich aber dem Zugriff der Strafverfolgungs-behörden entzogen werden. Statistiken über das Geldwaschen, das in der Bundesrepublik Deutsch-land bislang nicht strafbar ist, gibt es naturgemäß nicht. Nach Erfahrungen der Strafverfolgungsbehör-den in anderem Zusammenhańg ist davon auszuge-hen, daß ein dichtes Netz von weltweit operierenden Geldwaschanlagen besteht. Gewaschenes Geld wird etwa für den Kauf von Wertpapieren, Grundstücken und Edelmetallen, aber auch für den Erwerb von Un-ternehmensbeteiligungen verwendet. Es sind auch Scheinlieferungen in Milliardenwert zum Waschen von makelbehaftetem Geld bekanntgeworden. Und auch dieser Betrag illustriert die Dimension der Pro-blematik nur unzureichend, da das Dunkelfeld außer-ordentlich groß ist.

Nach den Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden in der Bundesrepublik Deutschland wird Geld aus Be-täubungsmittelstraftaten in der Regel in zwei Formen gewaschen:

— Einzahlung von Bargeld aus Kleinverkäufen auf Konten,

— barer und unbarer Transfer von Geld aus Betäu-bungsmittelgeschäften vom Ausland in das In-land.

Da Geld zum Teil im Ausland „vorgewaschen" wird, ist nach Erkenntnissen etwa Schweizer Behörden da-von auszugehen, daß der Finanzverkehr in all seinen Formen zum Geldwaschen mißbraucht werden kann und wird.

Geldwaschen stellt den Schnittpunkt von illegalen Er-lösen aus Straftaten und legalem Finanzkreislauf dar. Illegales Geld wird in diesem Moment „sichtbar". Das Geldwaschen bietet für die Strafverfolgungsbehörden deshalb einen überaus tauglichen Ansatz, in die Strukturen organisierter Kriminalität einzudringen und von diesem Schnittpunkt aus Transaktionen zu-rückzuverfolgen. Daneben trifft die Entziehung der finanziellen Grundlagen den Nerv der Organisierten Kriminalität (dazu oben).

Mit den Strafvorschriften im Strafgesetzbuch kann Geldwaschen nicht effektiv bekämpft werden. Hehle-rei (§ 259 StGB) ist die Aufrechterhaltung des durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögens-zustandes durch einverständliches Zusammenwirken mit dem Vortäter. Die Vortat muß sich gegen fremdes Vermögen richten, Hehlerei ist nur an konkreten kör-perlichen Sachen möglich, nicht an Geldwert oder Bankguthaben. Ein Finanzgeschäft, das dem Geldwa-schen dient, kann daher nur in seltenen Fällen unter diesen Tatbestand fallen. Für die Bewältigung von komplexen Geldwaschvorgängen ist der Tatbestand völlig ungeeignet. § 258 StGB (Strafvereitelung) setzt voraus, daß jemand absichtlich oder wissentlich ganz

oder zum Teil vereitelt, daß ein anderer wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird. Auf Geldwaschen ist dieser Tatbestand, der auf die Personenbegünstigung abzielt, nicht zugeschnitten. Entsprechendes gilt für die Begünstigung nach § 257 StGB, der voraussetzt, daß einem anderen in der Absicht geholfen wird, ihm die Vorteile aus seiner rechtswidrigen Tat zu sichern. Bei komplexen Geldwaschvorgängen fehlt es aber schon daran, daß ein Vorteil unmittelbar aus der Vor-tat erlangt ist.

Da ein erhebliches praktisches Bedürfnis für die Straf-barkeit von Geldwaschvorgängen besteht, die vor-handenen Strafnormen aber völlig unzureichend sind, besteht dringender gesetzgeberischer Handlungsbe-darf. Dies bestätigt ein Blick auf den internationalen Bereich. So ergibt sich vor allem aus dem Überein-kommen der Vereinten Nationen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotro-pen Stoffen die Verpflichtung, einen Straftatbestand gegen das Geldwaschen zu schaffen. Im Ausland ist ein solcher Tatbestand z. T. schon eingeführt worden. So ist in den USA vorsätzliches Geldwaschen bezüg-lich aller Straftaten strafbar, wobei dolus eventualis genügt. In Großbritannien ist in Sec tion 24 des Drug Trafficing Offences Act 1986 ein Straftatbestand zum Waschen von Gewinnen aus Betäubungsmittelstrafta-ten vorgesehen; Voraussetzung ist, daß der Täter um die Verstrickung in Betäubungsmittelkriminalität weiß oder einen solchen Verdacht hat. In Frankreich ist bezüglich Betäubungsmittelstraftaten ein Tatbe-stand durch Gesetz vom 31. Dezember 1987 in den Code de la Santé eingefügt worden, wonach sich straf-bar macht, wer wissentlich u. a. die Plazierung von Taterlösen unterstützt oder deren Herkunft durch Ein-satz betrügerischer Mittel verschleiert. In Italien ist Geldwaschen bezüglich Betäubungsmittelstraftaten derzeit nicht strafbar; strafbar ist es bezüglich Entfüh-rung, Raub und schwerer Erpressung. In der Schweiz ist der Bundesversammlung am 12. Juni 1989 ein Ge-setzentwurf vorgelegt worden, der einen Tatbestand — beschränkt auf Vorsatz — zum Geldwaschen im eigentlichen Sinn und einen Tatbestand zur Beweh-rung der Pflicht zur Identifikation vorsieht.

Regelungen zur Mitteilung bei größeren Geldbewe-gungen und zur Identifikation, vor allem im Bankbe-reich, sind gegebenenfalls in anderem Zusammen-hang zu regeln. Sie hängen mit dem Straftatbestand des Geldwaschens nicht unmittelbar zusammen.

Zur Umsetzung des Übereinkommens von 1988 sieht der Entwurf die Aufnahme eines neuen § 261 StGB vor, der im Interesse einer wirksamen Bekämpfung der Organisierten Kriminalität nicht nur die „Geldwä-sche" aus unerlaubten Drogengeschäften, sondern auch aus Verbrechen und von einem Mitglied einer kri-minellen Vereinigung begangenen Vergehen erfaßt.

§ 261

Zu Absatz 1

Absatz 1 stellt Handlungen unter Strafe, die den Zu

-

griff der Strafverfolgungsorgane auf Gegenstände aus

Page 27: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

bestimmten Straftaten verhindern oder erschweren. Geschützt werden soll die Aufgabe der inländischen staatlichen Rechtspflege, die Wirkungen von Strafta-ten zu beseitigen.

Als Tathandlungen sind das Verbergen von Gegen-ständen aus bestimmten Vortaten oder das Verschlei-ern der Herkunft genannt, ferner das Vereiteln oder Gefährden der Ermittlung der Herkunft, der Auffin-dung, des Verfalls, der Einziehung (§§ 73 ff. StGB) oder der Sicherstellung (§§ 111 b ff. StPO) der inkrimi-nierten Gegenstände. Bezüglich des Vereitelns ist der Tatbestand als Erfolgsdelikt, bezüglich des Gefähr

-

dens als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestaltet.

Die in Absatz 1 genannten Handlungen müssen sich auf einen Vermögensgegenstand beziehen, der aus einer bestimmten rechtswidrigen Tat eines anderen herrührt.

Der Begriff Vermögensgegenstand umfaßt Sachen und Rechte, also zum Beispiel bewegliche und unbe-wegliche Sachen, Edelmetalle und -steine, Grund-stücke und Rechte an solchen, Geld (Bargeld, Buch-geld in inländischen und ausländischen Währungen), Wertpapiere und Forderungen.

Der Begriff „Herrühren" erfaßt bewußt auch eine Kette von Verwertungshandlungen, bei welcher der ursprüngliche Gegenstand unter Beibehaltung seines Wertes durch einen anderen ersetzt wird. Denn es ist für die Geldwäsche typisch, daß sie sich jeder denk-baren wirtschaftlichen Transaktion bedient, bei der der wirtschaftliche Wert erhalten bleibt.

Bei der näheren Auslegung des Beg riffs „Herrühren" wird zu beachten sein, daß einerseits ein Interesse besteht, den Zugriff nicht schon nach einem „Wasch-vorgang" zu verlieren. Andererseits findet der Rück-griff auf die Herkunft seine Grenze dort, wo der Wert des hier in Betracht kommenden Gegenstandes durch Weiterverarbeitung im wesentlichen auf eine selb-ständige spätere Leistung Dritter zurückzuführen ist. Auch diese Fälle mit dem Merkmal „Herrühren" er-fassen zu wollen, würde nicht nur dem üblichen Sprachgebrauch zuwiderlaufen, sondern auch dazu führen können, daß der legale Wirtschaftsverkehr in kürzester Zeit mit einer Vielzahl inkriminierter Ge-genstände belastet wird.

Absatz 1 verzichtet darauf, als Vortaten der Geldwä-sche sämtliche rechtswidrigen Taten einzubeziehen. Eine solche Ausdehnung der Strafbarkeit ginge zu weit. Es ist wegen des Verzichts auf subjektive Tatbe-standselemente erforderlich, den Katalog der Vorta-ten auf den Bereich schwerwiegender Kriminalität zu beschränken,

Zu Absatz 2

Absatz 2 setzt Artikel 3 Abs. 1 Unterabs. c (i) des Wiener Übereinkommens in einer der Verfassungs-ordnung und den Grundsätzen des Rechtssystems der Bundesrepublik Deutschland entsprechenden Ausge-staltung um. Er beruht auf dem Gedanken, daß der Vortäter gegenüber der Umwelt isoliert und der inkri-minierte Gegenstand praktisch verkehrsunfähig ge-macht werden soll. Dies wird dadurch erreicht, daß

das Verschaffen oder Verwenden inkriminierter Ge-genstände durch einen entsprechend ausgestalteten Straftatbestand unterbunden wird. Außerdem hat Ab-satz 2 die Funktion eines „Auffangtatbestandes" ge-genüber Absatz 1, sofern ein Vereitelungs- oder Ge-fährdungsvorsatz nicht nachweisbar ist oder ein Ver-bergen oder Verschleiern nicht vorliegt. In solchen Fällen kommt Absatz 2 die Aufgabe zu, die Nahtstelle zwischen illegalem und legalem Wirtschaftskreislauf über Absatz 1 hinaus zu erfassen.

Ähnlich wie beider Begünstigung (§ 257) wird davon auszugehen sein, daß Rechtsgut sowohl das durch die Vortat verletzte als auch die Rechtspflege ist (Dreher/ Tröndle, a. a. O., Vorbem. vor §§ 257ff., Rdnr. 2).

Durch die Verweisung auf „einen in Absatz 1 bezeich-neten Gegenstand" wird klargestellt, daß dieser aus einer dort genannten rechtswidrigen Tat eines ande-ren herrühren muß. Insoweit wird auf die Ausführun-gen zu Absatz 1 verwiesen.

Tathandlung nach Nummer 1 ist, daß der Täter den bezeichneten Gegenstand „sich oder. einem Dritten verschafft" . Sie ist dem § 259 entnommen, so daß die dazu in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze anwendbar sind.

In Nummer 2 werden neben der Verwendung der Vermögensgegenstände vor allem die vielfältigen Geldgeschäfte erfaßt.

Die notwendigen Einschränkungen des weit gefaßten Absatzes 2 ergeben sich in objektiver Hinsicht aus Absatz 6, in subjektiver Hinsicht außerdem aus der Klausel der Nummer 2: die Handlungen sind nur dann strafbar, wenn der Täter die illegale Herkunft des Gegenstandes zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat; spätere Kenntnis schadet also nicht.

Zu Absatz 3

Zur wirksamen Bekämpfung der Geldwäsche er-scheint es erforderlich, auch den Versuch unter Strafe zu stellen. Dies entspricht § 258 Abs. 4 und § 259 Abs. 3.

Zu Absatz 4

Absatz 4 regelt besonders schwere Fälle der Geldwä-sche. Der Strafrahmen beträgt Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Als Regelbeispiele sind gewerbsmäßiges und bandenmäßiges Handeln aufgeführt.

Der Strafrahmen entspricht dem des § 260 Abs. 1 (vgl. auch § 244 Abs. 1, § 264 Abs. 2).

Zu Absatz 5

Um auftretende Beweisschwierigkeiten zu vermeiden und eine wirksame Strafverfolgung der Geldwäscher sicherzustellen, ist eine Ausdehnung des Straftatbe-standes in den Bereich der Leichtfertigkeit unabding-bar.

Page 28: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Leichtfertigkeit entspricht weitgehend der „groben Fahrlässigkeit" im Sinne des bürgerlichen Rechts, wo-bei allerdings für die Vorhersehbarkeit des Taterfol-ges bei der Leichtfertigkeit subjektive Kriterien (per-sönliche Kenntnisse und Fähigkeiten des Täters) maß-gebend sind. Wie in der höchstrichterlichen Recht-sprechung (BGHSt 33, 66f.) und in der Literatur (z. B. Herdegen in: LK, 10. Aufl., § 251 Rdnr. 8, Eser in: Schönke/Schröder, a. a .0., § 239 a Rdnr. 31) aner-kannt ist, handelt leichtfertig, wer die sich ihm auf-drängende Möglichkeit der Tatbestandsverwirkli-chung aus besonderem Leichtsinn oder aus besonde-rer Gleichgültigkeit außer acht läßt.

Zu Absatz 6

Absatz 6 nimmt zum Schutz des allgemeinen Rechts-verkehrs bestimmte Handlungen von der Strafbarkeit nach Absatz 2 aus. Soweit Absatz 2 das Wiener Ober-einkommen umsetzt, erlaubt dessen Artikel 3 Abs. 11 Ausnahmen von der Strafbarkeit.

Da Absatz 6 nur die Strafbarkeit nach Absatz 2 aus-schließt, bleibt eine Strafbarkeit nach Absatz 1 unbe-rührt, sofern im Einzelfall dessen Voraussetzungen erfüllt sind.

Zu Absatz 7

Mit Absatz 7 wird die Einziehung von Gegenständen erreicht, auf die sich die Geldwäsche bezieht (sog. „Beziehungsgegenstände"). § 74 a ist' anzuwenden; damit können auch Gegenstände eingezogen wer-den, die dem „Geldwäscher" nicht gehören. Ferner wird mit Absatz 7 auch die Vermögensstrafe und der Erweiterte Verfall für anwendbar erklärt.

Zu Absatz 8

Absatz 8 erfaßt den Fall, daß die Vortat der Geldwä-sche im Ausland begangen worden ist.

Zu Absatz 9 und 10

Die in Absatz 9 und 10 vorgesehenen Vergünstigun-gen (Strafaufhebung in Absatz 9, Strafmilderung oder Absehen von Strafe in Absatz 10) sollen insofern zur wirksameren Bekämpfung der Organisierten Krimi-nalität beitragen, als sie einen Anreiz für die Anzeige strafbarer Geldwaschvorgänge schaffen. Die Erstat-tung einer solchen Anzeige kann nicht nur zur Auf-klärung der Geldwäsche selbst, sondern auch der Vortat (z. B. eines Betäubungsmitteldelikts) und dar-über hinaus zur Sicherstellung des „gewaschenen" Gegenstandes (z. B. des Erlöses aus illegalem Betäu-bungsmittelhandel) führen.

Die Voraussetzungen für eine Strafaufhebung sind in Absatz 9 für vorsätzliche und leichtfertige Begehung der Geldwäsche unterschiedlich geregelt.

Für beide Begehungsformen wird zunächst allgemein vorausgesetzt, daß der Täter die Anzeige freiwillig (vgl. §§ 24, 31, 129 Abs. 6, § 330b StGB) bei der zu-ständigen Behörde (Staatsanwaltschaft, Polizei oder Amtsgericht, vgl. § 158 Abs. 1 Satz 1 StPO) erstattet oder veranlaßt. Die Vergünstigung einer Strafaufhe-bung kann also nicht nur dem Anzeigeerstatter (z. B. dem Geschäftsleiter eines Kreditinstituts), sondern auch dem „Veranlasser" (z. B. einem oder mehreren Bankangestellten, die den Verdacht eines strafbaren Geldwaschvorgangs der dann Anzeige erstattenden Geschäftsleitung mitteilen) zugute kommen. Um ei-ner mißbräuchlichen Ausnutzung eines an die Straf-anzeige anknüpfenden Strafaufhebungsgrundes ent-gegenzutreten, wird in Absatz 9 Nr. 1, der insoweit dem § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO nachgebildet ist, zusätzlich verlangt, daß die Geldwäsche noch nicht entdeckt und dem Täter dies bewußt war. Während bei leicht-fertigem Handeln zur Straflosigkeit des Täters ge-nügt, daß die Voraussetzungen des Absatzes 9 Nr. 1 erfüllt sind, wird die Vergünstigung einer Strafaufhe-bung bei vorsätzlichem Handeln nur unter der weite-ren Voraussetzung gewährt, daß der Täter durch die freiwillig erstattete oder veranlaßte Anzeige einen be-stimmten kriminalpolitisch erwünschten Erfolg, näm-lich die Sicherstellung des „bemakelten" Gegenstan-des, herbeigeführt hat. Diese unterschiedliche Ausge-staltung des Strafaufhebungsgrundes wird gesetzes-technisch dadurch erreicht, daß in Absatz 9 Nr. 2 le-diglich auf — nur vorsätzlich begehbare, vgl. § 15 StGB — Straftaten nach Absatz 1 und 2 verwiesen wird, nicht jedoch auf den Tatbestand der leichtferti-gen Begehung in Absatz 5.

Mit dem Verzicht auf die Sicherstellung bei leichtfer-tigem Handeln wird dem vor allem bei Kreditinstitu-ten denkbaren Fall Rechnung getragen, daß sich der Verdacht einer Geldwäsche erst allmählich im Laufe einer längeren Geschäftsverbindung herausstellt. Es besteht dann die Gefahr, daß einem Bankangestellten nachträglich vorgeworfen wird, er habe die verdäch-tigen Umstände bereits zu einem früheren Zeitpunkt bemerken und sodann anzeigen müssen. In diesen Fällen würde die nachträgliche, aufgrund eines sich im Laufe der Zeit verdichtenden Verdachts erstattete Anzeige nicht zur Strafaufhebung nach Absatz 9 Nr. 2 führen, weil das „gewaschene" Geld infolge Abverfü-gung des betreffenden Kontoinhabers nicht mehr si-chergestellt werden könnte.

Die Vergünstigungen einer Strafmilderung oder eines Absehens von Strafe sind unter den Voraussetzungen des Absatzes 10 zulässig. Die Vorschrift ist der „klei-nen" Kronzeugenregelung des § 31 Nr. 1 BtMG nach-gebildet.

Zu Nummern 23, 24 (§§ 284, 285b StGB)

— Illegales Glücksspiel —

Die illegale Veranstaltung von Glückspielen stellt ebenfalls einen typischen Deliktsbereich der Organi-sierten Kriminalität dar.

Page 29: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

§ 284 (Gewerbsmäßiges oder bandenmäßiges illegales Glücksspiel)

Die nach geltendem Recht für die i llegale Veranstal-tung von Glücksspielen angedrohte Höchststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe erscheint zur schuldange-messenen Ahndung nicht ausreichend, wenn die Tat gewerbsmäßig oder bandenmäßig begangen wird. Deshalb sieht der Entwurf für diese Fälle in einem neuen Absatz 3 einen Qualifikationstatbestand mit ei-nem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor.

§ 285 b (Vermögensstrafe, Verfall und Einziehung)

Zur Abschöpfung der in den Fällen der gewerbsmäßi-gen oder bandenmäßigen Begehung erzielten erheb-lichen Gewinne soll der Anwendungsbereich der Ver-mögensstrafe und des Erweiterten Verfalls auf diesen Bereich ausgedehnt werden. Dies sieht § 285b vor.

Zu Artikel 2 (Änderung des Betäubungsmittelgesetzes)

Allgemeines

Die vorgeschlagenen Änderungen im Betäubungs-mittelrecht enthalten vier Schwerpunkte:

— die Unterstellung der synthe tischen Drogen unter das Betäubungsmittelgesetz (Nummer 1),

— die Verschärfung von Strafrahmen und die Erwei-terung des Anwendungsbereichs des § 129 StGB (Nummern 8 bis 10),

— die Einführung des Erweiterten Verfalls und der Vermögensstrafe (Nummern 10 und 13),

— die Einführung einer Überwachung für Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Grundstoffen für Be-täubungsmittel (Nummern 2 bis 6, 12; vgl. Arti-kel 3).

Mit diesen auf die Bekämpfung der Drogenkriminali-tät zugeschnittenen Regelungen trägt der Entwurf der besonderen Bedrohungslage in diesem Bereich Rech-nung (s. oben).

Zu Nummer 1 (§ 1 BtMG)

Neben den Betäubungsmitteln werden von Abhängi-gen auch andere Stoffe und Zubereitungen miß-braucht, von denen noch nicht bekannt ist, daß sie Abhängigkeit hervorrufen. Außerdem werden Stoffe hergestellt, die Betäubungsmitteln ähnlich sind, aber wegen der geringfügig abweichenden Struktur ihrer Moleküle dem Betäubungsmittelrecht nicht unterlie-gen. Diese Stoffe sind nicht selten noch gefährlicher als die Betäubungsmittel, von denen sie abgeleitet sind.

Stoffe und Zubereitungen werden der betäubungs

-

mittelrechtlichen Kontrolle nach § 1 Abs. 2 durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustim

-

mung des Bundesrates unterstellt. Vorher sind Sach-verständige zu hören. Dieses Verfahren erlaubt es, wesentlich schneller als in einem Gesetzgebungsver-fahren zu reagieren, wenn Stoffe oder Zubereitungen wie Betäubungsmittel mißbraucht werden. Die Unter-stellung nach § 1 Abs. 2 nimmt jedoch noch immer eine zu lange Zeit in Anspruch. Bis zur Änderung der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes werden diese Stoffe und Zubereitungen mißbraucht, ohne daß nach dem Betäubungsmittelgesetz dagegen eingeschritten werden kann.

Der Entwurf enthält daher nach dem Vorbild des § 7 Abs. 2 des Bundes-Seuchengesetzes eine Ermächti-gungsnorm für den Bundesminister für Gesundheit, in dringenden Fällen ohne Zustimmung des Bundesrates und ohne förmliche Anhörung von Sachverständigen auf die Dauer eines Jahres einen Stoff oder eine Zube-reitung in die Anlagen I bis III des Betäubungsmittel-gesetzes aufzunehmen, wenn dies zur Sicherheit und zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforder-lich erscheint. Der Bundesminister für Gesundheit er-hält damit die Möglichkeit, einem Mißbrauch von bis-her nicht dem Betäubungsmittelrecht unterstehenden Stoffen und Zubereitungen schnell entgegenzuwir-ken und gleichzeitig durch Einleiten des Unterstel-lungsverfahrens nach § 1 Abs. 2 eine sorgfältige Prü-fung vorzunehmen, ob die Stoffe und Zubereitungen endgültig unter betäubungsmittelrechtliche Kontrolle genommen werden müssen.

Die Änderung unter Buchstabe b ist eine Folgeände-rung.

Zu Nummern 2 bis 6 und 12 (§§ 2, 11, 14, 21, 32 BtMG und Anlage IV zum BtMG)

Vorbemerkung

Zur effektiven Bekämpfung des i llegalen Rauschgift-handels wird auch für die Ausfuhr der in Anhang IV des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführten Grund-stoffe ein Genehmigungsverfahren eingeführt.

Das Genehmigungsverfahren gibt den zuständigen Behörden die Möglichkeit, die Ausfuhr von Grund-stoffen zu versagen und damit die Befugnis, soweit erforderlich, auch in den Handel mit Grundstoffen einzugreifen.

Zu Nummern 2 und 3 (§ 2 und Anlage IV zum BtMG)

Es wird eine Anlage IV zum Betäubungsmittelgesetz eingeführt, die bestimmte Stoffe aus den Tabellen I und II des Übereinkommens von 1988 gegen den un-erlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen enthält.

Page 30: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Zu Nummer 4 (§ 11 Abs. 3)

Mit der Einführung des § 11 Abs. 3 erhält die Bundes-regierung die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Grundstoffen im Sinne der Anlage IV des Betäubungsmittelgesetzes zu regeln. Die Bundesregierung ist demnach in der Lage, ein Genehmigungsverfahren einzuführen, welches im Gegensatz zu einem Anmeldeverfahren eine effekti-vere Kontrolle im Verkehr mit Grundstoffen ermög-licht.

Zu Nummer 5 (§ 14 Abs. 1 Satz 1)

Die Kennzeichnungspflicht ist auch für Grundstoffe im Sinne der Anlage IV einzuführen, damit diese Stoffe im Verkehr jederzeit eindeutig zu erkennen sind.

Zu Nummer 6 (§ 21 BtMG)

Grundstoffe sind keine Betäubungsmittel im Sinne des Gesetzes. Es ist daher erforderlich, die vorgese-hene Ergänzung des § 21 Abs. 1 Satz 1 vorzuneh-men.

Zu Nummer 12 (§ 32)

Infolge der Einführung des § 11 Abs. 3 ist der Katalog der Ordnungswidrigkeiten entsprechend zu ergän-zen.

