GPS Analogieexperiment - dp.ruhr-uni-bochum.de · GPS Analogieexperiment Einleitung Das Global...

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Didaktik der Physik, Ruhr-Universität Bochum, www.dp.rub.de GPS Analogieexperiment Einleitung Das Global Positioning System (GPS) erlangt zunehmende Bedeutung in vielen technischen Anwendungen. Im täglichen Leben begegnen Schülerinnen und Schüler dem GPS z. B. bei der Navigation im Auto. Um anschaulich zu erklären, wie die Standortbestimmung mit dem GPS prinzipiell funktioniert, wurde ein akustisches Analogieexperiment entwickelt: Die Satelliten werden durch drei ortsfeste Lautsprecher repräsentiert, die Signale bekannter hörbarer Frequenz aussenden. Der synchronisierte Empfänger ist mit einem Mikrofon ausgestattet und kann nach Empfangen der Signale mithilfe der erfassten drei Laufzeiten seine Position errechnen. Im Folgenden wird dieses einfach nachbaubare Tischexperiment mit seinen Funktionsweisen vorgestellt. Da es bei der Behandlung im Physikunterricht von großer Bedeutung ist, dass die Schülerinnen und Schüler die Grenzen dieser Analogie erkennen und beurteilen können, wird das Experiment abschließend mit der realen GPS-Navigation ausführlich verglichen. Aufbau Oberhalb der Ecken eines Tisches werden drei Lautsprecher auf derselben Höhe fixiert. Sie repräsentieren im Analogieexperiment die GPS-Satelliten. Zur Ortung eines Modellautos auf dem Tisch senden die Lautsprecher akustische Signale bekannter Frequenz aus. Ein am Modellauto befestigtes Mikrofon erfasst diese Signale und erfüllt somit die Funktion des GPS-Empfängergeräts. Die Lautsprecher und das Mikrofon sind mit einem Controller verbunden. Dieser ist so programmiert, dass er die von den Lautsprechern auszusendenden Signale steuert und zusätzlich erfasst, wenn vom Mikrofon Geräusche registriert werden. Zudem verfügt der Controller über einen Timer, der es ermöglicht, die zu messenden

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Didaktik der Physik, Ruhr-Universität Bochum, www.dp.rub.de GPS Analogieexperiment Einleitung Das Global Positioning System (GPS) erlangt zunehmende Bedeutung in vielen technischen Anwendungen. Im täglichen Leben begegnen Schülerinnen und Schüler dem GPS z. B. bei der Navigation im Auto. Um anschaulich zu erklären, wie die Standortbestimmung mit dem GPS prinzipiell funktioniert, wurde ein akustisches Analogieexperiment entwickelt: Die Satelliten werden durch drei ortsfeste Lautsprecher repräsentiert, die Signale bekannter hörbarer Frequenz aussenden. Der synchronisierte Empfänger ist mit einem Mikrofon ausgestattet und kann nach Empfangen der Signale mithilfe der erfassten drei Laufzeiten seine Position errechnen. Im Folgenden wird dieses einfach nachbaubare Tischexperiment mit seinen Funktionsweisen vorgestellt. Da es bei der Behandlung im Physikunterricht von großer Bedeutung ist, dass die Schülerinnen und Schüler die Grenzen dieser Analogie erkennen und beurteilen können, wird das Experiment abschließend mit der realen GPS-Navigation ausführlich verglichen. Aufbau

Oberhalb der Ecken eines Tisches werden drei Lautsprecher auf derselben Höhe fixiert. Sie repräsentieren im Analogieexperiment die GPS-Satelliten. Zur Ortung eines Modellautos auf dem Tisch senden die Lautsprecher akustische Signale bekannter Frequenz aus. Ein am Modellauto befestigtes Mikrofon erfasst diese Signale und erfüllt somit die Funktion des GPS-Empfängergeräts. Die Lautsprecher und das Mikrofon sind mit einem Controller verbunden. Dieser ist so programmiert, dass er die von den Lautsprechern auszusendenden Signale steuert und zusätzlich erfasst, wenn vom Mikrofon Geräusche registriert werden. Zudem verfügt der Controller über einen Timer, der es ermöglicht, die zu messenden

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Laufzeiten (siehe „Ermittlung der Laufzeiten“) zu stoppen. Auch die Berechnung der Koordinaten der Position des Autos auf dem Tisch aus den Laufzeiten (siehe „Berechnung der Position aus den Ergebnissen“) kann nach entsprechender Programmierung vom Controller übernommen werden. Um alle gesuchten Größen direkt ablesen zu können, ist der Controller an ein LCD-Display angeschlossen. Ermittlung der Laufzeiten

