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Deutscher Bundestag Drucksache 15/4835 15. Wahlperiode 15. 02. 2005 Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Teledienstegesetzes (Anti-Spam-Gesetz) A. Problem und Ziel Bedingt durch den kostengünstigen Zugang zum Internet und dem auf dieser Plattform etablierten Nachrichtenaustausch durch E-Mail werden von einigen Unternehmen zur Unterstützung des Marketings in großen Mengen Mails ohne Zustimmung des Empfängers, unter Verschleierung des Absenders und des gewerblichen Hintergrunds versandt. Die Bearbeitung dieser Nachrichten führt bei Unternehmen zu hohen Produktivitätsverlusten und bei privaten Haushalten zu erhöhten Einwahlkosten. Spam – der Fachbegriff für massenhafte und uner- wünschte Mails – untergräbt auch das Vertrauen der Verbraucher in wichtige Zukunftstechnologien. Einige Techniken zur Verschleierung sind besonders verwerflich, so z. B. die Verwendung irreführender Betreffzeilen und die unbe- rechtigte Nutzung eines fremden Computers zur Weiterleitung von Spam-Mails. B. Lösung Vollständig beseitigt werden Spams nur durch ein abgestimmtes Vorgehen, das die Service-Provider, die Verbraucher und den Gesetzgeber einschließt. Ser- vice-Provider und Verbraucher können durch Nutzung von Filterprogrammen den beabsichtigten Marketingeffekt schmälern. Es bleiben jedoch genügend Anreize für die Spammer, da dieses Medium nahezu kostenlos genutzt werden kann. Es obliegt daher dem Gesetzgeber, den Missbrauch dieses Mediums einzudämmen und damit die störungsfreie Nutzung sicherzustellen, in dem Maßnahmen zur Täuschung, die typisch für Spams sind, verboten werden. Das Gesetz wird daher nicht nur in Deutschland sondern auch weltweit zur Abschreckung von Spammern und zum Schutz von Verbraucherinteressen beitragen. C. Alternativen Keine. Wirksamere Methoden wie beispielsweise das Prüfen der eingelieferten Mails durch den Service-Provider scheitern an dem Post- und Fernmeldege- heimnis, dem auch diese unterworfen sind. Auch kann kein Einlieferungsverbot ausgesprochen werden, das nur auf die Menge abhebt, da dies kein Kriterium für die Nutzung des Internets ist.

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Deutscher Bundestag Drucksache 15/483515. Wahlperiode 15. 02. 2005

Gesetzentwurfder Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Teledienstegesetzes(Anti-Spam-Gesetz)

A. Problem und ZielBedingt durch den kostengünstigen Zugang zum Internet und dem auf dieserPlattform etablierten Nachrichtenaustausch durch E-Mail werden von einigenUnternehmen zur Unterstützung des Marketings in großen Mengen Mails ohneZustimmung des Empfängers, unter Verschleierung des Absenders und desgewerblichen Hintergrunds versandt. Die Bearbeitung dieser Nachrichten führtbei Unternehmen zu hohen Produktivitätsverlusten und bei privaten Haushaltenzu erhöhten Einwahlkosten. Spam – der Fachbegriff für massenhafte und uner-wünschte Mails – untergräbt auch das Vertrauen der Verbraucher in wichtigeZukunftstechnologien. Einige Techniken zur Verschleierung sind besondersverwerflich, so z. B. die Verwendung irreführender Betreffzeilen und die unbe-rechtigte Nutzung eines fremden Computers zur Weiterleitung von Spam-Mails.

B. LösungVollständig beseitigt werden Spams nur durch ein abgestimmtes Vorgehen, dasdie Service-Provider, die Verbraucher und den Gesetzgeber einschließt. Ser-vice-Provider und Verbraucher können durch Nutzung von Filterprogrammenden beabsichtigten Marketingeffekt schmälern. Es bleiben jedoch genügendAnreize für die Spammer, da dieses Medium nahezu kostenlos genutzt werdenkann. Es obliegt daher dem Gesetzgeber, den Missbrauch dieses Mediumseinzudämmen und damit die störungsfreie Nutzung sicherzustellen, in demMaßnahmen zur Täuschung, die typisch für Spams sind, verboten werden. DasGesetz wird daher nicht nur in Deutschland sondern auch weltweit zurAbschreckung von Spammern und zum Schutz von Verbraucherinteressenbeitragen.

C. AlternativenKeine. Wirksamere Methoden wie beispielsweise das Prüfen der eingeliefertenMails durch den Service-Provider scheitern an dem Post- und Fernmeldege-heimnis, dem auch diese unterworfen sind. Auch kann kein Einlieferungsverbotausgesprochen werden, das nur auf die Menge abhebt, da dies kein Kriteriumfür die Nutzung des Internets ist.

Drucksache 15/4835 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

D. Kosten der öffentlichen HaushalteKeine

E. Sonstige KostenKeine. Es ist vielmehr mit einer deutlichen Kostensenkung bei der Wirtschaftund den Verbrauchern zu rechnen. Die Europäische Kommission schätzt alleindie Produktivitätsverluste bei europäischen Unternehmen durch die Beseiti-gung von Spam-Mails im Jahr 2002 auf 2,5 Mrd. Euro.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4835

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Teledienstegesetzes(Anti-Spam-Gesetz)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1Das Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Tele-

dienstegesetz) vom 22. Juli 1997 (BGBl. I S. 1870), zuletztgeändert durch Artikel 1 des Gesetzes über rechtlicheRahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsver-kehr (Elektronischer Geschäftsverkehr-Gesetz – EGG) vom14. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3721), wird wie folgt ge-ändert:

1. § 7 wird wie folgt geändert:

a) nach der Nummer 2 wird folgende Nummer 3 ange-fügt:

„3. Werden kommerzielle Kommunikationen perelektronischer Post (E-Mail) versandt, darf in derKopf- und Betreffzeile weder der Absender,noch der kommerzielle Charakter der Nachrichtverschleiert oder verheimlicht werden. Ein Ver-schleiern oder Verheimlichen liegt insbesonderedann vor, wenn die Kopf- oder Betreffzeile ab-sichtlich so gestaltet ist, dass der Empfänger vorEinsichtnahme in den Inhalt der Kommunikationkeine oder irreführende Informationen über die

tatsächliche Identität des Absenders oder denkommerziellen Charakter der Nachricht erhält.“

b) die bisherigen Nummern 3 und 4 werden zu denNummern 4 und 5.