Zu Nummern 7 bis 11 (§§ 29, 29a, 30, 30a und 31 BtMG)

— Strafschärfungen —

Vorbemerkung

Die Strafrahmen im Betäubungsmittelgesetz ermögli-chen es derzeit nicht in allen Fällen, ein Strafmaß zu verhängen, das dem kriminellen Gehalt und der ho-hen Sozialschädlichkeit entspricht. Im Bereich der bandenmäßigen Betäubungsmittelkriminalität, dem Kern der Organisierten Kriminalität, muß eine höhere Mindeststrafe vorgesehen werden. Straftaten der ban-denmäßigen Betäubungsmittelkriminalität sind be-sonders gefährlich, sozialschädlich und strafwürdig. Die Strafschärfung im vorgeschlagenen Sinn ermög-licht nicht nur die Verhängung schuldangemessener Strafen im Einzelfall, sie verhindert auch die Wieder-holung solcher Straftaten, indem Bandenmitglieder für lange Zeit aus dem Verkehr gezogen werden. Schließlich wird sie in erheblichem Maß generalprä-ventiv wirken. Ein Kennzeichen krimineller Organisa-tionen ist, daß sie Chancen und Risiken „professio-nell" kalkulieren; es liegen Erfahrungen vor, daß Be-täubungsmittelhändler bei ihren Aktivitäten Regio-nen meiden, in denen sie mit höheren Strafen rechnen müssen. Der besonderen Verwerflichkeit bandenmä

-

ßiger Betäubungsmittelkriminalität entspricht formal ein herausgehobener eigener Straftatbestand.

§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 4 BtMG enthält Tatmodalitä-ten, die zum Verbrechen aufgestuft werden müssen. Die Heraufstufung in diesem Sinne macht deutlich, wie ernst die Gefährdung von Kindern und Jugendli-chen durch Betäubungsmittelstraftäter genommen werden muß, ferner daß Betäubungsmittelkriminalität mit nicht geringen Mengen stets und nicht erst — wie bisher — nach einer Gesamtabwägung von Tat und Täter außerordentlich verwerflich ist. Die Heraufstu-fung erweitert auch die Möglichkeit der Abschiebung im Rahmen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Ausländergesetz. Exzeptionellen Fallgestaltungen kann — wie bei dem Sondertatbestand für bandenmäßiges Begehen — durch einen Privilegierungstatbestand für einen min-der schweren Fall ausreichend Rechnung getragen werden. Die Qualifikation als Verbrechen bleibt da-von unberührt.

§ 29 a (Verbrechen)

Absatz 1 entspricht weitestgehend unverändert dem bisherigen § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 4; auf deren Aus-legung kann zurückgegriffen werden. Die Verwerf-lichkeit dieser Tatmodalitäten rechtfertigt es, einen qualifizierten Verbrechenstatbestand — und nicht nur ein Regelbeispiel — zu konstituieren. Liegen die Vor-aussetzungen vor, ist ein Verbrechen gegeben; einer Gesamtwürdigung bedarf es nicht mehr. In Nummer 2 wird über den bisherigen § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 hin-ausgehend das Herstellen einbezogen. Zu dem Be-griff kann auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 verwiesen werden. Das Herstellen von Betäubungsmitteln in größerem Um-fang enthält ein derar tiges Gefährdungspotential, daß die Einbeziehung in den neuen Tatbestand gerecht-fertigt ist.

Um außergewöhnlichen Gestaltungen Rechnung tra-gen zu können, ist in Absatz 2 ein Sondertatbestand für einen minderschweren Fall vorgesehen. Ein min-derschwerer Fall setzt voraus, daß die mildernden Faktoren beträcht lich überwiegen; dies dürftç z. B. bei betäubungsmittelabhängigen Tätern in Betracht kommen.

§ 30

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Num-mern 7 und 8.

§ 30a (Bandenmäßiger Drogenhandel)

Absatz 1 enthält einen Tatbestand, der den unerlaub-ten Umgang mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren be-droht, wenn bandenmäßige Begehung vorliegt. Über die Regelung in § 30 Abs. 1 Nr. 1 hinaus sind Ein- und Ausfuhr einbezogen. Dies ist wegen der Gefährlich-keit internationaler Banden geboten.

Die Vorschrift erfaßt jedes Bandenmitglied unabhän

-

gig von seinem konkreten Tatbeitrag. Um außerge-

Page 31: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

wöhnlichen Fallgestaltungen Rechnung tragen zu können — z. B. bei untergeordneter oder kurzfristiger Tätigkeit — , bedarf es aus Gründen der Verhältnis-mäßigkeit einer Privilegierung durch Absatz 2, der die Strafdrohung für einen minder schweren Fall fest-legt.

Zu Nummer 10 (§ 30b BtMG)

Erweiterung des § 129 StGB

Nach der Rechtsprechung des BGH und nach herr-schender Meinung im Schriftum werden von § 129 StGB nur die kriminellen Vereinigungen erfaßt, die zumindest in Form einer Teilorganisation im Inland bestehen (BGHSt 30, 328, 329 m. w. N.). Sind Mitglie-der einer ausländischen kriminellen Vereinigung im Inland tätig, machen sie sich nur mit dieser Einschrän-kung nach § 129 StGB strafbar. Die Strafbarkeit nach anderen Vorschriften, wenn deren Tatbestand erfüllt ist, bleibt davon unberührt. Im Hinblick auf die Prak-tikabilität von Rechtsnormen, deren Durchsetzbarkeit und auf den völkerrechtlichen Grundsatz der Nicht-einmischung ist dieser Ansatz grundsätzlich sachge-recht. Bezüglich der Betäubungsmittelkriminalität lie-gen jedoch Besonderheiten vor, die es rechtfertigen, § 129 StGB in gewissem Rahmen auszuweiten. Betäu-bungsmittelstraftaten sind allgemein geächtet, wie zuletzt das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Sucht-stoffen und psychotropen Stoffen belegt. Auch unter-liegt nach § 6 Nr. 5 StGB (Weltrechtsprinzip) schon jetzt unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln dem deutschen Strafrecht, unabhängig vom Tatort und den Strafnormen die dort gelten; auch auf die Staatsange-hörigkeit des Täters kommt es nicht an (Dreher/ Tröndle, StGB, 44. Aufl., § 6 Rdnr. 1). Der BGH hat § 6 Nr. 5 StGB bei Betäubungsmittelstraftaten erst vor kurzem im Urteil vom 8. April 1987 (BGHSt 34, 334) mit ausführlicher Begründung als unbedenk lich an-gesehen, ausgehend von einem Sachverhalt, bei dem ein Niederländer in den Niederlanden Handel mit Betäubungsmitteln betrieben hat. Der BGH neigt le-diglich dazu, das Weltrechtsprinzip dahin gehend ein-zuschränken, daß für die Erstreckung deutscher Straf-gewalt auf Auslandstaten, die Ausländer begangen haben, ein legitimierender Anknüpfungspunkt erfor-derlich ist (BGH a. a. O., 336).

Ausgehend davon begegnet es keinen rechtlichen Be-denken, schon die Vorbereitung von Betäubungsmit

-

telstraftaten im Inland unter bestimmten Vorausset-zungen unter Strafdrohung zu stellen. Unter den Aspekten der Praktikabilität und der Durchsetzbar-keit sind Bedenken bei einer derart punktuellen Er-weiterung des § 129 StGB nicht zu erheben. Die Er-weiterung des § 129 StGB ist im Hinblick auf die im-mer stärkeren internationalen Verflechtungen der Be-täubungsmittelkriminalität und die Tendenz auslän-discher Organisationen, verstärkt im Inland Fuß zu fassen, von erheblicher praktischer Bedeutung. So kann etwa derzeit ein Angehöriger des Medellin-Kar-tells, der hier Verbindungen knüpft, Straftaten nach dem BtMG aber noch nicht begeht, nicht bestraft wer-

den. Fehlt aber der Anfangsverdacht einer Straftat, fehlt auch der Anknüpfungspunkt für die Durchfüh-rung strafprozessualer Ermittlungen. Dies kann nicht hingenommen werden; § 30b soll insofern der Lük-kenschließung dienen.

Schutzzweck der Vorschrift ist die Bekämpfung von Betäubungsmittelstraftaten schon im Stadium der Vorbereitung und dadurch die Wahrung der öffentli-chen Sicherheit und der staatlichen Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland. Auch der BGH hat nicht ausgeschlossen, daß Gefahren für den inneren Frieden in der Bundesrepublik Deutschland von Ver-einigungen ausgehen können, die ihren Sitz im Aus-land haben (BGHSt 30, 328, 332). § 30b geht über § 129 StGB, der auf Vereinigungen abzielt, die die Vereinigungsfreiheit mißbrauchen, insofern hinaus.

Die Anknüpfung an Vereinigungen, die nicht oder nicht nur im Inland bestehen, ist § 120 Abs. 2 Nr. 2 GVG entnommen. Sie soll die Lücken schließen, die § 129 StGB nach Rechtsprechung und herrschender Meinung läßt. Bestehen schon Teilorganisationen im Inland, ist § 129 StGB unmittelbar anwendbar.

Mit der Zielrichtung „unbefugter Vertrieb" wird der Tatbestand auf die praktisch bedeutsamen Fallgestal-tungen zugeschnitten. Auch rechtlich ist dieser An-satz zweckmäßig, da Straftaten nach § 6 Nr. 5 StGB schon jetzt dem Weltrechtsprinzip unterliegen und somit auf die Auslegung dieser Vorschrift zurückge-griffen werden kann. Die Kriterien, die einer uferlosen Erweiterung der Strafverfolgung aufgrund § 6 Nr. 5 StGB entgegenstehen (BGHSt 34, 334) gelten auch für § 30b. Weder nötig noch zweckmäßig ist es, nur Ver-einigungen einzubeziehen, die auf den Vertrieb von Betäubungsmitteln im Inland abzielen. Ein Anknüp-fungspunkt für inländisches Strafrecht ist auch gege-ben, wenn ein Mitglied einer ausländischen Organi-sation im Inland Verbindungen knüpfen will, die auf den Vertrieb von Betäubungsmitteln im Ausland ab-zielen. Dies trägt auch der zunehmenden Internatio-nalisierung der organisierten Betäubungsmittelkrimi-nalität Rechnung.

Zu Nummer 10 (§ 30c BtMG)

— Vermögensstrafe —

Insofern handelt es sich um eine Verweisungsvor-schrift, welche die Blankettnorm über die Verhän-gung der Vermögensstrafe des § 43 a StGB-Entw. in das Betäubungsmittelgesetz einfügt.

In Absatz 1 des neuen § 30 c sind die Straftatbestände des Betäubungsmittelgesetzes aufgezählt, die we-sensmäßig auf eine Gewinnerzielung gerichtet sind.

In Absatz 2 dieser Vorschrift wird der Anwendungs-bereich der Vermögensstrafe auch auf die Verbre-chenstatbestände des BtMG erstreckt.

Page 32: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Zu Nummer 11 (§ 31 BtMG)

Es handelt sich um eine Folgeänderung.

Zu Nummer 13 (§ 33 BtMG)

— Erweiterter Verfall —

Durch die Verweisungsvorschrift in § 33 Abs. 1 wird die Blankettnorm des Erweiterten Verfalls in § 73 d StGB-Entw. in das Betäubungsmittelgesetz eingefügt. Die Verweisung beschränkt sich hierbei auf die Fälle des Betäubungsmittelgesetzes, die auf Gewinnerzie-lung gerichtet sind oder zumindest eine enge Ver-knüpfung mit entgeltlichem Betäubungsmittelumsatz in größerem Umfang haben.

Die Überschrift dieser Vorschrift ist entsprechend an-zupassen und der bisherige einzige Absatz, der eine Sonderregelung zur Einziehung enthält, wird Ab-satz 2.

Zu Nummer 14 (§ 34 BtMG)

Es ist sachgerecht, die Möglichkeit der Anordnung von Führungsaufsicht auch für §§ 29 a und 30 a vorzu-sehen.

Zu Artikel 3 (Änderung der Betäubungsmittel

-

Außenhandelsverordnung)

Gemäß Artikel 2 Nr. 4 dieses Gesetzes ist in § 11 Abs. 3 die Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß von Rechtsverordnungen zur Regelung der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Grundstoffen im Sinne der Anlage IV des Betäubungsmittelgesetzes vorgesehen. Zur effek-tiven Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels wird auch für die Ausfuhr der in Anhang IV Teil A des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführten Grundstoffe ein Genehmigungsverfahren eingeführt. Das Geneh-migungsverfahren gibt den zuständigen Behörden die Möglichkeit, die Ausfuhr von bestimmten Grundstof-fen zu versagen und damit die Befugnis, soweit erfor-derlich, auch in den Handel mit diesen Grundstoffen einzugreifen.

Zu Nummer 1 (Eingangssatz)

Der Eingangssatz der Rechtsverordnung ist hinsicht-lich der Ermächtigungsnorm entsprechend zu ergän-zen.

Zu Nummer 2 (§ 7)

Die Änderung des § 7 Abs. 1 begründet die Antrags-pflicht für Ausfuhrsendungen von den in Anlage IV Teil A genannten Grundstoffen. Die Neufassung des § 7 Abs. 2 stellt klar, daß die speziellen Anforderun-gen der Angaben des Ausfuhrantrages für Betäu-bungsmittel nicht auf diese Grundstoffe ausgedehnt

werden. Der neue Absatz 3 faßt daher die erforderli-chen Angaben des Ausfuhrantrages für diese Grund-stoffe zusammen.

Zu Nummer 3 (§ 8 Abs. 3)

In § 8 Abs. 3 sind die Gründe aufgeführt, unter denen eine Genehmigung für die Ausfuhr von Grundstoffen nach Anlage IV Teil A versagt werden kann.

Zu Nummer 4 (§ 9)

Die Änderung gewährleistet, daß die zuständige Stelle im Einfuhrland eine Ausfuhrgenehmigung er-hält, so daß eine Kontrolle über den Verkehr mit den Grundstoffen nach Anlage IV Teil A gegeben ist.

Zu Nummer 5 (§ 10 Abs. 1)

Die Ergänzung dehnt die Kennzeichnungspflicht für Betäubungsmittel auf Grundstoffe nach Anlage IV aus.

Zu Nummer 6 (§ 11)

Durch die Ergänzung des Absatzes 1 wird sicherge-stellt, daß die Ausfuhrabfertigung für Grundstoffe nach Anlage IV Teil A bei der Zollstelle anzumelden ist, die im Ausfuhrantrag angegeben ist.

Absatz 2 dehnt die Bestimmung, daß die Versandpa-piere mit einer Ausfertigung der Genehmigung zu versehen ist, sowie das Verbot der Ausfuhrabferti-gung, wenn die Genehmigung nicht beigefügt ist, auf das Verfahren bei Grundstoffen nach Anlage IV Teil A aus.

Zu Nummer 7 (§ 12)

Übernahme der Vorschriften bezüglich der Ausfuhr-anzeige für Betäubungsmittel auf Grundstoffe nach Anlage IV Teil A.

Zu Nummer 8 (§ 14)

Die Aufnahme einer Vorschrift über Aufzeichnungen des Ein- und Ausführers von Grundstoffen nach An-lage IV Teil A erfolgt insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen lücken-losen Erfassung des Verkehrs mit Grundstoffen.

Zu Nummer 10 (§ 17)

Ausweitung des Ordnungswidrigkeitskataloges auf die Regelungen bezüglich des Ausfuhrantrages und der Aufzeichnungen für die Ein- und Ausfuhr von Grundstoffen nach Anlage IV Teil A.

Page 33: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

Zu Artikel 4 (Änderung der Strafprozeßordnung)

A. Vorbemerkung

Regelungen des Entwurfs

Die vorgeschlagenen Änderungen der Strafprozeß-ordnung gliedern sich in zwei Gruppen:

— Mit den Regelungen der einen Gruppe (Num-mern 3 bis 12) sollen die Strafverfolgungsbehör-den durch Erweiterung und Klarstellung ihrer Be-fugnisse in die Lage versetzt werden, die Drogen-kriminalität und andere Erscheinungsformen des organisierten Verbrechens wirksamer als bisher zu verfolgen,

— mit der anderen Gruppe (insbesondere Num-mern 1, 14, 15) wird dasselbe Ziel durch Gewähr-leistung eines besseren Schutzes gefährdeter Zeu-gen (sog. Zeugenschutz) angestrebt.

Die Verbesserung des Ermittlungsinstrumentariums und der Zeugenschutz ergänzen einander und sind gleichermaßen notwendig.

Der Entwurf begründet zum Teil neue Befugnisse für die Ermittlungsbehörden, insbesondere beim Einsatz technischer Mittel, er enthält aber auch einige klar-stellende Regelungen. Sein unmittelbarer Anlaß ist die bedrohliche Zunahme der Organisierten Krimina-lität. Die vorgeschlagenen Änderungen der Strafpro-zeßordnung konnten sich zur Vermeidung von Um-kehrschlüssen darauf jedoch nicht beschränken.

Bei den Regelungen zum Zeugenschutz war eine Be-schränkung auf bestimmte Straftaten nach der Natur der Sache nicht möglich. Entscheidend ist hier der Grad der Gefährdung des Zeugen.

Verhältnis zum Entwurf eines Strafverfahrensänderungsgesetzes (StVÄG 1989)

Soweit sich der Entwurf bei der Verbesserung des Ermittlungsinstrumentariums nicht nur speziell mit Vorschriften zur intensiven Verfolgung der Organi-sierten Kriminalität befaßt, sondern allgemeinere Re-gelungen vorsehen muß (s. oben), betritt er dasselbe Feld wie der Entwurf eines Strafverfahrensände-rungsgesetzes 1989 (StVÄG 1989) des Bundesmini-sters der Justiz. Im Hinblick darauf, daß dieser auch noch zahlreiche andere Regelungsgegenstände ent-hält, ist seine Verabschiedung in dieser Legislaturpe-riode des Deutschen Bundestages sehr zweifelhaft. Die Verbesserung der Verfolgung der Organisierten Kriminalität ist aber dringlich, so daß ein gesonderter Entwurf gerechtfertigt erscheint.

Regelungen über den Zeugenschutz enthält der E-StVÄG 1989 anders als der vorliegende Entwurf (vgl. insbesondere §§ 68, 200, 222 E-StPO) nicht.

Datenschutz

Die Strafprozeßordnung versucht mit guten Gründen nicht, die Vielgestaltigkeit der Ermittlungsvorgänge in starre Normen zu pressen, sondern beschränkt sich neben einer Generalklausel (§ 161, 163) auf die Re

-

gelung von Maßnahmen mit größerer Eingriffsinten-sität (z. B. Untersuchungshaft, Telefonüberwachung, Durchsuchung, Beschlagnahme). Die Regelung wird in datenschutzrechtlichen Diskussionen vielfach als nicht zureichend angesehen und eine eingehendere Regelung gefordert. Bei den Entwurfsvorschlägen wird den Bedenken des Datenschutzes unter Berück-sichtigung des Verfassungsgebotes der Aufrechter-haltung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege Rechnung getragen. Der Entwurf schafft ferner klare gesetzliche Grundlagen für die — auch automatisierte — Datenverarbeitung bei der Vorgangsverwaltung der Staatsanwaltschaften.

Verwertungsbeschränkungen

Die Rechtsprechung hat insbesondere im Zusammen-hang mit der besonders eingriffsintensiven Maß-nahme der Telefonüberwachung (§ 100 a) differenzie-rende Lösungen zur Verwertung der daraus erlangten Erkenntnisse entwickelt (vgl. die Darstellung bei Kleinknecht/Meyer, StPO, 39. Aufl. Rdnr. 18 ff. zu § 100a). Diese Lösungen gelten auch für die durch den Entwurf neu eingeführten Maßnahmen.

Der Entwurf befaßt sich grundsätzlich nicht mit der Frage, ob und inwieweit Erkenntnisse aus einem Strafverfahren zur Erfüllung anderer öffentlicher Auf-gaben, insbesondere der Gefahrenabwehr herange-zogen werden können. Die Bandbreite der anderen Fälle, in denen staatliche Stellen auf solche Informa-tionen angewiesen sind, ist groß (z. B. die Gesund-heitsverwaltung zur Seuchenbekämpfung, das Aus-wärtige Amt zur Beendigung der Mission eines Diplo-maten, der in ein Rauschgiftgeschäft verwickelt ist, Artikel 9 Abs. 1 WÜD, oder auch der Bundespräsident im Rahmen von Ordensverleihungen). Eine Regelung im Zusammenhang dieses Entwurfs ist unter diesen Umständen weder angezeigt noch möglich.

Die Notwendigkeit von Zeugenschutz

Der Schutz gefährdeter Zeugen ist im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eine der wichtigsten Aufgaben. Sachbeweise lassen sich hier häufig nur unzureichend führen. Um so grö-ßere Bedeutung kommt deshalb Zeugen zu, die we-gen ihrer persönlichen Nähe zur Tatplanung und Tat-ausführung Aussagen machen können, mit denen die Organisatoren und Nutznießer des Verbrechens zu überführen sind. Gerade diese Zeugen sind aber be-sonders gefährdet und erwarten einen wirksamen Schutz. Aber auch Zufallszeugen müssen mit Ein-schüchterungsversuchen rechnen und können ge-fährdet sein.

Die Bandbreite der Pressionen ist groß. Sie reicht von symbolischen Gesten (z. B. Zusenden von Tierkada-vern, Warnschüssen) über Drohungen, Sachbeschädi-gungen (z. B. Zerstechen der Reifen, Demolie rung der Wohnung), Tätlichkeiten bis zu Entführungen und versuchten oder vollendeten Tötungen. Auch Pressio-nen auf Angehörige der Zeugen werden als Mittel der Druckausübung benutzt.

Page 34: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Die Einschüchterung der Auskunftspersonen hat empfindliche Auswirkungen auf ihr Anzeige- und Aussageverhalten. Sie kann dazu führen, daß sie Strafanzeigen unterlassen, Aussagen abschwächen, widerrufen oder von vornherein falsche Angaben ma-chen, Nichtwissen oder Erinnerungsverlust vortäu-schen oder unter Verweisung auf die Gefährdung die Aussage generell verweigern. Um dies zu vermeiden, ist es unerläßlich, solchen gefährdeten Zeugen auf Wunsch Schutzzusagen zu machen und sie auch ein-zuhalten.

Zeugenschutz ist zunächst und zum überwiegenden Teil eine Aufgabe der Gefahrenabwehr. Die meisten hier zu treffenden Maßregeln erfordern keine gesetz-liche Regelung (der Entwurf sieht insoweit lediglich eine Änderung des Personenstandsgesetzes vor). Im Bereich der Polizei werden derzeit Maßnahmen dis-kutiert, die über die Regelungen der Nummer 2.5.2 der Polizeidienstvorschrift 100 hinaus den Schutz ge-fährdeter Zeugen sicherstellen sollen. Wichtig er-scheint dabei, daß der Zeugenschutz von einer Dienst-stelle wahrgenommen wird, die nicht mit Ermittlungs-aufgaben befaßt ist. Damit wird auch der Anschein einer Beeinflussung vermieden.

Zeugenschutz ist aber nicht nur eine Frage der Gefah-renabwehr. Zahlreiche Maßnahmen zum Schutz ge-fährdeter Zeugen wirken sich auch auf die prozes-suale Verfügbarkeit dieses Beweismittels aus, z. B. wenn Wohn-, Vernehmungs- oder Aufenthaltsort des Zeugen geheimgehalten oder ihm eine neue Identität verliehen werden muß. Das Strafprozeßrecht muß die-sen Anforderungen entsprechen. Dabei muß eine Ab-wägung der berechtigten Sicherheitsinteressen des gefährdeten Zeugen mit dem verfassungsmäßigen Recht des Angeklagten vorgenommen werden, sich gegen den Anklagevorwurf verteidigen zu können. Zeugenschutz kann danach nicht grenzenlos sein, sondern kann nur soweit reichen, wie dies mit den berechtigten Verteidigungsinteressen des Angeklag-ten vereinbar ist. Von diesen Grundsätzen geht der Entwurf aus. Bei der Einzelausgestaltung greift er Vorschläge, wie sie insbesondere von Miebach (ZRP 1984, S. 81, 85) und Rebmann/Schnarr (NJW 1989 S. 1185, 1190 ff.) vorgelegt worden sind und die in der Praxis Zustimmung gefunden haben, weithin auf, folgt ihnen allerdings nicht in allen Punkten.

Die Regelung des Zeugenschutzes im Entwurf

Vorschriften zum Schutze von Zeugen finden sich ver-streut in der Strafprozeßordnung und dem Gerichts-verfassungsgesetz, wobei der Zeugenschutz meist nur ein Nebeneffekt ist (z. B. § 147 Abs. 2, § 247 StPO, § 172 GVG; anders § 68 Satz 2 StPO). Zu einer zentra-len Vorschrift bei dem Schutz gefährdeter Zeugen hat sich § 96 StPO entwickelt, der unter bestimmten Vor-aussetzungen zuläßt, daß aufgrund einer Entschei-dung der obersten Dienstbehörde der Polizei oder der Staatsanwaltschaft die Identität oder die Anschrift eines gefährdeten Zeugen geheimgehalten wird (s. unten).

In Übereinstimmung mit dem System der Strafprozeß

-

ordnung schlägt der Entwurf keinen eigenen Ab-

schnitt über den Zeugenschutz vor, sondern führt die entsprechenden Regelungen jeweils in dem Verfah-rensabschnitt ein, in dem sie wirksam werden sollen. So befassen sich die Nummer 1 (§ 68) mit dem Zeu-genschutz bei gerichtlichen (und staatsanwaltschaftli-chen, § 161 a Abs. 1 Satz 2) Vernehmungen, die Num-mer 14 (§ 200) betrifft das Zwischenverfahren und die Nummer 15 (§ 222) die Vorbereitung der Hauptver-handlung. Ergänzt werden die Regelungen der StPO durch eine Klarstellung in § 172 GVG (s. Artikel 6).

Zu § 96 stehen die vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen von StPO und GVG in der Beziehung, daß ein Zeuge nur dann ohne Verlust der Beweissur-rogate „gesperrt" werden kann, wenn auch auf Grund der Entwurfsregelungen die Gefährdung nicht besei-tigt werden kann.