Um die Position des Modellautos auf dem Tisch zu bestimmen, werden die Laufzeiten der von den Lautsprechern ausgesendeten Signale zum Mikrophon gemessen. Dies geschieht folgendermaßen: Zu Beginn wird durch den Controller der Timer gestartet und ein „Knackimpuls“ an den ersten Lautsprecher gesendet. Sobald das Signal das Mikrofon erreicht, wird durch den Controller der Timer gestoppt, wodurch die erste Laufzeit erfasst wird. Um die anderen beiden Laufzeiten zu messen, wird auf dieselbe Weise mit den anderen Lautsprechern verfahren, wobei zwischen den Messungen stets etwa 200 ms pausiert wird, um etwaige Störungen zu vermeiden. Somit erhält man drei Laufzeiten, aus denen sich die Position des Modellautos auf der Tischplatte berechnen lässt (siehe unten).

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Berechnung der Position aus den Ergebnissen

Für jede gemessene Laufzeit Δt (siehe oben) kann mithilfe der Schallgeschwindigkeit c der entsprechende Laufweg L berechnet werden:

Insgesamt ergeben sich somit aus den Messergebnissen drei Laufwege: L1, L2 und L3. Die Abbildung stellt die Geometrie des Versuchsaufbaus dar. Dabei sind b die Tischbreite, l die Tischlänge, h die Höhe der Mikrophone über der Tischebene, Li die jeweiligen Laufwege und xmic, ymic und zmic die Koordinaten des Mikrophons. Der Nullpunkt des Koordinatensystems befindet sich in der linken Tischecke. Anhand einfacher Vektorbetrachtungen lassen sich aus den Laufwegen Li die gesuchten Koordinaten xmic, ymic und zmic bestimmen, denn es gilt:

Es ergibt sich also ein Gleichungssystem mit drei Gleichungen und drei Unbekannten. Dieses lässt sich durch nähere Betrachtung der Geometrie des Aufbaus vereinfachen, denn es gilt:

, , Mithilfe der Definition des Betrags ergibt sich schließlich folgendes Gleichungssystem:

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Man erhält als Lösung:

Da für die z-Koordinate nur die Lösung

sinnvoll ist (ansonsten würde sich die entsprechende Position oberhalb der Lautsprecher befinden), ist die Position eindeutig bestimmt. Ergänzung: Verknüpfung mit Live-Tracking-Software

Schließt man den Controller über eine serielle Schnittstelle an einen PC an, ist es mithilfe einer Live-Tracking-Software (z.B. Google Earth Plus) möglich, den Ort des Modellautos über seine Koordinaten direkt als Standpunkt auf einer Landkarte angegeben. Dies geschieht, indem der Tischebene eine real existierende Landschaft zugeordnet wird. Rechnet man dann die Koordinaten auf dem Tisch in die Koordinaten der entsprechenden Landschaft um, kann die Position des Modellautos auf einer Landkarte angezeigt werden (siehe Abbildung). Analogie zur GPS-Navigation Um die Tragweite der Analogie sinnvoll einschätzen zu können, ist in folgender Tabelle ein Vergleich zwischen Analogie- und Originalsystem aufgeführt: Eigenschaft Analogiesystem Originalsystem (GPS)

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Wellentyp Schallwellen Elektromagnetische Wellen

Frequenz 3,076 kHz 1220 - 1600 MHz Sender Lautsprecher Satellitenantenne

Geographie Tischebene (auch dreidimensional) Erde

Empfänger Mikrophon GPS-Empfangsgerät

Anzahl der Signalgeber

3 (Für die Standortbestimmung in der Ebene genügen 2 Signale.)

ca. 30 (Für die Standortbestimmung genügen 4 Signale.)

Eigenschaft Analogiesystem Originalsystem (GPS)

Synchronisation über eine „äußere“ Uhr über das Senden eines zusätzlichen Signals

Takt der Signalaussendung

0,2 s zwischen zwei Lautsprechersignalen eines Zyklus 0,6 s zwischen den Zyklen

0,002 s

Position der Signalgeber ortsfest beweglich

Signalverarbeitung Aussenden und Empfangen der 3 Signale nacheinander (seriell)

Gleichzeitiges Senden und Empfangen der Signale (parallel)

Abstand zwischen Sender und Empfänger

ca. 1m ca. 20.000 km

Genauigkeit der Positionsbestimmung 1 cm 10 m

Publikation Priemer, B., Schmidt, T. & Sniezyk, J. (2009). GPS-Navigation – ein akustisches Analogieexperiment. Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht, 6/62, 346-350