2. § 12 wird wie folgt gefasst:„§ 12

Bußgeldvorschriften(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder

fahrlässig1. entgegen § 6 Satz 1 eine Information nicht, nicht

richtig oder nicht vollständig verfügbar hält oder2. entgegen § 7 Satz 1 Nr. 3 bei der Versendung kom-

merzieller Kommunikationen in der Kopf- und Be-treffzeile den Absender oder den kommerziellen Cha-rakter der Nachricht verschleiert oder verheimlicht.(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße

bis fünfzigtausend Euro geahndet werden.“

Artikel 2Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung inKraft.

Berlin, den 15. Februar 2005

Franz Müntefering und FraktionKatrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

Drucksache 15/4835 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeiner TeilI. AusgangslageSpam (unerwünschte E-Mail-Werbung) ist eine ernstzuneh-mende Erscheinung, die das Vertrauen in die elektronischeKommunikation untergraben kann. Die Zahl der uner-wünschten Werbe-E-Mails hat besorgniserregende Aus-maße angenommen. Lag der Anteil der Spam-Mails am ge-samten E-Mail-Verkehr im Jahre 2001 bei 7 Prozent, so warim Jahr 2003 bereits jede zweite elektronische Nachrichtdem Bereich der unerwünschten Massensendungen zuzu-ordnen.1) Im Juni 2004 belief sich der weltweite Anteil derSpams am gesamten Mailaufkommen sogar schon auf65 Prozent.2) Aus dem zunehmenden Spam-Volumen erge-ben sich zahlreiche negative Folgewirkungen, die sowohlfür den einzelnen Empfänger als auch aus gesamtwirtschaft-licher Sicht relevant sind. Im Zuge der rasanten Zunahmeelektronischer Werbe-Mails gerät die Bearbeitung des tägli-chen Posteingangs vor allem für Unternehmen, aber auchfür private Empfänger immer mehr zum Zeit- und Kosten-faktor. Die durch Spam verursachten Produktivitätsverlustebei Unternehmen im Raum der EU beliefen sich nach Anga-ben der Europäischen Kommission im Jahre 2002 auf 2,5Mrd. Euro.3) Das Herunterladen von Spam nimmt aber nichtnur erhebliche Arbeitszeit und Speicherkapazitäten in An-spruch. Ein Großteil der Nachrichten enthält darüber hinausInhalte, die von den Empfängern als uninteressant, anstößigoder gar beleidigend empfunden werden: So befassen sichdie weltweit am häufigsten versendeten Spam-Mails mitWerbungen für Potenzmedikamente oder erotische Ange-bote. Andere Werbe-E-Mails wiederum enthalten Virenoder betrügerische Aufforderungen an den Empfänger, ge-heime Informationen wie z. B. Bankzugangsdaten preiszu-geben.Die Spam-Flut führt bei immer mehr Verbrauchern zueinem Vertrauensverlust bei der Mail-Nutzung. Eben diesesVertrauen ist jedoch Voraussetzung für den Erfolg des elek-tronischen Handels, elektronischer Dienste und letztlich derInformationsgesellschaft.Es gilt daher, Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitungvon unerwünschten Werbe-E-Mails zu entwickeln. Wie diejüngste Entwicklung gezeigt hat, handelt es sich beimThema Spam um eine vielschichtige Problematik. Ein Vor-

gehen gegen Spam kann daher nur dann erfolgreich sein,wenn rechtliche, wirtschaftliche und technische Maßnah-men in ihrer Wirksamkeit optimiert und miteinander ver-zahnt werden.

1. Der aktuelle Rechtsrahmen

Bereits nach derzeitiger Rechtslage ist die Versendung vonSpam-Mails unzulässig. Das unaufgeforderte Versendenvon elektronischen Werbe-Nachrichten stellt einen Verstoßgegen das Wettbewerbsrecht dar. Dies ist im Rahmen derÄnderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb(UWG) in § 7 ausdrücklich klargestellt worden. Danachliegt in jeder Versendung kommerzieller Mails ohne Einwil-ligung des Adressaten eine unzumutbare Belästigung derMarktteilnehmer. Unzulässig ist des Weiteren die Werbungmit Nachrichten, bei denen die Identität des Absenders ver-schleiert oder verheimlicht wird. Im Falle eines Verstoßesgegen § 7 UWG können Wettbewerber und anerkannteKlageverbände vom Versender gerichtlich Unterlassung undSchadensersatz verlangen. Zudem besteht ein Gewinnab-schöpfungsanspruch. Die nicht nach dem UWG klageberech-tigten Empfänger von Spam-Mails können daneben auf demZivilrechtsweg Schadensersatz- und Unterlassungsansprücheaus unerlaubter Handlung geltend machen (vgl. §§ 823, 1004BGB).