§ 96 — ist in Verbindung mit § 54 — auch die wesent-liche Grundlage für die Zusage der Geheimhaltung oder anderer Schutzmaßnahmen durch die Strafver-folgungsbehörden. Gefährdete Zeugen, insbesondere aus dem Bereich der Betäubungsmittel- und sonstigen Organisierten Kriminalität, sind nach den Erfahrun-gen der Praxis (vgl. dazu etwa Körner Kriminalistik 1984, S. 388ff.) regelmäßig nur dann zur Aussage be-reit, wenn ihnen „Vertraulichkeit" oder andere Schutzmaßnahmen zugesichert werden. Dies gilt für Personen, die zufällig Wahrnehmungen gemacht ha-ben, aber auch für V-Personen der Polizei, die regel-mäßig mit ihr zusammenarbeiten. In besonders ho-hem Maße spielen Schutzzusagen eine Rolle bei den Auskunftspersonen, die der kriminellen Organisa tion nahegestanden haben und bei einer Aussage befürch-ten müssen, als „Verräter" angesehen und behandelt zu werden. Die Zusage von Schutzmaßnahmen, sei es nun die völlige „Sperrung", sei es die „Freigabe" un-ter bestimmten Bedingungen, spielt daher in der Pra-xis eine außerordentliche Rolle.

Im Interesse einer wirksamen Verfolgung der Organi-sierten Kriminalität sind Strafverfolgungsbehörden und Gerichte auf die Angaben von Zeugen dringend angewiesen. Werden Schutzzusagen nicht konse-quent eingehalten, so besteht die Gefahr, daß immer mehr Bürger sich zurückziehen und die Zeugenrolle wo immer möglich zu vermeiden suchen. Insbeson-dere für die Verfolgung der Organisierten Kriminalität und dort wiederum der Rauschgiftkriminalität hätte dies verhängnisvolle Folgen.

Das Verfahren bei der Zusage der Vertraulichkeit/ Geheimhaltung ist in den Gemeinsamen Richtlinien der Justiz- und Innenressorts der Länder vom Jahre 1986 (s. unten Vorbemerkung zu §§ 110a bis 110 e) geregelt. Danach sind Staatsanwaltschaft und Polizei an die Zusicherung der Vertraulichkeit/Geheimhal-tung (von bestimmten Ausnahmen abgesehen) ge-bunden. Die Richtlinien haben sich bewährt. Eine aus-drückliche gesetzliche Regelung der Zusicherung von Zeugenschutz erscheint danach entbehrlich.

Der Entwurf hat davon abgesehen, für die Teilnahme-befugnis an Vernehmungen außerhalb der Hauptver-handlung, insbesondere an Vernehmungen durch den beauftragten oder ersuchten Richter, besondere Regelungen zu schaffen. Es gelten daher die allge-meinen Grundsätze, insbesondere § 224. Auf der

Page 35: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

Grundlage des Beschlusses des Großen Senats des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 1983 (BGHSt 32 S. 115) sieht es die Rechtsprechung nach geltendem Recht nicht als zulässig an, anzuordnen, daß der Ver-teidiger von einer kommissarischen Zeugenverneh-mung ausgeschlossen wird (vgl. Herdegen NStZ 1984 S. 200, 203). Die Einführung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung dürfte nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Mai 1981 (E 57, 250) zwar nicht ausgeschlossen sein. Der Gewinn einer solchen Verfahrensweise überwiegt jedoch nicht so offenkundig die möglichen Nachteile, daß eine solche gesetzgeberische Entscheidung im Rah-men dieses Entwurfs ge troffen werden sollte.

Werden Identität und Anschrift eines gefährdeten Zeugen nach § 96 geheimgehalten, so ist darin nach überwiegender Auffassung

— ein „anderes nicht zu beseitigendes Hindernis" im Sinne des § 223 Abs. 1 (LR-Gollwitzer § 223 Rdnr. 12),

— ein unerreichbares Beweismittel im Sinne des § 244 (LR-Gollwitzer § 244 Rdnr. 271) und

— ein Grund im Sinne des § 251 Abs. 2 zu sehen, der eine gerichtliche Vernehmung „in absehbarer Zeit" nicht zuläßt (LR-Gollwitzer § 251 Rdnr. 52).

In allen Fällen, in denen ein gefährdeter Zeuge ord-nungsgemäß behördlich „gesperrt" worden ist, kann daher auf die Surrogate der §§ 223, 251 Abs. 2 zurück-gegriffen werden. Der Entwurf sieht daher derzeit kein Bedürfnis für eine Ergänzung des § 251 Abs. 2 dahin, daß die Verlesung von nichtrichterlichen Ver-nehmungen und Urkunden des betreffenden Zeugen auch dann zulässig sein soll, wenn dies zum Schutz eines an Leben, Leib oder Freiheit gefährdeten Zeu-gen erforderlich erscheint und wenn dem Zeugen das Erscheinen in der Hauptverhandlung deshalb nicht zuzumuten ist. Allerdings ist es Aufgabe von Staats-anwaltschaft und Polizei, den Schutz dieser Zeugen aktiv zu betreiben und sich ihrer anzunehmen, sobald eine Gefährdungslage geltend gemacht oder sonst er-kennbar wird.

Aus ähnlichen Gründen hat der Entwurf auch von einer Änderung des § 247 abgesehen. Die Entfernung des Angeklagten, auch während der Vereidigung des Zeugen ist zulässig, wenn eine zulässige Sperre nach § 96 nur dadurch überwunden werden kann (LR-Goll-witzer § 247 Rdnr. 16).

Die vorgeschlagenen Zeugenschutzregelungen sind nicht in der Weise zu verstehen, daß andere Zeugen-schutzmaßnahmen nicht zulässig sein sollen. So ist es insbesondere möglich, dem Zeugen eine andere Iden-tität zu verleihen (vgl. auch § 68 Abs. 2 E-StPO sowie die unten vorgeschlagene Änderung des Personen-standsgesetzes) oder ihm im Rahmen von Zeugen-schutzmaßnahmen finanzielle oder sonstige geld-werte Zuwendungen (Überbrückungshilfe, Zu-schüsse zur Beschaffung einer neuen Wohnung oder eines neuen Arbeitsplatzes u. ä.) zu gewähren. Solche Maßnahmen sind keine unzulässigen Vorteile im Sinne der § 69 Abs. 3, § 136 a Abs. 1 Satz 3. Sie erge-ben sich aus der Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Bürger und der Pflicht der Polizei zur Gefahren-

abwehr. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf es insoweit nicht.

Ebensowenig ausgeschlossen sind sitzungspolizeili-che Maßnahmen zum Schutze gefährdeter Zeugen, die Festlegung des Orts der Hauptverhandlung oder ihres Rahmens. Desgleichen kann dem Zeugen auf dem Wege von und zu dem Gerichtsort natürlich Schutz gewährt werden.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Nummer 1 (§ 68 StPO)

— Zeugenschutz —

Nach der geltenden Fassung des § 68 Satz 2 kann einem gefährdeten Zeugen gestattet werden, seinen Wohnort nicht anzugeben. Diese Regelung gilt aber nur für die Hauptverhandlung. Der Bundesrat hatte bereits im Jahre 1977 (BR-Drucksache 420/77) vorge-schlagen, einem gefährdeten Zeugen generell zu ge-statten, statt des Wohnortes seine Dienst- oder Ge-schäftsanschrift oder eine andere ladungsfähige An-schrift anzugeben; der Deutsche Bundestag konnte sich dazu jedoch nicht entschließen, weil durch eine Geheimhaltung des Wohnortes vor den Verfahrens-beteiligten dem Angeklagten die Möglichkeit genom-men werde, im Einzelfall Erkundigungen über die Glaubwürdigkeit des Zeugen einzuziehen (BT

-

Drucksache 7/1844, S. 30, 31). Der Entwurf greift den Vorschlag des Bundesrates wieder auf. Die Einzie-hung von Erkundigungen über die Glaubwürdigkeit des Zeugen mittels des Wohnortes ist heute in der Praxis ohne Bedeutung. In den wenigen Fällen, in denen sie praktisch wird, wird es meist genügen, dem Verteidiger auf Verlangen den Wohnort zu offenba-ren, so daß die Erkundigungen von diesem eingezo-gen werden können. Der Entwurf schlägt daher eine Regelung vor (Absatz 2), wonach dem gefährdeten Zeugen generell gestattet werden kann, statt des Wohnortes seine Dienst- oder Geschäftsanschrift oder eine andere ladungsfähige Anschrift anzugeben, wo-bei die letztgenannte Alternative insbesondere bei gefährdeten Privatpersonen, etwa in den Fällen der Gewalt gegen Frauen, Bedeutung gewinnen wird; als Folge der vorgeschlagenen Neufassung des Absat-zes 2 Satz 1 sind auch die Regeln über die Namhaft-machung von Zeugen (§ 200 Abs. 1 Satz 2, § 222) zu ändern (s. dazu unten). Die bereits jetzt bestehenden Möglichkeiten für die Hauptverhandlung sollen auf-rechterhalten bleiben. Die obengenannte Regelung rechtfertigt es auch, Zeugen, die Wahrnehmungen in amtlicher Eigenschaft gemacht haben, allgemein zu gestatten, statt des Wohnortes den Dienstort anzuge-ben (Absatz 1 Satz 2).

Insbesondere in Verfahren der Betäubungsmittel- oder sonstigen Organisierten Kriminalität reicht die Geheimhaltung des Wohnortes von an Leib, Leben oder Freiheit gefährdeten Zeugen zu deren Schutz meist nicht aus. Absatz 3 sieht daher vor, daß ein sol-cher Zeuge keine Angaben zur Person machen muß

Page 36: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

oder daß er, sofern ihm mittlerweile eine neue Identi-tät verliehen wurde, lediglich Angaben über seine frü-here Identität zu machen hat. Die letztgenannte Al-ternative entspricht dem Beschluß des Großen Se-nats des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 1983 (BGHSt 32, S. 115, 128). Mit der Einräumung der Be-fugnis, dem Zeugen die Angaben seiner Personalien weitergehend zu erlassen, geht der Entwurf über die Rechtsprechung hinaus. Es ist richtig, daß dies zu ei-ner weniger verläßlichen Grundlage zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen führen kann. Dies kann aber im Rahmen der freien Beweiswürdigung berücksichtigt werden. Im Interesse der gebotenen Verwendung des sachnächsten Beweismittels wäre es jedoch nicht sachgerecht, auf einen solchen Zeugen nur deswegen zu verzichten, weil eine veränderte Identität nicht besteht oder weil die Gefährdung des Zeugen so hoch ist, daß schon das Bekanntwerden seiner früheren Identität zu unzumutbaren Sicher-heitseinbußen für ihn führen würde.

Die notwendigen Unterlagen, die die Feststellung der Identität des gefährdeten Zeugen gewährleisten, dür-fen, solange die Gefährdung besteht, nicht zu den Verfahrensakten genommen werden. Soweit es sich um Vorgänge handelt, die bei der Staatsanwaltschaft angefallen oder ihr nach § 163 Abs. 2 Satz 1 vorzule-gen sind, sind sie bei der Staatsanwaltschaft zu ver-wahren. Das Nähere über die Aufbewahrung im Be-reich von Staatsanwaltschaft und Polizei kann durch die Richtlinien geregelt werden.

Den Vorschlag von Rebmann/Schnarr (a. a. O., S. 1191), nach dem Vorbild des § 34 a EGGVG zur Erkundung der persönlichen Verhältnisse der Zeugen einen Rechtsanwalt als Mittelsperson zwischen Ver-teidigung und Zeugen einzuschalten, hat der Entwurf nicht aufgegriffen. Zunächst sollten Erfahrungen mit der Entwurfsregelung gesammelt werden. Es kann dann erneut geprüft werden, ob ein Bedürfnis für ei-nen solchen Mittelsmann besteht.

Nach § 68 Satz 3 sind dem Zeugen Fragen über solche Umstände, die seine Glaubwürdigkeit in der vorlie-genden Sache betreffen, insbesondere über seine Be-ziehungen zu dem Beschuldigten oder dem Verletz-ten vorzulegen. Diese Regelung, die für alle richter-lichen und staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen gilt, wurde in Absatz 4 eingestellt. Fragen nach den Personalien sind zwar unzulässig; andere Fragen, mit denen die Glaubwürdigkeit des Zeugen geprüft wer-den kann, können von dem Angeklagten und dem Verteidiger dagegen gestellt werden.

Es ist nicht vorgesehen, daß der Zeuge maskiert oder hinter einem Paravent, einer dunklen Scheibe oder in einer Kabine auftritt. In Übereinstimmung mit dem Beschluß des Großen Senats des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 1983 (BGHSt 32, S. 115, 124) geht der Entwurf davon aus, daß ein solches Verfahren nicht zulässig ist. Dasselbe gilt von der Entbindung des Zeugen von der körperlichen Anwesenheit im Gerichtssaal bei der Vernehmung, was mittels einer Fernsehschaltung technisch möglich wäre. Ein Zeuge, der nur unter diesen Voraussetzungen „freigegeben" werden kann, ist daher weiterhin als unerreichbares Beweismittel anzusehen.

Zu Nummer 2 (Überschrift des Achten Abschnitts des Ersten Buches)

Die Ermittlungsmethoden der Rasterfahndung und des Einsatzes technischer Mittel sowie von Verdeck-ten Ermittlern werden in die Überschrift des sie betref-fenden Teils der Strafprozeßordnung aufgenommen.

Zu Nummer 3 (§§ 98 a bis 98 c StPO)

— Rasterfahndung —

Vorbemerkung

Die §§ 98 a bis 98 c befassen sich mit der sog. Raster-fahndung. Diese neue Ermittlungsmethode nutzt die Möglichkeiten der automatisierten Datenverarbei-tung für Zwecke der Strafverfolgung. Sie besteht in einer maschinell ablaufenden Überprüfung von Da-tenbeständen öffentlicher und nichtöffentlicher Stel-len nach bestimmten Prüfungsmerkmalen (Rastern), um so Hinweise und Spuren zu finden, die nach kri-minalistischer Erfahrung zur Aufklärung der Tat bei-tragen können. Diese werden dann auf herkömmliche Weise abgeklärt.

Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an den §§ 94 ff., die — soweit sachgerecht — entspre-chend anwendbar sind.

Der mit der Rasterfahndung verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in einer Vielzahl von Fällen gebietet eine klare Begren-zung auf besonders schwere Straftaten. Die Zulässig-keit der Maßnahme knüpft deshalb an einen dement-sprechend orientierten Straftatenkatalog an.

Die Regelung erfaßt nicht die Auswertung von Kar-teien von Hand. Diese bleibt auch sonst gemäß §§ 94 ff. möglich. Unberührt von der Rasterfahndung bleibt die Möglichkeit der Beschlagnahme und Aus-wertung von Datenträgern des Beschuldigten oder Dritter, soweit die Datenträger nach §§ 94 ff. als Be-weismittel beschlagnahmt werden dürfen.

§ 98 c regelt die Zulässigkeit des Datenabgleichs, so-weit für den Abgleich personenbezogene Daten ge-nutzt werden, die zur Strafverfolgung oder zur Gefah-renabwehr gespeichert worden sind, in deren Besitz mithin die Ermittlungs- bzw. die Polizeibehörden be-reits sind.

§ 98 a (Begriff, Voraussetzungen)

Die Vorschrift beschreibt die Rasterfahndung.

Die Zulässigkeit der Maßnahme ist unter Berücksich-tigung der Bedürfnisse der Strafverfolgungsbehörden nach Absatz 1 Satz 1 eng begrenzt auf den Zweck der Verfolgung bestimmter, enumerativ aufgezählter Straftaten, die für die Organisierte Kriminalität ty-pisch oder nach der Art ihrer Ausführung oder ihrer Auswirkungen besonders schwerwiegend sind. Eine solche Begrenzung ist wegen der Tragweite des Ein-griffs in das Recht auf informationelle Selbstbestim-mung erforderlich. Die Rasterfahndung ist eine Form

Page 37: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

der Massendatenverarbeitung, bei der regelmäßig die Daten einer Vielzahl von Unbeteiligten verarbeitet werden und bei der viele Unbeteiligte anschließend in den strafrechtlichen Kontrollprozeß geraten können. Das macht es notwendig, ihren Anwendungsbereich möglichst eng zu fassen und dabei so klar und präzise wie möglich zu bestimmen. Darüber hinaus soll die Zulässigkeit der Maßnahmen von einer besonderen Eingriffsschwelle, nämlich einer konkretisierten Ver-dachtslage, die der in den §§ 100 a, 163 d festgelegten entspricht, abhängig sein.

Absatz 1 Satz 1 umschreibt ferner die kriminalisti

-

schen Prüfungsmerkmale, auf die sich die Ermittlun-gen erstrecken sollen. Diese müssen nach der Lage des Einzelfalls (§ 98b Abs. 1 Satz 5) auf den Täter ver-mutlich zutreffen, weil nur mit Hilfe solcher Merkmale ein „Hinarbeiten" auf die Personen denkbar ist, die das nach kriminalistischen Erfahrungen festgelegte „Verdächtigenprofil" erfüllen. Der in Satz 1 gewählte Begriff des „Täter" umfaßt — wie bei § 163 d — alle materiell-rechtlichen Kategorien von Täterschaft und Teilnahme.

Die Formulierung in Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz beschreibt das Ziel der sogenannten nega tiven Ra-sterfahndung: Es sollen „Daten von Personen, die be-stimmte ... Prüfungsmerkmale erfüllen ... mit ande-ren Daten maschinell abgeglichen werden, um Nicht-verdächtige auszuschließen" . Die Formulierung: „.... Personen festzustellen, die weitere für die Er-mittlungen bedeutsame Prüfungsmerkmale erfüllen" beschreibt die sogenannte posi tive Rasterfahndung; es werden solche Personen ermittelt, bei denen sich tätertypische Merkmale kumuliert finden.

Absatz 1 Satz 1 regelt nicht die Herausgabepflicht, sondern den Datenabgleich. Die Vorschrift bezieht sich damit auch auf freiwillig herausgegebene Daten-träger. Dies ist im Hinblick auf den gelockerten Ver-fahrensbezug — die Beweiseignung im Sinne des § 94 ist noch nicht erreicht — , dem andererseits die beson-deren Gefahren der automatisierten Datenverarbei-tung gegenüberstehen, vertretbar. Die Regelung schließt es andererseits nicht aus, daß die speichernde Stelle, sofern dies nach den für sie geltenden Geset-zen zulässig ist, ihrerseits einen Datenabgleich vor-nimmt und dann die Strafverfolgungsbehörden unter-richtet. § 98 a erfaßt nur den Datenabgleich, der unter der Verantwortung der Strafverfolgungsbehörden vorgenommen wird.

Absatz 1 Satz 2 enthält zum Schutz des von der Maß-nahme Betroffenen eine Subsidiaritätsklausel. Diese stellt im wesentlichen darauf ab, daß bei einer Be-schränkung der Strafverfolgung auf andere Maßnah-men die Aufklärung erheblich weniger erfolgverspre-chend oder wesentlich erschwert wäre. Danach ist eine am Aufklärungserfolg orientierte Betrachtung anzustellen. Stehen noch andere Ermittlungsmaßnah-men zur Verfügung, hat aber eine Prognose zum Er-gebnis, daß mit Hilfe dieser anderen Maßnahmen die vollständige Aufklärung der Straftat nicht annähernd in demselben Maße erreicht werden kann, wie es bei einem Einsatz der Rasterfahndung möglich erscheint („erheblich weniger Erfolg"), darf diese eingesetzt werden. Daneben gilt das allgemeine Prinzip der Ver-hältnismäßigkeit. Dies bedeutet auch, daß die Raster

-

fahndung zulässig sein kann, wenn die Aufklärung zwar mit Hilfe einer anderen erfolgversprechenden Maßnahme erreicht werden könnte, dies jedoch tiefer in den persöhlichen Bereich Betroffener eingreifen würde; in diesem Fall stellt der Aufklärungsweg nach § 98 a die den einzelnen oder die Allgemeinheit weni-ger beeinträchtigende Maßnahme dar.

Durch Absatz 2 wird der Dateninhaber — eine öffent-

liche oder private Stelle — grundsätzlich verpflichtet, die für den Abgleich erforderlichen Daten aus seinem Datenbestand herauszufiltern und den Strafverfol

-

gungsbehörde nur diesen beschränkten Datensatz zu übermitteln.

Absatz 3 enthält eine Regelung für die Übermittlung redundanten Datenmaterials, wenn eine Selektion des benötigten Datenmaterials einmal ausnahms-weise nicht möglich ist. In diesem Fall ist eine beson-dere Anordnung erforderlich. Außerdem sieht die Vorschrift ein Nutzungsverbot für redundantes Da-tenmaterial vor.

Der nach Absatz 5 entsprechend geltende § 95 Abs. 2 eröffnet die Möglichkeit, die Mitwirkungs-, Heraus-gabe- und Unterstützungspflicht der speichernden Stelle zwangsweise durchzusetzen.

Für die Mitwirkung des Datenbesitzers durch Ausson-derung der Daten und Unterstützung der abgleichen-den Stelle enthält § 17 a ZSEG in der Fassung des Ent-wurfs eine Entschädigungsregelung.

§ 98 b (Verfahren)

Die Vorschrift enthält die Rasterfahndung betreffende Verfahrensregelungen.

Nach Absatz 1 Satz 1 bedürfen sowohl der Abgleich der Daten als auch deren Übermittlung grundsätzlich einer richterlichen Anordnung. Satz 1 regelt außer-dem eine beschränkte Eilkompetenz der Staatsan-waltschaft. Aus § 98a Abs. 3 in Verbindung mit § 98b Abs. 1 Satz 4 ergibt sich, daß der Anordnende auf-grund der ihm vorliegenden Unterlagen zu prüfen hat, welche Prüfungsmerkmale für die Rasterung benötigt werden; die Anordnungen sind auf diese Daten zu begrenzen (§ 98 a Abs. 3).

Wird eine Eilentscheidung der Staatsanwaltschaft nicht binnen drei Tagen richterlich bestätigt (Satz 3), so tritt die Anordnung außer Kraft. Dies bedeutet, daß die eingeleiteten Maßnahmen unverzüglich zu be-enden sind. Zur Beendigung der Maßnahme gehört die Rückgabe herausgegebener Datenträger (§ 98b Abs. 3 Satz 1).

Absatz 1 Satz 5 legt fest, daß die Anordnung auf die Daten zu beschränken ist, die im konkreten Einzelfall benötigt werden. Ferner wird der Schutz besonderer Amts- und Berufsgeheimnisse sichergestellt. Daß auch andere Regelungen, die einen gesteigerten Schutz personenbezogener Daten bewirken, z. B. das Steuer-, Sozial-, Post- oder Fernmeldegeheimnis (§ 30 Abs. 1 AO, § 35 SGB I, §§ 67 ff. SGB X, § 5 PostG, § 10 FAG) der Übermittlung entgegenstehen, wird durch Satz 6 klargestellt.

Page 38: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Absatz 2 weist die Anordnung von Zwangsmitteln (§ 95 Abs. 2) dem Richter zu und sieht für die Staats-anwaltschaft eine Eilkompetenz vor. Wegen der Schwere des Eingriffs bleibt die Anordnung von Haft — wie auch sonst — dem Richter vorbehalten (Arti-kel 104 Abs. 2 GG).

Absatz 3 regelt Schutzvorkehrungen im Interesse be-troffener Bürger:

Nach Beendigung der Maßnahme sind die — eventu-ell — erhaltenen Datenträger unverzüglich zurückzu-geben (Satz 1).

Falls Daten auf andere Datenträger übertragen wor-den sind (eigene Kopien der Ermittlungsbehörden), so sind diese unverzüglich zu löschen, sobald sie für das Strafverfahren nicht mehr benötigt werden (Satz 2).

Die Nutzung der Erkenntnisse, die sich nach dem Abgleich durch Auswertung der hierbei erlangten Da-ten ergibt, ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich für Zwecke der Strafverfolgung oder Strafvollstrek-kung in dem Verfahren, in dem die Rasterung er-folgte, sowie in anderen Strafverfahren zulässig, je-doch nicht — wie bei § 163 d — unbeschränkt für alle Zwecke der Strafverfolgung. Die Zulässigkeit einer Nutzung zu Beweiszwecken in anderen Strafverfah-ren orientiert sich vielmehr an der vom Bundesverfas-sungsgericht (vgl. BVerfG NStZ 1988, 32) nicht bean-standeten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verwertbarkeit der Erkenntnisse aus einer Tele-fonüberwachung nach § 100 a (vgl. dazu u. a. BGHSt 26, 298; 27, 355; 28, 122; 29, 23; 30; 317; 32, 10). Dies stellt Absatz 3 Satz 3 ausdrücklich klar.

Absatz 4 verweist auf § 163 d Abs. 5. Die Benachrich-tigungspflicht bezieht sich nur auf den in der Regel Meinen Kreis derjenigen Personen, gegen die nach Auswertung der durch die Rasterfahndung erlangten Erkenntnisse weitere — konventionelle — Ermittlun-gen geführt worden sind.

§ 98 c (Datenabgleich)

Die Vorschrift regelt in Halbsatz 1 die Zulässigkeit des maschinellen Abgleichs von Daten, die in einem Straf- verfahren durch die in der Strafprozeßordnung gere-gelten Maßnahmen erhoben worden sind, mit Daten, in deren Besitz die Strafverfolgungsbehörden gelangt sind. Da die Möglichkeit einer Nutzung und Auswer-tung von zur Gefahrenabwehr gespeicherten Daten für Zwecke der Strafverfolgung g rundsätzlich unver-zichtbar ist, ist der Abgleich der Daten, die in einem Strafverfahren erhoben worden sind, für die in Satz 1 genannten Zwecke in diesem Verfahren auch mit sol-chen Daten zulässig, die die Polizei zur Gefahrenab-wehr gespeichert hat.

Die Regelung des Satzes 1 erfaßt auch den maschinel-len Abgleich des Strafverfolgungszwecken dienen-den Fahndungsbestandes mit anderen personenbezo-genen Daten. Dies hat insbesondere den Abgleich des Fahndungstatbestands mit den Dateien der Einwoh-nermeldeämter vor Augen.

