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Handbuch diagnostische Radiologie Herausgeber: Jürgen Freyschmidt, Bremen

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Handbuch diagnostische Radiologie

Herausgeber:Jürgen Freyschmidt, Bremen

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A. Stäbler (Hrsg.)

Handbuchdiagnostische Radiologie

MuskuloskelettalesSystem 2

Mit Beiträgen von:

K. Bohndorf, K.-H. Bühne, R. Erlemann, J. Freyschmidt, G. Layer, K. Wörtler

Mit 522 Abbildungen in 952 Einzeldarstellungen

123

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PD Dr. med. Axel StäblerRadiologie in München HarlachingGrünwalder Straße 7281547 München

ISBN 3-540-41425-8Springer Berlin Heidelberg New York

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21/3150 Di – 5 4 3 2 1 0Gedruckt auf säurefreiem Papier

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Ein Handbuch ist der Definition nach ein zusam-menfassendes, in der Regel mehrbändiges Werk übereine Wissenschaft oder ein spezielles wissenschaft-liches Gebiet. Kann ein solches Werk noch Bestandhaben in einer Zeit, in der sich wissenschaftliche Erkenntnisse mit nahezu unvorstellbarer Geschwin-digkeit entwickeln und wandeln?

Die Herausgeber und Autoren dieses Handbuchsbejahen diese Frage; sie halten es geradezu für not-wendig,eine fundierte Standortbestimmung über diediagnostische Radiologie in einem Rahmen abzuge-ben, der für die praktischen Belange dieses – nebender klinischen Pathologie – wichtigsten diagnosti-schen Schlüsselfachs prinzipiell einen Wertbestandvon etwa 8–10 Jahren besitzen soll. Dabei wurde bedacht, dass sich in diesem Zeitraum zwar unter-suchungstechnische Modalitäten, besonders bei derMRT und CT, durchaus ändern werden, dass aber dasPrinzip der Darstellungsmöglichkeiten von krank-haften Veränderungen bestimmter Organe oder Or-gansysteme weitgehend unverändert bleibt; denn dieden Krankheiten zugrunde liegenden pathologisch-anatomischen Veränderungen selbst ändern sich jakaum!

Die rasche Entwicklung und den Wandel von ätio-logischen, pathogenetischen und therapeutischenErkenntnissen kann und muss man in wissen-schaftlichen Zeitschriften und ggf. aktuellen Mono-graphien verfolgen; doch wird man das Neue nurdann verstehen und nutzen können, wenn man durcheinen soliden Wissensfundus darauf vorbereitet ist.Dazu soll dieses Handbuch mit seinem besonderenKonzept der Wissensvermittlung beitragen. Es orien-

Vorwort

Eine fortlaufende Optimierung der bildlichen Darstellung krankhafter Organver-änderungen erfordert ein sich ständig verbreiterndes medizinisches Wissen.

tiert sich an Organen oder Organsystemen mit ihrenErkrankungen, die jeweils bestimmte radiologischeUntersuchungsstrategien erfordern (z. B. mit Hilfeder Projektionsradiographie, CT, MRT, Ultraschall,ggf. Szintigraphie).

In den jeweiligen Hauptkapiteln findet sich zu-nächst eine Darstellung der Normalanatomie und ihrer wesentlichen Varianten – bezogen auf die ein-zelnen Darstellungsmodalitäten; dann folgt ein Ka-pitel über die systematische Bildanalyse. Die Kapitelüber die einzelnen Krankheitsentitäten (Fehlbildun-gen, traumatische und entzündliche Veränderungen,Tumoren und sonstige Störungen) sind einheitlichnach folgenden Themen aufgebaut:

– pathologisch-anatomische Grundlagen(zum Verständnis der radiologischen Befunde),

– klinische Symptomatik,– charakteristische radiologische Symptome

und ihre Differentialdiagnose.– Jedes Kapitel schließt mit Empfehlungen zur

Untersuchungsstrategie und zusammenfassendenMerksätzen.

Der rote Faden, der sich durch das gesamte Werkzieht, ist die synoptische Betrachtungsweise von klini-schen und mit Hilfe der Radiologie erkennbaren pa-thologisch-anatomischen und funktionellen Verän-derungen. Eine dem Patienten nützliche Diagnostikkann im Übrigen nur aus der Fusion von technischerEntwicklung und einem angepassten medizinischenWissen um das Wesen und die Vielfalt von Krankhei-ten gelingen.

Im Frühjahr 2001

Für die Herausgeber und Autoren J. Freyschmidt, Bremen

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Die Darstellungsmöglichkeiten des muskuloskeletta-len Apparats sind durch die Magnetresonanztomo-graphie (MRT) enorm erweitert worden. Damit hatsich auch das Spektrum von Krankheitsentitäten, dieder Radiologe kennen sollte, erheblich verbreitert.Deshalb gilt: „Seeing better must be paired with knowing more“.

Mit dieser Entwicklung, die zwangsläufig in einezunehmende Subspezialisierung in der muskuloske-lettalen Diagnostik führt, hat sich gleichzeitig eineVeränderung der radiologischen Untersuchungsstra-tegien bei den einzelnen Krankheitsentitäten voll-zogen, der es Rechnung zu tragen gilt. Der Aufbau derKapitel folgt der bewährten Grundstruktur der ande-ren Bände dieses Handbuchs diagnostische Radio-logie (pathologisch-anatomische Grundlagen, klini-sche Symptomatik, radiologische Symptome und ihre Differentialdiagnose).

Auch in Band 2 des Muskuloskelettalen Systems haben sich Kapitel ergeben, die als „Buch im Buch“bezeichnet werden können. Die umfassende Darstel-lung zur Diagnostik entzündlicher Knochenerkran-kungen beinhaltet neben den klassischen infektiösenauch die seltenen, primär chronischen Osteomye-

Vorwort

litiden und den M. Paget. In diesem Kapitel wird kla-re Definitionsarbeit geleistet und – bedingt durchneue Erkenntnisse – werden überholte Begriffe derSkelettradiologie beerdigt.

Das umfangreiche und sorgfältig zusammenge-stellte Kapitel über die Knochentumoren und tumor-ähnlichen Knochenläsionen sowie das Kapitel Tu-moren und tumorähnliche Läsionen der Gelenkestellen in modernster Weise den aktuellen Stand desWissens und der Diagnostik dieser seltenen, aber ausdifferenzialdiagnostischer Sicht sehr wichtigen Er-krankungen dar. Ohne die zentrale Bedeutung derProjektionsradiographie zu vernachlässigen, wirdder Beitrag der MRT in der Differenzialdiagnose und beim Staging dieser Erkrankungen unter Ver-wendung eines hervorragenden Bildmaterials her-vorgehoben.

Wir, die Autoren, wünschen uns, dass die vorlie-genden muskuloskelettalen Bände über die Lösungkonkreter diagnostischer Probleme hinaus Lesefreu-de bereiten und Motivation zur weiteren Vertiefungin diese spannende Thematik der diagnostischen Radiologie hervorrufen.

Im Januar 2005

Für die AutorenPD Dr. med. A. Stäbler, München

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4 Entzündliche Erkrankungen 14.1 Osteomyelitis 1

K. Bohndorf, K.-H. Bühne4.1.1 Akute Osteomyelitis 44.1.2 Chronische Osteomyelitis 154.1.2.1 Primär chronische Osteomyelitis 154.1.2.2 Chronisch exogene Osteomyelitis 174.1.3 Sonderformen der Osteomyelitis 294.1.4 Infektiöse Spondylitis

und Spondylodiszitis 384.1.5 Skeletttuberkulose einschließlich

Spondylitis 494.1.6 Seltene Knocheninfektionen 564.1.6.1 Bakterien 564.1.6.2 Pilze 664.1.6.3 Viren 704.1.6.4 Parasiten 71

Literatur 744.2 Chronisch rekurrierende multifokale

Osteomyelitis 81Literatur 87

4.3 Ostitis deformans Paget 88J. FreyschmidtLiteratur 123

5 Knochentumoren 125R. Erlemann, K. Wörtler

5.1 Diagnostik und Therapie 1255.1.1 Aufgabe der Radiologie 1265.1.1.1 Detektion und Diagnosestellung 1275.1.1.2 Staging 1555.1.1.3 Rezidivdiagnostik 1645.1.2 Therapie 1655.1.2.1 Chirurgisches Staging 1655.1.2.2 Chirurgische Therapie 1665.1.2.3 Chemotherapie 167

Literatur 1685.2 Knochenbildende Tumoren 1705.2.1 Benigne Tumoren 1705.2.1.1 Osteom 1705.2.1.2 Osteoidosteom 1725.2.1.3 Osteoblastom 1805.2.2 Maligne Tumoren 1855.2.2.1 Konventionelles Osteosarkom 186

5.2.2.2 Teleangiektatisches Osteosarkom 1945.2.2.3 Kleinzelliges Osteosarkom 1985.2.2.4 Osteoblastomähnliches Osteosarkom 1985.2.2.5 Niedrig malignes Osteosarkom 1995.2.2.6 Periostales Osteosarkom 2015.2.2.7 Parossales Osteosarkom 2025.2.2.8 Hoch malignes

Oberflächenosteosarkom 2085.2.2.9 Extraossäres Osteosarkom 209

Literatur 2105.3 Knorpelbildende Tumoren 2125.3.1 Benigne Tumoren 2125.3.1.1 Enchondrom 2125.3.1.2 Juxtakortikales Chondrom 2195.3.1.3 Enchondromatose 2215.3.1.4 Osteochondrom 2235.3.1.5 Chondroblastom 2295.3.1.6 Chondromyxoidfibrom 2345.3.2 Maligne Tumoren 2375.3.2.1 Zentrales Chondrosarkom 2385.3.2.2 Dedifferenziertes Chondrosarkom 2475.3.2.3 Peripheres Chondrosarkom 2495.3.2.4 Klarzellchondrosarkom 2515.3.2.5 Mesenchymales Chondrosarkom 2545.3.2.6 Juxtakortikales Chondrosarkom 2555.3.2.7 Extraossäres Chondrosarkom 256

Literatur 2575.4 Bindegewebebildende Tumoren 2605.4.1 Benigne Tumoren 2605.4.1.1 Benignes fibröses Histiozytom 2605.4.1.2 Desmoplastisches Fibrom 2605.4.2 Maligne Tumoren 2635.4.2.1 Fibrosarkom 2635.4.2.2 Malignes fibröses Histiozytom 2665.4.2.3 Leiomyosarkom 271

Literatur 2715.5 Myelogene Tumoren 2725.5.1 Benigne Tumoren 2725.5.1.1 Intraossäres Lipom 2725.5.2 Maligne Tumoren 2755.5.2.1 Ewing-Sarkom 2755.5.2.2 Myelom (Plasmozytom) 2865.5.2.3 Liposarkom 2905.5.2.4 Morbus Hodgkin 290

Inhalt

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5.5.2.5 Non-Hodgkin-Lymphom 2915.5.2.6 Leukämie 295

Literatur 2975.6 Vaskuläre Tumoren 2995.6.1 Benigne vaskuläre Tumoren 2995.6.1.1 Hämangiom 2995.6.1.2 Zystische Angiomatose 3035.6.1.3 Lymphangiom 3055.6.1.4 Gorham-Stout-Erkrankung

("vanishing bone disease") 3055.6.1.5 Glomustumor 3055.6.2 Maligne vaskuläre Tumoren 3065.6.2.1 Hämangioendotheliom

und Hämangioendothelsarkom 3065.6.2.2 Hämangioperizytom 308

Literatur 3105.7 Andere Knochentumoren 3115.7.1 Benigne Tumoren 3115.7.1.1 Riesenzelltumor 3115.7.2 Maligne Tumoren 3185.7.2.1 Chordom 3185.7.2.2 Adamantinom 322

Literatur 324

6 Skelettmetastasen 327G. Layer

6.1 Pathogenese 3276.2 Häufigkeit und Lokalisation

von Skelettmetastasen 3296.3 Klinik 3306.4 Radiologische Diagnostik 3306.4.1 Röntgenübersichtsaufnahme 3306.4.2 Computertomographie 3336.4.3 Magnetresonanztomographie 3336.5 Verlaufsbeurteilung 3356.6 Differentialdiagnose 335

Literatur 338

7 Tumorähnliche Läsionen 339R. Erlemann

7.1 Nicht-ossifizierendes Knochenfibrom 3397.2 Solitäre Knochenzyste 3457.3 Aneurysmatische Knochenzyste 3487.4 Ganglion 3547.5 Epidermoidzyste 3577.6 Fibröse Dysplasie 3587.7 Osteofibröse Dysplasie 3657.8 Langerhans-Zell-Histiozytose 3687.8.1 Eosinophiles Granulom 3687.8.2 Hand-Schüller-Christian-Erkrankung 3737.8.3 Abt-Letterer-Siwe-Erkrankung 3737.9 Diagnose-Schemata 374

Literatur 376

8 Tumoren und tumorähnliche Läsionen der Gelenke 379K. Wörtler

8.1 Allgemeine Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie 379

8.2 Pigmentierte villonoduläre Synovialitis 3808.3 Synoviale Osteochondromatose 3898.4 Synoviales Chondrom 3958.5 Synoviales Hämangiom 3978.6 Intraartikuläres Lipom

und Lipoma arborescens 4008.7 Ganglion und synoviale Zyste 4038.8 Synovialsarkom 4068.9 Synoviales Chondrosarkom 410

Literatur 412

Sachverzeichnis 415

InhaltX

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Bohndorf, Klaus, Prof. Dr. med.Klinik für Diagnostische Radiologie und NeuroradiologieKlinikum Augsburg, ZentralklinikumStenglinstraße 286156 Augsburg

Bühne, Karen-Helge, Dr. med.Klinik für Diagnostische Radiologie und NeuroradiologieKlinikum Augsburg, ZentralklinikumStenglinstraße 286156 Augsburg

Erlemann, Rainer, Prof. Dr. med.Chefarzt, AR AD NRInstitut für Radiologie, St. Johannes-HospitalAn der Abtei 7–1147166 Duisburg