Spam-Mails, die bestimmte, besonders schwerwiegendeRechtsverletzungen beinhalten, sind darüber hinaus bereitsheute strafrechtlich erfasst. Dies betrifft zunächst solcheMails, die rechtswidrige Inhalte wie z. B. Kinderpornogra-phie, Viren oder Würmer transportieren (vgl. dazu die§§ 184b sowie 202a, 303a, 303b StGB). Den Tatbestand desBetruges können daneben oftmals die in jüngster Zeit ver-breiteten Nachrichten, die den Empfänger zur Angabe vonBankzugangsdaten wie PIN oder TAN auffordern (Phish-ing-Mails) oder zur Installation eines Dialers auf demEmpfängerrechner führen (vgl. §§ 263, 263a und 269StGB), erfüllen. Verursacht die massenhafte Versendungvon Werbe-E-Mails den Zusammenbruch von Vermittlungs-rechnern oder Empfängerpostfächern, so kommen dieStraftatbestände der Datenveränderung und Computer-sabotage (vgl. §§ 303a und 303b StGB) oder Störungöffentlicher Telekommunikationsanlagen (vgl. § 317 StGB)in Betracht.

2. Technische Schutzmöglichkeiten und Maßnahmender Wirtschaft

Neben den gesetzlichen Regelungen spielt vor allem dieWirtschaft eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung uner-wünschter elektronischer Post. Sie kann durch den konse-quenten Ausbau technischer Schutzvorrichtungen einenwichtigen Beitrag zur Eindämmung der Spam-Flut leisten.Besondere Bedeutung kommt dabei dem Einsatz von Filter-programmen zu, deren Aufgabe darin besteht, Spam-Nach-richten zu blockieren. Weitere Ansätze, die immer mehrProvider verfolgen, bestehen in der Führung von Sperrlisten(Blacklists), die alle Server erfassen, über die bereits einmalSpam versendet wurde, oder von Positivlisten (Whitelists),

1) Vgl. zu den Anteilen der Spam-Mails am Gesamtverkehr die Mit-teilung der Europäischen Kommission vom 22. Januar 2004, Seite 5,abrufbar unter: http://europa.eu.int/information_society/topics/ecomm/doc/useful_information/library/communic_reports/spam/spam_com_2004_28_de.pdf, das eco-Whitepaper zu dem ThemaSpam-Bekämpfung vom 21. September 2004, Seite 12, online abruf-bar unter: http://www.eco.de/servlet/PB/show/1455897/Whitepaper_Vollversion_100.pdf.

2) Zu der Spam-Rate im Juni 2004 vgl. die Statistik des Filtersoftwa-re-Anbieters Brightmail/Symantec, vgl. dazu die unter http://www.itu.int/osg/spu/spam/presentations/SALEM_Session%201.pdf(Stand: 29. September 2004) abrufbaren Informationen, Seite 3.

3) Vgl. dazu die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 22. Ja-nuar 2004 (Fn. 1), Seite 7.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/4835

die als legitim eingeordnete Versandadressen als unproble-matisch klassifizieren.

Die auf dem Feld der Spam-Bekämpfung sehr aktive deut-sche Internetwirtschaft hat überdies eine Reihe weitererwichtiger Maßnahmen zur Selbstregulierung des elektroni-schen Direktmarketings entwickelt. So hat z. B. der Verbandder Deutschen Internetwirtschaft eco einen umfassendenCode of Conduct für erwünschtes Online-Marketing erar-beitet. Wirtschaftsunternehmen können sich diesen Richt-linien auf freiwilliger Basis unterwerfen und sind dadurchzum Führen eines besonderen Gütesiegels berechtigt. DesWeiteren betreibt eco eine Hotline für die Empfänger vonSpam, die monatlich rund 8 0004) Beschwerden bearbeitet.Liegt eine begründete Beschwerde vor, so nimmt eco Kon-takt zu Versendern, Auftraggebern und Providern auf, umdie Einstellung des Spam-Versands zu erreichen.

3. Internationale Zusammenarbeit

Angesichts des internationalen Charakters ist Spam erfolg-reich nur durch verstärkte internationale Zusammenarbeitzu bekämpfen. Vor allem auf der Ebene der EuropäischenUnion bestehen hierzu zahlreiche Initiativen. So hat sich dieEuropäische Kommission am 22. Januar 2004 für einekonsequente grenzüberschreitende Bekämpfung von Spamausgesprochen. Um den Austausch von Informationen zufördern und die grenzüberschreitende Verfolgung vonSpammern zu koordinieren, hat sie die Online-Arbeits-gruppe für unerbetene Werbung eingerichtet. Diese wirdunter anderem auch die Aufklärung der Verbraucher undEntwicklung technischer Schutzvorkehrungen fördern.

Auch die OECD beschäftigt sich in den ArbeitsgruppenIT-Sicherheit und Datenschutz sowie Telekommunikationund Consumer Policy mit dem Thema Spam. Derzeit wirdein Arbeitsplan für die Bekämpfung von Spam bis 2006erstellt. Ein weiteres Forum gegen unerwünschte Massen-Mails bietet schließlich auch die Standardisierungsorganisa-tion ITU (International Telecommunication Union).

4. Aufklärung der Verbraucher

Schließlich gilt es auch die Empfänger aktiv in den Prozesszur Bewältigung der Spam-Flut einzubinden. Dies ist jedochnur möglich, wenn die Verbraucher angemessen sensibili-siert und über Art und Funktionsweise möglicher Schutz-maßnahmen gegen Spam aufgeklärt werden. Dass einBedürfnis für eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit besteht,zeigt sich vor allem an den stetig steigenden Prozentsätzender durch die Empfänger tatsächlich geöffneten Werbe-Mails.5) Eine Aufklärung der Verbraucher muss zum einenzum verantwortungsbewussten Verhalten bei der Weiter-gabe von E-Mail-Adressen anregen. Zum anderen gilt es,umfassende Informationen zu Funktionalität und Einsatz-möglichkeiten technischer Schutzvorkehrungen zu ver-mitteln.