Satz 2 stellt ausdrücklich klar, daß einschränkende bundesgesetzliche Verwendungsregelungen durch

§ 98 c unberührt bleiben; dasselbe gilt für entspre-chende landesgesetzliche Regelungen.

Zu Nummer 4 (§ 100 a StPO)

— Überwachung des Fernmeldeverkehrs —

Der Telefonüberwachung kommt bei der Bekämp-fung der Organisierten Kriminalität große Bedeutung zu. Eine Ergänzung des Straftatenkatalogs in § 100 a StPO um die Tatbestände des Bandendiebstahls und schweren Bandendiebstahls sowie der gewerbsmäßi-gen Hehlerei und Bandenhehlerei ist erforderlich, um diese Ermittlungsmaßnahme auch für die Deliktsbe-reiche zu erschließen, die für die Bekämpfung der organisierten Eigentums- und Vermögenskriminalität besonderes Gewicht haben (Absatz 1 Satz 1 Nr. 2). Organisierte Kriminalität ist in weitem Umfang de-liktsübergreifende Kriminalität. Vor allem die Hinter-männer solcher Geschäfte pflegen sich nicht auf eine Sparte, etwa nur die Hehlerei, zu beschränken, son-dern machen „Geschäfte" in vielen Bereichen. Eine möglichst intensive Verfolgung der anderen Taten dient auch der Zurückdrängung der Drogenkriminali-tät.

Die Änderung des Satzes 1 Nr. 4 ist eine Folgeände-rung zu der Regelung der schweren Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz (s. Artikel 2).

Zu Nummer 5 (§ 100b StPO)

Die Verwendungsregelung entspricht der Rechtspre-chung zu § 100 a und wird aus Gründen der Klarstel-lung eingefügt (s. zu § 98b Abs. 3 Satz 3).

Zu Nummern 6, 7 (§§ 100c, 100d, 101 StPO)

— Einsatz technischer Mittel —

Vorbemerkung

Eine wirksame Strafverfolgung ohne den Einsatz technischer Hilfsmittel ist heute undenkbar. Die An-wendung der meisten dieser Mittel bedarf keiner aus-drücklichen gesetzlichen Regelung. In vielen Fällen fehlt es bereits am Eingriffscharakter der Maßnahme, so insbesondere in weiten Bereichen der Kriminal-technik. Im übrigen kommt es darauf an, ob der Ein-satz des technischen Mittels mit Eingriffen in grund-rechtlich besonders geschützte Bereiche verbunden ist. Ist dies nicht der Fall, so ergibt sich die Zulässigkeit aus den Regeln der §§ 161, 163. Nicht unbedingt not-wendig erscheint danach etwa eine ausdrückliche ge-setzliche Vorschrift, die die Benutzung eines Ferngla-ses regelt.

Ein Regelungsbedarf besteht dagegen für das Abhö-ren und die Aufzeichnung des nichtöffentlich gespro-chenen Wortes innerhalb und außerhalb von Räumen sowie die Anfertigung von Bildaufnahmen und Bild-aufzeichnungen von Personen und Beweismitteln in dem durch Artikel 13 GG geschützten Bereich. Der Entwurf hat sich deswegen im wesentlichen hierauf

Page 39: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

beschränkt. Keiner besonderen Regelung bedarf di e jedenfalls kurzfristige Beobachtung verdächtiger Per-sonen ohne Einsatz technischer Überwachungsge-räte, die weiterhin ohne besondere Formalitäten zu-lässig ist und zulässig sein muß, wenn die Strafverfol-gungsbehörden ihre Aufgabe erfüllen sollen. Ob es für die Beobachtung über einen längeren Zeitraum einer gesetzlichen Klarstellung bedarf, wird disku-tiert. Im Zusammenhang dieses Entwurfs erscheint sie jedenfalls entbehrlich.

Der Entwurf unterscheidet in Anlehnung an den E-StVÄG 1989 zwischen

— dem Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes mit technischen Mitteln au-ßerhalb von Wohnungen (§ 100 c Abs. 1 Nr. 2) und

— dem Einsatz technischer Überwachungsgeräte in Wohnungen im Beisein von nicht offen ermitteln-den Beamten (§ 100 c Abs. 2).

— Geregelt (§ 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a) wird ferner die Anfertigung von Lichtbildern und Bild-aufzeichnungen außerhalb des durch Artikel 13 GG geschützten Bereichs, in dem der Regelungs-bedarf allerdings geringer ist (vgl. LR-Rieß, § 163 Rdnr. 45),

— sowie die Benutzung von besonderen Mitteln, die für Observationszwecke bestimmt sind (§ 100 c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b).

Im Hinblick auf die unterschiedliche Eingriffsintensi-tät sind auch die Eingriffsvoraussetzungen abgestuft, wobei sie in den Fällen des § 100 c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 3 am engsten sind (s. dazu unten). Der Entwurf lehnt sich auch insoweit an den E-StVÄG an.

Der Entwurf hat die Regelung des Einsatzes techni-scher Überwachungsgeräte in den Achten Abschnitt des Ersten Buches der Strafprozeßordnung einge-stellt, der sich auch sonst mit eingriffsintensiven Maß-nahmen (sogenannten Zwangsmaßnahmen) befaßt. Der Entwurf folgt damit dem Vorbild der §§ 100 a, 100 b (Überwachung des Fernmeldeverkehrs), deren Regelungsbereich auch in der Sache mit dem Einsatz technischer Überwachungsgeräte eng verwandt ist. Die verhältnismäßig wenig eingriffsintensiven Maß-nahmen nach § 100 c Abs. 1 Nr. 1 werden wegen des Sachzusammenhangs mitaufgenommen.

§ 100c (Voraussetzungen)

Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a regelt in Übereinstim-mung mit dem E-StVÄG die Anfertigung von Lichtbil-dern und Bildaufzeichnungen in der Öffentlichkeit. Sie wird meist als einfache Ermittlungsmaßnahme an-gesehen, wobei sich Einschränkungen aber insbeson-dere aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit er-geben (LR-Rieß § 163 Rdnr. 45). Ähnliches gilt für den Einsatz von Sichthilfen, der in allen Deliktsbereichen spontan möglich sein muß.

Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe b regelt die Verwendung von technischen Mitteln, die keine Aufnahme oder Aufzeichnung von Wort und Bild ermöglichen, son-

dern lediglich Signale aussenden (z. B. Peilsender). In der Praxis wird die Maßnahme bei Straftaten von eini-gem Gewicht angewandt; der Entwurf greift dies auf.

Absatz 1 Nr. 2 regelt das Abhören und die Aufzeich-nung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes, soweit es außerhalb des durch Artikel 13 GG geschützten Bereichs (Wohnung) geäußert wird. Aus dem Beg riff des „Abhörens" ergibt sich mit hinreichender Deut-lichkeit, daß es sich um eine grundsätzlich heimliche Maßnahme handeln muß, die sich auf das nicht zur ' Kenntnis des Abhörenden bestimmte Wo rt bezieht (vgl. § 201 Abs. 2 StGB). Nur diese Maßnahme er-scheint derzeit regelungsbedürftig. Der Entwurf schafft eine eindeutige und klare Grundlage für diese unverzichtbare Ermittlungshandlung.

In Übereinstimmung mit einer weit verbreiteten Auf-fassung im Schrifttum (z. B. LR-Rieß a. a. O., Klein-knecht/Meyer a. a. O. § 163 Rdnr. 43) und der Hand-habung in der Praxis knüpft der Entwurf (ebenso wie der E-StVÄG 1989) an den Deliktskatalog und auch an die anderen Voraussetzungen des § 100 a Satz 1 an.

Telefonüberwachung und Aufnahme des nichtöffent-lich gesprochenen Wortes sind nach Art und Eingriffs-intensität miteinander vergleichbar. In beiden Fällen geht der Betroffene davon aus, daß seine Worte nur von seinem Gesprächspartner gehört werden. Es ist daher sachgerecht, beide Maßnahmen nicht von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig zu machen.

§ 100c Abs. 1 Nr. 2 erfaßt nur das Abhören und Auf-zeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes mit technischen Hilfsmitteln. Nicht darunter fällt das Mit-hören, etwa durch einen Polizeibeamten, der in einem Park oder einer Gaststätte das Gespräch an einem Nachbartisch mitverfolgt und sich Aufzeichnungen macht. Diese schlichte Ermittlungsmaßnahme ist un-beschränkt zulässig.

Die Überwachung des in Räumen gesprochenen Wor-tes ist derzeit nicht zulässig (LR-Rieß a. a. O. § 163 Rdnr. 47). Dies wird jedoch den Erfordernissen der Bekämpfung der modernen Erscheinungsformen des Verbrechens nicht mehr gerecht. Die Strafverfol-gungsbehörden machen zunehmend die Erfahrung, daß Angehörige der schwerkriminellen Szene, na-mentlich die der Betäubungsmittel- und sonstigen Or-ganisierten Kriminalität, in die Planung und Steue-rung ihrer Verbrechen die Möglichkeit einer Telefon-überwachung einbeziehen und ihr Verhalten danach ausrichten.

Absatz 2 Satz 1 läßt deswegen unter bestimmten en-gen Voraussetzungen das Abhören und die Aufzeich-nung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes auch in Räumen (Wohnungen) zu. Der Beg riff der Woh-nung, der auch in anderen Vorschriften der Strafpro-zeßordnung vorkommt (z. B. §§ 102 bis 104), erfaßt grundsätzlich alle Räumlichkeiten, die dem Schutz von Artikel 13 GG unterfallen, also auch Geschäfts-und Betriebsräume. Das Recht zum Einsatz techni-scher Mittel in Räumen enthält zugleich die Befugnis, zu diesem Zweck die Räume auch zu betreten; einer ausdrücklichen Regelung bedarf es nicht.

Page 40: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Voraussetzung des Abhörens und der Aufzeichnung ist wie in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 zunächst, daß es sich um eine Katalogtat nach § 100 a Satz 1 handelt und daß auch die anderen dort genann-ten Voraussetzungen vorliegen. Hinzu kommen muß, daß das nichtöffentlich gesprochene Wort im Beisein eines verdeckt ermittelnden Beamten geäußert wird. Der Entwurf hat sich insoweit dem auch von dem E-StVÄG 1989 übernommenen Vorschlag einer Ge-meinsamen Bund-Länder-Kommission angeschlos-sen, in der die Innen- und Justizverwaltungen der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hes-sen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie die Bundesminister der Justiz, des Innern und der Finanzen vertreten waren (im folgenden Gemeinsame Kommission genannt). Maßgebliche Überlegung für den Kommissionsvorschlag war, daß bei einer solchen Regelung durch die technischen Mittel nur das festge

-

halten wird, was der verdeckt ermittelnde Beamte in-folge seiner zulässigen Anwesenheit in der Wohnung auch unmittelbar wahrnehmen könnte. Durchgrei-fende verfassungsrechtliche Bedenken können schon deswegen gegen eine solche Regelung nicht geltend gemacht werden.

Für die Herstellung von Lichtbildern und Bildaufnah-men in Räumen knüpft der Entwurf (Absatz 2 Satz 2) an die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 an, wo-bei bereits aus dem Regelungszusammenhang deut-lich wird, daß es sich um heimliche Maßnahmen han-deln muß.

Über die genannten Vorschriften hinaus ist der Ein-satz technischer Überwachungsgeräte nach Absatz 3 Satz 1 auch dann zulässig, wenn er zur Sicherung des Einsatzes eines nicht offen ermittelnden Beamten (nicht notwendig eines Verdeckten Ermittlers) erfolgt. Der Entwurf folgt auch damit dem Vorschlag der Ge-meinsamen Kommission, die eine solche Regelung im Hinblick auf die Gefährdung der eingesetzten Beam-ten mit Recht für unerläßlich hält. Ohne sie könnte das Eindringen insbesondere von Verdeckten Ermittlern in tiefere Bereiche der schweren und Organisierten Kriminalität nicht verantwortet werden, sondern müßte aus Fürsorgegründen wegen der damit verbun-denen Gefahren für Leib oder Leben der Beamten abgelehnt werden. Nur eine umfassende Einsatzsi-cherung ist in der Lage, die verdeckten Ermittlungen zu einem effektiven Aufklärungs- und Fahndungsmit-tel zu machen.

Die Gemeinsame Kommission hat vorgeschlagen, die Verwendung der aus der Einsatzsicherung erlangten Erkenntnisse strikt auf diesen Zweck zu beschränken. Der Entwurf (Absatz 3) vermag dem in Übereinstim-mung mit dem E-StVÄG 1989 nicht zu folgen und ent-scheidet sich für eine Lösung, die die Aufklärung und Verfolgung schwerster Straftaten zuläßt. Mit der Ver-wendung für Zwecke der Gefahrenabwehr befaßt sich der Entwurf entsprechend seiner Grundkonzeption (s. oben) nicht.

Werden die technischen Mittel außerhalb des durch Artikel 13 GG geschützten Bereiches zur Einsatzsi-cherung eingesetzt, so ist die Verwertung hieraus er-langter Erkenntnisse zur Verfolgung von Straftaten zulässig, für die das betreffende Mittel hätte einge-setzt werden dürfen.

Absatz 4 legt in Anlehnung an § 100 a Satz 2 fest, daß sich die Anordnung des Einsatzes von Überwa-chungsgeräten nach Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2, Abs. 2 nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen richten darf, von denen aufgrund bestimm-ter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie mit dem Täter in Verbindung stehen oder daß eine solche Verbin-dung hergestellt wird. Bei Kontaktpersonen wird es sich nicht selten um Beteiligte an der Tat handeln, so daß eine Überwachung bereits als Beschuldigte in Betracht kommt. Ähnlich wie in den Fällen des § 100 a Satz 2 muß aber die sich sonst ergebende Lücke für die Fälle geschlossen werden, in denen ein begründe-ter Verdacht der Beteiligung nicht oder noch nicht besteht. An die Anordnung der betreffenden Maßnah-men gegen unverdächtige Personen muß ein beson-ders strenger Maßstab angelegt werden. Dabei sind hinreichend begründete Erfolgsaussichten vorauszu-setzen (Kleinknecht/Meyer § 100 a Rdnr. 10, KK-Lauf-hütte § 100 a Rdnr. 9); auch muß der Eingriff so gering wie möglich gehalten werden. Der Entwurf stellt dies in Absatz 4 Satz 3 klar. Bei Maßnahmen nach Ab-satz 1 Nr. 1 Buchstabe a, die bisher als einfache Er-mittlungsmaßnahmen angesehen wurden, sieht Ab-satz 4 Satz 2 der Eingriffsintensität entsprechende Er-fordernisse vor.

Von dem Einsatz technischer Überwachungsgeräte können unvermeidbar auch dritte Personen betroffen sein, gegen die sich die Maßnahme an sich nicht rich-tet, etwa der Gesprächsteilnehmer beim Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Wortes oder der Passant bei der Anfertigung einer Bildaufzeichnung auf der Straße. Müßte in solchen Fällen immer auf den Einsatz dieser Mittel verzichtet werden, so würde § 110 c wei-testgehend ins Leere laufen. Der Entwurf stellt daher in Übereinstimmung mit dem E-StVÄG 1989 klar, daß die Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 auch dann vorgenommen werden können, wenn Dritte hiervon unvermeidbar betroffen werden (Absatz 5).

§ 100 d (Verfahren)

Nicht anders als die Telefonüberwachung nach § 100 a bedarf der Einsatz technischer Mittel nach § 100 c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, auch in Verbindung mit Abs. 4, der Anordnung des Richters; bei Gefahr im Verzug können die Maßnahmen auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten angeordnet werden (Absatz 1 Satz 1). Hinsichtlich der Notkompe-tenz für die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft geht der Entwurf über die Regelung des § 100 b Abs. 1 Satz 1 hinaus. Wie bereits innerhalb der Gemeinsa-men Kommission festgestellt wurde, ist dies im Hin-blick auf die Vielgestaltigkeit des Geschehens, das stärker als bei der Telefonüberwachung zu Sofortent-scheidungen drängt, jedoch erforderlich. Für die Maß-nahmen zur Einsatzsicherung (§ 100 c Abs. 3) ist we

-

der ein richterlicher noch ein staatsanwaltschaftlicher Vorbehalt geboten.

Hinsichtlich der Förmlichkeiten der Entscheidung, der Befristung, der Beendigung, der Benachrichti-gung des Richters und der Vernichtung von Unterla-gen, die durch die Maßnahmen erlangt wurden, ver-weist Absatz 1 Satz 2 grundsätzlich auf die Regelun-

Page 41: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

gen, die durch § 100 b für die Überwachung des Fern-meldeverkehrs getroffen wurden. Dies erscheint aus-reichend.

Zu der Verwendungsregelung des Absatzes 2 wird auf die Ausführungen zu § 98 b Abs. 3 Satz 3 verwie-sen.

§ 101 (Benachrichtigung)

Im Hinblick darauf, daß die in § 100 c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 geregelten Ermittlungsmaßnahmen nach der Eingriffsstärke der Überwachung des Fernmeldever-kehrs gleichkommen, kann ebenso wie dort auf eine Benachrichtigung der betroffenen Personen nicht ver-zichtet werden. Der Entwurf sieht daher eine entspre-chende Ergänzung des § 101 vor. Um eine Gefähr-dung eingesetzter nicht offen ermittelnder Beamter, der Möglichkeit ihrer weiteren Verwendung oder der öffentlichen Sicherheit zu vermeiden, wird durch eine Änderung des Absatzes 1 zugleich bestimmt, daß in solchen Fällen die Benachrichtigung der Betroffenen erst nach Abklingen der Gefährdungslage erfolgen darf. Dasselbe gilt für die Gefährdung anderer Perso-nen, z. B. der Angehörigen der Ermittlungsbeamten.

Die einzelnen Voraussetzungen sind alternativ zu ver-stehen.

Wie bisher bedarf es auch in der Neufassung des Ab-satzes 1 keiner gesetzlichen Regelung des Umfangs der Benachrichtigung. Es ist selbstverständlich, daß die betreffenden Personen nur soweit zu benachrich-tigen sind, wie sie von dem Einsatz betroffen wur-den.

Mit Rücksicht auf die etwaige Gefährdung eingesetz-ter Beamter, der Möglichkeit ihrer weiteren Verwen-dung oder der öffentlichen Sicherheit ist selbstver-ständlich, daß die Staatsanwaltschaft die Entschei-dung über die Benachrichtigung im Benehmen mit der Polizei trifft. Es genügt, wenn dies in Richtlinien festgelegt wird.

Hinsichtlich des Absatzes 4 wird auf die Ausführun-gen zu § 68 Abs. 3 Satz 2 und 3 verwiesen.

Zu Nummer 8 (§§ 110a bis 110 e)

— Einsatz Verdeckter Ermittler —

Vorbemerkung

Nicht nur der i llegale Rauschgifthandel, sondern auch die sonstige organisierte Kriminalität sind gegenüber den herkömmlichen Ermittlungsmaßnahmen weitge-hend immun. Die Strafverfolgungsbehörden müssen daher zu Ermittlungsmethoden greifen, die es erlau-ben, in das Innere der kriminellen Organisationen ein-zudringen.

Ein wesentliches Instrument hierzu ist der Einsatz Verdeckter Ermittler. Er wird im geltenden Recht auf §§ 161, 163 gestützt. Die Justiz- und Innenressorts der Länder haben ihn im Jahre 1986 durch übereinstim-mende Richtlinien geregelt (Fundstellen bei Klein-knecht/Meyer a. a. O. S. 1990). Allerdings wird die

Regelung durch bloße Verwaltungsvorschrift vielfach nicht als zureichend angesehen und eine ausdrückli-che gesetzliche Basis gefordert. Dem trägt der Ent-wurf schon im Interesse der Fürsorge für die einge-setzten Beamten Rechnung. Er kann dabei auf die Erfahrungen zurückgreifen, die mit den gemeinsa-men Richtlinien gesammelt wurden. Der Entwurf be-rücksichtigt ferner die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichts-hofes zur Zulässigkeit und Notwendigkeit verdeckter Ermittlungen (BVerfGE 57, 250, 289; BGH GrSSt 32, 115, 122).

Der Entwurf greift den Vorschlag nicht auf, auch für die Inanspruchnahme von Informanten sowie über den Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen) besondere Regelungen in der StPO zu schaffen. Diese Personen sind strafprozessual Zeugen, so daß die not-wendige gesetzliche Grundlage für ihre Heranzie-hung im Ermittlungs- und Strafverfahren gegeben ist. Soweit sie aufgrund ihrer Wahrnehmungen gefährdet sind, kommt ihnen derselbe Zeugenschutz zu wie den Zufallszeugen. Hinsichtlich der Zusicherung der Ver-traulichkeit/Geheimhaltung enthält bereits die oben-genannte bundeseinheitliche Richtlinie von 1986 Re-gelungen, die auf dem geltenden Recht beruhen und sich bewährt haben.

Daraus, daß sich der Entwurf lediglich zu einer Rege-lung des Ermittlungsorgans „Verdeckter Ermittler" entscheidet, kann und darf nicht geschlossen wer-den, daß die Heranziehung von Zeugen (Informanten, V-Personen) in Zukunft unzulässig sei.

Der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers ist für sich allein meist von geringerer Eingriffsintensität als die Überwachung des Fernmeldeverkehrs oder der Ein-satz technischer Überwachungsgeräte. Die Eingriffs-tiefe nimmt aber beträchtlich zu, wenn der Verdeckte Ermittler Wohnungen betritt. Der Entwurf hat deswe-gen die den Verdeckten Ermittler betreffenden Rege-lungen ebenfalls in den Achten Abschnitt des Ersten Buches der Strafprozeßordnung eingestellt.

§ 110a (Einsatzvoraussetzungen, Befugnisse)

Absatz 1 legt fest, zur Erforschung welcher Straftaten der Verdeckte Ermittler eingesetzt werden darf. Der Katalog des § 98 a Abs. 1 — Rasterfahndung wird übernommen. Dieser Katalog ist einerseits abschlie-ßend und andererseits geeignet, dem Interesse an ei-ner erfolgreichen Strafverfolgung zu genügen.

Als zusätzliche Voraussetzung für den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers fordert Absatz 1, daß die Erfor-schung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Auf-enthaltsorts des Täters auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich er-schwert wäre. Diese Einschränkung ergibt sich in der Praxis schon aus dem hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand, den der Einsatz eines Verdeck-ten Ermittlers erfordert; es erschien aber zweckmäßig, einen entsprechenden Hinweis in das Gesetz aufzu-nehmen, damit nicht voreilig auf diese nicht einfach zu handhabende Ermittlungsmethode zurückgegrif-fen wird.

Page 42: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Absatz 2 Satz 1 enthält die Begriffsbestimmung des Verdeckten Ermittlers. Der Entwurf übernimmt damit die Formulierung der Gemeinsamen Kommission, die sprachlich etwas von der Richtlinie von 1986 ab-weicht. Für den Verdeckten Ermittler ist wesentlich, daß er unter einer auf Dauer angelegten veränderten Identität (Legende) ermittelt. Dies unterscheidet ihn von dem Beamten, der nur gelegentlich verdeckt auf-tritt und seine Funktion nicht offenlegt (z. B. einem Scheinaufkäufer). Dessen Einsatz regelt sich nach den allgemeinen Bestimmungen.

Beamte im Sinne des Polizeidienstes sind auch die Beamten des Steuer- und Zollfahndungsdienstes. Sie müssen allerdings ebenso wie die Angehörigen der Polizei im Beamtenverhältnis stehen; dies gewährlei-stet die notwendige straffe Führung und wirksame, auch disziplinarrechtliche, Dienstaufsicht.

Die Aufführung weiterer Merkmale für den Verdeck-ten Ermittler erschien nicht erforderlich. So ergibt sich bereits aus der Natur der Sache, daß der Verdeckte Ermittler im Umfeld des Tatverdächtigen und solcher Personen ermittelt, die Erkenntnisse über die Tat oder den Täter haben können; einer gesetzlichen Rege-lung bedarf diese Selbstverständlichkeit nicht. Des-gleichen erschien es nicht zweckmäßig, die Absicht der Geheimhaltung in die Begriffsbestimmung mit-aufzunehmen; die Frage der Geheimhaltung ist an anderer Stelle geregelt (§ 110b Abs. 3).

In Übereinstimmung mit dem Vorschlag der Gemein-samen Kommission, dem auch der E-StVÄG 1989 folgt, wird in Absatz 2 Satz 2 festgelegt, daß der Ver-deckte Ermittler unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen darf. Eine solche Regelung ist zur Auf-rechterhaltung der Tarnung des eingesetzten Beam-ten unerläßlich. Der Verdeckte Ermittler kann auf ih-rer Grundlage alle Rechtshandlungen und Rechtsge-schäfte unter der ihm verliehenen Legende vorneh-men; er kann klagen und verklagt werden. Auch be-sondere Vorschriften über die Gründung von (Schein-) Firmen oder die Eintragung in Bücher und Register sind danach nicht notwendig. Hat der Verdeckte Er-mittler einen Schaden verursacht und wird die Le-gende aufgehoben oder wird er unter einer neuen Legende tätig, so ist es Aufgabe seines Dienstherrn, dafür zu sorgen, daß der Gläubiger keinen Nachteil erleidet. Schwierigkeiten sind in der Vergangenheit nicht aufgetreten.

Absatz 3 befaßt sich mit dem Aufbau der Legende. Die Regelung enthält eine Ermächtigung zur Herstellung der erforderlichen Urkunden. Aus Gründen der Klar-stellung wurde auch die Änderung und der Gebrauch der Urkunden geregelt.