Autorenverzeichnis

Freyschmidt, Jürgen, Prof. Dr. med.Direktor der Radiologischen KlinikZentralkrankenhausSt.-Jürgen-Straße28205 Bremen

Layer, Günter, Priv.-Doz. Dr. med.Zentralinstitut für Diagnostische und Interventionelle RadiologieKlinikum LudwigshafenBremserstraße 7967063 Ludwigshafen

Wörtler, Klaus, Priv.-Doz. Dr. med.Institut für RöntgendiagnostikKlinikum rechts der Isar, TU MünchenIsmaninger Straße 2281675 München

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4.1Osteomyelitis

K. Bohndorf, K.-H. Bühne

4.1.1 Akute Osteomyelitis 44.1.2 Chronische Osteomyelitis 154.1.2.1 Primär chronische Osteomyelitis 15

Brodie Abszess 154.1.2.2 Chronisch exogene Osteomyelitis 174.1.3 Sonderformen der Osteomyelitis 29

Osteomyelitis des „diabetischen Fußes“ 29Plasmazelluläre Osteomyelitis 32Sklerosierende, nicht eitrige Osteomyelitis Garré 33Muskuloskelettale Entzündungen bei HIV-Infektion 36

4.1.4 Infektiöse Spondylitis und Spondylodiszitis 384.1.5 Skeletttuberkulose einschließlich Spondylitis 49

Spondylitis tuberculosa 534.1.6 Seltene Knocheninfektionen 564.1.6.1 Bakterien 56

Brucellose 56Syphilis 59Lepra 63Salmonellose 64Aktinomykose 66

4.1.6.2 Pilze 66Kryptokokkose 66Blastomykose 67Kokzidioidomykose 67Sporotrichose 67Histoplasmose 67Aspergillose 67Candidose 68Madurafuß 68

4.1.6.3 Viren 70Röteln 70Zytomegalievirus (CMV) 71

4.1.6.4 Parasiten 71Echinokokkose 71Literatur 74

4.2 Chronisch rekurrierende multifokale Osteomyelitis 81Literatur 87

4.3 Ostitis deformans Paget 88J. Freyschmidt

4.3.1 So genannte juvenile Paget-Erkrankung 121

Literatur 123

Die Autoren danken Herrn Prof. Dr. J. Sciuk, Augs-burg, für wichtige Hinweise zur nuklearmedizini-schen Diagnostik.

DefinitionDer Begriff Osteomyelitis wird verwendet, um eineInfektion des Knochens und des Knochenmarks zubeschreiben (Hass u. McAndrew 1996).

Im chirurgischen Sprachgebrauch hält sich auch derBegriff der Osteitis, der eine alleinige Entzündung derKortikalis bezeichnet. Dieses ist sicher ein möglicherAusgangspunkt einer erregerinduzierten Entzündung(Resnick 2002 a). Allerdings ist die klinische, patholo-gisch-anatomische und vor allem bildgebende Abgren-zung zur Osteomyelitis sehr schwierig, sodass unterpraktischen Gesichtspunkten der Begriff eher verwen-det werden sollte,um eine entzündliche Mitbeteiligungbzw. Reaktion des Knochens im Rahmen von Weich-teil- oder periostalen Infektionen zu beschreiben. Zu-dem ist zu beachten, dass der Begriff der Osteitis, imBesonderen aber auch der Begriff der Periostitis einerReihe nichtinfektiöser, dennoch mit Entzündungeneinhergehenden Erkrankungen zugeordnet ist. Zudenken ist an die ankylosierende Spondylitis, diePsoriasisosteoarthropathie und das Reiter-Syndrom.

Der (sub-)periostale Raum ist ein möglicher Ortder Inokulation von Erregern (Delling 1997), sodassder Begriff der infektiösen Periostitis zwar pathoana-tomisch korrekt, aber kaum gebräuchlich ist.

Die Weichteilinfektion ist klar definiert als Infektionaller anatomischen Strukturen außerhalb des Kno-chens und der Gelenke, genauer der Haut, des Subku-tangewebes, der Muskeln, Faszien, Sehnen und Bursen.

Die septische Arthritis ist eine isolierte Infektionder Synovia und der Synovialmembran.

Bis heute hat sich kein allgemein akzeptiertes unduniversell anwendbares Einteilungssystem der Osteo-myelitis herausgestellt, das in der Lage wäre, Ätiolo-gie, therapeutische Strategie und Prognose zu einemSystem zu verbinden (Laughlin et al. 1995). Statt des-sen sind es verschiedene Faktoren, die zu Einteilun-gen geführt haben.

PathogeneseEin häufig gebrauchtes Einteilungskriterium derOsteomyelitis ist der Mechanismus der Infektion.Eine endogen-hämatogene Knocheninfektion ist voneiner exogenen zu unterscheiden.Letztere umfasst dieDurchwanderung aus den Weichteilen oder Gelenken

Entzündliche Erkrankungen 4

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sowie die direkte Inokulation im Rahmen eines Trau-mas oder während einer Operation. Es besteht ein Zu-sammenhang zwischen der Pathogenese und demzeitlichen Verlauf der Krankheitsaktivität (s. unten).

Zeitlicher Verlauf der ErkrankungsaktivitätEine Osteomyelitis wird als akut bezeichnet, wenn einkurzfristiger Beginn der klinischen Symptome (inner-halb von Tagen) vorliegt und eine Therapie bisher nichtstattgefunden hat. Demgegenüber wird eine Osteo-myelitis als chronisch definiert, wenn die Symptomelänger als 4–6 Wochen bestanden, wenn ein Therapie-versuch keinen wesentlichen Erfolg hatte oder wenn die Osteomyelitis Folge einer offenen Fraktur oder ei-ner chirurgischen Prozedur ist (Munoz u.Bouza 1999).

Der Begriff der subakuten Osteomyelitis wirdüberwiegend in der englischsprachigen Literaturverwendet (Jones et al. 1987). Er reflektiert einen kli-nisch milderen, nichtseptischen Verlauf.

Der Brodie-Abszess in seiner unterschiedlichenklinischen Ausprägung ist ein klassisches Beispiel,dass eine Grenzziehung zwischen subakuter undchronischer Osteomyelitis nicht immer gelingt. Erkann entsprechend obiger Definition sowohl als sub-akut als auch als chronisch eingeteilt werden. Resnick(2002 a) weist ebenfalls darauf hin, dass eine scharfeTrennung, wie sie die obige Definition nahe legt, imklinischen Alltag nicht existiert.

Der klinische Verlauf der Osteomyeli-Merke !! tiden erfolgt in aller Regel nicht se-

quenziell, obwohl eine akute in eine subakute undchronische Osteomyelitis übergehen kann.

Eine inadäquate Therapie oder eine Resistenz des Er-regers gegen gebräuchliche Antibiotika mag dafürdie Ursache sein. Erreger können in kleinen Abszes-sen oder in Knochenfragmenten überleben und spä-ter wieder einen akuten Infektionsprozess auslösen.

KomorbiditätWesentliche Risikofaktoren für die Entstehung einerOsteomyelitis sind (Gillespie 1990):

∑ kontaminierte offene Frakturen,∑ eine vorangegangene Operation am Knochen

oder den umgebenden Weichteilen,∑ die Versorgung mit einer Prothese,∑ eine verzögerte Wundheilung und∑ vorangegangene Infektionen.

Patienten mit einer Hämoglobinopathie, z. B. der Si-chelzellenanämie, haben eine höhere Inzidenz an In-fektionen und ein anders geartetes Erregerspektrum(Blacksin et al. 2001). Die Bedeutung der Blutversor-gung für Häufigkeit und Lokalisation von Infektio-nen ist inzwischen anerkannt (Lew u. Waldvogel1997). Klassisches Beispiel ist die Osteomyelitis am

Fuß bei Patienten mit Diabetes mellitus und Neu-roosteoarthropathie.

ErregerspektrumDie Mehrzahl der Fälle einer Osteomyelitis wird vongrampositiven Bakterien, in erster Linie von Staphylo-kokken induziert (Tabelle 4.1). Gramnegative Bakte-rien sind häufiger bei der posttraumatischen undpostoperativen Osteomyelitis zu finden (Munoz u.Bouza 1999). Anaerobier oder ein gemischtes Erreger-spektrum sind bei Patienten mit reduzierter Blutver-sorgung, z. B. bei Diabetikern, zu erwarten. Die ver-schiedenen Mykobakterien sind auch in Europa heutenoch ein wichtiger Erreger, nicht nur einer Spondyli-tis, sondern auch einer Osteomyelitis der Röhrenkno-chen. Die Vielfalt der Erreger mit möglicher osteoar-tikulärer Beteiligung ist in Tabelle 4.1 dokumentiert.

ImmunkompetenzBei Menschen mit reduzierter Immunabwehr ist einehöhere Rate an Infektionen, die auch die Knochenbetreffen, die Folge. Dies gilt nicht nur für Patientenmit Malignomen und Chemotherapie. Bei Drogen-abhängigen sind atypische Lokalisationen der Kno-cheninfektion (Becken, Klavikula) häufiger. Gramne-gative Erreger wie Pseudomonas aeruginosa oderMykobakterien müssen bei dieser Patientengruppeals potenzielle Erreger gesucht werden.

Alter des PatientenAufgrund unterschiedlicher Häufigkeit, klinischer Ma-nifestation, Lokalisation und des Erregerspektrumswerden die (akute) Osteomyelitis des Neugeborenen,des Kindes- und Erwachsenenalters unterschieden.

LokalisationDie langen Röhrenknochen der unteren Extremitätsind häufiger betroffen als die der oberen Extremität,da ihre Blutversorgung geringer ist. Gleichzeitig sindsie stark gewichtsbelastet und haben einen reduzier-ten venösen Rückfluss (Munoz u. Bouza 1999).

ÄtiologieObwohl der Begriff Osteomyelitis ätiologisch eindeu-tig der Infektion des Knochens mit humanpathoge-nen Erregern zugeordnet ist, hat doch die klinischeBeobachtung und Forschung gezeigt, dass es Formender Osteomyelitis gibt, bei denen eine direkte endo-gene oder exogene Induktion durch Erreger nichtexistiert oder zumindest unwahrscheinlich ist.

Es ist eine Tatsache, dass – abgesehen Merke !! von der exogenen posttraumatischen,

postchirurgischen Osteomyelitis – die Mehrzahl derchronischen Osteomyelitiden keine bakteriell-häma-togene Ursache haben, sondern wohl eher als „reak-tiv“ (Schilling et al. 2002) anzusehen sind.

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen2

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4.1 Osteomyelitis 3

Tabelle 4.1. Humanpathogene Keime mit möglicher osteoartikulärer Manifestation

Skelett Gelenke Anmerkungen

BakterienGrampositive Kokken:

Staphylokokken + +Streptokokken + +

Gramnegative Kokken:Neisseria gonorrhoeae +Neisseria meningitidis (+)Kingella kingae + +

Gramnegative Stäbchen:Enterobacteriaceae

Escherichia coli + +Proteus mirabilis (+) +Klebsiella pneumoniae + +Salmonella spp. + +Shigella spp. + Reaktive ArthritisYersinia spp. (+) + Reaktive, sehr selten bakterielle ArthritisSerratia marcescens + +Campylobacter spp. + +Citrobacter diversus (+)

Pseudomonas aeruginosa + +Haemophilus influenzae + +Brucella spp. + + Reaktive ArthritisAeromonas spp. +Bartonella henselae +

Grampositive, nichtsporenbildende Stäbchen:Corynebacterium diphteriae (+) (+)

Grampositive, sporenbildende Stäbchen:Clostridium spp. + Weichteilinfektion steht im Vordergrund

Mykobakterien:Mycobacterium tuberculosis + +Mycobacterium bovis + + Heute seltenMycobacterium leprae + +

Spirochäten:Treponema pallidum + +Treponema pertenue + Verursacht Frambösie,

morphologisch identisch zum T. pallidumBorrelia burgdorferi + Reaktive Arthritis

Verschiedene:Actinomyces spp. (gerencseriae, israelii) + (+)Nocardia spp. +

Pilze:Cryptococcus neoformans + +Blastomyces spp. + +Coccidioides immitis + + Sowohl reaktive als auch septische Arthritis.

Nord- und SüdamerikaHistoplasma capsulatum, duboisii + + USA, AfrikaSporothrix Schenckii + +Candida spp. + +Aspergillus spp. + (+)

Viren:Rötelnvirus + + Skelettmanifestation nach intrauteriner

Rötelninfektion, aber auch nach ImpfungVaricella-Zoster-Virus (+) +Mumpsvirus +Epstein-Barr-Virus +Hepatitis-B- und -C-Virus +

Protozoen:Toxoplasma gondii (+) (+)

Helminthen:Echinococcus granulosus + +Echinococcus multilocularis + +

( ) = sehr selten; spp. = mehrere Spezies in der Gattung, ohne diese im Einzelnen benennen zu wollen.

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Es handelt sich um eine heterogene Gruppe von Enti-täten, die in der Literatur unter verschiedenen Be-zeichnungen Erwähnung finden.So z. B.als „chronischsklerosierende Osteomyelitis Garré“, „progressive os-teoblastäre Osteomyelitis“, „plasmazelluläre Osteo-myelitis“ (Exner 1970). In Abschn.4.2 wird ausgeführt,dass diese mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht direkterregerinduzierten Osteomyelitiden heute eher unterdem Dach des „SAPHO-Syndroms“ als Erkrankungdes rheumatischen Formenkreises zusammengeführtwerden. Dies gilt insbesondere für die „chronisch re-kurrierende, multifokale Osteomyelitis“.

4.1.1Akute Osteomyelitis

DefinitionDie akute Osteomyelitis stellt eine erregerinduzierteAllgemeinerkrankung mit Organmanifestation dar,die in der Regel primär im Markraum des Knochensauftritt. Abhängig vom Lebensalter werden

∑ die Säuglingsosteomyelitis,∑ die juvenile hämatogene Osteomyelitis und∑ die Osteomyelitis im Erwachsenenalter

unterschieden.