II. Zielsetzung und Gegenstand dieses Gesetzentwurfs

Der vorliegende Gesetzentwurf fügt sich in die bereits be-stehenden Regelungen gegen Spam ein. Die Frage nach dergrundsätzlichen Zulässigkeit elektronischer Massensendun-gen ist mit der Änderung des Gesetzes gegen den unlauterenWettbewerb (UWG) sowie den nach Bürgerlichem Rechtbestehenden Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchender Empfänger einer umfassenden Regelung zugeführtworden. Anknüpfend an den Gesetzeszweck des Teledien-stegesetzes, konkrete wirtschaftliche Rahmenbedingungenfür Dienste der Informationsgesellschaft zu schaffen (vgl.§ 1 TDG), enthält der vorliegende Gesetzentwurf daherkeine weitere Regelung zum „ob“, sondern nähere Bestim-mungen zum „wie“ eines rechtskonformen E-Mail-Marke-tings. Vorrangiges Regelungsziel ist dabei die Gewähr-leistung eines hohen Maßes an Transparenz und Entschei-dungsfreiheit für die Empfänger. Die Neuregelung erfasstdiejenigen Anbieter, die ihren Mailversand durch gezielteVerschleierungsmaßnahmen für die Empfänger besondersundurchsichtig gestalten. Es werden dabei insbesonderesolche Verhaltensweisen bekämpft, die den Empfängerneinen selbstbestimmten Umgang mit ihrer elektronischenPost erschweren und sie daran hindern, wirksame Gegen-maßnahmen zur Bewältigung der Spam-Flut zu ergreifen.Dies soll durch klare Vorgaben an die Gestaltung der Kopf-und Betreffzeilen kommerzieller E-Mails erreicht werden.Da unseriöse Massenversender sehr häufig unter Verheim-lichung und Verschleierung ihrer Identität und des kommer-ziellen Charakters ihrer kommerziellen elektronischen Postvorgehen, werden durch die Neuregelungen gleichzeitigweitere Sanktionsmöglichkeiten gegen diese Praxis beimMassenversand geschaffen. Bei Massenversendern, die ihreIdentität nicht verheimlichen oder verschleiern, kann dieVerfolgung i. d. R. problemlos über das Wettbewerbsrechterfolgen. Eine zusätzliche Pönalisierung ist in diesen Fällennicht erforderlich.

Durch die Vorgabe klarer Rahmenbedingungen schafft dieNeuregelung zugleich erhöhte Rechtssicherheit für seriöseAnbieter elektronischen Direktmarketings. Die Durchset-zung der neuen Regelungen bei denjenigen Versendern vonSpam, die im außereuropäischen Ausland ansässig sind, istallerdings äußerst schwierig. Mit einem Anteil von über90 %6) stellen diese die weit überwiegende Mehrheit dar.Mit einer erweiterten Sanktionsbewehrung des Spammenskann jedoch – auch auf internationaler Ebene – ein Signalgesetzt und damit der Unrechtsgehalt noch deutlicher ge-macht werden.

III. Die wesentlichen Änderungen im Überblick

Bei den Änderungen geht es um die folgenden Maßnahmen:

l Einführung eines Verbotes, in der Kopfzeile einer kom-merziellen E-Mail die wahre Identität des Absenders zuverschleiern oder zu verheimlichen,

4) Vgl. dazu das eco-Whitepaper zum Thema Spam-Bekämpfung vom21. September 2004, Seite 7, abrufbar unter: http://www.eco.de/servlet/PB/show/1455897/Whitepaper_Vollversion_100.pdf (Stand:30. September 2004).

5) Vgl. hierzu DoubleClick Q1 2004 E-Mail Trend Report, online abruf-bar unter: http://emea.doubleclick.com/de/ (Stand: 1. Oktober 2004).

6) Vgl. zur Aufschlüsselung der Herkunftsländer von Spam die Studiedes Spamfiltertechnologie-Anbieters Commtouch mit Stand von30. Juni 2004, online abrufbar unter der Adresse:http://www.commtouch.com/news/english/2004/pr_04063001.shtml(Stand: 30. September 2004).

Drucksache 15/4835 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

l Klarstellung, dass der kommerzielle Charakter einerNachricht sich nicht nur aus dem Textkörper selbst erge-ben muss, sondern auch schon in der Betreffzeile einerE-Mail weder verschleiert noch verheimlicht werdendarf,

l Erweiterung des Bußgeldtatbestandes in § 12 TDG fürden Fall eines Verstoßes gegen das Verbot der Absender-verschleierung oder -verheimlichung,

l Einführung eines Bußgeldtatbestandes für den Fall einesVerstoßes gegen das Verbot der Verschleierung oderVerheimlichung des kommerziellen Charakters einerelektronischen Nachricht in der Betreffzeile.

IV. GesetzgebungskompetenzDie Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich ausArtikel 74 Abs. 1 Nr. 11 des Grundgesetzes (Recht der Wirt-schaft) für die ergänzende Regelung der Anforderungen ankommerzielle Kommunikationen sowie aus Artikel 74Abs. 1 Nr. 1 GG für die Bußgeldvorschriften. Der Bund istnach Maßgabe des Artikels 72 Abs. 2 GG dazu berechtigt,von den Kompetenztiteln Gebrauch zu machen, da die Er-haltung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesseeine bundesgesetzliche Regelung zwingend erforderlichmacht. Bestünden in den einzelnen Bundesländern unter-schiedliche Vorschriften zu Zulässigkeit und Rahmenbedin-gungen eines elektronischen Direktmarketings, so würdedies zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen. Dies liegtvor allem darin begründet, dass die Versender elektronischerWerbe-Mails in der Regel nicht nur in ihrem lokalen Um-feld, sondern länderübergreifend im gesamten Bundesgebiettätig werden, um einen möglichst großen Adressatenkreis zuerreichen. Wird eine Mail zeitgleich an mehrere Personenversandt, so hätte eine Regelung auf Länderebene zur Folge,dass ein und derselbe Versendevorgang in Bezug auf deneinen Empfänger rechtmäßig und im Hinblick auf den ande-ren Empfänger rechtswidrig sein könnte. Im Hinblick aufdiese Divergenz hat der Versender auch keinerlei Steue-rungsmöglichkeiten, da sich aus den von ihm genutztenE-Mail-Adressen in der Regel nicht entnehmen lässt, in wel-chem Bundesland ein Empfänger ansässig ist. Elektroni-sches Direktmarketing könnte im Ergebnis nur noch dannrechtssicher durchgeführt werden, wenn sich der Anbieterzuvor einen Überblick über sechzehn verschiedene unddynamisch veränderliche Rechtsordnungen verschafft hat.Hierin läge jedoch eine unzumutbare Behinderung des län-derübergreifenden Rechtsverkehrs.