§ 110 b (Verfahren beim Einsatz Verdeckter Ermittler)

In Übereinstimmung mit dem Vorschlag der Gemein-samen Kommission und mit dem E-StVÄG 1989 geht der Entwurf davon aus, daß der Einsatz eines Ver-deckten Ermittlers gegen den Willen der Polizei nicht in Betracht gezogen werden kann, so daß keine An-ordnung, sondern lediglich eine Zustimmung der

Staatsanwaltschaft oder des Richters in Frage kommt. Der Entwurf geht grundsätzlich davon aus, daß die Zustimmung des Staatsanwalts genügt (Absatz 1 Satz 1). Bei Gefahr im Verzug kann der Einsatz auch ohne vorherige Entscheidung der Staatsanwaltschaft begonnen werden. Die Maßnahme ist aber nach drei Tagen zu beenden, wenn nicht die Staatsanwaltschaft zugestimmt hat (Absatz 1 Satz 2). Die Zustimmung ist zu befristen, wobei keine Höchstfrist vorgesehen ist (Absatz 1 Satz 3); die Praxis hat damit die Möglich-keit, die Umstände des Einzelfalles angemessen zu berücksichtigen. Höchstfristen würden der Erfahrung widersprechen, daß es häufig erst nach längerer Ein-satzzeit möglich ist, Zusammenhänge zu erkennen und richtig zu bewerten und von den Beteiligten auf-grund des mit der Zeit gewachsenen Vertrauens rich-tige und wichtige Informationen zu erhalten. Auf der anderen Seite schließen es die begrenzte Verfügbar-keit Verdeckter Ermittler und der Verhältnismäßig-keitsgrundsatz auch ohne gesetzliche Regelung aus, daß Verdeckte Ermittler über längere Zeit ohne zwin-genden Grund eingesetzt werden.

Die Zustimmung des Richters sieht der Entwurf für die Einsätze vor, die sich gegen einen bestimmten Be-schuldigten richten oder bei denen der Verdeckte Er-mittler eine nicht jedermann zugängliche Wohnung betritt (Absatz 2 Satz 1). Bei Gefahr im Verzug genügt aber auch insoweit die Zustimmung durch die Staats-anwaltschaft. Kann diese nicht mehr rechtzeitig ein-geholt werden, so kann der Einsatz beginnen, muß aber beendet werden, wenn nicht der Richter binnen drei Tagen zustimmt; auch für die Zustimmung des Richters ist keine Höchstfrist vorgesehen (Absatz 2 Satz 2 bis 5).

In Übereinstimmung mit den Vorschlägen der Ge-meinsamen Kommission und des E-StVÄG 1989 sieht der Entwurf vor, daß die Identität des Verdeckten Ermittlers auch nach Beendigung seines Einsatzes ge-heimgehalten werden kann (Absatz 3 Satz 1). Diese Regelung ist im Interesse der Sicherheit des Beamten notwendig, dient aber auch seiner weiteren Verwen-dung. In einem Strafverfahren ist für die Geheimhal-tung der Identität § 96 einschlägig, wobei der Entwurf zugleich eine Interpreta tion dieser Vorschrift für be-stimmte Fälle der persönlichen Gefährdung des Ver

-

deckten Ermittlers und insbesondere ihm nahestehen-der Personen sowie der Gefährdung seiner weiteren Verwendung enthält (Absatz 3 Satz 3). Mit dieser Klarstellung wird für den Teilbereich der Gefährdung der weiteren Verwendung des Verdeckten Ermittlers — dasselbe gilt für die Verwendungsgefährdung an-derer Auskunftspersonen, die mit der Polizei regelmä-ßig zusammenarbeiten, insbesondere von V-Perso-nen — eine bessere Abstimmung zwischen § 54 (in Verbindung mit den Beamtengesetzen) und § 96 er-reicht und die Spannung im sachlichen Regelungsge-füge beseitigt. Zuständig für die „Sperrung" des Ver-deckten Ermittlers ist die oberste Dienstbehörde der Stelle (Polizei und/oder Staatsanwaltschaft), die um Auskunft über Identität und Aufenthaltsort ersucht wird. Damit ist eine sachgerechte Handhabung, bei der die Belange der sachbearbeitenden Dienststelle nicht überbewertet werden, gewährleistet (BVerfGE 57, S. 250, 289). Die ausdrückliche Erwähnung der

Page 43: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

Freiheit als bedrohtem Rechtsgut entspricht dem Hin

-

weis des Bundesverfassungsgerichts (a. a. O. S. 285).

Die Entscheidung der obersten Dienstbehörde ist nicht schematisch, sondern unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. Die im Span-nungsfeld stehenden Rechtsgüter sind sorgfältig ab-zuwägen, wobei der gesamte Sachverhalt zu würdi-gen ist (BVerfG a. a. O. S. 284, 285). Dabei ist dem Gericht, soweit die geheimhaltungsbedürftigen Vor-gänge dies zulassen, Auskunft zu erteilen, damit ihm die Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der behördli-chen Weigerung mindestens auf offensichtliche Feh-ler nicht von vornherein verschlossen bleibt; die Be-hörde muß die Gründe ihrer Weigerung verständlich machen, schon um das Gericht in die Lage zu verset-zen, auf die Beseitigung etwaiger Hindernisse hinzu-wirken und auf die Bereitstellung des bestmöglichen Beweises zu dringen (BVerfG a. a. O. S. 288). Aller-dings muß das Gericht die Rechtmäßigkeit der Sperr-erklärung nicht in jeder Hinsicht überprüfen; es reicht aus, wenn sie nicht willkürlich oder nicht offensicht-lich rechtsfehlerhaft ist (BGHSt 36 S. 159, 162f unter Hinweis auf BVerfGE 57 S. 250, 290). Ist dies nicht der Fall, so muß das Gericht auf die Beweissurrogate zu-rückgreifen, auch wenn es die Auffassung der ober-sten Dienstbehörde nicht teilt.

Der Staatsanwalt und der Richter, die zur Entschei-dung über die Zustimmung zu dem Einsatz zuständig sind, können verlangen, daß die Identität des Ver-deckten Ermittlers ihnen gegenüber offenbart wird (Absatz 3 Satz 2). Diese Entscheidung entspricht ihrer Verantwortung für den Einsatz. Sie hätten bei Zwei-feln sonst nur die Möglichkeit, dem Einsatz ihre Zu-stimmung zu versagen.

§ 110 c (Befugnisse, Betreten von Wohnungen)

Verdeckte Ermittler, die unter ihrer Legende keine Wohnung betreten dürfen, haben keinen Einsatzwert. Der Entwurf sieht daher in Übereinstimmung mit ei-nem entsprechenden Vorschlag der Gemeinsamen Kommission eine entsprechende Befugnis des Ver-deckten Ermittlers vor (Satz 1). Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen unter Berücksichtigung des hohen Rangs der zu schützenden Rechtsgüter und wegen der Beachtung des Verhältnismäßigkeits-grundsatzes beim Einsatz eines Verdeckten Ermittlers (s. § 110a Abs. 1) nicht. Ein Zutrittsrecht außerhalb der Legende darf der Verdeckte Ermittler nicht vor-täuschen (Satz 2). Im übrigen hat der Verdeckte Er-mittler die Befugnisse, die einem Polizeibeamten auch sonst zustehen (Satz 3). Dies entspricht den Regelun-gen im Polizeirecht (z. B. § 20 Abs. 3 PolG NW).

§ 110d (Aktenführung, Benachrichtigung)

Aus den in § 101 genannten Gründen beschränkt Ab-satz 1 die Benachrichtigungspflicht auf die Fälle, in denen der Verdeckte Ermittler eine Wohnung betre-ten hat, die nicht allgemein zugänglich ist. Hinsicht-lich des Umfangs und des Zeitpunkts der Benachrich-tigung sowie der Beteiligung der Polizeibehörden

wird auf die Ausführungen zu § 101 Abs. 1 verwie-sen.

Die Vorschrift des Absatzes 2, wonach Entscheidun-gen und sonstige Unterlagen über den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers zu den Sammelakten der Staatsanwaltschaft zu nehmen sind, dient nicht nur der Sicherung des Verfahrensergebnisses, sondern vor allem auch dem Schutz der eingesetzten Beamten. Sie entspricht dem neu eingefügten § 101 Abs. 4 (s. dort). Wie diese Vorschrift gilt sie nur für die Akten-führung bei der Staatsanwaltschaft. Sie erfaßt auch die „Verhandlungen" im Sinne des § 163 Abs. 2 Satz 1.

§ 110e (Verwendungsregelung)

Die Vorschrift entspricht § 98b Abs. 3 Satz 3. Auf die Ausführungen hierzu wird verwiesen.

Zu Nummern 9, 10 (§§ 111b, 1110 und 111p StPO)

— Sicherstellung —

§ 111b (Beschlagnahme)

Es handelt sich um eine Folgeänderung.

§ 111o, 111p (Sicherstellung bei Vermögensstrafe)

Die vorgeschlagenen Regelungen enthalten das straf-prozessuale Instrumenta rium zur Durchsetzung der Vermögensstrafe im Ermittlungsverfahren gemäß dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Vermö-gensstrafe — auf der Grundlage der Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache 11/5461 Anl. 2).

Zu Nummer 11 (§ 112a StPO)

— Haftrecht —

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Einfüh-rung der §§ 29a, 30a BtMG und zur Änderung der §§ 29, 30 BtMG.

Zu Nummer 12 (§ 163e StPO)

— Polizeiliche Beobachtung —

Der vorgeschlagene § 163e, der in der Sache weit-gehend mit der entsprechenden Bestimmung des E-StVÄG 1989 übereinstimmt, befaßt sich mit der so-genannten polizeilichen Beobachtung. Diese zielt auf die Erstellung eines Bewegungsbildes eines Verdäch-tigen. Aufgrund einer Ausschreibung der betreffen-den Person wird sein Antreffen anläßlich anderer poli-zeilicher Kontrollen (z. B. Kontrollstellen nach § 111 StPO, Grenzkontrollen) einschließlich der dabei fest-gestellten Umstände, die für die Aufklärung erheblich sein können (z. B. Begleitpersonen, Reiseweg, mitge-führte Gegenstände), erfaßt und zur Auswertung an

Page 44: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

die ausschreibende Strafverfolgungsbehörde gemel-det. Der Betroffene erfährt hiervon nichts. Die polizei-liche Beobachtung kann derzeit auf §§ 161, 163 StPO gestützt werden; ihre Einzelheiten sind in der Polizei-dienstvorschrift 384.2 geregelt.

Die polizeiliche Beobachtung nutzt, übrigens nicht anders als andere Ermittlungshandlungen, Informa-tionen, die zu anderen Zwecken erhoben werden. Hinzu kommt der Einsatz der EDV. Im Hinblick dar-auf, daß ihre Zulässigkeit deswegen immer wieder bestritten wird, sieht der Entwurf — ähnlich wie bei der Rasterfahndung — eine klarstellende Regelung vor.

Nach Absatz 1 Satz 1 ist die Ausschreibung zur Beob-achtung zulässig, wenn der konkretisierte Verdacht besteht, daß eine Straftat mit erheblicher Bedeutung begangen wurde. Die Personen, gegen die sich die Anordnung richten darf, sind in Absatz 1 Satz 2 näher umschrieben.

Die Ausschreibung kann auch hinsichtlich des Kenn-zeichens eines Kraftfahrzeugs erfolgen (Absatz 2). Dabei darf sowohl das KFZ-Kennzeichen namentlich bekannter Personen ausgeschrieben werden als auch das Kennzeichen eines Täters, der mit Namen noch nicht bekannt ist.

Daß im Falle eines Antreffens personenbezogene In-formationen über die ausgeschriebene Person gemel-det werden dürfen, ergibt sich aus der Natur der Sa-che und muß deswegen im Gesetz nicht besonders geregelt werden. Absatz 3 beschränkt sich daher auf die Regelung der Fallgestaltung, daß personenbezo-gene Informationen eines Begleiters der ausgeschrie-benen Person oder des Führers eines ausgeschriebe-nen Kraftfahrzeugs, der mit der Person, für die das Kraftfahrzeug ausgeschrieben ist, nicht identisch sein muß, gemeldet werden.

Absatz 4 stellt die Anordnung polizeilicher Beobach-tung unter Richtervorbehalt. Diese verfahrensrechtli-che Sicherung trägt dem mit der Maßnahme verbun-denen Grundrechtseingriff Rechnung. Die Eilkompe-tenz für die Staatsanwaltschaft und deren Hilfsbeamte sichert die Effektivität der polizeilichen Beobach-tung.

Zu Nummern 13 bis 15 (§§ 168a, 200, 222 StPO)

— Weitere Vorschriften zum Zeugenschutz —

§ 168 a (Protokollierung)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Neufas-sung des § 68.

§ 200 (Anklageschrift)

Die Einfügung des Absatzes 1 Satz 3 ist eine Folgeän-derung zu der neu gefaßten Regelung des § 68 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1. Müßte in der Anklage der Wohn-ort eines gefährdeten Zeugen angegeben werden, so würde der mit § 68 Abs. 2 Satz 1 bezweckte Schutz weitgehend leerlaufen und sich — wie bisher — in

einem Schutz vor mit dem Angeklagten nicht in Ver-bindung stehenden Zuhörern in der Hauptverhand-lung beschränken. Ähnliche Erwägungen gelten für Zeugen, die Wahrnehmungen in amtlicher Eigen-schaft gemacht haben (§ 68 Abs. 1 Satz 2).

Der neu eingefügte Absatz 1 Satz 4 ist nicht nur eine Folgeänderung zu den neu eingefügten Zeugen-schutzregeln. Die Vorschrift gilt auch für die Fälle des § 96, nach denen bereits nach geltendem Recht eine Geheimhaltung der Identität eines Zeugen in Betracht kommt. Die Regelung dient einmal der Unterrichtung des Angeschuldigten. Er soll sich bereits auf der Grundlage der Anklageschrift darauf einstellen kön-nen, daß er mit Zeugenaussagen konfrontiert werden wird, die von einer Person stammen, deren Identität oder Wohn- oder Aufenthaltsort ganz oder teilweise geheimgehalten werden wird. Die Vorschrift dient auch der Unterrichtung des Gerichts. Ein wesentlicher Zweck ist aber auch, daß sich der Staatsanwalt bereits bei der Anklageerhebung darüber schlüssig wird, ob und in welcher Weise ihm der gefährdete Zeuge als Beweismittel zur Verfügung stehen wird.

§ 222 (Namhaftmachung)

Die mit den Nummern 1 und 2 eingeführten Zeugen-schutzregelungen haben auch Auswirkung auf die Namhaftmachung der Zeugen (§ 222 Abs. 1). Bei ge-fährdeten Zeugen, deren Identität und/oder Aufent-haltsort nicht offenbart werden darf, kann eine solche Namhaftmachung naturgemäß nur eingeschränkt er-folgen. Dabei kann auf das Vorbild der vorstehend beschriebenen Änderung des § 200 zurückgegriffen werden. Der neu eingefügte Absatz 1 Satz 3 ordnet daher an, daß § 200 Abs. 1 Satz 3 und 4 entsprechend gilt.

Diese Ergänzung reicht aus. Insbesondere bedarf es keiner Änderung des § 246 Abs. 2 (a. A. Rebmann/ Schnarr a. a. O. S. 1191). Die „Namhaftmachung" ei-nes gefährdeten Zeugen, dessen Identität und/oder Wohn- oder Aufenthaltsort nicht offenbart werden dürfen, richtet sich nach dem neu eingefügten § 222 Abs. 1 Satz 3. Wird entsprechend verfahren, so kann deswegen nicht geltend gemacht werden, daß eine „Namhaftmachung" nicht oder zu spät erfolgt sei. Ein Anspruch auf Aussetzung der Hauptverhandlung be-steht deswegen in diesen Fällen nicht.

Zu Nummern 16 bis 19 (§§ 457, 459i, 460, 463a StPO)

— Strafvollstreckung —

§ 457 (Besondere Ermittlungsmaßnahmen)

Die Gefährlichkeit eines Täters endet nicht mit der Rechtskraft seiner Verurteilung. Alle Maßnahmen, die im Erkenntnisverfahren zur Ergreifung des Be-schuldigten zulässig sind, müssen daher grundsätz-lich auch im Vollstreckungsverfahren gelten.

Dies kann bei den einfachen Ermittlungshandlungen der Vollstreckungsbehörde nicht anders sein als bei

Page 45: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

den durch den Entwurf neu eingeführten sowie bei einigen traditionellen Ermittlungsmaßnahmen. Hin-sichtlich eines etwaigen Zeugenschutzes dürfte § 96 ausreichen.

Hinsichtlich der Ausgestaltung der Regelung greift der Entwurf einen Vorschlag auf, den der Bundesmi-nister der Justiz im Zusammenhang mit dem E-StVÄG 1989 gemacht hat. Allerdings sieht er davon ab, aus-drücklich vorzuschreiben, daß bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit auf die Strafe oder den Strafrest Bedacht zu nehmen ist. Der Entwurf hält dies für selbstverständlich, so daß es wie auch sonst einer aus-drücklichen Regelung nicht bedarf.

Soweit von Absatz 3 Satz 1 betroffene besondere Er-mittlungsmaßnahmen richterliche Entscheidungen voraussetzen, werden sie im Vollstreckungsverfahren von dem Gericht des ersten Rechtszuges getroffen.

§ 459i (Vermögensstrafe)

Die vorgeschlagenen Regelungen enthalten das straf-prozessuale Instrumentarium zur Durchsetzung der Vermögensstrafe im Vollstreckungsverfahren gemäß dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Vermö-gensstrafe — auf der Grundlage der Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache 11/5461 Anl. 2).

§460 (Gesamtvermögensstrafe)

Die Vorschrift ist eine Folgeänderung aus der Einfüh-rung der Vermögensstrafe.

§ 463 a (Polizeiliche Beobachtung bei Führungsaufsicht)

Die neu geregelte Vorschrift des § 457 StPO gilt über § 463 Abs. 1 auch in den Fällen, in denen ein Unter-gebrachter, etwa ein Sicherungsverwahrter, aus der Vollstreckung der Maßregel der Besserung und Si-cherung entweicht. Einer gesonderten Regelung be-darf es insoweit nicht.

Dagegen erfaßt diese Verweisung die Fälle nicht, in denen im Rahmen der Vollstreckung der Führungs-aufsicht die polizeiliche Beobachtung angeordnet wird, wie dies derzeit in der PDV 384.2 vorgesehen ist. Eine solche Anordnung ist sinnvoll vor allem, wenn sie nicht geheimgehalten, sondern dem Verurteilten be-kanntgemacht wird. Die Anordnung kann dann einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der nach § 68 b StGB festgesetzten Weisungen durch den Verurteil-ten leisten. Die Möglichkeit der Anordnung der poli-zeilichen Beobachtung im Rahmen der Führungsauf-sicht muß auch zukünftig erhalten bleiben. In dem neuen Absatz 2 wird daher vorgesehen, daß der Ver-urteilte durch die Aufsichtsstelle für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit zur poli-zeilichen Beobachtung ausgeschrieben werden kann. Dasselbe gilt für das Kennzeichen eines auf ihn zuge-lassenen oder von ihm benutzten Kraftfahrzeugs. Die Ausschreibung von Kontaktpersonen oder die Mel-

dung von Begleitern kann im Rahmen der Vollstrek-kung der Führungsaufsicht, die sich ausschließlich gegen den Verurteilten richtet, nicht in Betracht kom-men.

Zu Nummer 20 (§§ 474 bis 479 StPO)

— Vorgangsverwaltung —

Vorbemerkung

Die vorgeschlagenen Dat eiregelun gen sollen aus-schließlich für den Bereich der Datenverarbeitung im

Zusammenhang mit der Vorgangsverwaltung eine gesetzliche Grundlage schaffen. Ohne eine solche Re-gelung könnte unter Anlegung der Maßstäbe der Rechtsprechung eine Datenspeicherung zu diesen Zwecken unzulässig werden. Im besonderen Maße für diejenigen Länder, die die Vorgangsverwaltung bei den Staatsanwaltschaften ganz oder teilweise auf au-tomatisierte Verfahren umgestellt haben, wäre dann die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege nicht mehr sichergestellt.

Die Regelung bedeutet nicht, daß die — auch automa-tisierte — Datenverarbeitung der Staatsanwaltschaft in Dateien außerhalb der Vorgangsverwaltung nun-mehr unzulässig wäre. Für diese wird mit dem Ent-wurf keine Entscheidung getroffen, so daß es beim geltenden Recht verbleibt. Der Entwurf greift ledig-lich einen vorab regelbaren Teilbereich aus der Ver-arbeitung von Daten in Dateien der Staatsanwalt-schaft heraus. Im Hinblick auf die besondere Schwie-rigkeit der Materie wäre eine Regelung im übrigen nicht vertretbar, weil trotz intensiver Bemühungen der Bundesregierung und der Länder noch nicht aus-gereift.

Die Beschränkung erlaubt es, für den Bereich der Vor-gangsverwaltung auf im Gesetz definierte Löschungs- und Speicherungsfristen zu verzichten. Differenzierte Löschungs- und Speicherungsfristen zu bestimmen, bleibt einer Gesamtregelung über die Datenspeiche-rung in Strafverfahren vorbehalten. Die Speiche-rungsfristen für die Vorgangsverwaltung ergeben sich heute aus den Anforderungen der Aktenordnungen und der Aufbewahrungsbestimmungen. Ob und ge-gebenenfalls wie diese auf eine gesetzliche Grund-lage gestellt werden können, bleibt weiterer Prüfung überlassen. Bis das geschehen ist, kann der zeitliche Umfang der notwendigen Speicherung einer Rege-lung im Verordnungswege überlassen bleiben. Eine Verordnung kann sich den aus den Aktenordnungen und den Aufbewahrungsbestimmungen ergebenden Veränderungen flexibel und zügig anpassen.

Der von der Verordnung auszufüllende Rahmen wird durch die Zweckbestimmung begrenzt: Die Daten dürfen gespeichert werden, soweit dies für Zwecke der Vorgangsverwaltung erforderlich ist. Dadurch wird gleichzeitig der Umfang der zu speichernden Daten bestimmt.

Unter Vorgangsverwaltung ist die Bearbeitung der Akten durch die Geschäftsstellen der Staatsanwalt-schaften zu verstehen. Dadurch unterscheidet sich die Speicherung für Zwecke der Vorgangsverwaltung

Page 46: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

von einer Speicherung für Zwecke des Strafverf ah-rens.

Die Vorgangsverwaltung dient in erster Linie als Ak-tenfindungssystem. Benötigt werden dafür zumindest der Name des Beschuldigten sowie das Aktenzeichen. Insofern umfaßt die Vorgangsverwaltung die in den Aktenordnungen umschriebene zentrale Namenskar-tei. Die Vorgangsverwaltung kann zusätzlich zum Inhalt der zentralen Namenskartei z. B. der Führung der Geschäftskalender (Fristen), der Aktenregister (Js-Register, die u. a. auch den Strafvorwurf enthal-ten), der Haftlisten, der Aktenkontrolle und der Voll-streckungsregister dienen, bei den Behörden der Ge-neralstaatsanwälte darüber hinaus z. B. der Führung der Beschwerderegister für Straf- und Bußgeldsa-chen, der Register für Revisionen in Strafsachen und für Rechtsbeschwerden in Bußgeldsachen (Ss), der Beschwerdelisten (Zs), der Register in Angelegenhei-ten der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und der Register für Haftentscheidungen (HEs).

§ 474 regelt die Befugnis zur Speicherung der ge

-

nannten Daten für Zwecke der Vorgangsverwaltung, § 475 enthält Übermittlungsregelungen unter Ein-schluß der Zulässigkeit des Abrufs im automatisierten Verfahren, § 476 Berichtigungs-, Löschungs- und Sperrungsvorschriften, § 477 die Verordnungser-mächtigung an den Bundesminister der Justiz und die Landesregierungen, § 478 regelt den Auskunftsan-spruch Betroffener, § 479 die Unterrichtung der Poli

-zei über den Verfahrensausgang. I

§ 474

Die Vorschrift regelt in einer Generalklausel die Zu-lässigkeit der Speicherung, Veränderung und Nut-zung personenbezogener Informationen in Dateien für Zwecke der Vorgangsverwaltung. Sie verzichtet auf eine differenzierte, einzelne Daten bezeichnende gesetzliche Regelung und läßt eine Speicherung in dem Umfang zu, der für Zwecke der Vorgangsverwal-tung erforderlich ist. Die Erforderlichkeit stellt zu-gleich die Begrenzung des Speicherumfanges dar.

Die Zweckbestimmung der Vorschrift umfaßt alle Ab-schnitte des Strafverfahrens (einschließlich Gnaden-verfahren). Hierzu gehören die Verfahrensabschnitte Ermittlungsverfahren oder vorbereitendes Verfahren, Zwischenverfahren, Hauptverfahren einschließlich Rechtsmittelverfahren bis zur Rechtskraft der gericht-lichen Entscheidung und dem Abschluß der Strafvoll-streckung.

Strafrechtliche Angelegenheiten umfassen auch die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.

Die Vorschrift enthält keine Ermächtigung zur Erhe-bung personenbezogener Informationen. Sie setzt vielmehr eine solche Erhebungsbefugnis voraus. Die Entscheidung für eine Generalklausel und damit der Verzicht auf eine stark ausdifferenzierte Regelung entspricht den Bedürfnissen der Praxis. Der Entwurf verzichtet darauf, durch eine Aufzählung von Daten-feldern gesetzlich die Daten zu umschreiben, die ge-speichert werden dürfen. Diese ergeben sich z. B. aus den Aktenordnungen der speichernden Stellen. Eine

eingrenzende Festlegung der A rt der Datei sowie der zu speichernden Daten ergibt sich unterhalb der Ebene einer gesetzlichen Regelung über § 477 durch die dort vorgesehenen Verordnungen.

Unter Speichern ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren personenbezogener Daten auf einem Datenträger zum Zwecke der weiteren Verarbeitung oder Nutzung zu verstehen. Verändern meint das in-haltliche Umgestalten gespeicherter personenbezo-gener Daten. Nutzen ist jede Verwendung personen-bezogener Daten unmittelbar aus Dateien, soweit es sich nicht um Verarbeiten handelt.