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenMakroskopisch besteht in der akuten Phase einegraurote Verfärbung des Knochens. Das eitrige Exsu-dat durchsetzt die Markräume, die Kortikalis undbreitet sich ggf. periostal weiter aus. Zunehmendkommt es in der Folge zur Destruktion der Spongio-sa und Kortikalis. In späteren Stadien beherrscht diebindegewebige Organisation und die reaktive Sklero-se des Knochens das Bild (Delling 1997).

Mikroskopisch ist die akute Osteomyelitis durchein leukozytäres Exsudat mit Fibrinabscheidungenund einem ausgeprägten Ödem charakterisiert. Die-ses durchsetzt die Markräume. Die betroffenen Kno-chenareale (Spongiosa, Kortikalis) werden durchmehrkernige Osteoklasten und segmentkernigeLeukozyten destruiert. Das Exsudat breitet sich inpräformierten Hohlräumen entlang der Volkmann-Kanäle und innerhalb des Haver-Systems der Korti-kalis weiter aus. Bei Durchtritt durch die Kortikaliskommt es zur Periostabhebung und – als Folge – zurperiostalen Knochenneubildung.

Mit dem Übergang der Entzündung in ein chroni-sches Stadium setzt die granulierende Reaktion mitBindegewebeproliferation und Kapillareinsprossungvom Rand her ein. Die Destruktion größerer Kno-chenareale führt zur Sequesterbildung. Unterschied-lich große knöcherne Fragmente werden aus ihrem

Mögliche Komplikationen und Folgen einer akuten Osteomyelitis∑ Knochennekrosen und Sequesterbildung∑ Rezidive, auch noch nach Jahren an der Stelle einer abgelau-

fenen Osteomyelitis mit Übergang in eine chronische Osteo-myelitis

∑ Multifokale Osteomyelitis: Mehrfachlokalisationen sind beiabwehrschwächender Grunderkrankung wie HIV-Infektion,Malignomen und Diabetes und vor allem im Säuglingsalternicht selten zu beobachten; insgesamt findet sich ein gleich-zeitiges, polytopes Auftreten bei etwa 7% aller hämatoge-nen Osteomyelitiden bei Kindern (Nelson 1990)

∑ Durchbruch durch die Kortikalis mit Entstehung einer Peri-ostitis und Ausbildung von subperiostalen Abszessen

∑ Übergreifen der Entzündung auf die benachbarten Weich-teile und Entstehung einer Weichteilphlegmone

∑ Änderung des Längenwachstums:Bei Übergreifen der Osteo-myelitis auf die Wachstumsfuge kann die Verkürzung desbetroffenen Knochens die Folge sein; hyperämiebedingtkann es aber auch zu einer vermehrten Knorpelproliferationmit überschießendem Längenwachstum kommen.

∑ Pathologische Frakturen

Verband gelöst und durch eine fehlende Vaskularisa-tion nekrotisch. Dies betrifft sowohl die Spongiosaals auch die Kortikalis (Delling 1997).

Staphylococcus aureus ist in 70–80% Merke !! verantwortlich für die akute Osteo-

myelitis (Staubach et al. 2000).

Bei Neugeborenen und bei Kleinkindern sind beta-hämolysierende Streptokokken die häufigsten Erre-ger. Kinder mit Sichelzellenanämie sind besondersempfänglich für Salmonella-enteridis-Infektionen(Epp et al. 1991). Bei Erwachsenen kommen Entero-bakterien, wie z. B. Escherichia coli, Pseudomonasaeruginosa und Serratia marcescens hinzu.

Die häufigsten Ausgangspunkte bei Säuglingensind Nabelschnurinfektionen, eitrige Pyodermien,Pemphigus oder otogene Entzündungen. Bei Er-wachsenen und Jugendlichen ist die Primärinfektionoft eine Angina tonsillaris, eine Otitis media, eineFurunkulose, Pneumonien, Abszesse, Thrombophle-bitiden, eine Pyelonephritis, Bisse von Haustierenund Insektenstiche (Dahl et al. 1998; Kammer et al.2000).

KlinikDie akute Osteomyelitis stellt eine Allgemeinerkran-kung dar, verläuft akut mit Fieber, Schüttelfrost undlokalen Schmerzen. Klinische Zeichen sind:

∑ Schonhaltung der betroffenen Extremität,∑ lokale Schwellung,∑ Rötung und Überwärmung des betroffenen Ab-

schnitts der Extremitäten.

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen4

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In den letzten Jahrzehnten hat sich die Tendenzverstärkt, dass fulminante septische Krankheitsbil-der seltener auftreten (Dormans u. Drummond 1994).

Laborchemisch findet sich eine Erhöhung der Ent-zündungsparameter (CRP, BSG, Leukozyten). In etwa50% der Fälle ist mit einer positiven Blutkultur zurechnen (Bonhoeffer et al. 2001).

Bei Patienten mit Sichelzellenanämie sind Kno-cheninfarkte ein loco minoris resistentiae, und eskann zu einer überlagernden akuten oder subakutenOsteomyelitis kommen (Blacksin et al. 2001; Frush etal. 1999).

� Lokalisation. Prinzipiell kann jeder Knochen be-troffen sein, die untere Extremität ist jedoch häufigerbefallen als die obere. Die Hauptlokalisationen sinddie Tibia und der Femur, und zwar überwiegend diedistalen und proximalen Enden des Schafts. Bei Kin-dern und Jugendlichen tritt die Osteomyelitis in derMetaphyse der langen Röhrenknochen auf, bei Säug-lingen vor allem epimetaphysär. Bei der oberen Ex-tremität ist hauptsächlich der Humerus betroffen.Seltenere Lokalisationen sind die Fibula, der Radiusund die Ulna. Bei Erwachsenen sind vorwiegend diekleineren Knochen befallen. Osteomyelitisherde inden Phalangen, besonders in den Fingern, sind infol-ge häufiger Infektionen im Handbereich, wie z. B.Panaritien, nicht selten. Im Stammskelettbereich sindhauptsächlich die Wirbelkörper betroffen.

Osteomyelitisherde in den Schädelknochen findetman bei fortgeleiteten Entzündungen im Bereich derSinus. Bei Zahnwurzelentzündungen, vor allem derMolaren, kann entsprechend die Mandibula mitbe-troffen sein.

� Säuglingsosteomyelitis. Die Säuglingsosteomyelitisist ein Akutfall der Kinderheilkunde. Die Klinik istgekennzeichnet durch einen akuten Verlauf mit ho-hem Fieber, Schonhaltung der betroffenen Extremi-tät und starkem lokalem Druckschmerz. Schwellung,Rötung und Überwärmung der Haut über dem be-troffenen Knochenabschnitt sind weitere klinischeZeichen einer Knochenentzündung. Die Diagnosegelingt, wie bei allen Osteomyelitiden, durch eine Zu-sammenschau von Klinik, Bakteriologie und bildge-benden Verfahren. Eine Gelenk- oder Knochenpunk-tion zum Erregernachweis ist regelhaft nicht notwen-dig. Die Säuglingsosteomyelitis gefährdet aufgrundder Blutversorgung der hoch verknorpelten Epiphyseüber die Metaphyse sehr schnell das Gelenk.

Beim Verdacht auf eine Säuglings-Merke !! osteomyelitis muss sofort mit einer

hochdosierten Therapie mit einem Breitbandanti-biotikum begonnen werden, und der Erregernach-weis (günstigenfalls gelingt dieser mit einer Blutkul-tur) darf nicht abgewartet werden.

Zusätzlich muss die betroffene Extremität ruhigge-stellt werden. Spricht die Antibiotikatherapie nichtan, ist eine rasche chirurgische Intervention erfor-derlich, sofern ein Abszess bildgebend bewiesen wer-den kann (Schwameis et al. 1996).

� Juvenile hämatogene Osteomyelitis. Die Besonder-heit der juvenilen hämatogenen Osteomyelitis ist ihre überwiegende Lokalisation in den Metaphysen.Die Erkrankung verläuft akut. Diagnose- und Thera-pieprinzipien gleichen denen der Säuglingsosteo-myelitis. Spricht der Patient nach 2–3 Tagen nicht aufdie konservative Therapie an oder finden sich bild-gebend große Abszesse, muss chirurgisch vorgegan-gen werden (Herdausräumung, Saug-Spül-Drainageusw.).Wachstumsstörungen, die aus einer im Kindes-oder Jugendalter erlittenen Osteomyelitis resultierenund die sich in Achsenabweichungen, Gelenkluxatio-nen oder Längendifferenzen manifestieren, sind injedem Fall zu behandeln.

� Akute hämatogene Osteomyelitis im Erwachsenen-alter. Diese Form wird zunehmend häufiger diagnos-tiziert. Sie betrifft in erster Linie die Wirbelkörper (s. Abschn. 4.1.4). Weitere Lokalisationen sind das Becken und die langen Röhrenknochen.

Nach dem Schluss der Epiphysenfuge erreichendie ernährenden Gefäße an der Metaphyse wiederden subchondralen Raum der Epiphyse. Ein Gelenk-befall durch das Fortschreiten der Infektion tritt da-her häufiger auf. Im metaphysären Bereich ist dieKortikalis meist kräftig und das Periost ist fibrosiertund adhärent. Aus diesem Grund kommt es seltenzum Auftreten von subperiostalen Abszessen. Wenndie Entzündung dennoch durchbricht, reißt das we-nig elastische Periost ein, und die Infektion breitetsich in die Weichteile aus.

Diagnostik und Therapie gleichen im Wesentli-chen jener bei der Osteomyelitis des Kindesalters.

Radiologische SymptomatikDie akute Osteomyelitis hat eine aggressive Wachs-tumstendenz und führt zur Knochenzerstörung, dieschon frühzeitig röntgenologisch sichtbar wird. Diein der Magnetresonanztomographie (MRT) nach-weisbare, infiltrativ ödematöse Durchtränkung desKnochenmarks ist noch früher zu erkennen.

� Röntgenuntersuchung. Die ersten röntgenologi-schen Zeichen sind Weichteilbefunde, die bereits Ta-ge nach Einsetzen der klinischen Symptomatik dar-stellbar sein können. Normalerweise sichtbare Gren-zen zwischen Muskel- und Fettgewebe werden un-scharf. Weiterhin wirkt sich das Weichteilödem alsVerdichtung um den Knochen herum aus (Abb.4.1 a–c). Diese Befunde sind allerdings bei Erwachse-nen im Gegensatz zum Säuglings- und Kindesalter

4.1 Osteomyelitis 5

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Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen6

Abb. 4.1 a–c. Akute Osteomyelitis. 11 Tage altes Kind. a Kli-nisch bestand seit 5 Tagen eine massive Schwellung im distalenFemur, die auch röntgenologisch dokumentiert wurde. Einknöcherner Befund wurde dabei nicht erhoben. b Die Sono-

graphie der Femurmetaphyse belegt eine echoreiche Periostre-aktion (Pfeil). c Die kontralaterale normale Femurmetaphyseist zum Vergleich abgebildet

a

b

c

Abb. 4.2 a–c. Akute Osteo-myelitis der Tibia im Verlauf.a Flache Ausdünnung der Kortikalis und lamelläre Periost-reaktion als Primärbefund.b 10 Tage nach Therapiebeginnhat sich eine wolkenartige dichtePeriostreaktion entwickelt.c 6 Monate später sind noch Aufhellungen sowie solide Periostreaktionen und ein Umbau der Kortikalis nach-zuweisen. Der Patient war zudiesem Zeitpunkt beschwerde-frei und voll belastungsfähig

a b c

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selten eindeutig und sollten mit großer Zurückhal-tung interpretiert werden.

Uni- bis multilamelläre Periostreaktionen sind rönt-genologische Frühzeichen,welche etwa ab dem 10.Tag(bei Kindern mitunter einige Tage früher) in denRöntgenbildern der Extremitäten nachweisbar seinkönnen (Abb. 4.2 a–c).Kräftige Periostreaktionen sindbei Kindern häufig, bei Erwachsenen dagegen seltenzu beobachten. In den Phalangen kommt eine Periost-reaktion nur selten vor (Teranzadeh et al. 2001).Die Form der periostalen Knochenbildung ist sehr un-terschiedlich und unspezifisch. Sowohl die häufignachweisbare multilamelläre „Zwiebelschale“ als auchdas selten bei der Osteomyelitis nachweisbare Cod-man-Dreieck lassen auch an ein Malignom denken.

Auch die Form und Ausprägung der Spongiosades-truktion ist sehr unterschiedlich. Erst wenn 30–50%der Spongiosa zerstört sind, kommt eine Läsion rönt-genologisch zur Darstellung. Zunächst sind Spongio-sararefizierungen, später Spongiosaosteolysen unddann Kortikalisveränderungen nachweisbar (Kessleret Lingg 1998).Von der solitären Aufhellung (Abb.4.3)und irregulären multiplen Osteolysen („Mottenfraß“)bis zur flohstichartigen/permeativen lytischenDurchsetzung des Knochens sind verschiedene For-men möglich (Abb. 4.4; zur Nomenklatur der rönt-genologischen Veränderungen, vgl. Bohndorf 1995).Die Ränder der Läsionen sind in der Regel unscharf

4.1 Osteomyelitis 7

Abb. 4.3. Akute Osteomyelitis. 13-jähriger Junge. Ausgepräg-ter fortgeschrittener Befund mit großer exzentrisch gelegenerOsteolyse in der distalen Metaphyse der Tibia. Ein weitererkortikaler Herd liegt weiter proximal fibulaseitig

Abb. 4.4. Akute Osteomyelitis. 9 Monate altes Kind mit hohemFieber. Lytische Destruktion der Humerusmetaphyse ohnescharfe Abgrenzung zum normalen Knochen. (Zur Verfügunggestellt von M. Azouz, Miami)

Abb. 4.5. Akute, exogene Osteomyelitis des Stirnbeins.(Zur Verfügung gestellt von H. Imhof, Wien)

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und irregulär konturiert (Abb. 4.5). Sehr kleine Kno-chen können durch die entzündliche Destruktion völ-lig verschwinden. Insgesamt ist festzuhalten, dass sichPatienten mit akuter Osteomyelitis heute häufig in ei-nem so frühen Stadium der Erkrankung vorstellen,dass nur subtile oder keine Röntgenbefunde erhobenwerden können (Dormans u. Drummond 1994).