V. Finanzielle AuswirkungenFinanzielle Mehrbelastungen der Wirtschaft und der öffent-lichen Haushalte sind durch das Gesetz nicht zu erwarten.Die Neuregelung etabliert keine erweiterten Pflichten fürBund, Länder und Gemeinden. Allenfalls die vorgeseheneAusweitung des Bußgeldtatbestandes in § 12 TDG könntezusätzliche Kosten für anfallende Ermittlungstätigkeitenauslösen, die jedoch nicht quantifizierbar sind. Jedoch liegtdie Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im pflichtgemä-ßen Ermessen der zuständigen Behörden (Opportunitäts-prinzip). Auch für die Wirtschaft entstehen im Ergebniskeine Mehrkosten. Zwar kann die Umsetzung der erweiter-ten Transparenzpflichten bei der Ausgestaltung kommer-zieller Kommunikationen für den Bereich der Werbewirt-

schaft vorübergehend zu einer leichten Erhöhung der Kos-ten führen. Dem stehen jedoch in allen Wirtschaftszweigenerhebliche Vorteile durch den verringerten Eingang und diebessere Erkennbarkeit elektronischer Massen-Nachrichtengegenüber. Die Neuregelungen führen daher bei einerGesamtbetrachtung eher zu einer finanziellen Entlastungder Wirtschaft. Im Hinblick darauf sind Auswirkungen aufdas Preisniveau – insbesondere auf das Verbraucherpreis-niveau – nicht zu erwarten.

B. Besonderer TeilArtikel 1Zu Nummer 1 (§ 7 Nr. 3 TDG)Der von dem Gesetzentwurf vorgesehene § 7 Nr. 3 TDGverbietet die Verschleierung und Verheimlichung von Ab-senderinformationen sowie des kommerziellen Charaktersin Kopf- und Betreffzeile einer elektronischen Werbenach-richt. Die Neuregelung stellt sicher, dass der Empfängereiner elektronischen Werbenachricht bereits in der Kopf- undBetreffzeile einer Mail korrekte und eindeutige Anhalts-punkte über die Identität des Absenders und den kommer-ziellen Charakter der Nachricht erhält.7)

a) Verbot der Verheimlichung oder Verschleierung desAbsenders in der Kopfzeile

Die grundsätzliche Erkennbarkeit des Absenders an derKopfzeile einer elektronischen Nachricht ist für den Emp-fänger bei der Frage, ob und wie er eine Mail weiterbearbei-ten will, von entscheidender Bedeutung. Wird die Herkunftder Nachricht verheimlicht oder verschleiert, so kann er diemit ihr möglicherweise verbundenen Risiken nicht einschät-zen und sein Verhalten auch nicht entsprechend ausrichten.Auch für den Einsatz von Spamschutz-Programmen, die denPosteingang nach Nachrichten eines durch den Nutzer fest-gelegten Personenkreises durchsuchen, sind die Angabenzur Identität des Versenders von großer Bedeutung. DieGewährleistung transparenter Absenderinformationen stelltsomit eine wichtige Grundvoraussetzung für den wirksamenSelbstschutz durch Empfänger und Provider dar.Um Spamschutzmaßnahmen von Providern und Empfän-gern zu umgehen und so die Öffnung der Werbenachrichtenzu erreichen, geben viele Versender in Spam-Mails ihreIdentität sowohl in der Absenderzeile des Briefkopfs(Header) als auch im Textkörper der Nachricht gar nicht,unvollständig oder in irreführender Weise an. Dieses Ver-halten kann nach aktueller Rechtslage nur teilweise zumAnknüpfungspunkt für Sanktionen gemacht werden. Derzeitmuss zwar jede mittels elektronischer Post versendeteWerbenachricht leicht erkennbare und ständig verfügbareInformationen zu Identität und Kontaktdaten des Absendersenthalten (vgl. § 6 Satz 1 Nr. 1 TDG). Diese gemäß § 12

7) Im Falle einer Absenderverschleierung innerhalb des Textkörperskann zugleich ein Verstoß gegen die Pflicht zur Anbieterkennzeich-nung gemäß § 6 Satz 1 TDG vorliegen, da die Transparenzpflichtenaus § 6 und § 7 TDG nebeneinander anwendbar sind. Zu den sich hie-raus ergebenden Folgen für das Konkurrenzverhältnis zwischen denin diesem Fall gleichzeitig erfüllten Bußgeldtatbeständen aus § 12Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 TDG siehe unten Fußnote 13.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/4835

Abs. 1 TDG bußgeldbewehrte Pflicht zur Anbieterkenn-zeichnung ist aber schon dann erfüllt, wenn die Mail aneiner gut wahrnehmbaren Stelle im Textkörper korrekte undunmissverständliche Angaben über die Identität des Ab-senders enthält. Andere Formen der Verschleierung oderVerheimlichung von Absenderinformationen – wie z. B. dasvöllige Fehlen oder irreführende Angaben im Rahmen einesHeaders – werden von den §§ 6, 12 TDG dagegen nicht er-fasst, obwohl sie sich für den Empfänger in gleichem Maßeals beeinträchtigend darstellen können. Gerade die Falsch-angabe von Absenderinformationen im Header einer Mailbedeutet für den Empfänger eine schwere Belastung bei derBearbeitung des täglichen Posteingangs. Durch eine Mani-pulation der Absenderinformationen an dieser Stelle wird ergezielt in der Freiheit beschnitten zu entscheiden, ob er eineNachricht öffnen möchte oder nicht. Dass der Umstand derAbsenderverschleierung oder -verheimlichung einen beson-ders hervorzuhebenden und sanktionswürdigen Unwertge-halt besitzt, bestätigt auch der Blick auf die bereits erlasse-nen Anti-Spam-Gesetze anderer Staaten.8)