Absatz 1 Satz 2 läßt die Nutzung der Daten nicht nur für Zwecke der Vorgangsverwaltung, sondern auch für Zwecke eines Strafverfahrens zu, also nicht nur für das Verfahren, in dem sie gespeichert worden sind, sondern auch für andere Strafverfahren.

Nach Absatz 2 können die Daten in gemeinsamen Dateien der Staatsanwaltschaften geführt werden. Die Zulässigkeit der Speicherung der Informationen in gemeinsamen Dateien läßt die datenschutzrechtli-chen Pflichten und Rechte unberührt, die an den Be-griff der speichernden Stelle anknüpfen. Auch bei gemeinsamen Dateien nach Absatz 2 bleibt die jewei-lige in Absatz 1 genannte speicherungsberechtigte Stelle, die die Informationen in gemeinsamen Dateien speichert, speichernde Stelle. Daraus folgt, daß eine Verwendung der Daten durch die speichernde Stelle eine Nutzung darstellt, während eine Verwendung durch eine andere Stelle eine Übermittlung der Daten voraussetzt, die in § 475 geregelt ist.

Die Zulässigkeit der Speicherung in gemeinsamen Dateien entspricht den Bedürfnissen der Praxis. Er-gebnis einer bewertenden Bestandsaufnahme war u. a., daß derzeit bereits Dateien im Bereich der Staatsanwaltschaften gemeinsam geführt werden. Beispielhaft genannt sei hier die Datei „Geschäftsstel-lenautomation bei den Staatsanwaltschaften" (GAST) des Landes Schleswig-Holstein.

§ 475

Absatz 1 regelt Zulässigkeit und Umfang der Über-mittlung der gespeicherten Daten. Der Begriffsbe-stimmung des Entwurfs des Gesetzes zum Schutz per-sonenbezogener Daten in Dateien (BDSG-Entwurf, BT-Drucksache 11/4306) folgend, ist unter Übermit-teln das Bekanntgeben gespeicherter oder durch Da-tenverarbeitung unmittelbar gewonnener personen-bezogener Daten an einen Dritten (Empfänger) in der Weise zu verstehen, daß die Daten durch die spei-chernde Stelle an den Empfänger weitergegeben wer-den oder der Empfänger von der speichernden Stelle zur Einsicht oder zum Abruf bereitgehaltene Daten einsieht oder abruft. Justizbehörde ist auch die Polizei, soweit sie strafverfolgend tätig wird. Um Zweifel aus-zuschließen, wird sie ausdrücklich genannt.

Absatz 2 regelt die Zulässigkeit der Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens (on-line-Verfahren) für die Übermittlung von Daten an Staatsanwaltschaf-ten für die in § 474 genannten Zwecke. Bei dieser Übermittlungsform bleibt die Verantwortung dafür,

Page 47: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

daß die abrufende Stelle keinen Mißbrauch betreibt, bei der abrufenden Stelle, die Verantwortung dafür, daß keine anderen Daten als solche, deren Weiter-gabe erlaubt ist, übermittelt werden, bei der spei-chernden Stelle. Durch diese Befugnis zur Fernab-frage wird unter den in Satz 2 und 3 genannten Vor-aussetzungen nicht stärker in Rechte der Betroffenen eingegriffen, als dies bei der Auskunft nach her-kömmlicher Art der Fall ist.

Die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs ist an die Vor-aussetzungen geknüpft, die in Absatz 1 dargelegt sind.

Sätze 2 und 3 stellen sicher, daß bei der Einrichtung des automatisierten Abrufsverfahrens die erforderli-chen Sicherungsmaßnahmen gegen einen unberech-tigten Zugriff auf die Dateien ergriffen werden, insbe-sondere durch Zugangs- bzw. Benutzerkontrollen und Übermittlungskontrollen. Durch Erteilung von Zu-griffsberechtigungen ist zu gewährleisten, daß Unbe-fugten der Zugang zu den Daten verwehrt ist. Die nach Satz 3 bestehende Aufzeichnungspflicht der speichernden Stelle soll gewährleisten, daß überprüft und festgestellt werden kann, an welche Stellen per-sonenbezogene Daten im automatisierten Abrufver-fahren übermittelt worden sind und ob diese Stellen zum Empfang der Daten berechtigt waren. Anderen-falls wäre die Übermittlung unzulässig gewesen.

§ 476

Die Vorschrift regelt die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Dateien nach § 474.

Absatz 1 verpflichtet die speichernde Stelle, unrich-tige personenbezogene Daten zu berichtigen, wenn deren Unrichtigkeit bekannt wird. Dann ist eine Be-richtigung vorzunehmen. Diese Verpflichtung besteht unabhängig von einem Antrag des Betroffenen.

Absatz 2 bestimmt, daß die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen sind, wenn sich ergibt, daß die Kenntnis der Daten für Zwecke der Vorgangsverwaltung nicht mehr erforderlich ist. Das Erfordernis einer Löschung nach Absatz 2 ergibt sich entweder aus Anlaß einer an bestimmte Fristen ge-bundenen Überprüfung, wie sie sich aus der zugrunde liegenden Verordnung ergibt, oder aus Anlaß einer Einzelfallbearbeitung.

Absatz 3 ermöglicht anstelle einer an sich nach Ab-satz 2 vorzunehmenden Löschung eine Sperrung der Daten, falls durch eine Löschung schutzwürdige Be-lange einer betroffenen Person beeinträchtigt wür-den. Eine Sperrung kann auch vorgenommen werden, wenn die Löschung mit unverhältnismäßigem Auf-wand verbunden wäre.

Auch im Falle einer Speicherung personenbezogener Daten nur aus den in § 475 Abs. 2 Satz 3 genannten Gründen hat eine Sperrung zu erfolgen.

Absatz 4 enthält die aus datenschutzrechtlichen Gründen erforderliche Nachberichtspflicht für den Fall, daß unrichtige, zu löschende oder zu sperrende personenbezogene Daten übermittelt worden sind.

§ 477

Nach dieser Vorschrift sind in einer Rechtsverordnung folgende Bereiche zu regeln:

— Die näheren Einzelheiten der Speicherung nach § 474. Das Regelungsbedürfnis über Art und Um-fang der Daten in dieser Verordnung bestimmt sich nach dem Zweck (Vorgangsverwaltung) der nach § 474 zulässigen Datei.

— Die besonderen Vorkehrungen bei der Errichtung gemeinsamer Dateien. Bei gemeinsamen Dateien mehrerer Staatsanwaltschaften ist u. a. festzule-gen, welche Stellen für die gespeicherten Daten die datenschutzrechtliche Verantwortung einer speichernden Stelle tragen, welche Stelle gespei-cherte Daten verändern, ergänzen, sperren oder löschen dürfen und wer für die Datenschutzkon-trolle zuständig ist.

— Löschungsfristen nach § 476 Abs. 2. Auch die Lö-schungsfristen werden bestimmt durch den Zweck der anzulegenden Datei.

— Zulässigkeit für ein automatisiertes Verfahren nach § 475 Abs. 2. Dazu gehört die Beschreibung der Dateien, die eine Datenübermittlung im auto-matisierten Abrufverfahren nach § 475 Abs. 2 er-möglichen, sowie die nach § 475 Abs. 2 Satz 3 er-forderlichen Sicherungsmaßnahmen gegen einen unberechtigten Zugriff auf die personenbezoge-nen Daten.

Die erforderlichen Bestimmungen können genera-lisierend sein. Absatz 3 räumt den Landesregierungen eine Delegationsbefugnis ein.

§478

Die Vorschrift regelt die Auskunftserteilung an den Betroffenen. Die Auskunft unterbleibt, wenn dies den Untersuchungszweck gefährdet. Einer Begründung für die Verweigerung der Auskunft bedarf es nicht, da bei einer Gefährdung des Untersuchungszwecks eine Begründung ihrem Wesen nach ausgeschlossen ist.

§ 479

Die Vorschrift entspricht § 480 E-StVÄG 1989.

Sie soll sicherstellen, daß nach Abgabe der Akten durch die Polizei an die Staatsanwaltschaft die Polizei-behörden in erforderlichem Umfang über das weitere Verfahren und seine Ergebnisse informiert werden, um so den polizeilichen Datenbestand für die Erfül-lung präventiver und repressiver Aufgaben stets auf dem aktuellen Stand halten zu können. § 479 bildet daher u. a. die gesetzliche Grundlage für die derzeit in Nummer 11 MiStra geregelte Informationsübermitt-lung.

Die in Absatz 1 festgeschriebene Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, nach Erhalt der polizeilichen Ver-handlungen der Polizei das staatsanwaltschaftliche Aktenzeichen mitzuteilen, vereinfacht und verbessert die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsan-

Page 48: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

waltschaft. Sie ermöglicht z. B. den Polizeibehörden, auf dieses Verfahren über ein Auskunftsersuchen zu-rückgreifen zu können. Auch bei sonstigen Rückfra-gen ist die Kenntnis des Aktenzeichens, das für ein Aktenstück das primäre Suchkriterium und Erken-nungszeichen ist, unerläßlich.

Nach Absatz 2 Satz 1 hat die Staatsanwaltschaft die Polizei über den Ausgang des Verfahrens durch Mit-teilung der Entscheidungsformel nebst Datum, A rt der Entscheidung und entscheidender Stelle zu informie-ren. Aus Gründen organisatorischer Vereinfachung kann nach Satz 2 1. Alternative die Unterrichtung der Polizeibehörde in den Fällen, in denen eine Mitteilung zum Bundeszentralregister zu bewirken ist, durch Übersendung eines Abdruckes dieser Mitteilung er-folgen. Unter dem gewählten Begriff „Ausgang des Verfahrens" ist der rechtskräftige Abschluß des Ver-fahrens gemeint. Erfaßt werden hier auch die Fälle, in denen bei mehreren Beteiligten das Verfahren nur gegenüber einem der Beteiligten einen rechtskräfti-gen Abschluß gefunden hat, etwa wenn von zwei An-geklagten nur einer ein Rechtsmittel einlegt, das Ur-teil im übrigen aber rechtskräftig wird.

Ist ein Urteil ergangen, so ist es nach Satz 2 2. Alter-native zulässig, nicht nur die Entscheidungsformel — den Tenor — , sondern auf Anforderung der Polizei auch einen Abdruck des Urteils zu übersenden. Diese Regelung ist notwendig, weil sich die für die Pflege des polizeilichen Datenbestandes erforderlichen In-formationen häufig nicht schon allein aus dem Tenor ergeben.

Entsprechendes gilt im wesentlichen auch für den Fall einer Einstellungsentscheidung, die mit einer Begrün-dung versehen worden ist. Hier ist es wegen des Infor-mationsbedürfnisses der Polizei, das sich gerade bei Einstellungen auf die Begründung erstrecken kann, zulässig, einen Abdruck der begründeten Entschei-dung beizufügen.

Absatz 3 schränkt, um unnötigen Aufwand zu vermei-den, die Informationspflicht der Staatsanwaltschaft gegenüber der Polizei weiter ein: In Verfahren gegen Unbekannt sowie bei leichteren Delikten im Bereich der Verkehrsstraftaten erfolgt keinerlei Benachrichti-gung über den Ausgang des Verfahrens. Dies ent-spricht der bisherigen Praxis. Besteht für die Polizei im Einzelfall ausnahmsweise doch ein Interesse am Ver-fahrensausgang, so kann sie mit Hilfe des ihr nach Absatz 1 mitgeteilten Aktenzeichens die erforderli-chen Informationen über eine Aktenauskunft oder Akteneinsicht erhalten.

Aus Absatz 4 ergibt sich, daß die Übersendung von Urteilen auch dann zulässig ist, wenn sie noch nicht rechtskräftig sind. Eine solche Übersendung kann z. B. dann angebracht sein, wenn Anhaltspunkte be-stehen, daß die Polizei das Urteil für Überprüfungen des eigenen Datenbestandes benötigen könnte. Aus Gründen der Klarheit ist jedoch mitzuteilen, wer das Urteil angefochten hat.

Zu Artikel 5 (Änderung des Gerichtsverfassungs-gesetzes)

Die vorgeschlagene Ergänzung des § 172 hat im we-sentlichen klarstellende Bedeutung. Die Gefahr für Leib und Leben eines Zeugen wird von der Rechtspre-chung in der Regel als Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinn des § 172 Nr. 1 angesehen. Der Ent-wurf stellt dies klar. Zugleich nimmt er auch das be-sonders wichtige Rechtsgut der Freiheit mit in die Regelung auf.

Zu Artikel 6 (Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten)

Folgeänderung aus der Einführung des sogenannten Bruttoprinzips beim Verfall. Dieses Prinzip wird für die Verfallvorschriften des Ordnungswidrigkeiten-rechts (§ 29 a OWiG) übernommen, um eine nicht be-gründbare Abweichung von der strafrechtlichen Re-gelung zu vermeiden.

Für eine entsprechende Anpassung auch von § 17 Abs. 4 OWiG besteht dagegen kein Bedarf, da es sich hier lediglich um eine Zumessungsregel für die Fest-setzung der Geldbuße handelt.

Zu Artikel 7 (Änderung des Personenstands-gesetzes)

Vorbemerkung

Die aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Pflicht des Staates zum Schutz gefährdeter Zeugen be-schränkt sich nicht allein auf die Dauer des Strafver-fahrens. Ein umfassender Zeugenschutz erfordert ins-besondere auch nach dem strafrechtlichen Verfahren staatliche Maßnahmen zugunsten des Zeugen, die — abhängig von dem Grad der Gefährdung des Zeugen — über polizeiliche Schutzmaßnahmen, die Umsied-lung an einen sicheren Ort, die Unterstützung bei der Suche nach einer Wohnung und eines neuen Arbeits-platzes bis hin zur Beschaffung einer anderen Identi-tät reichen können. Anhaltspunkte für derartige Maß-nahmen bietet u. a. das seit dem Jahre 1970 in den Vereinigten Staaten von Amerika bestehende Zeugenschutzprogramm ( „Witness Secu rity Pro-gramm")

Mit Hilfe der vorgeschlagenen Ergänzungen des Per-sonenstandsgesetzes werden die zuständigen Behör-den in die Lage versetzt, für den Fall, daß keine ande-ren Schutzmöglichkeiten für einen gefährdeten Zeu-gen bestehen, diesem als „ultima ratio" eine andere Identität verschaffen.

§ 27a

§ 27 a ermöglicht losgelöst von bestehenden Perso-nenstandseintragungen die Bestimmungen eines neuen Personenstands, wenn nach der Feststellung der Polizei Anlaß zu der Besorgnis besteht, daß auf-grund der Auskunft aus einem oder der Einsicht in

Page 49: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

einen Personenstandseintrag für den Betroffenen oder eine ihm nahestehende Person eine konkrete Gefähr-dung des Lebens oder erhebliche Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit entstehen kann.

Die Einfügung dieser Möglichkeit in das Personen-standsgesetz ist erforderlich, damit einem Zeugen bei entsprechender Gefährdungslage durch Änderung der Eintragungen in den Personenstandsbüchern (Ge-burts-, Heirats-, Familiendaten) eine vor dem Ausfor-schen abgesicherte andere Identität gegeben werden kann.

Da mit der Beschaffung einer anderen Identität zahl

-

reiche Probleme — nicht nur personenstandsrechtli-cher Art — verbunden sind (Erbrecht, Eigentumser-werb, Kindschaftsfragen etc.) kommt eine entspre-chende Änderung nur dann in Betracht, wenn keine anderen staatlichen Maßnahmen zur Verfügung ste-hen, um einen effektiven Schutz des Zeugen zu ge-währleisten. Insbesondere im Bereich der organisier-ten Rauschgiftkriminalität und des Terrorismus hat sich in der Vergangenheit gezeigt, daß ein wirksamer, nachgerichtlicher Schutz des „Kronzeugen" oder „Aussteigers" staatlicherseits nur durch die Beschaf-fung einer vollständig neuen Identität gewährt wer-den kann. Änderungen des Namensänderungsgeset-zes sind daneben nicht erforderlich, da es bereits ent-sprechende Schutzvorschriften enthält.

Nach §§ 3 und 11 des Namensänderungsgesetzes vom 5. Januar 1938 (RGBl. I 9, BGBl. III Nr. 401-1) kann bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes" der Vor-name sowie der Familienname eines gefährdeten Zeugen geändert werden.

§ 61

Die Vorschrift sieht unter den Voraussetzungen des § 27 a die Befugnis der zuständigen Verwaltungsbe-hörden vor, Sperrvermerke einzutragen.

Zu Artikel 8 (Änderungen im Recht der Heilberufe)

Die Angehörigen der Heilberufe sind Leben und Ge-sundheit kraft ihres gesetzlichen Berufsauftrags in be-sonderem Maße verpflichtet. Nach der Rechtspre-chung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 31, S. 307, 314) ist bei Verbrechenstatbeständen der ob-jektive Unrechtsgehalt so erheblich, daß er grundsätz-lich die Zurücknahme der Bestallung rechtfertigt. Dies gilt entsprechend für die Versagung der Zulas-sung zu einem Heilberuf und namentlich für die Ver-brechen des Mordes und des Totschlags einschließlich der Beteiligung hieran (vgl. etwa BVerwG NJW 1987 S. 1501). Verbrechen nach dem Betäubungsmittelge-setz gehören ebenfalls zu den schwerwiegendsten Verfehlungen, denen sich ein Angehöriger eines Heil-berufs schuldig machen kann. Wer ein betäubungs-mittelrechtliches Verbrechen begangen hat, verfügt ebenfalls nicht über das zur Ausübung eines Heilbe-rufs erforderliche Ansehen und Vertrauen in der Öf-fentlichkeit; er ist der heilungssuchenden Bevölke-rung nicht zumutbar. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Betäubungsmittel, soweit sie verkehrsfähig sind,

im Heilgeschehen eine bedeutende Rolle spielen. Dementsprechend haben die Angehörigen der akade-mischen Heilberufe Zugang zu solchen Betäubungs-mitteln, was in Anbetracht der vielfältigen Miß-brauchsmöglichkeiten höchstes Verantwortungsbe-wußtsein erfordert. Von dessen Fehlen ist in der Regel auszugehen, wenn sich ein Heilberufsangehöriger wegen eines betäubungsmittelrechtlichen Verbre-chens strafbar gemacht hat. Ihm fehlt dann sogar die für die Ausübung des jeweiligen Heilberufs erf order

-liche Zuverlässigkeit.

Artikel 8 dient der Klarstellung der schon geltenden Rechtslage und typisiert für die genannten Delikte die Unwürdigkeit bzw. die Unzuverlässigkeit des betrof-fenen Heilberufsangehörigen bzw. -bewerbers, wie dies im Waffenrecht in vergleichbarer Weise durch § 5 Abs. 2 Nr. 1 Waffengesetz geschehen ist.

Artikel 8 enthält in bezug auf strafrechtliche Verfeh-lungen weder eine abschließende Regelung noch schließt die Vorschrift es aus, daß Besonderheiten des Einzelfalls eine andere Beurteilung erfordern.

Zu Artikel 9 (Änderung des Fernmeldeanlagen-gesetzes)

Nach den Erfahrungen der Polizei hat es sich bei der Abwehr gegenwärtiger Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person als wesentlicher Mangel erwie-sen, daß eine Telefonüberwachung im präventiven Bereich nicht möglich ist.

§ 12a

In Anlehnung an §§ 100 a, 100 b StPO soll die Anord-nung der Telefonüberwachung im präventivpolizeili-chen Bereich nur durch den Richter erfolgen können. Eine Eilkompetenz einer nach Landesrecht noch zu bestimmenden Stelle erscheint allerdings erforder-lich. Das Verfahren richtet sich in Anlehnung an die Regelungen der Polizeigesetze (vgl. z. B. § 18 Abs. 3 PolG NW) nach dem Verfahren über die freiwillige Gerichtsbarkeit.

§ 12b

Die Vorschrift entspricht Artikel 3 § 10 des Gesetzes vom 13. August 1968 (BGBl. I S. 949) in der Fassung des Poststrukturgesetzes.

Zu Artikel 10 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch)

Durch die Ergänzung des Artikels 293 Abs. 1 Satz 1 EGStGB soll verhindert werden, daß die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe auch bei Fällen uneinbringlicher Vermögensstrafen ange-wandt wird.

Page 50: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Zu Artikel 11 (Änderung des Wirtschaftsstraf-gesetzes 1954)

Die Umbenennung des geltenden § 73 d StGB in § 73 e StGB erfordert eine entsprechende Anpassung des § 8 Abs. 4 Satz 1 des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954.

Zu Artikel 12 (Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen)

Der dingliche Arrest nach § 111 o StPO-Entw. und die Vermögensbeschlagnahme nach § 111 p StPO-Entw. werden in den Katalog der entschädigungsfähigen Strafverfolgungsmaßnahmen aufgenommen.

Zu Artikel 13 (Änderung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen)

Die vorgeschlagene Änderung des § 17 a ist eine Folge der Regelung der Rasterfahndung. Es erscheint angemessen, daß die Personen, die insoweit unter Benutzung ihrer eigenen oder einer fremden Daten-verarbeitungsanlage die Strafverfolgungsbehörden unterstützen, unter bestimmten Voraussetzungen ent-schädigt werden. Die Nummern 2 und 3 entsprechen dem E-StVÄG 1989. Nummer 1 enthält eine Klarstel-lung.

Zu Artikel 14 (Änderung des Bundes

-

zentralregistergesetzes)

Als Folgeänderung zur Einführung einer neuen Sank-tion „Vermögensstrafe" in das Strafgesetzbuch sind die Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes über den Inhalt des Bundeszentralregisters, die Ein-tragung der Vollstreckung und die Tilgungsfristen entsprechend anzupassen.

Zu Artikel 15 (Zitiergebot)

Mit der Vorschrift wird vorsorglich dem Zitiergebot des Artikels 19 Abs.1 Satz 2 des Grundgesetzes ent-sprochen. Auf BVerfGE 7, S. 377, 403f, 10 S. 89, 99, 13 S. 97, 122 wird im übrigen hingewiesen.

Zu Artikel 16 (Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang)

Diese Bestimmung soll eine spätere Änderung der Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung und der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktiker-gesetz durch Rechtsverordnung ermöglichen.

Zu Artikel 17 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

Page 51: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

Entschließung des Bundesrates zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG)

Der Gesetzentwurf enthält bei den die Strafprozeß-ordnung betreffenden Änderungsvorschriften un-ter anderem auch die im Hinblick auf die Recht-sprechung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 15. Dezember 1983 zum Volkszählungsgesetz 1983 (BVerfGE 65, 1 ff. — NJW 1984, 419ff.) und auf den Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juli 1988 (NJW 1989, 47 ff.) notwendi-gen gesetzlichen Dateiregelungen für die Vorgangs-verwaltung bei den Staatsanwaltschaften.

Insoweit ist für die Länder, die die Vorgangsverwal

-

tung bei den Staatsanwaltschaften im automatisierten

Verfahren betreiben, im Vorgriff auf die beabsichtig-ten Gesamtregelungen zur Datenspeicherung im Strafverfahren eine Teilregelung vordringlich, damit die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege nicht be-einträchtigt wird. Sollte sich — bedingt durch die Komplexität und die divigierenden Beurteilungen der einzelnen in dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen materiell- und verfahrensrechtlichen Regelungen — die Beratung des Gesetzentwurfs verzögern, bittet der Bundesrat die Vorschläge be treffend die gesetzlichen Dateiregelungen für die Vorgangsverwaltung bei den Staatsanwaltschaften vorab zu beraten und in einem eigenständigen Gesetz zu verabschieden.

Page 52: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Anlage 2

Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates

I. Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

1. Zu Artikel 1 Nr. 1 (§ 41 Satz 2 StGB), Nr. 2 (§ 43a StGB), Nr. 3 (§ 52 Abs. 4 StGB), Nr. 4 (§ 53 Abs. 3 und 4 StGB), Nr. 5 (§ 54 Abs. 2 Satz 2 StGB) und Nr. 6 (§ 55 Abs. 2 StGB)

Den Vorschlägen wird zugestimmt. Sie entspre-chen dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ei-nes . . Strafrechtsänderungsgesetzes — Vermö-gensstrafe — (. . . StrÄndG) — BT-Drucksache 11/5461.

2. Zu Artikel 1 Nr. 7 (§ 73 StGB), Nr. 8 (§ 73 b StGB), Nr. 9 (§ 73 d StGB), Nr. 10 (§ 73e StGB), Nr. 11 (§ 74e Abs. 3 StGB) und Nr. 12 (§ 76 StGB)

Den Vorschlägen wird zugestimmt. Sie entspre-chen dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ei-nes ... Strafrechtsänderungsgesetzes — Erwei-terter Verfall — (. . . StrÄndG) und der Gegenäu-ßerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache 11/6623).

3. Zu Artikel 1 Nr. 13 (§ 150 StGB)

a) Zu Buchstabe a (§ 150 Abs. 1 StGB)

Es wird vorgeschlagen, § 150 Abs. 1 wie folgt zu fassen:

„(1) In den Fällen der §§ 146, 148 Abs. 1, der Vorbereitung einer Geldfälschung nach § 149 Abs. 1 und des § 152a sind die §§ 43a, 73 d anzuwenden, wenn der Täter als Mitglied ei-ner Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. § 73 d ist auch dann anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt. "

Begründung

Der Vorschlag zielt darauf ab, den Anwen-dungsbereich der Vermögensstrafe auf Täter zu beschränken, die als Mitglieder einer Bande handeln, die sich zur fortgesetzten Begehung der entsprechenden Taten verbunden hat. Da-mit soll die Anwendbarkeit auf Fälle begrenzt werden, die der Organisierten Kriminalität zu-zuordnen sind. Insbesondere sollte die Verhän-gung der Vermögensstrafe nicht schon bei ge-werbsmäßiger Begehung zugelassen werden. Dieser Begriff reicht außerordentlich weit; es genügt schon eine einzige Tat, sofern nur der Täter die Absicht hat, sich durch wiederholte

Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen.

b) Zu Buchstabe b (§ 150 Abs. 2 StGB)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

4. Zu Artikel 1 Nr. 14 (§ 152a Abs. 5 StGB)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

5. Zu Artikel 1 Nr. 15 (§ 181 c StGB)

Der Text des neuen § 181 c sollte wie folgt gefaßt werden:

„In den Fällen der §§ 181 und 181 a Abs. 1 Nr. 2 sind die §§ 43 a, 73 d anzuwenden, wenn der Täter als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fort-gesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. § 73 d ist auch dann anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt."