Erste Sequesterdemarkierungen können schonnach 10–14 Tagen bei Kindern, bzw. nach 14–20 Ta-gen bei Erwachsenen beobachtet werden. Die Se-quester kommen als dichte Knochenfragmente un-terschiedlichster Form und Größe zur Abbildung undkönnen bei Fistelbildungen auch neben dem Kno-chen nachweisbar sein. Sequesterbildungen sindallerdings heute bei der akuten Osteomyelitis selten.In der Reparationsphase unter Therapie kommt es zuen- und periostalen Knochenneubildungen. Die Lä-sion wird von einem Sklerosesaum umgeben, teil-weise treten großflächige Osteosklerosen auf.

Beginnt die Therapie bereits in Frühstadien, isteine fast vollständige radiologische Restitution mög-lich. Sind bereits deutliche röntgenologische Kno-chenveränderungen nachweisbar, vergehen Monate,teilweise Jahre bis zur Normalisierung des Röntgen-bildes. Oft bleiben eine veränderte Trabekelstrukturund die durch subperiostale Knochenneubildunggeänderte Knochenform zurück (vgl. Abb. 4.2).

� Szintigraphie. Nuklearmedizinische Verfahren er-möglichen eine bildgebende Diagnostik pathophy-siologischer Vorgänge.

Nuklearmedizinische Verfahren ge-Merke !! statten eine Beurteilung der im Rah-

men einer Osteomyelitis hervorgerufenen Verände-rungen der regionären Durchblutung, Permeabilität,leukozytären Anreicherung und des Knochenum-baus.

Pathophysiologische Veränderungen gehen morpho-logischen Veränderungen voraus, sodass sich nukle-armedizinische Verfahren schon im frühen Erkran-kungsstadium durch eine hohe Empfindlichkeit aus-zeichnen. Dem steht jedoch eine geringe Spezifitäthinsichtlich unterschiedlicher Krankheitsbilder mitähnlichen pathophysiologischen Veränderungen ent-gegen.

Methoden. Zur Diagnostik der akuten, aber auch derchronischen Osteomyelitis stehen verschiedene Tra-cer zur Verfügung:

∑ knochenaffine Tracer [z. B. Strontium-85(85Sr),87mSr, Fluor-18(18F), Technetium-99m(99mTc)-Di-phosphonate]und

∑ Tracer zur Entzündungsdiagnostik [Gallium-67(67Ga)-Zitrat, Indium-111(111In)- und 99mTc-HMPAO-Leukozyten, 99mTc-, Iod-123(123I)-mono-klonale Antigranulozytenantikörper, 99mTc-Nano-kolloid, 111In-, 99mTc-polyklonale ImmunglobulineG (HIG)].

87mSr und 18F setzen als Positronenstrahler einen Po-sitronenemissionstromographie(PET)-Scanner vor-aus. In der klinischen Routine werden von den kno-chenaffinen Tracern derzeit ausschließlich 99mTc-Diphosphonate verwendet.

Intravenös applizierte 99mTc-markierte Disphos-phonate (HEDP, MDP, HMDP, DPD) sind, trotz ge-ringfügig unterschiedlicher Biodistribution, hin-sichtlich ihrer klinischen Anwendung als praktischgleichwertig anzusehen. Die kurze physikalischeHalbwertszeit von 99mTc (6 h) und seine idealenstrahlenphysikalischen Eigenschaften (reiner Gam-mastrahler, 140 keV) ermöglichen Szintigrammehoher Qualität bei gleichzeitig niedriger Strahlen-exposition.

Die ossäre Anreicherung des Tracers erfolgt in Ab-hängigkeit von:

∑ regionärem Blutfluss,∑ regionärer Innervation des sympathischen Ner-

vensystems und∑ regionären Knochenumbauvorgängen.

Zur Durchführung der Untersuchung werden 500–720 MBq 99mTc-markierter Diphosphonate intrave-nös appliziert:

∑ Kinder, 0–9 Jahre: 4 MBq/kg KG,∑ Kinder, 10–15 Jahre: 6 MBq/kg KG,∑ Erwachsene: 7 MBq/kg KG.

Die Untersuchung sollte eine dynamische Szintigra-phie (1. Phase = arterielle Phase: 0–1 min post injec-tionem, 2. Phase = Blutpoolphase oder so genannteWeichteilphase: 2–4 min post injectionem) – ent-weder durch Addition einer entsprechenden An-zahl dynamischer Bilder oder statische Aufnahmenin anteriorer, evtl. posteriorer oder plantarer Pro-jektion – umfassen. Aufnahmen in der so genann-ten „Knochenphase“ oder „Spätphase“ (1–4 h postinjectionem) schließen die Untersuchung ab(Abb. 4.6 a–c).

Bei einer floriden Osteomyelitis ist eine regionäreTraceranreicherung in allen Phasen zu beobachten.Bei einer chronischen Osteomyelitis (evtl. anti-biotisch anbehandelt und dadurch wenig floride)fehlt mitunter eine akzentuierte arterielle Phase,sodass der Befund schwer von postoperativen unddegenerativen Veränderungen differenziert werdenkann.

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen8

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In den Extremitäten muss ein Seitenvergleich miteinem korrespondierenden Skelettanteil der Gegen-seite mindestens einen 20%igen Unterschied aufwei-sen, um diagnostisch verwertbar zu sein.

Eine vermehrte Perfusion ohne quantitativ undanatomisch korrespondierende Aufnahme in derKnochenphase wird als Weichteilentzündung inter-pretiert.

Das Mehrphasenszintigramm ist an-Merke !! wendbar, wenn die Lokalisation des

vermuteten osteomyelitischen Geschehens bekanntist und im Bereich der Extremitäten liegt.

Am Stamm ist überlagerungsbedingt keine diagnos-tisch verwertbare Beurteilung der regionären Kno-chendurchblutung möglich. Die Bedeutung einer zu-sätzlichen Aufnahme nach 24 h besteht in der besse-ren Kontrastierung zum gesunden Knochengewebeund zur Weichteilspeicherung des umgebendenÖdems (Leitha 1996).

Sensitivität und Spezifität der Dreiphasentechnikliegen bei der Diagnostik der akuten Osteomyelitis in den Röhrenknochen bei über 90% (Maurer et al.1981).

Diagnostische Probleme treten am ehesten imNeugeborenen- und Säuglingsalter aufgrund derengen anatomischen Verhältnisse, der fehlendenOssifikation der Epiphyse und der epiphysenfugen-nahen Lage des Infektionsherdes auf (Sciuk et al.1992). Vergrößerungsaufnahmen, hochauflösenderKollimator (z. B. Pinhole), Quantifizierung und exak-

te, symmetrische Positionierung verbessern die Aus-sagekraft (Bressler et al. 1984). Bei Säuglingen undKleinkindern ist der Befund einer Minderspeiche-rung bei fulminanter Infektion des betroffenenAreals in der Spätaufnahme durch Verlagerung klei-ner intraossärer Gefäße zu beachten, der sich inner-halb von Tagen zum typischen Bild der Mehrspeiche-rung wandelt (Lehner et al. 1992).

Die Dreiphasenskelettszintigraphie eignet sichnicht zur Verlaufskontrolle unter Therapie, da positi-ve Befunde zum Teil über Monate persistieren, ohnedass noch ein florider Prozess besteht (Scoles et al.1980).

Verwendung von Tracern zur Entzündungsszintigra-phie. Unter Leukozytenszintigraphie werden zweiverschiedene Techniken subsummiert:

∑ gemischte Leukozytensuspensionen werden in vi-tro isoliert, mit 111In-Verbindungen (Oxin, Tropo-lon) oder 99mTc-Hexamethylpropylen (HMPAO)markiert und reinjiziert,

∑ andererseits ist eine indirekte (in vivo) Markie-rung reifer Granulozyten, Metamyelozyten undMyelozyten mit 99mTc- oder 123I-markierten muri-nen monoklonalen F(ab)-Antikörperfragmentenmöglich.

Diese Antikörper sind gegen ein „CEA non-specificcross reacting Antigen“ (NCA-95) gerichtet, das ander Zelloberfläche von reifen Granulozyten undMyelozyten ausgebildet wird (Joseph et al. 1987). DerAntikörper bindet sich sowohl an zirkulierende Gra-

4.1 Osteomyelitis 9

Abb. 4.6 a–c. Akute Osteo-myelitis der rechten Tibia bei bekannter Moeller-Barlow-Erkrankung. 60-jährige Patientin.a Die Periostreaktion ist der einzige Hinweis auf ein evtl.entzündliches Geschehen in der Röntgenaufnahme.b Die Knochenszintigraphie ist in der rechten Tibia deutlichmehr belegt, ohne dass eine Differenzierung zu Insuffizienz-frakturen möglich ist. c Die MRTder rechten Tibia (T1-gewichtete SE-Sequenz mit Fettunter-drückung nach i. v. Kontrast-mit-telgabe) ist hinweisend auf einen ausgeprägten entzündlichen intramedullärenProzess

cba

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nulozyten, diffundiert aber auch unspezifisch durchdie Kapillarwand in das entzündete Gewebe.

Als positiver Befund gilt jede fokale Traceranrei-cherung, die vom physiologischen Verteilungsmusterabweicht. Dabei müssen aber Unterschiede in derBiodistribution zwischen den einzelnen Tracern be-achtet werden, und fokale Befunde in bestimmtenRegionen (Nieren, Milz) sind sehr kritisch zu werten(Leitha 1996). Die In-vitro-Markierung der Leuko-zyten mit 111In wurde ausgiebig validiert. Da die Leu-kozyten zum Infektionsort migrieren, erlaubt dieseMethode den Nachweis lokaler Leukozytenakkumu-lationen im peripheren Skelett.

Bei der chronischen Osteomyelitis gilt Merke !! die 111In-Leukozytenszintigraphie als

„Goldstandard“ zur Infektionsdiagnostik (Flivik etal. 1993; Schauwecker et al. 1984; Sciuk et al. 1992;Seabold et al. 1989).

Sie erlaubt – im Gegensatz zum 99Tc-HMPO – eineBeobachtung der Leukozytenmigration über 48 h,was bei „Low-grade-Infektionen“ einen Vorteil dar-stellt. Die In-vitro-Markierung mit 99mTc-HMPAO istim Vergleich zum 111In weniger stabil und hat eine ge-ringere Halbwertzeit (Becker et al. 1988).

Die In-vivo-Markierung mittels monoklonalerAntikörper mit 99Tc oder 123I vermeidet die labor-technisch aufwendige Zellisolation. Beachtenswertist, dass sich nur maximal 10–20% des Antikörpersan zirkulierende Zellen bindet und sich der Rest wiepolyklonales humanes Immunglobulin (HIG) ver-hält. Pathophysiologisch richtige, jedoch die eigent-liche Diagnose falsch beeinflussende Ergebnisse mitzerfallenen oder superinfizierten Tumoren sind zubedenken. Im Gegensatz zu murinen Anti-CEA-Anti-körpern in der onkologischen Diagnostik scheinenanaphylaktische Reaktionen klinisch kein Problemzu sein.

Die In-vivo-Distribution der so genannten 99mTc-MAB, die sich an Granulozyten binden, ist vergleich-bar mit der Verteilung der autologen markierten Gra-nulozyten und erlaubt ebenfalls eine Entzündungs-diagnostik im peripheren Skelett. In Abhängigkeitvon der Patientenselektion in einer Reihe von Stu-dien wurden Sensitivitäten von 79–89% und Spezifi-täten von 64–86% angegeben (Hotze et al. 1992; Kaimet al. 1997; Reuland et al. 1991). Die Nachteile liegenebenfalls – wie bei der 99mTc-HMPAO-Markierungautologer Granulozyten – in der relativ geringen Sen-sitivität bei Low-grade-Infektionen (Reuland et al.1991). Gleichzeitig ist zu beachten, dass Granula-tionsgewebe und eine unspezifische, nichtinfektiöseEntzündungsreaktion, etwa bei Pseudarthrosen, zueiner falsch-positiven Anreicherung führen können.Auch ektopisches, hämatopoetisches Mark im Be-

reich verheilter Frakturen führt zu Verwechslungenmit Infektionsherden (Kaim et al. 2002).

99mTc-Nanokolloid hat seine Vorteile in der ein-fachen Handhabbarkeit und einer kurzen Untersu-chungszeit von etwa 60 min. Aufwendige Präparatio-nen, wie bei der In-vivo-Leukozytenszintigraphie,entfallen (Kaim et al. 2002). 86% der Partikel habeneinen Durchmesser von 30 nm oder geringer, derRest liegt im Bereich 30–80 nm. Der Konzentrations-gradient Abszess zu Blut ist nach 24 h im Vergleich zu111In-Leukozyten, 67Ga, polyklonaler HIG und ande-rer Entzündungstracer deutlich geringer (Leitha1996). Die Anreicherung des Tracers erfolgt in Ab-hängigkeit von:

1. regionärem Blutfluss,2. regionärer Gefäßpermeabilität,3. der Größe des extravaskulären Kompartments und4. einer Aufnahme in aktivierte Makrophagen.

Fokale Anreicherungen sind diagnostisch im Sinneeiner regionär gesteigerten Gefäßpermeabilität zuwerten. Die Bildqualität wird als ausreichend angese-hen (Kaim et al. 2002). Im direkten Vergleich wird siegegenüber der 111In-Leukozyten- und HIG-Szintigra-phie unter klinischen Bedingungen als zumindestebenbürtig bewertet (Ang et al. 1993; Streule et al.1988). Falsch-negative Untersuchungsergebnisse beiausgeprägtem Ödem mit entsprechend verringerterBlutzufuhr sind beschrieben (Elgazzar et al. 1995).Die sehr kleinen Kolloide finden ihren Weg in denExtrazellularraum, unabhängig von der Dauer undder Ätiologie des Entzündungsprozesses, sodass diegeringe Spezifität eine Limitation der Methode dar-stellt (Flivik et al. 1993).