Die Neuregelung verbietet daher zum einen die Verschleie-rung der Absenderinformationen. Hieraus folgt, dass derAbsender an keiner Stelle seiner Nachricht Angaben ma-chen darf, die darauf gerichtet sind, den Empfänger überseine Identität zu täuschen oder im Unklaren zu lassen. EineVerschleierung der Absenderinformationen ist insbeson-dere gegeben, wennl die Absenderangaben suggerieren, die Nachricht stamme

von einer offiziellen Stelle (z. B. „StaatsanwaltschaftMünchen“), von einem Geschäftspartner oder aus demFreundeskreis des Empfängers,

l der Spammer zu seiner Tarnung falsche oder nicht exis-tente IP-Adressen in die Absenderinformationen seinerMail einträgt,

l in den Absenderinformationen die Adresse des Absen-ders durch die Adresse des Empfängers oder einer sons-tigen Person ersetzt wird.

Von dem Verbot der Absenderverheimlichung sind dagegendiejenigen Spam-Mails erfasst, die überhaupt keine Anga-ben zur Identität des Versenders enthalten. Ein Fall der Ver-heimlichung liegt so insbesondere vor, wennl der Spammer die Absenderzeile im Header nicht ausge-

füllt,l der Header vollständig entfernt wird oderl der Spammer die Mail durch Versendung über einen

Remailer9) anonymisiert.Das Verbot der Verschleierung oder Verheimlichung derIdentität des Absenders in der Kopfzeile einer Mail kann

und soll das Gebot der Anbieterkennzeichnung nicht erset-zen oder für die Kopfzeile wiederholen. Der Versender wirdnicht verpflichtet, in gleicher Weise wie im Textkörperbereits in der Absendeadresse eine vollständige, eindeutigeund für jedermann erkennbare Identifizierung zu ermög-lichen. Dies wird aufgrund häufig kurz zu wählender Ab-sendeadressen auch technisch nicht möglich und auch nichtzweckmäßig sein. Die Adresse darf jedoch eine Identifizier-barkeit nicht bewusst behindern. Dies ist insbesondere dannder Fall, wenn die Adresse so gewählt wurde, dass keinerleiBeziehung zwischen der Absendeadresse und dem Absen-der erkennbar ist.

Die E-Mail-Adresse muss in der Kopfzeile nicht zwangsläu-fig einen Hinweis auf den tatsächlichen Versender derE-Mail enthalten. Der Begriff des Absenders ist vielmehrim weiten Sinne zu verstehen und ist nicht auf den Anbieterdes Teledienstes beschränkt. Ein Hinweis allein auf dieOrganisationseinheit, für die der Versender tätig ist (z. [email protected]) oder auf den Auftraggebergemäß § 7 Nr. 2 TDG stellt damit keine Verschleierungdes Absenders da.

b) Verbot der Verheimlichung oder Verschleierung deskommerziellen Charakters einer Mail in der Betreffzeile

Zahlreiche Spammer verwenden heute in der Betreffzeilebewusst irreführende Aussagen, um über den kommerziel-len Charakter der Nachricht zu täuschen und so eine mög-lichst hohe Öffnungsrate zu erreichen. Hieraus ergeben sichdie gleichen Probleme wie bei der Verheimlichung oderVerschleierung des Absenders. Neben der Kenntnis der Ab-senderidentität ist für den Empfänger einer elektronischenNachricht vor allem von Bedeutung, dass er kommerzielleMails schnell und eindeutig von anderen privaten odergeschäftlichen Nachrichten unterscheiden kann. Nur wenneiner elektronischen Nachricht unmissverständlich zu ent-nehmen ist, dass sie eine kommerzielle Kommunikationtransportiert, kann der Empfänger entscheiden, ob er dieMail öffnen, löschen oder in einem gesonderten Bereich sei-nes Postfachs ablegen will. Um für ihre Spam-Mails mög-lichst hohe Öffnungsraten zu erreichen, versuchen die Ab-sender auf vielfältigen Wegen, den Werbecharakter ihrerNachrichten zu verschleiern. Vor allem die folgenden Vari-anten tauchen dabei immer wieder auf:

l Die Angaben in der Betreffzeile deuten auf eine be-sondere Eilbedürftigkeit hin (z. B.: „letzte Mahnung“,„Achtung, besonders dringend!“);

l die Betreffzeile enthält Angaben, die bei dem Empfängereine besondere Drucksituation erzeugen sollen (z. B.„Ihr Strafverfahren Aktenzeichen XY“, „Kreditkarten-zahlung verweigert“ oder „Betr.: Schließung ihres Mail-Postfachs“);

l die Betreffzeile suggeriert, dass die Nachricht aus demprivaten Umfeld oder aber von einem Geschäftspartnerdes Empfängers stammt (z. B.: „Viele Grüße aus Dres-den!“);

l der Spamversender generiert automatisch eine „persön-liche“ Ansprache des Adressaten, wenn Namensbestand-teile aus der Empfängeradresse ersichtlich sind (z. B.:„Hello Mr. Schulte!“);

8) Allein im Bereich der Europäischen Union enthalten acht von zwölfder zurzeit vorliegenden Gesetzeswerke eine dem hier vorgeschlage-nen § 7 Nr. 3 TDG entsprechende Verbotsnorm.