Begründung

Beschränkung des Anwendungsbereichs der Ver-mögensstrafe auf bandenmäßiges (nicht auch ge-werbsmäßiges) Handeln (vgl. die Begründung zu dem Änderungsvorschlag zu Artikel 1 Nr. 13 Buchstabe a — § 150 Abs. 1 StGB).

6. Zu Artikel 1 Nr. 16 (§ 244 Abs. 3 StGB), Nr. 17 (§ 244a StGB) und Nr. 18 (§ 245 StGB)

Den Vorschlägen wird zugestimmt.

7. Zu Artikel 1 Nr. 19 (§ 260 StGB)

§ 260 Abs. 3 sollte wie folgt gefaßt werden:

„(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 sind die §§ 43a, 73d anzuwenden. § 73d ist auch in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 anzuwenden."

Begründung

Beschränkung des Anwendungsbereichs der Ver-mögensstrafe auf bandenmäßiges (nicht auch ge-werbsmäßiges) Handeln (vgl. die Begründung zu dem Änderungsvorschlag zu Artikel 1 Nr. 13 Buchstabe a — § 150 Abs. 1 StGB).

Page 53: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

8. Zu Artikel 1 Nr. 20 (§ 260a StGB)

Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfah-rens sollte geprüft werden, ob der vorgeschlagene neue Qualifikationstatbestand der gewerbsmäßi-gen Bandenhehlerei erforderlich ist.

Er unterscheidet sich von dem bereits in § 260 StGB vorgesehenen Qualifikationstatbestand (ge-werbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei) nur da-durch, daß er banden- und gewerbsmäßiges Han-deln nicht alternativ (so § 260), sondern kumulativ voraussetzt. Im Regelfall wird jedoch die banden-mäßige Begehung einer Straftat, die fortgesetztes Handeln verlangt, zugleich auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit erfüllen. Hinzu kommt, daß in dem hier in Betracht kommenden Bereich häufig zugleich der Verbrechenstatbestand des neuen § 244 a StGB (schwerer Bandendiebstahl) erfüllt sein wird. Aus diesen Gründen dürfte das Bedürfnis für den neuen § 260 a StGB vergleichs-weise gering sein.

9. Zu Artikel 1 Nr. 21 (§ 261 StGB)

Der Überschrift und den Absätzen 3, 4, 5, 6, 8, 9 und 10 des neuen § 261 StGB wird zugestimmt.

Zu den Absätzen 1, 2 und 7 werden folgende Än-derungen vorgeschlagen:

a) In Absatz 1 sollte das Wort „Vermögensgegen-stand" durch den Beg riff „Gegenstand" ersetzt werden, weil dieser Begriff dem üblichen Sprachgebrauch sowohl des Strafgesetzbu-ches (vgl. §§ 73 ff.) als auch der Strafprozeßord-nung (vgl. §§ 94 ff.) entspricht und ein sachli-cher Unterschied nicht feststellbar ist.

b) In Absatz 1 Nr. 3 sollte nach den Worten „kri-minellen Vereinigung" zur Klarstellung die Verweisung „(§ 129)" eingefügt werden.

c) Absatz 2 Nr. 2 sollte wie folgt gefaßt werden:

„2. verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er die Herkunft des Ge-genstandes zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat."

Begründung

Abweichend von dem Vorschlag der Bundes-regierung (vgl. BT-Drucksache 11/7663 S. 49) sollen in dem vom Bundesrat vorgeschlagenen § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB neben der Verwen-dung auch die Entgegennahme, Annahme, Anlage oder Verwahrung eines aus einer be-stimmten rechtswidrigen Vortat herrührenden Gegenstandes unter Strafe gestellt werden.

Eine Einbeziehung des Verwahrens (vgl. § 149 Abs. 1, § 152a Abs. 1, § 275 Abs. 1 StGB) in Absatz 2 Nr. 2 erscheint geboten, um Strafbar-keitslücken für den Fall zu schließen, daß der Täter einen vorgenannten Gegenstand in Ge-wahrsam hat, ohne zugleich die Voraussetzun-gen des Absatzes 1 (Vereitelung oder kon-krete Gefährdung des staatlichen Zugriffs)

oder der anderen Merkmale des Absatzes 2 (sich oder einem Dritten verschaffen oder für sich oder einen Dritten verwenden) nachweis-bar zu erfüllen. Mit einer Strafbarkeit des Ver-wahrens wird auch der Verpflichtung der Bun-desrepublik Deutschland aus Artikel 3 Abs. 1 Unterabsatz c (i) des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen vom 20. Dezember 1988 entsprochen, den Besitz eines inkriminierten Gegenstandes mit Strafe zu bedrohen.

Einer Pönalisierung der Entgegennahme und Annahme (ein sachlicher Unterschied zwi-schen diesen beiden Modalitäten ist nicht zu erkennen) sowie der Anlage eines Gegenstan-des bedarf es dagegen nicht, weil diese Tat-handlungen von den Merkmalen des Absat-zes 1 oder des erweiterten Absatzes 2 hinrei-chend mit erfaßt werden.

d) Absatz 7 Satz 2 sollte durch folgende Sätze 2 bis 4 ersetzt werden:

„§ 74a ist anzuwenden. Die §§ 43a, 73d sind anzuwenden, wenn der Täter als Mitglied ei-ner Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat. § 73 d ist auch dann anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt."

Begründung

Die vorgeschlagene Neufassung geht davon aus, daß auch in den Fällen einer Geldwäsche die Vermögensstrafe nur bei bandenmäßigem Handeln, der Erweiterte Verfall dagegen bei Bewerbs- oder bandenmäßigem Handeln an-wendbar sein sollte. Bei einem Verzicht auf diese Voraussetzungen würden jene Rechts-folgen auch gegen Täter verhängt werden können, die nicht dem Kreis der an der Orga-nisierten Kriminalität Beteiligten zuzurechnen sind. Das ist zu vermeiden. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, daß der „gewa-schene" Gegenstand selbst (z. B. der Erlös aus illegalem Betäubungsmittelhandel) ohne jene einschränkenden Voraussetzungen nach § 261 Abs. 7 Satz 1 eingezogen werden kann.

10. Zu Artikel 1 Nr. 22 (§ 262 StGB)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

11. Zu Artikel 1 Nr. 23 und 24 (§ 284 Abs. 3, § 285 b Abs. 1 StGB)

Auch in den Fällen des neuen Qualifikationstat-bestandes in § 284 Abs. 3 StGB sollte die Vermö-gensstrafe nur bei bandenmäßigem Handeln, der Erweiterte Verfall dagegen auch bei gewerbsmä-ßigem Handeln anwendbar sein (vgl. die Begrün-dung zu dem Änderungsvorschlag zu Artikel 1 Nr. 13 Buchstabe a — § 150 Abs. 1 StGB). Außer-dem sollten die Worte „oder mit Geldstrafe" ge-

Page 54: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

strichen werden, weil im Strafgesetzbuch wie im Nebenrecht Geldstrafe nur dann wahlweise ne-ben Freiheitsstrafe angedroht wird, wenn ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe nicht vorgesehen ist (vgl. Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 EGStGB). Im übrigen ergibt sich aus § 47 Abs. 2 StGB, daß Geldstrafe auch bei einem Mindestmaß von drei Monaten Freiheitsstrafe verhängt wer-den kann.

Es wird daher zunächst vorgeschlagen, § 284 Abs. 3 wie folgt zu fassen:

„(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1. gewerbsmäßig oder

2. als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbun-den hat,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."

Sodann sollte § 285b Abs. 1 folgende Fassung er-halten:

„(1) In den Fällen des § 284 Abs. 3 Nr. 2 sind die §§ 43a, 73d anzuwenden. § 73d ist auch in den Fällen des § 284 Abs. 3 Nr. 1 anzuwenden."

II. Zu Artikel 2 (Änderung des Betäubungsmittelgesetzes)

1. Zu Artikel 2 Nr. 1 Buchstabe a (§ 1 Abs. 3 BtMG)

Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag grundsätzlich zu. Sie hält es jedoch für erforderlich, hinter den Worten „Stoffe und Zubereitungen" den Zusatz ,, , die nicht Arzneimittel sind, " einzufügen, weil anderenfalls eine überraschende Rechtsände-rung bei Patienten zu unübersehbaren gesundheit-lichen Beeinträchtigungen führen könnte.

2. Zu Artikel 2 Nr. 1 Buchstabe b (§ 1 Abs. 4 BtMG)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

3. Zu Artikel 2 Nr. 2 (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 BtMG), Nr. 3 (Anlage IV), Nr. 4 (§ 11 Abs. 3 BtMG), Nr. 5 (§ 14 Abs. 1 Satz 1 BtMG) und Nr. 6 (§ 21 Abs. 1 BtMG)

Die Bundesregierung stimmt den Vorschlägen in ihrer Zielrichtung grundsätzlich zu. Allerdings sind sie einerseits nicht mehr ausreichend, um die ver-schiedenen Verpflichtungen Deutschlands zur Umsetzung der einschlägigen Vorschriften des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen vom 20. Dezember 1988 so-wie der dazu inzwischen ergangenen Verordnung (EWG) Nr. 3677/90 des Rates vom 13. Dezember 1990 über Maßnahmen gegen die Abzweigung be-stimmter Stoffe zur unerlaubten Herstellung von

Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (Amtsblatt der EG Nr. L 357 S. 1) zu erfüllen. Andererseits be-steht keine na tionale Gesetzgebungskompetenz mehr im Regelungsbereich der vorgenannten EWG-Verordnung. Die Bundesregierung wird da-her im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfah-rens Vorschläge zur Änderung und Ergänzung der Vorschläge des Bundesrates vorlegen.

4. Zu Artikel 2 Nr. 7 (§ 29 BtMG)

Der in Artikel 1 Nr. 21 vorgeschlagene neue § 261 StGB (Geldwäsche) sieht im Grundtatbestand Frei-heitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Die Bundesregierung stimmt dem zu. Mögliche Vortaten für die Geldwäsche sind nach dieser Vor-schrift unter anderem Vergehen eines anderen nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Betäubungsmittelgeset-zes. Es ist aber nicht vertretbar, für die Vortaten eine geringere Strafdrohung vorzusehen als für die Geldwäsche, die lediglich der Sicherung der aus der Vortat resultierenden Gewinne dient. Umge-kehrt muß die Strafdrohung des neuen § 261 StGB den vergleichbaren Strafdrohungen des Strafge-setzbuches, z. B. bei der Hehlerei, gleichgestellt sein. Die Bundesregierung schlägt daher vor, auch die Obergrenze der Strafdrohung in § 29 Abs. 1 BtMG auf fünf Jahre anzuheben. Damit wird zu-gleich der Systembruch beseitigt, den die geltende Obergrenze von vier Jahren darstellt.

Der vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderung des § 29 BtMG stimmt die Bundesregierung zu.

Die Bundesregierung schlägt danach vor, Artikel 2 Nr. 7 wie folgt zu fassen:

„7. § 29 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird die Angabe „bis zu vier Jahren" durch die Angabe „bis zu fünf Jah-ren" ersetzt.

b) In Absatz 3 Satz 2 werden die Nummern 3 und 4 gestrichen. "

5. Zu Artikel 2 Nr. 8 (§ 29a BtMG)

Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag grundsätzlich zu. Allerdings ist nach der gegen-wärtigen Gesamtsystematik des Betäubungsmit-telgesetzes die Angabe der jeweiligen verwal-tungsrechtlichen Erlaubnisnorm erforderlich, ge-gen die verstoßen wird. Dies ist beim gegenwärti-gen Standort der Regelungen nicht erforderlich, weil es sich hier im geltenden § 29 Abs. 3 Satz 2 nur um Regelbeispiele für besonders schwere Fälle der an sich in § 29 Abs. 1 BtMG geregelten Grundtat-bestände handelt. Werden die im § 29a Abs. 3 Satz 2 BtMG aufgeführten Handlungen aber ver-selbständigt, muß eine entsprechende Klarstellung erfolgen.

Die Bundesregierung schlägt ferner vor, die er-höhte Strafdrohung nicht nur für die Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, sondern auch für die Fälle vorzusehen, in denen ein Er-

Page 55: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

wachsener Minderjährige dazu veranlaßt, sich am Betäubungsmittelverkehr zu beteiligen. Auch die Benutzung Minderjähriger, um den Betäubungs-mittelverkehr durchzuführen, ist in besonderem Maße verabscheuungswürdig und strafwürdig. Mit ihrem Vorschlag entspricht die Bundesregierung auch Artikel 3 Abs. 5 Buchstabe e des Überein-kommens der Vereinten Nationen gegen den uner-laubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotro-pen Stoffen vom 20. Dezember 1988, wo der Um-stand, daß Minderjährige in Mitleidenschaft gezo-gen oder benutzt werden, als besonders schwer-wiegender Umstand bei der Bewertung der Strafta-ten anzusehen ist.

Die Bundesregierung schlägt danach folgende Fas-sung vor:

,8. Nach § 29 wird folgender § 29 a eingeführt:

㤠29a

Straftaten

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft,

wer

1. als Person über 21 Jahre

a) Betäubungsmittel ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmit-telbaren Verbrauch überläßt oder

b) eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern oder

2. mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. "'

6. Zu Artikel 2 Nr. 9 (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG), Nr. 10 (§§ 30a, 30b und 30c BtMG) und Nr. 11 (§ 31 Nr. 2 BtMG)

Den Vorschlägen wird zugestimmt.

7. Zu Artikel 2 Nr. 12 (§ 32 Abs. 1 Nr. 6 BtMG)

Auf die Ausführungen unter 3. wird verwiesen.

8. Zu Artikel 2 Nr. 13 (§ 33 BtMG) und Nr. 14 (§ 34 BtMG)

Den Vorschlägen wird zugestimmt.

III. Zu Artikel 3 (Änderung der Betäubungsmittel

-

Außenhandelsverordnung)

Die Vorschläge unter Artikel 3 sind aus den zu Arti-kel 2 Nr. 2 bis 6 genannten Gründen zu streichen und gegebenenfalls durch angepaßte Regelungen zu er-setzen, deren Prüfung innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist.

IV. Zu Artikel 4 (Änderung der Strafprozeßordnung)

1. Allgemeines

Die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß das Bemühen um die Gewährleistung einer effektiven Bekämpfung von die Gesellschaft in besonderem Maße bedrohenden modernen Erscheinungsfor-men der Kriminalität nicht allein auf die Schaf-fung neuer Straftatbestände und höhere Strafdro-hungen für Straftaten der Organisierten Krimina-lität, insbesondere im Bereich der bandenmäßi-gen Betäubungsmittelkriminalität, beschränkt bleiben darf, sondern daß — wie in diesem Artikel des Gesetzentwurfs vorgesehen — auch der Schutz gefährdeter Zeugen und das Ermittlungs-instrumentarium der Strafverfolgungsbehörden verbessert werden müssen. Der Entwurf schlägt die hierfür erforderlichen gesetzlichen Regelun-gen vor, einschließlich der insoweit gebotenen datenschutzrechtlichen Vorschriften.

In der Bewertung, daß der Schutz gefährdeter Zeugen eine besonders wichtige Aufgabe im Zu-sammenhang mit der Kriminalitätsbekämpfung ist und diese Aufgabe zum überwiegenden Teil in den Bereich der Gefahrenabwehr fällt, stimmt die Bundesregierung mit dem Bundesrat überein. Es liegt jedoch auf der Hand, daß auch die Regeln des Strafverfahrens der Notwendigkeit, gefähr-dete Zeugen zu schützen, Rechnung tragen müs-sen. Zu Recht weist der Bundesrat in der Begrün-dung zum Gesetzentwurf (S. 117 ff.) darauf hin, daß Zeugenschutz im Strafverfahren mit dem be-rechtigten Verteidigungsinteressen des Beschul-digten kollidieren kann und deshalb nicht gren-zenlos sein darf. Die Bundesregierung unter-streicht dies. Sie begrüßt es auch, daß die Rege-lungsvorschläge sich in erster Linie auf die Frage der Geheimhaltung des Wohnortes und ggf. wei-terer Personalien eines gefährdeten Zeugen vor den Verfahrensbeteiligten konzentrieren. Diese Problematik beschäftigt die Justizpraxis mit zu-nehmender Häufigkeit. Die Gerichte gehen in ih-

Page 56: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

ren Entscheidungen nicht nur vereinzelt über den Wortlaut der geltenden Vorschriften der Strafpro-zeßordnung hinaus, in welcher der Zeugenschutz, wie der Bundesgerichtshof formuliert hat, „nur unvollkommen ausgestaltet" ist. Bei dieser Ent-wicklung liegt es nahe, einen Gesetzgebungsbe-darf schon aus Gründen der Rechtssicherheit zu bejahen.

Ziel der Herstellung einer geklärten Rechtsgrund-lage des Zeugenschutzes im Strafverfahren sollte es auch sein, daß soweit möglich der dem Tatge-schehen nächststehende Zeuge tatsächlich dem Gericht präsentiert und von allen Verfahrensbe-teiligten, einschließlich der Verteidigung, befragt werden kann.

Die vorgeschlagene Regelung bedarf jedoch nach Auffassung der Bundesregierung der unter Num-mer 2 vorgeschlagenen Ergänzung.

Die Bekämpfung neuer Kriminalitätsformen ver-langt auch ein modernes rechtliches Ermittlungs-instrumentarium. Die Bundesregierung begrüßt daher im Grundsatz die vorgeschlagenen Maß-nahmen, weist jedoch darauf hin, daß einzelne Vorschläge, wie nachfolgend ausgeführt, der Er-gänzung bedürfen.

Im übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, daß auch für die Bereiche der Fahndung nach Beschuldigten und Zeugen, die längerfristige Ob-servation, die Akteneinsicht und die umfassende Regelung der Verarbeitung personenbezogener Daten in Dateien und deren Nutzung, die in dem Gesetzentwurf nicht geregelt werden, Regelungs-bedarf besteht. Die Bundesregierung teilt die Auf-fassung des Bundesrates, daß diese Regelung in einem gesonderten Gesetzentwurf zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts erfol-gen sollte.

2. Zu Artikel 4 Nr. 1 (§ 68 StPO)

Soweit die Vorschläge zur Ergänzung des § 68 darauf hinauslaufen, einem Zeugen unter be-stimmten Voraussetzungen die Preisgabe seines Wohnortes zu ersparen (Absatz 1 Satz 2 und Ab-satz 2 Satz 1 der vorgeschlagenen Neufassung von § 68), fangen sie eine Rechtsentwicklung auf, die sich in einer Reihe von Gerichtsentscheidun-gen aus jüngster Zeit abzuzeichnen beginnt. Diese Vorschläge können als die rechtspolitische Minimalforderung zur Arrondierung des in der geltenden Fassung des § 68 bereits angelegten Zeugenschutzes bezeichnet werden. Da als Kor-rektiv weiterhin die Vorschrift gilt, daß erforderli-chenfalls von Amts wegen die Umstände, die die Glaubwürdigkeit des Zeugen betreffen, aufzuklä-ren sind (jetzt Absatz 4), erscheinen diese Vor-schläge angemessen.

Die Bundesregierung schlägt jedoch vor, in § 68 Abs. 3 folgenden Satz 2 einzufügen:

„Er hat jedoch in der Hauptverhandlung auf Be

-

fragen anzugeben, in welcher Eigenschaft ihm die

Tatsachen, die er bekundet, bekanntgeworden sind."

Dies bedeutet, daß ein Verdeckter Ermittler, so-weit er besondere einsatzbezogene Feststellun-gen getroffen hat, grundsätzlich offenbaren muß, daß er seine Beobachtungen in seiner Eigenschaft als Verdeckter Ermittler getroffen hat. Die vorge-schlagene Regelung betrifft jedoch nicht den Fall, daß er seine Beobachtungen nur zufällig, bei Ge-legenheit des Einsatzes, getroffen hat.

Die Bundesregierung hält es für sachgerecht, die Anwendung dieser vorgeschlagenen Regelung auf die Zeugenvernehmung in der Hauptver-handlung zu beschränken; sie soll daher — an-ders als § 68 Abs. 3 Satz 1 — nicht im Ermittlungs-verfahren gelten, um der Gefahr zu begegnen, daß ein Verdeckter Ermittler während eines lau-fenden Einsatzes enttarnt wird. Die berechtigten Interessen der Verteidigung, die Glaubwürdig-keit des anonymen Zeugen und seine Bekundun-gen überprüfen zu können, werden mit den Si-cherheitsbelangen gefährdeter Auskunftsperso-nen zu einem angemessenen Ausgleich ge-bracht.

3. Zu Artikel 4 Nr. 2 (Ergänzung der Überschrift des 8. Abschnitts des Ersten Buches)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

4. Zu Artikel 4 Nr. 3 (§§ 98a bis 98c StPO)

Bei der Rasterfahndung handelt es sich um eine neuartige, die automatisierte Datenverarbeitung und -speicherung nutzende Ermittlungsmethode. Der Ansatz der Rasterfahndung, daß bestimmte, nach kriminalistischen Erfahrungen festgelegte Prüfungsmerkmale den Ausgangspunkt der Maß-nahme bilden und hierfür personenbezogene Da-ten herangezogen werden können, die zu ganz anderen Zwecken erhoben worden sind, kann zur Folge haben, daß Daten eines unter Umständen recht großen Kreises von Personen herangezogen werden, die sich nicht verdächtig gemacht haben, sondern die nur — zufällig — bestimmte tätertypi-sche Merkmale erfüllen. Im Hinblick hierauf be-grüßt die Bundesregierung den Vorschlag, die Zulässigkeit der Ermittlungsmaßnahme Raster-fahndung an den Bedürfnissen der Strafverfol-gungsbehörden orientiert eng zu begrenzen auf den Zweck der Verfolgung bestimmter, enumera-tiv aufgezählter Straftaten, die für die Organi-sierte Kriminalität typisch bzw. nach Art ihrer Ausführung oder ihrer Auswirkung besonders schwerwiegend sind.

Die Bundesregierung schlägt jedoch vor, zur Be-kämpfung des Terrorismus auch § 129a Abs. 3 des Strafgesetzbuches in den Katalog der die Maßnahme einer Rasterfahndung rechtfertigen-den Straftaten aufzunehmen, um den Einsatz die-ser Maßnahme auch gegen die sog. „Nahtstellen-personen" zu ermöglichen.

Page 57: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

Sie gibt desweiteren zu erwägen, auch § 129 StGB in den Katalog aufzunehmen.

Darüber hinaus hält es die Bundesregierung für notwendig, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, neben den in § 98a und § 110a des Entwurfs genannten Straftaten auch folgende Straftaten aufzuführen:

— § 34 Außenwirtschaftsgesetz (illegaler Tech-nologietransfer),

— Steuerhinterziehung (§ 370 der Abgabenord-nung), begangen in gewerbs- oder bandenmä-ßiger Form,

— Subventionsbetrug (§ 264 des Strafgesetzbu-ches), begangen in gewerbs- oder bandenmä-ßiger Form,

— Bannbruch (§ 372 der Abgabenordnung), be-gangen in gewerbs- oder bandenmäßiger Form.

Dadurch könnte erreicht werden, daß diese Straf-taten, deren Verfolgung eine erhebliche außenpo-litische, gemeinschaftspolitische und finanzpoliti-sche Bedeutung hat, auch weiterhin mit den Mit-teln der Rasterfahndung und dem Einsatz Ver-deckter Ermittler verfolgt werden können.

Die Bundesregierung schlägt desweiteren vor, die Zulässigkeit der Maßnahme an das Vorliegen des Anfangsverdachts (§ 152 Abs. 2 StPO) anzuknüp-fen; dies erscheint im Hinblick auf den nunmehr vorgeschlagenen engen Enumerativkatalog ge-rechtfertigt.

Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag zu, daß — neben dem grundsätzlichen Verbot der Übermittlung überschießender Daten (von der Anordnung nicht erfaßte Daten; § 98 a Abs. 3) — die Übermittlung von Daten, deren Verwendung besondere bundesgesetzliche oder entspre-chende landesgesetzliche Verwendungsregelun-gen entgegenstehen (§ 98b Abs. 1 Satz 6), nicht angeordnet werden darf.

Das Erfordernis einer erneuten Anordnung in den Fällen, in denen die speichernde Stelle die Mög-lichkeit einer gebotenen Datenaussonderung dem Umfange der Anordnung entsprechend un-ter Berufung auf Verhältnismäßigkeitserwägun-gen in Frage stellt, stellt auch hinsichtlich der wei-teren — für die Ermittlungsmaßnahme Raster-fahndung nicht benötigten, mithin überschießen-den — Daten die richterliche bzw. staatsanwalt-schaftliche Anordnungskompetenz sicher und ge-währleistet die Nachvollziehbarkeit, welche per-sonenbezogenen Daten den Strafverfolgungsbe-hörden zur Verfügung gestanden haben.

Schließlich stimmt die Bundesregierung dem Vor-schlag zu, für den Abgleich der Daten und deren Übermittlung grundsätzlich die Anordnung des Richters vorzusehen und allein der Staatsanwalt-schaft (nicht auch deren Hilfsbeamten) eine be-schränkte Eilkompetenz mit richterlichem Bestä-tigungserfordernis einzuräumen (§ 98b Abs. 1).