99mTc- und 111In-markierte polyklonale humane un-spezifische Immunglobuline (HIG) erfordern nichtden Umgang mit Patientenblut. Die Untersuchunggeht auf Rubin et al. (1988) zurück, die zufällig ent-deckten, dass unspezifisches IgG sich ähnlich zu spe-zifischen monoklonalen Antikörpern verhält. Die An-reicherung des Tracers erfolgt in Abhängigkeit von

1. regionärer Durchblutung,2. lokaler Gefäßpermeabilität und3. unspezifischer Immunglobulinbindung an den

Fc-Rezeptor von Entzündungszellen.

Auch hier sind fokale Anreicherungen als regionärgesteigerte Permeabilität zu interpretieren. Die Sen-sitivität der Methode zur Infektionsherdsuche isthoch, die Spezifität allerdings gering (Turpin u. Lam-bert 2001). Im Gegensatz zu den murinen Antikör-perpräparaten ist bei den humanen HIG-Tracern kei-ne Anaphylaxie zu befürchten.

67Ga ist ein unspezifischer Tracer, der sich in einerReihe von entzündlichen, granulomatösen und neo-

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen10

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plastischen Veränderungen anreichert.Die ossäre An-reicherung des Tracers erfolgt in Abhängigkeit von:

∑ einer Bindung an Transferrin und Lactoferrin,∑ der regionären Penetrationsfähigkeit des Tracers,∑ einer leukozytären Lactoferrinausscheidung, die

von Makrophagen aufgenommen wird, und∑ einer direkten Bindung an Bakterien.

Als positiver Befund wird eine fokale Traceranreiche-rung außerhalb der physiologischen Verteilung inKnochenmark, Tränen- und Speicheldrüsen, Naso-pharynx, Milz und Leber definiert. Fäkale Anreiche-rungen sind durch den Nachweis einer Ortsverände-rung in sequenziellen Aufnahmen (z. B. nach 12–24 h) von fixierten Speicherungen zu differenzieren.

Die schlechten strahlenphysikalischen Eigenschaf-ten (hochenergetisches Isotop, Strahlenbelastung, limi-tierte Aktivitätsdosierung) bewirken eine im Vergleichzu 99mTc- und 111In-markierten Tracern geringere Auf-lösung, was z. T. die angegebene schlechtere Sensitivitätbei hoher Spezifität erklären dürfte. Die Bedeutung derGalliumszintigrapie in der Routinediagnostik entzünd-licher Erkrankungen ist stark rückläufig.

Von allen Tracern zur Entzündungsszintigraphiehat in experimentellen Untersuchungen 111In die stärk-ste Anreichung in Infektions- und Entzündungsherdenaufgewiesen. Sie ist 3-mal höher als die Anreicherungdurch 99mTc-HMPAO, 10-mal höher als durch 67Ga, Im-munglobuline und monoklonale Antikörper und 100-mal höher als durch Nanokolloide (McAfee et al. 1991).

Zur Diskussion der PET bei Verdacht auf chroni-sche Osteomyelitis s. Abschn. 4.1.2.2.

� Sonographie. Im Säuglings- und Kindesalter ist derEinsatz der Sonographie aufgrund der sehr günsti-gen Schallbedingungen bei Verdacht auf Entzündun-gen, auch des Knochens, indiziert. Die Weichteilreak-tion, noch vor der Periostreaktion, ist sonographischnachzuweisen.

Muskuloskelettale Entzündungen führen bereits 1–2 Tage nach Einsetzen der klinischen Symptomatik zueiner Änderung der Sonomorphologie der oberflächli-chen und tiefen subkutanen Weichteile (Bellah 2001).Das diffuse Weichteilödem zeigt sich als eine echoreicheVeränderung der normalen Weichteilstrukturen. DieDemarkierung der kutanen und subkutanen Gewebe-schichten geht bei Zunahme der Echogenität von Fett-gewebe verloren (Craig 1999). Die entzündliche Ödem-bildung im Gewebe lässt sich als straßen- bis netzförmi-ge echoarme Zonen zwischen den Septen nachweisen.

Die Differenzierung zwischen einer Merke !! diffusen Weichteilentzündung und ei-

nem Abszess gelingt häufig mittels Sonographie sehrzuverlässig: Der Abszess ist eine umschriebeneRaumforderung mit echofreier bis -armer Binnen-struktur und einer echoreichen Abszesswand.

Gefolgt werden die Weichteilzeichen vom Nachweiseiner dünnen, echoarmen Flüssigkeitsschicht, die dasPeriost sichtbar abhebt und als ein sonographischesDiagnosekriterium zu werten ist (Kessler u. Lingg1998). Es können sich raumfordernde subperiostaleAbszessen entwickeln. Diese nicht seltene Kompli-kation lässt sich, da die sonographischen Periost-zeichen den röntgenologischen Veränderungen etwas vorausgehen können, per Ultraschall frühzei-tiger entdecken und behandeln. Bei Erwachsenen,deren Periost stärker fixiert ist, liegt die Flüssigkeits-ansammlung häufiger extraperiostal (Abiri et al.1989).

Die Destruktion der Kortikalis ist bei guten Schall-bedingungen als Konturunterbrechung oder -ver-werfung nachzuweisen.

Es wurde auch über den Einsatz der farbkodier-ten Duplexsonographie bei Kindern berichtet (Chaoet al. 1999). Bei Patienten mit einer länger als vierTage andauernden klinischen Symptomatik konnteein Flusssignal im Bereich des Periosts immer nach-gewiesen werden, bei Erkrankungen im Frühsta-dium (<4 Tage) nicht. Auch eine Verlaufsbeobach-tung unter Antibiotikatherapie erscheint möglich.Persistierendes oder sich steigerndes Flusssignalscheint mit einem schlechten Ansprechen zu korre-lieren.

Die Sonographie hat auch im Erwachsenenalterihre Bedeutung, da es ihr gelingt, im Sinne einer er-gänzenden Weichteildiagnostik Abszesse, Zysten undHämatome als echofreie oder echoarme Läsionennachzuweisen.Auch an den Händen und Füßen kannsie ergänzende Befunde liefern (Abb. 4.7 a–c). Sie istzudem als Führungsinstrument zur diagnostischenPunktion sehr gut geeignet (Craig 1999).

Bezüglich der schwierigen DifferenzialdiagnoseOsteonekrose vs. Osteomyelitis bei Patienten mitSichelzellenanämie konnten William et al. (2000)nachweisen, dass ein mindestens 4 mm breiter sub-periostaler Flüssigkeitssaum signifikant mit demVorliegen einer Osteomyelitis korreliert. Auch Boozet al. (1999) wiesen bei Osteomyelitis 10 mm oderbreitere Flüssigkeitsansammlungen entlang des Kno-chens nach. Sie verweisen darauf, dass eine sonogra-phisch gesteuerte Entlastungspunktion der subperi-ostalen Flüssigkeit zur akuten Schmerzlinderungbeitragen kann.

� Computertomographie. Die CT wird heute bei derBeurteilung der akuten Osteomyelitis nur noch ein-geschränkt angewendet. Der bei der akuten Entzün-dung seltene Sequester lässt sich in Fällen, in denenRöntgenübersicht und MRT nicht eindeutig sind,hochauflösend darstellen (Aliabadi u. Nikboor 1994).Kleine kortikale Veränderungen und periostale Kno-chenneubildungen lassen sich abbilden (Kothari etal. 2001; Schlesinger u. Hernandez 1992), diesbezüg-

4.1 Osteomyelitis 11

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lich ist die CT der MRT überlegen (Jaramillo et al.1995). Darüber hinaus ist sie das beste Verfahren,um intraossäre Gasansammlungen (Abb. 4.8) oder alsNidus einer Infektion wirkende Fremdkörper zudetektieren (Sammak et al. 1999).

Durch den Einsatz der Spiral-CT lassen sich inAtemruhelage auch bewegungsreiche Regionen wiedas Sternum und die Sternoklavikulargelenke bezüg-lich einer Infektionsausdehnung sehr gut beurteilen(Tecce u. Fishman 1995). Führt die Osteomyelitis zurseptischen Arthritis, können mittels CT kleine intra-artikuläre Fragmente und Gasansammlungen lokali-siert werden und tragen damit zur Diagnosestellungbei.Weiterhin kommt die CT zur Steuerung von Kno-chenbiopsien und Drainagen zum Einsatz.

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen12

Abb. 4.8. Anaerobierinfektion des Femurkopfes (Streptokok-kus) mit begleitender Pneumatosis. (Aus:Potocki et al. 2002)

Abb. 4.7 a–c. Akute Osteo-myelitis. 60-jähriger Diabetikermit starker Schwellung von Finger III rechts seit 7 Tagen.a, b Die Übersichtsaufnahmen zeigen metaphysär in der distalenGrundphalanx Osteodestruktionund Periostreaktionen.d Die Sonographie belegt dieWeichteilschwellung mit verdickter Strecksehne (Stern)und die Periostreaktion (Pfeil)

a b

c

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� Magnetresonanztomographie Basis der Untersu-chung ist die STIR-(„short time inversion recovery“-)Sequenz als Suchsequenz. Die Mischung aus T1- undT2-Effekten (die unterschiedlich gewichtet werdenkönnen) bei gleichzeitiger Unterdrückung des Fett-signals liefert sehr kontrastreiche Bilder des Infek-tionsherdes. Bei fehlender Signalintensitätszunahmein der STIR-Sequenz kann eine Osteomyelitis ohneDurchführung weiterer Sequenzen ausgeschlossenwerden (Wunsch et al. 2001).

T1-gewichtete Spinecho(SE)-Bilder sind zur exak-ten anatomischen Zuordnung der mittels STIR-Se-quenz identifizierten Herde von Bedeutung. T2-ge-wichtete SE-Bilder werden heute fast ausschließlichin Kombination mit einer frequenzselektiven Fett-unterdrückung angewendet. Die in dieser Sequenzsichtbaren Signalalterationen gleichen denen derSTIR-Sequenz. Als wertvoll haben sich T1-gewichte-te, fettunterdrückte SE-Sequenzen nach Gabe vonGadolinium-haltigen Kontrastmitteln erwiesen.

Die Kontrastmittelgabe ist eine hoch sensitive Un-tersuchungstechnik zur Detektion von entzünd-lichen muskuloskelettalen Läsionen und eine sichereMethode, um Abszesse oder nekrotische Areale vonentzündlichem Ödem zu differenzieren (Dangman et al. 1992; Hopkins et al. 1995).

Allerdings haben Miller et al. (1997) in einer ver-gleichenden Studie nachgewiesen, dass der routine-mäßige Einsatz der Gadolinium-Komplexe zur De-tektion einer Osteomyelitis (oder auch einer Weich-teilentzündung) nicht notwendig ist. Nur bei (bildge-bendem oder klinischem) Verdacht auf einen Abszessund bei Infektionen in der Nähe von Gelenken wirddie diagnostische Ausbeute gesteigert.

Osteomyelitische Herde sind in der Mehrzahl fo-kale, relativ gut abgrenzbare Areale im Markraumdes Knochens (Abb. 4.9 a, b). Sie sind signalreich imSTIR-Bild und sollten sich T1-gewichteten SE-Bildentsprechend signalarm darstellen. Die Ausdehnungder Läsion im T1-gewichteten SE-Bild ist praktischimmer geringer als im STIR-Bild bzw. im T1-gewich-teten, fettunterdrückten SE-Bild nach Gadolinium-Gabe (Jones et al. 1992). Flächige, den Knochen-markraum ausfüllende Läsionen ohne eindeu-tigen Fokus mit der oben beschriebenen Signal-charakteristik sind möglich. Liegt eine fokale Lä-sion vor, so ist immer ein perifokales Ödem mit etwas schwächerem Signal im Knochen nachzu-weisen.

Die Kortikalis kann in Frühfällen kaum auffälligsein. Im Verlauf der Erkrankung sind umschriebeneoder diffuse, die ganze Zirkumferenz der Kortikalisumfassende Signalsteigerungen nachzuweisen. DieEntwicklung eines subperiostalen Flüssigkeitsver-halts ist bei Kindern mittels STIR oder T2-gewichte-ten Bildern auszuschließen. Die vom Röntgenbild be-

kannte periostale Knochenneubildung lässt sich alslamelläre Signalminderung in dem hohen Signal desSTIR- oder T2-Bildes manchmal abgrenzen.

Von großer Bedeutung ist die Detektion einesperiossären Ödems in den Weichteilen. Dessen Nach-weis gelingt bei der akuten Osteomyelitis in etwa90% der Fälle. Gelenknahe Foci einer akuten Osteo-myelitis führen regelhaft zu einer Begleitsynovialitisim entsprechenden Gelenk.

Intraossäre Abszesse sind auch bei der akutenOsteomyelitis nachzuweisen (vgl. Abb. 4.9 a, b). Siesind meistens eher klein (<1,5 cm im Durchmesser),relativ scharf begrenzt und zeigen in T2-gewichtetenTurbospinecho(TSE)- und in STIR-Bildern einen sig-nalarmen Saum. Sie sind von einem Ödem umgeben.Zusätzlich beweisend für einen Abszess ist die kräfti-ge randständige Kontrastmittelaufnahme, währendsich im Zentrum der Läsion kein oder nur wenigKontrastmittel anreichert.

STIR-Bilder sind nur unzureichend geeignet, zwi-schen flüssigkeitsgefüllten Räumen (z. B. Abszessen)und einem Weichteil- oder Knochenmarködem sicherzu differenzieren (Boutin et al. 1998).

4.1 Osteomyelitis 13

Abb. 4.9 a, b. Akute Osteomyelitis. 5-jähriges Mädchen. a DieSTIR-Sequenz zeigt im Acetabulum einen kleinen rundlichensignalreichen Herd, der im Röntgenbild nicht zu erkennen war,und einen Begleiterguss. b Die Aufnahme nach Kontrastmittel-gabe (T1-gewichtete, fettunterdrückte SE-Sequenz) zeigt denHerd signallos, als Hinweis auf einen Abszess

a

b

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Im T1-gewichteten Bild ist bei Abszessen in etwa30–40% der Fälle das so genannte „Penumbrazei-chen“ nachzuweisen. Hierbei handelt es sich umeinen signalreichen Saum zwischen nekrotischer Ab-szesshöhle und umgebendem Ödem. Es ist davonauszugehen, dass es sich um Blutabbauprodukte han-delt, die dieses Phänomen hervorrufen (Grey et al.1998).

Nekrotische Sequester sind mittels MRT dann zudiagnostizieren, wenn es sich um Areale handelt, diesignallos in der STIR-Sequenz sind und kein Kon-trastmittel aufnehmen. Der Rand um diese signal-losen Areale sollte jedoch Kontrastmittel aufnehmen,um eine Differenzierung zur einfachen Verkalkungzu erlauben.

Liegt eine septische Arthritis vor, hat sich die Diffe-renzierung zwischen einem reaktiven Ödem undeiner zusätzlichen, sekundären Osteomyelitis in den angrenzenden gelenkbildenden Knochen mittelsMRT als sehr schwierig erwiesen. Umgekehrt giltgleiches: Eine primär in der Epiphyse gelegene akuteOsteomyelitis kann sowohl zu einem reaktiven Er-guss als auch zu einer sekundären septischen Arthri-tis führen. Auch diese Unterscheidung ist magnet-resonanztomographisch schwierig.

Eine Knochenmarkbeteiligung im Sinne einerSignalerhöhung in STIR- und Gadolinium-Bildernder angrenzenden Knochen ist häufig, aber nicht re-gelhaft bei septischer Arthritis nachzuweisen (Graifet al. 1999). Sie sollte jedoch nur dann als sekundäreOsteomyelitis gewertet werden, wenn gleichzeitigeine deutlich abgrenzbare Gelenkflächenerosion vor-liegt und damit ein direktes Eindringen der Infektionin den Knochenmarkraum erwartet werden kann.

Wird eine Abszessformation im Kno-Merke !! chen – mit oder ohne Kontinuität zum

Gelenkkavum – nachgewiesen, so ist dies pathogno-misch für eine sekundäre Osteomyelitis anzusehen.

Reaktive Gelenkergüsse sind bei gelenknaher Osteo-myelitis regelhaft zu erwarten. Nach Kontrastmittel-gabe ist bei reaktiven Ergüssen eine nur geringe An-reicherung der Synovialmembran zu erwarten, wäh-rend es bei der septischen Arthritis zu kräftigen Kon-trastmittelanreicherungen der ganzen Gelenkkapsel,oft auch der umgebenden Weichteile kommt. Je nachDauer und Ausprägung der Veränderungen sindÜberlappungen möglich, sodass es sich hierbei nurum eine Grundregel handelt, die zweifelsohne nichtalle diagnostischen Probleme löst.

DifferenzialdiagnoseIm Kindes- und Jugendlichenalter sind Tumoren, spe-ziell das Ewing-Sarkom, seltener das Osteosarkom,eine wichtige Differenzialdiagnose zur akuten Osteo-

myelitis. Kinische Symptomatik und auch Labor-untersuchungen mit Entzündungszeichen bei Tumo-ren können eine akute Osteomyelitis nahelegen (Res-nick 2002 a). Ein aggressives Tumorwachstum imKnochen mit einem mottenfraßartigen und/oderpermeativen Muster im Röntgenbild ist auch beimalignen Lymphomen, einem Plasmozytom und bei Metastasen zu erwarten. Neben klinischen und la-borchemischen Hinweisen liefert die MRT im Einzel-fall nützliche Hinweise, da der raumfordernde Cha-rakter der Tumoren in aller Regel gut von den eherkleinen Foci mit kräftigem umgebenden Ödem beider Infektion abzugrenzen sind. Auch das eosinophi-le Granulom ist bei Kindern, Jugendlichen und jun-gen Erwachsenen radiographisch dann eine Differen-zialdiagnose zur akuten bis subakuten Osteomyelitis,wenn sklerotische Randsäume fehlen.Auch hier bietetdie MRT die Abgrenzungsmöglichkeit zur Infektion.

In der MRT ist immer zu beachten, dass osteomye-litisähnliche Befunde bei Traumen, speziell beiStress- und Insuffizienzfrakturen, und bei Metasta-sen auftreten können. Die Verteilung des Signals, derNachweis von Linien (bei Frakturen) und der raum-fordernde Effekt bei Tumoren erlaubt in der Regel dieDifferenzierung. Die diagnostischen Schwierigkei-ten sind bei Kindern seltener, da – vom Ewing- undOsteosarkom abgesehen – tumoröse Raumforderun-gen selten sind. Zudem ist die Klinik und das Laborbei Kindern in der Regel eine wesentliche zielführen-de Hilfe zur Diagnose.

Die klinische Differenzierung von akuter Osteomye-litis und Knocheninfarkt bei Sichelzellenanämiepa-tienten mit Knochenschmerzen ist eine Herausforde-rung (Wong et al.2001).Umans und Mitarbeiter (2000)haben bei Patienten mit Sichelzellenanämie und ande-ren Hämoglobulinopathien auf den diagnostischenWert der kontrastverstärkten MRT zur Differenzierungzwischen Knocheninfarkten und der akuten Osteo-myelitis hingewiesen. Bei akuten Infarkten fanden die-se Autoren dünne, lineare Randanreicherungen. Pa-tienten mit akuter Osteomyelitis zeigten im Gegensatzdazu größere, flächenhafte Anreicherungen im Kno-chenmark. Hinweise auf die Osteomyelitis gegenüberKnocheninfarkten sind zudem kortikale Defekte undregelmäßig der Nachweis von Kontrastmittelanreiche-rungen in der Kortikalis, verbunden mit einem perios-talen Ödemsaum, der weit in die Weichteile reichenkann. Bonnerot et al. (1994) sowie Frush et al. (1999)hingegen gelang auch unter Berücksichtigung der peri-ostalen und Weichteilreaktionen eine sichere Differen-zierung von akuten Infarkten und akuter Osteomyelitisbei Patienten mit Sichelzellenanämie nicht.

Blacksin et al. (2001) weisen anhand von vier Fäl-len auf die Entstehung einer Osteomyelitis in und be-nachbart zu prädisponierenden Knocheninfarktenhin.

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen14

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Empfehlungen zur UntersuchungsstrategieBei klinischem Verdacht auf eine akute Osteomyelitisist weithin die Röntgenaufnahme die Methode derWahl, im Säuglings- und Kleinkindesalter routine-mäßig durch die Sonographie ergänzt. Besteht dieNotwendigkeit einer zusätzlichen Diagnostik, stellenMRT und szintigraphische Methoden konkurrieren-de Verfahren dar. Die MRT hat sich in den letzten Jah-ren dabei gegenüber den szintigraphischen Metho-den in den Vordergrund geschoben. Sie ist in der Re-gel technisch weniger aufwendig und erlaubt zudemhäufig mehr differenzialdiagnostische Aussagen auf-grund der höheren örtlichen Auflösung im Vergleichzur Knochenszintigraphie.

Die Wirbelsäule und komplexe anatomischeStrukturen, wie die Beckenknochen in der Nähe derIliosakrakralgelenke und der Gesichtsschädel, sindmittels MRT wesentlich besser zu beurteilen als mit-tels Szintigraphie. In diesen Regionen hat sich des-wegen die MRT eindeutig durchgesetzt.

Bei Verdacht auf ein multifokales Geschehen istdie Dreiphasenknochenszintigraphie mit knochen-affinen Tracern Methode der Wahl. Die MRT ist beiVerdacht auf Abszess einzusetzen. Die CT hat heutebei der Beurteilung der akuten Osteomyelitis nurnoch eine begrenzte Einsatzbreite. Sie stellt den beider akuten Osteomyelitis sehr seltenen Sequesterhochauflösend dar.

Zusammenfassende Merksätze∑ Die Zeichen der akuten Osteomyelitis finden sich im Rönt-

genbild etwa 10 Tage nach Symptombeginn.∑ Das initiale Röntgenzeichen ist das Verschwinden der Fett-

linien als Ausdruck des Weichteilödems, was speziell im Kin-desalter auch sonographisch sehr frühzeitig zu erfassen ist.

∑ Sensitive Methoden zum Nachweis einer akuten Osteomye-litis sind MRT und Skelettszintigraphie, die früher als dasRöntgenbild die Diagnose erlauben. Bei Säuglingen undKleinkindern ist die Sonographie eine wichtige Methode zurFrühdiagnostik und zur Verlaufskontrolle.

∑ Die wesentliche Differenzialdiagnose der akuten Osteomye-litis im Kindes- und Jugendlichenalter ist das Ewing-Sarkom.

∑ Bei Kindern kann der Verlauf einer Osteomyelitis durch Epi-physenlösung und Wachstumsstörung kompliziert werden.

4.1.2Chronische Osteomyelitis

4.1.2.1Primär chronische OsteomyelitisDer Begriff der chronischen Osteomyelitis machtdeutlich, dass der zeitliche Verlauf der Erkrankungals eines der vorherrschenden Einteilungsprinzipiender Osteomyelitiden anerkannt wird. In den einlei-

tenden Bemerkungen zu Abschn. 4.1 ist jedoch fest-gestellt worden, dass konkurrierende Faktoren gera-de die Gruppe der chronischen Osteomyelitiden zueinem heterogenen Sammelsurium machen. DieseGruppe umfasst sowohl infektiöse als auch (mit ho-her Wahrscheinlichkeit) nichtinfektiöse, „reaktive“Knochenentzündungen.

Tatsache ist auch, dass nur etwa 6% der hämato-gen-endogenen Knochenentzündungen als primärchronisch verlaufend anzusehen sind (Munoz u. Bou-za 1999). Der Hauptvertreter ist der Brodie-Abszess,der deswegen auch gesondert abgehandelt wird. Voneiner chronischen hämatogenen Osteomyelitis wirdauch gesprochen, wenn eine primär akute hämato-gene Osteomyelitis infolge inkonsequenter Therapieeinen chronischen Verlauf nimmt. Dies gilt etwa fürPatienten mit einem Erregermischspektrum, das an-tibiotisch nicht voll abgedeckt wurde. Auch chirur-gisch nicht sanierte Abszesse sind mögliche Ursa-chen. Erwachsene sind fast ausschließlich betroffen.Die im reaktiv veränderten, häufig sklerosiertenKnochen sitzenden Keime können jederzeit einen er-neuten Entzündungsprozess auslösen. Eine reduzier-te Immunabwehr, z. B. bei HIV-Infektion und imRahmen einer Chemo- und/oder Steroidtherapiekann Ursache einer möglichen Reaktivierung sein(Tehranzadeh et al. 2001).

Wignall et al. (1998) berichten über sieben Patien-ten mit einer histologisch und/oder bakteriologischgesicherten chronischen Osteomyelitis der Symphyseund ihrer angrenzenden Knochen nach Radiatio derBlase und der Zervix. Die Patienten präsentiertensich klinisch mit Fisteln (n = 5), Schmerzen (n = 1)und einer Dünndarmobstruktion 6–19 Jahre nachder Radiatio. Die CT-Befunde umfassten eine Kno-chendestruktion der symphysennahen Knochen-anteile, aber auch Zusatzbefunde wie Abszesse,vermehrtes Weichteilgewebe um den Knochen undFisteln.

Brodie-AbszessDefinitionDer Brodie-Abszess ist eine Form der primären, hä-matogenen chronischen Osteomyelitis, die 1832 zumersten Mal detailliert klinisch und pathologisch-ana-tomisch von B.C. Brodie beschrieben wurde.

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenMakroskopisch liegt innerhalb der Spongiosa ein mitEiter gefüllter 1–4 cm großer Hohlraum vor. In derUmgebung besteht eine ausgeprägte Sklerosierungder Spongiosa. Mikroskopisch ist zentral eine Ab-szessbildung mit einer umgebenden Bindegewebe-membran und Osteosklerose nachweisbar (Delling1997).

4.1 Osteomyelitis 15

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KlinikDie klinische Symptomatik ist unspezifisch. LeichteSchmerzen werden lange Zeit nicht ernst genommenoder in den falschen Zusammenhang (z. B. Bagatell-traumen) gestellt. Im Einzelfall vergeht bis zu einemJahr, bis ein Arzt aufgesucht wird. Kinder, Jugendli-che und junge Erwachsene sind vorwiegend betrof-fen, die 2. Lebensdekade dominiert. Eine BSG-Erhö-hung als Hinweis auf die Entzündung tritt nur in et-wa 25% der Fälle auf. Staphylococcus aureus lässtsich in der Hälfte der Fälle aus dem Abszesspunktatbakteriologisch bestimmen (Stephens u. MacAuley1988).

Der Brodie-Abszess ist häufig in der Metaphyseder Röhrenknochen, bevorzugt der Tibia, lokalisiert.Allerdings wird er auch in platten Knochen wie demOs ileum und in der Wirbelsäule beschrieben (Lind-setmo u. Due 1995). Die Läsionen respektieren inaller Regel die Epiphysenfuge, obwohl in wenigenFällen eine Durchwanderung beschrieben wurde(Bogoch et al. 1984). Bei Kindern mit nicht geschlos-sener Epiphysenfuge sind Brodie-Abszesse auch inder Epiphyse und den Tarsal- und Karpalknochenbeschrieben worden (Koslowski 1980; Sörensen et al.1988).

Brodie-Abszesse müssen chirurgisch kürettiertwerden (Stephens u. MacAuley 1988).

Radiologische Symptomatik

� Röntgenuntersuchung. Brodie-Abszesse sind alsOsteolysen im Röntgenbild zu erkennen. Die Größevariiert zwischen 1 und 5 cm (Abb. 4.10 a, b). Runde,ovale und polymorphe Formen sind möglich. Cha-

rakteristisch ist der Rand, der praktisch immerscharf begrenzt ist und Zeichen der Sklerose auf-weist. Die Osteosklerose verdünnt sich zentrifugal,sodass der Übergang dieser Sklerose zum normalenKnochen häufig unscharf ist. Die Form des Röhren-knochens ist nur sehr selten verändert. Periostale,solide Reaktionen sind möglich, und die Kortikalisist selten zerstört (Lopes et al. 1997). Brodie-Abszessekönnen in der Kortikalis lokalisiert sein, werdendann allerdings von kräftigen soliden Periostreaktio-nen begleitet.

� Szintigraphie. Zur Diagnostik werden knochen-affine Tracer, vorwiegend 99mTC-Diphosphonate, wieauch bei der akuten und exogenen chronischen Osteo-myelitis eingesetzt (s. Abschn. 4.1.1). Sie zeigen einefokale Anreicherung, ohne dass der Abszesscharakterder Läsion eindeutig definiert werden kann (Silva etal. 1995). Die Anwendung von Tracern zur Entzün-dungsdiagnostik wie 67Ga-Zitrat erscheint im Zeit-alter der MRT obsolet.

� Computertomographie. Die CT kann in Regionenmit komplexer Anatomie die Röntgenologie ergän-zen und eine topographisch genaue Zuordnung er-möglichen. Die CT zeigt überlagerungsfrei die auchröntgenologisch sichtbaren Befunde.

� Magnetresonanztomographie. Der Abszesscharakterder Läsion ist mittels MRT in aller Regel eindeutig zudefinieren. Das Zentrum der Läsion ist signalarm imT1-gewichteten und signalreich im T2-gewichtetenSE-Bild (Marti-Bonmarti et al. 1993; Abb. 4.11 a, b).Diese zentrale Kavität wird von einem innerem Saum

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen16

Abb. 4.10 a, b. Brodie-Abszess.4-jähriger Junge. a Die erste Röntgenaufnahme wurde zumZeitpunkt der ersten Schmerzenangefertigt. Aufgrund des spontanen Rückgangs der Beschwerden keine Therapie.b Erneute Vorstellung des Patienten ein Jahr später.Langsamer Progress

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umgeben. In T1-gewichteten Bildern ist dieser Saumbeim Brodie-Abszess in etwa 75% der Fälle signalrei-cher als die zentrale Nekrosehöhle (Grey et al. 1998;vgl. Abb. 4.11 a). Im T2-Bild ist dieser Saum häufignicht abgrenzbar, nimmt allerdings im T1-Bild starkKontrastmittel auf (vgl. Abb. 4.11 b). Außen folgt eineeher unscharf begrenzte, in allen Sequenzen hypo-intense Zone, die radiologisch mit der Sklerosezoneidentisch ist. Der Brodie-Abszess weist ein mehr oderweniger stark ausgeprägtes perifokales Ödem auf.

DifferenzialdiagnoseDie röntgenologische, aber auch szintigraphischeDifferenzialdiagnose umfasst das Osteoidosteom,das Osteoblastom, das Chondroblastom, das nicht-ossifizierende Fibrom, den Riesenzelltumor, daseosinophile Granulom, die aneurysmatische Kno-chenzyste und die fibröse Dysplasie. Diese sehr langeListe lässt sich in aller Regel durch den Einsatz derMRT reduzieren, da diese Tumoren und tumorähn-lichen Läsionen bei Einsatz der MRT im ZentrumKontrastmittel aufnehmen. Die Differenzierung ei-ner einfachen Zyste zum Brodie-Abszess gelingtdurch die Zusammenschau von Röntgenuntersu-chung und MRT. Die Zyste weist röntgenologisch nureinen schmalen sklerotischen Randsaum auf und,sofern keine Frakturen vorliegen, kein perifokalesÖdem in der MRT. Septen und Flüssigkeitsspiegel,wie bei der aneurysmatischen Knochenzyste, werdenin der MRT des Brodie-Abszesses nicht beobachtet.

Empfehlungen zur UntersuchungsstrategieDie Röntgenuntersuchung ist wegweisend. Aufgrunddes langsamen Wachstums sind die Röntgenzeichenpraktisch immer zu erkennen. Sofern sie nicht klarder Diagnose zugeordnet werden können, ist der Ein-satz der MRT als einzige Zusatzuntersuchung ange-zeigt und in aller Regel diagnostisch zielführend.

Zusammenfassende Merksätze∑ Der Brodie-Abszess ist der einzige klinisch relevante Ver-

treter der so genannten primär chronischen, hämatogenenOsteomyelitiden.

∑ Dieser klinisch häufig sehr hypovirulent verlaufende, ent-zündliche Prozess ist eine Erkrankung des Kindes- bis jun-gen Erwachsenenalters.

∑ Die Röntgenologie mit den Zeichen der Osteolyse und um-gebenden Sklerose sowie die MRT, die in aller Regel die zen-trale Gewebenekrose beweist, sind diagnostisch zielführend.

4.1.2.2Chronisch exogene OsteomyelitisDefinitionDie chronisch exogene Osteomyelitis ist eine nicht-hämatogen induzierte Knocheninfektion, die nachmeist akutem Beginn chronisch rezidivierend ver-läuft. Ein langsamer, klinisch schleichender Beginnist ebenfalls – in Abhängigkeit vom Erregertyp –möglich. Die exogene Osteomyelitis ist Folge entwe-der der Durchwanderung eines Erregers aus denWeichteilen und Gelenken oder der direkten Inoku-lation des Erregers in den Knochen nach Traumaoder Operation.

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenDie exogene Osteomyelitis kann auf drei Wegen ent-stehen:

1. Penetration und Durchwanderung natürlicherKörperbarrieren.Nach Überwindung natürlicher Barrieren desKörpers wandert der Infektionsherd nach Pene-tration des Periosts in den Knochen. Eintritts-pforten für Erreger sind die Haut, die Nasen-nebenhöhlen, das Mastoid und die Zähne(Abb. 4.12). Besonders häufig sind Knochen an

4.1 Osteomyelitis 17

Abb. 4.11 a, b. Brodie-Abszess.34-jährige Patientin. Die MRT belegt in der Zusammenschauvon T1-gewichteter SE-Sequenz a vor und b nach Kontrastmittel-gabe den klassischen Abszess-befund

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den Händen und Füßen betroffen. Auch die Man-dibula und die Knochen des Schädeldachs sindOrte auf diese Weise entstehender exogener Osteo-myelitiden (Kinnman u. Lee 1968; Tscherne u.Trentz 1973). Die Osteomyelitis des Os frontale istals „Pott’s puffy tumor“ speziell beschrieben(Feder et al. 1987). Hervorzuheben ist, dass dieHaut, die Schleimhäute oder Epithelauskleidun-gen des Körpers als natürliche Barriere äußerlichnicht sichtbar verletzt sind.

2. Verletzung natürlicher Körperbarrieren mit nach-folgender Weichteilinfektion (Abb. 4.13 a, b).Es gibt viele Möglichkeiten, Eintrittspforten vonErregern über die Haut zu schaffen: Schnitt- undRissverletzungen speziell an der Hand und amFuß, Bissverletzungen und iatrogene Verschlep-pung von Erregern bei Punktionen und chirur-gischen Maßnahmen (Übersicht bei Resnick2002 a). Auch Verbrennungen der Haut und derDekubitus begünstigen Weichteilinfektionen, dienachfolgend Knochen und Gelenke erreichen(Borgström et al. 1988).Bei der Katheterisierung der V. subclavia und beilänger liegenden so genannten „Kavakathetern“kann es als Folge zu einer Osteomyelitis der Kla-vikula und zu einer septischen Arthritis des Ster-

noklavikulargelenks kommen (Lee u. Kerstein1971). Pathogenetisch handelt es sich in ersterLinie um eine Weichteilinfektion, ausgehend vonInfekten an der Kathetereintrittsstelle an derHaut, die nachfolgend zu einer exogenen Osteo-myelitis führt.

3. Direkte Inokulation von Erregern in den Knochen.Schwere Traumen mit offenen Frakturen am Kno-chen sind inzwischen die häufigsten Ursachen fürexogene Osteomyelitiden. In Abhängigkeit vomInfektionsweg, vom Erregertyp und dem Ausmaßsowie der Art der Verletzung ist mit einer Osteo-myelitis als posttraumatische Folge in 2–16% derFälle zu rechnen. Die Inzidenz einer tiefen Kno-cheninfektion nach chirurgischer Interventionam Knochen bei geschlossenen Knochenbrüchenliegt mit 0,5–2% deutlich niedriger (Kaim et al.2002). Auch bei perkutanen interventionellenEingriffen wie Knochenbiopsien und Vertebro-

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen18

Abb. 4.12. Exogene Osteomyelitis bei Panaritium. Akutes Sta-dium.Vollständige Destruktion der Endphalanx des 1. Strahls.(Zur Verfügung gestellt von D. Stoker, London)

Abb. 4.13 a, b. Exogene Osteomyelitis. Bakterielle Entzün-dung der Bursa olecrani, die auf das Olekranon übergreift.a Die Röntgenaufnahme seitlich zeigt eine Osteolyse. b Dasaxiale MRT-Bild (T1-gewichtete SE-Sequenz mit Fettunter-drückung und i. v. Kontrastmittelgabe) demonstriert die Inva-sion der Entzündung in den Knochen

a

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plastie ist potenziell eine exogene Osteomyelitisim Einzelfall möglich. Zudem kann auch ein Erre-ger bei Kreissägen- oder Penetrationsverletzun-gen (Nägel!) direkt in den Knochen gelangen.

Pathologisch-anatomisch besteht makroskopisch einegraurote Umwandlung des Markraums mit einer reak-tiven Verbreiterung und Auflockerung der Kortikalis.In dem Bindegewebe des Markraumes oder auch derMetaphysen liegen größere Hohlräume, die Eiter ent-halten können. Daneben kommt es zu einer Fistelbil-dung in den angrenzenden Weichteilen bzw. bis in dieäußere Haut. Die Fistelgänge kommunizieren z. T. un-tereinander und zeigen einen sehr verzweigten Ver-lauf. Das mikroskopische Bild variiert sehr stark. Da-bei werden neben ausgedehnten Fibrosierungen mitzellarmen Abschnitten ausgedehnte lymphohistiozy-täre Infiltrate sowie herdförmige Einschmelzungenbeobachtet. Die Spongiosabalken werden in den Ent-zündungsprozess einbezogen und entweder durchOsteoklasten oder aber durch mononukleäre Zellendestruiert (Delling 1997; Tsukayama 1999).

Mit dem Fortschreiten der chronischen Osteo-myelitis kommt es zu einer allmählichen Deformie-rung des betroffenen Knochens und zu einem Über-greifen der Entzündung auf die benachbarten Weich-teile. Die Blutgefäße innerhalb des entzündlichenNarbengewebes werden mit in den Entzündungspro-zess einbezogen, und es entwickeln sich narbige Ste-nosen der Gefäßlichtungen (Delling 1997).

Liegt eine posttraumatische oder postoperativeOsteomyelitis vor, muss das Ausmaß der Knochen-verletzung und die Form des therapeutischen Ein-griffs betrachtet werden, um die unterschiedlichenVerlaufs- und Ausbreitungsformen zu verstehen.

Nach einer Knochenverletzung ist die Durchblu-tung des Knochens immer beeinträchtigt. Avitale,von der Durchblutung abgeschnittene Knochenfrag-mente, ausgedehnt nekrotische Weichteile, Hämato-me und die Instabilität der Fragmente begünstigenInfekte. Durch bakterielle Abbauprodukte, pH-Ver-änderungen und Enzymaktivierung wird der Zerfallvon vitalem Gewebe, der Zusammenbruch der Kno-chenmatrix und die Entkalkung induziert. Schließ-lich breitet sich der Infekt über die Havers- und Volk-mann-Kanäle in die benachbarten knöchernenStrukturen aus.

Gelangen Keime im Rahmen einer chirurgischenIntervention in den Knochen (z. B. nach Bohrdrah-tung), so kann eine lokale Osteitis die Folge sein. Sieist einerseits durch ungenügende Stabilität der durchdie Bohrdrähte fixierten Fragmente bedingt, ande-rerseits durch Keime, die über die Bohrdrähte selbsteingebracht werden bzw. entlang wandern können.Bei der geschlossenen Marknagelung wird die Blut-versorgung vom Markraum her durch Auffräsen des

Markraums erheblich gestört, was einen Infekt be-günstigen kann. Bei der Schrauben- oder Platten-osteosynthese nach geschlossenen Frakturen ist dieUrsache der Infektion meist ein infiziertes Hämatomim Operationsgebiet. Beim Anlegen einer Draht-zerklage kommt es durch die zirkuläre Fixation zueiner Minderdurchblutung des Periosts, wodurchsich ein Infekt rasch ausbreiten kann.

Bei Verletzungen der Haut mit nachfolgenderWeichteilinfektion sind im Vergleich zur akuten hä-matogenen Osteomyelitis andere Erreger zu erwar-ten. So sind am Fuß gramnegative Bazillen wie Pseu-domonas aeruginosa häufig zu erwarten (Jarvis u.Skipper 1994; Puffinberger et al. 1996).

Beim Dekubitus liegt ein Mischspektrum von Er-regern vor. Staphylococcus aureus, Proteus mirabilis,Escherichia coli, Streptokokken; Klebsiella und Pseu-domonas sind anzutreffen (Bryan et al. 1983).

Der mit etwa 90% häufigste Erreger der posttrau-matischen Osteomyelitis ist Staphylococcus aureus.In der Hälfte der Fälle findet er sich in Mischkul-tur, insbesondere mit gramnegativen Keimen, wiePseudomonas aeruginosa. Anaerobier sind selten(Staubach et al. 2000).

Praktisch alle Wunden, auch bei aseptischen Ope-rationen, sind kontaminiert (Schwameis et al. 1996).Zusätzlich konnte elektronenmikroskopisch gezeigtwerden, dass die den Infekt verursachenden Erregervon einem Biofilm (Glykokalyx) bedeckt an derOberfläche von Biomaterialien und Plantaten haftenund wachsen (Gristina et al. 1985). OberflächlicheAbstriche sind wertlos, da sie meist die verschieden-sten Keime enthalten.

Aufschluss über den Erreger gibt nur eine in stren-ger Asepsis aus der Tiefe durchgeführte Punktionoder eine offene Probeexzision. Hier kann es zusätz-lich schwierig sein, den auslösenden Erreger zu fin-den, da dieser – von der Glykokalyx bedeckt – an derOberfläche des Implantats wächst. Die Analyse vonGelenkflüssigkeit oder Gewebeproben deckt oftkeinen oder nur einen Erreger einer Infektion auf,obwohl die Infektion häufig durch mehrere Keimeverursacht wird (Gristina u. Costerton 1985). Derangesprochene Biofilm findet sich aber nicht nur ander Oberfläche von Implantaten, sondern auch amtraumatisierten Knochen und in geschädigtenWeichteilen und scheint ein Faktor für die gesteiger-te Infektanfälligkeit von Patienten mit Implantatenund Allografts (Petty et al. 1985) zu sein.

In letzter Zeit steigt die Zahl der multiresistentenKeime. Die Antibiotikatherapie sollte nach Mög-lichkeit erst nach Keimnachweis und Antibiogrammund nicht ungezielt erfolgen, obwohl die prakti-sche Erfahrung zeigt, dass auch bei manifester Infek-tion negative Kulturen nicht selten beobachtet wer-den.

4.1 Osteomyelitis 19

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KlinikBei der Weichteilinfektion mit nachfolgender Osteo-myelitis steht die Weichteilschwellung mit Rötung,„Pochen“ und Berührungsempfindlichkeit im Vor-dergrund.

Einen protrahierten Verlauf nehmen Infektionenals Folge eines länger bestehenden Dekubitus. Betrof-fen sind vor allem die Beckenknochen und der Kal-kaneus. Es sind Stellen, an denen Knochen der Hautunmittelbar anliegen und es aufgrund ständigenDrucks zu einer mangelhaften Gewebeernährungmit der Folge einer Hautnekrose und Entstehung ei-nes Druckgeschwürs kommt. Begünstigt wird dieEntstehung eines Dekubitus mit sekundärer Osteo-myelitis durch zentral oder örtlich bedingte Empfin-dungslosigkeit, z. B. bei Paraplegikern.

Die posttraumatische und die postoperative Osteo-myelitis beginnt in der Mehrheit der Fälle akut. Rö-tung, Überwärmung und Schwellung im Operations-gebiet mit Wundheilungsstörungen wie Eiterung,Serom- und Fistelbildung,vergesellschaftet mit Druck-schmerz und Bewegungseinschränkung, sind dieüblichen klinischen Symptome. Die Entzündungs-parameter (Leukozyten, BSG und CRP) und die Kör-pertemperatur sind erhöht. Tibia ist aufgrund des ge-ringen Weichteilmantels die häufigste Lokalisationeiner posttraumatische Osteomyelitis.

Die postoperative Osteomyelitis ist nach internerFixation von Frakturen, nach Bandscheibenope-ration, medianer Sternotomie oder nach Prothese-nimplantation (s. dort) eine gefürchtete Komplika-tion.

Der weitere Verlauf der exogenen Osteomyelitisist schleichend und rezidivierend. Es finden sichchronische Hautveränderungen und sezernierendeFisteln, wobei häufig nekrotischer Knochen oder

Osteosynthesematerial frei liegt. Die definitive Diagnose einer exogenen Osteomyelitis gründet aufder kulturellen Anzüchtung des Erregers aus einertiefen Knochengewebeentnahme oder der Identifi-zierung des Erregers mittels Blutkultur. Fehler tretenbei der Bestimmung des Erregers auf, wenn die Kul-tur mit Material aus oberflächlichen, hautnahenWeichteilen angesetzt wird (Dirschl u. Almekinders1993).

Abstriche aus offenen Wunden oder CAVE !! Fisteln sowie ungezielte Feinnadel-

biopsien führen sowohl zu falsch-positiven als auchfalsch-negativen Ergebnissen und müssen mit großerVorsicht interpretiert werden (Perry et al. 1991).

Die Therapie erfolgt durch Antibiotikagabe undRuhigstellung. Bei genügender Stabilität wird nachDébridement eine Saug-Spül-Drainage angelegt.

Plattenepithelkarzinome sind eine bekannte, aberseltene Langzeitkomplikation einer chronischen,rezidivierenden Osteomyelitis (Abb. 4.14). Betroffensind vor allem Männer; es kann etwa 30 Jahre nachder ersten Episode einer meist posttraumatischenOsteomyelitis eine maligne Transformation des chro-nisch geschädigten Gewebes auftreten (Wickenhau-ser et al. 1999).

Radiologische SymptomatikDie radiologischen Befunde unterscheiden sich deut-lich in Abhängigkeit vom Weg der Infektion. Bei derposttraumatischen, direkten Inokulation des Erre-gers wird das Röngenbild stark von Frakturen undihren Heilungs- und Umbauvorgängen bestimmt.Der infektiöse Prozess ist im Einzelfall schwierig zuerkennen (Tumeh et al. 1988). Nach Operationen,speziell nach Einbringen alloplastischen Materials,können Schrauben, Platten und Nägel das Bild über-lagern. Führt eine Weichteilinfektion zu einer Osteo-myelitis, wird das Periost sehr früh reagieren.

In Abhängigkeit vom zu vermutenden Infektions-weg besitzen die verschiedenen bildgebenden Ver-fahren eine unterschiedliche Wertigkeit.

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen20

Abb. 4.14. Plattenepithelkarzinom bei Zustand nach chro-nisch rezidivierender Osteomyelitis. Trotz bestehender Osteo-sklerosen als Ausdruck der Heilungsvorgänge nach Osteo-myelitis dominiert die mottenfraßartige Osteodestruktion.(Zur Verfügung gestellt von R. Erlemann, Duisburg)

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� Röntgenuntersuchung. Führt eine Durchwande-rung und Verletzung der Haut zu einer Weichteilin-fektion, sind auch die Weichteilveränderungen die er-sten röntgenologischen Zeichen. Sie können bereitsTage nach der Verletzung, vor allem bei Säuglingenund Kindern, sichtbar werden. Es kommt zu einerVerdichtung um den Knochen, und die Grenzen zwi-schen Muskel- und Fettgewebe werden verwischt.

Die Invasion des Periosts führt bei diesem Infek-tionsweg sehr früh zu einer lamellären Periostreak-tion. Die Kortikalisveränderungen setzen im Rahmender weiteren Durchwanderung des Erregers bis inden Markraum früh ein. Irreguläre, multiple Osteo-lysen („Mottenfraß“) und flohstichartige infiltrativeAufhellungen sind die Folge. Die völlige Zerstörungder Kortikalis, gerade bei kleinen Knochen an derHand und am Fuß, kann Folge einer exogenen Osteo-myelitis sein (vgl. Abb. 4.12). In diesem Stadium derErkrankung ist der Röntgenbefund praktisch iden-tisch zur akuten hämatogenen Osteomyelitis, sodassdie Infektionsursache nur noch aus der Anamneseund klinischen Symptomatik des Patienten zu eruie-ren ist.

Es ist festzuhalten, dass der Nachweis einer Osteo-penie mit feinen Aufhellungen in der Kortikalis einunspezifisches Zeichen darstellt.

Merke !! Jede Bewegungslosigkeit über Tageführt zu einer Knochendichteminderung, die nichtals Zeichen einer begleitenden Osteomyelitis bei kli-nisch manifester Weichteilinfektion gewertet werdendarf.

Auch die Periostreaktion kann alleinige Folge einerWeichteilinfektion sein, ohne dass sich schon eineOsteomyelitisdiagnose darauf gründen sollte (Suy-dam u. Mikity 1969).

Die röntgenologische Diagnose der durch Dekubi-talulzera entstandenen exogenen Osteomyelitis istschwierig. Es handelt sich fast immer um stark im-mobile Patienten mit hochgradiger Osteopenie. Diedurch langwährenden Druck auf den Knochen indu-zierten Veränderungen, wie Periostreaktionen undOsteosklerosen, überlagern das Bild einer sich eherlangsam entwickelnden Osteomyelitis, sodass dasRöngenbild häufig nicht zur Diagnose führt (Sugar-man et al. 1983; Thornhill-Joynes et al. 1986).

Infektionen osteosynthetisch versorgter Frakturenäußern sich durch Periostreaktionen und einescheinbare „Aufweitung“ der adaptierten Fragmente(Abb. 4.15 a, b). Die Osteomyelitis nach Anlage einesFixateur externe ist speziell zu beschreiben. DasRöntgenbild beweist eine Infektion um den transku-tan eingebrachten Metallstab durch einen zirkulärenAufhellungssaum um das Metall. Feine Sklerosie-rungsränder, wie sie nach der Bohrung häufig nach-zuweisen sind, verschwinden bei Einsetzen der Infek-tion. Wird das Metall entfernt, wird manchmal ein sogenannter „Ringsequester“ sichtbar, sofern der Rönt-genstrahl das Bohrloch senkrecht trifft: Eine zentraleOsteolyse wird von einem Sklerosering umgeben,der wiederum von einer ringförmigen Osteolyse ge-säumt wird (Nguyen et al. 1986).

Liegen Metallimplantante vor, so ist der Grenzre-gion zwischen Knochen und Implantat besondereAufmerksamkeit zu schenken, da hier meist zuerstentzündliche Resorptionsvorgänge sichtbar werden.Diese entgehen evtl. dem röntgenologischen Nach-

4.1 Osteomyelitis 21

Abb. 4.15 a, b. PosttraumatischeOsteomyelitis. Akuter Beginn.55-jähriger Patient mit zu-nehmender Schwellung undSchmerzen bei Zustand nach osteosynthetisch versorgter medialer Malleolusfraktur.a Korrekte Stellung der Fragmentenach Osteosynthese.b Die Folgeuntersuchung belegtdie Unschärfe des „erweiterten“Frakturspalts und eine Fragment-versetzung. Zudem erheblichewolkige Periostreaktion

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weis, wenn das Implantat nicht exakt tangential vomRöntgenstrahl getroffen wird. Kennzeichen einer In-fektion von Osteosynthesematerial oder Implantatensind Aufhellungssäume um das Material herum. Siesind erst ab einer Breite von mehr als 1 mm zu wer-ten. Für die digitale Radiographie existieren spezielleAlgorithmen, die artifizielle Aufhellungszonen ander kontrastreichen Grenzfläche von Metall zu Kno-chen verhindern.

Differenzialdiagnostisch muss immer eine Mate-riallockerung in Betracht gezogen werden. Hier kanndie Analyse der Begrenzung des Aufhellungssaumeshilfreich sein. Er ist bei der Infektion in der Regel un-scharf und unregelmäßig konfiguriert, bei der Locke-rung stellt er sich linear, meist mit einem leichtenSklerosesaum dar (Glaser et al. 2000).

Liegt eine posttraumatische Osteomyelitis vor, so istdie Unterscheidung im Röntgenbild, ob es sich um einaktives oder inaktives Stadium der Erkrankung han-delt, häufig nicht möglich (Tumeh et al. 1988). Die Hei-lungsvorgänge nach Fraktur, Operation und stattge-habter Osteomyelitis mit Deformierung der Knochen-kontur, irregulärer Knochenstruktur mit einem buntenBild aus Verdichtungen und Aufhellungen sowie insge-samt eher dominierender Sklerose lassen eine frühzei-tige Diagnose einer Knocheninfektion nur schwer zu.Insbesondere durch Vergleich mit Voraufnahmen soll-te nach Zeichen gesucht werden, die als röntgenologi-sche Bestätigung des klinischen Verdachts gewertetwerden können: unscharfe Ränder von Aufhellungen,lamelläre Periostreaktionen und Sequestrationen sindverdächtig auf eine aktive Entzündung (Abb. 4.16 a,b,Abb. 4.17).Eine Sequestration hat sich dabei als der zu-verlässigste Parameter für die posttraumatische Osteo-myelitis herausgestellt. Trotzdem ergaben sich in einergroßen Serie nur eine Sensitivität von 14% und eineSpezifität von 70% bei Einsatz der Röntgenübersichts-aufnahme (Tumeh et al. 1988).

� Szintigraphie. Bei Verdacht auf eine Osteomyelitisnach früherer Infektion, nach Trauma und nach Ope-ration ist die Dreiphasenszintigraphie ein sehr sensi-tives Verfahren; die Werte für die Spezifität der Unter-suchung liegen allerdings nur zwischen 18–52%(Kaim et al. 2000). Sie wird dennoch als nuklearmedi-zinische Basisuntersuchung bei der Fragestellungnach einer exogenen Osteomyelitis eingesetzt, da siedurch alloplastisches Material nicht beeinträchtigtwird und auch eine Knochen- von einer Weichteilin-fektion unterscheiden kann (Abb. 4.18 a, b).

Ein normales Knochenszintigramm schließt einechronische Osteomyelitis mit hoher Wahrscheinlich-keit aus (Tumeh et al. 1988). Die Einführung der Leu-kozytenszintigraphie (s.Abschn 4.1.1) hat die Spezifi-tät der Befunde deutlich gesteigert (Schauwecker etal. 1984; Sciuk et al. 1992; Abb. 4.19 a,b, Abb. 4.20).

Kapitel 4 Entzündliche Erkrankungen22

Abb. 4.16 a, b. Chronisch posttraumatische Osteomyelitis.45-jähriger Patient mit Zustand nach osteosynthetischer Ver-sorgung einer proximalen Unterschenkelfraktur. a,b Die Auf-nahmen zeigen neben Zeichen der Heilungsvorgänge (irre-guläre Knochenstruktur, Sklerose) unscharf berandete Auf-hellungen sowie lamelläre Periostreaktionen

Abb. 4.17. Chronisch post-traumatische Osteomyelitis.25-jähriger Patient. In derkonventionellen Aufnahmedarstellbarer länglicher Sequester (Pfeil)

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