9) Ein Remailer ist ein Onlinedienst zur Entpersonalisierung vonE-Mails. Der Remailer entfernt bei den an ihn übermittelten E-Mailsalle Daten, die Rückschlüsse auf den Absender zulassen (einige Re-mailerdienste fügen weiterhin neue, fiktive Informationen hinzu) undschickt sie an einen anderen Remailer weiter. Erst nachdem dieE-Mail eine vorher definierte Anzahl von Remailern durchlaufen hat,wird sie an den Empfänger zugestellt.

Drucksache 15/4835 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

l die Angaben in der Betreffzeile beginnen mit dem Text„Re:“ oder „AW“ und erwecken so den Eindruck, dieMail stelle die Antwort auf eine vorausgegangene Nach-richt des Empfängers dar.

Zwar sind bereits auf Grundlage der bestehenden Rechts-lage (§ 7 Nr. 1 TDG) Telediensteanbieter verpflichtet, kom-merzielle Kommunikationen klar als solche zu kennzeich-nen. Aus der bisherigen Formulierung geht jedoch für eineBußgeldbewehrung nicht hinreichend deutlich hervor, dassschon in der Betreffzeile der kommerzieller Charakter er-kennbar sein muss. Durch die Neuregelung wird eindeutigklargestellt, dass schon in der Betreffzeile der kommerzielleCharakter der Mail nicht verheimlicht oder verschleiertwerden darf. Hieraus folgt, dass der Versender keinerlei An-gaben in der Betreffzeile machen darf, die den Adressatenüber den tatsächlichen kommerziellen Charakter der Nach-richt täuschen.

Gemäß § 7 Nr. 3 Satz 2 liegt ein Verschleiern oder Verheim-lichen insbesondere dann vor, wenn die Kopf- oder Betreff-zeile absichtlich so gestaltet ist, dass der Empfänger vorEinsichtnahme in den Inhalt der Kommunikation keine oderirreführende Informationen über die tatsächliche Identitätdes Absenders oder den kommerziellen Charakter der Nach-richt erhält. Dem Versender der Nachricht muss es also beiGestaltung der Kopf- oder Betreffzeile darauf ankommen,seine Identität oder den kommerziellen Charakter der Nach-richt zu verheimlichen oder zu verschleiern, z. B. um dieÖffnungsrate der Nachricht zu erhöhen oder um seine Iden-tifizierung zu erschweren. Mit dieser Anforderung an diesubjektive Tatseite soll vermieden werden, dass insbeson-dere kleine und mittlere Unternehmen als Spammer sanktio-niert werden, wenn sie die Kopf- oder Betreffzeile lediglichaus Unkenntnis nicht hinreichend eindeutig formulieren,ohne hiermit eine Verschleierungs- oder Verheimlichungs-absicht zu verfolgen. Die subjektive Tatbestandsvorausset-zung des absichtsvollen Handelns gewährleistet, dass dieseNorm nur diejenigen erfasst, die sanktionswürdiges Unrechtbegehen.

Zu Nummer 2 (§ 12 Abs. 1 TDG)

a) Die bisher in § 12 Abs. 1 TDG enthaltene einzige Buß-geldbestimmung für den Fall eines Verstoßes gegen diePflicht zur Anbieterkennzeichnung gemäß § 6 Satz 1TDG wird nunmehr – inhaltlich unverändert – in § 12Abs. 1 Nr. 1 TDG geregelt.

b) Nach dem hier vorgeschlagenen § 12 Abs. 1 Nr. 2 TDGstellen auch Verstöße gegen das Verbot der Absender-verschleierung oder -verheimlichung aus § 7 Nr. 3 TDGeine Ordnungswidrigkeit dar, die gemäß § 12 Abs. 2TDG mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro geahndetwerden kann. Die Einführung dieses Bußgeldtatbe-standes bildet den in der Versendung von Spam-Mailsliegenden Unwertgehalt adäquat ab: Der Spammer wirdklar und nachhaltig sanktioniert, aber nicht kriminalisi-ert. Für die Wahl dieser Regelungstiefe spricht auch derVergleich mit anderen für den Bereich rechtswidrigerWerbung einschlägigen Vorschriften. Auch die Versen-dung unzulässiger Werbung auf dem Post- oder Tele-kommunikationsweg löst nicht grundsätzlich die (wett-bewerbsrechtliche) Strafbarkeit des Handelnden aus. DerWerbende macht sich gemäß § 16 UWG vielmehr nur

dann strafbar, wenn zu dem Umstand der Versendung einweiterer Unwertgehalt hinzutritt, so etwa das wahrheits-widrige Versprechen besonderer Vorteile.10)

Daneben kann nach der Neuregelung des § 12 Abs. 1Nr. 2 TDG gegen den Versender einer Spam-Mail eineGeldbuße verhängt werden, wenn dieser den kommerzi-ellen Charakter seiner Nachricht in der Betreffzeile ver-heimlicht oder verschleiert. Ein Verstoß gegen das Gebotder Erkennbarkeit einer kommerziellen Kommunikationgemäß § 7 Nr. 1 TDG war bislang nicht sanktioniert. Beider Einführung der Bußgeldnorm des § 12 TDG im Jahre2001 im Zuge der Umsetzung der E-Commerce-Richt-linie wurde auf einen Einbezug von Verstößen gegen dieAnbieterpflichten aus § 7 TDG verzichtet. Grund hierfürwar der Umstand, dass ein gegen § 7 TDG verstoßenderAnbieter bereits gemäß § 13 UWG a. F. auf Unterlassungund Schadensersatzzahlung verklagt werden konnte,während ein Verstoß gegen § 6 TDG nicht zwangsläufigden Anwendungsbereich des UWG eröffnete.11) Seit derEinführung des § 12 TDG hat die Problematik uner-wünschter Massen-Mails nach Art und Umfang jedocheine völlig neue Dimension erreicht. Diese macht eserforderlich, einigen Rechtspflichten des § 7 TDG nun-mehr nicht nur wettbewerbsrechtlich, sondern auch mitden Instrumentarien des OrdnungswidrigkeitenrechtsGeltung zu verschaffen.Die Einführung eines Bußgeldtatbestandes für Verstößegegen das Verschleierungs- oder Verheimlichungsverbotermöglicht es ferner, einen weiten Kreis der Beteiligtenund insbesondere vom Spamming profitierende Auftrag-geber von der Sanktionsnorm zu erfassen. Nach dem imOrdnungswidrigkeitenrecht maßgeblichen einheitlichenTäterbegriff erfüllt auch die Person den Tatbestand einerBußgeldvorschrift, die das ordnungswidrige Verhalteneines anderen wissentlich durch physische oder psy-chische Unterstützung mitverursacht hat, § 14 OWiG.12)Damit erfasst der neue Bußgeldtatbestand über denunmittelbar handelnden Spammer hinaus grundsätzlichauch die Personen, die das Spamming in Auftrag gege-ben oder in irgendeiner sonstigen Weise gefördert haben.Mit der Sanktionierung der Auftraggeber werden geradedie Personen in den Kreis der Ordnungspflichtigen ein-bezogen, die den entscheidenden wirtschaftlichen Anreizfür die Versendung unerwünschter elektronischer Mailsliefern.Des Weiteren ermöglicht es die Ausgestaltung der Sank-tionsnorm als Bußgeldtatbestand auch, nicht nur natür-liche, sondern auch juristische Personen und rechts-fähige Personengesellschaften für ein bußgeldbewehrtesVerhalten eines ihrer Organe haftbar zu machen (§ 30OWiG).

10) Dann liegt neben der Belästigung der Werbeempfänger zusätzlicheine Vermögensgefährdung – und damit eine eigenständige, weitereRechtsgutsverletzung der Betroffenen – vor, die die Eröffnung desstrafrechtlichen Handlungsinstrumentariums rechtfertigt.

11) Vgl. dazu Bundestagsdrucksache 14/6098, Seite 26.12) Vgl. Bay ObLG NStZ 1999, 627; OLG Köln wistra 1990, 116.

Der ordnungswidrigkeitenrechtliche Täterbegriff erfasst damit so-wohl Mittäter und mittelbare Täter als auch Anstifter und Gehilfen imSinne des Strafgesetzbuches, vgl. dazu Göhler, OWiG, 13. Aufl.,§ 14 Rdn. 1 ff.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/4835

Schließlich ist der in § 12 Abs. 2 TDG bislang für Ver-stöße gegen § 6 Satz 1 TDG vorgesehene Sanktionsrah-men auch im Hinblick auf die neue Bußgeldvorschriftangemessen. Danach kann für jeden Fall eines Verstoßeseine Geldbuße bis zu 50 000 Euro verhängt werden.13)Eine Geldbuße in diesem Rahmen, die sich durch wie-derholte Verstöße noch erheblich erhöhen kann, istgeeignet, einen nachhaltigen Anreiz zur Erfüllung derVorgaben aus § 7 Nr. 3 TDG zu schaffen. Dies entsprichtauch der Gewichtung der Anti-Spam-Gesetze der ande-ren Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Diesesehen für die Sanktionierung von Spam-Mails überwie-gend Sanktionszahlungen zwischen 3 000 bis 300 000Euro vor.

Artikel 2Dieser Artikel regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

13) Es sind mehrere Fallgestaltungen denkbar, in denen ein Spammer denBußgeldtatbestand des § 12 Abs. 1 Nr. 2 TDG (Verstoß gegen dasVerbot der Absenderverschleierung) zeitgleich mit dem Tatbestanddes § 12 Abs. 1 Nr. 1 TDG (Verstoß gegen das Gebot der Anbieter-kennzeichnung) verwirklicht. Zum einen kommt in Betracht, dass dieVerschleierung des Absenders gerade dadurch bewirkt wird, dass derSpammer seiner Mail keine oder nur eine unvollständige Anbieter-kennzeichnung anfügt. In diesem Fall wird der Verstoß gegen dasAbsenderverschleierungsverbot aus § 7 Nr. 2 TDG den Verstoßgegen die allgemeine Kennzeichnungspflicht aus § 6 Satz 1 TDGjedoch regelmäßig im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängen:§ 12 Abs. 1 Nr. 2 TDG ist insoweit die speziellere Norm, da nebendie Verletzung der allgemeinen Kennzeichnungspflicht der zusätz-liche Umstand tritt, dass hier ein Anbieter im Rahmen einer kommer-ziellen Kommunikation gehandelt hat. Ein eigener Unwertgehaltkommt dem Verstoß gegen § 6 Satz 1 TDG daneben nicht mehr zu.Enthält eine Spam-Mail neben dem Fehlen der Anbieterkennzeich-nung hingegen noch weitere über den Absender täuschende Elemente(z. B. Falschangaben im Header), so treten die beiden Rechtsverlet-zungen nebeneinander, da sie unterschiedliche Angriffsrichtungenverfolgen: Die Irreführung im Rahmen des Headers zielt darauf, denEmpfänger überhaupt erst zur Öffnung einer Werbemail zu veranlas-sen. Das Weglassen der Anbieterkennzeichnung hingegen ist daraufgerichtet, dem Empfänger nach der Öffnung rechtliche Gegen-maßnahmen zu erschweren. Zur Klarstellung des unterschiedlichenUnrechtsgehalts stehen beide Gesetzesverletzungen im Wege derTateinheit nebeneinander. Es wird aber gemäß § 19 OWiG nur eineeinheitliche Geldbuße verhängt.

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ISSN 0722-8333