Zu der in § 98b Abs. 3 Satz 3 vorgeschlagenen Verwendungsbegrenzung der durch den Ab-gleich erlangten personenbezogenen Daten weist die Bundesregierung darauf hin, daß diese Rege-lung nicht den Umkehrschluß zuläßt, jegliche an-dere Verwendung (z. B. allgemein die Nutzung von im Rahmen des Strafverfahrens erhobener Daten für Zwecke der Gefahrenabwehr) sei unzu-lässig. Vielmehr sind die Voraussetzungen, unter denen personenbezogene Informationen aus Strafverfahren für andere Zwecke, insbesondere Zwecke der Gefahrenabwehr, verwendet werden dürfen, nach Auffassung der Bundesregierung in anderen Gesetzgebungsvorhaben alsbald zu re-geln.

Schließlich bedarf die Maßnahme der Rasterfahn-dung, die als Massendatenverarbeitung regelmä-ßig die Daten einer Vielzahl von Unbetei ligten erfaßt und möglicherweise dazu führt, daß diese in den strafrechtlichen Kontrollprozeß geraten, nach Auffassung der Bundesregierung der Betei-ligung des zuständigen Beauftragten für den Datenschutz. Insoweit wird vorgeschlagen, die Transparenzklausel des § 98b Abs. 4 um folgen-den Satz 2 zu ergänzen: „Nach Beendigung einer Maßnahme gemäß § 98 a ist die Stelle zu unter-richten, die für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz bei öffentli-chen Stellen zuständig ist."

5. Zu Artikel 4 Nr. 4 (§ 100a StPO)

a) Zu Buchstabe a

Der Katalog des § 100 a Satz 1 enthält bereits einige Delikte, deren Verwirklichung für die Organisierte Kriminalität typisch ist (so etwa Raub und Erpressung, Geld- und Wertpapier-fälschung sowie Straftaten gegen die persönli-che Freiheit). Die vorgeschlagene Erweiterung des Deliktskataloges des § 100 a erfaßt Fallge-staltungen, die nach ihrer Gefährlichkeit und ihrem Unrechtsgehalt den Katalogtaten des § 100 a vergleichbar sind.

b) Zu Buchstabe b

Die Bundesregierung begrüßt, daß Artikel 2 Nr. 10 des Entwurfs (§ 30 a BtMG neu) — im Unterschied zur Fassung der letzten Legisla-turperiode — nur noch für Betäubungsmittel in nicht geringer Menge gelten soll. Als Folge dieser Änderung hält die Bundesregierung die Erwähnung der Nummer 1 des § 30 Abs. 1 BtMG in § 100 a Satz 1 Nr. 4 StPO für erf order

-

lich; andernfalls würde der bereits geltende Anwendungsbereich von § 100 a Satz 1 Nr. 4 StPO eingeschränkt werden. In der Fassung des Entwurfs der letzten Legislaturperiode war dies wegen des damals weiteren Anwen-dungsbereichs von § 30 a BtMG neu nicht not-wendig.

Im übrigen schlägt die Bundesregierung eine formelle Änderung des Gesetzestextes vor, weil der Wortlaut von § 100 a Satz 1 Nr. 4 StPO

Page 58: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

in der vorliegenden Entwurfsfassung (ebenso wie im geltenden Gesetzestext) sachlich nicht korrekt ist. Straftaten nach § 29 Abs. 3 Satz 2 BtMG, wie der geltende Text, gibt es nicht; § 29 Abs. 3 Satz 2 BtMG enthält nur Regelbei-spiele für besonders schwere Fälle.

Die Bundesregierung schlägt daher vor, § 100a Satz 1 Nr. 4 wie folgt zu fassen:

„4. eine in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 des Betäu-bungsmittelgesetzes in Bezug genom-mene Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen oder eine Straftat nach §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, § 30a oder § 30 b des Betäubungsmittelgesetzes".

6. Zu Artikel 4 Nr. 5 (§ 100 b StPO)

Insoweit wird auf die Ausführungen zu § 98b Abs. 3 Satz 3 verwiesen.

7. Zu Artikel 4 Nr. 6 (§§ 100c, 100d StPO)

Der Vorschlag zu § 100c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a i. V. m. Absatz 4 sieht vor, daß ohne Einschrän-kung (Subsidiantätserfordernis) Lichtbilder und Bildaufzeichnungen auch von Dritten (Nichtbe-schuldigten) hergestellt und besondere Sichthil-fen gegen sie eingesetzt werden dürfen. Allein die Annahme, daß die Maßnahme zur Sachverhalts-erforschung oder Aufenthaltsermittlung des Tä-ters geeignet ist, soll nach dem Vorschlag den Ein-satz dieser technischen Mittel rechtfertigen. Dar-über hinaus wird nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 Buch-stabe b i. V. m. Absatz 4 auch der Einsatz sonsti-ger besonderer für Observationszwecke bestimm-ter technischer Mittel gegen Beschuldigte keinem Subsidiaritätserfordernis unterstellt. Die Bundes-regierung hält insoweit Änderungen für erforder-lich.

Sie schlägt daher vor, § 100 c Abs. 1 Nr. 1 wie folgt zu fassen:

„(1) Ohne Wissen des Betroffenen

1. dürfen

a) Lichtbilder und Bildaufzeichnungen herge-stellt werden,

b) sonstige besondere für Observationszwecke bestimmte technische Mittel zur Erfor-schung des Sachverhalts oder zur Ermitt-lung des Aufenthaltsortes des Täters ver-wendet werden, wenn Gegenstand der Un-tersuchung eine Straftat von erheblicher Be-deutung ist, und

wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise weniger erfolgversprechend oder erschwert wäre, ".

Die Bundesregierung schlägt desweiteren vor, § 100c Abs. 4 wie folgt zu fassen:

„(4) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen sich nur gegen den Beschuldigten richten. Gegen andere Personen sind Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthalts-ortes des Täters auf andere Weise erheblich we-niger erfolgversprechend oder wesentlich er-schwert wäre. Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2 dürfen gegen andere Personen nur angeordnet werden, wenn auf Grund be-stimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie mit dem Täter in Verbindung stehen oder eine solche Verbindung hergestellt wird, daß die Maßnahme zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermitt-lung des Aufenthaltsortes des Täters führen wird und dies auf andere Weise aussichtslos oder we-sentlich erschwert wäre. "

Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Einsatz gebräuchlicher Sichthilfen (z. B. Fernglas) durch §§ 161, 163 StPO erfaßt wird und daher kei-ner Regelung in § 100 c bedarf. Der Einsatz beson-derer Sichthilfen (z. B. Nachtsichtgeräte) unter-fällt nach Auffassung der Bundesregierung der vorgeschlagenen Regelung des Absatzes 1 Nr. 1 Buchstabe b.

Die Bundesregierung hält desweiteren eine Sub-sidiaritätsklausel für die in Absatz 1 Nr. 1 geregel-ten Fälle für erforderlich.

Der Vorschlag zu Absatz 4 wird dem durch Einfü-gung einer Subsidiaritätsregelung angepaßt.

Nicht zuzustimmen vermag die Bundesregierung dem Vorschlag zum Einsatz technischer Mittel in Wohnungen. Der Vorschlag begegnet Bedenken sowohl hinsichtlich der Zulässigkeit des Abhörens und Aufzeichnens des nicht öffentlich gesproche-nen Wortes in Wohnungen als auch hinsichtlich der Zulässigkeit der Herstellung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen in Wohnungen. Sie schlägt daher im Interesse des Gesetzgebungs-vorhabens als Ganzem vor, Absatz 2 zu strei-chen.

Soweit Absatz 3 des § 100 c die Zulässigkeit des Einsatzes technischer Mittel allein zur Einsatzsi-cherung eines nicht offen ermittelnden Beamten regelt, dürfte es sich um eine Maßnahme der Prä-vention handeln, die in den Polizeigesetzen zu regeln wäre.

Zu § 100d Abs. 2 wird auf die Ausführungen zu § 98b Abs. 3 Satz 3 verwiesen.

8. Zu Artikel 4 Nr. 7 (§ 101 StPO)

Die Bundesregierung schlägt vor, auch für beson-dere für Observationszwecke bestimmte techni-sche Mittel (§ 100c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) eine nachträgliche Benachrichtigung des Be troffenen vorzusehen. Absatz 1 des § 101 sollte folgende Fassung erhalten:

„ (1) Von den getroffenen Maßnahmen (§§ 99, 100a, 100b, 100c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2, § 100d) sind die Beteiligten zu benachrichtigen,

Page 59: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungs-zwecks, der öffentlichen Sicherheit, von Leib oder Leben einer Person sowie der Möglichkeit der weiteren Verwendung eines eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten geschehen kann."

9. Zu Artikel 4 Nr. 8 (§§ 110a bis 110e StPO)

Das Erfordernis für den Einsatz Verdeckter Er-mittler ergibt sich aus der Tatsache, daß sich in den letzten Jahrzehnten Kriminalitätsformen ent-wickelt haben, die mit hergebrachten Methoden nicht mehr erfolgversprechend aufgeklärt werden können. Insbesondere Organisierte Kriminalität, zumal dann, wenn sie international verflochten ist, läßt sich mit offen ermittelnden Polizeibeam-ten — dies hat sich in der Vergangenheit ge-zeigt — nicht mehr wirkungsvoll bekämpfen. Aus diesem Grunde werden, um dem verfassungs-rechtlich gebotenen Strafverfolgungsanspruch auch dort zu genügen, wo die Aufklärung beson-ders schwierig und der Rechtsfrieden in besonde-rer Weise bedroht ist, von den Strafverfolgungs-behörden des Bundes und der Länder seit Jahren Verdeckte Ermittler eingesetzt.

Dem Vorschlag des Bundesrates, die Zulässigkeit des Einsatzes Verdeckter Ermittler — wie auch die Rasterfahndung — an einen Deliktskatalog zu knüpfen, stimmt die Bundesregierung grundsätz-lich zu. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Rasterfahndung verwiesen. Sie gibt im übrigen zu bedenken, daß der Deliktskatalog möglichst mit den Polizeigesetzen harmonisiert sein sollte.

Außerdem sollte nach Auffassung der Bundesre-gierung die Subsidiaritätsklausel für die Zulässig-keit des Einsatzes Verdeckter Ermittler enger ge-faßt werden ( „aussichtslos oder wesentlich er-schwert"). Desweiteren sollte klarstellend gere-gelt werden, daß die Zustimmung zum Einsatz des Verdeckten Ermittlers schriftlich zu erteilen ist.

Zu § 110e wird auf die Ausführungen zu § 98 b Abs. 3 Satz 3 verwiesen.

10. Zu Artikel 4 Nr. 9 (§ 111 b StPO)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

11. Zu Artikel 4 Nr. 10 (§§ 1110 und 111p StPO)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

12. Zu Artikel 4 Nr. 11 (§ 112a StPO)

Dem Vorschlag wird zugestimmt.

13. Zu Artikel 4 Nr. 12 (§ 163e StPO)

Die Bundesregierung begrüßt, daß der Vorschlag die Maßnahme einer polizeilichen Beobachtung unter einen grundsätz lichen Richtervorbehalt

stellt. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren er-scheint indes prüfungsbedürftig, ob es der Eil-kompetenz der Hilfsbeamten bedarf. Die Bundes-regierung weist in diesem Zusammenhang klar-stellend darauf hin, daß eine polizeiliche Beob-achtung auch anläßlich einer Grenzkontrolle, bei der stets die Feststellung der Personalien erlaubt ist, erfolgen kann.

Die Bundesregierung schlägt vor, die Zulässigkeit der Maßnahme an das Vorliegen des Anfangsver-dachts (§ 152 Abs. 2 StPO) anzuknüpfen.

Darüber hinaus sollte nach Auffassung der Bun-desregierung die Maßnahme, soweit sie sich ge-gen Beschuldigte richtet, dem Erfordernis einer Subsidiarität unterstellt werden. Im weiteren Ge-setzgebungsverfahren wird auch zu prüfen sein, ob die Zulässigkeit einer polizeilichen Beobach-tung gegen andere Personen an engere Subsidi-aritätserfordernisse zu binden ist.

14. Zu Artikel 4 Nr. 13 bis 15 (§§ 168a, 200, 222 StPO)

Insoweit wird auf die Ausführung zu Artikel 1 Nr. 1 verwiesen.

15. Zu Artikel 4 Nr. 16 (§ 457 StPO)

Die Bundesregierung erhebt gegen den Vor-schlag keine g rundsätzlichen Einwendungen.

Allerdings ist im Rahmen der Strafvollstreckung — im Gegensatz zur Strafverfolgung — bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die Dauer der noch zu verbüßenden Freiheitsstrafe ein beson-ders wichtiges Kriterium. Da die Inst rumente zum Teil eine verhältnismäßig große Eingriffsintensi-tät haben, dürfen sie im Einzelfall möglicherweise dann nicht eingesetzt werden, wenn etwa nur noch ein geringer Strafrest zu verbüßen ist. Die Abwägung hat in jedem Einzelfall zu erfolgen und ist insbesondere auch abhängig von dem Instru-ment, das angewandt werden soll. Dies sollte im Gesetzestext seinen Niederschlag finden, etwa in der Weise, daß in § 457 Abs. 3 nach Satz 1 folgen-der Satz eingefügt wird: „Bei der Prüfung der Ver-hältnismäßigkeit ist auf die Dauer der noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe besonders Be-dacht zu nehmen."

16. Zu Artikel 4 Nr. 17 (§ 459i StPO)

a) Absatz 1 entspricht einem Vorschlag der Bun-desregierung (BT-Drucksache 11/5461).

b) Absatz 2, dem die Bundesregierung im Prin-zip bereits zugestimmt hat (BT-Drucksache 11/5461, Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates), sollte wie folgt gefaßt wet-den:

„(2) In den Fällen der §§ 111o, 111p ist die Maßnahme erst nach Beendigung der Voll-streckung aufzuheben."

Page 60: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Die Fassung des Bundesrates erweckt den Ein-druck, daß die Beschlagnahme automatisch mit der Beendigung der Vollstreckung endet, ohne daß es eines gerichtlichen Aufhebungsaktes be-darf. Dies widerspricht § 293 Abs. 1 StPO, der im übrigen nach dem in Bezug genommenen § 111 p Abs. 4 StPO anwendbar sein so ll . Da die Frage, wann die Vollstreckung „beendet" ist, unklar und streitig sein kann, andererseits die hier in Rede stehende Beschlagnahme des Vermögens eine besonders gravierende, grundrechtsrelevante (Artikel 14 GG) Maßnahme ist, erscheint es auch aus Gründen der gebotenen Rechtsklarheit not-wendig, wie in § 293 Abs. 1 StPO einen konstitu-tiven gerichtlichen Aufhebungsakt vorzusehen. Ein besonderer Hinweis auf § 293 Abs. 2 StPO ist entbehrlich, da die Anwendbarkeit dieser Vor-schrift schon durch den in Bezug genommenen § 111p Abs. 4 StPO sichergestellt ist.

17. Zu Artikel 4 Nr. 18 (§ 460 StPO)

Die Vorschrift entspricht einem Vorschlag der Bundesregierung (BT-Drucksache 11/5461).

18. Zu Artikel 4 Nr. 19 (§ 463a StPO)

Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag grundsätzlich zu.

Sie schlägt jedoch vor, klarstellend zu regeln, daß die Anordnung von dem Leiter der Führungsauf-sichtsstelle getroffen wird. Außerdem regt die Bundesregierung an, zu regeln, daß das Erforder-nis der Fortdauer der Maßnahme mindestens jähr-lich zu prüfen ist.

19. Zu Artikel 4 Nr. 20 (§§ 474 bis 479 StPO)

Die Bundesregierung wendet sich gegen die Re-gelungen zur Vorgangsverwaltung in diesem Ent-wurf, weil sie im vorliegenden Regelungszusam-menhang nicht sachgemäß und vertretbar sind:

Sie sind ein Fremdkörper in einem Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, weil sie sinnvollerweise nur für alle Straftaten gelten können.

Eine isolierte Vorabregelung nur der Dateien der Vorgangsverwaltung bringt Widersprüche, Lük-ken und nicht vertretbare Zweckentfremdungen mit sich. Die Verwendung von Informationen in Dateien und Akten durch die Strafverfolgungsbe-hörden ist ein zusammenhängender Sachver-haltskomplex, der einer Gesamtregelung bedarf, deren Teile aufeinander abgestimmt sein müssen. Die vorhandenen Dateien sind i. d. R. multifunk-tional. Sie sind keine reinen Vorgangsdateien, sondern dienen insbesondere als Aktenhinweis-systeme Zwecken künftiger Strafverfolgung. Es erscheint deswegen nicht sachgemäß, einen Teil-aspekt dieser Dateien vorab zu regeln, dieselben Dateien in ihren anderen Funktionen aber unge

-

regelt zu lassen. Folge dieser Teilregelung ist, daß die Nutzung und Übermittlung von Daten aus Vorgangsdateien über das vertretbare Maß hin-aus für Verfahren in strafrechtlichen Angelegen-heiten bzw. für Zwecke der Rechtspflege geöffnet werden muß. Außerdem bleiben die Regelungen unvollständig, weil insoweit die ausstehenden all-gemeinen Regelungen gelten sollen (z. B. die Be-stimmung von Speicherungs- und Löschungsfri-sten) .

V. Zu Artikel 5 (Änderung des Gerichtsverfassungs-gesetzes)

Der Ergänzung des § 172 GVG wird zugestimmt. Al-lerdings sollte die Gefährdung des Lebens, des Leibes oder der Freiheit eines Zeugen oder einer anderen Person in § 172 Nr. 1 GVG nicht als Unterfall einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung genannt, son-dern als ein neuer selbständiger Ausschließungs-grund in diese Vorschrift aufgenommen werden. Da-durch würde auch die individualrechtliche Kompo-nente des Zeugenschutzes besser sichtbar.

VI. Zu Artikel 6 (Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten)

Den Vorschlägen wird zugestimmt. Sie entsprechen der Gegenäußerung der Bundesregierung zu Num-mer 1 der Stellungnahme des Bundesrates zum Ge-setzentwurf der Bundesregierung eines ... Straf-rechtsänderungsgesetzes — Erweiterter Verfall — (. . . StrÄndG) BT-Drucksache 11/6623.

VII. Zu Artikel 7 (Änderung des Personenstands-gesetzes)

Die Bundesregierung kann den Vorschlag nicht un-terstützen. Sie sieht in einer personenstandsrechtli-chen Lösung kein geeignetes Mittel zu dem auch von ihr für notwendig erachteten Zeugenschutz. Die be-sondere Stellung des Standesbeamten als Urkundsbe-amter in der Verwaltung und eine Fülle von Siche-rungsmechanismen, insbesondere hinsichtlich der Form der Beurkundungen, der Aufbewahrung der Personenstandsbücher und des breit verästelten Mit-teilungsverkehrs der Standesbeamten untereinander und mit anderen Stellen gewährleisten, daß die vom Standesbeamten geführten Personenstandsbücher und die daraus ausgestellten Personenstandsurkun-den sowie die standesamtlichen Mitteilungen über den Personenstand und den Namen der Person an andere Stellen zu deren Aufgabenerfüllung der Wahr-heit entsprechen.

Die vorgesehene personenstandsrechtliche Regelung, die dem Zweck der Personenstandsbuchführung zu-wider erstmalig die Eintragung falscher Angaben er-möglichte, würde zudem geeignet sein, die Glaub-würdigkeit und damit den Beweiswert der Angaben in den Personenstandsbüchern allgemein zu mindern, auch wenn Änderungen nur als letzte staatliche Maß-nahme zum Schutz von Zeugen in Betracht kämen.

Page 61: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/989

Dies wäre allerdings zu rechtfertigen, wenn ein hö-herrangiger Zweck es erfordert. Dieser kann grund-sätzlich auch im staatlichen Schutz von Personen lie-gen. Ein solcher Schutz läßt sich indessen auf dem Gebiet des Personenstandswesens weder durch die vorgesehene Regelung noch durch eine andere Maßnahme erreichen, und zwar aus folgenden Gründen:

Gründe der Beurkundungssystematik und -technik sprechen dagegen, die Schaffung einer neuen Identi-tät durch Änderung der Personenstandsbücher bewir-ken zu wollen. Änderungen der Angaben über Perso-nenstand und Namen einer Person werden in den sie betreffenden Personenstandsbüchern durch Ver-merke, die am Rande des jeweiligen Eintrags beizu-schreiben sind, verlautbart. Hierdurch wird z. B. im Geburtenbuch sichergestellt, daß personenstands- und namensrechtlich relevante Änderungen mit dem jeweiligen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens aus dem Eintrag ersichtlich sind. Diese lückenlose Fortschrei-bung ist für eine Vielzahl von Rechtsbeziehungen un-verzichtbar. Gleiches gilt für die unterhalb des Perso-nenstandseintrags beizuschreibenden Hinweise auf andere Personenstandseinträge über den oder die Be-troffenen. Die Löschung und Neuanlegung eines ge-änderten Eintrags ist aus diesem Grund, aber auch wegen der bereits erwähnten Sicherung des Inhalts der Personenstandsbücher gegen Fälschung nach geltendem Recht nicht zulässig.

Für die hier zu behandelnden Fälle bedeutet dies, daß bei einer Änderung von Angaben in den in Frage kommenden Personenstandsbüchern aus den Einträ-gen selbst immer die frühere Identität ersichtlich wäre. Der Betroffene könnte zwar bestimmte, die neuen Angaben berücksichtigende Personenstands

-

urkunden erhalten, doch würde die Einsicht in das Personenstandsbuch oder die Personenstandsurkun-den „Beglaubigte Abschrift" die frühere Identität of-fenbaren. Auch bei Eintragung von Sperrvermerken würden kriminelle Organisationen mit den in der Begründung des Entwurfs beschriebenen Organisa-tionsstrukturen Gelegenheit finden, sich die ge-wünschten Informationen zu beschaffen, zumal der Weg dorthin jederzeit aus dem geltenden Recht nach-vollziehbar wäre.

Deshalb sollte in Betracht gezogen werden, zu schüt-zende Personen durch die hierfür vorgesehenen Stel-len ohne Befassung der Personenstandsbuchführung mit Dokumenten auszustatten, welche die gewünsch-ten Angaben enthalten.

VIII. Zu Artikel 8 (Änderung von Heilberufsgeset-zen)

Gegen die vorgeschlagenen Ergänzungen der Bun-desärzteordnung, des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde, der Bundes-Tierärzteordnung, der Bundes-Apothekerordnung und der Ersten Ver-ordnung zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes bestehen Bedenken.

Es bedarf keiner ausdrücklichen Klarstellung, daß Un-würdigkeit zur Ausübung des Berufs im Regelfall ins-besondere bei einem Verbrechen gegen das Leben oder einem Verbrechen nach dem Betäubungsmittel-gesetz gegeben ist. Bei einem Verbrechen gegen das Leben und einem Verbrechen nach dem Betäubungs-mittelgesetz handelt es sich schon nach bisherigem, allgemeinen Verständnis um Verfehlungen, aus de-nen sich in der Regel Unwürdigkeit und Unzuverläs-sigkeit zur Ausübung des Berufs des Arztes, des Zahn-arztes, des Tierarztes, des Apothekers und des Heil-praktikers ergeben.

Eine derartige Klarstellung birgt zudem die Gefahr, daß sich die Maßstäbe bei der Beurteilung der Frage, ob ein Fehlverhalten die Annahme der Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit zur Berufsausübung rechtfer-tigt, verschieben. Es ist nicht auszuschließen, daß eine beispielhafte Erwähnung von bestimmten Verfehlun-gen dazu führt, daß sich die Zuordnung anderer, nicht genannter Verfehlungen zu den die Annahme der Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit begründenden Tatbestände künftig hieran ausrichten würde. Dies könnte eine unerwünschte Einschränkung des Beur-teilungsspielraumes zur Folge haben. Bei der Erwäh-nung so schwerwiegender Verfehlungen, wie es Ver-brechen gegen das Leben und Verbrechen nach dem Betäubungsmittelgesetz sind, ist zu befürchten, daß Verfehlungen mit einem geringeren kriminellen Unrechtsgehalt von vornherein aus der Betrachtung ausgeschlossen würden. Dies muß vermieden wer-den.

IX. Zu Artikel 9 (Änderung des Fernmeldeanlagen-gesetzes)

Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Vor-schrift vor allem im Hinblick auf ihre Erforderlichkeit noch rechtstatsächlicher Prüfung bedarf. Der Grund-satz der Verhältnismäßigkeit verlangt eine Abwä-gung des fachlichen Bedürfnisses der Polizei mit der Belastung der Betroffenen.

Ferner wird im Zuge des weiteren Gesetzgebungsver-fahrens zu prüfen sein, ob zusätzliche verfahrens-rechtliche Absicherungen erforderlich sind.

X. Zu Artikel 10 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch)

Zu Artikel 11 (Änderung des Wirtschaftsstrafge-setzes 1954),

Zu Artikel 12 (Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfol-gungsmaßnahmen),

Zu Artikel 13 (Änderung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen),

Page 62: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Zu Artikel 14 (Änderung des Bundeszentralregi-stergesetzes) und

Zu Artikel 15 (Zitiergebot)

Den Vorschlägen wird zugestimmt.

XI. Zu Artikel 16 (Rückkehr zum einheitlichen Ver

-

ordnungsrang)

Die „Entsteinerungsklausel" entspricht der üblichen Fassung. Nach der Stellungnahme der Bundesregie-rung zu den Artikeln 3 und 8 ist sie zu streichen.

Page 63: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode
Page 64: Gesetzentwurf - Bundestagdipbt.bundestag.de/doc/btd/12/009/1200989.pdf021 (131) — 232 05 — Ra 4/91 Bonn, den 25 Juli 1991 Drucksache 12/989 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode